Titel:
Gutachten, Vergleich, Leistungen, Verletzung, Bewerber, Berufung, Erforderlichkeit, Schriftsatz, Streithelfer, Wohnung, Mangelbeseitigung, Widerspruch, Frist, Verfahrensfehler, Verletzung materiellen Rechts, keine Aussicht auf Erfolg, Verletzung formellen Rechts
Schlagworte:
Gutachten, Vergleich, Leistungen, Verletzung, Bewerber, Berufung, Erforderlichkeit, Schriftsatz, Streithelfer, Wohnung, Mangelbeseitigung, Widerspruch, Frist, Verfahrensfehler, Verletzung materiellen Rechts, keine Aussicht auf Erfolg, Verletzung formellen Rechts
Vorinstanz:
LG München I, Endurteil vom 29.01.2021 – 2 O 15934/19
Rechtsmittelinstanz:
OLG München, Beschluss vom 13.12.2021 – 28 U 1128/21 Bau
Fundstelle:
BeckRS 2021, 60652
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 29.01.2021, Az. 2 O 15934/19, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordern und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
Entscheidungsgründe
I. Urteil des Landgerichts
1
Das Landgericht hat der Klägerin antragsgemäß einen weiteren Kostenvorschuss in Höhe von 225.000,00 € für die Sanierung der Dachgeschosswohnung S.Straße 38 des Miteigentümers K. zugesprochen.
2
Der Anspruch ergebe sich aus Ziffer 7 Satz 6 des zwischen den Parteien in dem früheren Rechtsstreit Az. 2 O 16548/08 geschlossenen Vergleichs vom 12.3.2013, der Mitteilung des Sachverständigen R. vom 8.10.2019 und dessen Kostenschätzung vom 18.7.2019.
3
Nach der vergleichsweisen Regelung in Ziffer 2 Sätzen 7, 10 und 11 obliege dem Sachverständigen als Schiedsgutachter die Beurteilung und letzte Entscheidung über die durchzuführenden Mängelbeseitigungsarbeiten und die zu beauftragenden Firmen, sofern sich die Parteien hierüber nicht einigten.
4
Der Schiedsgutachter habe mit Schreiben vom 8.10.2019 mitgeteilt, dass zur Fortführung der Sanierung der Dachgeschosswohnungen auf der Grundlage des Vergleichs ein weiterer Vorschuss in Höhe von 225.000,00 € erforderlich sei.
5
Im Hinblick auf die vergleichsweise Regelung sei es unerheblich, ob der Beklagte diesen Betrag für angemessen und erforderlich halte.
6
Am Auftrag und der Stellung des Sachverständigen R. als Schiedsgutachter habe sich nichts dadurch geändert, dass das Ingenieurbüro F. + S. den entsprechend Ziffer 2 Sätze 1 und 2 des Vergleichs geschlossenen Ingenieurvertrag mit dem Beklagten gekündigt habe und nunmehr eine entsprechende Beauftragung durch die Klägerin erfolgt sei. Dessen Neutralität sei hierdurch nicht berührt.
7
Es sei nicht ersichtlich, dass der Sachverständige R. seine Befugnisse rechtsmissbräuchlich ausgeübt hätte.
8
Ebenso wenig sei erkennbar, dass die ursprünglichen Gutachten und Feststellungen des Sachverständigen R. nicht mehr die Basis darstellten, auf der die Klägerin die Sanierung durchführen lasse. Die diesbezügliche Behauptung des Nebenintervenienten in dessen Schriftsatz vom 29.6.2020 sei unsubstantiiert, weitere Ausführungen im Schriftsatz vom 4.9.2020 gem. § 296 a ZPO nicht zu berücksichtigen.
9
Letztlich müssten die Vorschüsse abgerechnet werden.
10
Von einem Wegfall der Geschäftsgrundlage wegen Zeitablauf und gestiegener Baukosten ging das Landgericht nicht aus.
11
Eine Kostendeckelung sei im Vergleich nicht enthalten.
II. Berufung des Beklagten
A – Berufungsbegründung des Beklagten
12
Der Beklagte verfolgt seinen erstinstanzlichen Klageabweisungsantrag im Wege der Berufung weiter.
13
Der Beklagte rügt, dass das Landgericht nicht erkannt habe, dass die im Vergleich vom 12.3.2013 normierten Voraussetzungen für einen weiteren Kostenvorschuss nicht vorlägen.
14
Es habe auch die Ausführungen des Streithelfers in dessen Schriftsatz vom 4.9.2020 berücksichtigen müssen.
15
Ein weiterer Kostenvorschuss sei auch deswegen nicht erforderlich, weil die Klägerin die bislang geleisteten Zahlungen des Beklagten für Sanierungsarbeiten aufgewendet habe, die keine Grundlage in den Gutachten vom 8.4.2011 und 29.2.2012 hätten.
16
Zudem verfüge die Klägerin selbst über die erforderliche Liquidität, weshalb die Leistung eines weiteren Vorschusses nicht erforderlich sei.
B – Zu den Rechtsverletzungen (§ 546 Abs. 1 ZPO)
I. Zur Anspruchsgrundlage
17
Die einfache Anforderung eines weiteren Vorschusses durch den Sachverständigen R. begründe keinen entsprechenden Leistungsanspruch der Klägerin.
18
Dies folge bereits aus dem Wortlaut der Regelung in Ziffer 7 Satz 6 des Vergleichs vom 12.3.2013. Hieraus ergebe sich, dass Voraussetzung einer Vorschusspflicht eine ordnungsgemäße und inhaltlich richtige Mitteilung des Sachverständigen R. und kumulativ die Erforderlichkeit einer weiteren Vorschusszahlung sei. An beiden Voraussetzungen fehle es.
1. Zur Mitteilung des Sachverständigen R. vom 8. Oktober 2019
a) Keine Befugnis des Sachverständigen R. zur einseitigen Vorschussanforderung
19
Die Regelungen unter Ziffer 7. des Vergleichs würden entgegen der Auffassung des Landgerichts keine einseitige Bestimmung der Erforderlichkeit eines weiteren Kostenvorschusses durch den Sachverständigen R. vorsehen, ebenso wenig die Regelungen unter Ziffer 2. Sätze 7, 10 und 11.
20
Auch habe das Landgericht übersehen, dass die Parteien dem Sachverständigen R. in Ziffer 2. Satz 8 des Vergleichs verbindliche Vorgaben zu den Kosten der im Einzelnen zu beauftragenden Arbeiten gemacht hätten.
21
Hieraus folge, dass die Parteien den Sachverständigen R. nicht eigenständig und einseitig über die Kosten der durchzuführenden Sanierungsmaßnahmen hätten bestimmen lassen wollen. Die Annahme eines gegenteiligen Willens der Parteien komme quasi einer Neubestimmung des Gesamtkostenrahmens für die Sanierung gleich.
22
Die beiden Gutachten des Sachverständigen R. vom 8.4.2011 und 29.2.2012 enthielten bereits verbindliche Angaben zu den Kosten der Sanierungsarbeiten.
b) Inhaltliche Unrichtigkeit der Mitteilung vom 8. Oktober 2019
23
Das Schreiben des Sachverständigen R. vom 8.10.2019 sei inhaltlich unrichtig.
24
Die dem Schreiben beigefügte Kostenschätzung für die Dachgeschosssanierung im Hause S. Straße 38 habe auf den Sanierungskosten für die Dachgeschosswohnungen in der S. Straße 32 – 36 basiert. Bei der Sanierung dieser Wohnungen habe die Klägerin jedoch Sanierungsarbeiten durchführen lassen, die keine Grundlage im Vergleich vom 12.3.2013 gehabt hätten. Hierzu habe der Streithelfer umfassend mit Schriftsatz vom 4.9.2020 Stellung genommen, den das Landgericht jedoch fälschlicherweise nicht berücksichtigt habe.
2. Erforderlichkeit der Vorschusszahlung
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Bei der Prüfung der Erforderlichkeit der Vorschusszahlung habe das Landgericht nicht berücksichtigt, dass die Klägerin selbst über eine entsprechende Liquidität verfüge.
II. Zum Wegfall der Geschäftsgrundlage
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Der Beklagte habe sich wegen der Kündigung des Ingenieurvertrages und den erheblichen Kostensteigerungen zu Recht auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage berufen. Ein Festhalten am Vergleich sei ihm nicht zuzumuten.
