Inhalt

OLG Nürnberg, Endurteil v. 09.07.2021 – 15 U 2897/19
Titel:

Verkehrsunfall, Asylbewerber, Krankenhaus, Berufung, Zivilverfahren, Wohnhaus, Widerspruch, Krankenhausaufenthalt, Frist, Beweisaufnahme, Immobilie, Zinsen, Ermittlungsverfahren, Zahlung, kein Anspruch, durch Dritte, unerlaubten Handlung

Schlagworte:
Verkehrsunfall, Asylbewerber, Krankenhaus, Berufung, Zivilverfahren, Wohnhaus, Widerspruch, Krankenhausaufenthalt, Frist, Beweisaufnahme, Immobilie, Zinsen, Ermittlungsverfahren, Zahlung, kein Anspruch, durch Dritte, unerlaubten Handlung
Vorinstanz:
LG Regensburg vom 26.06.2019 – 31 O 1701/17
Rechtsmittelinstanz:
BGH Karlsruhe, Urteil vom 16.03.2023 – III ZR 104/21
Fundstelle:
BeckRS 2021, 61604

Tenor

I. Unter teilweiser Aufhebung des Versäumnisurteils des Senats vom 26.03.2021 wird auf die Berufung des Klägers das Urteil des Landgerichts Regensburg vom 26.06.2019, Az. 31 O 1701/17, abgeändert und wie folgt gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 12.000,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.000,00 € seit 19.03.2015, aus weiteren 1.000,00 € seit 22.03.2015, aus weiteren 1.000,00 € seit 24.03.2015, aus weiteren 1.000,00 € seit 25.03.2015, aus weiteren 1.000,00 € seit 28.03.2015, aus weiteren 1.000,00 € seit 29.03.2015, aus weiteren 1.000,00 € seit 02.04.2015, aus weiteren 1.000,00 € seit 19.04.2015, aus weiteren 1.000,00 € seit 20.04.2015, aus weiteren 1.000,00 € seit 29.05.2015, aus weiteren 1.000,00 € seit 30.05.2015 und aus weiteren 1.000,00 € seit 31.05.2015 zu bezahlen.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Im Übrigen wird das Versäumnisurteil des Senats vom 26.03.2021 aufrechterhalten und die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
III. Der Kläger hat die durch die Säumnis im Termin vom 26.03.2021 entstandenen Kosten zu tragen. Von den übrigen Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 75% und die Beklagte 25% zu tragen.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren und für die erste Instanz auf 48.825,00 € festgesetzt.

Entscheidungsgründe

I.
1
Der Kläger verlangt von der Beklagten die Erstattung von Geldbeträgen in Höhe von insgesamt 43.500,00 €, die sie in der Zeit vom 15.11.2014 bis 19.04.2015 von seinem Postbankkonto mit seiner Bankkarte und seiner PIN unberechtigt abgehoben und behalten haben soll, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem Tag der jeweiligen Barabhebung. Ferner begehrt der Kläger von der Beklagten die Erstattung von Geldbeträgen in Höhe von insgesamt 3.000,00 €, die sie in der Zeit vom 28.05.2015 bis 30.05.2015 von seinem Postbankkonto mit seiner Bankkarte und seiner PIN unberechtigt abgehoben und behalten haben soll, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem Folgetag der jeweiligen Barabhebung. Der Kläger möchte außerdem festgestellt haben, dass seine vorgenannten Forderungen gegen die Beklagte auf unerlaubten Handlungen im Sinne des § 302 Nr. 1 InsO beruhen.
2
Bei dem Streit der Parteien geht es im Wesentlichen darum, ob die Beklagte die jeweilige Barabhebung vornahm, ob dies ggf. auf Anweisung des Klägers geschah und ob die Beklagte dem Kläger etwaige bar abgehobenen Beträge aushändigte.
3
1. Die Parteien waren miteinander liiert, wobei zwischen den Parteien streitig ist, wann und wie genau die Beziehung endete, u. a., ob die Beziehung schon vor dem 24.10.2014 beendet war.
4
Am 24.10.2014 flog der Kläger für eine Motorradtour nach Indien. Auf dieser hatte er einen Verkehrsunfall, bei dem er sich eine schwere Beinverletzung zuzog, insbesondere einen Schienbeinbruch. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland befand sich der Kläger deswegen vom 05.11.2014 bis 25.11.2014 im Krankenhaus Barmherzige Brüder in R. Anschließend wohnte der Kläger bei der Beklagten in der M1.-str. …, M2.-H.-Ha. Er war auch nach seinem Krankenhausaufenthalt noch für eine gewisse Zeit in seiner Bewegungsfähigkeit eingeschränkt, vor allem solange sich noch der Fixateur an seinem Bein befand. Vom 20.04.2015 bis 18.05.2015 hielt sich der Kläger in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik in Mu. auf. Danach wohnte er nicht mehr bei der Beklagten, sondern in M. …, B1.
5
Während seines Krankenhausaufenthaltes in R. am 13.11.2014 bat der Kläger die Beklagte, für ihn von seinem Konto bei der Postbank vom Geldautomaten Bargeld zu holen. Er händigte der Beklagten seine Bankkarte aus und teilte ihr seine PIN mit. Die Beklagte hob daraufhin am 13.11.2014 und am 14.11.2014 1.500,00 € in drei Teilbeträgen von jeweils 500,00 € vom Postbankkonto des Klägers bar ab und übergab anschließend dem Kläger das abgehobene Bargeld.
6
In der Zeit vom 15.11.2014 bis 19.04.2015 wurden vom Postbankkonto des Klägers weitere Barabhebungen über den Geldautomaten vorgenommen, wobei zwischen den Parteien streitig ist, wer die jeweilige Barabhebung durchgeführt hat, ob der Kläger die Beklagte um die jeweilige Barabhebung gebeten hat und ob die Beklagte abgehobenes Bargeld dem Kläger ausgehändigt hat.
7
In der Zeit vom 28.05.2015 bis 30.05.2015 hob die Beklagte folgende Bargeldbeträge vom Postbankkonto des Klägers bei nachstehendem Geldautomat ab. Insoweit ist zwischen den Parteien jeweils streitig, ob die Barabhebung auf entsprechende Bitte des Klägers geschah und ob die Beklagte das abgehobene Bargeld dem Kläger ausgehändigt hat:

Datum

Uhrzeit

Betrag

Standort des Geldautomaten

28.05.2015

11:02

1.000,00 €

HypoVereinsbank, Am G. …, H.

29.05.2015

13:31

1.000,00 €

HypoVereinsbank, Am G. …, H.

30.05.2015

11:45

1.000,00 €

HypoVereinsbank, Am G. …, H.

