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AG München, Urteil v. 27.10.2021 – 231 C 6404/21
Titel:

Kaufvertrag, Kaufpreis, Bauvertrag, Architektenvertrag, Streitwert, Zahlung, Vertragsschluss, Vereinbarung, Streitwertfestsetzung, Internet, Anlage, Widerklage, Leistung, Klausel, Kosten des Rechtsstreits, Treu und Glauben, notarielle Beurkundung

Schlagworte:
Kaufvertrag, Kaufpreis, Bauvertrag, Architektenvertrag, Streitwert, Zahlung, Vertragsschluss, Vereinbarung, Streitwertfestsetzung, Internet, Anlage, Widerklage, Leistung, Klausel, Kosten des Rechtsstreits, Treu und Glauben, notarielle Beurkundung
Rechtsmittelinstanzen:
LG München I, Beschluss vom 13.01.2022 – 31 S 15109/21
BGH Karlsruhe, Beschluss vom 10.11.2022 – I ZB 16/22, I ZB 17/22
Fundstelle:
BeckRS 2021, 60892

Tenor

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 2.000,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2021 zu zahlen.
2. Die Widerklage wird abgewiesen.
3. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Das Urteil ist für die Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 4.000,00 € festgesetzt.

Tatbestand

1
Die Kläger fordern die Rückerstattung eines geleisteten Reservierungsentgelts, der Beklagte macht widerklagend einen Teil einer Forderung aus behauptetem Architektenvertrag geltend.
2
Die Kläger waren auf der Suche nach einem Einfamilienhaus in oder um München. Der Beklagte bot im Internet auf dem Grundstück zwei Einfamilienhäuser zum Erwerb an. Laut Preisliste sollte das Haus 1 € 1.348.820,00, das Haus 2 € 1.396.320,00 kosten, wobei in diesen Beträgen Grundstückskosten in Höhe von € 700.000,00 enthalten waren (Anlage K 1).
3
Im Rahmen eines Vorgesprächs vom 07.03.2021 in den Räumlichkeiten des Beklagten in Unterhaching wurde der Klägerin zu 2) vom Mitarbeiter des Beklagten, Herrn P., mitgeteilt, dass für eine weitere Tätigkeit des Beklagten eine Reservierungsgebühr in Höhe von € 2.000,00 zu zahlen sei.
4
Am 09.03.2021 unterzeichneten die Kläger eine Reservierungs- und Entschädigungsvereinbarung und übergaben den Betrag von € 2.000,00 in bar. Hinsichtlich des Inhalts der Vereinbarung wird auf Anlage K 2 Bezug genommen.
5
Am 11.03.2021 fand ein Termin zwischen den Klägern, dem Beklagten, dessen Mitarbeiter Petrlik und dem für den Beklagten tätigen Architekten statt, im Rahmen dessen ein Fragenkatalog der Kläger zu möglichen Änderungen und entsprechender Kostenauswirkungen (Anlage B 3), welcher zuvor von diesen übermittelt worden war, besprochen wurde. Die Änderungswünsche der Kläger wurden skizziert und besprochen und bauliche Veränderungen in einer Bauzeichnung festgehalten (Anlagen B 4 und B 5).
6
Am 13.03.2021 besichtigten die Kläger das Grundstück in Ottobrunn. Mit E-Mail vom gleichen Tag wurde den Klägern mitgeteilt, dass der Architekt mit der Fertigung von Entwurfsplanungen begonnen hat (Anlage B 6).
7
Mit E-Mail vom 14.03.2021 (Anlage K 3) teilten die Kläger dem Beklagten mit, vom Erwerb des Grundstücks wegen des Objekts abzusehen und forderten zur Rückerstattung des geleisteten Betrags von € 2.000,00 auf.
8
Der Beklagte lehnte dies mit E-Mail vom 15.03.2021 ab (Anlage K 4). Außerdem stellte der Beklagte den Klägern mit E-Mail vom selben Tag die vom Architekten geänderten Entwurfsplanungen zur Verfügung (Anlage B 7).
