Inhalt

VGH München, Urteil v. 19.03.2021 – 22 B 20.1347
Titel:

Nachträgliche Anordnung einer immissionsschutzrechtlichen Sicherheitsleistung

Normenketten:
BImSchG § 17 Abs. 4a
BGB §§ 93 ff., § 232
BayVwVfG Art. 24 Abs. 1, Art. 26 Abs. 2
Leitsatz:
Zu den Voraussetzungen der Festsetzung einer Sicherheitsleistung nach § 17 Abs. 4a BImSchG, insbesondere zu der Berücksichtigung einer Sicherungsübereignung eines auf dem Betriebsgrundstück des Abfallentsorgers befindlichen Bauwerks an dessen Vermieter, wenn die Sicherungsübereignung (auch) der Absicherung von im Insolvenzfall möglicherweise anfallenden Entsorgungskosten dient. (Rn. 25 – 48)
Schlagworte:
Nachträgliche Anordnung einer immissionsschutzrechtlichen Sicherheitsleistung, Bestimmung von Art und Höhe der Sicherheitsleistung nach Ermessen, Ermessenslenkende Verwaltungsvorschrift, Berücksichtigung einer Sicherungsübereignung an den Vermieter des Anlagenbetreibers bei der Festsetzung der Sicherheitsleistung der Höhe nach, Verwertungsrisiko, Hinreichende Sachverhaltsermittlung, Immissionsschutzrechtliche Genehmigung
Vorinstanz:
VG Ansbach, Urteil vom 05.12.2018 – AN 11 K 16.402
Fundstellen:
BayVBl 2021, 664
UPR 2021, 320
GewA 2021, 341
LSK 2021, 6102
BeckRS 2021, 6102
ZUR 2021, 494

Tenor

I. Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 5. Dezember 2018 und der Bescheid der Beklagten vom 24. Februar 2016 werden aufgehoben.
II. Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen trägt die Beklagte.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1
Die Klägerin wendet sich gegen einen Bescheid der Beklagten, mit dem sie zur Hinterlegung einer immissionsschutzrechtlichen Sicherheitsleistung in Form einer selbstschuldnerischen Bankbürgschaft verpflichtet wurde.
2
1. Die Klägerin betreibt immissionsschutzrechtlich genehmigte Abfallentsorgungsanlagen auf mehreren Grundstücken am N.er Hafen, die sie von der B. GmbH & Co. KG mit Vertrag vom 29. Dezember 2006, ergänzt durch Vertrag vom 30. April 2009, gemietet hat. Nach dem Mietvertrag vom 29. Dezember 2006 übereignet die Klägerin dem Vermieter ein auf der Mietsache befindliches Bauwerk, die sog. Halle „W.“, Baujahr 2005, zur Sicherung aller bestehenden, künftigen und bedingten Ansprüche des Vermieters gegen die Mieterin aus dem Mietvertrag mit Ausnahme des Mietzinsanspruches zur Sicherheit; die Halle werde mit einem Sachwert von 3.390.000,00 Euro geschätzt (Ziffer VIII., S. 14). Mit dem Änderungsvertrag vom 30. April 2009 wurde die Mietfläche um weitere drei Teilflächen ergänzt. Die vereinbarte Sicherheit decke auch künftige Ansprüche des Vermieters aufgrund der Nutzung der Erweiterungsfläche.
3
2. Nach Stellung eines Antrags auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Änderungsgenehmigung für ihre Anlage teilte die Beklagte der Klägerin vor dem Hintergrund eines Schreibens des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Gesundheit (im Folgenden: StMUG) vom 11. Mai 2010 (im Folgenden: UMS vom 11.5.2010) mit, dass nunmehr beabsichtigt sei, eine Sicherheitsleistung nach dem BImSchG festzusetzen.
4
In der Folge einigten sich die Beteiligten in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag vom 4. Februar 2016 u.a. über eine Begrenzung der Lagermengen auf dem Betriebsgrundstück, das Ob einer Sicherheitsleistung, die anhand von Angaben der Klägerin aus einem Schreiben vom 1. April 2015 nach ihrer Höhe, Art und Modalitäten in einem gesonderten Verwaltungsakt festgesetzt werden solle, sowie den Fortbestand von Anlagenzulassungen.
5
Im Vorfeld des Vertragsschlusses war zwischen den Beteiligten die Frage erörtert worden, ob die von der Klägerin gegenüber der B. GmbH & Co. KG erbrachte Sicherheit bei der Festlegung der Sicherheitsleistung nach dem BImSchG zu berücksichtigen sei. Diese Frage wurde ausdrücklich aus dem Vertrag ausgeklammert. Die Klägerin hatte hierzu vorgetragen, dass die Sicherungsübereignung ein geeignetes Austauschmittel zu einer Hypothek oder Grundschuld sei. Nach dem UMS vom 11. Mai 2010 könnten Sicherheitsleistungen gegenüber Vermietern von Anlagenbetreibern unter bestimmten Voraussetzungen berücksichtigt werden. Die B. GmbH & Co. KG habe mit Schreiben vom 23. September 2011 erklärt, dass die gemäß dem Mietvertrag vom 29. Dezember 2006 erbrachte Sicherheitsleistung eine ausreichende Sicherheit für den Vermieter zur Sicherung aller bestehenden, künftigen und bedingten Ansprüche aus dem Vertrag sei, die auch die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes der Grundstücke vorsähen.
6
Mit E-Mail vom 17. Februar 2016 teilte eine Mitarbeiterin der B. GmbH & Co. KG auf Anfrage der Beklagten, ob es zutreffe, dass im Insolvenzfall der Klägerin von der B. bis zu 3.390.000 Euro übernommen werden könnten, mit, dass sie davon ausgehe, dass nach Brand und Wiederaufbau der Halle der Sachwert gegeben sei. Die Sicherheit stehe für Mietausfälle, Schadensersatzansprüche bei Bodenverunreinigung, Ersatzmaßnahmen bei nicht erfüllten Rückbauverpflichtungen und die Entsorgung von Reststoffen z.B. nach einer Insolvenz. Daher stehe nicht die ganze Sicherheit für die eventuelle Beseitigung von Reststoffen zur Verfügung. Es sei zu diskutieren, welchen Anteil sie für das Anliegen der Beklagten reservieren könne. Eine Reaktion der Beklagten darauf erfolgte nach Aktenlage nicht.