3.000,00 €

8
Der Kläger ist Eigentümer einer Immobilie in der M3.-O.-Str. …, H. In dieser Immobilie waren nach Umbaumaßnahmen Asylbewerber untergebracht. Die Einnahmen hieraus gingen im verfahrensgegenständlichen Zeitraum auf seinem Postbankkonto ein.
9
Zudem gehört dem Kläger die A. K. G. GmbH. Diese wiederum ist Eigentümerin einer Immobilie in der B2. Straße, H. In dieser Immobilie waren nach Umbaumaßnahmen Asylbewerber untergebracht. Die Einnahmen hieraus gingen auf dem GmbH-Konto bei der Volksbank ein. Die Umbaumaßnahmen wurden zumindest teilweise durch den Zeugen M4. vorgenommen. Der Zeitraum der Umbaumaßnahmen und inwieweit damit etwaige Barausgaben des Klägers zusammenhängen, ist zwischen den Parteien streitig.
10
Ende März 2016 fand ein Gespräch zwischen den Parteien statt, bei dem zeitweise auch der Zeuge S. anwesend war. Bei dem Gespräch forderte der Kläger von der Beklagten die Rückzahlung bar von seinem Postbankkonto abgehobener Beträge. Der genaue Inhalt des Gesprächs ist zwischen den Parteien streitig.
11
Die Ermittlungsverfahren gegen die Beklagte wegen des Verdachts von Vermögensstraftaten im Zusammenhang mit Barabhebungen vom Postbankkonto des Klägers wurden von der Staatsanwaltschaft nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Gleiches gilt für das Ermittlungsverfahren gegen den Kläger und gegen den Zeugen S. wegen des Verdachts von Straftaten gegen die freie Willensentschließung im Zusammenhang mit dem Gespräch Ende März 2016 sowie weitere von einer der Parteien initiierte Ermittlungsverfahren, und zwar:
- Gegen den Kläger wegen des Verdachts der falschen Verdächtigung im Zusammenhang mit den Barabhebungen, die er der Beklagten vorwirft
- Gegen den Zeugen M4. wegen des Verdachts der Strafvereitelung im Zusammenhang mit seinen Zeugenangaben im Rahmen der gegen die Beklagte geführten Ermittlungen
- Gegen die Beklagte wegen des Verdachts von Straftaten im Zusammenhang mit drei Überweisungen vom Volksbankkonto der A. K. G. GmbH auf ihr Bankkonto am 28.04.2015, 07.05.2015 und 11.05.2015, die sie mit dem Namen des Klägers unterschrieben haben soll
- Gegen den Zeugen M4. wegen des Verdachts von Straftaten im Zusammenhang mit seiner Rechnung und Forderungsaufstellung vom 24.07.2015 gegenüber dem Kläger Der Kläger trägt vor, die Beklagte habe nach dem 14.11.2014 weitere Barabhebungen von seinem Postbankkonto vorgenommen. Die Beklagte habe bei all diesen Barabhebungen jeweils ohne sein Wissen die Bankkarte für sein Postbankkonto an sich genommen. Im Einzelnen handele es sich – neben den drei Barabhebungen in der Zeit vom 28.05.2015 bis 30.05.2015 – um nachstehende Barabhebungen in der Zeit vom 15.11.2014 bis 19.04.2015:

Datum

Uhrzeit

Betrag

Standort des Geldautomaten

15.11.2014

14:04

500,00 €

Postbank, D.-Einkaufszentrum (R., W. Weg …)

15.11.2014

14:06

500,00 €

Postbank, D.-Einkaufszentrum (R., W. Weg …)

17.11.2014

13:53

500,00 €

Postbank, D.-Einkaufszentrum (R., W. Weg …)

05.12.2014

13:05

1.000,00 €

HypoVereinsbank, Am G. …, H.

06.12.2014

12:28

1.000,00 €

HypoVereinsbank, Am G. …, H.

09.12.2014

09:00

1.000,00 €

HypoVereinsbank, Am G. …, H.

16.12.2014

08:03

1.000,00 €

HypoVereinsbank, Am G. …, H.

17.12.2014

13:36

1.000,00 €

HypoVereinsbank, Am G. …, H.

19.12.2014

08:30

500,00 €

Postbank, D.-Einkaufszentrum (R., W. Weg …)

19.12.2014

08:31

500,00 €

Postbank, D.-Einkaufszentrum (R., W. Weg …)

22.12.2014

08:26

1.000,00 €

HypoVereinsbank, Am G. …, H.

24.12.2014

12:03

1.000,00 €

HypoVereinsbank, R1. Str. …, R2.

29.12.2014

13:39

1.000,00 €

HypoVereinsbank, R1. Str. …, R2.

30.12.2014

12:18

1.000,00 €

HypoVereinsbank, Am G. …, H.

05.01.2015

15:34

500,00 €

Postbank, D.-Einkaufszentrum (R., W. Weg …)

05.01.2015

15:35

500,00 €

Postbank, D.-Einkaufszentrum (R., W. Weg …)

08.01.2015

14:01

500,00 €

Postbank, D.-Einkaufszentrum (R., W. Weg …)

08.01.2015

14:02

500,00 €

Postbank, D.-Einkaufszentrum (R., W. Weg …)

12.01.2015

07:58

1.000,00 €

HypoVereinsbank, Am G. …, H.

13.01.2015

14:35

1.000,00 €

HypoVereinsbank, Am G. …, H.

15.01.2015

12:32

1.000,00 €

HypoVereinsbank, R1. Str. …, R2.

19.01.2015

12:33

1.000,00 €

HypoVereinsbank, R1. Str. …, R2.

27.01.2015

10:28

1.000,00 €

HypoVereinsbank, Am G. …, H.

28.01.2015

12:18

1.000,00 €

HypoVereinsbank, Am G. …, H.

02.02.2015

13:54

1.000,00 €

HypoVereinsbank, Am G. …, H.

03.02.2015

17:41

1.000,00 €

HypoVereinsbank, R1. Str. …, R2.

04.02.2015

10:07

500,00 €

Postbank, D.-Einkaufszentrum (R., W. Weg …)

04.02.2015

10:08

500,00 €

Postbank, D.-Einkaufszentrum (R., W. Weg …)

05.02.2015

13:48

1.000,00 €

HypoVereinsbank, R1. Str. …, R2.

06.02.2015

09:16

1.000,00 €

HypoVereinsbank, R1. Str. …, R2.

09.02.2015

09:29

1.000,00 €

HypoVereinsbank, R1. Str. …, R2.

11.02.2015

13:28

1.000,00 €

HypoVereinsbank, R1. Str. …, R2.

18.02.2015

09:12

1.000,00 €

HypoVereinsbank, R1. Str. …, R2.

21.02.2015

09:57

1.000,00 €

HypoVereinsbank, Am G. …, H.

27.02.2015

07:06

1.000,00 €

HypoVereinsbank, R1. Str. …, R2.

28.02.2015

09:17

1.000,00 €

HypoVereinsbank, R1. Str. …, R2.

03.03.2015

13:40

1.000,00 €

HypoVereinsbank, R1. Str. …, R2.

11.03.2015

09:54

1.000,00 €

HypoVereinsbank, R1. Str. …, R2.

12.03.2015

17:05

1.000,00 €

HypoVereinsbank, R1. Str. …, R2.

13.03.2015

13:36

1.000,00 €

HypoVereinsbank, Am G. …, H.

18.03.2015

14:00

1.000,00 €

HypoVereinsbank, R1. Str. …, R2.

21.03.2015

06:33

1.000,00 €

HypoVereinsbank, R1. Str. …, R2.

23.03.2015

12:57

1.000,00 €

HypoVereinsbank, R1. Str. …, R2.

24.03.2015

13:55

1.000,00 €

HypoVereinsbank, R1. Str. …, R2.