9
Mit E-Mail vom 16.03.2021 setzten die Kläger eine Frist zur Rückzahlung des Betrages bis zum 31.03.2021 (Anlage K 5). Eine Rückzahlung erfolgte nicht.
10
Mit Schreiben vom 04.04.2021 (Anlage B 2) stellte der Beklagte den Klägern für Planungs- und Ingenieurleistungen bei Zugrundelegung der Honorarzone I und dem Basishonorarsatz den Betrag von € 15.702,31 in Rechnung.
11
Die Kläger meinen, die Voraussetzungen der Reservierungsvereinbarung, welche den Beklagten zum Einbehalt des Betrages von € 2.000,00 berechtigen soll, seien nicht erfüllt. Zudem verstoße die Vereinbarung gegen § 307 BGB und sei widersprüchlich, was zu Lasten des Beklagten gehe. Die Kläger meinen weiter, die Vereinbarung hätte nach § 311b Abs. 1 BGB der notariellen Beurkundung bedurft. Außerdem verstieße die Vereinbarung gegen die §§ 308 Nr. 7b und 309 Nr. 5b BGB. Der vom Beklagten behauptete Architektenvertrag sei, für den Fall, dass ein solcher -wie nichtabgeschlossen worden sei, schließlich ebenfalls beurkundungspflichtig nach § 311b BGB gewesen.
12
Die Kläger beantragen,
den Beklagten kostenfällig zu verurteilen, an die Kläger einen Betrag in Höhe von 2.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2021 zu zahlen.
13
Der Beklagte beantragt,
Die Klage wird abgewiesen.
14
Der Beklagte beantragt teilwiderklagend:
15
Die Kläger werden als Gesamtschuldner verurteilt an den Beklagten aus der Rechnung vom 4.4.2021 einen Teilbetrag von 2.000 € zuzügl. Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit des Anspruchs zu zahlen.
16
Die Kläger beantragen,
die Widerklage abzuweisen.
17
Der Beklagte behauptet, im Rahmen des Termins vom 11.03.2021 sei von den Klägern die Beplanung der Leistungsphasen 1-3 HOAI beauftragt worden. Der Beklagte sei mit der Umsetzung der Änderungswünsche beauftragt worden.
18
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen Bezug genommen auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie das Protokoll über die öffentliche Sitzung vom 08.09.2021.

Entscheidungsgründe

19
Die Klage ist zulässig und begründet. Die Widerklage erwies sich als zulässig, jedoch unbegründet.
A.
20
I. Die Klage ist zulässig.
21
Das Amtsgericht München ist sachlich zuständig nach den §§ 23 Nr. 1, 71 GVG. Seine örtliche Zuständigkeit folgt aus § 21 ZPO.
22
II. Die Klage ist begründet.
23
1. Die Kläger haben einen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung des Betrages von € 2.000,00 aus § 812 Abs. 1 S. 1 BGB.
24
Die zwischen den Parteien am 09.03.2021 geschlossene Vereinbarung ist, soweit sie die Kläger verpflichten soll, ein Reservierungsentgelt von € 2.000,00 an den Beklagten zu leisten, unwirksam.
25
Die Unwirksamkeit folgt zwar nicht aus dem Umstand, dass die Vereinbarung nicht notariell beurkundet wurde. Denn solche Reservierungsvereinbarungen sind nur dann formbedürftig nach § 311b Abs. 1 BGB, wenn die Höhe des Bindungsentgeltes auf den Interessenten einen Druck zum Erwerb des Grundstücks ausübt, wobei die kritische Grenze bei 10% der üblichen Maklerprovision liegt (vgl. Palandt, BGB, 80. Auflage 2021, § 311b Rn. 13 m.w.N.). Diese Grenze ist bei einem Grundstückskaufpreis von € 700.000,00 und einer Maklerprovision von 3,57%, mithin € 24.900,00 bei einem Reservierungsbetrag von € 2.000,00 noch nicht erreicht.
