Inhalt

LG Regensburg, Endurteil v. 30.03.2021 – 61 O 3284/18
Titel:

Abwasserleitung, Arglistiges Verschweigen, Selbstständiges Beweisverfahren, Rechtshängigkeit, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Haftungsausschluß, Elektronischer Rechtsverkehr, Arglistige Täuschung, Elektronisches Dokument, Feststellungsantrag, Ergebnis der Beweisaufnahme, Notarieller Kaufvertrag, Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens, Sachmängelhaftung, Grundstück, Kostenentscheidung, Basiszinssatz, Kosten des selbständigen Beweisverfahrens, Schadensersatzrecht, Garagen

Schlagworte:
Schadenersatzanspruch, Nacherfüllungsanspruch, Beweislast, Arglistiges Verschweigen, Haftungsausschluss, Wartungspflicht, Feststellungsantrag
Rechtsmittelinstanzen:
OLG Nürnberg, Entscheidung vom 24.11.2021 – 4 U 1288/21
BGH Karlsruhe, Beschluss vom 22.03.2023 – V ZR 268/21
Fundstelle:
BeckRS 2021, 61868

Tenor

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 185,69 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 13.02.2019 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des selbstständigen Beweisverfahren vor dem Landgericht Regensburg, Az. …, zu tragen.
3. Das Urteil ist für den Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Der Kläger macht mit der am 12.02.2019 zugestellten Klage Schadenersatzansprüche wegen Übereignung eines nach seiner Ansicht mangelhaften Grundstücks geltend.
2
Mit notariellem Kaufvertrag vom 20.12.2016 (Anlage K1) erwarb der Kläger von der mittlerweile verstorbenen Mutter des Beklagten den streitgegenständlichen Grundbesitz …. Die Mutter des Beklagten ihrerseits hat das Grundstück zusammen mit ihrem Ehemann von der Voreigentümerin im Jahre 1998 oder 1999 erworben.
3
In der notariellen Kaufvertragsurkunde vom 20.12.2016 ist unter § 9 Abs. 2 nachfolgender Haftungsausschluss vereinbart:
„Der Käufer hat den Vertragsgegenstand eingehend besichtigt und sich von seinem Zustand ein Bild gemacht. Er übernimmt ihn in derjenigen Beschaffenheit, in der er sich heute befindet.
Der Verkäufer schließt jede Sachmängelhaftung wegen offener oder verborgener Sachmängel aus, gleich ob solche bereits vorhanden sind, oder bis zur Besitzübergabe entstehen, soweit in § 8 nichts anderes bestimmt ist.
Die Gefahr von Brandschäden, Wasserschäden und Elementarschäden bleibt jedoch bis zum Besitzübergang beim Verkäufer. Bis dahin ist der Verkäufer verpflichtet, den Vertragsgegenstand ordnungsgemäß zu verwalten.
Dem Verkäufer ist nichts bekannt von Altlasten oder schädlichen Bodenveränderungen im Sinne des BBodSchG und anderen wesentlichen Mängeln, die bei einer Besichtigung nicht ohne weiteres erkennbar sind
Der vorstehend vereinbarte Ausschluss von Rechten des Käufers wegen offener oder verborgener Mängel gilt nicht bei schuldhafter Verletzung von Leben, Körper oder Gesundheit und außerdem nicht bei grobem Verschulden.“
4