27.03.2015

10:45

1.000,00 €

HypoVereinsbank, R1. Str. …, R2.

28.03.2015

08:50

1.000,00 €

HypoVereinsbank, R1. Str. …, R2.

01.04.2015

11:02

1.000,00 €

HypoVereinsbank, Am G. …, H.

18.04.2015

16:32

1.000,00 €

HypoVereinsbank, R1. Str. …, R2.

19.04.2015

12:38

1.000,00 €

HypoVereinsbank, R1. Str. …, R2.

43.500,00 €

12
Der Kläger behauptet ferner, dass ihm die Beklagte die jeweils bar abgehobenen Beträge nicht ausgehändigt habe. Die von der Beklagten jeweils bar abgehobenen Beträge seien auch nicht von ihm oder für seine Zwecke verwendet worden.
13
Der Kläger gibt an, dass er die Beklagte am 10.07.2015 aufgesucht und zur Rede gestellt habe, nachdem er sie zuvor auf den Lichtbildern der Überwachungskamera der HypoVereinsbank-Filiale in H. erkannt habe, die ihm bei der Polizei gezeigt worden seien. Die Beklagte habe die Barabhebungen in der Zeit vom 28.05.2015 bis 30.05.2015 in Höhe von insgesamt 3.000,00 € eingeräumt und die Rückzahlung in monatlichen Raten von 1.000,00 € ab dem 15.08.2015 zugesagt. Entgegen der Zusage sei keine Zahlung erfolgt. Von weiteren Barabhebungen durch die Beklagte habe der Kläger damals noch nichts gewusst.
14
Der Kläger behauptet zudem, dass die Beklagte bei dem Gespräch Ende März 2016 gegenüber dem Zeugen S. „die Betrügereien zugegeben“ und sich auf eine Rückzahlung an den Kläger eingelassen habe.
15
Die Beklagte bestreitet, dass sie die Bankkarte des Klägers ohne dessen Wissen an sich genommen und ohne dessen Zustimmung Bargeld von dessen Postbankkonto abgehoben habe. Sie habe auch bei dem Gespräch Ende März 2016, bei dem sie sich sehr bedrängt gefühlt habe, keine Barabhebungen zugegeben. Die Beklagte bestreitet, dass sie mit vom Postbankkonto des Klägers abgehobenen Beträgen eigene Ausgaben bezahlt oder ihre Schulden getilgt habe.
16
Im Verhandlungstermin am 27.11.2020 gab die Beklagte an, sie habe in der Zeit vom 15.11.2014 bis 19.04.2015 jeweils auf ausdrückliche Bitte des Klägers in sieben bis neun Fällen jedes Mal 1.000,00 € von dessen Postbankkonto abgehoben und ihm das abgehobene Geld jeweils unmittelbar danach ausgehändigt. Auch die dreimal 1.000,00 €, die sie in der Zeit vom 28.05.2015 bis 30.05.2015 vom Postbankkonto des Klägers abgehoben habe, habe sie dem Kläger sogleich übergeben.
17
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
18
2. Nachdem die Beklagte gegen einen ihr am 10.06.2016 zugestellten Mahnbescheid über eine Hauptforderung von 43.500,00 € nebst 8% Zinsen seit dem 01.06.2015 Widerspruch eingelegt hatte, hat der Kläger in erster Instanz beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 46.500,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem Tag der jeweiligen Barabhebung zu verurteilen und festzustellen, dass seine Forderungen gegen die Beklagte auf unerlaubten Handlungen im Sinne des § 302 Nr. 1 InsO beruhen.
19
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
20
Das Landgericht Regensburg hat die Klage mit Endurteil vom 26.06.2019 abgewiesen.
21
Hinsichtlich der Begründung des angefochtenen Urteils wird auf dieses verwiesen.
22
Der Kläger hat gegen das am 09.07.2019 zugestellte Urteil mit Schriftsatz vom 06.08.2019, bei dem Oberlandesgericht eingegangen an demselben Tag, Berufung eingelegt, und diese mit Schriftsatz vom 27.09.2019, bei dem Oberlandesgericht eingegangen an demselben Tag, innerhalb antragsgemäß entsprechend verlängerter Frist begründet. Der Kläger verfolgt seine erstinstanzlichen Klageanträge weiter. Bezüglich der Berufungsbegründung wird auf die Schriftsätze des Klägers Bezug genommen.
23
Der Senat hat mit Verfügung vom 18.03.2020 den Parteien Hinweise zu den in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen und den damit verbundenen Darlegungs- und Beweislastanforderungen gegeben. Bezüglich der Einzelheiten wird auf die Verfügung verwiesen.
24
Der Senat hat im Termin am 27.11.2020 die Parteien informatorisch angehört und im Termin am 26.03.2021 die Zeugen M4. und S. vernommen. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Verhandlungsprotokoll vom 26.03.2021 Bezug genommen.
25
Im Termin am 26.03.2021, zu dem der damalige Prozessbevollmächtigte des Klägers nicht erschienen war, hat der Senat auf Antrag der Beklagten ein Versäumnisurteil erlassen, mit dem die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Regensburg vom 26.06.2019 zurückgewiesen worden ist. Gegen das am 31.03.2021 zugestellte Urteil hat der Kläger mit Schriftsatz seines damaligen Prozessbevollmächtigten vom 01.04.2021, eingegangen an demselben Tag, Einspruch eingelegt.
26
Der Kläger beantragt zuletzt,
1. Das Versäumnisurteil des Oberlandesgerichts Nürnberg aus der öffentlichen Sitzung vom 26.03.2021, Az. 15 U 2897/19 wird aufgehoben.
2. Das Urteil des Landgerichts Regensburg vom 26.06.2019, Az. 38 O 1701/17 wird aufgehoben.
3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 43.500,00 € nebst 5%-Punkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit 15.12.2014, 06.12.2014, 09.12.2014, 16.12.2014, 17.12.2014, 22.12.2014, 30.12.2014, 12.01.2015, 13.01.2015, 27.01.2015, 28.01.2015, 02.02.2015, 21.02.2015, 13.03.2015, 01.04.2015, 17.12.2014, 29.12.2014, 15.01.2015, 19.01.2015, 03.02.2015, 05.02.2015, 06.02.2015, 09.02.2015, 11.02.2015, 18.02.2015, 27.02.2015, 28.02.2015, 03.03.2015, 11.03.2015, 12.03.2015, 18.03.2015, 21.03.2015, 23.03.2015, 24.03.2015, 27.03.2015, 28.03.2015, 18.04.2015, 19.04.2015 aus jeweils 1.000,00 €, 15.11.2014, 17.11.2014, 19.12.2014, 05.01.2015, 08.01.2015, 04.02.2015 aus Beträgen von jeweils 500,00 € zu bezahlen.
4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 3.000,00 € nebst 5%-Punkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit 19.05.2015 aus einem Betrag in Höhe von 1.000,00 €, seit 30.05.2015 aus einem Betrag in Höhe von 1.000,00 € und seit 31.05.2015 aus einem Betrag in Höhe von 1.000,00 € zu bezahlen.
5. Es wird festgestellt, dass die Forderungen des Klägers gegen die Beklagte aus den Ziffern 3 und 4 auf vorsätzlicher unerlaubter Handlung im Sinne des § 302 Nr. 1 InsO beruhen.
27