26
Die Unwirksamkeit der entsprechenden Klausel folgt jedoch aus den §§ 307 Abs. 1, 308 Nr. 7b BGB. Im Einzelnen:
27
a. In der als Anlage K 2 vorgelegten Vereinbarung heißt es unter Ziffer 8, erster Absatz:
28
Falls der Käufer nach Unterzeichnung der Reservierungsvereinbarung vom Kaufvertrag zurücktritt, ist eine Aufwandsentschädigung von EUR 2.000.- sofort und ohne Abzug zur Zahlung fällig – diese Summe entspricht der Reservierungsgebühr.
29
Unter Ziffer 8, zweiter Absatz heißt es:
30
Der Käufer übergibt heute diesen Reservierungsbetrag, der als reine Gebühr für die Reservierungszeit gilt, in bar/ per Scheck direkt an den Makler.
31
Ziffer 8, fünfter Absatz der Vereinbarung lautet schließlich:
32
Sollte der Käufer dann den Kauf nicht mehr notariell beurkunden, so bleibt die gezahlte Reservierungssumme als Aufwandsentschädigung beim Makler (für Reservierungszeit/ Verhandlungszeiten/ Prospektkosten/ Verkäuferbesprechungen usw.). b.
33
Bei den voranstehend zitierten Bedingungen handelt es sich um solche, die für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert sind und welche der Beklagte als Verwender den Klägern als anderer Vertragspartei bei Abschluss der Reservierungsvereinbarung gestellt hat, mithin um Allgemeine Geschäftsbedingungen nach § 305 Abs. 1 BGB.
34
c. Den Klägern ist zunächst zuzugestehen, dass die Voraussetzungen der Ziffer 8, erster Absatz nicht erfüllt sind. Die Kläger haben unstreitig keinen Grundstückskaufvertrag abgeschlossen, so dass sie auch von einem solchen nicht zurückgetreten sind.
35
Jedoch wurde der in Frage kommende Grundstückskaufvertrag im Ergebnis nicht notariell beurkundet, so dass die Voraussetzung der Ziffer 8, 5. Absatz grundsätzlich erfüllt sind. d.
36
Die Klausel in Absatz fünf der Ziffer 8 der Vereinbarung ist unwirksam nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB. Nach vorbezeichneter Norm sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen.
37
Nach der Rechtsprechung des BGH ist eine Regelung, wonach ein Verwender den sogleich mit der Unterschriftsleistung auf dem Auftrag zur Vermittlungs-Dienstleistung zu erbringenden Betrag für den Verzicht auf weiteres Anbieten des Kaufobjekts in jedem Fall in voller Höhe behalten darf, wenn es nicht zum Abschluss des Kaufvertrages kommt, als eine den Kaufinteressenten unangemessen benachteiligende Klausel nach § 307 BGB unwirksam (vgl. BGH, Urteil vom 23.09.2010 – III ZR 21/10).
38
Der BGH führt in der vorgenannten Entscheidung aus, wie folgt:
„aa) Eine unangemessene Benachteiligung i.S. des § 307 BGB ist dann anzunehmen, wenn der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen. Die Unangemessenheit ist zu verneinen, wenn die Benachteiligung des Vertragspartners durch zumindest gleichwertige Interessen des Verwenders der AGB gerechtfertigt ist (…).
Die dabei erforderliche Interessenabwägung führt im Streitfall zu dem Ergebnis, dass die Pflicht zur Zahlung des Reservierungsentgelts bzw. der ausnahmslose Ausschluss der Rückzahlung dieses Entgelts bei Nichtzustandekommen des Kaufvertrags über die Wahrung schutzwürdiger Interessen der Bekl. hinausgeht und aus diesem Grund eine unangemessene Benachteiligung der Kunden vorliegt (…). Allgemein gehört es im Vertragsrecht zu den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, bei Abwicklung gegenseitiger Verträge auf das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung angemessen Rücksicht zu nehmen. (…) Diese Grundsätze sind vorliegend nicht ausreichend beachtet.
bb) Die streitgegenständliche Klausel stellt letztlich den Versuch der Bekl. dar, sich für den Fall des Scheiterns ihrer – die Hauptleistung darstellenden – Vermittlungsbemühungen gleichwohl eine (erfolgsunabhängige) Vergütung zu sichern, ohne dass dabei gewährleistet ist, dass sich aus dieser entgeltpflichtigen Reservierungsvereinbarung für den Kunden nennenswerte Vorteile ergeben oder seitens der Bekl. eine geldwerte Gegenleistung zu erbringen ist.