1. Auswirkungen der Kündigung des Ingenieurvertrages
a) Wegfall der vertraglichen Rechte des Beklagten
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Die Argumentation des Landgerichts sei widersprüchlich.
28
Die Neutralität des Sachverständigen sei wegen der nunmehr ins Gegenteil verkehrten Vertragssituation nicht mehr gewährleistet, wie bereits im Schriftsatz vom 6.7.2020 dargelegt.
b) Kein Abschluss eines gleichwertigen Vertrages zwischen der Klägerin und dem Ingenieurbüro
29
Entgegen der Annahme des Landgerichts räume der „neue Vertrag“ zwischen der Klägerin und dem Ingenieurbüro dem Beklagten gerade nicht die gleichen Rechte ein, die diesem auf der Grundlage des gekündigten Vertrages zur Seite gestanden hätten, wie im Schriftsatz vom 6.7.2020 dargelegt.
2. Zu den Kostensteigerungen
a) Entwicklung der Baukosten seit Vergleichsschluss
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Entgegen der Auffassung des Landgerichts seien die exorbitanten Baukostensteigerungen auch nicht auf stark gestiegene Baukosten zurückzuführen. Während die Baukostensteigerung zwischen 4% und 5% betrage, werde vorliegend nach der Kostenschätzung des Sachverständigen eine Kostensteigerung von 200% in Ansatz gebracht.
b) Kostenprognose der Sachverständigengutachten
31
Zwar sei es richtig, dass der Vergleich keine Kostendeckelung enthalte.
32
Dies bedeute jedoch nicht, dass der Beklagte unbegrenzt für sämtliche Kosten einstehen habe wollen. Die beiden Sachverständigengutachten vom 8.4.2011 und 29.2.2012 und die dort dargestellten Kostenprognosen seien zum Gegenstand des Vergleichs gemacht worden.
33
Das Gleichgewicht des Vergleichs sei gestört und bedürfe der Korrektur.
34
Bereits die von der Klägerin selbst prognostizierten Gesamtkosten in Höhe von 1.800.000,00 € belegten, dass es sich um Kosten und Arbeiten handle, die keine Grundlage in den beiden Sachverständigengutachten hätten.
III. Berücksichtigung des Schriftsatzes des Streithelfers vom 4. September 2020
35
Das Landgericht habe den Schriftsatz des Streithelfers vom 4.9.2020 zu Unrecht nicht berücksichtigt. In seinem Schriftsatz habe der Streithelfer direkt Stellung zu den Ausführungen der Klägerin in deren verspäteten Schriftsatz genommen. Hierfür beruft sich der Beklagte auf § 283 Satz 2 ZPO.
36
Die Klägerin habe keinen weiteren Kostenvorschussanspruch gegen den Beklagten.
37
Die Klägerin verfüge selbst über ausreichende Liquidität.
38
Die bislang durch die Klägerin durchgeführten Sanierungsarbeiten hätten keine Grundlage im Vergleich vom 12.3.2013 und dürften bei der Frage, ob ein weiterer Vorschuss erforderlich sei, nicht berücksichtigt werden.
39
Zudem sei die Geschäftsgrundlage für die Durchsetzung eines solchen Anspruchs aufgrund der Kündigung des Ingenieurvertrages weggefallen.
B – Berufungsbegründung des Streithelfers des Beklagten, Dipl. -Ing. L.
40
Ziel des Streithelfers ist eine Abänderung des Ersturteils und Abweisung der Klage gegen den Beklagten. Ferner stellt er Zurückverweisungsantrag. Hilfsweise wird die Zulassung der Revision beantragt.
41
Der Streithelfer rügt eine Rechtsverletzung sowie unrichtige bzw. unvollständige Tatsachenfeststellung durch das Landgericht. Das Landgericht habe Sachvortrag und Beweisangebote des Beklagten und des Streithelfers zu Unrecht nicht berücksichtigt.
I. Erstinstanzliches Urteil und Verfahren
42
Der Streithelfer fasst das erstinstanzliche Urteil und Verfahren zusammen.
1. Entscheidungserhebliche Rechtsverletzungen, §§ 513 Abs. 1 1. Alt., 546 ZPO
43
Der Streithelfer gibt erneut den wesentlichen Inhalt der Entscheidungsgründe des Ersturteils wieder und stellt den Verfahrensablauf dar.
44
aa) Der Streithelfer rügt die Verletzung materiellen Rechts.
45
Das Landgericht habe verkannt, dass die Parteien den Sachverständigen R. nicht zum Schiedsgutachter erhoben hätten. Auch wenn man ihn als Schiedsgutachter ansehe, könne dies nicht dazu führen, dass dieser die Grundsätze der §§ 315 ff BGB hinsichtlich der Billigkeit der von ihm getroffenen Bestimmungen nicht zu beachten hätte und dass das Ergebnis seiner Beurteilungen keiner rechtlichen Überprüfung unterzogen werden könnte, wenn eine Partei diese Maßnahmen als nicht der Billigkeit entsprechend ansehe.
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Wenn sich die Klägerin als Gläubigerin des Vergleichs auf ein nachträgliches Leistungsbestimmungsrecht hinsichtlich des Umfangs der erforderlichen Mängelbeseitigungsarbeiten auf der Grundlage einer geänderten Ansicht des Sachverständigen hinsichtlich des Umfangs der erforderlichen Maßnahmen berufe und der Schuldner dem widerspreche, müsse das Gericht prüfen, ob das von der Klägerin Geforderte der Billigkeit entspreche.
47
Bei zutreffender rechtlicher Würdigung habe das Landgericht eine sachverständige Überprüfung auf der Grundlage der differenzierten Analysen des Streithelfers veranlassen müssen.
48
bb) Der Streithelfer rügt die Verletzung formellen Rechts.
49
(1) Das Landgericht habe den differenzierten Sachvortrag des Streithelfers in dessen Schriftsatz vom 4.9.2020 rechtsfehlerhaft nicht berücksichtigt.
50
(2) Der Streithelfer rügt die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör.
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Er sei aufgrund der ihm eingeräumten Schriftsatzfrist dazu berechtigt gewesen, den Sachverhalt entgegen dem Vortrag der Klägerin in deren Schriftsatz vom 3.7.2020 differenzierter und detaillierter darzustellen und unter Beweis zu stellen. Das Landgericht habe über den entscheidungserheblichen Vortrag des Streithelfers in dessen fristgerechtem Schriftsatz vom 4.9.2020 nicht hinweggehen dürfen.
52
Der Verfahrensfehler des Landgerichts sei auch entscheidungserheblich. Wenn das Landgericht dem Streithelfer nicht nur formal, sondern auch inhaltlich rechtliches Gehör gewährt hätte, hätte es sich mit dem Widerspruch zwischen der Anforderung des Sachverständigen R. vom 8.10.2019 nebst dessen Kostenschätzung vom 18.7.2019 und dessen Feststellungen aus den Gutachten vom 8.4.2011 und 29.2.2012, die für den Vergleichsabschluss vom 12.3.2013 maßgeblich gewesen seien, auseinandersetzen müssen. Es sei nicht auszuschließen, dass das Landgericht, hätte es den Schriftsatz des Streithelfers vom 4.9.2020 berücksichtigt, zu einer anderen Entscheidung gekommen wäre.
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(3) Der Streithelfer rügt einen Verstoß des Landgerichts gegen die Erörterungs-, Frage- und Hinweispflicht.
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Das Landgericht habe weder dem Beklagten noch dem Nebenintervenienten einen Hinweis erteilt, wonach der Vortrag des Streithelfers in dessen Schriftsatz vom 29.6.2020 pauschal, unsub-stantiiert und einem Beweis nicht zugänglich sei. Im Falle eines entsprechenden Hinweises hätte der Streithelfer bzw. der Beklagte Schriftsatzfrist beantragt, um sich sodann wie im Schriftsatz vom 4.9.2020 geschehen, zu äußern. Hierauf beruhe das Urteil, da nicht auszuschließen sei, dass das Landgericht, hätte es den Schriftsatz des Streithelfers vom 4.9.2020 berücksichtigt, zu einem für den Beklagten günstigeren Urteil gelangt wäre.