Bei der Beurkundung stand auf dem Grundstück eine Blechgarage, welche dann bei Übergabe des Grundstücks nicht mehr vorhanden gewesen ist. Diese Blechgarage wurde dann in demontiertem Zustand vom Beklagten wieder auf dem Grundstück des Klägers abgestellt und vom Kläger zusammen mit einem Bekannten wieder aufgebaut.
5
Auf dem Grundstück befand sich früher eine sogenannte Dreikammerklärgrube. Durch diese Dreikammerklärgrube wurde ein Abwasserrohr geleitet. Dieses Abwasserrohr ist gebrochen mit der Folge, dass das Abwasser aus dem Haus nicht mehr ordnungsgemäß abgeleitet werden konnte und zu einer Verschlammung der Grube und letztendlich zu einer Verstopfung der Abwasserleitung führte.
6
In einem im Bereich des Kellereingangs befindlichen Schacht wurde dort anfallendes Wasser mittels eines Schlauches abgepumpt und auf dem Grundstück zur Versickerung gebracht.
7
Nach dem Vorbringen des Klägers hätten bei der Rückgabe der demontierten Blechgarage Montageteile gefehlt, die mit einem Kostenaufwand von 25,69 Euro beschafft werden mussten. Ferner koste eine fachgerechte Montage 750,- Euro. Er habe sich mit dem Beklagten nicht darauf geeinigt, dass die Blechgarage nur angeliefert und nicht mehr aufgebaut werden müsse.
8
Der Kläger bringt ferner vor, dass das Anwesen nicht an die öffentliche Kanalisation angeschlossen gewesen sei. Die Abwasserleitung sei auch nicht regelmäßig gewartet und kontrolliert worden; hierdurch habe die Mutter des Beklagten gegen §§ 9, 12 der Entwässerungssatzung der Stadt Regensburg verstoßen. Die Dreikammerklärgrube sei bereits früher auf Veranlassung der Mutter des Beklagten abgepumpt worden und es hätte daher der Defekt bekannt sein müssen. Da insoweit arglistiges Verhalten vorliege, greife der Haftungsausschluss nicht. Der Beklagte sei daher zur Begleichung der Instandsetzungskosten in Höhe von 2.237,20 Euro verpflichtet.
9
Ferner sei die Dachrinne der Garage lediglich an die Dachrinne des Hauses angeschlossen und diese entwässere nicht in einem Kanal, sondern in einem Schacht im Eingangsbereich. Auch die Dachrinne an der Rückseite des Anbaus und vermutlich die Abflussleitungen des Kellergeschosses sowie des zweiten Obergeschosses im Neubau seien gleichfalls nicht an einen Kanal angeschlossen, sondern würden in dem Schacht im Eingangsbereich enden. Der Mutter des Beklagten habe dies bekannt sein müssen, da der Anbau von der Familie … initiiert worden sei und auch Umbauten im Keller und im Badezimmer durchgeführt worden seien. Es sei auch ein Auftrag zur Errichtung einer Hebeanlage erteilt worden, was ebenfalls darauf schließen lasse, dass die nicht fachgerechte Einleitung bekannt gewesen sei. Auch insoweit liege daher arglistiges Verschweigen vor, weshalb die Kosten in Höhe von 15.998,55 Euro zur Herstellung eines ordnungsgemäßen Anschlusses vom Beklagten zu tragen seien.
10
Da die tatsächlichen Kosten des Anschlusses noch nicht feststehen und möglicherweise auch noch weitere unzureichende Anschlüsse vorliegen, sei auch der Feststellungsantrag gerechtfertigt.
11
Die Veräußerin ist am 20.02.2019 verstorben und wurde vom Beklagten, der den Prozess aufgenommen hat, allein beerbt.
12
Der Kläger beantragt zuletzt:

1.

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 750,- Euro netto sowie weitere 25,69 Euro brutto, jeweils zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

2.

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.237,20 Euro brutto zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

3.

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 15.998,55 Euro zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

4.

Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, wegen der dem Kläger erwachsenen Kosten zur Instandsetzung/Herstellung eines Kanalanschlusses seines gemäß notariellen Kaufvertrags, Urkunden-Nr. … vom 20.12.2016 erworbenen Anwesens über den unter Ziffer 3. hinausgehenden Betrag Schadenersatz zu leisten.

5. a)

Der Beklagte wird ferner verurteilt, an den Kläger zur Herstellung eines ordnungsgemäßen Kanalanschlusses hinsichtlich der im selbstständigen Beweisverfahren vor dem Landgericht Regensburg, Az. … im Streit stehenden Abwasserführung des Anwesens … weitere 9.432,15 € netto zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basissatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

5. b)

Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, auch wegen der dem Kläger erwachsenden Kosten zur Instandsetzung/Herstellung eines Kanalanschlusses gemäß Z. 5.a) über den unter Ziffer 5.a) hinausgehenden Betrag Schadensersatz zu leisten.

13
Der Beklagte beantragt:
Klageabweisung.
14
Hinsichtlich der Blechgarage bringt der Beklagte vor, dass er sich mit dem Kläger darauf geeinigt habe, dass er die Garage lediglich zurückgebe, ohne diese aufstellen zu müssen. Ferner könne der Kläger nicht die fiktiven, sondern nur die tatsächlich benötigten Kosten geltend machen und der Aufbau sei auch an einem einzigen Tag bewerkstelligt gewesen.
15
Hinsichtlich der Klärgrube bringt der Beklagte vor, dass keine Kenntnis vom Anschlusszwang bestanden habe und auch keine Kenntnis vom Defekt an der Grube bestanden habe. Es seien insbesondere vorher keine Arbeiten, insbesondere kein Abpumpen, an der Grube durchgeführt wurden. Von daher läge keine arglistige Täuschung vor.
16
Hinsichtlich des Anschlusses der Abwasserleitungen bringt der Beklagte vor, dass keine Kenntnis von dem fehlenden Anschluss bestanden habe. Es seien von seinen Eltern lediglich Renovierungsarbeiten durchgeführt worden, ohne dass hierbei Abwasserleitungen neu verlegt worden seien. Es sei auch lediglich nach einer neuen Pumpe angefragt worden, die jedoch für anfallendes Regenwasser gedacht gewesen sei und nicht für Abwasser.
17
Hinsichtlich der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gegenseitig gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, sowie auf das Vorbringen im Termin verwiesen. Weiter wird Bezug genommen auf das beigezogene selbstständige Beweisverfahren vor dem Landgericht Regensburg, Az. ….
18
Das Gericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen … und … und … sowie Anhörung des Sachverständigen Dipl.-Ing. (FH) … Bezüglich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Protokolle vom 11.06.2019 (Bl. 46-50 d.A.), 10.09.2019 (Bl. 72-78 d.A.), 08.11.2019 (Bl. 84-91 d.A.) und 15.05.2020 (Bl. 125-131 d.A.) Bezug genommen.
19
Die Akte des Landgerichts Regensburg, Az. …, war beigezogen.