Das Versprechen der Bekl., die Eigentumswohnung nicht mehr anderweitig anzubieten, lässt das Recht der Verkaufsinteressentin unberührt, ihre Verkaufabsichten aufzugeben oder das Objekt ohne Einschaltung der Bekl. an Dritte zu veräußern. Der Kunde zahlt damit einen nicht ganz unerheblichen Betrag, ohne dafür die Gewähr zu haben, das fragliche Objekt erwerben zu können. Der Nutzen dieser Vereinbarung für den Kunden ist mithin sehr eingeschränkt (…). Dieser allenfalls geringe Vorteil wird aus Sicht des Kunden weiter dadurch gemindert, dass die Zahlung eines derartigen Entgelts regelmäßig geeignet ist, Einfluss auf seine wirtschaftliche Dispositionsfreiheit im Sinne der Förderung des Kaufentschlusses zu nehmen, um nicht die bereits erfolgte Zahlung verfallen zu lassen, sondern im Wege der Verrechnung mit dem Kaufpreis verwerten zu können (…).
Demgegenüber erbringt die Bekl. durch die zugesagte Reservierung keine ins Gewicht fallende Verzichtsleistung (…). Von einer solchen könnte allenfalls dann gesprochen werden, wenn die Zeitdauer der Reservierung so lange wäre, dass die Gefahr, das Eigenheim nicht mehr anderweitig zu dem ins Auge gefassten Kaufpreis veräußern zu können, nennenswert erhöht wäre. Davon kann regelmäßig keine Rede sein, da der Zeitraum zwischen der Äußerung der konkreten Kaufabsicht und dem Beurkundungstermin im Allgemeinen überschaubar ist. Hinzu kommt, dass nach dem klaren Wortlaut der Klausel die Reservierungsgebühr in voller Höhe verdient ist, wenn der Auftrag unterzeichnet ist. Sie ist also auch dann zu zahlen bzw. kann nicht zurückgefordert werden, wenn der Kaufinteressent so kurz nach Unterzeichnung der Vereinbarung seine Kaufabsicht aufgibt, dass es faktisch ausgeschlossen ist, in der Zwischenzeit einen anderen (auf Grund der Reservierungsvereinbarung zurückzuweisenden) Kaufinteressenten zu finden.“
39
Diese Rechtsprechung ist auf den vorliegenden Fall übertragbar. Ebenso wie in dem vom BGH entschiedenen Fall hat sich der hiesige Beklagte als Makler vorliegend verpflichtet, keine Verkaufsverhandlungen über das Objekt mehr mit anderen Interessenten zu führen (vgl. Anlage K 2, Ziffer 2), das Objekt vielmehr für die Kläger reserviert zu halten. Als Dauer dieser Reservierung war der Zeitraum vom 09.03.2021 bis zum 19.04.2021 vereinbart. Zudem wurde auch im vorliegenden Fall der Beklagte als Makler beauftragt, die notarielle Beurkundung vorzubereiten und ggf. einen Vertragsentwurf fertigen zu lassen.
40
Einziger Unterschied zu dem vom BGH entschiedenen Fall liegt darin, dass der dort zu zahlende Betrag in Höhe von € 1.500,00 in Höhe von lediglich € 750,00 für den Fall des Nichtzustandekommens des Kaufvertrages als Tätigkeitsentgelt für die Reservierung, mithin den bloßen Verzicht auf ein weiteres Anbieten verdient sein sollte, während die weiteren € 750,00 als Ausgleich für die Vorbereitung des notariellen Kaufvertrages zu leisten und je nach Bearbeitungsstand zurückzuerstatten sein sollten. Im vorliegend zu entscheidenden Fall wurde hingegen ausdrücklich vereinbart, dass der Betrag von € 2.000,00 zunächst als reine Gebühr für die Reservierungszeit gelten sollte (vgl. Anlage K 2, zweiter Absatz). Für den Fall, dass der Kauf dann nicht mehr notariell beurkundet werden würde, sollte der betreffende Betrag dann zudem als Aufwandsentschädigung beim Beklagten als Makler verbleiben (vgl. Anlage K 2, fünfter Absatz).
