Inhalt

ArbG Bayreuth, Beschluss v. 13.12.2021 – 1 BV 1/21
Titel:

Arbeitnehmer, Betriebsrat, Leistungen, Unterlassungsanspruch, Arbeitgeber, Mitbestimmungsrecht, Leiharbeitnehmer, Einigungsstelle, Zustimmung, Mitbestimmung, Beteiligung, Antragsteller, Gesamtbetriebsrat, Privatnutzung, eine Angelegenheit, betriebsverfassungsrechtliche Pflichten

Schlagworte:
Arbeitnehmer, Betriebsrat, Leistungen, Unterlassungsanspruch, Arbeitgeber, Mitbestimmungsrecht, Leiharbeitnehmer, Einigungsstelle, Zustimmung, Mitbestimmung, Beteiligung, Antragsteller, Gesamtbetriebsrat, Privatnutzung, eine Angelegenheit, betriebsverfassungsrechtliche Pflichten
Rechtsmittelinstanz:
LArbG Nürnberg, Beschluss vom 06.09.2022 – 1 TaBV 4/22
Fundstelle:
BeckRS 2021, 60747

Tenor

Die Anträge werden zurückgewiesen.

Gründe

I.
1
Die Beteiligten streiten über Unterlassungsansprüche des Antragstellers betreffend die Richtlinie DUE-HR-I-0019 „Instruction Geschäftswagen“ gegenüber der Antragsgegnerin zu 2).
2
Die Antragsgegnerin zu 2) ist ein Tochterunternehmen der Antragsgegnerin zu 4) mit Sitz in A-Stadt, Sie stellt Innenraumfilter her. Bei ihr sind derzeit etwa 332 Arbeitnehmer sowie ca. 32 Leiharbeitnehmer beschäftigt. Hiervon sind 22 Arbeitnehmer als AT Mitarbeiter tätig.
3
Die Antragsgegnerin zu 4) ist ein weltweit agierendes Unternehmen mit mehr als 80 Standorten und auf dem Gebiet der Filtration tätig. Der Sitz des Unternehmens befindet sich in G-Stadt.
4
Der Antragsgegner zu 3) ist der im Unternehmen der Antragsgegnerin zu 4) gebildete Konzernbetriebsrat. Der Antragsteller ist der bei der Antragsgegnerin zu 2) gebildete Betriebsrat.
5
Am 25.11.2020 legte die Antragsgegnerin zu 4) die Richtlinie DUE-HR-I-0019 „Instruction Geschäftswagen“ fest (vgl. Bl. 61-67 d.A.). Diese Richtlinie soll zum 01.10.2020 zurückwirken. Die Richtlinie beinhaltet Nutzungsregelungen für die seitens des Unternehmens gestellten Geschäftswagen für alle Mitarbeiter der Unternehmensgruppe, die aufgrund ihres Arbeitsvertrages einen Anspruch auf einen Geschäftswagen haben und als Senior Executives, Direktoren oder Vielfahrer gelten. Für die Privatnutzung werden je nach Fahrzeugtyp monatliche Abzüge netto und brutto vorgenommen (vgl. Beiblatt 1 der Richtlinie, Bl. 23 f. d.A.). Die Richtlinie wurde dem Antragsgegner zu 3) vorgestellt. Eine Konzernbetriebsvereinbarung wurde nicht abgeschlossen. Der Antragsgegner zu 3) wurde seitens der jeweils gewählten Betriebsräte nicht mit dem Abschluss einer Betriebsvereinbarung zur Geschäftswagennutzung beauftragt.
6
In den Arbeitsverträgen (vgl. Bl. 17 ff. d.A.) der AT Mitarbeiter bei der Antragsgegnerin zu 2) findet sich folgende Regelung:
„„…
4. Dienstfahrzeug
Der Mitarbeiter erhält nach Maßgabe der jeweils gültigen Richtlinie „Geschäftswagen für AT-Mitarbeiter“ ein Dienstfahrzeug, welches er auch privat nutzen darf.