Die Beklagte beantragt, unter Aufrechterhaltung des Versäumnisurteils vom 26.03.2021 die Klage abzuweisen.
28
Die Beklagte hält die Einwendungen des Klägers gegen das landgerichtliche Urteil für unbegründet. Hinsichtlich der weiteren Ausführungen wird auf die Schriftsätze der Beklagten Bezug genommen.
II.
29
Das die Berufung des Klägers zurückweisende Versäumnisurteil des Senats vom 26.03.2021 war nur teilweise aufrechtzuerhalten. Der form- und fristgerecht eingelegte Einspruch des Klägers hat den Prozess in die Lage vor Eintritt der Säumnis zurückversetzt (§§ 343, 539 Abs. 3 ZPO). Die zulässige Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts Regensburg vom 26.06.2019 hat in der Sache zum Teil Erfolg, weil die zulässige Klage im tenorierten Umfang begründet ist.
30
1. Der Kläger kann von der Beklagten nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Var. 2 BGB die Rückzahlung von 12.000,00 € nebst Zinsen im tenorierten Umfang verlangen.
31
a) Die Beklagte hat durch die eingeräumten bzw. zugestandenen Barabhebungen jedenfalls 12.000,00 € erlangt.
32
aa) Aufgrund der eigenen Angaben der Beklagten im Rahmen der informatorischen Anhörung durch den Senat legt der Senat seiner rechtlichen Würdigung zugrunde, dass die Beklagte in zumindest zwölf Einzelfällen (neun Fälle in der Zeit vom 15.11.2014 bis 19.04.2015 und drei Fälle in der Zeit vom 28.05.2015 bis 30.05.2015) jeweils 1.000,00 € vom Postbankkonto des Klägers abgehoben hat.
33
Bei ihrer informatorischen Anhörung durch den Senat hat die Beklagte eingeräumt, die drei Barabhebungen in der Zeit vom 28.05.2015 bis 30.05.2015 in Höhe von jeweils 1.000,00 € vorgenommen zu haben. Dies steht im Einklang mit ihren entsprechenden Angaben bei ihrer Beschuldigtenvernehmung am 27.07.2015. Die Angaben der Beklagten werden bestätigt durch die von der HypoVereinsbank zur Verfügung gestellten Auszüge aus der Videoüberwachung des Geldautomaten.
34
Bei ihrer informatorischen Anhörung durch den Senat hat die Beklagte des Weiteren angegeben, in der Zeit vom 15.11.2014 bis 19.04.2015 sieben- bis neunmal Barabhebungen über jeweils 1.000,00 € getätigt zu haben. Damit hat die Beklagten die vom Kläger behaupteten Geldabhebungen in dem vorgenannten Zeitraum jedenfalls in neun Fällen nicht substantiiert bestritten. Dies hat zur Folge, dass das Vorbringen des Klägers insoweit als zugestanden gilt (§ 138 Abs. 2, Abs. 3 ZPO).
35
bb) Von weiteren Barabhebungen in der Zeit vom 15.11.2014 bis 19.04.2015 durch die Beklagte vermochte sich der Senat bei Würdigung des Prozessstoffes und des Ergebnisses der Beweisaufnahme nicht die nach § 286 Abs. 1 ZPO erforderlichen Überzeugung zu bilden.
36
(1) Die Aussage des Zeugen S. erlaubt insoweit keine tragfähigen Schlüsse.
37
Gegenüber dem Zeugen S. hat die Beklagte bei dem Gespräch Ende März 2016 nicht gesagt, dass sie Barabhebungen vom Postbankkonto des Klägers vorgenommen habe.
38
Zwar hat der Zeuge S. angegeben, dass sich die Beklagte bei dem Gespräch Ende März 2016 auf eine Rückzahlung an den Kläger eingelassen habe. Aber insoweit darf die damalige Gesprächssituation nicht unberücksichtigt bleiben. Die Beklagte hat bei ihrer informatorischen Anhörung durch den Senat geschildert, dass sie sich sehr bedrängt gefühlt habe. Der Kläger habe gesagt, dass er sie ins Gefängnis bringe und ihren Sohn ins Heim. Dies hat der Zeuge insofern bestätigt, als er äußerte, die Beklagte auf etwaige strafrechtliche Konsequenzen und Auswirkungen für ihren damals 14-jährigen Sohn hingewiesen zu haben. Die Schilderung der Beklagten wird außerdem bestätigt durch den persönlichen Eindruck, den der Senat vom Kläger gewonnen hat. Er kann sehr drängend sein, wenn es ihm um die Durchsetzung seiner Interessen geht.
39
(2) Obgleich der Senat es aufgrund der früheren Angaben der Beklagten als Zeugin oder Beschuldigte in den verschiedenen Ermittlungsverfahren für nicht unwahrscheinlich hält, dass die Beklagte in der Zeit vom 15.11.2014 bis 19.04.2015 mehr Barabhebungen vom Postbankkonto des Klägers vorgenommen hat, als sie im Zivilverfahren zugibt, reichen diese früheren Angaben nicht aus, um dem Senat die erforderliche Überzeugung von einer konkreten Anzahl zusätzlicher Barabhebungen neben den von der Beklagten zugestandenen Barabhebungen zu verschaffen. Zum einen nannte die Beklagte bei ihren polizeilichen Vernehmungen – abgesehen von den drei Barabhebungen Ende Mai 2015 – keine bestimmte Anzahl Barabhebungen. Zum anderen variieren ihre früheren Angaben zur Häufigkeit der Barabhebungen.
40
So hat die Beklagte bei ihrer Beschuldigtenvernehmung am 27.07.2015 angegeben, dass sie nicht nur die drei Abhebungen Ende Mai 2015, sondern wesentlich mehr vorgenommen habe. Andererseits hat sie bei ihrer Beschuldigtenvernehmung am 17.08.2015, also kurze Zeit später, geäußert, dass sie gar nicht mehr sagen könne, wie oft sie für den Kläger Geld abgehoben habe. Bei der Zeugenvernehmung der Beklagten am 29.12.2015 wiederum war von fast täglichen Abhebungen für den Kläger die Rede. Dagegen sprach die Beklagte bei ihrer Beschuldigtenvernehmung am 30.01.2017 vage davon, x-mal für den Kläger Geld abgehoben zu haben, und gab an, nicht mehr zu wissen, wann dies war.
41
(3) Auch in Verbindung mit den eigenen Angaben des Klägers bei seiner informatorischen Anhörung durch den Senat und weiteren Beweismitteln und Indizien ist dem Senat kein tragfähiger Schluss auf eine konkrete Anzahl weiterer Barabhebungen durch die Beklagte neben den von ihr ohnehin zugestandenen möglich.
42
(3.1) Schon nach dem eigenen schriftsätzlichen Vorbringen des Klägers tätigte er in der Zeit vom 25.11.2014 bis 02.06.2015 auch selbst Barabhebungen von seinem Postbankkonto, und zwar in Höhe von insgesamt 10.700,00 € mit Bankkarte am Geldautomaten und in Höhe von 2.600,00 € ohne Bankkarte am Schalter.
43
Zu etwaigen Barabhebungen durch Dritte hat der Kläger angabegemäß keine eigenen Wahrnehmungen. Er bestreitet insbesondere, bei Barabhebungen durch die Beklagte vor Ort anwesend gewesen zu sein.
44