41
Die streitgegenständliche Klausel stellt damit im hiesigen Fall ebenfalls den Versuch des Beklagten dar, sich für den Fall des Scheiterns seiner Bemühungen eine erfolgsunabhängige Vergütung zu sichern. Auch diese Vergütung soll, wie in dem vom BGH entschiedenen Fall, im Moment der Unterzeichnung der Vereinbarung verdient sein und auch dann in voller Höhe behalten werden dürfen, wenn die Kläger, wie konkret geschehen, kurz nach Abschluss der Vereinbarung bereits ihre Kaufabsicht wieder aufgeben. Vorliegend liegen zwischen der Unterzeichnung der Vereinbarung und der Mitteilung, das Grundstück doch nicht erwerben zu wollen, lediglich 5 Tage. Es erscheint faktisch ausgeschlossen, dass der Beklagte in diesen fünf Tagen einen zum Grundstückserwerb Gewillten hätte endgültig zurückweisen müssen. Weiter wurde als Reservierungszeit lediglich der Zeitraum vom 09.03.2021 bis 19.04.2021 vereinbart. Nachdem es sich offenkundig dabei nicht um einen solch langen Zeitraum handelt, der dazu führen hätte können, dass das Grundstück nicht mehr zu dem gewünschten Betrag von € 700.000,00 hätte verkauft werden können, ist eine Verzichtshandlung, die derart ins Gewicht fallen würde, dass ein angemessenes Verhältnis von Leistung und Gegenleistung zu erkennen wäre, nicht ersichtlich. Hinzu kommt schließlich, dass nach dem konkreten Wortlaut der streitgegenständlichen Vereinbarung nicht hinreichend deutlich erkennbar ist, in welcher Höhe das Reservierungsentgelt schließlich zu leisten ist, sollte eine notarielle Beurkundung nicht mehr zustande kommen. Denn welcher Betrag im Rahmen der gesamten „Aufwandsentschädigung“ von € 2.000,00 nunmehr auf das bloße Reservierungsentgelt entfallen soll (welches ja ursprünglich in selber Höhe geschuldet sein sollte) und welcher auf den Aufwand für Verhandlungszeiten, Prospektkosten und Verkäuferbesprechungen, ist nicht ausreichend nachvollziehbar.
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e. Sofern sich die beklagte Partei darauf beruft, bei Ziffer 8, fünfter Absatz der Vereinbarung vom 09.03.2021 handle es sich um eine Regelung ausschließlich zur Aufwandsentschädigung und nicht (wohl: nicht mehr) zur zuvor vereinbarten bloßen Reservierungsgebühr, ist die Klausel zudem nach § 308 Nr. 7b BGB unwirksam. Danach ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen insbesondere unwirksam eine Regelung, nach der der Verwender für den Fall, dass eine Vertragspartei vom Vertrag zurücktritt oder diesen kündigt, einen unangemessen hohen Ersatz von Aufwendungen verlangen kann. § 309 Nr. 5b BGB, wonach Kunden bei formularmäßiger Festlegung von Schadenspauschalen nicht der Nachweis eines niedrigeren Schadens abgeschnitten werden darf, ist entsprechend auf die Regelung des § 308 Nr. 7 BGB anzuwenden (vgl. MüKo BGB, 8. Auflage, § 308 Rn. 3). Eine solche Klausel wie die hier streitgegenständliche, die den Gegenbeweis nicht ausdrücklich gestattet, ist mithin unwirksam.