…“
7
Der Antragsteller trägt vor, er habe nach ordnungsgemäßer Einladung unter Benennung der entsprechenden Tagesordnungspunkte in seiner Sitzung am 10.02.2021 – in Anwesenheit von neun ordentlichen Betriebsratsmitgliedern sowie zwei ordnungsgemäßer nachgeladener Ersatzmitglieder aufgrund der entschuldigten Abwesenheit der ordentlichen Betriebsratsmitglieder T. … und W. … – mit einem Abstimmungsergebnis von 11 zu 0 Gegenstimmen beschlossen das hiesige Verfahren einzuleiten und die Prozessvertretung mit seiner Vertretung beauftragt.
8
Der Antragsteller behauptet ferner, allen AT Mitarbeitern stünde ein arbeitsvertraglicher Anspruch auf einen Dienstwagen mit Privatnutzung zu. Ein weiterer Angestellter bei der Antragsgegnerin zu 2) gelte darüber hinaus als Vielfahrer. Auch er habe einen Anspruch auf einen Dienstwagen mit Privatnutzung gemäß der Richtlinie DUE-HR-I-0019 „Instruction Geschäftswagen“. Die Antragsgegnerin zu 2) und die Antragsgegnerin zu 4) seien mehrfach vergeblich gebeten worden, die Richtlinie zunächst mit dem Antragsteller zu verhandeln, letztmals mit Schreiben vom 19.01.2021 (vgl. Bl. 25 ff. d.A.).
9
Der Antragsteller behauptet, ihm und nicht dem Antragsgegner zu 3) stünde unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des LAG Köln in seiner Entscheidung 9 TaBV 66/19 vom 13.01.2020 ein Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG – Lohngestaltung – zu. Aufgrund des Umstandes, dass die Richtlinie vor Inkrafttreten nicht zunächst mit ihm verhandelt worden sei, sei dieses verletzt worden. Deshalb stehe ihm auch der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu. Nach der Kompetenzzuweisung des BetrVG sei für die Wahrnehmung von Mitbestimmungsrechten zunächst der örtliche Betriebsrat zuständig. Eine Aufgabenzuweisung auf den Antragsgegner zu 3) gem. § 58 Abs. 1 S. 1 BetrVG sei vorliegend nicht gegeben. Insbesondere liege weder ein technisches Unvermögen noch eine subjektive Unmöglichkeit des Antragstellers vor. Eine örtliche Regelung der Angelegenheiten scheitere nicht an der Nutzung eines einheitlichen Konfigurators. Einer solchen werde sich auch der Antragsteller nicht verwehren. Auch die Einheitlichkeit der Leasingkonditionen sei kein Argument für eine Zuständigkeit des Antragsgegners zu 3), denn dem Leasingpartner sei es egal, ob die Regelungen dieser Konditionen auf Betriebs- oder Konzernebene abgeschlossen worden seien. Auch sei eine subjektive Unmöglichkeit nicht gegeben. Es handle sich gerade um das Thema der Lohngestaltung und damit um ein Thema, das der Mitbestimmung unterliege. Die Dienstwagenrichtlinie enthalte im Ergebnis mitbestimmungsfreie und mitbestimmungspflichtige Elemente. Insofern sei die Antragsgegnerin zu 4) gerade nicht frei darin zu entscheiden, welches betriebsverfassungsrechtliche Organ sie bei der Festlegung des Adressatenkreises auf der Regelungsebene einbeziehe. Aufgrund des Umstandes, dass die AT-Angestellten einen arbeitsvertraglichen Anspruch auf die private Dienstwagennutzung hätten, handle es sich um einen Lohnbestandteil und damit nicht um eine freiwillige Leistung. Der Arbeitgeber habe die Frage des „ob“ verbindlich durch die Gewährung der Privatnutzung im Arbeitsvertrag geklärt. Damit eröffne die ursprünglich freiwillige Leistung mit Entgeltcharakter