Der Kläger konnte bei seiner Anhörung durch den Senat zur Zuordnung der Barabhebungen mit Bankkarte zu ihm selbst oder einem etwaigen Dritten nur angeben, dass er bestimmte aus den Kontoauszügen ersichtliche Barabhebungen nach seiner auf Eintragungen in seinem Kalender gestützten Erinnerung nicht selbst getätigt habe. Als der Senat allerdings zu der aus den Kontoauszügen ersichtlichen Barabhebung am 03.12.2014 nachfragte, also zu einer Barabhebung, die der Kläger schriftsätzlich weder sich selbst noch der Beklagten zugeordnet hatte, äußerte er, diese nicht mehr nachvollziehen zu können. Auch zu der aus den Kontoauszügen ersichtliche Barabhebung am 04.04.2015 über 700,00 € – also einer Barabhebung über einen Betrag, der von den üblichen Abhebungen über 500,00 € bzw. 1.000,00 € abweicht – konnte der Kläger keine näheren Angaben mehr machen.
45
Überdies hat der Kläger selbst nach seinen eigenen Angaben bei der informatorischen Anhörung zunächst eine Nutzung der Bankkarte durch eine andere Person als die Beklagte vermutet und sich selbst als „Schlamper“ bezeichnet, der die Bankkarte nicht stets im Geldbeutel, sondern auch mal in der Jackentasche oder im Handschuhfach seines Auto aufbewahre.
46
Der Kläger vermochte dem Senat nicht nachvollziehbar zu erklären, warum er monatelang untätig blieb, als seine normalerweise 14-tägig zugesandten Kontoauszüge ausgeblieben sein sollen. Der Kläger räumte nämlich auf Nachfrage des Senats ein, bemerkt zu haben, dass bei dem Kontoauszug vom Anfang Dezember 2014, der wegen seines erst später greifenden Nachsendeauftrages gegenüber der Deutschen Post noch an seine bisherige eigene Anschrift gegangen sein dürfte, etwas nicht stimme. Auf weitere Nachfrage des Senats unter Hinweis auf die erheblichen monatlichen Zahlungseingänge für die Nutzung der Immobilie in der M3.-O.-Str. …, H., als Asylunterkunft antwortete der Kläger, dass die auf dem Volksbankkonto der GmbH eingehenden Zahlungen für die Asylunterkunft gestimmt hätten. Er habe daher darauf vertraut, dass auch mit den Mietzahlungen auf dem Postbankkonto alles stimme.
47
Der Kläger vermochte dem Senat auch nicht zu vermitteln, warum er die Notwendigkeit einer Barauszahlung ohne Karte am 02.06.2015 zum Anlass nahm, sein Postbankkonto sperren zu lassen und sich bei einem Serviceschalter der Postbank nach Kontoabgängen in der Zeit davor zu erkundigen, während frühere aus den Kontoauszügen ersichtliche Barauszahlungen ohne Karte am 23.12.2014, 31.03.2015 und am 21.05.2015 ihn dazu nicht veranlassten, zumal zwischen dem 21.05.2015 und dem 02.06.2015 nur wenige Tage liegen.
48
(3.2) Der Niederschrift über die Vernehmung der Zeugin R3. am 14.04.2016 in einem Ermittlungsverfahren lässt sich nicht entnehmen, dass die Beklagte höhere Beträge als von ihr zugestanden abgehoben hat.
49
Auch die Vernehmung des Zeugen M4. durch den Senat lieferte keine validen Anhaltspunkte für die eigenen Angaben der Beklagten übersteigende Bargeldabhebungen, insbesondere nicht während des Krankenhausaufenthalts des Klägers in R.
50
(3.3) Dass während des Klinikaufenthalts des Klägers in Mu. ausweislich der Kontoauszüge keine Barabhebungen vom Postbankkonto erfolgten, ist ein tatsächlicher Umstand, der keinerlei Rückschlüsse auf eine konkrete Anzahl von Barabhebungen durch die Beklagte im davor liegenden Zeitraum ermöglicht. Überdies sind hierfür auch andere Erklärungen denkbar als diejenige, dass die Beklagte keine Möglichkeit zum heimlichen Zugriff auf die Bankkarte des abwesenden Klägers hatte, z. B. dass der Kläger während des Klinikaufenthalts anders als sonst keinen nennenswerten Bargeldbedarf hatte.
51
Weder der Umstand, dass der Beklagten die PIN für die Bankkarte bekannt war und sie aufgrund des Zusammenlebens mit dem Kläger möglicherweise manchmal die Gelegenheit zum unbemerkten Zugriff auf dessen Bankkarte gehabt haben könnte, noch folgende Indizien erlauben Rückschlüsse auf eine konkrete Anzahl von Barabhebungen durch die Beklagte im Zeitraum vom 15.11.2014 bis 19.04.2015:
- Die vom Senat als wahr unterstellte Behauptung des Klägers, dass seine Bankkarte für das Postbankkonto im verfahrensgegenständlichen Zeitraum immer wieder kurzfristig unauffindbar gewesen sei.
- Die unstreitige Behauptung des Klägers, dass verschiedene Gläubiger gegen die Beklagte bis zum 02.10.2015 Forderungen in einer Gesamthöhe von 4.005,29 € im Mahnbescheidsverfahren beim Amtsgericht Coburg geltend gemacht haben.
- Folgende unstreitige Behauptungen des Klägers zu Anschaffungen und größeren Ausgaben der Beklagten im verfahrensgegenständlichen Zeitraum und danach:
52
Die Beklagte buchte einen Urlaub auf Gran Canaria während der Schulferien für zwei Erwachsene und ein Kind (= die Parteien sowie der Sohn der Klägerin).
53
Die Beklagte kaufte einen Wäschetrockner (Der Kaufpreis ist zwischen den Parteien streitig).
- Folgende vom Senat als wahr unterstellte Behauptungen des Klägers zu Anschaffungen und größeren Ausgaben der Beklagten im verfahrensgegenständlichen Zeitraum und danach:
54
Die Beklagte kaufte eines Gelbett oder einer Gelbettauflage.
55
Die Beklagte beauftragte zwei Maler mit dem Tünchen eines angemieteten Wohnhauses Die Beklagte kaufte eine Küche samt Sideboard für ein angemietetes Wohnhaus.
56
Die vom Kläger beantragte Anforderung des Sonderbandes Bankauskunft bei der Staatsanwaltschaft Regensburg unter dem Az. 114 Js 20466/15 war nicht veranlasst. Die Vorlage von Bankunterlagen, die sich im Besitz der Beklagte befinden, kann nur unter den Voraussetzungen der §§ 422 f. ZPO angeordnet werden. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen ergibt sich jedoch weder aus dem Vortrag des Klägers noch aus dem sonstigen Akteninhalt. Die vorgenannten Vorschriften würden umgangen, wenn die Staatsanwaltschaft als Dritte, die auch im Besitz der Bankunterlagen der Beklagten ist, unabhängig von den Voraussetzungen der §§ 422 f. ZPO zur Vorlage der Unterlagen durch das Zivilgericht aufgefordert werden könnte. Es bedarf folglich keiner Entscheidung mehr, ob der Senat den Sonderband Bankauskünfte nach Erhalt von der Staatsanwaltschaft überhaupt dem Kläger zugänglich machen dürfte. Bei der Entscheidung hierüber müsste der Senat die Wertung des § 479 Abs. 3 Nr. 1 StPO berücksichtigen, wonach ein rechtliches Interesse des Klägers an den darin befindlichen Informationen erforderlich ist, was die Wahrnehmung formal eingeräumter Rechte durch den Kläger erfordert (vgl. zu den Anforderungen an das rechtliche Interesse MüKoStPO/Singelnstein, 1. Aufl. 2019, StPO § 477 Rn. 48), und kein schutzwürdiges Interesse der Beklagten entgegenstehen darf.
