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AG Altötting, Beschluss v. 19.05.2021 – 50 M 162/21
Titel:

Räumungsschutz

Normenkette:
ZPO § 765a Abs. 3
Leitsatz:
Eine besondere sittenwidrige Härte iSd § 765a Abs. 3 ZPO wegen einer Zwangsräumung ist anzunehmen, wenn diese zu einem ganz untragbaren Ergebnis führen würde. (Rn. 3) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Räumungsschutz, Hauptgerichtsvollzieher, Räumungstermin, besondere sittenwidrige Härte, Einliegerwohnung, Interessenabwägung, Zwangsräumung
Rechtsmittelinstanz:
LG Traunstein, Beschluss vom 16.05.2022 – 4 T 1275/21
Fundstelle:
BeckRS 2021, 60725

Tenor

1. Der Antrag der Schuldnerpartei auf Räumungsschutz, gem. S 765 a Abs. 3 ZPO, datiert vom 14.05.2021, bei Gericht eingegangen am 14.05.2021 wird zurückgewiesen.
2. Die Schuldner haben als Gesamtschuldner die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Der Streitwert für das Verfahren wird auf 610.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

1
Der vorgenannte Antrag ist zulässig jedoch unbegründet. Gemäß S. 765 a Abs. 3 ZPO i.V.m. Abs. 1 dieser Vorschrift ist ein Antrag in Räumungsschutzsachen spätestens zwei Wochen vor dem Räumungstermin zu stellen. Mit Eingang des Antrags beim Amtsgericht Altötting am 14.05.2021 (Eingang per Telefax um 12.59 Uhr) wurde die Frist gewahrt.
2
Der von der Hauptgerichtsvollzieherin anberaumte Räumungstermin findet am 28.05.2021 um 7:30 Uhr statt.
3
Nach Auffassung des Gerichts, liegt eine besondere sittenwidrige Härte im Sinne des S. 765 a Abs. 3 ZPO im vorliegenden Fall nicht vor. Es kann nicht nachvollzogen werden, dass die Mutter des Schuldners zu 2) durch die Räumung des nicht geschützten Anteils der Wohnung, in ihrer eigenen geschützten Einliegerwohnung, derart beeinträchtigt würde, dass ein besondere sittenwidrige unbillige Härte im Sinne dieser Vorschrift gegeben wäre. Diese wäre nur dann anzunehmen, wenn die Zwangsräumung zu einem ganz untragbaren Ergebnis führen würde. Siehe hierzu auch Musielak/Voit, Kommentar zu S. 765 a ZPO, 16. Auflage, 2019, Rz. 5. Gründe hierfür sind jedoch nicht ersichtlich.
4
Vielmehr ist ein Interessenabwägung zwischen Gläubigerpartei und Schuldnerpartei vorzunehmen. Ein weiterer Verzicht der Gläubigerpartei auf Zwangsräumung ist für diese nicht mehr hinnehmbar. Auf die bereits vorangegangenen Verfahren des Amtsgerichts Altötting (50 M 325/20 und 1 M 357/20), sowie des Landgerichts Traunstein (4 T 142/21) wird vollumfänglich verwiesen.
5
Der Antrag war aus den vorgenannten Gründen zurückzuweisen.