nunmehr den Anwendungsbereich des Mitbestimmungsrechtes des Antragstellers. Aufgrund des Umstandes, dass die Regelung im jeweiligen Arbeitsvertrag auf die Dienstwagenrichtlinie verweise, bestehe ein erforderlicher kollektiver Gestaltungsspielraum, der Voraussetzung für das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers sei. Das Mitbestimmungsrecht stehe auch nicht dem Antragsgegner zu 3) zu, da der Arbeitsvertrag mit der Antragsgegnerin zu 2) geschlossen werde und die einzelvertragliche Regelung nicht auf eine Richtlinie des Konzerns verweise, sondern lediglich auf die Richtlinie „Geschäftswagen für AT-Mitarbeiter“. Die Vorgängerrichtlinie sei die Richtlinie … (vgl. Bl. 86 ff. d.A.). Nach dieser sei eine Reduzierung der laufenden monatlichen Vergütung in Höhe von 200 € brutto erfolgt, sobald man einen Geschäftswagen genutzt habe. Dies sei als „PKW Entgeltverzicht“ ausgewiesen worden. Bei Widerruf der Nutzungsberechtigung erhöhe sich die monatliche Vergütung des jeweiligen Mitarbeiters um 200 € pro Monat. Zudem entrichte der Arbeitnehmer den Teil der monatlichen Leasingrate an den Arbeitgeber, der über die gesondert mitgeteilte Höchstleasingrate hinausgehe (= Mehrleasingrate 600 €). Darüber hinaus vertändere sich der zu versteuernde Mobilitätsvorteil erheblich zu Ungunsten der Mitarbeiter. Die zur Kostenerfassung und Abrechnung notwendigen Angaben und Belege seien stets vom jeweiligen Mitarbeiter an HR-FM weitergegeben worden.
10
Der Antragsteller beantragt:
1.
Der Beteiligten zu 2) wird untersagt, die DUE-HR-I-0019 „Instruction Geschäftswagen“ als verbindlich anzuwenden, solange der Antragsteller der Anwendung keine Zustimmung erteilt hat oder seine Zustimmung durch Spruch der Einigungsstelle ersetzt worden ist.
2.
Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung aus Ziffer 1 wird ein Ordnungsgeld bis zu 10.000,00 € angedroht.
11
Die Antragsgegner beantragen
die Anträge zurückzuweisen.
12
Die Antragsgegnerin zu 2) und zu 4) erwidern, dass schon die Zulässigkeit der Antragseinreichung bestritten werde. Der Antragsteller habe weder die ordnungsgemäße Einleitung des Beschlussverfahrens noch die ordnungsgemäße Beauftragung seiner Prozessbevollmächtigten nachgewiesen. Die alleinige Behauptung, das Verfahren sei ordnungsgemäß eingeleitet worden genüge nicht.
13
Jedenfalls seien die Anträge unbegründet. Für den Fall, dass überhaupt ein Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 BetrVG bestehe, stehe dieses nicht dem Antragsteller, sondern dem Antragsgegner zu 3) gem. § 58 Abs. 1 BetrVG zu. Die Umsetzung der Richtlinie erfolge konzernweit in einer Abteilung der Antragsgegnerin zu 4). Die deutschen Gesellschaften der … – Gruppe würden verschiedenen Arbeitnehmergruppen in Abhängigkeit von deren Position/Status bzw. Tätigkeiten Firmenwagen zur Verfügung stellen. Bereits die individualvertragliche Vereinbarung verweise auf die jeweils geltende Dienstwagenrichtlinie. Die Vergabe und Handhabung der Dienstwagen werde für alle deutschen Gesellschaften einheitlich organisiert und abgewickelt. Die deutschlandweite Geltung der Richtlinie ergebe sich jeweils aus dieser selbst und nicht aus der Verweisungsnorm. Der Geltungsbereich werde typischerweise im Bezugs- und nicht im Verweisungsobjekt geregelt.
