Inhalt

LG Regensburg, Endurteil v. 12.03.2021 – 43 O 778/20
Titel:

Mietverträge, Hilfsaufrechnung, Widerklage, unangemessene Benachteiligung, Vertragsgemäßer Gebrauch, Beendigung des Mietverhältnisses, Allgemeine Geschäftsbedingungen, Haftungsbeschränkung, Nebenkostenabrechnung, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Verjährungsverzicht, Bestehendes Mietverhältnis, Aufrechnung, Elektronischer Rechtsverkehr, Streitwertfestsetzung, Elektronisches Dokument, Mindestausstattung, Mängel der Mietsache, Schriftsätze, Geschäftsführung ohne Auftrag

Schlagworte:
Unbegründete Klage, Schädlingsbekämpfung, Reparatur Brandschutztüren, Schäden Heizung/Sanitär, Beschädigung Ausstattungsgegenstände, Beschädigung Beleuchtung, Beschädigung Fenster/Türen/Bausubstanz, Rückzahlung überzahlter Nebenkosten
Rechtsmittelinstanzen:
OLG Nürnberg, Beschluss vom 15.09.2021 – 4 U 1085/21
BGH Karlsruhe, Beschluss vom 01.03.2023 – XII ZB 483/21
Fundstelle:
BeckRS 2021, 61334

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Auf die Widerklage des Beklagten wird die Klägerin verurteilt, an den Beklagten 56.877,68 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 31.08.2019 zu zahlen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 198.906,87 € festgesetzt.

Tatbestand

1
Die Parteien streiten über wechselseitige Forderungen im Zusammenhang mit einem zwischen ihnen in der Vergangenheit bestehenden Mietverhältnis.
2
Der Beklagte mietete mit Mietvertrag vom 03.11.2015 (Anlage RR1) von der Klägerin die von dieser kurz zuvor erworbene Immobilie in der … an. Auf dem betreffenden Grundstück befand sich ein – inzwischen abgerissenes – Hotel, dessen Räumlichkeiten während des Mietverhältnisses für die Unterbringung von Flüchtlingen genutzt werden sollten.
3
In § 1 Abs. 5 des Mietvertrags findet sich folgende Regelung:
„Das Mietobjekt wird mit Mobiliar und Ausstattung vermietet. Der Vermieter verpflichtet sich, die Mindestausstattung gem. Anlage II auszustatten, vorzuhalten und zu ersetzen. Insbesondere auch bei Bewohnerwechsel.“
4
Die Mindestausstattung ist in Anlage II zum Mietvertrag (vgl. Anlage RR4) näher bezeichnet.
§ 6 des Mietvertrags enthält u.a. folgende Regelungen:
„§ 6 Instandhaltung und Instandsetzung; Haftung
(…)
(2) die Kosten der Instandhaltung und Instandsetzung trägt der Mieter nur dann, soweit diese von den zugewiesenen Bewohnern mutwillig verursacht wurden (Vandalismus) und dem Mieter der Schaden durch den Vermieter unverzüglich schriftlich angezeigt wurde.
(…) (6) notwendige Reparaturarbeiten und Ersatzbeschaffungen von Mobiliar und Ausstattungsgegenständen (s. Anlage II, ins. Küchengeräte wie z.B. Herd, Kühlschrank) führt der Vermieter eigenständig und auf eigene Kosten durch.
(…)"
5
Hinsichtlich der Einzelheiten des Mietvertrags und seiner Anlagen wird auf die erwähnten Anlagen Bezug genommen.
6
Die Klägerin stattete die Räumlichkeiten entsprechend den in der Anlage II zum Mietvertrag festgelegten Mindestanforderungen aus. Die ersten Bewohner bezogen die Unterkunft am 01.12.2015. Das Mietverhältnis endete durch Kündigung des Beklagten vom 07.05.2018 zum 30.11.2018. Die letzten Bewohner zogen zum 01.09.2018 aus.
7
Im Herbst 2016 wurde in der Unterkunft ein Befall mit Bettwanzen festgestellt.
8
Mit Schreiben vom 23.12.2019 teilte der Beklagte dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit, dass er „befristet bis 31.03.2020 auf die Einrede der Verjährung nach § 548 Abs. 1 BGB“ verzichte (vgl. Anlage RR40).