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2. Unrichtige und unvollständige Tatsachenfeststellung, §§ 513 Abs. 1 2. Alt. 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Der Streithelfer rügt für den Beklagten die unrichtige Tatsachenfeststellung im Ersturteil.
a) Festgestellte Tatsachen im ersten Rechtszug
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Dieser Abschnitt enthält keine Berufungsrüge
b) Konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Tatsachenfeststellung begründen
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Das Landgericht habe fehlerhaft streitigen Sachvortrag als unstreitig zugrunde gelegt.
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Obwohl der Streithelfer in seinem Schriftsatz vom 4.9.2020 unter Beweisantritt vorgetragen habe, dass die nunmehr vom Sachverständigen R. als notwendig angesehenen Leistungen nicht von dessen ursprünglicher Begutachtung, welche für den Vergleichsabschluss maßgeblich gewesen sei, umfasst seien, habe das Landgericht diesen Vortrag zu Unrecht als verspätet erachtet und den streitgegenständlichen Umfang der Sanierung nicht als streitig angesehen. Auch habe das Landgericht bereits den entscheidungserheblichen Beweisantrag des Streithelfers in dessen Schriftsatz vom 29.6.2020 übergangen.
c) Gebot neuer Feststellungen
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Da die bereits in erster Instanz gebotene Beweiserhebung durch Erholung eines Sachverständigengutachten zum Umfang der tatsächlich für die Sanierung der Wohnung Nr. 38 erforderlichen Maßnahmen unterblieben sei und die konkrete Möglichkeit eines anderen Beweisergebnisses bestehe, sei eine Beweiserhebung durch das Berufungsgericht darüber geboten, ob die Art und Weise und der Umfang der von der Klägerin begehrten Sanierung nicht mehr auf den Feststellungen des Sachverständigen R. in dessen Gutachten vom 8.4.2011 und 29.2.2012 beruht.
III. Bezugnahme auf den erstinstanzlichen Vortrag
IV. Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung
V. Revisionszulassungsantrag
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Der Streithelfer stützt die Berufungsbegründung für den Beklagten auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
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Soweit das Landgericht dem Einwand des Beklagten bzw. des Streithelfers zu dem geänderten Umfang der erforderlichen Mangelbeseitigung bezüglich der Wohnung Nr. 38 gemäß Kostenschätzung des Sachverständigen R. vom 18.7.2019 und der darauf basierenden Anforderung vom 8.10.2019 gegenüber den Feststellungen des Sachverständigen R. in dessen Gutachten vom 8.4.2011 und 29.2.2012 nicht nachgegangen sei, liege eine fehlerhafte Rechtsanwendung vor.
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Diese liege sowohl in einem Verstoß gegen verfahrensrechtliche Vorschriften als auch in der fehlerhaften Anwendung materiellen Rechts.
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Das Landgericht habe seine Hinweispflicht gem. § 139 ZPO und den Anspruch des Beklagten und seines Streithelfers auf rechtliches Gehör verletzt, worauf das Ersturteil beruhe.
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Auch bestünden erhebliche Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der landgerichtlichen Feststellungen in Bezug auf den erforderlichen Mangelbeseitigungsaufwand, welche eine erneute Feststellung durch das Berufungsgericht oder das Erstgericht gebieten würden.
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Das Ersturteil sei aufzuheben. Die fehlende Beweisaufnahme sei durch das Berufungsgericht oder nach Zurückverweisung durch das Landgericht nachzuholen.
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Der Sachverständige R. habe seine Einschätzung hin zu höheren Kosten erst zu dem Zeitpunkt geändert, als ihm der Beklagte den Auftrag entzogen habe, hierfür hätten sachliche Gründe keine Rolle gespielt.
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Die Entscheidung sei auch für die Sanierung weiterer Einheiten von Bedeutung.
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Bei der streitgegenständlichen Mangelbeseitigung der Einheit Nr. 38 hätten sich die Kosten gegenüber der ursprünglichen Begutachtung nahezu verdreifacht.
III. Stellungnahme der Klägerin vom 19.5.2021
(Anmerkung: Dieser Schriftsatz stellt noch keine förmliche Berufungserwiderung dar, da der Senat der Klägerin hierfür noch keine Frist gesetzt hatte)
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Ziel der Klägerin ist die Zurückweisung der Berufung des Beklagten.
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Der Beklagte zeige keine Rechtsfehler auf.
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Die Geschäftsgrundlage des gerichtlichen Vergleichs vom 12.3.2013 sei nicht weggefallen. Die Voraussetzungen dieses Vergleichs seien im Ersturteil berücksichtigt worden. Das Landgericht habe die ZPO richtig angewendet.
I. Zur Berufungsbegründung des Beklagten im Schriftsatz vom 03.05.2021
72
1. Die Klägerin bezieht sich dafür, wie es zum Abschluss des streitgegenständlichen Vergleichs gekommen sei, auf ihren erstinstanzlichen Sachvortrag im Schriftsatz vom 16.4.2020 und die Anlage K 15.
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Ausgangspunkt hierfür sei ein Vorschlag des Beklagten gewesen, welcher damals besonderes Vertrauen zum Sachverständigen R. gehabt habe.
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2. Inhalt des Vergleichs sei, dass der Sachverständige R. über sein Ingenieurbüro F. + S. die Sanierung der Wohnungen durchführen sollte. Hierzu sei als Musterwohnung die Dachgeschosswohnung des Beklagten S. Straße 44 einvernehmlich festgelegt und der Erfolg der Sanierung ausgetestet worden. Die Sanierung der übrigen Wohnungen sollte in gleicher Weise erfolgen. Die Parteien hätten sich einvernehmlich der Möglichkeit begeben, selbst Sanierungsmaßnahmen zu ergreifen oder einseitig Maßnahmen zu bestimmen, dies sei Aufgabe des Sachverständigen R., der auch bei Meinungsverschiedenheiten als Schiedsgutachter fungiere.
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Dieser ursprüngliche Vorschlag des Beklagten habe seinen Niederschlag im gerichtlichen Vergleich gefunden.
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Allein der Sachverständige R. bestimme Art und Umfang der Sanierungsarbeiten, dieser sei auch gewährleistungspflichtig.
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3. Das Landgericht habe die Anspruchsgrundlage für den geforderten Vorschuss zu Recht aus Ziffer 7 Satz 6 des Vergleichs entnommen.
78
Nach dem klaren Vergleichswortlaut könne der Sachverständige einen weiteren Vorschuss anfordern. Insoweit habe er auch die Erforderlichkeit einzelner Maßnahmen und die dafür erforderlichen Kosten zu bestimmen. Er sei der Einzige, der dies fachkundig beurteilen könne.
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4. Das Landgericht habe zutreffend festgestellt, dass der Vergleich keine Kostenprognose bzw. Kostenbegrenzung enthalte. Die Höhe der erforderlichen Sanierungskosten sei bei Vergleichsabschluss nicht abzuschätzen gewesen.
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Der anwaltliche Vertreter des Beklagten habe versichert, dass eine Kostenbegrenzung nicht beabsichtigt sei, da auch der Beklagte ein Interesse an einer fachgerechten Sanierung habe.
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Auch die Kostenschätzungen in den beiden Gutachten enthielten keine verbindlichen Angaben über die Kosten der Sanierung, sie seien vielmehr das Ergebnis einzelner Bauteilöffnungen in zwei der acht Wohnungen gewesen, wobei das gesamte Ausmaß der Mängel damals nicht ersichtlich gewesen sei.
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Das entsprechend dem Vergleich entwickelte Sanierungskonzept für die Musterwohnung S. Straße 44 habe bis heute Gültigkeit, allerdings seien die Baukosten zwischenzeitlich gestiegen.
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5. Die Kostenschätzung des Sachverständigen R. sei richtig.
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Diese basiere auf den Kosten, die im Rahmen des sog. II. Bauabschnitts, der Sanierung der Dachgeschosswohnungen S. Straße 32 bis 36 angefallen seien bzw. anfielen. Es sei darauf hingewiesen worden, dass eine Abnahme der Ausweichwohnung S. Straße 40 durch den Sachverständigen R. nicht erfolge.
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Die Behauptung des Beklagten zu einem angeblichen Guthaben der Klägerin werde bestritten.
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6. Die Geschäftsgrundlage des Vergleichs sei nicht entfallen.
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Konkrete Baupreise seien nicht Vergleichsgrundlage geworden.