14
Die Beteiligung der örtlichen Betriebsräte sei bisher bei keiner Dienstwagenrichtlinie erfolgt. Die jeweilige Dienstwagenrichtlinie sei bisher stets auf überörtlicher Regelung behandelt worden. Die seitens des Antragstellers vorgelegte Vorgängerrichtlinie sei nicht die richtige. Dies ergebe sich bereits aus der ersten Seite der streitgegenständlichen Richtlinie. Dort stehe unter „2 Geltungsbereich Issue Previous „DEU-HR-I-0019 And. 0 Ausgabe 02/2020“. Das vom Antragsteller als Vorgängerrichtlinie vorgelegte Dokument sei nicht diese „DEU-HR-I-0019 And. 0 Ausgabe 02/2020“.
15
Maßgeblich sei, dass sich die Zuständigkeit des Antragsgegners zu 3) bereits aufgrund technischer Umstände objektiv ergebe. Auf den insoweit unstreitig mitbestimmungsfreien Einsatz des deutschlandweit implementierter Online-Konfigurator komme es nicht an. Das bei der Antragsgegnerin zu 4) eingerichtete Fuhrparkmanagement organisiere im Anschluss die externen Bestellungen die Dienstwagen und stimme die Termine mit Lieferanten und Händlern vor Ort ab. Ohne eine einheitliche konzernweite Regelung der Dienstwagennutzung könne man den Mitarbeitern die vorhandenen Leasingkonditionen nicht anbieten. Zudem sei auch eine konzerneinheitliche Regelung subjektiv zwingend geboten, da es sich bei der Sachzuwendung im Rahmen der Privatnutzung des Dienstwagens um eine freiwillige Leistung handele. Bei der Frage, „ob“ ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern einen Dienstwagen (auch) zur unentgeltlichen oder vergünstigten Privatnutzung zur Verfügung stelle, handle es sich um eine grundsätzlich mitbestimmungsfreie Vorgabe. Zudem sehe die privatrechtlich vereinbarte Gewährung eines Dienstwagens gemäß der Arbeitsverträge dies nur nach Maßgabe der jeweils gültigen Richtlinie vor. Gerade diese sei jedoch unternehmensübergreifend konzipiert.
16
Dem Antragsteller stünde weder ein Unterlassungsanspruch aus § 23 Abs. 3 BetrVG noch ein allgemeiner Unterlassungsanspruch zu. Ein grober Verstoß der Antragsgegnerin zu 2) gegen ihre betriebsverfassungsrechtlichen Pflichten bzw. eine Missachtung etwaiger Beteiligungsrechte des Antragstellers aus § 87 Abs. 1 BetrVG lägen nicht vor. Die Dienstwagenrichtlinie betreffe alle deutschen Konzernunternehmen und stelle eine Angelegenheit dar, für die der Antragsgegner zu 3) zuständig sei. Für eine unternehmensübergreifende Regelung bestehe ein zwingendes technisches Bedürfnis. Zudem sei eine Regelung auf Ebene des Einzelbetriebes subjektiv unmöglich.
17
Die seitens des Antragstellers vorgelegten Rechenbeispiele seien konstruiert, sie würden nicht auf einem Vergleich der Vorgängerrichtlinie und der im Streit stehenden Richtlinie basieren. Sie würden vielmehr die Auswirkungen einer wesentlich älteren Richtlinie mit der aktuellen Regelung vergleichen. Die Grundlagen der Berechnungen seien nicht richtig, so sei es abwegig, dass Mitarbeiter, die einen Wagen mit einem Bruttolistenpreis von 40.000 € ohne Zuzahlung wählen können, einen Wagen aussuchen, dessen Bruttolistenpreis mehr als doppelt so hoch sei. Zudem seien auch keine Entfernungskilometer bei der Berechnung berücksichtigt worden. Auch seien die jeweiligen Höchstleasingraten falsch angegeben worden.
18
Im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze, die Protokolle der Sitzungen am 26.04.2021 und am 17.11.2021 Bezug genommen.