57
Die vom Kläger beantragte Vernehmung der mit den Ermittlungen in den verschiedenen Verfahren betrauten Polizeibeamten war ebenfalls nicht veranlasst. Die Zeugen M4. und S. hat der Senat selbst vernommen. Die Angaben der Beklagten gegenüber den Polizeibeamten bei ihren Vernehmungen ergeben sich aus den Niederschriften hierüber. Zur Beweiswürdigung ist der Senat selbst in der Lage.
58
Auch die vom Kläger beantragte Aussetzung des Verfahrens nach § 149 ZPO bis zur Erledigung etwaiger wiederaufzunehmender oder neu einzuleitender Ermittlungsverfahren gegen die Beklagte war nicht angezeigt. Die Aussetzung des Verfahrens nach § 149 ZPO liegt im Ermessen des Gerichts. Bei der Abwägung zu berücksichtigen sind insbesondere der Vorteil einer gründlichen Klärung im Strafprozess auf Grund der konkreten Umstände des Falls gegen den Nachteil der Verzögerung einer Entscheidung im Zivilprozess. Vorliegend steht der durch eine Aussetzung bedingten Verzögerung des Zivilverfahrens kein zu erwartender nennenswerter Erkenntnisgewinn gegenüber.
59
Die strafrechtlichen Vorwürfe, die der Kläger gegen die Beklagte im Zusammenhang mit den verfahrensgegenständlichen Barabhebungen von seinem Postbankkonto sowie im Zusammenhang mit nicht verfahrensgegenständlichen Überweisungen von dem Volksbankkonto der von ihm geführten A. K. G. GmbH erhebt, waren bereits Gegenstand strafrechtlicher Ermittlungen, die vor geraumer Zeit eingestellt worden sind. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, warum sich nunmehr neue Erkenntnisse und ggf. welche konkreten neuen Erkenntnisse sich im Falle einer Wiederaufnahme dieser Ermittlungsverfahren ergeben sollen, geschweige denn, inwiefern ein Ermittlungsverfahren insoweit bessere Erkenntnismöglichkeiten als das Zivilverfahren bietet.
60
Sofern der Kläger der Beklagten vorwirft, bei ihrer informatorischen Anhörung durch den Senat am 27.11.2020 nicht die Wahrheit geäußert zu haben, gebietet dies ebenfalls keine Aussetzung. Es ist ureigene Aufgabe des Zivilgerichts, sich eine eigene Überzeugung von der Glaubwürdigkeit von Personen und der Glaubhaftigkeit ihrer Angaben zu bilden. Auch insoweit sind bessere Erkenntnismöglichkeiten in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren weder vorgetragen noch ersichtlich.
61
b) Die Beklagte hat das Bargeld jeweils „in sonstiger Weise“ im Sinne dieser Vorschrift erlangt. Dabei kommt es nicht auf den zwischen den Parteien streitigen Umstand an, ob der Kläger die einzelnen Barabhebungen jeweils angewiesen hat. Eine Eingriffskondiktion ist auch bei einem rechtmäßigen Eingriff, dessen Erlaubnis – wie hier – mit keiner sachlichen Zuweisung an den Eingreifenden verbunden ist, gegeben. Das abgehobene Bargeld ist unstreitig nicht der Beklagten zugewiesen gewesen, sondern hat auch unter Zugrundelegung des Vortrags der Beklagten Geld des Klägers bleiben und diesem ausgehändigt werden sollen (vgl. Urteil des BGH vom 12.12.2019, Az. III ZR 198/18, Rn. 8 i. V. m. Rn. 10 ff., zit. nach juris).
62
c) Die Beklagte hat die Bargeldbeträge jeweils ohne Rechtsgrund erlangt. Einen Rechtsgrund dafür, die Bargeldbeträge behalten zu dürfen, behauptet die Beklagte nicht. Ein solcher ist auch nicht ersichtlich.
63
d) Soweit die Beklagte behauptet, sie habe die Geldbeträge jeweils im Anschluss an die Abhebung dem Kläger übergeben, vermochte sie diese vom Kläger bestrittene Behauptung bei Würdigung des Prozessstoffes und des Ergebnisses der Beweisaufnahme nicht zur Überzeugung des Senats (§ 286 Abs. 1 ZPO) nachweisen. Die Beklagte ist folglich nicht gemäß § 818 Abs. 3 BGB entreichert.
64
Die vom Senat informatorisch angehörte Beklagte hat hierzu folgende Angaben gemacht:
65
Betreffend die eingeräumten Barabhebungen in der Zeit vom 28.05.2015 bis 30.05.2015 in Höhe von insgesamt 3.000,00 € gab die Beklagte an, dass sie jeweils zusammen mit dem Kläger zu dem Geldautomaten gefahren sei und ihm das Geld sogleich nach der Abhebung im Auto übergeben habe. Mit dem am 28.05.2015 abgehobenen Geld habe der Kläger Personen bezahlt, die beim Umbau des Hauses in der B2. Straße, H., mitgearbeitet hätten. Das am 29.05.2015 abgehobene Geld habe der Kläger für Einkäufe im Baumarkt verwendet. Das am 30.05.2015 abgehobene Geld habe der Kläger für den Kauf von Teppichen, Isoliermaterial und einer neuen Küche verwendet.
66
Betreffend die neun zugestandenen Barabhebungen über je 1.000,00 € in der Zeit vom 15.11.2014 bis 19.04.2015 äußerte die Beklagte bei ihrer informatorischen Anhörung durch den Senat ebenfalls, dass sie nach der jeweiligen Barabhebung sogleich die Bankkarte zusammen mit dem Bargeld an den Kläger übergeben habe, der jeweils im Auto gewartet habe. Der Kläger habe das Bargeld für die Umbaumaßnahmen in der B2. Straße, H., zwecks künftiger Nutzung als Asylbewerberunterkunft benötigt. Die dortigen Arbeiter seien bar bezahlt worden. Auch bei dem Bargeld, dass sie vom Kläger für Kost und Logis erhalten habe, mal 600,00 €, mal 800,00 € oder 1.000,00 €, habe es sich um Geld gehandelt, das sie vorher zusammen mit dem Kläger geholt habe. Auch sei sie zusammen mit dem Kläger in Arnbruck gewesen. Dort habe er den Kaufpreis für ein Haus samt Hausrat bar bezahlt. Der Kläger habe auch Geld für Tschechien gebraucht. Er habe dort irgendeiner Baufirma Geld gegeben.
67
Der ebenfalls informatorisch angehörte Kläger ist diesen Behauptungen wie folgt entgegengetreten:
68
Die Beklagte habe die Bankkarte jeweils ohne sein Wissen an sich genommen.
69