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Auch der Umstand, dass das Ingenieurbüro F. + S. aufgrund unzumutbaren Verhaltens des Beklagten den formal mit diesem geschlossenen Ingenieurvertrag gekündigt habe, entziehe dem Vergleich nicht die Grundlage. Der Beklagte habe dem Ingenieurbüro einen wichtigen Kündigungsgrund gegeben, wie im Verfahren 9 U 1691/19 bestätigt worden sei.
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Dem Unterzeichner sei es gelungen, den Sachverständigen R. zu überreden und einen Ingenieurvertrag abzuschließen. Das Landgericht habe in seinem Urteil richtig ausgeführt, dass es sich hierbei letztlich nur um eine Formalie handle. Die Rechtsstellung des Beklagten habe sich dadurch nicht geändert, er habe auch zuvor nicht einseitig bestimmen können, welche Arbeiten beauftragt und durchgeführt werden.
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7. Weder die Parteien noch der Sachverständige R. könnten die Kostensteigerungen beeinflussen.
91
Es gehe nicht nur um eine statistische Kostensteigerung am Bau. Letztlich seien die Preise der Bewerber entscheidend, auf die Ausschreibungen seien nur wenige Angebote abgegeben worden. Die Kostenschätzungen in den zuvor vom Sachverständigen R. erstellten beiden Gutachten seien nicht maßgeblich.
92
8. Das Landgericht habe den Sachvortrag des Streithelfers der Beklagten vom 4.9.2020 zu Recht gem. § 296 a ZPO nicht berücksichtigt.
93
Der Streithelfer habe lediglich Schriftsatzfrist auf den Schriftsatz der Klägerin vom 3.7.2020 beantragt. Die darüber hinausgehenden Ausführungen in Teil I. des Schriftsatzes des Streithelfers vom 4.9.2020 seien nicht nachgelassen worden und deshalb zu Recht gem. § 296 a ZPO nicht berücksichtigt worden.
94
Es gehe vorliegend nicht um die Ausführungen in Teil II. des Schriftsatzes des Streithelfers vom 4.9.2020. Diese beträfen angebliche Arbeiten des Beklagten in seiner Dachgeschosswohnung S. Straße 40, welche vom Sachverständigen R. nicht abgenommen worden seien und für den vorliegenden Rechtsstreit nicht maßgeblich seien.
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II. Zur Berufungsbegründung des Streithelfers im Schriftsatz vom 03.05.2021
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1. Richtigerweise habe das Landgericht der Klage im vollen Umfang stattgegeben.
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2. Die in den beiden Verfahren Az. 2 O 16548/08 und 18 OH 19642/08 erholten beiden Gutachten des Sachverständigen R. stellten keine Sanierungskonzepte dar.
98
Das Sanierungskonzept sei vielmehr erst im Rahmen der Sanierung der Musterwohnung S. Straße 44 entwickelt worden, wie im Vergleich vorgesehen. Erst während des Laufs der Vergabeverhandlungen für den Bauabschnitt II habe der Beklagte gemeint, man könne den vorhandenen Bodenaufbau zur Kosteneinsparung belassen, ohne ein tragfähiges alternatives Sanierungskonzept vorzulegen, dies sei vom Sachverständigen R. und Ingenieurbüro F. + S. abgelehnt worden. Die Klägerin bezieht sich auf die Anlagen K 19 und 20. Diese seien als Schiedsspruch im Sinne des Vergleichs zu werten.
99
3. Das Landgericht habe den neuen Sachvortrag des Streithelfers in dessen Schriftsatz vom 3.7.2020 (Anmerkung: es dürfte der Schriftsatz vom 4.9.2020 gemeint sein) Teil I. zu Recht als verspätet zurückgewiesen.
100
Es komme aber auch nicht entscheidungserheblich darauf an, was der Beklagte eigenmächtig an der Wohnung S. Straße 40 habe ausführen lassen, weshalb auch der Anspruch auf rechtliches Gehör nicht verletzt sei.
101
4. Den Tatbestandsberichtigungsantrag des Streithelfers habe das Landgericht zutreffend zurückgewiesen.
102
5. Die Darstellung des Streithelfers, wonach der Sachverständige R. nicht Schiedsgutachter sei, sei nicht nachvollziehbar.
103
Man könne meinen, dass der Streithelfer den Vergleich, dem er selbst zugestimmt habe, nicht kenne.
104
Soweit der Streithelfer § 315 Abs. 3 BGB bemühe, bleibe er pauschal und verkenne, dass ein bestimmtes Vorgehen im Vergleich festgeschrieben worden sei. Nach Abschluss der Arbeiten an der Musterwohnung S. Straße 44 sei einvernehmlich entschieden worden, diese Art der Sanierung auch für die übrigen Wohnungen beizubehalten. Beklagtenseits vorgeschlagenen Einsparungsmöglichkeiten habe der Sachverständige als Schiedsgutachter, vom Vergleich gedeckt, eine Absage erteilt (Anlagen K 20, 2).
105
Ein Verstoß gegen die richterliche Hinweispflicht liege nicht vor, da die Ausführungen des Streithelfers in dessen Schriftsatz vom 4.9.2020, Teil I, nicht geeignet seien, das einvernehmlich festgelegte und an der Musterwohnung erprobte Sanierungskonzept in Zweifel zu ziehen.
106
6. Das Landgericht habe die Tatsachen nicht unrichtig bzw. unvollständig festgestellt.
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Es habe die Ausführungen des Streithelfers zu Recht als unsubstantiiert und einer Beweisaufnahme nicht zugänglich bezeichnet.
108
Da die beiden zuvor vom Sachverständigen erstellten Gutachten keine Sanierungskonzepte darstellten, sei schon der Ausgangspunkt der Überlegungen des Streithelfers unzutreffend.
IV. Einschätzung des Senats
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Die Berufung des Beklagten hat keine Aussicht auf Erfolg.
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Ausschließlich zur besseren Übersichtlichkeit werden die Gliederungen und Überschriften der Berufungsbegründung des Beklagten sowie des Schriftsatzes seines Streithelfers vom 3.5.2021 übernommen.
A – Zur Berufungsbegründung des Beklagten
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Das Landgericht hat zutreffend entschieden, dass die im Vergleich vom 12.3.2013 vereinbarten Voraussetzungen für einen weiteren Kostenvorschuss für die Sanierung der Wohnung Nr. 38 vorliegen.
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Es hat die Ausführungen des Streithelfers in dessen Schriftsatz vom 4.9.2020 zu Recht gem. § 296 a ZPO unberücksichtigt gelassen, soweit sie über eine Erwiderung auf den Schriftsatz der Klägerin vom 3.7.2020 hinausgingen. Außerdem war der Sachvortrag des Streithelfers zu den beklagtenseits in der Wohnung Nr. 40 vorgenommenen Sanierungsarbeiten nicht entscheidungserheblich.
113
Der Einwand des Beklagten, wonach die Klägerin die bisher geleisteten Zahlungen für Sanierungsarbeiten aufgewendet habe, die keine Grundlage in den Gutachten vom 8.4.2011 und 29.2.2012 hätten, ist derart pauschal, dass auf ihn nicht eingegangen werden kann.
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Auf die eigene Liquidität der Klägerin kommt es nach dem Inhalt des Vergleichs nicht an.
B – Zu den Rechtsverletzungen (§ 546 Abs. 1 ZPO)
I. Zur Anspruchsgrundlage
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Das Landgericht ist zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, dass die im Vergleich vom 12.3.2013 vereinbarten Voraussetzungen für den streitgegenständlichen Vorschussanspruch der Klägerin erfüllt sind.
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Mit dem Landgericht geht auch der Senat davon aus, dass die Parteien die Entscheidung über die Erforderlichkeit der weiteren Vorschusszahlungen dem Sachverständigen R. übertragen haben.
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Es zieht sich wie ein roter Faden durch den Vergleichstext, dass die Parteien alle wichtigen, für die Mängelbeseitigung zu treffenden Entscheidungen, soweit sich die Parteien nicht einigen können, dem Sachverständigen R. als Schiedsgutachter übertragen haben.
118
Dies gilt gem. Ziffer 2 Satz 7 des Vergleichs für die Entscheidung darüber, welche Firmen beauftragt werden, gem. Ziffer 2 Satz 10 für die Entscheidung über die im Einzelnen durchzuführenden Maßnahmen, gem. Ziffer 2 Satz 11 für die Entscheidung darüber, ob bzw. inwieweit nach Abschluss der Arbeiten der Sanierungserfolg durch Blower-Door- und Schallmessungen überprüft wird, gem. Ziffer 2 Satz 12 für die Entscheidung über die technische Abnahme und gem. Ziffer 4 Satz 9 für die Festlegung des zeitlichen Ablaufs der Sanierungen. Gem. Ziffer 7 Satz 3 oblag dem Sachverständigen R. auch die Entscheidung über die Freigabe der Rechnungen zur Zahlungen.