II.
19
Die Anträge waren zurückzuweisen.
20
1. Der Antrag ist gem. §§ 80, 81, 2a Abs. 1 Nr. 1 ArbGG beim örtlich und sachlich zuständigen Arbeitsgericht Bayreuth erhoben.
21
2. Unabhängig davon, ob sie zulässig sind, sind sie jedoch unbegründet. Dem Antragsteller steht im Hinblick auf die Richtlinie DUE-HR-I-0019 „Instruction Geschäftswagen“ kein Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG zu. Ein solches steht allein dem Antragsgegner zu 3) zu. Die Antragsgegnerin zu 2) hat nicht grob gegen betriebsverfassungsrechtliche Pflichten verstoßen, indem sie Beteiligungsrechte des Antragstellers verletzt hat. Aus diesem Grund steht dem Antragsteller weder ein Unterlassungsanspruch aus § 23 Abs. 3 BetrVG noch ein allgemeiner Unterlassungsanspruch gegenüber der Antragsgegnerin zu 2) zu.
22
a) Ein Anspruch auf Unterlassung besteht nur dann, wenn ein Mitbestimmungsrecht des Antragstellers verletzt worden ist. Unabhängig davon, in welchen Grenzen ein Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG bei der vorliegenden die Richtlinie DUE-HR-I-0019 „Instruction Geschäftswagen“ besteht, steht das Mitbestimmungsrecht dem Beteiligten zu 3) und nicht dem Antragsteller zu.
23
Gem. § 58 Abs. 1 S. 1 BetrVG ist der Konzernbetriebsrat originär zuständig für die Behandlung von Angelegenheiten, die alle oder doch mehrere Konzernunternehmen betreffen und die nicht durch die einzelnen Gesamtbetriebsräte innerhalb ihrer Unternehmen geregelt werden können; seine Zuständigkeit erstreckt sich insoweit auch auf Unternehmen, die einen Gesamtbetriebsrat nicht gebildet haben. Da der Gesetzgeber § 58 Abs. 1 S. 1 BetrVG der Regelung in § 50 Abs. 1 S. 1 BetrVG nachgebildet hat, ist die Zuständigkeit des Konzernbetriebsrates nach denselben Kriterien abzugrenzen, nach denen § 50 Abs. 1 S. 1 BetrVG die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrates bestimmt (vgl. BAG v. 20.12.1995, 7 ABR 8/95).
24
Die Übertragung der zu § 50 Abs. 1 BetrVG entwickelten Grundsätze bedeutet insbesondere, dass der Begriff des „Nichtregelnkönnens“ keine objektive Unmöglichkeit der Regelung durch den Betriebs- bzw. Gesamtbetriebsrat voraussetzt. Voraussetzung ist vielmehr, dass ein zwingendes Erfordernis für eine konzerneinheitliche oder zumindest unternehmensübergreifende Regelung besteht (BAG v. 19.06.2007, 1 AZR 454/06, BAG 22.07.2008, 1 ABR 40/07). Ein zwingendes Erfordernis kann sich aus technischen oder rechtlichen Gründen ergeben (BAG v. 22.07.2008, 1 ABR 40/07). Abstrakte Kriterien lassen sich hierfür nicht aufstellen. Maßgeblich sind vielmehr die Umstände des Einzelfalls. Der Konzernbetriebsrat ist desto eher zuständig, je weniger der Regelungsgegenstand mit den Besonderheiten des Betriebs zu tun hat. Die bloße Zweckmäßigkeit einer unternehmenseinheitlichen Regelung oder ein Kosteninteresse des Arbeitgebers begründen in den Angelegenheiten der zwingenden Mitbestimmung die Zuständigkeit des Gesamt- und damit auch des Konzernbetriebsrats nicht. Ebenso wenig genügen das Koordinierungsinteresse des Arbeitgebers und sein Wunsch nach einer möglichst unternehmenseinheitlichen Regelung (BAG v. 25.09.2012, 1 ABR 45/11). Entscheidend ist vielmehr, ob sich das Ziel der geplanten Regelung nur durch eine einheitliche Regelung auf Konzernebene erreichen lässt (vgl. BAG v. 20.12.1995, 7 ABR 8/95).
25
§ 58 Abs. 1 S. 1 BetrVG umfasst darüber hinaus die Fälle der subjektiven Unmöglichkeit. Subjektiv unmöglich ist dem Einzelbetriebsrat insbesondere eine Regelung freiwilliger Leistungen, in denen der Arbeitgeber den Zweck der Leistung so definiert, dass dieser nur mit einer überbetrieblichen Regelung erreichbar ist (vgl. BAG v. 18.10.1994, 1 ABR 17/94). Das Verlangen des Arbeitgebers macht eine einheitliche Regelung dann notwendig, wenn der Arbeitgeber allein unter dieser Voraussetzung überhaupt zu der regelungsbedürftigen Maßnahme bereit ist und über das „Ob“ der Maßnahme mitbestimmungsfrei entscheiden kann. (Fitting § 50 Rn. 11, 24). Dies gilt auch bei Gegenständen, die der nicht erzwingbaren Mitbestimmung unterfallen, aber teilmitbestimmt sind.
26
b) Grundsätzlich ist die Vergütung von AT Mitarbeitern, die keiner tarifvertraglichen Vergütungspflicht unterliegen keine freiwillige Leistung (vgl. BAG 23.03.2010, 1 ABR 82/08), denn der Arbeitgeber schuldet eine Vergütung jedenfalls nach § 612 BGB. Er kann damit nicht mitbestimmungsfrei entscheiden, ob er die Leistung überhaupt erbringt. Vorliegend handelt es sich jedoch nicht um die Frage, ob der Arbeitgeber die Vergütung erbringt, sondern in welcher Form er diese erbringt. Durch die Zurverfügungstellung eines Dienstwagens erfolgt ein Teil der vertraglichen Vergütung in Form der Zurverfügungstellung des Dienstwagens. Gemäß der arbeitsvertraglichen Regelung haben AT Mitarbeiter bei der Antragsgegnerin zu 2) einen Anspruch auf einen Dienstwagen gemäß der jeweils gültigen Richtlinie „Geschäftswagen für AT-Mitarbeiter“. Die Mitarbeiter können diesen in Anspruch nehmen, sie müssen es jedoch nicht. Wenn sie keinen Dienstwagen in Anspruch nehmen, erhalten sie eine entsprechend höhere Vergütung. Das „Ob“ der Zurverfügungstellung eines Dienstwagens ist mitbestimmungsfrei. Über dieses „ob“ hat die Antragsgegnerin zu 4) zugunsten der Mitarbeiter entschieden. In diesem Zusammenhang hat sie jedoch auch bestimmt, dass die Dienstwagen nach einheitlichen Konditionen konzernweit zur Verfügung gestellt werden und die Organisation und Abwicklung ebenfalls einheitlich über das Flottenmanagement erfolgt. Im Rahmen der Erstellung der jeweiligen Richtlinien wurde kollektivrechtlich stets der Antragsgegner zu 3) beteiligt. Die Antragsgegnerin zu 4) stellt die Dienstwagen nur unter der Voraussetzung zur Verfügung, dass diese gemäß der jeweils geltenden Dienstwagenrichtlinie genutzt werden.
27
c) Selbst wenn man davon ausgeht, dass es sich bei der Dienstwagenregelung um eine teilmitbestimmungspflichtige Maßnahme handelt, ist die Intention der Antragsgegnerin zu 4) dass die AT-Angestellten unternehmenseinheitlich nach einer einheitlichen Struktur und einheitlichen Konditionen im Hinblick auf die Zurverfügungstellung von Dienstwagen behandelt werden sollen. Die Dienstwagen werden den AT-Angestellten je nach Status und Tätigkeit – unabhängig davon, in welchem Betrieb des Konzerns sie eingesetzt werden – zur Verfügung gestellt. Dies implementiert die Intention der Antragsgegnerin zu 4) nach einem festgelegten Schema jedem AT-Mitarbeiter eines bestimmten Status genau dieselben Konditionen zur Bestellung eines Dienstwagens zu gewähren unabhängig davon, in welchem Betrieb oder Unternehmen der … Gruppe er tätig ist. Könnten die einzelnen Betriebsräte die Modalitäten der Dienstwagenrichtlinie gerade im Hinblick auf die Zuzahlung ab einem bestimmten Listenpreis oder ab einer bestimmten Fahrleistung aushandeln, wäre die o.g. Intention der Antragsgegnerin zu 4) nicht mehr umsetzbar.
28
d) Wie bereits das LAG Niedersachsen in seiner Entscheidung vom 31.08.2020 (1 TaBV 102/19) ausführt, kann sich die Frage, ob unterhalb der Schwelle rechtlicher Unmöglichkeit ein zwingender Grund für eine unternehmenseinheitliche Regelung und damit der Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats bzw. wie im vorliegenden Fall des Konzernbetriebsrates nur aus dem Inhalt und Zweck des Mitbestimmungsrechts, welches durch die Maßnahme betroffen ist sowie aus den Verhältnissen in dem betroffenen Unternehmen ergeben.
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e) Je weniger ein Regelungsgegenstand mit den Besonderheiten eines einzelnen Betriebs zu tun hat, desto eher ist der Gesamtbetriebsrat bzw. der Konzernbetriebsrat zuständig. Vorliegend wurde die konzerneinheitliche Entscheidung getroffen die Zurverfügungstellung von Dienstwagen nach unternehmenseinheitlichen Strukturen zu gewähren. Die Antragsgegnerin zu 4) hat diesbezüglich die organisatorischen Maßnahmen ergriffen um einheitliche Strukturen zu schaffen. In dem seitens des Antragstellers vorgelegten Musterarbeitsvertrag wurde hinsichtlich der Dienstwagen ausgeführt, dass die AT-Mitarbeiter einen Dienstwagen nach Maßgabe der jeweils gültigen Richtlinie „Geschäftswagen für AT-Mitarbeiter“ erhalten. Nachdem die Antragsgegnerin zu 2) keine eigene Richtlinie hat, hat wurde bisher die jeweilige Richtlinie der Antragsgegnerin zu 4) angewandt.
30
Auch die Abwicklung erfolgte anhand der Richtlinien einheitlich. So war dies auch bereits vor Inkrafttreten der im Streit stehenden Richtlinie über das sog. „Flottenmanagement“ zentral bei der Antragsgegnerin zu 4) geregelt. Ausweislich der Ausführungen in der mündlichen Verhandlung am 17.11.2021 erfolgt die Umsetzung der Richtlinie über ein einheitliches Programm, in dem die Konditionen entsprechend dem Status der AT-Mitarbeiter hinterlegt sind. Auch sind dort die Firmenrabatte hinterlegt. Eine betriebsbezogene Regelung würde zu einem Flickenteppich an Einzelzuweisungen führen, der weder aus Gleichbehandlungsgründen noch aus abwicklungstechnischen Gründen gewollt ist. So wäre auch eine Umprogrammierung bzw. eine individuelle Berechnung der jeweiligen Zuzahlung notwendig. Eine zentrale Koordinierung durch das Flottenmanagement wäre aufgrund der zahlreichen Einzelregelungen unwirtschaftlich. Eine Verlagerung der Abwicklung der Dienstwagenbestellung auf die betriebliche Ebene würde selbst unter Nutzung