Bei beiden Häusern hätte nicht viel umgebaut werden müssen, um sie als Asylunterkunft zu nutzen. Teilweise habe die Umbauarbeiten der Zeuge M4. gemacht. Als der Kläger aus dem Krankenhaus gekommen sei, seien alle Arbeiten erledigt gewesen. Für die Immobilie in der M3.-O.-Str. …, H., habe er ab Oktober oder November 2014 und für die Immobilie in der B2. Straße, H., ab Januar 2015 Zahlungen vom Landratsamt erhalten. Der Zeuge M4. sei nur anfangs bar bezahlt worden. Den Heizungsbauer habe er per Rechnung bezahlt.
70
Er selbst habe vom 15.11.2014 bis 30.05.2015 Bargeld in Höhe von insgesamt 10.700,00 € mittels Bankkarte vom Geldautomaten abgehoben. Von diesem Geld habe er der Beklagten monatlich 600,00 € für Kost und Logis gegeben. Er habe der Beklagten deshalb 600,00 € gegeben, weil sich ihre monatliche Kaltmiete auf diesen Betrag belaufen habe.
71
Sowohl die Angaben der Beklagten als auch die gegenteiligen Angaben des Klägers könnten für sich genommen zutreffen.
72
Dass die Rechnung und Forderungsaufstellung des Zeugen M4. vom 24.07.2015 Forderungen für den „Umbau H.“ in Höhe von 450,00 € monatlich bis einschließlich März 2015 aufweist, muss der insoweit anders lautenden Darstellung des Klägers nicht zwangsläufig widersprechen. Beide Darstellungen würden sich beispielsweise dann nicht widersprechen, wenn der Zeuge M4. lediglich Restarbeiten oder Nacharbeiten vorgenommen hätte oder wenn die tatsächlich in einem kürzeren Zeitraum angefallenen, zu vergütenden Stunden des Zeugen M4. auf einen deutlich längeren Vergütungsabrechnungszeitraum aufgeteilt worden wären, damit nach der Papierlage die rechtlichen Vorgaben für geringfügige Beschäftigungsverhältnisse als gewahrt erscheinen.
73
Die Angaben der insoweit beweispflichtigen Beklagten werden nicht durch andere Beweismittel oder Indizien ausreichend bestätigt. Der Senat hält es für möglich, dass die Beklagte dem Kläger nicht nur im Krankenhaus, sondern auch nach dem 14.11.2014 abgehobenes Bargeld übergeben hat. Dies reicht jedoch für die erforderliche Überzeugung des Senats nicht aus.
74
Die Angaben des Zeugen M4., dass während seiner Arbeiten für den Kläger die Beklagte oft freitags hinzugekommen und dem Kläger Geld mitgebracht habe, damit er den Zeugen bar auszahlen habe können, und dass die Summe in die 1.000,00 € gegangen sein, erlaubt keinen tragfähigen Schluss auf eine Entreicherung der Beklagten hinsichtlich der erlangten 12.000,00 €. Der Zeuge hatte schon keine eigenen Wahrnehmungen dazu, ob die Beklagte das mitgebrachte Geld zuvor vom Postbankkonto des Klägers abgehoben hat. Denn er war nach seinen Angaben während seiner Zeugenvernehmung durch den Senat bei Bargeldabhebungen nie dabei. Außerdem konnte er nur sehr ungefähre Angaben zu den Beträgen machen, die er erhalten haben will. Des Weiteren besteht insofern ein Widerspruch zu den Angaben der Beklagten, als sie behauptete, das Geld abgehoben zu haben, während der Kläger im Auto wartete, wogegen der Zeuge davon sprach, dass die Beklagte dem Kläger Geld mitgebracht habe. Aus den beiden zuerst genannten Gründen erlauben auch die weiteren Angaben des Zeugen, dass der Kläger Handwerker bar bezahlt habe und dass es nicht viele gewesen seien, keine fundierten Rückschlüsse auf eine konkrete Entreicherung der Beklagten.
75
Auch in den Angaben der Zeugin R3. laut Vernehmungsniederschrift vom 14.04.2016 findet sich keine valide Bestätigung der Angaben der Beklagten. Die Zeugin schilderte überhaupt keine eigenen Wahrnehmungen betreffend den etwaigen Verbleib des von der Klägerin abgehobenen Geldes.
76
Der Senat bezieht in die Würdigung auch ein, dass die Vornahme eines Teils der verfahrensgegenständlichen Barabhebungen bei der HypoVereinsbank-Filiale in H. für die Darstellung der Beklagten spricht, wonach der Kläger das Bargeld für Umbaumaßnahmen in der B2. Straße in H. benötigte. Berücksichtigung findet ferner, dass während einer intakten Freundschaft oder Beziehung wegen des Vertrauensverhältnisses üblicherweise davon Abstand genommen wird, sich eine Geldübergabe an den Freund oder Partner quittieren zu lassen. Ebenso berücksichtigt der Senat, dass trotz des vielfältigen geschäftlichen Engagements des Klägers die Kontoauszüge für das Postbankkonto im verfahrensgegenständlichen Zeitraum relativ wenig Überweisungsvorgänge ausweisen. Es erscheint daher nicht fernliegend, dass der Kläger im verfahrensgegenständlichen Zeitraum einen Bargeldbedarf hatte, der über die von ihm selbst vorgenommenen Barabhebungen hinausgeht. Allein diese vorgenannten Indizien rechtfertigen es jedoch nicht, den Angaben der Beklagten mehr Glauben zu schenken als den Angaben des Klägers.
77
e) Der Zinsanspruch des Klägers ergibt sich aus § 819 Abs. 1, § 291, § 288 Abs. 1 BGB. Denn wenn der Empfänger, wie die Beklagte, weiß, dass er das Empfangene nicht behalten darf, steht dies der Kenntnis des fehlenden Rechtsgrundes gleich (vgl. Palandt, 80. Aufl. 2021, § 819 Rn. 2 m. w. N.). Die Zinspflicht beginnt wegen § 187 Abs. 1 BGB mit dem Folgetag des Empfangs (entsprechend zur Rechtshängigkeit Palandt, 80. Aufl. 2021, § 291 Rn. 6). Der Senat geht in Ermangelung von Angaben der Beklagten zu den konkreten Zeitpunkten der neun von ihr zugestandenen Barabhebungen im Zeitraum vom 15.11.2014 bis 19.04.2015 von den letzten neun Abhebungen in diesem Zeitraum aus.
78
2. In Höhe von 12.000,00 € ergibt sich ein Zahlungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte auch aus § 667 BGB.
79
Der Senat versteht den klägerischen Vortrag dahingehend, dass er sich zumindest hilfsweise auf die zu seinen Darlegungen konträren Angaben der Beklagten beruft, wonach die erfolgten Barabhebungen jeweils auf Anweisung des Klägers erfolgt sein sollen. Denn der Kläger führt für seine geltend gemachten Ansprüche ausdrücklich auch die Angaben der Beklagten im Rahmen der strafrechtlichen Ermittlungen an.
80
Für die Annahme eines Auftragsverhältnisses zwischen den Parteien genügen schon die von der Beklagten eingeräumten bzw. zugestandenen zwölf Barabhebungen auf Anweisung des Klägers. Das von der Beklagte abgehobene Bargeld ist auch aus der Ausführung der Anweisungen und damit aus der Geschäftsbesorgung erlangt.