7
3. Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 24. Februar 2016 verpflichtete die Beklagte die Klägerin u.a. dazu, eine Sicherheitsleistung in Höhe von 3.840.000 Euro in Form einer selbstschuldnerischen Bankbürgschaft bei der Beklagten zu hinterlegen (Nr. I.1. des Bescheids). Der Bürge habe sich zu verpflichten, jeden Betrag bis zur Gesamtsumme an die Beklagte zu zahlen. Die Bürgschaft werde auf erstes Anfordern fällig für den Fall, dass der Betreiber seiner Verpflichtung zur Entsorgung von Abfällen, die bei einer ordnungsgemäßen Betriebsführung oder Betriebseinstellung durchzuführen wäre, nicht nachkomme (Nr. I.2.). Auf die Einrede der Anfechtung und der Aufrechnung sowie der Vorausklage gemäß §§ 770, 771 BGB sei zu verzichten (Nr. I.3.). Die Bürgschaftsurkunde sei innerhalb von zwei Wochen nach Rechtskraft des Bescheides beizubringen; danach dürften die Anlagen nur betrieben werden, wenn eine gültige Bürgschaftsurkunde über den geforderten Betrag bei der Beklagten vorliege. Die Zulassung zum Betrieb sei an das Bestehen der Sicherheitsleistung gebunden; erlösche die Sicherheit, sei der Betrieb einzustellen oder eine neue Sicherheit zu erbringen (Nr. I.4.).
8
Zur Begründung wurde ausgeführt, die Sicherheit für den Betrag von 3.840.000 Euro solle in zweckmäßiger und insolvenzfester Form geleistet werden. Sie müsse für den Fall, dass der Anlagenbetreiber seinen Pflichten zur ordnungsgemäßen Abfallentsorgung nicht mehr nachkommen könne, in Form eines Geldbetrages vorliegen, über den kurzfristig verfügt werden könne, um mögliche Schäden für die Umwelt abzuwenden und zu vermeiden, dass andere als der Verursacher mit den Maßnahmen finanziell belastet würden. Dazu sei die selbstschuldnerische Bankbürgschaft notwendig und geeignet.
9
Entgegen dem Vorschlag der Klägerin sei es nicht möglich, die Halle „W.“ als Sicherheit zu akzeptieren. Die Angabe der Klägerin zum Wert des Bauwerks (knapp 3,4 Mio. Euro) sei zweifelhaft, weil die Kosten für die Errichtung der Halle im Rahmen des Genehmigungsverfahrens mit 930.000 Euro beziffert worden seien. Abzüglich der Honorarkosten für Architekten lägen die Herstellungskosten damit bei ca. 840.000 Euro. Die Halle sei bereits gegenüber der Grundstückseigentümerin als Sicherheit für Mietausfälle, Schadensersatzansprüche bei Bodenverunreinigung, Ersatzmaßnahmen bei nicht erfüllten Rückbauverpflichtungen und für die Entsorgung von Reststoffen hinterlegt. Nach einem Schreiben der B. GmbH & Co. KG vom 13. September 2011 habe sich die Sicherheit auf angemietete Flächen von ca. 86.000 m² bezogen; nach einer E-Mail der B. vom 17. Februar 2016 gelte dies nunmehr für 111.165 m² Fläche. Im Rahmen der behördlichen Anordnung sei jedoch nur für 63.872 m² genehmigte Fläche Sicherheit zu erbringen. Da der Verkehrswert der Halle gegenüber der Vermieterin nicht nur zur Deckung eventuell anfallender Entsorgungskosten vorgesehen sei, sei fraglich, welcher Betrag dafür übrig bleiben würde. Selbst wenn die B. GmbH & Co. KG verbindlich zusagen könnte, eine bestimmte Mindestsumme aus der Halle für die Abfallentsorgung zur Verfügung stellen zu wollen, könne dies nach deren Auskunft erst geschehen, wenn durch eine Verwertung der Halle entsprechende Geldmittel erzielt worden seien. Eine schnelle Verwertbarkeit sei deshalb nicht gegeben. Bei zwei von mehreren Bränden in der Halle (2012 und 2015) sei diese so schwer beschädigt worden, dass sie teilweise wieder habe aufgebaut werden müssen. Es bestehe daher das Risiko eines vollständigen Wertverlusts. Die Halle könne auch nicht mit einem Teil ihres Verkehrswertes als geeignete Sicherheit für die Beklagte anerkannt werden.
10
4. Die Klägerin erhob Klage gegen den Bescheid zum Verwaltungsgericht Ansbach. In der Klagebegründung ergänzte sie u.a. ihren bisherigen Vortrag zum Verkehrswert der Halle durch Vorlage eines Verkehrswertgutachtens des Architekturbüros M. vom 13. Februar 2006, das einen Sachwert von 3.390.000 Euro angenommen habe. Die Baukosten seien für den Verkehrswert nicht relevant.
11
Die Beklagte ergänzte die Begründung ihres Bescheides im gerichtlichen Verfahren mit Schriftsatz vom 29. März 2016 dahin, dass die Klägerin und ihre Vermieterin nach dem Mietvertrag übereinstimmend davon ausgegangen seien, dass die Halle kein wesentlicher Bestandteil des an die Klägerin vermieteten Grundstücks geworden sei (§ 94 BGB). Die Halle sei somit nur Scheinbestandteil (§ 95 BGB) und eine Mobilie. Nach dem Schreiben des StMUG vom 11. Mai 2010 sollten Sicherungsübereignungen beweglichen Vermögens nicht anerkannt, sondern in erster Linie unbedingte und unbefristete selbstschuldnerische Bürgschaften als Sicherheit gestellt werden. Im Übrigen könne es nach den Vorgaben des StMUG berücksichtigt werden, wenn ein Unternehmen dem Vermieter gegenüber Sicherheiten zur Abdeckung möglicher Entsorgungskosten gestellt habe. Die Berücksichtigung sei hier schon wegen der Art der Sicherheit nicht ermessensgerecht; im Übrigen könne die Vermieterin die Sicherheit freigeben bzw. wäre vertraglich dazu verpflichtet, ohne dass die Beklagte darauf Einfluss nehmen könne. Außerdem sei unklar, ob und welcher Anteil zur Absicherung der Nachsorgepflichten bereitstehe. Eine effektive und nutzbare Sicherheit in ausreichender Höhe sei nicht gegeben.