Entscheidungsgründe

20
Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet.
I.
21
1. Hinsichtlich der Blechgarage steht dem Kläger ein Schadenersatzanspruch in Höhe von 185,69 Euro gemäß §§ 437 Nr. 3, 281 BGB zu.
22
Zwischen den Parteien steht unstreitig fest, dass die Garage bei Beurkundung auf dem Grundstück stand und bei der Übergabe nicht mehr vorhanden gewesen ist. Der Kläger hat somit grundsätzlich einen Nacherfüllungsanspruch aus dem Kaufvertrag. Zwischen den Parteien steht ferner unstreitig fest, dass die Garage zwar wieder in Einzelteilen zerlegt angeliefert worden ist, jedoch nicht aufgebaut worden ist. Von dem Nacherfüllungsanspruch ist jedoch auch grundsätzlich die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes umfasst, somit auch die Verpflichtung zur Wiederaufstellung der Garage.
23
a) Der Beklagte konnte den ihm obliegenden Nachweis nicht führen, dass der Kläger auf den Aufbau der Garage verzichtet hat. Soweit sich der Beklagte diesbezüglich auf den mit Anlage B1 vorgelegten Chatverlauf bezieht, ergibt sich hieraus kein eindeutiger Verzicht. Insoweit ist auch der vom Kläger vorgelegte Chatverlauf (Anlage K9) mitzuberücksichtigen.
24
Aus dem Chatverlauf lässt sich entnehmen, dass der Beklagte Ende Februar angeboten hat, die Garage wieder zu bringen, wenn sie der Kläger aufstelle. Der Kläger hat hierauf geantwortet, dass der Beklagte die Garage mit allen Teilen in den Garten stellen solle. In einem weiteren Chat von Anfang März 2017 hat der Beklagte jedoch darauf hingewiesen, dass der Kläger die Garage selber aufstellen müsse, worauf der Kläger geantwortet hat, dass er das Aufstellen dem Beklagten überlasse. Bei dieser Sachlage kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich die Parteien, bereits Ende Februar 2017 definitiv über die Frage des Aufstellens geeinigt haben, da dieses Thema Anfang März 2017 nochmal besprochen worden ist und es hier offensichtlich zu keiner Einigung gekommen ist.
25
Darüber hinaus stünde ein Einverständnis des Klägers mit der bloßen Anlieferung unter dem Vorbehalt, dass die Blechgarage vollständig angeliefert wird. Wie sich aus der Aussage des Zeugen … ergibt, haben jedoch Teile gefehlt, so dass auch die diesbezügliche Bedingung nicht eingetreten ist.
26
b) Zur Berechnung des Schadenersatzes kann sich der Kläger nicht auf eine fiktive Berechnung des Schadens beziehen.
27
Die vom Beklagtenvertreter zitierte Rechtsprechung bezieht sich zwar nur auf einen Werkvertrag und eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Urteil vom 22.08.2018, Az. VII ZR 46/17), inwieweit grundsätzlich eine fiktive Abrechnung auch bei einem Kaufvertrag ausscheidet, steht noch aus.
28
Gleichwohl gilt im Schadenersatzrecht der Grundsatz des Bereicherungsverbotes. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht durch die glaubwürdigen und glaubhaften Angaben des Zeugen … fest, dass die Garage im Wege der Nachbarschaftshilfe ohne Hinzuziehung einer Firma errichtet worden ist und dass der Zeuge … für seine Mithilfe auch kein Geld erhalten hat. Somit kann im Rahmen des Schadenersatzes lediglich der Zeitaufwand des Klägers für den Aufbau vergütet werden. Gestützt auf die Angaben des Zeugen …, dass ca. 16 Stunden für den Aufbau benötigt worden seien und unter Zugrundelegung eines vom Gericht geschätzten (§ 287 Abs. 1 ZPO) Stundensatzes von 10,- Euro ergibt sich hieraus ein Betrag in Höhe von 160,- Euro.
29
Ferner steht aufgrund der Angaben des Zeugen … fest, dass Teile noch beschafft werden mussten. Aus der vom Kläger vorgelegten Anlage K 2 e ergibt sich mit der erforderlichen Sicherheit, dass sich der diesbezügliche Betrag auf 25,69 Euro beläuft.
30
c) Von daher war der Beklagte in Zahlung eines Schadenersatzes in Höhe von 185,69 Euro zu verurteilen.
31
Der diesbezügliche Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 291, 288 BGB.
32
2. Ein darüberhinausgehender Schadenersatzanspruch besteht nicht, da seitens des Klägers insoweit keine arglistige Täuschung nachgewiesen werden konnte.
33
Die Parteien haben in dem streitgegenständlichen Kaufvertrag einen Haftungsausschluss nach § 444 BGB vereinbart, der grundsätzlich Schadenersatzansprüche ausschließt. Auf diesen Haftungsausschluss kann sich der Beklagte nicht berufen, sofern von der Veräußerin des Grundstücks ein Mangel arglistig verschwiegen worden wäre. Arglistiges Verhalten setzt voraus, dass der Verkäufer den Mangel kennt oder für möglich hält und den Mangel durch aktives Tun oder Unterlassen eines Hinweises auf den vorhandenen Mangel verschweigt. Dem Kläger gelang insoweit nicht der ihm obliegende Nachweis, dass seitens der Verkäuferin arglistiges Verschweigen vorgelegen hat.
