Titel:
Rechtsmittel gegen Regelungen im rechtskräftig festgestellten Insolvenzplan
Normenkette:
InsO § 66 Abs. 1 S. 2, § 194, § 217 S. 1
Leitsatz:
Ein rechtskräftig festgestellter Insolvenzplan, in dem gem. § 217 S. 1 InsO teilweise von den Regelungen der Insolvenzordnung abweichende Bestimmungen getroffen wurden, ist nicht mehr gerichtlich überprüfbar. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
rechtskräftiger Insolvenzplan, gerichtliche Überprüfung, Auslegung der Schlussrechnung, Änderung der Abschlagsverteilung
Rechtsmittelinstanz:
BayObLG, Beschluss vom 07.09.2022 – 102 VA 192/21
Fundstelle:
BeckRS 2021, 60639
Tenor
Die Anträge der weiteren Beteiligten zu 2) auf Auslegung der Schlussrechnung und der Insolvenzbuchhaltung und auf Berichtigung des Verteilungsverzeichnisses werden zurückgewiesen.
Gründe
1
1. Durch gerichtlich bestätigten Insolvenzplan vom 22.03.2021 wurden von den Gläubigern im vorliegenden Insolvenzverfahren vom Regelverfahren abweichende Regelungen zur Fortführung des Geschäftsbetriebs der Schuldnerin sowie zur besseren und schnelleren Befriedigung der Gläubiger getroffen.
2
Die weitere Beteiligte zu 2) hat unter Tab.-Nr. 66 Forderungen in der Gesamthöhe von 323.278,69 € angemeldet, welche vom Insolvenzverwalter in voller Höhe bestritten wurden. Sie wurden nicht festgestellt. Ein Stimmrecht im Termin zur Erörterung und Abstimmung über den Insolvenzplan vom 29.04.2021 wurde der weiteren Beteiligten nicht gewährt. Sie stimmte als einzige Gläubigerin gegen den Insolvenzplan. Dieser wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Wolfratshausen ebenfalls vom 29.04.2021 bestätigt. Die sofortige Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 2) wurde durch Beschluss des Landgerichts München II vom 14.06.2021 verworfen.
3
Gegen die Forderungen der Gläubigerin, soweit sie tituliert sind, hat der Insolvenzverwalter unstreitig zwischenzeitlich Feststellungsklage erhoben.
4
Im Verteilungsverzeichnis ist die weitere Beteiligte nicht berücksichtigt.
5
Sie erhebt mit Schriftsätzen vom 22.10.2021 und vom 26.11.2021 Einwendungen gegen das Verteilungsverzeichnis und beantragt, im Wege des § 194 InsO mit € 323.278,69 bei der angekündigten Abschlagsverteilung berücksichtigt zu werden und das Verteilungsverzeichnis entsprechend zu korrigieren. Ferner verlangt sie die Auslegung der Schlussrechnung und der Buchhaltung (des Insolvenzverwalters) nebst Belegwesen einschließlich Sach- und Geldkontenblättern.
6
Der Insolvenzverwalter hat hierzu mit Schriftsatz vom 03.11.2021 mitgeteilt, dass er hinsichtlich seines Widerspruchs zu Tabellennummer 66 eine Feststellungsklage erhoben habe und eine Berücksichtigung der Forderung im Rahmen der nunmehr vorzunehmenden Abschlagsverteilung daher nicht beabsichtigt sei. Die Quote werde jedoch für ein etwaiges Unterliegen im Rahmen der Feststellungsklage zurückgestellt. Ferner verweist er darauf, dass der weiteren Beteiligten Akteneinsicht in vollem Umfang bereits gewährt wurde, Buchungsunterlagen jedoch nicht bei Gericht sondern beim Insolvenzverwalter geführt würden und ein Einsichtsrecht in Akten des Insolvenzverwalters nicht bestehe.
7
Das Gericht hat die weitere Beteiligte daher mit Verfügung vom 22.11.2021, ausgeführt durch Schreiben vom 23.11.2021, darauf hingewiesen, dass Akteneinsicht gewährt wurde und ein weiterer etwaiger Auskunftsanspruch gegen den Insolvenzverwalter gegebenenfalls auf dem Zivilrechtsweg geltend zu machen sei.
8
Mit ihrem Schriftsatz vom 28.11.2021 beantragt die weitere Beteiligte nunmehr, die Schlussrechnung des Verwalters für das vorläufige und das eröffnete Verfahren nebst den Belegen zur Einsicht aller Beteiligter auszulegen und über ihre Einwendungen gegen das Verteilungsverzeichnis im Sinne des § 194 InsO zu entscheiden.