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Soweit der Beklagte in seiner Berufungsbegründung meint, dass die Regelung in Ziffer 2 Satz 8 des Vergleichs zeige, dass die Parteien dem Sachverständigen verbindliche Vorgaben zu den Kosten der im Einzelnen zu beauftragenden Arbeiten gemacht hätten, überzeugt dies nicht. Bereits nach dem Wortlaut werden dem Sachverständigen lediglich „in der Regel“ zu berücksichtigende Vorgaben gemacht, die Entscheidung darüber, ob berechtigte Gründe dafür bestehen, statt des günstigsten Angebots das nächst günstigere zu beauftragen, verbleibt wiederum beim Sachverständigen R. als Schiedsgutachter.
120
Dass die Parteien, wie der Beklagte meint, die Entscheidung über die Erforderlichkeit weiterer Vorschüsse nicht dem Sachverständigen R. als Schiedsgutachter überlassen wollten, geben weder der Wortlaut der Ziffer 7 Satz 5 und 6 des Vergleichs noch die vorgenannte Systematik des Vergleichs, wonach die Parteien jeweils richtungsweisende Entscheidungen, über die sie kein Einvernehmen erzielen können, dem Sachverständigen R. als Schiedsgutachter übertragen haben, her.
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Der Beklagte trägt in seiner Berufungsbegründung auch nicht vor, wem nach seiner Auffassung dann die Entscheidung darüber zukommen soll, ob bzw. in welcher Höhe ein weiterer Vorschuss zu zahlen ist, wenn nicht dem Sachverständigen R. als Schiedsgutachter. Anders als bei Beanstandungen des Beklagten gegen Zahlungen auf vom Sachverständigen R. freigegebene Rechnungen, bei denen der Beklagte gem. Ziffer 7 Satz 4 auf den Rechtsweg verwiesen wird, fehlt für den Fall von Beanstandungen des Beklagten gegen weitere Vorschussanforderungen auch eine entsprechende Regelung im Vergleich.
122
Lediglich ergänzend sei angemerkt, dass die Parteien die Kostenentwicklung der Mangelbeseitigungsarbeiten durch die vorgenannten vergleichsweisen Regelungen weitestgehend in die Hände des Sachverständigen R. als Schiedsgutachter gelegt haben, weshalb es nicht überzeugt, dass diesem gerade die Entscheidung über die Erforderlichkeit weiterer Vorschüsse entzogen sein sollte.
1. Zur Mitteilung des Sachverständigen R. vom 8. Oktober 2019
a) Keine Befugnis des Sachverständigen R. zur einseitigen Vorschussanforderung
123
Wie vorstehend dargelegt, geht der Senat, ebenso wie das Landgericht, davon aus, dass die Parteien dem Sachverständigen R. im Vergleich vom 12.3.2013 die Befugnis erteilt haben, darüber zu entscheiden, ob bzw. inwieweit weitere Vorschusszahlungen zur Mangelbeseitigung erforderlich sind und diese beim Beklagten anzufordern.
124
Soweit der Beklagte in seiner Berufungsbegründung meint, dass die Auslegung des Landgerichts einer Neubestimmung des durch die beiden Gutachten des Sachverständigen R. vom 8.4.2011 und 29.2.2012 verbindlich festgestellten Gesamtkostenrahmens gleichkäme, überzeugt dies nicht.
125
Die Kostenzusammenstellung des Sachverständigen R. in dessen Gutachten vom 29.2.2012 (Anlage B 1), beruht lediglich auf einer Kostenschätzung und sollte nur „einer ersten Orientierung“ (Anlage B 1, Seite 239) dienen. Dasselbe gilt für die Kostenzusammenstellung im Gutachten vom 8.4.2011 (Anlage B 2, siehe Seite 98). Davon, dass sich aus den beiden Gutachten ein verbindlicher Gesamtkostenrahmen ergäbe, kann nicht die Rede sein. Wegen der Bedeutung der beiden Gutachten wird nachfolgend (unter Gliederungspunkt IV. A. B. II. 2.) noch unter dem Aspekt des vom Beklagten behaupteten Wegfalls der Geschäftsgrundlage Stellung genommen werden.
126
Hinzu kommt, dass dem Vergleich an keiner Stelle zu entnehmen ist, dass die Parteien eine „Deckelung“ der Mangelbeseitigungskosten durch die in den beiden Gutachten genannten Beträge vereinbart hätten. Aus der Regelung in Ziffer 1 Satz 1 des Vergleichs vom 12.3.2013 ist lediglich zu entnehmen, dass die in den beiden Gutachten festgestellten Mängel beseitigt werden sollen. Dass die in den Gutachten genannten Beträge eine Kostenobergrenze für die auf den Vergleich zu erbringenden Zahlungen darstellen würden, ist dem Vergleichstext gerade nicht zu entnehmen. Dagegen spricht auch der Umstand, dass in Ziffer 7 des Vergleichs, in dem die Parteien die Thematik Abschlagszahlungen und weitere Vorschüsse geregelt haben, eine derartige Kostenobergrenze weder ausdrücklich noch durch Bezugnahme auf die Kostenschätzungen der beiden Gutachten genannt wird.
b) Inhaltliche Unrichtigkeit der Mitteilung vom 8. Oktober 2019
127
Die diesbezügliche Berufungsrüge des Beklagten nimmt Bezug auf die mit Schriftsatz des Streithelfers des Beklagten vom 4.9.2020 gegen die Richtigkeit der Kostenvorschussanforderung des Sachverständigen R. erhobenen Einwendungen. Hierzu wird nachfolgend unter Gliederungspunkt IV. B. A. II. 1 b) bb) Stellung genommen.
2. Erforderlichkeit der Vorschusszahlung
128
Die Berufungsrüge, wonach das Landgericht zu Unrecht nicht berücksichtigt habe, dass die Klägerin selbst über eine entsprechende Liquidität verfüge, weshalb die Leistung des streitgegenständlichen Kostenvorschusses nicht erforderlich sei, verfängt nicht.
129
Auf den beklagtenseits behaupteten (und durch die Klägerin bestrittenen) Kontostand des „Sparkontos“ der Klägerin kommt es nicht an, da die Klägerin nicht verpflichtet ist, bei der Sanierung mit eigenen Mitteln in Vorleistung zu gehen.
130
Nach der Regelung in Ziffer 7 des Vergleichs vom 12.3.2013 war für die Sanierung ein speziell eingerichtetes Anderkonto des Verwalters einzurichten, auf dessen Stand es für die Frage der Erforderlichkeit weiterer Vorschüsse ankommt. Die Klägerin hatte in ihrer Klageschrift zu dem Restguthaben auf diesem „Sonderkonto DG Sch.“ vorgetragen und das Restguthaben bei der Berechnung des streitgegenständlichen Kostenvorschusses in Abzug gebracht. Der klägerische Sachvortrag zum Stand des vorgenannten Anderkontos wurde beklagtenseits nicht bestritten.
131
II. Zum Wegfall der Geschäftsgrundlage
1. Auswirkungen der Kündigung des Ingenieurvertrages
132
Der Senat ist mit dem Landgericht der Auffassung, dass der Umstand, dass das Ingenieurbüro Förster und Sennewald den mit dem Beklagten geschlossenen Ingenieurvertrag vom 8.2./3.3.2013 mit Schreiben vom 4.7.2017 (Anlage K 3 e) gekündigt hat und anschließend eine entsprechende Beauftragung durch die Klägerin erfolgt ist, die Geschäftsgrundlage des Vergleichs nicht entfallen gelassen hat.
a) Wegfall der vertraglichen Rechte des Beklagten
133
Soweit der Beklagte meint, dass hierdurch seine vertraglichen Rechte weggefallen seien und die Neutralität des Sachverständigen aufgrund der nun ins Gegenteil verkehrten Vertragssituation nicht mehr gewährleistet sei, überzeugt dies nicht.
134
Es erschließt sich bereits nicht, warum der Sachverständige nur dann neutral sein sollte, wenn er durch den Beklagten mit der Sanierungsplanung etc. beauftragt wird und nicht, wenn er diesbezüglich durch die Klägerin beauftragt wird. Ebenso könnte man damit argumentieren, dass der Sachverständige, als er noch durch den Beklagten beauftragt war, im Sinne des Beklagten agiert hätte und die Klägerin keine vertraglichen Rechte gehabt habe. Im Übrigen ist der Schiedsgutachter auch dann gegenüber beiden Parteien verpflichtet, wenn, wie im vorliegenden Fall, der Schiedsgutachtervertrag nur von einer Partei der Schiedsgutachtenabrede geschlossen wird (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 17.1.2013, Az.: III ZR 10/12).
135
Das Landgericht hat auch zu Recht ausgeführt, dass der gemäß Ziffer 2 Satz 1 und 2 des Vergleichs vom 12.3.2013 mit dem Ingenieurbüro F. und S. geschlossene Vertrag über die Planung, Ausschreibung, Bauüberwachung und technische Abnahme nach der vergleichsweisen Regelung „auch aus steuerlichen Gründen“ (so ausdrücklich Ziffer 2 Satz 2 des Vergleichs) zunächst durch den Beklagten als Auftraggeber abzuschließen war.
136
Hieraus ergibt sich jedenfalls, dass es dem Beklagten aus steuerlichen Gründen wichtig war, die Auftraggebereigenschaft gegenüber dem Ingenieurbüro F. und S. innezuhaben und dass dieser Grund so wichtig war, dass die Parteien ihn in den Vergleichstext aufgenommen haben. Mag es auch etwaige andere Gründe für die getroffene vergleichsweise Regelung gegeben haben, so haben die Parteien diese nicht in den Vergleich aufgenommen. Der Vergleichstext spricht daher, wie vom Landgericht richtig und keineswegs widersprüchlich angenommen, dafür, dass formelle, nämlich steuerliche, Gründe für die gewählte vergleichsweise Regelung maßgeblich waren.
137
Soweit der Beklagte in seiner Berufungsbegründung unter Bezugnahme auf seinen Sachvortrag im Schriftsatz vom 6.7.2020 meint, dass der Ingenieurvertrag (Anlage B 6) umfassende Mitspracherechte und Kompetenzen des Beklagten begründet habe und sich hierfür auf die Ziffern 2.1 bis 2.6 des Ingenieurvertrags bezieht, überzeugt auch dies nicht.
138
Welche Ziele mit den beauftragten Leistungen und Pflichten des Auftragnehmers des Ingenieurvertrages erreicht werden sollten, war durch die vorangegangen Gutachten des Sachverständigen R. vorgegeben. Ein Mitspracherecht des Beklagten, wie diese Ziele erreicht werden, ergibt sich aus den Ziffern 2.1 und 2.6 des Ingenieurvertrages gerade nicht, vielmehr lediglich Infor-mations- und Erörterungspflichten des Auftragnehmers. Wie bereits oben dargelegt, hatten die Parteien im Vergleich vom 12.3.2013 alle wichtigen, für die Mängelbeseitigung zu treffenden Entscheidungen, für den Fall, dass sie sich hierüber nicht einigen können, dem Sachverständigen R. als Schiedsgutachter übertragen.
b) Kein Abschluss eines gleichwertigen Vertrages zwischen der Klägerin und dem Ingenieurbüro
139
Die Argumentation des Beklagten, wonach ihm die aufgrund des Ingenieurvertrages (Anlage B 6) nach dessen Ziffern 2.1 bis 2.6 eingeräumten Rechte nun nach dem neuen Ingenieurvertrag zwischen der Klägerin und dem Ingenieurbüro F.und S. nicht mehr zustünden, weshalb die Geschäftsgrundlage des Vergleichs vom 12.3.2013 entfallen sei, überzeugt nicht, da der Beklagte (ebenso wie die Klägerin) im Streitfall, bei den wesentlichen, für die Mängelbeseitigung zu treffenden Entscheidungen aufgrund der vergleichsweisen Regelung in Ziffer 2 Satz 7, 10, 11, 12, Ziffer 4 Satz 9, Ziffer 7 Satz 3 weder nach der alten noch nach der neuen Vertragslage diesbezügliche Entscheidungsbefugnis hatte, denn diese hatten die Parteien dem Sachverständigen R. als Schiedsgutachter übertragen.
2. Zu den Kostensteigerungen
140
Der Senat teilt die Auffassung der Berufung nicht, wonach die Geschäftsgrundlage des Vergleichs aufgrund der Baukostensteigerungen seit Vergleichsschluss entfallen sei.
a) Entwicklung der Baukosten seit Vergleichsschluss
141
Eine allgemeine Baukostensteigerung von 4 – 5%, wie sie der Beklagte in seiner Berufungsbegründung behauptet, würde die Geschäftsgrundlage für den Vergleich sicherlich nicht entfallen lassen.
b) Kostenprognose der Sachverständigengutachten
142
Die Kostensteigerungen gegenüber der Kostenschätzung des Sachverständigen R. in dessen Gutachten vom 29.2.2012 und 8.4.2011 (Anlagen B 1, 2) führen ebenso wenig zu einem Wegfall der Geschäftsgrundlage für den Vergleich, da die darin prognostizierten Kosten nicht Grundlage des Vergleichs geworden sind, § 313 Abs. 1 BGB.
143
Nach dem eindeutigen Wortlaut in Ziffer 1. des Vergleichs vom 12.3.2013 ist es Vergleichsinhalt geworden, dass die in den vorgenannten Gutachten festgestellten Mängel fachgerecht beseitigt werden inklusive der dafür erforderlichen Nebenarbeiten.
144
Nicht Vergleichsinhalt geworden ist, dass die in den vorgenannten Gutachten enthaltenen Kostenschätzungen die Grenze dessen darstellen, was der Beklagte aufgrund des Vergleichs zu zahlen hat. Hiervon ist an keiner Stelle des Vergleichs die Rede, derartiges ergibt sich auch nicht aus dem Gesamtzusammenhang des Vergleichs.
145
Die Kostenprognose der vorgenannten Sachverständigengutachten ist auch nicht Geschäftsgrundlage des Vergleichs geworden.
146
Einseitige Erwartungen einer Partei, die für ihre Willensbildung maßgeblich waren, gehören nur dann zur Geschäftsgrundlage, wenn sie in den dem Vertrag zugrundeliegenden gemeinschaftlichen Geschäftswillen beider Parteien aufgenommen worden sind. Dazu genügt nicht, dass die Partei ihre Erwartungen bei den Vertragsverhandlungen der anderen Partei mitgeteilt hat. Entscheidend ist vielmehr, ob das Verhalten des anderen Teils als bloße Kenntnisnahme oder nach Treu und Glauben als Einverständnis und Aufnahme der Erwartung in die gemeinsame Grundlage des Geschäftswillens zu werten ist (Palandt, BGB, § 313 Rn. 9 m.w.N.).
147
Hierfür ist dem Sachvortrag des Beklagten nichts zu entnehmen.
148
Eine etwaige einseitige Erwartung des Beklagten, dass die in den vorgenannten Gutachten prognostizierten Kosten die Obergrenze dessen darstellen würden, was von ihm maximal aufgrund des Vergleichs gefordert werden kann, würde keine Geschäftsgrundlage darstellen.
149
Der Senat erachtet die Voraussetzungen für eine Vertragsanpassung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage ebenso wie das Landgericht nicht als erfüllt.
150
Der Umstand, dass die von der Klägerin genannten Gesamtkosten weit über den Kosten liegen, welche in den beiden vorangegangenen Gutachten prognostiziert wurden, führt nicht per se dazu, dass die streitgegenständliche weitere Kostenvorschussanforderung offenbar unbillig oder unrichtig wäre. Eine Kostendeckelung ist im Vergleich nicht vereinbart.
III. Berücksichtigung des Schriftsatzes des Streithelfers vom 4. September 2020
151
Die Berufungsrüge, wonach das Landgericht den Schriftsatz des Streithelfers des Beklagten vom 4.9.2020 unter Verstoß gegen § 283 Satz 2 ZPO zu Unrecht nicht berücksichtigt habe, hat keine Erfolgsaussichten.
152
Hierzu wird auf die nachstehenden Ausführungen zu der Berufungsbegründung des Streithelfers des Beklagten unter Gliederungspunkt IV. B. A. II. 1. b) bb) verwiesen.
153
Das Landgericht hat der Klägerin den begehrten Kostenvorschussanspruch zu Recht zugesprochen.
154
Die Klägerin war nach dem Vergleich nicht verpflichtet, eigene Mittel für die Mängelbeseitigung vorzuschießen, weshalb es auf ihre sonstige Liquidität nicht ankommt.
155
Der Sachvortrag des Beklagten und seines Streithelfers, wonach die Klägerin bislang Sanierungsarbeiten habe durchführen lassen, welche keine Grundlage im Vergleich vom 12.3.2013 gehabt hätten, weshalb diese Aufwendungen für die Frage, ob die Leistung eines weiteren Vorschusses erforderlich ist, keine Berücksichtigung finden dürften, wurde vom Landgericht zu Recht gem. § 296 a ZPO zurückgewiesen.
156
Eine Anpassung des Vergleichs wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage ist weder aufgrund der Kündigung des Ingenieurvertrages noch aufgrund der Kostensteigerung im Vergleich zur ursprünglichen Kostenschätzung veranlasst.
B – Zur Berufungsbegründung des Streithelfers des Beklagten, Dipl. -Ing. L.
157
Die Berufung des Beklagten hat auch in Anbetracht der Berufungsrügen seines Streithelfers keine Aussicht auf Erfolg.
I. Erstinstanzliches Urteil und Verfahren
2. Schriftsatz des Nebenintervenienten
3. Verfügungen/Protokolle
4. Tatbestandsberichtigung
158
Dieser Abschnitt enthält keine Berufungsrügen, auf die einzugehen wäre.
1. Entscheidungserhebliche Rechtsverletzungen, §§ 513 Abs. 1 1. Alt., 546 ZPO
159
Dieser Abschnitt enthält keine Berufungsrügen, auf die einzugehen wäre.
aa) Mit dem Landgericht geht auch der Senat davon aus, dass die Parteien die Entscheidung über die Erforderlichkeit der weiteren Vorschusszahlungen dem Sachverständigen R. übertragen haben.
160
Auf die obigen Ausführungen zur Berufung des Beklagten unter Gliederungspunkt IV. A. B. I. wird Bezug genommen.
161
Die Ausführungen des Streithelfers, wonach sich die Klägerin als Gläubigerin des Vergleichs auf ein nachträgliches Leistungsbestimmungsrecht hinsichtlich des Umfangs der erforderlichen Mängelbeseitigung berufe, gehen fehl. Vorliegend geht es gerade nicht um ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht einer Vertragspartei, sondern darum, dass die Parteien, wie oben zur Berufung des Beklagten unter Gliederungspunkt IV. A. B. I. ausführlich ausgeführt, alle wesentlichen, im Zuge der Planung und Durchführung der Mängelbeseitigungsarbeiten zu treffenden Entscheidungen, über die keine Einigkeit erzielt werden kann, dem Sachverständigen R. als Schiedsgutachter übertragen haben.
162
Soweit der Streithelfer der Beklagten meint, dass die Entscheidungen des Sachverständigen R. den Grundsätzen der Billigkeit entsprechen müssten und rügt, dass es das Landgericht fehlerhaft unterlassen habe, auf seine Einwendungen hin eine sachverständige Überprüfung zu veranlassen, hat seine Berufungsrüge keine Aussicht auf Erfolg.
163
Auf die im Vergleich vom 12.3.2013 getroffene Vereinbarung über die Hinzuziehung des Sachverständigen R. als Schiedsgutachter sind die §§ 317 bis 319 BGB anwendbar.
164
Dem Vergleich ist nicht zu entnehmen, dass die Parteien § 319 BGB abbedungen hätten. Hieraus folgt, dass die durch den Schiedsgutachter getroffene Bestimmung für die Parteien nur dann nicht verbindlich wäre, wenn sie offenbar unbillig wäre, § 319 Abs. 1 Satz 1 BGB. Einfache Unbilligkeit, wie bei der Bestimmung der Leistung durch eine Partei, § 315 Abs. 2 Satz 1 BGB reicht hierfür nicht aus.
165
Die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen ist bei offenbarer Unbilligkeit unverbindlich. Diese liegt vor, wenn die Bestimmung in grober Weise gegen Treu und Glauben verstößt und sich die Unbilligkeit, wenn auch nicht jedermann, so doch einem sachkundigem und unbefangenen Beobachter sofort aufdrängt (Palandt, BGB, 80. Auflage 2021, § 319 Rn. 3). Entsprechendes würde gelten, wenn man von der vergleichsweisen Vereinbarung eines Schiedsgutachtens im engeren Sinne ausginge, welches unverbindlich wäre, wenn es offensichtlich unrichtig wäre (siehe hierzu Palandt, a.a.O. Rn. 4).
166
Die Beweislast für die offenbare Unbilligkeit oder Unrichtigkeit trägt die Partei, die sie behauptet. Erforderlich ist ein substantiierter und schlüssiger Tatsachenvortrag, aus dem sich die offenbare Unbilligkeit (Unrichtigkeit) ergibt (Palandt, a.a.O. Rn. 7). Hieran fehlt es im vorliegenden Fall.
167
Soweit sich der Streithelfer auf seine „detaillierten und differenzierten Analysen“ bezieht, geht der Senat davon aus, dass die Ausführungen im Schriftsatz vom 4.9.2020, Teil I, gemeint sind.
168
Diese hat das Landgericht jedoch, wie nachfolgend unter Gliederungspunkt IV. B. A. 1. b) bb) und 2) noch ausgeführt wird, zu Recht gem. § 296 a ZPO unberücksichtigt gelassen.
169
bb) Mit seiner Rüge der Verletzung formellen Rechts dringt der Streithelfer nicht durch.
170
(1) Das Landgericht hat den Schriftsatz des Streithelfers vom 4.9.2020 (Bl. 114/137 d.A.) zu Recht gem. § 296 a ZPO nicht berücksichtigt.
171
(2) Entgegen der Auffassung des Streithelfers hat das Landgericht dessen Anspruch auf rechtliches Gehör nicht verletzt.
172
Die Berufungsrüge, wonach das Landgericht den Schriftsatz des Streithelfers des Beklagten vom 4.9.2020 unter Verstoß gegen § 283 Satz 2 ZPO zu Unrecht nicht berücksichtigt habe, hat keine Erfolgsaussichten.
„Kann sich eine Partei in der mündlichen Verhandlung auf ein Vorbringen des Gegners nicht erklären, weil es ihr nicht rechtzeitig vor dem Termin mitgeteilt worden ist, so kann auf ihren An – trag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann; gleichzeitig wird ein Termin zur Verkündung der Entscheidung anberaumt. Eine fristgemäß eingereichte Erklärung muss, eine verspätet eingereichte Erklärung kann das Gericht bei der Entscheidung berücksichtigen.“
174
Der Schriftsatz der Klagepartei vom 3.7.2020 (Bl. 77/83 d.A.) war dem Beklagten und dessen Streithelfer ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 7.7.2020 (Bl. 97/99 d.A.) nicht rechtzeitig und vollständig vor dem Termin übermittelt worden. Daraufhin beantragten der Beklagte und sich ihm anschließend der Streithelfer des Beklagten hierauf die Gewährung einer Schriftsatzfrist, welche ihnen durch das Landgericht bis 21.8.2020 gewährt wurde, gleichzeitig bestimmte das Landgericht Termin zur Verkündung einer Entscheidung auf den 18.9.2020. Auf Antrag des Streithelfers verlängerte das Landgericht die Schriftsatzfrist bis 4.9.2020. Der Schriftsatz des Streithelfers des Beklagten vom 4.9.2020 (Bl. 114/137 d.A.) ging am selben Tag und somit fristgerecht beim Landgericht ein.
175
Dennoch hat das Landgericht die Ausführungen des Streithelfers des Beklagten im Schriftsatz vom 4.9.2020 nach Schluss der mündlichen Verhandlung am 7.7.2020 zu Recht gem. § 296 a ZPO unberücksichtigt gelassen.
176
Der Streithelfer hatte in seinem Schriftsatz vom 29.6.2020 (Bl. 72/76 d.A.) unter Beweisangebot vorgetragen, dass die Wohnung Nr. 40 nach den ursprünglichen Vorgaben des Sachverständigen R. gemäß dessen Gutachten in den Vorverfahren saniert worden sei, dass damit eine vollständige Sanierung und ein ausreichender Schallschutz erreicht worden sei und dass der nun mit der Klage verfolgte Sanierungsumfang nicht dem entspreche, was der Sachverständige ursprünglich für erforderlich angesehen habe und folglich nicht erforderlich sei.