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2. Die Kläger haben einen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung der beantragten Zinsen aus den §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB. Die Kläger haben den Beklagten mit E-Mail vom 16.03.2021 zur Rückzahlung gemahnt, wodurch letzterer in Verzug geraten ist. Die Zinsen waren daher ab dem beantragten Zeitpunkt zuzusprechen, § 308 Abs. 1 ZPO.
44
III. Die Teilwiderklage ist zulässig.
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Auch für diese ist das Amtsgericht München örtlich und sachlich zuständig, §§ 12, 13 ZPO, 23 Nr. 1, 71 GVG. Mangels identischen Streitgegenstandes besteht keine anderweitige Rechtshängigkeit, § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO.
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Der nach § 33 ZPO erforderliche Zusammenhang ist gegeben.
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Die Teilwiderklage genügt zudem dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 ZPO. Der Beklagte hat insofern ausgeführt, dass sich der mit der Teilwiderklage geltend gemachte Betrag von € 2.000,00 zunächst auf die Leistungsphase 1 und anschließend der Reihenfolge nach auf die Leistungsphasen 2 und 3 des behaupteten Architektenvertrages bezieht.
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IV. Die Teilwiderklage ist jedoch unbegründet.
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Der Beklagte hat keinen Anspruch auf den geltend gemachten Betrag aus dem von ihm behaupteten Architektenvertrag. Selbst für den Fall, dass die Parteien sich hinsichtlich der Beauftragung der Leistungsphasen 1 bis 3 geeinigt haben sollten, ist der Vertrag mangels der vom Gesetz vorgesehenen Form nichtig, §§ 311b Abs. 1, 125 S. 1 BGB, so dass die Rechtswirkungen, die der behauptete Vertragsschluss seinem Inhalt nach bezweckt, ausgeschlossen sind.
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Denn der behauptete Architektenvertrag hätte der notariellen Beurkundung bedurft. Nach § 311b Abs. 1 BGB bedarf ein Vertrag, durch den sich ein Teil verpflichtet, das Eigentum an einem Grundstück zu erwerben, der notariellen Beurkundung. Formbedürftig sind zudem wegen einer mittelbaren Bindung auch alle Vereinbarungen, die für den Fall des Nichterwerbs ins Gewicht fallende wirtschaftliche Nachteile vorsehen und so einen Zwang zum Erwerb begründen (vgl. Palandt, BGB, 80. Auflage, § 311b Rn. 13). So ist das Formerfordernis des § 311b Abs. 1 BGB anwendbar, wenn beispielsweise bei einem Fertighaus- oder Bauvertrag ein rechtlicher Zusammenhang mit einem Grundstückskaufvertrag besteht, etwa weil der Bauvertrag mit dem Kauf eines Grundstücks stehen und fallen soll, weil er auf den Erwerb eines bestimmten Grundstücks abstellt oder einen Zwang zum Erwerb eines bestimmten Grundstücks begründet (vgl. Palandt, a.a.O., m.w.N.). Ob beispielsweise ein Bauvertrag und ein in Aussicht genommener Grundstückskaufvertrag eine rechtliche Einheit bilden sollen und deshalb der vollständigen Beurkundung nach § 313 S. 1 BGB a.F. bzw. § 311b Abs. 1 BGB n.F. bedürfen, hängt davon ab, ob die Vereinbarungen nach dem Willen der Parteien derart voneinander abhängig sind, dass sie miteinander stehen und fallen sollen. Auch wenn nur einer der Vertragspartner einen solchen Einheitswillen erkennen lässt und der andere Partner ihn anerkannt hat oder zumindest hinnimmt, kann ein einheitlicher formbedürftiger Vertrag vorliegen. Dabei ist es nicht erforderlich, dass an jedem der Rechtsgeschäfte jeweils dieselben Parteien beteiligt sind. Ob ein beurkundungsbedürftiges einheitliches Rechtsgeschäft vorliegt, hat im Einzelfall der Tatrichter zu entscheiden, und zwar aufgrund der Umstände des Einzelfalls. Für die Annahme der Einheitlichkeit der Geschäfte reicht es nicht aus, dass ein Haus nicht ohne Grundstück errichtet werden kann, vielmehr ist der Verknüpfungswille der Beteiligten maßgeblich (vgl. zum Ganzen: OLG Schleswig, NJW-RR 1991, 1175).