9
2. Die Anträge sind bereits unzulässig, wären indes auch unbegründet. Es liegt ein rechtskräftig festgestellter Insolvenzplan vor, in dem gemäß § 217 Satz 1 InsO teilweise von den Regelungen der Insolvenzordnung abweichende Bestimmungen getroffen wurden. Hieran sind die Beteiligten und das Gericht gebunden. Ein Anspruch auf – nochmalige – Überprüfung des Insolvenzplans – in seiner Gänze oder hinsichtlich einzelner Bestimmungen – besteht nicht.
10
a) Akteneinsicht wurde der Antragstellerin bereits in vollem Umfang gewährt. Ein Anspruch auf Vorlage von Unterlagen des Insolvenzverwalters, den das Insolvenzgericht durchzusetzen habe, besteht nicht. Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass insoweit gegebenenfalls Klage vor den Zivilgerichten zu erheben wäre.
11
b) Ein Anspruch auf Auslegung der Schlussrechnung des Insolvenzverwalters besteht ebenfalls nicht.
12
Im rechtskräftig gerichtlich bestätigten Insolvenzplan wurde unter Punkt C VI. 17. auf Seite 41 auf die Schlussrechnungslegung verzichtet. Dies ist gemäß § 66 Abs. 1 Satz 2 InsO zulässig. Daher ist weder eine Schlussrechnung noch sind Unterlagen hierzu auszulegen.
13
Im Übrigen wurde der Insolvenzplan mit seinen Anlagen nach seiner Einreichung zur Einsicht der Gläubiger auf der Geschäftsstelle des Insolvenzgerichts ausgelegt und sämtlichen Gläubigern zugestellt. Er wurde im Erörterungs- und Abstimmungstermin ausführlich besprochen. Der Geschäftsführer / gesetzliche Vertreter der weiteren Beteiligten zu 2) war im Termin anwesend. Er hätte hier seine diesbezüglichen Einwendungen / Anforderungen auch bezüglich der Schlussrechnung vorbringen können und müssen. Dies ist nicht geschehen. Damit sind sie präkludiert.
14
c) Ein Anspruch auf Korrektur des Verteilungsverzeichnisses für die Abschlagszahlung besteht nicht, und zwar schon deshalb nicht, weil die angemeldeten Forderungen eben nicht zur Tabelle festgestellt und damit auch nicht in das Verteilungsverzeichnis aufzunehmen sind. Ob und gegebenenfalls in welcher Höhe sie bestehen, ist auf dem Klageweg zu entscheiden. Das Ergebnis dieser gerichtlichen Prüfung kann nicht im Rahmen einer Verteilung nach einem Insolvenzplan vorweggenommen werden. Auf die Frage, wann und von wem Klage erhoben wurde, kommt es nicht an. Die Forderungen waren durchgehend bestritten, Widerspruch dagegen war eingelegt.
15
Auch hier enthält im Übrigen der Insolvenzplan teilweise von den Bestimmungen der §§ 187 ff InsO abweichende Regelungen. Auch dies ist gemäß § 217 Satz 1 InsO zulässig. Geregelt ist in erster Linie, dass (nur) festgestellte Forderungen an der Verteilung teilnehmen. Hinsichtlich später hinzugekommener bzw. bestrittener und zivilgerichtlich geklärter später festgestellte Ansprüche sieht der Insolvenzplan in Punkt C VI..6 auf Seite 38 vor, dass diese nicht präkludiert sind. Hierfür werden Rückstellungen gebildet, der Rückstellungsbetrag wird in einen Sondertopf eingezahlt und als Teil der Rückstellungsreserve vorgehalten. Die Interessen solcher Gläubiger, denen die Beteiligte zu 2) hier zuzurechnen ist, sind also ausreichend gewahrt. Ihr ist daher zuzumuten, das Ergebnis der zivilgerichtlichen Klärung abzuwarten Damit hat es sein Bewenden. Auch bezüglich der Verteilung sind die Regelungen des Insolvenzplans abschließend und verdrängen etwaige andere Regelungen der Insolvenzordnung. Auf diese kommt es nicht an, damit wäre auch § 194 InsO durch die Verteilungsregelungen im Insolvenzplan ausgeschlossen. Im Übrigen liegen auch nach dieser Vorschrift die Voraussetzungen für eine Korrektur des Abschlagsverteilungsverzeichnisses aus den oben dargelegten Gründen nicht vor.