12
Mit weiterem Schriftsatz vom 1. Juni 2016 führte die Beklagte aus, es bestünden Zweifel an dem Verkehrswertgutachten. Die Einordnung des Bauwerks in die der Berechnung zugrunde liegenden Gebäudetypen und Gebäudestandards gemäß den vom Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen herausgegebenen NHK 2000 (Normalherstellungskosten 2000) sei nicht nachvollziehbar. Die Einstufung unter den Gebäudetyp Nr. 33.1.1 (Gruppe landwirtschaftliche Betriebsgebäude - Kälberstall) der NHK 2000 sei unzutreffend. Da das Bauwerk kein geschlossenes, dichtes Gebäude sei, sei auch fraglich, ob es den Gebäudetypen 30.1 (Industriegebäude/Werkstätten) oder 31.1 (Kaltlager) zugeordnet werden könne und sich überhaupt nach den NHK 2000 oder den derzeitigen NHK 2010 einstufen lassen müsse. In den Bauplänen sei das Gebäude als „Wetterschutz für Sortieranlage“ bezeichnet worden. Die Nutzungsdauer eines Lager- oder Industriebauwerks sei mit 40 - 60 Jahren anzusetzen gegenüber den für den Kälberstall angenommenen 80 Jahren, was zusätzliche Abschläge im Wert nach sich ziehe. Auch die Sachwertermittlung für die Außenanlagen, die mit einem Drittel angesetzt seien, lasse Fragen offen; das Bauwerk sei weitgehend auf der Grundstücksgrenze gebaut.
13
5. Das Verwaltungsgericht wies die Klage mit Urteil vom 5. Dezember 2018 ab. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 17 Abs. 4a Satz 1 BImSchG lägen vor. Nach der Soll-Vorschrift bestehe kein Entschließungsermessen für die Behörde. Die Anlage werde vorliegend nicht von einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, sondern von einer privaten Betreiberin betrieben, auch wenn die Klägerin der Vermieterin der Anlagengrundstücke, deren Gesellschafter öffentlich-rechtliche Körperschaften seien, Sicherheiten zur Abdeckung möglicher Entsorgungskosten gestellt habe. Die Prognose zu der Höhe anfallender Kosten sei nicht zu beanstanden und im Übrigen unstreitig. Auch die Art der Sicherheitsleistung, die Bürgschaft, sei nicht zu beanstanden. Nach dem entsprechend anwendbaren § 232 BGB könnten u.a. Hypotheken an inländischen Grundstücken bestellt werden; nach § 232 Abs. 2 BGB sei die Stellung eines tauglichen Bürgen zulässig, wenn die Sicherheit nicht nach Abs. 1 geleistet werden könne. Die Anordnung der Bankbürgschaft sei nicht ermessensfehlerhaft; die Insolvenzfestigkeit des Sicherungsmittels und dessen Zweckmäßigkeit stellten sachgerechte Erwägungen dar. Auch die Höhe der Sicherheitsleistung sei nicht ermessensfehlerhaft. Die Anordnung stehe mit Abschnitt D.1. des UMS in Einklang, wonach Sicherheitsleistungen in erster Linie unbedingte und unbefristete selbstschuldnerische Bürgschaften seien. Dies entspreche auch einer gleichmäßigen Ermessensausübung, nachdem die Beklagte in der mündlichen Verhandlung dargelegt habe, dass in allen vergleichbaren Fällen Bankbürgschaften gefordert würden. Die Klägerin habe eine unverhältnismäßige Belastung nicht dargelegt. Die nach Abschnitt C.4. des UMS vom 11. Mai 2010 bestehende Möglichkeit, Sicherheiten gegenüber Vermietern zu berücksichtigen, sei gerade nicht zwingend. Zwar sei anzunehmen, dass im Insolvenzfall der Klägerin auch deren Vermieterin zur Entsorgung herangezogen werden könne. Dies sei aber nicht berücksichtigt worden, da dies aufgrund der Art der Sicherheit gegenüber der Vermieterin als nicht ermessensgerecht erachtet worden sei. Zweck der gegenüber der Vermieterin erbrachten Sicherung sei die Sicherung der Ansprüche aus dem Mietvertrag. Die streitgegenständliche Sicherheitsleistung diene jedoch dazu, die Allgemeinheit vor Kosten, die bei der Stilllegung der Anlage und der Nachsorge entstehen könnten, zu schützen.
14
6. Mit ihrer vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen und fristgerecht begründeten Berufung macht die Klägerin geltend, bei der Bestimmung der Höhe der Sicherheitsleistung hätte die bereits an die Vermieterin geleistete Sicherheit berücksichtigt werden müssen.
15
Der Bescheid sei formell rechtswidrig, weil die Beklagte die notwendigen Sachverhalte nicht ermittelt habe. Der Bescheid sei auch materiell rechtswidrig, weil die Nachsorgepflichten nach § 5 Abs. 3 BImSchG durch die gegenüber der Vermieterin erbrachte Sicherheit hinreichend gesichert seien. Die Forderung der weiteren Sicherheitsleistung bedeute eine zweimalige Absicherung desselben Risikos. In der Praxis sei es zudem üblich, im Fall einer gefahrenbeseitigenden Inanspruchnahme zunächst den Vermieter als Zustandsstörer in Anspruch zu nehmen, der einfacher zu ermitteln sei als ein Handlungsstörer, bei dem es eines konkreten Nachweises der Störereigenschaft bedürfe. Für die Art der Sicherheitsleistung gelte § 232 BGB entsprechend. Nach Abschnitt C.4. des UMS vom 11. Mai 2010 könnten bei Unternehmen, die ihre Anlagen auf gemieteten Grundstücken betrieben, Sicherheiten zur Abdeckung möglicher Entsorgungskosten gegenüber Vermietern bei der Sicherheitsleistung berücksichtigt werden, wenn im Insolvenzfall des Anlagenbetreibers auch der Grundstückseigentümer zur Entsorgung herangezogen werden könne. So liege der Fall hier mit der Besonderheit, dass die Vermieterin durch die Beteiligung des Freistaates Bayern als Gesellschafter besonderen öffentlich-rechtlichen Bindungen unterliege und kein Insolvenzrisiko bestehe.
16
Die Halle „W.“ sei im Übrigen kein bewegliches Vermögen. Sie stelle eine mit dem Grundstück fest verbundene Sache und daher einen wesentlichen Bestandteil des Grundstücks nach § 94 BGB dar, weil eine Trennung zu einer Beschädigung oder Änderung des Wesens der Halle führen würde, jedenfalls aber nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand möglich wäre. Maßgeblich für die Abgrenzung eines wesentlichen von einem Scheinbestandteil sei allein, ob die Sache nach dem Willen der Klägerin nach normalem Verlauf der Dinge nicht wieder abgetrennt werden solle.
17
Mit dem mit der Klage vorgelegten Gutachten vom 13. Februar 2006 sei der Verkehrswert der Halle „W.“ hinreichend belegt. Auch diene die der Vermieterin übergebene Sicherheit gerade nicht der Sicherung von Mietzinsforderungen, was sich aus dem Mietvertrag ergebe.
18
Die Sicherung durch einen Bürgen nach § 239 BGB sei nach § 232 Abs. 2 BGB nur subsidiär zulässig. Da eine Realsicherheit vorliege, könne daneben keine selbstschuldnerische Bankbürgschaft in entsprechender Höhe gefordert werden.
19
7. Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
20
Ihr Vortrag entspricht im Wesentlichen der Begründung des Bescheids sowie dem erstinstanzlichen Vorbringen. Darüber hinaus führt die Beklagte aus, wenn die Halle - wie die Klägerin meine - eine Immobilie darstellen würde, hätte schon keine gesonderte Gestellung als Sicherheit an die Vermieterin erfolgen können. Vielmehr hätte die Vermieterin dann erklären müssen, dass sie zu diesem Zweck der Beklagten ein Grundpfandrecht an ihrem Erbbaurecht an dem betreffenden Grundstück einräumen würde, was aber nie der Fall gewesen sei.
21
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorgelegten Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

22
Über die Berufung konnte mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden (§ 101 Abs. 2 VwGO).
23
Die zulässige Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Anfechtungsklage gegen den Bescheid der Beklagten zu Unrecht abgewiesen. Denn die erhobene Anfechtungsklage ist begründet, da der angefochtene Bescheid rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Bescheid und das Urteil sind deshalb aufzuheben.
24
Auf die von der Klägerin aufgeworfenen Fragen der formellen Rechtmäßigkeit des Bescheids kommt es nicht an, weil dieser jedenfalls materiell rechtswidrig ist.
25
1. Der Bescheid findet seine Rechtsgrundlage in § 17 Abs. 4a Satz 1 BImSchG. Danach soll bei bestehenden Abfallentsorgungsanlagen im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 BImSchG zur Erfüllung der Pflichten nach § 5 Abs. 3 BImSchG im Nachgang zur Erteilung der Genehmigung (vgl. § 17 Abs. 1 BImSchG) eine Sicherheitsleistung angeordnet werden.
26
§ 17 Abs. 4a Satz 1 BImSchG bezweckt es sicherzustellen, dass die öffentliche Hand bei Zahlungsunfähigkeit des Betreibers einer Abfallentsorgungsanlage nicht die zum Teil erheblichen Sicherungs-, Sanierungs- und Entsorgungskosten zu tragen hat (vgl. BVerwG, B.v. 3.3.2016 - 7 B 44.15 - juris Rn. 12; U.v. 13.3.2008 - 7 C 44.07 - juris Rn. 27 f.). Insoweit besteht bei Abfallentsorgungsanlagen angesichts des in der Regel negativen Marktwerts von Abfällen ein besonderes Insolvenzrisiko, das über das bei allen immissionsschutzrechtlich genehmigungspflichtigen Anlagen bestehende Risiko hinausgeht. Im Falle der Insolvenz müsste, soweit keine Sicherheit geleistet würde, die öffentliche Hand die für die Entsorgung der Abfälle anfallenden Kosten tragen, ohne dass ihr hierfür die vom Anlagenbetreiber vor der Insolvenz vereinnahmten Entgelte zur Verfügung stehen. Dieses besondere Kostenrisiko der öffentlichen Hand soll durch die Anordnung einer Sicherheitsleistung vermieden werden (vgl. BVerwG, B.v. 3.3.2016 - 7 B 44.15 - juris Rn. 12; U.v. 13.3.2008 - 7 C 44.07 - juris Rn. 30; BayVGH, B.v. 9.1.2019 - 22 CS 18.2003 - juris Rn. 7).
27
2. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 17 Abs. 4a Satz 1 BImSchG liegen vor, wovon das Verwaltungsgericht zu Recht ausgegangen ist. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Klägerin eine genehmigungspflichtige Abfallentsorgungsanlage nach § 4 Abs. 1 Satz 1 BImSchG betreibt.
28
3. Von dem Verlangen nach einer Sicherheitsleistung - also dem „Ob“ der Anordnung - ist bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen lediglich in atypischen Fällen abzusehen, was sich aus der Formulierung des § 17 Abs. 4a Satz 1 BImSchG als Soll-Vorschrift ergibt. Dies entspricht der mit Art. 2 Nr. 3 des Gesetzes zur Bereinigung des Bundesrechts im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (Rechtsbereinigungsgesetz Umwelt - RGU) vom 11. August 2009 (BGBl I S. 2723) verfolgten Absicht des Gesetzgebers, den Ermessensspielraum der Behörde einzuschränken (vgl. BT-Drs. 16/13301 S. 7; BVerwG, B.v. 3.3.2016 - 7 B 44.15 - juris Rn. 15; BayVGH, B.v. 14.5.2020 - 22 ZB 20.245 - juris Rn. 11; B.v. 9.1.2019 - 22 CS 18.2003 - juris Rn. 7). Für einen solchen atypischen Sonderfall ist hier nichts ersichtlich.
29
Ein solcher Sonderfall ergibt sich nicht daraus, dass Vermieterin der Klägerin die B. GmbH & Co KG ist, an der nach dem übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten der Freistaat Bayern als Gesellschafter beteiligt ist. Denn die Insolvenz der Klägerin als juristische Person des Privatrechts ist dadurch nicht ausgeschlossen; dies wurde vom Bundesverwaltungsgericht lediglich für den Fall angenommen, dass die Anlage unmittelbar oder als Eigenbetrieb von einer Körperschaft des öffentlichen Rechts betrieben wird (vgl. BVerwG, U.v. 13.3.2008 - 7 C 44.07 - juris Rn. 29). Würde die Klägerin insolvent, wäre mit dem Freistaat Bayern als Mitgesellschafter der Vermieterin der Klägerin entgegen der gesetzlichen Intention gerade doch die öffentliche Hand mit Entsorgungskosten belastet.
30
Ein atypischer Sonderfall, in dem gänzlich von der Festsetzung einer Sicherheitsleistung abzusehen wäre, liegt hier auch nicht deshalb vor, weil die Klägerin bereits (hinreichende) Sicherheiten gegenüber ihrer Vermieterin erbracht hätte (s. hierzu die Ausführungen unter C.4. des UMS vom 11. Mai 2010). Denn ungeachtet dessen, inwieweit eine solche Sicherheitsleistung an einen Dritten einen atypischen Ausnahmefall begründen könnte, ist vorliegend ausgeschlossen, dass die der Vermieterin gegenüber erbrachte Sicherheit die - unstreitig - abzusichernden Abfallentsorgungskosten von (gerundet) 3,84 Mio. Euro in voller Höhe abdecken könnte. Dies gilt ungeachtet der Meinungsverschiedenheiten über den Wert der Halle selbst unter Zugrundelegung des Vortrags der Klägerin, weil die sicherungsübereignete Halle „W.“ nach ihrer Aussage (nur) einen Wert von 3,39 Mio. Euro hat und zudem durch die Sicherungsübereignung nach dem Mietvertrag (Ziffer VIII., S. 14) noch weitere Ansprüche als derjenige auf Entsorgung gelagerter Abfälle gesichert werden.
31
4. Die Beklagte hat jedoch entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts bei der Festsetzung der Sicherheitsleistung der Höhe nach in einer der gerichtlichen Überprüfung unterliegenden Weise (§ 114 Satz 1 VwGO) fehlerhaft von ihrem Ermessen Gebrauch gemacht (Ermessensfehlgebrauch).
32
4.1 Hinsichtlich der Art und Höhe der Sicherheitsleistung - also dem „Wie“ der Anordnung - ist der Behörde Ermessen eingeräumt und von ihr pflichtgemäß auszuüben (BayVGH, B.v. 14.5.2020 - 22 ZB 20.245 - juris Rn. 11; B.v. 9.1.2019 - 22 CS 18.2003 - juris Rn. 7). Dabei ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass das Ermessen der Behörde durch Verwaltungsvorschriften, die die Behörde vorbehaltlich der Besonderheiten des Einzelfalls intern binden, im Interesse einer gleichmäßigen Verwaltungspraxis konkretisiert werden kann, auch bezüglich der Festsetzung einer Sicherheitsleistung für Abfallbehandlungsanlagen (vgl. BVerwG, U.v. 13.3.2008 - 7 C 44.07 - juris Rn. 39; OVG LSA, U.v. 25.10.2012 - 2 L 87.11 - juris Rn. 45). Um eine derartige Konkretisierung handelt es sich bei dem Rundschreiben des (damaligen) Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Gesundheit, das den Kreisverwaltungsbehörden, den Regierungen und nachrichtlich dem Landesamt für Umwelt zuging. Danach ist es zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen durch Ungleichbehandlung notwendig, einen Rahmen für die Ermittlung der Art und Höhe der Sicherheitsleistung durch die Genehmigungsbehörde vorzugeben (UMS vom 11.5.2010, S. 1). Zwar handelt es sich bei dem Rundschreiben nicht um eine veröffentlichte Verwaltungsvorschrift (s. zum Publikationsgebot bei Verwaltungsvorschriften mit unmittelbarer Außenwirkung für Dritte Schmitz in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 1 Rn. 212). Ungeachtet dessen bezweckt das Rundschreiben aber angesichts der einleitenden Formulierung auf S. 1 offensichtlich die Lenkung des Ermessens der Genehmigungsbehörden bei der Festsetzung der Sicherheitsleistungen, um Ungleichbehandlungen zu vermeiden; von einer entsprechenden rechtlichen Innenwirkung gegenüber den Behörden ist daher auszugehen (vgl. zu ermessenslenkenden Verwaltungsvorschriften Schmitz in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 1 Rn. 215).
33
4.2 Offen bleiben kann, ob und inwieweit die Ergänzung der Ermessenserwägungen des Bescheids im gerichtlichen Verfahren (vgl. Schriftsatz vom 29. März 2016) zulässig war. Die Zulässigkeit eines Nachschiebens oder einer Ergänzung von Ermessenserwägungen bestimmt sich nach ganz herrschender Meinung nach dem materiellen Recht und dem Verwaltungsverfahrensrecht; § 114 Satz 2 VwGO ermöglicht dagegen allein keine Mängelheilung, sondern bestimmt lediglich, dass einem danach zulässigen Nachholen von Ermessenserwägungen prozessuale Hindernisse unter den in dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen nicht entgegenstehen (stRspr des BVerwG, vgl. z.B. U.v. 20.6.2013 - 8 C 46.12 - juris Rn. 31; BayVGH, U.v. 10.7.2018 - 10 B 17.1996 - juris Rn. 45; Riese in Schoch/Schneider, VwGO, Stand: Juli 2020, § 114 Rn. 254; Rennert in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 114 Rn. 85 f.). Auf die Frage kommt es vorliegend aber nicht an, weil sich der Bescheid auch unter Berücksichtigung der ergänzten Erwägungen als ermessensfehlerhaft jedenfalls in Bezug auf die Höhe der festgesetzten Sicherheitsleistung erweist.