34
a) Hinsichtlich der Dreikammerklärgrube ergibt sich aus den insoweit übereinstimmenden Angaben der Zeugen … und der Zeugin …, dass das Grundstück tatsächlich grundsätzlich an die öffentliche Kanalisation angeschlossen ist.
35
(1) Zu einer Veschlammung der Klärgrube und einer Verstopfung der Abwasserleitung kam es nach den glaubhaften Angaben des Zeugen … lediglich dadurch, dass das Abwasserrohr, welches unfachmännisch durch die ehemalige Dreikammerklärgrube geleitet ist, dort gebrochen und dann die Abwässer einschließlich der Fäkalien zu einer Verschlammung der Grube geführt haben.
36
Voraussetzung für ein arglistiges Verschweigen wäre, dass die Verkäuferin bei Abschluss des Kaufvertrages Kenntnis vom Bruch der Leitung und dem Verschlammen der Grube gehabt hätte. Dies konnte nicht nachgewiesen werden. Insoweit ergibt sich aus den Angaben des Zeugen … nicht mit der erforderlichen Sicherheit, dass der Veräußerin des Grundstücks dieser Bruch der Abwasserleitung hätte auffallen müssen. Der Zeuge … hat überzeugend angegeben, dass, entgegen der Behauptung des Klägers, die Veräußerin vorher keinen Auftrag zum Abpumpen der verschlammten Klärgrube gegeben hat. Von daher kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin bereits in der Vergangenheit davon Kenntnis hatte, dass die Klärgrube verschlammt.
37
Der Zeuge … hat ferner glaubwürdig angegeben, dass auch der Umstand, dass das Abwasserrohr gebrochen ist, nicht unbedingt bemerkt werden musste. Der Zeuge … gab an, dass der Bruch mit Sicherheit schon längere Zeit zurückliegt, dass es jedoch auch eine geraume Zeit beansprucht, bis die mit Riesel verfüllte ehemalige Dreikammerklärgrube ihre Versickerungsfähigkeit verliert und dann auch vollständig mit Fäkalien verfüllt ist.
38
Hierbei ist aus Sicht des Gerichts auch maßgeblich mitzuberücksichtigen, dass der Kläger den Besitz an dem Vertragsgrundstück wohl spätestens im Februar 2017 erlangt hat und dann erstmal auch Ende August 2017 eine Rohrreinigungsfirma beauftragt hat. Somit sind die Probleme mit der Abwasserleitung auch nicht unmittelbar nach Besitzübergang eingetreten. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass sich ein definitives Versagen der Abwasserleitung erst nach Besitzübergabe ergeben hat und vorher keine Anhaltspunkte für die Probleme bei der Abwasserleitung gegeben waren.
39
(2) Wie sich aus der Abwassersatzung der Stadt … und auch aus den Angaben der Zeugin … ergibt, hat die Beklagte gegen die Pflicht zur Wartung der Abwasserleitung verstoßen. Hieraus lässt sich jedoch kein arglistiges Verschweigen ableiten. Insoweit hat auch die Zeugin … nachvollziehbar angegeben, dass diese Wartungspflicht den meisten Eigentümern in Regensburg unbekannt ist. Es liegt daher insoweit schlicht fahrlässiges Verhalten der Veräußerin vor, welches den Vorwurf des arglistigen Verschweigens gerade nicht begründen kann.
40
b) Auch soweit seitens des Klägers behauptet wird, dass einige Abwasserleitungen nicht an die öffentliche Kanalisation angeschlossen seien, sondern in einem Sickerschacht im Eingangsbereich münden, führt dies zu keinem Schadenersatzanspruch, selbst wenn die diesbezügliche Behauptung zutreffen sollte.
41
(1) Der Kläger hat insoweit keinen Beweis für die von ihm aufgestellte Behauptung angetreten, dass der Umbau von Gebäudeteilen unter Einschluss der Abwasserleitungen zu einem Zeitpunkt durchgeführt worden ist, während die Veräußerin Eigentümerin oder Bewohnerin des Anwesens gewesen ist. Daher kann nicht automatisch unterstellt werden, dass die Veräußerin Kenntnis von einem evtl. fehlenden Anschluss einiger Abwasserleitungen an die öffentliche Kanalisation hatte oder haben musste.
42
(2) Diese Kenntnis ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts auch nicht daraus, dass während der Zeit, als die Veräußerin Eigentümerin des Anwesens war und in diesem Anwesen gewohnt hat, eine Hebeanlage ausgetauscht worden ist.
43
Wie der Zeuge … diesbezüglich angegeben hat, wurde die Hebeanlage ausgetauscht und an eine Abflussleitung angeschlossen. Der Zeuge … hat angegeben, dass es für diese Hebeanlage eine Zuleitung und eine Ableitung gegeben hat.
44