177
Die Klagepartei hat hierzu mit Schriftsatz vom 3.7.2020 (Bl. 77/83 d.A.) Stellung genommen und vorgetragen, dass es sich bei der Wohnung Nr. 40 tatsächlich um die Ausweichwohnung handle, die nach dem Vergleich zuletzt saniert werden solle, dass der Beklagte diese Wohnung jedoch außerhalb des Vergleichs eigenmächtig selbst saniert habe und bestritten, dass dies nach der ursprünglichen Maßgabe des Sachverständigen R. erfolgt sei sowie dass die Sanierung vollständig erfolgt sei.
178
Der Streithelfer des Beklagten hat die ihm hierauf gewährte Schriftsatzfrist nicht nur dazu genutzt, zum Schriftsatz der Klagepartei vom 3.7.2020 (und vom 21.8.2020) Stellung zu nehmen, sondern überwiegend dazu, seinen eigenen Sachvortrag im Schriftsatz vom 29.6.2020 durch neuen Sachvortrag (Kostengegenüberstellung) und Beweisangebote zu ergänzen (Teil I). Dies war ihm jedoch nicht nachgelassen worden und blieb zu Recht unberücksichtigt.
179
(3) Die Berufungsrüge, wonach das Landgericht gegen § 139 ZPO verstoßen habe, weil es in der mündlichen Verhandlung am 7.7.2020 weder dem Beklagten noch dessen Streithelfer einen Hinweis erteilt habe, dass der Vortrag des Streithelfers in dessen Schriftsatz vom 29.6.2020 noch zu konkretisieren wäre, hat keine Erfolgsaussichten, da es auf den Sachvortrag des Streithelfers zu den Sanierungsarbeiten in der Wohnung Nr. 40 nicht entscheidungserheblich ankam.
180
Ein Beruhen des Ersturteils auf der fehlenden Erteilung eines diesbezüglichen Hinweises scheidet daher aus.
181
Der Beklagte und sein Streithelfer übersehen, dass sich die Parteien im Vergleich vom 12.3.2013 unter Ziffer 2. auf ein bei der Mangelbeseitigung einzuhaltendes Prozedere geeinigt hatten. Dieses sah vor, dass die Planung, Ausschreibung und Bauüberwachung einschließlich der technischen Abnahme durch den Sachverständigen R. zu erfolgen hatte und dass dieser, falls sich die Parteien über hierfür durchzuführende Maßnahmen nicht einigen können, diese ebenfalls durch den Sachverständigen R. als Schiedsgutachter bestimmt werden.
182
Ferner hatten sich die Parteien im Vergleich unter Ziffer 4. darüber geeinigt, dass die Wohnung Nr. 40 im Rahmen der Schadensabwicklung als vorübergehende Unterkunft für die Miteigentümer, deren Wohnungen gerade saniert werden, zur Verfügung steht und dass sie als letzte Wohnung saniert wird.
183
Aus dem eigenen Sachvortrag des Beklagten ergibt sich demgegenüber, dass dieser die Wohnung Nr. 40 unter Missachtung der vorgenannten vergleichsweisen Vereinbarungen eigenmächtig hat sanieren lassen. Die in der Wohnung Nr. 40 vorgenommenen Sanierungsarbeiten und die hierfür angefallenen Kosten können daher kein Maßstab dafür sei, an dem die Billigkeit bzw. Richtigkeit der Kostenvorschussanforderung des Sachverständigen R. zu messen wäre, weshalb es auf die Gegenüberstellung der Sanierungsmaßnahmen und Kosten, wie im Schriftsatz des Streithelfers vom 4.9.2020 dargelegt, nicht entscheidungserheblich ankommt.
2. Unrichtige und unvollständige Tatsachenfeststellung, §§ 513 Abs. 1 2. Alt. 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO
a) Festgestellte Tatsachen im ersten Rechtszug
184
Dieser Abschnitt enthält keine Berufungsrüge, auf die einzugehen wäre.
b) Konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Tatsachenfeststellung begründen
185
Die Berufungsrüge, wonach das Landgericht streitigen Sachvortrag zu Unrecht als unstreitig zugrunde gelegt habe und den Beweisantrag des Nebenintervenienten in dessen Schriftsatz vom 29.6.2020 auf Erholung eines Sachverständigengutachtens übergangen habe, hat keine Erfolgsaussichten.
186
Wie bereits oben dargelegt, waren weder der Sachvortrag des Streithelfers in dessen Schriftsatz vom 29.6.2020 zu den günstigeren Kosten der durch den Beklagten durchgeführten Sanierung der Wohnung Nr. 40 und folglich auch das diesbezügliche Beweisangebot auf Erholung eines Sachverständigengutachtens noch der vom Landgericht richtigerweise als verspätet behandelte Sachvortrag des Streithelfers in dessen Schriftsatz vom 4.9.2020 betreffend die Kostengegenüberstellung entscheidungserheblich.
c) Gebot neuer Feststellungen
187
Entgegen der Auffassung der Berufung war und ist die Erholung eines Sachverständigengutachtens zum Umfang der tatsächlich für die Sanierung der Wohnung Nr. 38 erforderlichen Maßnahmen nicht geboten. Es bleibt bei der Verbindlichkeit der Entscheidung des Schiedsgutachters über die hierfür zu treffenden Maßnahmen und den voraussichtlichen Kostenaufwand.
188
Die Parteien haben die wesentlichen, für die Mangelbeseitigung zu treffenden Entscheidungen für den Fall, dass hierüber keine Einigung erzielt werden kann, im Vergleich auf den Sachverständigen R. als Schiedsgutachter übertragen. Nachdem weder der Beklagte noch dessen Streithelfer eine Unrichtigkeit bzw. Unbilligkeit der diesbezüglichen Entscheidungen des Schiedsgutachters darzulegen vermochten (die Sanierungskosten für die Wohnung Nr. 40 sind dabei kein Maßstab) war und ist dessen Entscheidung über die notwendigen Sanierungsmaßnahmen in der Wohnung Nr. 38 und die sich hieraus ergebende Kostenprognose, welche zu der streitgegenständlichen Kostenvorschussanforderung führte, nicht durch Sachverständigengutachten zu überprüfen.
III. Bezugnahme auf den erstinstanzlichen Vortrag
189
Dieser Abschnitt enthält keine Berufungsrügen, auf die einzugehen wäre.
IV. Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung
190
Über den Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung wurde bereits durch Beschluss des Senats vom 17.5.2021 entschieden.
V. Revisionszulassungsantrag
191
Zum Vorliegen der Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO ist nichts vorgetragen worden.
192
Zusammenfassend ist auszuführen, dass auch der Streithelfer keine Verletzung materiellen und/oder formellen Rechts durch das Landgericht darzulegen vermochte.
193
Das Landgericht hat die Rechtsstellung, welche die Parteien dem Sachverständigen R. als Schiedsgutachter vergleichsweise übertragen haben, richtig bewertet und dessen Entscheidung über die für die Wohnung Nr. 38 erforderlichen Mangelbeseitungsmaßnahmen zu Recht als verbindlich angesehen.
194
Die Ausführungen des Streithelfers zu vergleichsweise erheblich geringeren Sanierungskosten der Wohnung Nr. 40 waren nicht entscheidungserheblich und nicht geeignet, eine offenbare Unrichtigkeit/Unbilligkeit der Entscheidung des Schiedsgutachters darzulegen, einer Beweisaufnahme durch Erholung eines Sachverständigengutachtens bedurfte und bedarf es nicht.
195
Das Landgericht hat seine Hinweispflicht im Hinblick auf den Sachvortrag des Streithelfers in dessen Schriftsatz vom 29.6.2020 nicht verletzt.
196
Tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass der Sachverständige R. es nach der Kündigung des Ingenieurvertrages an der gebotenen Neutralität hätte fehlen lassen, ergeben sich aus dem Sachvortrag des Streithelfers ebenso wenig.
197
Die Rücknahme der Berufung wird angeraten.
198
Hierzu bzw. zur Stellungnahme zu diesem Hinweis besteht Gelegenheit bis zum 03.11.2021.