34
4.3 Der Rahmen für die Ermessensausübung durch die Behörden bei der Entscheidung über die Art der Sicherheitsleistung ergibt sich aus der zu § 17 Abs. 4a BImSchG ergangenen Rechtsprechung sowie der ermessenslenkenden Verwaltungsvorschrift des StMUG.
35
Danach ist Voraussetzung zur Erreichung des Sicherungszwecks die Insolvenzfestigkeit des Sicherungsmittels. Die in § 232 Abs. 1 BGB genannten Sicherheiten sind hiervon bestimmt (vgl. BVerwG, U.v. 26.6.2008 - 7 C 50.07 - juris Rn. 18 zu einer Sicherheitsleistung nach KrW-/AbfG; für die Anwendbarkeit von § 232 BGB auch Jarass, BImSchG, 13. Aufl. 2020, § 12 Rn. 22; Czajka in Feldhaus, BImSchR, Stand: August 2020, § 12 BImSchG Rn. 53). Das Bundesverwaltungsgericht sah vor diesem Hintergrund neben der in der damals geltenden TA Abfall (außer Kraft seit 17.7.2009) unter Ziffer 3.2.1 benannten selbstschuldnerischen Bürgschaft und der Konzernbürgschaft insbesondere dingliche Sicherheiten oder die Hinterlegung von Geld mit daraus resultierendem Pfandrecht im Hinblick auf ihre Insolvenzfestigkeit (§§ 49 ff. InsO) als geeignete Sicherungsmittel an. Insoweit sei der begünstigte Gläubiger im Insolvenzverfahren absonderungsberechtigt; anders sei dies jedoch bei der Bildung betrieblicher Rückstellungen (vgl. BVerwG, U.v. 26.6.2008 - 7 C 50.07 - juris Rn. 18). Dingliche Sicherheiten werden auch von der Kommentarliteratur als geeignete Sicherungsmittel angesehen (vgl. Jarass, BImSchG, 13. Aufl. 2020, § 12 Rn. 22; Wasielewski in Führ, GK-BImSchG, 2019, § 12 Rn. 36; Posser in BeckOK Umweltrecht, Stand 1.10.2019, § 17 BImSchG Rn. 79c: neben der Bankbürgschaft auch Grundpfandrechte und andere insolvenzfeste Sicherheitsleistungen; Hansmann/Ohms in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand August 2020, § 17 BImSchG Rn. 197: Bestellung von Pfandrechten, Hypotheken oder Grundschulden).
36
Auch das UMS vom 11. Mai 2010 (Abschnitt D.1.) geht davon aus, dass die Sicherheitsleistung in den von § 232 BGB vorgesehenen Formen sowie durch andere Sicherungsmittel, die geeignet seien, den angestrebten Sicherungszweck zu erfüllen, erbracht werden könne. Dabei sei die Insolvenzfestigkeit sowie die Zweckmäßigkeit des Sicherungsmittels zu berücksichtigen. In erster Linie seien Sicherheitsleistungen unbedingte und unbefristete selbstschuldnerische Bankbürgschaften; eine Bürgschaft auf erstes Anfordern sei nicht erforderlich. Statt der Bürgschaft könne auch die Stellung dinglicher Sicherheiten (Hypothek, Grundschuld) erfolgen. Sicherungsübereignungen beweglichen Vermögens sollen danach nicht akzeptiert werden.
37
4.4 Vor diesem Hintergrund ist es nicht zu beanstanden, dass die Beklagte der Klägerin auferlegt hat, eine selbstschuldnerische Bankbürgschaft zu hinterlegen. Insbesondere da andere Sicherungsmittel wie etwa dingliche Sicherheiten von der Klägerin nicht unmittelbar im Verhältnis zur Beklagten angeboten wurden, ist ein Ermessensfehler insoweit nicht ersichtlich. Allerdings mangelt es dem Bescheid an einer Begründung dafür, dass die Beklagte von der Klägerin eine Bürgschaft auf erstes Anfordern verlangt hat, obwohl dies nach dem UMS vom 11. Mai 2010 (Abschnitt D.1.) gerade nicht als erforderlich angesehen wird. Ob allein dies den Bescheid schon ermessensfehlerhaft macht, kann jedoch mit Blick auf die nachfolgenden Ausführungen dahinstehen.
38
4.5 Jedenfalls hat die Beklagte in fehlerhafter Weise von ihrem Ermessen Gebrauch gemacht, soweit sie es ablehnte, die Sicherungsübereignung der Halle „W.“ an die Vermieterin der Klägerin, die B. GmbH & Co KG, bei der Bemessung der Sicherheitsleistung der Höhe nach zu berücksichtigen.
39
Die Höhe der Sicherheitsleistung hat sich grundsätzlich an den Kosten einer etwaigen Ersatzvornahme zu orientieren (vgl. OVG LSA, U.v. 25.10.2012 - 2 L 87.11 - juris Rn. 46; OVG NW, B.v. 2.2.2011 - 8 B 1675.10 - juris Rn. 19; Jarass, BImSchG, 13. Aufl. 2020, § 12 Rn. 22). Die Höhe der zu erwartenden Entsorgungskosten (gerundet 3,84 Mio. Euro) ist nach dem Vortrag der Parteien unstreitig.