des Online-Konfigurators zu einem erheblichen Mehraufwand nicht nur für den Konzern, sondern auch für den jeweiligen Einzelbetrieb führen. Auch könnten eventuell ausgehandelte Rabatte mit Leasinggebern nicht an die einzelnen Betriebe „durchgereicht“ werden, da sie im Zweifel selbst Vertragspartner der jeweiligen Leasinggeber werden müssten. Dies ist jedoch gerade nicht von den Beteiligten gewollt. In den Richtlinien zur Dienstwagennutzung ist auch angegeben, für welchen Adressatenkreis die Richtlinie Geltung hat. So ist beispielsweise auch in der seitens des Antragstellers vorgelegten Richtlinie … unter Nr. 4 „Gegenstand“ angegeben, dass … die Dienstwagen von einer Leasing-Gesellschaft mietet. … bedeutet in diesem Fall … Deutschland. Damit wurde bereits vor Inkrafttreten der im Streit stehenden Richtlinie ein einheitlicher Maßstab zur Dienstwagengewährung auch im Betrieb des Antragstellers umgesetzt. Es gab keine gesonderte betriebsbezogene Regelung. Auch den jeweiligen AT Mitarbeitern war aufgrund der Regelungen in ihren Arbeitsverträgen bekannt, dass es keine individuellen Maßstäbe zur Ausgestaltung der Bedingungen bei der Dienstwagennutzung bei der Antragsgegnerin zu 2) gibt. Mit dieser konzerneinheitlichen Regelung wurde für die AT-Mitarbeiter im Hinblick auf den Lohnbestandteil Dienstwagennutzung eine konzerneinheitliche Vergütungsstruktur entsprechend des Status der jeweiligen Mitarbeiter geschaffen.
31
Es ist darüber hinaus nachvollziehbar, dass die Antragsgegnerin zu 4) im Rahmen ihrer unternehmerischen Organisationsfreiheit einheitliche Regelungen für die Dienstwagennutzung der AT-Mitarbeiter aufstellt. Die Dienstwagen werden von den einzelnen Herstellern geleast. Je einheitlicher die Konditionen sind, desto einfacher können größere Rabatte zwischen Leasinggeber und Leasingnehmer ausgehandelt werden.
32
Auch hat der Regelungsgegenstand mit den Besonderheiten der einzelnen Betriebe der Antragsgegnerin zu 4) nichts zu tun. Der Umstand, dass die Antragsgegnerin zu 2) nicht an die Tarifverträge der bayerischen Metall- und Elektroindustrie, sondern an die Tarifverträge der bayerischen Textil- und Bekleidungsindustrie gebunden ist, hat keine Auswirkungen auf die Zuständigkeit des Antragsgegners zu 4) betreffend die Dienstwagenrichtlinie. Dieser Teilbereich der Lohngestaltung ist unabhängig von dem jeweils einschlägigen Tarifvertrag. Er ist weder an Zeiten der Betriebszugehörigkeit, noch an Tätigkeiten und gemachte Erfahrungen oder Erfolge gebunden. Damit besteht auch keine betriebliche Besonderheit, auf die es bei der Gestaltung der Richtlinie ankommt.
33
Vorliegend liegt keine einseitige, an den Interessen der Antragsgegnerin zu 4) orientierte Regelung vor, sondern diese dient gerade auch den Interessen der außertariflichen Beschäftigten an einer einheitlichen, ihrem Status angemessenen Regelung der Zurverfügungstellung der Dienstwagen. Nur mit dieser einheitlichen Regelung hinsichtlich Obergrenzen, ab der Zuzahlungen zu erfolgen haben und Regelungen ab denen sich die Zuzahlungen erhöhen kann eine Gleichbehandlung der im Konzern betroffenen At Mitarbeiter erzielt werden.
34
Damit steht dem Antragsteller kein Mitbestimmungsrecht gem. § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG betreffend die Dienstwagenrichtlinie zu. Die Antragsgegnerin zu 2) hat nicht in grober Weise gegen betriebsverfassungsrechtliche Pflichten verstoßen bzw. Beteiligungsrechte des Antragstellers missachtet. Ein Unterlassungsanspruch des Antragstellers ist nicht gegeben. Die Anträge waren abzuweisen.