9
Mit Schreiben vom 07.05.2019 hat die Klägerin dem Beklagten die Nebenkostenabrechnung für das streitgegenständliche Mietobjekt für das Jahr 2018 übermittelt (vgl. Anlage B1). In diesem Schreiben weist die Klägerin dem Beklagten darauf hin, dass sich bei den Nebenkosten eine Überzahlung von 54.824,77 € ergeben habe, die aber vorerst nicht zur Auszahlungsgelage, zunächst eine Verrechnung mit gegen Forderungen der Klägerin erfolge. Mit Schriftsatz vom 28.01.2021 hat der Beklagte für den Fall, dass die Klageforderung ganz oder teilweise besteht, die Aufrechnung mit der Gegenforderung in Höhe von 57.248,66 € hilfsweise erklärt.
10
Die Klägerin behauptet, sie habe für die Einrichtung der Unterkunft insgesamt ca. 434.707,97 € aufgewendet, wovon 114.309,03 € auf die Ausstattung der Zimmer und 320.398,94 € auf die Ausstattung der Küche und des Waschraums entfallen seien. Die Bewohner der Unterkunft hätten wiederholt gegen die Hausordnung verstoßen, obwohl sie von der Klägerin wiederholt auf deren Einhaltung hingewiesen worden seien. Insbesondere hätten sie auf den Zimmern Elektrogeräte betrieben und geraucht. Das zuständige Landratsamt als Vertreterin des Beklagten sei darüber auch von der Klägerin informiert worden. Nach nahezu jedem Nutzerwechsel habe die gesamte bewegliche Einrichtung der jeweiligen Zimmer ausgewechselt werden müssen. Die Einrichtung sei immer wieder Ziel von Vandalismus und mutwilliger Zerstörung gewesen oder entwendet worden. Auch hierüber habe die Hausverwaltung die Vertreter des Beklagten stets informiert. Der Schädlingsbefall mit Bettwanzen habe das gesamte 2. Obergeschoss der Unterkunft betroffen. Er sei unzweifelhaft auf ein Verhalten der Bewohner zurückzuführen. Um die Bettwanzen im Herbst 2016 fachgerecht zu entfernen, sei es erforderlich gewesen, sämtliche Wandvertäfelungen und Teppiche des Betroffenen Stockwerks auszutauschen. Dadurch seien Kosten in Höhe von 15.600,90 € entstanden. Der Beklagte habe bereits am 01.09.2016 mitgeteilt, dass er diese Kosten übernehme.
11
Im September 2017 seien zwei Brandschutztüren im Mietobjekt, von denen sich eine im Erdgeschoss, die andere im 3. Obergeschoss befunden habe, beschädigt worden. Für den Austausch der Türen habe die Klägerin 177,31 € aufgewendet.
12
Im Zimmer 364 der Unterkunft habe im Herbst 2017 ein beschädigter Rauchwarnmelder ausgetauscht werden müssen. Die Klägerin habe in diesem Zusammenhang 370,98 € aufgewendet. Bei einer Begehung am 14.09.2017 seien erhebliche Mängel an den Bad- und Sanitäreinrichtungen in einem Großteil der Zimmer festgestellt worden. Für die Beseitigung aller Mängel seien Kosten von 5.987,43 € angefallen. Die Parteien seien übereingekommen, dass von diesem Betrag der Beklagte 3.277,62 € übernehmen sollte.
13
In den Mieträumen sein regelmäßig Beleuchtungseinrichtungen oder fest Installationen wie Wandverkleidungen abmontiert, verklebt, beschädigt oder zerstört worden. Dies sei mutwillig und vorsätzlich erfolgt. Für die erneute Instandsetzung der Zimmer habe die Klägerin einen Betrag von 5.431,16 € aufgewendet.
14
In den Zimmern seien Fensterrahmen durch Anbringung von Fliegengittern, Fensterbänke durch das Abstellen heißer Kochtöpfe und Mauerwerk durch das Herausreißen von Lampen und Rauchmelder beschädigt worden. Für die Reparaturen habe die Klägerin insgesamt 2.211,48 € aufgewendet. Im Zimmer 115 habe im November 2017 der Teppich aufgrund sehr starker Verschmutzung grundgereinigt werden müssen. Dafür habe die Klägerin einen Betrag von 559,30 € aufgewendet.
15
Bei dem Mietvertrag handle es sich um ein für eine Vielzahl angemietete Flüchtlingsunterkünfte vorformuliertes Vertragsformular des Beklagten.
16
Die Klägerin meint, sie könne die von ihr getätigten Aufwendungen für die Schädlingsbekämpfung, für den Austausch der Brandschutztüren bzw. des Rauchmelders, für die Reparaturen in den Heizungs- und Sanitärräumen, für Reparaturen an der Beleuchtung und für Schäden an Fenster, Türen und der Bausubstanz vom Beklagten ersetzt verlangen. Außerdem meint sie, vom Beklagten eine Zahlung in Höhe der von ihr für die Ausstattung des Mietobjekts getätigten Aufwendungen verlangen zu können.
17
Ein Anspruch ergebe sich aus §§ 535, 280 Abs. 1 BGB. Der Beklagte habe sich das überwiegend vorsätzliche und vertragswidrige Verhalten der Bewohner zurechnen zu lassen. Dieses sei nicht mehr vom vertragsgemäßen Gebrauch gedeckt. Die Haftungsbeschränkung in § 6 Abs. 2 des Mietvertrags stelle eine Allgemeine Geschäftsbedingung dar und sei wegen eines Verstoßes gegen § 309 Nr. 7b BGB bzw. § 307 Abs. 1 BGB unwirksam.
18
Verjährung könne schon wegen des erklärten Verjährungsverzichts nicht eingewendet werden.
19
Die Widerklage sei unbegründet, da bezüglich der Nebenkosten eine Pauschale vereinbart gewesen sei. Zudem seien auch nach dem Auszug der letzten Bewohner noch Kosten für Strom und Wasser angefallen, da die Klägerin das Objekt in einem vertragsgerechten Zustand habe halten müssen. Die geltend gemachte Forderung treffe deshalb auch der Höhe nach nicht zu.
20
Die Klägerin beantragt:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 141.658,19 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 08.02.2018 zu bezahlen.
21
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
22
Im Wege der Widerklage beantragt der Beklagte für den Fall, dass die Klageforderung ganz oder teilweise nicht besteht und die im Wege der Hilfsaufrechnung geltend gemachte Gegenforderung des Beklagten gegen den Kläger in Höhe von € 57.248,66 deshalb nicht durch Aufrechnung ganz oder teilweise verbraucht ist:
23
Die Klägerin und Widerbeklagte wird verurteilt, an den Beklagten und Widerkläger den nicht im Wege der Hilfsaufrechnung verbrauchten Teil der Gegenforderung des Beklagten gegen den Kläger in Höhe von € 57.248,66 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 31.08.2019 zu zahlen.
24
Und hilfsweise hierzu für den Fall der unzureichenden Bestimmtheit des vorstehenden Antrags:
25
Die Klägerin und Widerbeklagte wird verurteilt, an den Beklagten und Widerkläger € 57.248,66 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 31.08.2019 zu zahlen.
26
Die Klägerin beantragt,
die Widerklage abzuweisen.
27
Der Beklagte trägt vor, der Inhalt des Mietvertrags sei zwischen den Parteien individuell ausgehandelt worden.
28
Der Beklagte meint, Schadensersatzansprüche würden bereits daran scheitern, dass es an einem substantiierten Sachvortrag zu den Schäden und ihrer Entstehung fehle. Die von der Klägerin beklagten Schäden würden sich zudem allesamt als Folge vertragsgemäßer Nutzung darstellen. Ein ersatzfähiger Schaden sei auch deshalb nicht gegeben, weil das Mobiliar und die Ausstattungsgegenstände für die Klägerin, da diese das Mietobjekt nicht mehr weiter betreibe, keinerlei Nutzen mehr gehabt habe, Allgemeine Geschäftsbedingungen lägen im streitgegenständlichen Vertrag nicht vor. Hinsichtlich der Schadenshöhe sei in jedem Fall ein Abzug Neu für Alt vorzunehmen. Etwaige Ansprüche seien zudem verjährt. Der Beklagte erhebt die entsprechende Einrede. Der erklärte Verjährungsverzicht sei nicht umfassend.
29
Bezüglich der Nebenkosten sei über die bereits mitgeteilte Überzahlung hinaus ein Betrag von weiteren 2.423,89 € von der Klägerin auf die geleistete Vorauszahlung zu erstatten. Dies ergebe sich daraus, dass ab September 2018 Reinigungskosten und Stromkosten nicht mehr geschuldet gewesen seien, da das Objekt nicht mehr bewohnt war.
30
Zur Ergänzung des Tatsachenvortrags wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
31
Das Gericht hat im Termin vom 10.02.2021 mündlich zur Sache verhandelt. Auf das Protokoll der öffentlichen Sitzung wird insoweit Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A.
32
Die zulässige Klage ist unbegründet. Ganz überwiegend bestehen die mit ihr geltend gemachten Ansprüche bereits nicht. Soweit dies doch der Fall ist, sind die Ansprüche infolge der vom Beklagten geltend gemachten Hilfsaufrechnung erloschen.
I.
33
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung von 15.600,90 € im Zusammenhang mit der Bettwanzenbekämpfung.
34
1. Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus § 280 Abs. 1 BGB wegen einer schuldhaften Pflichtverletzung der mietvertraglichen Pflichten.
35
Eine solche ist von der insoweit beweisbelasteten Klägerin jedenfalls nicht nachzuweisen. Die Prämisse, der Schädlingsbefall sei unzweifelhaft auf das Verhalten der Bewohner zurückzuführen, kann das Gericht nicht teilen. Der Schädlingsbefall kann ebenso andere Ursachen haben.
36
Die Beseitigung von Schädlingen, die einen Mangel der Mietsache darstellen, ist im Grundsatz Sache des Vermieters. Bereits aus diesem Grund kommt auch ein Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag nicht in Betracht, da die Klägerin als Vermieterin bei der Beseitigung Schädlinge kein fremdes, sondern ein eigenes Geschäft besorgt.
37
2. Der Klägerin gelingt auch nicht der Nachweis, dass der Beklagte die Kosten für die Schädlingsbekämpfung vertraglich übernommen hat.
38
Die von ihr in diesem Zusammenhang in Bezug genommene E-Mail vom 01.09.2016 (Anlage RR13) könnte für sich betrachtet zwar zunächst für eine solche Abrede sprechen.
39
Die Beklagtenseite hat sich im Termin vom 10.02.2021 indes so eingelassen, dass diese E-Mail sich nicht auf die Übernahme der geltend gemachten Kosten in Höhe von 15.600,90 € bezogen habe, sondern auf den vorherigen Einsatz eines Kammerjägers in einem Zimmer der Unterkunft. Die Klägerin hat dies nicht bestritten. Zudem ist in der Anlage RR 13 zwar ersichtlich, dass der Vertreter des Beklagten hier auf eine Nachricht der Zeugin A. antwortet, allerdings ist deren Wortlaut nicht wiedergegeben. Somit ist auch nicht erkennbar, dass hier von Beklagtenseite auf die streitgegenständliche Schädlingsbekämpfung Bezug genommen wurde. Unbestritten ist auch der Vortrag des Beklagten mit Schriftsatz vom 01.02.2021 (dort S. 16), dass für einen Einsatz eines Kammerjägers bei einer Bewohnerin eine Rechnung von 2.618 € vom Beklagten beglichen wurde. Angesichts des Umstands, dass es hier unstreitig einen vorherigen Einsatz eines Kammerjägers gab, der auch bezahlt wurde, ist der Vortrag des Beklagten auch plausibel.
II.
40
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Ersatz für die Kosten im Zusammenhang mit der Reparatur zweier Brandschutztüren.
41
Die Klägerin hat diese Türen zwar individualisiert. Auch ist davon auszugehen, dass das Verkeilen solcher Türen vom vertragsgemäßen Gebrauch wohl nicht mehr gedeckt sein dürfte, so dass eine Ersatzpflicht auf Grundlage von § 6 Abs. 2 des Mietvertrags grundsätzlich in Betracht kommt.
42
Allerdings lassen sich die Reparaturarbeiten, wie sie sich aus der als Anlage RR16 ergeben, nicht mit dem von der Klägerin vorgetragenen Schaden in Übereinstimmung bringen. Im Schriftsatz vom 04.01.2021 (dort S. 12) trägt die Klägerin vor, dass die Türen durch die Schädigungshandlungen der Bewohner komplett ausgewechselt werden mussten. Ein solcher Austausch ist der Rechnung vom 26.09.2016 aber gerade nicht zu entnehmen. Dort ist festgehalten, dass die Arbeiten darin bestanden, den Türbeschlag an der Tür im Erdgeschoss neu zu befestigen und den Türflügel der Tür im 3. Obergeschoss neu auszurichten. Ein vollständiger Austausch ist auch angesichts des Rechnungsbetrags kaum plausibel.
43
Somit fehlt es an einem konkret nachvollziehbaren Zusammenhang zwischen einer dem Beklagten zurechenbaren Schädigungshandlung und dem hier geltend gemachten Schaden. Die nachvollziehbaren Reparaturarbeiten, wie sie sich aus der Rechnung ergeben, haben Schäden behoben, die grundsätzlich auch durch eine vertragsgemäße Nutzung entstanden sein können. Für eine solche ist der Beklagte aber nicht einstandspflichtig (vgl. nachfolgend unter Ziff. III.).
III.
44
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Ersatz von 3.277,62 € für behauptete Schäden an Ausstattungsgegenständen im Bereich Heizung/Sanitär.
45
1. Zwar lassen sich die behaupteten Schäden angesichts der Ausführungen auf Seite 12 der Anspruchsbegründung vom 06.08.2020 einzelnen Zimmern der Unterkunft zuordnen. Der Vortrag lässt aber nicht erkennen, dass hier jeweils ein Sachverhalt vorliegt, für den der Beklagte im Wege des Schadensersatzes einstandspfllichtig ist. So wird bei den einzelnen Positionen ganz überwiegend auf starke Verschmutzung abgestellt. Soweit daneben auch auf eine Beschädigung abgestellt wird, lässt der klägerische Vortrag nicht erkennen worin diese jeweils gelegen haben soll. Bei einer starken Verschmutzung spricht aber bereits einiges dafür, dass dies in einer Gemeinschaftsunterkunft für eine Vielzahl von Flüchtlingen als Folge des vertragsgemäßen Gebrauchs vom Vermieter hinzunehmen ist. So ist der Mietvertrag in § 6 Abs. 1 auch festgehalten, dass die durch die Belegung mit Flüchtlingen bedingte verstärkte Abnutzung für sich genommen keine vertragswidrige Benutzung darstellt und die durch vertragsgemäßen Gebrauch aufgetretenen Schäden und Abnutzungen durch die Miete abgegolten sind keinen zu ersetzenden Schaden darstellen. Gemäß § 6 Abs. 2 des Mietvertrags trägt der Mieter die Kosten der Instandhaltung und Instandsetzung nur dann, wenn diese von den Bewohnern mutwillig durch Vandalismus verursacht wurden. Dafür lässt der klägerische Vortrag nichts erkennen.
46
2. Die entsprechenden Regelungen des Mietvertrags sind auch nicht unwirksam.
47
Dabei kann dahinstehen, ob es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt, was zwischen den Parteien streitig ist. Denn selbst wenn man mit der Klage das Vorliegen solcher einmal unterstellt, führt dies nicht zur Unwirksamkeit der entsprechenden Klauseln.
48
a) Eine Unwirksamkeit aus § 309 BGB ergibt sich bereits deshalb nicht, weil die Vorschrift gegenüber der Klägerin als Unternehmerin gemäß § 310 BGB keine Anwendung findet.
49
c) Eine Unwirksamkeit ergibt sich ferner nicht aus § 307 Abs. 1 BGB. Die Regelungen in § 6 des Mietvertrags verstoßen weder gegen das Transparenzgebot noch stellen sie eine unangemessene Benachteiligung der Klägerin dar.
50
Die Regelung ist nicht intransparent. Die Regelungen in § 6 Abs. 2 und 6 Abs. 6 des Mietvertrags stehen nicht zueinander in Widerspruch. In der Gesamtschau sind sie so zu verstehen, dass der Beklagte für Schäden haftet, die durch mutwilliges Verhalten der Bewohner verursacht wurden. Nur wenn man die Haftungsbeschränkung des 6 Abs. 2 auch auf 6 Abs. 6 bezieht, macht es Sinn, dass der in einem früheren Vertragsentwurf (vgl. Anlage R44) enthaltene Satz 2 des 6 Abs. 6 nicht mehr gesondert aufgeführt wird.
51
Es liegt auch keine unangemessene Benachteiligung der Klägerin vor. Bei der Bewertung dieser Frage können auch Verstöße gegen ein Verbot des § 309 mit einfließen. Zieht man die von der Klägerin ins Feld geführte dortige Nr. 7b heran, ist im Hinblick auf den streitgegenständlichen Mietvertrag aber festzustellen, dass gerade keine Freizeichnung für grob fahrlässige oder vorsätzliche Beschädigungen erfolgt.
52
Die Haftungsbeschränkung an sich begegnet auch keine grundsätzlichen Bedenken. Die Beklagte weist zurecht darauf hin, dass beim Betrieb einer Flüchtlingsunterkunft wie der streitgegenständlichen der Eintritt von Schäden aufgrund des Charakters als Gemeinschaftsunterkunft mit häufigen Bewohnerwechseln nicht völlig unwahrscheinlich ist. Diesem Umstand haben die Parteien durch die Regelungen im Mietvertrag Rechnung getragen. Der Verpflichtung der Klägerin, die Mindestausstattung vorzuhalten und erforderlichenfalls auszutauschen und Schäden, soweit diese nicht durch Vandalismus verursacht wurden, selbst zu beheben, steht der Anspruch auf eine nicht unerhebliche Miete gegenüber. Ein Missverhältnis, das eine unangemessene Benachteiligung rechtfertigen würde, ist in der Gesamtschau nicht zu erkennen.
53
3. Die von der Klägerin behauptete vertragliche Abrede hinsichtlich der Übernahme der Kosten durch die Beklagten, die von dieser bestritten wurde, ist nicht substantiiert dargetan.
IV.
54
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Ersatz von 114.309,03 €.
55
Sie begründet diesen Anspruch damit, dass sie – was der Beklagte bestreitet – in dieser Höhe Investitionen für Ausstattungsgegenstände getätigt hat und diese Gegenstände nach Beendigung des Mietverhältnisses keinen Wert mehr gehabt hätten.
56
Die Klage ist insoweit bereits nicht schlüssig. Auch wenn man mit der Klägerin die getätigten Investitionen der Höhe nach einmal unterstellt, kann die Klägerin unter keinen Umständen davon ausgehen, dass sie zum Zeitpunkt der Beendigung des Mietverhältnisses weiterhin über Ausstattungsgegenstände verfügt, die den neuwertigen Gegenständen im Wert entsprechen. Jedermann muss einleuchten, dass die Gegenstände bereits durch die vertragsgemäße Benutzung deutlich an Wert verlieren. Vor diesem Hintergrund kann ein Anspruch auf den geltend gemachten Betrag unter keinen Umständen gerechtfertigt sein.
57
Hinzu kommt, dass der Austausch der Einrichtung-/Ausstattungsgegenstände nach § 1 Abs. 5 des Mietvertrags in den Pflichtenbereich der Klägerin fällt. Dort ist insbesondere die Verpflichtung enthalten, dass die Klägerin die Mindestausstattung vorzuhalten und zu ersetzen hat, insbesondere auch bei einem Bewohnerwechsel. Dies lässt deutlich erkennen, dass die Vertragsparteien davon ausgegangen sind, dass bereits durch den bestimmungsgemäßen Gebrauch der Ausstattungsgegenstände eine Verschlechterung eintritt, die eine Weiternutzung durch andere Personen im Anschluss unter Umständen unmöglich macht.
58
Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang darauf abstellt, dass Einrichtungsgegenstände mutwillig beschädigt worden sein sollen, fehlt es an hinreichend konkreten Sachvortrag. Es reicht insofern nicht aus, dass die Klägerin vorträgt, dass Einrichtungen immer wieder Ziel von Vandalismus gewesen seien und insbesondere Bettgestelle, Matratzen, Stühle, Schränke, Mülltonnen etc. mutwillig beschädigt worden seien. Eine Zuordnung zu konkreten Schadenspositionen ist auf dieser Grundlage nicht möglich.
V.
59
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Ersatz von 5.453,16 € für von ihr behauptete Schäden an der Beleuchtung.
60
Auch insofern fehlt es an einem hinreichend substantiierten Vortrag zum Schaden. Die Klägerin trägt vor, dass Beleuchtungseinrichtungen oder Festinstallationen wie Wandverkleidungen der einzelnen Zimmer immer wieder abmontiert, verklebt, beschädigt oder zerstört worden seien (S. 14 der Anspruchsbegründung vom 06.08.2020). Dieser Vortrag lässt nicht erkennen, was konkret durch wen zu welchem Zeitpunkt beschädigt worden sein soll.
VI.
61
Die Klägerin hat schließlich auch keinen Anspruch auf den Ersatz der von ihr behaupteten Schäden an Fenstern, Türen oder der Bausubstanz.
62
Der klägerische Vortrag lässt wiederum nicht erkennen, welche konkreten Schäden den Reparaturarbeiten, wie sie den Anlagen RR33 und RR34 zu entnehmen sind, zugrunde liegen. Ebenso wenig lässt sich erkennen, dass es sich insoweit um mutwillig verursachte Schäden handelt, die nach dem Mietvertrag vom Beklagten zu ersetzen wären.
63
Die Grundreinigung des Teppichs kann auf der Basis des klägerischen Vortrags ebenso wenig einem mutwilligen Verhalten der Bewohner zugeordnet werden.
VII.
64
Die Klägerin hat grundsätzlich einen Anspruch wegen der Beschädigung der Brandschutztüren und der Rauchmelder. Allerdings ist dieser Anspruch infolge der vom Beklagten erklärten Aufrechnung erloschen.
65
1. Die Klägerin hat hier konkret dargelegt, in welchem Zimmer sich der betreffende Rauchmelder befand. Die Beschädigung des Rauchmelders fällt auch unter § 6 Abs. 2 des Mietvertrags. Ein Rauchmelder nutzt sich nicht innerhalb eines Zeitraums von nicht einmal 2 Jahren – der Austausch erfolgte am 26.09.2017 (vgl. Anlage RR 20) in einer Weise ab – die einen Austausch erfordert. In Anlage RR 21 ist dokumentiert, dass der Rauchmelder wiederholt demontiert wurde und schließlich defekt war. Dies stellt keinen vertragsgemäßen Gebrauch dar. Letztlich kommt es aber darauf nicht an, da die E-Mail der Vertreterin des Beklagten vom 22.9.2017 (Anlage RR24) so verstanden werden muss, dass der Beklagte sich zur Kostenübernahme bereit erklärt hat. Ausweislich des Betreffs stellt diese E-Mail auch die Antwort auf die als Anlage RR23 vorgelegte E-Mail dar. In beiden Mails wird auch auf den in Anlage RR21 erwähnten Bewohner Bezug genommen.
66
Die Kosten ergeben sich aus Anlage RR20. Dass diese nicht angemessen oder erforderlich wären, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
67
2. Die Forderung ist nicht verjährt.
68
Auch wenn man mit der Ansicht des Beklagten den Verjährungsverzicht im Schreiben vom 23.12.2019 strikt auf Ansprüche aus § 548 BGB beschränkt, ergibt sich nichts anderes. Der betreffende Anspruch lässt sich unter diese Vorschrift subsumieren. Die Geltendmachung des Anspruchs erfolgte vor Ablauf der in dem Schreiben genannten Frist.
69
3. Der Ersatzanspruch in Höhe von 370,98 € ist allerdings gem. § 389 BGB infolge der vom Beklagten mit Schriftsatz vom 98.1.2021 erklärten Hilfsaufrechnung erloschen.
70
a) Die zulässige innerprozessuale Bedingung, unter die der Beklagte die Aufrechnung gestellt hat, ist nach dem vorstehend unter Ziff. VII.1 Ausgeführten eingetreten.
71
b) Dem Beklagten steht eine aufrechenbare Forderung in der von ihm geltend gemachten Höhe zu.
72
In Höhe von 54.824,77 € ergibt sich dies bereits aus dem als Anlage B1 vorgelegten Schreiben der Klägerin vom 07.05.2019. Dort ist ausdrücklich von einer Nebenkostenüberzahlung in der betreffenden Höhe die Rede, die Berechnung, aus der sich dies ergibt, ist dem Schreiben beigefügt.
73
Die Klägerin kann mit ihrem Vorbringen, eine Nachzahlung von Nebenkosten sei bereits deshalb nicht möglich, weil zwischen den Parteien insofern eine Pauschale vereinbart gewesen sei, nicht durchdringen.
74
Die Formulierung in § 5 Abs. 1 des Mietvertrags, wo es heißt „Der Mieter findet die tatsächlich anfallenden Betriebskosten pauschal ab“ könnte zwar für sich für eine solche Betrachtungsweise sprechen. Bereits aus § 5 Abs. 2 des Mietvertrags, wo geregelt ist, dass die Betriebskostenabrechnung einmal jährlich erfolgen und nur für das Jahr 2015 entfallen soll, wird deutlich, dass die Vertragsparteien die Betriebskostenzahlungen trotz der Formulierung in § 5 Abs. 1 des Mietvertrags gerade nicht im Sinne einer unveränderlichen Pauschale verstanden wissen wollten. Dass beide Seiten dies auch so verstanden und praktiziert haben, zeigen neben der mit dem Schreiben in Anlage B1 vorgelegten Nebenkostenabrechnung auch die von der Klägerin vorgelegten Anlagen RR18 und RR19. Erstere Anlage stellt die Nebenkostenabrechnung für 2017 dar, die weitere Anlage stellt ein Schreiben des Beklagten dar, in dem auf ebendiese Abrechnung Bezug genommen wird.
75
Dem Beklagten steht auch die geltend gemachte Erhöhung der Nebenkosten Rückzahlung in Höhe von 2.423,89 € zu. Der Beklagte hat gegenüber der Klägerin mit Schreiben vom 19.07.2019 (Anlage B2) in dieser Höhe eine Korrektur der Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2018 geltend gemacht. Bei den korrigierten Positionen handelt es sich um die Posten „Reinigung“ (Differenz: 1.350 €), „Strom“ (Differenz 486,18 €), „Wasser“ (Differenz: 24,61 €) und „Abwasser“ (Differenz: 653,10 €). Der Beklagte hat in dem genannten Schreiben dargelegt, dass er die Kosten für September bis einschließlich November 2018 – in diesem Zeitraum stand die Unterkunft unstreitig leer – nur übernimmt, soweit für die genannten Positionen eine Grundgebühr angefallen ist. Dies ist auch nicht zu beanstanden. Strom und Wasser werden nach dem Auszug der Bewohner vom Mieter nicht mehr verbraucht. Abwasser fällt demzufolge auch nicht an. Soweit die Klägerin insoweit einwendet, auch nach dem Auszug der Bewohner sei noch verbrauchsabhängige Kosten angefallen, legt sie bereits nicht substantiiert dar, in welchem Umfang diese erforderlich gewesen sein sollen. Unabhängig davon fällt es auch nicht in den Verantwortungsbereich des Mieters, das leerstehende Gebäude im Herbst zu heizen, um Schäden an der Gebäudesubstanz vorzubeugen. Bezüglich der Reinigung dürfte es sich bei den von den Nebenkostenvorauszahlungen erfassten Kosten von 450 €/Monat um die regelmäßige Reinigung der Räumlichkeiten durch Reinigungspersonal handeln, nicht um die Kosten einer Endreinigung nach Auszug der Bewohner, auf die die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 08.02.2021 abhebt.
76
Die vom Beklagten dargelegten Differenzbeträge übersteigen in der Summe die geltend gemachte Erhöhung von 2.423,89 €.
77
c) Die Forderung, mit der aufgerechnet wird, ist fällig.
78
Die Fälligkeit bezüglich eines Betrages in Höhe von 54.824,77 € tritt nach der Abrechnung durch die Klägerin ein. Soweit der Beklagte zusätzlich eine weitere Rückzahlung von 2.443,89 € begehrt, tritt die Fälligkeit nach der im Schreiben vom 19.07.2019 (Anlage B2) gesetzten Frist ein. Fälligkeit lag damit zum 31.08.2019 vor.
79
d) Die Forderungen sind auch nicht einredebehaftet.
80
Die Klägerin hat dazu nach Geltendmachung der Hilfsaufrechnung nichts vorgetragen.
B.
81
Die Widerklage ist zulässig und begründet.
I.
82
Die Widerklage ist zulässig.
83
Hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit muss gar nicht auf § 33 ZPO abgestellt werden, da die Klägerin ihren Sitz im Bezirk des Landgerichts Regensburg hat.
84
Soweit man die Konnexität als eigenständige Sachurteilsvoraussetzung ansehen will, ist diese auch gegeben. Die Forderungen aus der Widerklage stehen im Zusammenhang mit demselben Mietverhältnis wie die Forderungen der Klage.
85
Die zulässige innerprozessuale Bedingung für die Entscheidung über die Widerklage ist eingetreten.
II.
86
Die Widerklage ist begründet.
87
Der Beklagte hat gegen die Klägerin einen Anspruch auf Zahlung von 56.877,68 €.
88
Grundsätzlich besteht ein Anspruch auf die Rückzahlung überzahlter Nebenkostenvorauszahlungen in Höhe von 57.248,66 €. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen unter A.VII.3 Bezug genommen. In Höhe von 370,98 € ist dieser Anspruch durch Aufrechnung erloschen, wie ebenfalls oben ausgeführt wurde.
89
Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286, 288 Abs. 2 BGB. Ab dem 31.08.2019 waren die Forderungen, die der Widerklage zugrunde liegen, fällig und die Klägerin befand sich in Verzug.
C.
90
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
91
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 S. 1, 2 ZPO.
92
Bei der Streitwertfestsetzung waren die mit der Klage und der Widerklage geltend gemachten Beträge zu addieren.