40
Ungeachtet dessen kann die Annahme der Beklagten, die Sicherungsübereignung der Halle an die Vermieterin der Klägerin könne eine unmittelbar ihr gegenüber zu erbringende Bankbürgschaft nicht - auch nicht teilweise - ersetzen, mit der gegebenen Begründung den Bescheid nicht tragen, auch wenn man berücksichtigt, dass die Sicherungsübereignung bereits im Vorfeld zugunsten der Vermieterin der Klägerin vorgenommen und nicht unmittelbar der Beklagten angeboten wurde. Insoweit ist nicht ersichtlich, dass hier die Maßstäbe, die von der Rechtsprechung für Sicherungsmittel im Rahmen des § 17 Abs. 4a Satz 1 BImSchG herausgebildet wurden, nicht auch für die Berücksichtigung der Sicherheitsleistung der Anlagenbetreiberin gegenüber ihrer Vermieterin gelten sollten. Diese Sicherheitsübereignung sichert nach dem Mietvertrag - jedenfalls teilweise - dieselben Risiken ab, wie es bei der Sicherheitsleistung nach § 17 Abs. 4a Satz 1 BImSchG der Fall ist, nämlich jedenfalls die Kosten für die Entsorgung verbleibender Abfälle (s. Mietvertrag Ziffer VIII., S. 14 unter Zugrundelegung einer nach Beendigung des Mietverhältnisses bestehenden Verpflichtung der Klägerin zur Beseitigung von gelagerten Abfällen mit Rückgabe des Grundstücks). Diese Überlegung steht offenkundig auch hinter Ziffer C.4. des UMS vom 11. Mai 2010, wonach Sicherheiten gegenüber dem Vermieter eines Betriebsgrundstücks zur Abdeckung möglicher Entsorgungskosten berücksichtigt werden können, wenn im Insolvenzfall des Anlagenbetreibers auch der Grundstückseigentümer als Abfallbesitzer zur Entsorgung herangezogen werden kann. Der Bescheid der Beklagten einschließlich der nachgeschobenen Erwägungen nennt keine Gründe, die - angesichts der mit der geforderten Bankbürgschaft verbundenen erheblichen wirtschaftlichen Belastung der Beklagten und der dadurch ausgelösten Grundrechtsbetroffenheit - ein vollständiges Absehen von dieser Möglichkeit rechtfertigen würden.
41
4.5.1 Soweit die Beklagte auf das Verwertungsrisiko bezüglich der Halle verweist, würde mit dieser Überlegung die Sicherungsübereignung von vornherein aus dem Kreis der möglichen Sicherungsmittel ausgeschieden, weil es zu ihrem Wesen gehört, dass die übereignete Sache erst verwertet werden muss, bevor Geldmittel zur Verfügung stehen. Gleiches gilt für die Bestellung von Grundpfandrechten. Dieser Annahme steht entgegen, dass § 232 Abs. 1 BGB die Bestellung von Hypotheken an inländischen Grundstücken zulässt, die ebenfalls mit einem Verwertungsrisiko verbunden ist, und das Bundesverwaltungsgericht dingliche Sicherheiten, zu denen auch die Sicherungsübereignung zählt, mit Blick auf ihre Insolvenzfestigkeit generell als taugliche Sicherungsmittel im Rahmen von § 17 Abs. 4a BImSchG angesehen hat. Auch das UMS vom 11. Mai 2010 sieht vor, dass statt einer Bürgschaft die Stellung dinglicher Sicherheiten erfolgen kann und insbesondere Sicherungsübereignungen nur in Bezug auf bewegliches Vermögen nicht akzeptiert werden sollen (zur Qualifikation der Halle „W.“ als unbewegliche Sache s. Ziffer 4.5.2). Zwischen verschiedenen gleich geeigneten Sicherheiten hat der Sicherungsgeber die Wahl (so in Bezug auf die verschiedenen Möglichkeiten des § 232 Abs. 1 BGB Grothe in Münchener Kommentar zum BGB, 8. Aufl. 2018, § 232 Rn. 2), wovon auch das UMS ausgeht (Abschnitt D.1., S. 7). Damit ist es nicht vereinbar, unter Verweis auf das Verwertungsrisiko und die Zweckmäßigkeit der Sicherheitsleistung die Sicherungsübereignung an die Vermieterin generell auszublenden.
42
Die Beklagte kann sich diesbezüglich auch nicht auf ihre Verwaltungspraxis, nach der sie in allen vergleichbaren Fällen Bankbürgschaften fordere, und eine damit ggf. einhergehende Selbstbindung der Verwaltung (Art. 3 Abs. 1 GG) berufen (s. auch die behördeninterne „Allgemeine Info zur Sicherheitsleistung“ auf Bl. 47 der Behördenakte I, Bd. 35: Danach werde die dingliche Sicherung von Grundstücken nicht akzeptiert, weil der geldwerte Anspruch im Zweifel nicht unmittelbar zu liquidieren sei. Akzeptiert würden nur Sicherheitsleistungen, die sich schnell liquidieren ließen, wie Bankbürgschaften, die Hinterlegung von Spareinlagen oder von Geld.). Eine solche Praxis, die andere Sicherungsmittel von vornherein nicht akzeptiert, wäre mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und dem UMS nicht vereinbar, zumal sie die erhebliche wirtschaftliche Belastung, die für die Betreiber von Abfallentsorgungsanlagen mit der Stellung von Bürgschaften verbunden sein kann, außer Betracht lässt. Insoweit wären auch Art. 12 und Art. 14 GG zu beachten.
43
4.5.2 Die Berücksichtigung der Sicherungsübereignung der Halle „W.“ an die Vermieterin der Klägerin konnte mit Blick auf das UMS vom 11. Mai 2010 auch nicht ermessensfehlerfrei mit der Begründung abgelehnt werden, es handele sich bei der Halle „W.“ um bewegliches Vermögen.
44
Die Halle „W.“ ist zwar nach dem zwischen der Klägerin und der B. GmbH & Co. KG geschlossenen Mietvertrag (Ziffer XII., S. 16) als unwesentlicher Bestandteil des Grundstücks anzusehen (§ 95 BGB), weil sie nur vorübergehenden Zwecken diene. Nur auf dieser Grundlage war es möglich, dass die Halle nicht bereits mit ihrer Errichtung gemäß § 93 BGB in das Eigentum der Vermieterin überging und einer Sicherungsübereignung an diese überhaupt zugänglich war (vgl. Stresemann in Münchener Kommentar zum BGB, 8. Aufl. 2018, § 93 Rn. 20), worauf die Beklagte zu Recht hingewiesen hat. Angesichts der vertraglichen Vereinbarung können die Ausführungen der Klägerin in der Berufungsbegründung vom 10. Juli 2020 dahinstehen, wonach die Halle mit dem Grundstück fest verbunden und daher wesentlicher Bestandteil nach § 94 BGB sei. An der Wirksamkeit der Sicherungsübereignung wecken sie angesichts der vertraglichen Abrede jedenfalls keine Zweifel. Auch als unwesentlicher Bestandteil des Grundstücks ist die Halle aber keine bewegliche Sache, da auch nicht wesentliche Bestandteile eines Grundstücks für die Dauer der Verbindung die Eigenschaft der beweglichen Sache verlieren (vgl. RGZ 158, 362/368 f.; Stresemann in Münchener Kommentar zum BGB, 8. Aufl. 2018, § 90 Rn. 13; Mansel in Jauernig, BGB, 18. Aufl. 2021, Vorbemerkung zu § 90 Rn. 3).