81
Wie bei § 812 Abs. 1 Satz 1 Var. 2 BGB obliegt dem Kläger der Beweis, dass die Beklagte etwas erlangt hat, während die Beklagte den Verbleib des Erlangten beweisen muss. Die obigen Ausführungen zu den Nachweisen der Parteien gelten entsprechend.
82
3. Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch aufgrund eines konstitutiven oder deklaratorischen Schuldanerkenntnisses zu. Ein solches hätte nämlich der Schriftform gemäß § 126 BGB bedurft (§ 780 S. 1, § 781 S. 1 BGB). Dass am 10.07.2015 oder Ende März 2016 eine schriftliche Vereinbarung zustande kam, trägt der Kläger schon nicht vor.
83
4. Der Zahlungsanspruch des Klägers kann nicht auf deliktische Anspruchsgrundlagen gestützt werden. Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 263a StGB, § 266 StGB oder § 246 StGB zu.
84
Für einen solchen deliktischen Anspruch müsste der Kläger alle objektiven und subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen des jeweiligen Straftatbestandes darlegen und beweisen (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 79. Aufl. 2020, BGB § 823 Rn. 61, 81).
85
a) Der Straftatbestand des Computerbetrugs nach § 263a StGB setzt u. a. eine unbefugte Verwendung von Daten durch die Beklagte voraus.
86
Dem Senat konnte die Würdigung des Prozessstoffes und der Ergebnisse der Beweisaufnahme nicht die erforderliche Überzeugung (§ 286 ZPO) verschaffen, dass die Beklagte bei Barabhebungen PIN und Bankkarte des Klägers ohne dessen Einverständnis verwendete.
87
Zwar hat der informatorisch angehörte Kläger dies behauptet. Die ebenfalls informatorisch angehörte Beklagte ist dem jedoch wie bereits im Ermittlungsverfahren entgegengetreten.
88
Sowohl die Angaben des Klägers zur Verwendung von PIN und Bankkarte ohne seine Zustimmung als auch die gegenteiligen Angaben der Beklagten könnten für sich genommen zutreffen. Die Angaben des insoweit beweispflichtigen Klägers werden nicht durch andere Beweismittel oder Indizien ausreichend bestätigt.
89
Der Aussage des Zeugen S. zum Gespräch Ende März 2016 bei seiner Vernehmung durch den Senat lässt sich hierzu keine konkrete diesbezügliche Äußerung der Beklagten entnehmen.
90
Auch wenn der Senat zugunsten des Klägers als wahr unterstellt, dass die Bankkarte des Klägers für sein Postbankkonto während des verfahrensgegenständlichen Zeitraums immer wieder kurzfristig unauffindbar war, reicht dies für eine hinreichende Überzeugung des Senats davon, dass etwaige PIN-Verwendungen durch die Beklagte ohne Zustimmung des Klägers erfolgten, nicht aus. Denn für die kurzfristige Unauffindbarkeit der Bankkarte sind auch andere Erklärungen denkbar als diejenige, dass die Beklagte diese ohne Wissen und Wollen des Klägers an sich genommen hat. Der Kläger hat bei seiner informatorischen Anhörung durch den Senat eingeräumt, ein „Schlamper“ zu sein, der die Bankkarte nicht stets im Geldbeutel, sondern auch mal in der Jackentasche oder im Handschuhfach seines Auto aufbewahre. Ungeachtet dessen hat der Kläger nicht vorgetragen, in welchen Zeiträumen die Bankkarte unauffindbar gewesen sein soll, so dass offen bleibt, ob in dem jeweiligen Zeitraum der Unauffindbarkeit überhaupt Barabhebungen erfolgten.
91
b) Der Straftatbestand der Unterschlagung nach § 246 StGB setzt u. a. voraus, dass es sich bei dem jeweils von der Beklagten abgehobenen Bargeld um eine für sie fremde bewegliche Sache handelt. Abgehobenes Bargeld stellt für die Beklagte nur dann eine fremde Sache dar, wenn die Beklagte bei Barabhebungen PIN und Bankkarte des Klägers ohne dessen Einverständnis verwendete. Denn Adressat des mit dem Ausgabevorgang verbundenen Einigungsangebots des Geldinstituts im Sinne des § 929 Satz 1 BGB ist nach den vertraglichen Beziehungen zwischen Kontoinhaber und Geldinstitut sowie der Interessenlage der berechtigte Benutzer des Geldautomaten (BGH, Beschluss vom 21.03.2019 − 3 StR 333/18, NStZ 2019, S. 726 ff., Rn. 8). Wie bereits zum Straftatbestand des Computerbetrugs ausgeführt, vermag sich der Senat eine Überzeugung von der Verwendung von PIN und Bankkarte des Klägers ohne dessen Zustimmung nicht zu bilden.
92
c) Der Straftatbestand der Untreue gemäß § 266 StGB ist schon deshalb zu verneinen, weil sich weder der Vortrag des Klägers, der eine Anweisung der Beklagten zu Barabhebungen nach dem 14.11.2014 negiert, noch der Vortrag der Beklagten, die eine weisungsgemäße Aushändigung der von hier abgehobenen Bargeldanträge an den Kläger behauptet, hierunter subsumieren lässt.
93
5. Mangels deliktischen Anspruchs des Klägers gegen die Beklagte ist der zulässige Feststellungsantrag unbegründet.
III.
94
Gemäß § 344 ZPO hat der Kläger die Kosten seiner Säumnis im Termin am 26.03.2021 zu tragen. Im Übrigen beruht die Kostenentscheidung hinsichtlich der noch anhängigen Anträge auf § 91, § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO, § 97 Abs. 1 ZPO und hinsichtlich der teilweisen Rücknahme des Mahnbescheidantrags betreffend die Zinsen in der Anspruchsbegründung (Reduzierung des Zinssatzes von 8 Prozent auf 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz bei gleichzeitiger Vorverlagerung des Zinsbeginns auf den Tag der Barabhebung) auf dem Rechtsgedanken des § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
95
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 711, § 709 S. 2 ZPO.
96
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, noch weicht der Senat von höchstrichterlicher oder obergerichtlicher Rechtsprechung ab.
97
Beim Streitwert ist der Feststellungsantrag mit 5% von der Hauptforderung in Höhe von 46.500,00 €, mithin mit 2.325,00 € zu berücksichtigen. Dem Antrag auf Feststellung, dass eine Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung herrührt, kommt ein eigener Wert zu. Der Senat setzt diesen Wert im Einklang mit der Rechtsprechung des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg und anderer Oberlandesgerichte mit 5% des geltend gemachten Zahlbetrages an (OLG Nürnberg, Endurteil vom 31.07.2017 – 8 U 308/16, BeckRS 2017, 120837 m. w. N.).