51
Demnach wäre ein Architektenvertrag für den Fall, dass ein solcher tatsächlich abgeschlossen wurde, jedenfalls mangels notarieller Beurkundung unwirksam. Nach dem unbestrittenen Vortrag der Klagepartei hat der Beklagte über das Internetportal Immoscout auf dem streitgegenständlichen Grundstück zwei Einfamilienhäuser zum Erwerb angeboten. Unstreitig hat der Beklagte daraufhin die als Anlage K 1 vorgelegten Preislisten an die Kläger übermittelt, welche unter anderem auch die Grundstückskosten umfassen. Ebenfalls unstreitig bezogen sich die Fragen der Kläger zu Änderungswünschen und Kostenauswirkungen genau auf die in Anlage K 1 vorgeschlagenen Haustypen „EFH 142“ und „EFH 166“. Erkennbar sollte eine Beauftragung mit der anvisierten Bebauung und damit auch mit der behaupteten Planung nach dem Willen der Parteien mit dem Erwerb des Grundstücks derart zusammenhängen, dass sie miteinander stehen und fallen sollen. Dies war dem Beklagten, der das Grundstück auch vermaklen sollte, erkennbar. Dass der Beklagte einen solchen Einheitswillen nicht angenommen hat, ist nicht ersichtlich; im Übrigen durften die Kläger aufgrund des gesamten vorgetragenen Ablaufs der geschäftlichen Beziehung zum Beklagten davon ausgehen, dass auch der Beklagte diesen Einheitswillen hinnehmen, wenn nicht sogar annehmen würde.
52
Die Entscheidung des OLG Köln vom 02.11.1989 – 7 U 60/89 (in: NJW-RR 1990, 1110) ändert hieran nichts. Denn der dortige Sachverhalt ist mit dem hiesigen nicht vergleichbar. Die hiesigen Kläger haben – selbst für den Fall, dass tatsächlich eine Beauftragung zur Änderunsplanung erfolgt sein sollte – nicht einen solchen Vertrag abgeschlossen, der nicht unmittelbar auf den Erwerb eines Grundstücks gerichtet gewesen wäre, sondern eine selbständige und erhebliche wirtschaftliche Bedeutung gehabt hätte. Erkennbar sollten vielmehr die womöglichen kostenmäßigen Auswirkungen von Änderungen der vom Beklagten auf Immoscout angebotenen Haustypen in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem geplanten Erwerb des ebenfalls über den Beklagten angebotenen Grundstücks ermittelt werden und sowohl diese Änderungen an den Haustypen als auch deren Beauftragung an und für sich mit dem Erwerb des konkreten Grundstücks in Ottobrunn stehen und fallen.
53
Schließlich würde ein solcher Architektenvertrag, wie er vom Beklagten behauptet wird, auch einen Zwang zum Erwerb des streitgegenständlichen Grundstücks in Ottobrunn begründen. Denn einerseits wurde die seitens des Beklagten vorgeschlagene Bebauung des Grundstücks mit den Haustypen „EFH 142“ und „EFH 166“ augenscheinlich auf das konkrete Grundstück zugeschnitten. Andererseits hätten sich die Kläger mit dem Abschluss eines solchen Architektenvertrags einem Zwang des Grundstückserwerbs auch deshalb ausgesetzt, da sich aus diesem bereits bei Zugrundelegung der Honorarzone I eine Honorarforderung von über € 15.000,00 ergibt und diese selbst nach dem Vortrag des Beklagten (Bl. 33 d.A.) bei Zugrundelegung der ohne Weiteres gerechtfertigten Honorarzone III noch deutlich höher ausgefallen wäre.
54
Nach alledem war die Widerklage abzuweisen.
B.
55
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1, 2 ZPO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 45 Abs. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO.