Titel:
Abgewiesene Klage im Streit um Schuldzinsen aus Inanspruchnahme einer Bürgschaft
Normenketten:
EStG § 7g, § 9 Abs. 1 S. 2 Nr. 1
FGO § 74
Schlagworte:
Einkommensteuer, Inanspruchnahme, Klageverfahren
Rechtsmittelinstanz:
BFH München, Beschluss vom 22.02.2023 – VIII B 4/22
Fundstelle:
BeckRS 2021, 61060
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
Tatbestand
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Streitig sind Schuldzinsen aus einem infolge der Inanspruchnahme aus einer Bürgschaft aufgenommenen Darlehen.
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Der Kläger erzielte im Streitjahr 2013 Einkünfte aus Gewerbebetrieb, selbständiger Arbeit, nichtselbständiger Arbeit, Kapitalvermögen und Vermietung und Verpachtung.
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Er wurde zunächst zusammen mit seiner damaligen Ehefrau zur Einkommensteuer veranlagt. Während des Einspruchsverfahrens ergingen mehrere Teilabilfebescheide.
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Im Zeitraum vom 16.12.2015 bis 09.08.2018 fand beim Kläger eine Betriebsprüfung statt. Während dieser beantragte der Kläger Einzelveranlagung. Daraufhin hob das Finanzamt den Zusammenveranlagungsbescheid und den Feststellungsbescheid über den verbliebenen Verlustvortrag aus Kapitalvermögen auf.
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Mit Bescheid vom 30.10.2018 wurde der Kläger einzeln für das Jahr 2013 zur Einkommensteuer veranlagt.
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Mit Einspruchsentscheidung vom 26.04.2019 wurde die Einkommensteuer 2013 weiterhin auf 0 € festgesetzt. Die vom Kläger begehrte Erhöhung der Abschreibungsgrundlage im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung wirkte sich auf die Höhe der Einkommensteuer dabei nicht aus. Die Einkünfte aus Kapitalvermögen wurden nach Abzug des Sparerfreibetrags mit … € angesetzt. Der Gesamtbetrag der Einkünfte belief sich auf … €. Der verbleibende Zuwendungsvortrag nach § 10b EStG zum 31.12.2013 wurde gesondert auf nunmehr … € festgestellt.
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Hiergegen erhob der Kläger am 27.05.2019 Klage.
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Mit Änderungsbescheid vom 19.07.2019 hat das Finanzamt die Einkommensteuer 2013 auf … € heraufgesetzt. Zur Begründung ist ausgeführt worden, dass die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme eines Investitionsabzugsbetrags gem. § 7g EStG entfallen seien. Die Einkünfte aus Kapitalvermögen sind weiterhin unverändert geblieben. Der Gesamtbetrag der Einkünfte hat sich auf … € erhöht.
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Der Kläger verweist auf den dem Klageverfahren 4 K 519/18 zugrundeliegenden Sachverhalt. Danach hat er mit Urkunde vom 20.12.2010 gegenüber der Bank 1 eine Bürgschaft i. H. v. … € zugunsten der B-GmbH übernommen. Besichert worden ist damit ein am 21.12.2010 von der Bank 1 an die GmbH ausgereichtes Darlehen i. H. v. … €. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH im Januar 2012 hat die Bank 1 ihr Kreditengagement gegenüber der GmbH beendet, ihre Forderung fällig gestellt und den Kläger am 26.01.2012 aus der Bürgschaft in Anspruch genommen. Die sich inzwischen auf … € belaufende Forderung hat der Kläger am 20.04.2012 erfüllt.
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Der Kläger trägt vor, er habe aufgrund der Inanspruchnahme als Bürge ein Darlehen aufgenommen, für das er im Jahr 2013 Zinsaufwendungen i. H. v. … € getätigt habe.
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Er ist der Ansicht, dass diese Zinsen im Jahr 2013 bei ihm als negative Einkünfte aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen seien.
den Einkommensteuerbescheid 2013 vom 19.07.2019 dahingehend abzuändern, dass die Einkommensteuer 2013 unter Berücksichtigung negativer Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von … € aus dem Darlehen, das der Kläger zur Finanzierung der Bürgschaftsinanspruchnahme, die Gegenstand des Klageverfahrens 4 K 519/18 ist, aufgenommen hat, herabgesetzt wird.
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Das Finanzamt beantragt,
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Der Senat hat die Finanzgerichtsakten des Klageverfahrens 4 K 519/18 sowie die hierzu vom Finanzamt vorgelegten Akten zum vorliegenden Klageverfahren beigezogen.
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Auf den Inhalt der dem Senat vorliegenden Einkommensteuer-, Betriebsprüfungs- und Rechtsbehelfsakten und den Inhalt der im Klageverfahren eingereichten Schriftsätze sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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I. Ein Grund für die Aussetzung des Klageverfahrens gem. § 74 FGO liegt nicht vor. Das Klageverfahren 4 K 519/18 ist ebenfalls beim erkennenden Senat anhängig.
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II. Die Klage ist unbegründet.
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1. Klagegegenstand sind die vom Kläger für das Jahr 2013 geltend gemachten Schuldzinsen. Es handelt es sich um Zinsen, die für ein Darlehen angefallen sind, mit dem der Kläger seine Inanspruchnahme als Bürge finanziert hat.
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2. Schuldzinsen sind Werbungskosten, wenn sie mit einer Überschusseinkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen (§ 9 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG).
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3. Im vorliegenden Fall fehlt es am Zusammenhang mit einer Einkunftsart.
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a) Die Übernahme der Bürgschaft ist unentgeltlich erfolgt und steht nicht im Zusammenhang mit steuerpflichtigen Einkünften. Nach Überzeugung des Senats haben die vom Kläger eingeräumten privaten Motive im Vordergrund gestanden. Durch die Bürgschaft hat der Kläger bewusst der Familie seiner zweiten Ehefrau die Fortführung des Familienunternehmens zumindest für eine Weile ermöglicht. Eine Absicht, durch die Bürgschaft Zinsen oder Vermögensgewinne zu erzielen, hat hingegen nicht vorgelegen.
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b) Ein Zusammenhang mit anderen steuerpflichtigen Einkünften liegt ebenfalls nicht vor. Insbesondere hat der Kläger in den Jahren 2011 und 2012 keine Einkünfte aus stiller Gesellschaft oder Darlehen erzielt, denen die hier streitigen Zinsen zugeordnet werden könnten. Insoweit wird auf die Ausführungen im Urteil vom 18.11.2021 im Verfahren 4 K 519/18 verwiesen.
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Da der Kläger die Bürgschaft somit ohne Einkünfteerzielungsabsicht eingegangen ist, sind auch die ihretwegen angefallenen Schuldzinsen nicht abzugsfähig.
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Die Klage war daher als unbegründet abzuweisen.
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III. Die vom Kläger zunächst thematisierten Bescheide über die gesonderte Feststellung des Verlustvortrags zur Einkommensteuer zum 31.12.2012 bzw. 31.12.2013 wären lediglich Folgebescheide zu den in den Klageverfahren 4 K 519/18 und 4 K 699/19 streitigen Einkommensteuerfestsetzungen 2012 und 2013. Einer diesbezüglichen Klageerweiterung wäre § 42 FGO i. V. m. § 351 Abs. 2 AO bzw. § 44 FG entgegengestanden.
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IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.