Somit steht lediglich fest, dass eine bereits vorhandene Hebeanlage erneuert worden ist. Anhaltspunkte dafür, dass dann Abwasserleitungen nicht ordnungsgemäß angeschlossen sind, ergeben sich hieraus nicht. Dies umso mehr, als der Zeuge angegeben hat, dass die Hebeanlage auch zur Ableitung von Fäkalien dient und aus den Angaben des Zeugen … feststeht, dass die Fäkalien grundsätzlich in eine Rohrleitung geleitet worden sind, die zumindest ursprünglich an die öffentliche Kanalisation angeschlossen gewesen ist. Anhaltspunkte dafür, dass zum Zeitpunkt der Hebeanlage bereits ein Defekt an dieser Abwasserleitung aufgetreten ist, wurden vom Zeugen … nicht berichtet.
45
(2) Auch aus dem Umstand, dass seitens der Veräußerin und dem Beklagten überlegt worden ist, in dem Sickerschacht im Eingangsbereich eine Hebepumpe einzubauen, ergibt sich nicht mit der erforderlichen Sicherheit, dass der Veräußerin oder dem Beklagten bekannt gewesen ist, dass Abwässer in diesen Sickerschacht laufen und somit nicht ordnungsgemäß an die öffentliche Kanalisation angeschlossen sind.
46
Der Zeuge … hat insoweit angegeben, dass er davon auch ausgegangen sei, dass es sich bei dem Wasser in der Betonausschachtung im Kellerabgang um Regenwasser handle. Er habe nicht überprüft, ob in dem Schach noch weitere Zuleitungen oder Ableitungen vorhanden seien.
47
Da somit selbst für den fachkundigen Zeugen … keinerlei Anhaltspunkte dafür vorlagen, dass es sich bei dem Wasser, welches sich in dem Schacht im Eingangsbereich ansammelt, um Abwasser handeln könnte und er somit auch einen diesbezüglichen Verdacht nicht an die Veräußerin oder dem Beklagten mitgeteilt haben konnte, musste sich weder der Veräußerin noch dem Beklagten ein diesbezüglicher Verdacht aufdrängen. Von daher kann auch hier arglistiges Verhalten ausgeschlossen werden.
48
(3) Der Sachverständige … hat in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 17.04.2020 (Bl. 111-113 d.A.), erläutert in der Sitzung vom 15.05.2020, angegeben, dass es für einen Laien schwierig gewesen sei, aufgrund optischer oder akustischer Wahrnehmungen den Schluss zu ziehen, dass tatsächlich Mischwasser aus dem Anbau in den Schacht laufe. Selbst er als Sachverständiger habe erst diverse Ablaufstellen im Haus öffnen müssen, um sehen zu können, ob Abwasser im sogenannten Pumpensumpf ankomme. Auch insoweit lässt sich keine Arglist begründen.
49
Der Zeuge … gab an, dass aufgrund der einheitlichen Fliesen von außen nicht erkennbar gewesen sei, dass die Rohrleitung einmal „gestückelt“ gewesen sei. Allerdings habe man bei Arbeiten am „Pumpensumpf“ bemerken müssen, dass dort nicht nur Regenwasser eingeleitet werde. Dass solche Auffälligkeiten aber jemandem auf Beklagtenseite auffielen und zur Kenntnis des Beklagten gelangten, ist hiermit nicht nachgewiesen.
50
(4) Die Zeugin … gab an, dass nach den Berichten ihrer Mutter ein Versicherungsmitarbeiter, der anlässlich eines Hochwasser-Wasserschadens den Schaden begutachtete, dieser davon ausgegangen sei, dass das Wasser im Pumpenschacht von Regenwasser oder Oberflächenwasser stamme. Sie konnte allerdings nicht angeben, in welchem Jahr dieser Wasserschaden stattgefunden hat. Ihre Aussage war insgesamt daher nicht geeignet, eine Arglist zu beweisen.
51
(5) Das nunmehr entscheidende Gericht sieht auch, anders als der seinerzeit Vorsitzende Richter in seiner Verfügung vom 03.06.2020 (Bl. 139 d.A.) keine Hinweispflicht der Beklagtenseite, dass gelegentlich Regenwasser abgepumpt werden muss. Denn insoweit ist zum einen nicht widerlegt, dass der Beklagte tatsächlich den Kläger hierauf hingewiesen hat und bei der Hausbesichtigung auch der Schlauch erkennbar war, der auch im vorgelegten Expose’-Foto zu erkennen ist ( vgl. Anlage BV zum 15.12.2020 Expose’). Zum anderen ist nicht ersichtlich, warum nicht Regenwasser im eigenen Gartengrundstück versickern darf, wie es oft genug bei Gartenbewässerung der Fall ist.
52
c) Da Schadenersatzansprüche im Hinblick auf Anschluss der Abwasserkanalisation an die öffentliche Kanalisation und evtl. unzureichenden Anschluss von Abwasserleitungen an die zur öffentlichen Kanalisation führenden Abwasserleitungen nicht gegeben sind, sind auch die Feststellungsanträge hinsichtlich evtl. weiterer Kosten unbegründet und abzuweisen.
II.
53
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1 S. 1, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Auch die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens des LG Regensburg, Az. 61 OH 105/18, waren der Klageseite aufzuerlegen.
54
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach §§ 709, 708 Nr. 11 ZPO.