45
4.5.3 Soweit die Beklagte sich darauf bezieht, dass die Vermieterin nach dem Mietvertrag (Ziffer VIII., S. 14) das Objekt aus dem Sicherungseigentum auf Verlangen freigibt, wenn das Objekt zusammen mit anderen bestellten Sicherheiten den realisierbaren Wert sämtlicher Sicherheiten - mithin 100% der gesicherten Ansprüche - nicht nur vorübergehend überschreitet, begründet sie ebenfalls nicht in ausreichender Weise, dass die Sicherungsübereignung bei der Festsetzung der Sicherheitsleistung gänzlich außen vor zu lassen sei. Dass die Voraussetzungen für eine solche von der Beklagten angeführte Freigabe ohne weiteres eintreten würden, ist nicht ersichtlich. Es ist weder vorgetragen noch erkennbar, dass die Klägerin ihrer Vermieterin über die Halle „W.“ hinaus weitere Sicherheiten bestellt hätte, die allein zu einer Übersicherung führen könnten. Gäbe es weitere vergleichbare Sicherheiten, so könnten auch diese bei der Bemessung der immissionsschutzrechtlichen Sicherheitsleistung zu berücksichtigen sein. Zudem könnte die Beklagte im Bescheid eine Regelung treffen, nach der im Fall der Freigabe der Sicherheit die ihr gegenüber zu erbringende Sicherheitsleistung angepasst werden müsste.
46
4.5.4 Die Beklagte hat in dem angefochtenen Bescheid zudem ausgeführt, es sei fraglich, ob und ggf. welcher Betrag in Anbetracht der verschiedenen Zwecke, die über den Wert der Halle gesichert werden sollten, für die Abfallentsorgung zur Verfügung stehen würde, zumal Zweifel an dem angegebenen Wert von knapp 3,4 Mio. Euro bestünden. Im erstinstanzlichen Verfahren legte sie ihre Bedenken hinsichtlich des von der Klägerin vorgelegten Verkehrswertgutachtens im Einzelnen dar, ohne dass die Klägerin dem entgegentrat.
47
Die Beklagte hätte insoweit in ihre Überlegungen einbeziehen müssen, dass die Sicherungsübereignung der Halle an die Vermieterin der Klägerin jedenfalls auch dazu diente, Kosten für die Beseitigung von Reststoffen nach einer eventuellen Insolvenz abzusichern, und es durch die Bereitstellung der von ihr verlangten Bürgschaft jedenfalls teilweise zu einer doppelten Absicherung des gleichen Risikos kommen würde. Dabei dient die Sicherungsübereignung entgegen der Annahme der Beklagten gerade nicht auch als Sicherheit für Mietausfälle (s. Mietvertrag Ziffer VIII., S. 14). Es genügte nicht, bei der Vermieterin der Klägerin nachzufragen, welcher Betrag von dort zur Sicherung der Entsorgungskosten bereitgestellt werden könnte und auf deren - wenn auch nicht eindeutige - Antwort nicht mehr zu reagieren. Vielmehr hätte die Beklagte sich insoweit - ggf. unter Beteiligung der Klägerin - mit der Vermieterin näher ins Benehmen setzen müssen. Soweit sie am Wert der Halle zweifelte, hätte die Beklagte gemäß Art. 24 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG weitere Ermittlungen - ggf. unter Mitwirkung der Klägerin (vgl. Art. 26 Abs. 2 BayVwVfG, s. hierzu Kallerhoff/Fellenberg in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 26 Rn. 44 ff.; zur Darlegungslast des Beteiligten am Verwaltungsverfahren für die ausschließlich seinem Einflussbereich unterliegenden Tatsachen vgl. Kallerhoff/Fellenberg in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 24 Rn. 54) - anstellen müssen; die Zweifel allein boten ihr keine tragfähige Grundlage dafür, die Halle bei der Festsetzung der Sicherheitsleistung gänzlich außen vor zu lassen.
48
Nach entsprechenden Absprachen mit der Vermieterin und, soweit erforderlich, einer hinreichend tragfähigen Wertermittlung ggf. unter Beteiligung der Klägerin wäre insbesondere zu prüfen gewesen, ob die Sicherungsübereignung die Entsorgungskosten im Insolvenzfall zumindest teilweise sichern könnte mit der Folge, dass eine ggf. zusätzlich zu fordernde Bürgschaft nur noch einen geringeren Betrag absichern müsste als nach dem Bescheid vorgesehen. In eine solche Prüfung wäre - anders als im Bescheid ausgeführt - auch einzustellen gewesen, inwieweit das Risiko des Wertverlustes der Halle durch Brand von der Versicherung der Klägerin abgedeckt ist (s. hierzu die Äußerung des Klägervertreters in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 5.12.2018, Niederschrift S. 3, sowie die Angaben der Vermieterin der Klägerin im Schreiben vom 17.2.2016). Unabhängig von der aus Art. 24 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG folgenden Verpflichtung zur Sachverhaltsermittlung wäre allerdings im Fall der Nichterweislichkeit von Tatsachen nach Durchführung hinreichender Ermittlungsmaßnahmen die materiell-rechtliche Frage der Beweislast zu bewerten (s. hierzu Kallerhoff/Fellenberg in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 24 Rn. 55).
49
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
50
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 Abs. 2 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
51
Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.