Inhalt

OLG München, Beschluss v. 13.12.2021 – 28 U 1128/21 Bau
Titel:

Berufung, Gutachten, Vergleich, Antragstellung, Zulassung, Frist, Wohnung, Berufungsverfahren, Erforderlichkeit, Beweislast, Nachschusspflicht, Sanierung, Klage, Voraussetzungen, offenbare Unrichtigkeit, Darlegungs und Beweislast, Vermeidung von Wiederholungen

Schlagworte:
Berufung, Gutachten, Vergleich, Antragstellung, Zulassung, Frist, Wohnung, Berufungsverfahren, Erforderlichkeit, Beweislast, Nachschusspflicht, Sanierung, Klage, Voraussetzungen, offenbare Unrichtigkeit, Darlegungs und Beweislast, Vermeidung von Wiederholungen
Vorinstanzen:
OLG München, Hinweisbeschluss vom 12.10.2021 – 28 U 1128/21 Bau
LG München I, Endurteil vom 29.01.2021 – 2 O 15934/19
Fundstelle:
BeckRS 2021, 60560

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 29.01.2021, Aktenzeichen 2 O 15934/19, wird zurückgewiesen.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts München I und dieser Beschluss sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 225.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Zahlung eines weiteren Kostenvorschusses aufgrund eines zwischen den Parteien in einem früheren Rechtsstreit geschlossenen Vergleichs in Anspruch.
2
Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Landgerichts München I vom 29.01.2021 Bezug genommen.
3
Das Landgericht hat der Klägerin antragsgemäß einen weiteren Kostenvorschuss in Höhe von 225.000,00 € für die Sanierung der Dachgeschosswohnung S. Straße 38 des Miteigentümers K. zugesprochen. Der Anspruch ergebe sich aus Ziffer 7 Satz 6 des zwischen den Parteien in dem früheren Rechtsstreit Az. 2 O 16548/08 geschlossenen Vergleichs vom 12.3.2013, der Mitteilung des Sachverständigen R. vom 8.10.2019 und dessen Kostenschätzung vom 18.7.2019.
4
Hinsichtlich der Antragstellung erster Instanz wird auf den Tatbestand und hinsichtlich der Begründung des Ersturteils wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen landgerichtlichen Urteils sowie auf die zusammenfassende Darstellung in der Senatsverfügung vom 12.10.2021 unter Gliederungspunkt I. Bezug genommen.
5
Der Beklagte verfolgt seinen erstinstanzlichen Klageabweisungsantrag im Wege der Berufung weiter.
6
Wegen der Berufungsrügen des Beklagten und dessen Streithelfers L. wird auf die zusammenfassende Darstellung in der Senatsverfügung vom 12.10.2021 unter Gliederungspunkt II. A. und B. Bezug genommen.
7
Im Berufungsverfahren beantragt der Beklagte, unter Abänderung des Endurteils des Landgerichts München I vom 29. Januar 2021 zum Aktenzeichen 2 O 15934/19 wird die Klage abzuweisen.
8
Der Streithelfer des Beklagten, L., beantragt im Berufungsverfahren:
Unter Abänderung des Urteils des Landgerichts München I vom 29.01.2021, Az.: 2 O 15934/19 wird die Klage der Klägerin gegen den Beklagten abgewiesen.
Darüber hinaus stellt der Streithelfer L. Zurückverweisungsantrag.
9
Die Klägerin beantragt im Berufungsverfahren,
die Berufung abzuweisen.
10
Wegen der Stellungnahme der Klägerin zur Berufung des Beklagten wird auf die zusammenfassende Darstellung in der Senatsverfügung vom 12.10.2021 unter Gliederungspunkt III. Bezug genommen.
11
Der Senat hat mit Verfügung vom 12.10.2021 darauf hingewiesen, dass und warum er beabsichtigt, die Berufung des Beklagten gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen und Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
12
Hierzu gingen binnen antragsgemäß verlängerter Frist eine Gegenerklärung des Beklagten vom 3.12.2021 und eine solche des Streithelfers L. vom 3.12.2021 ein.
13
Auf die Schriftsätze der Parteien im Berufungsverfahren wird im Übrigen Bezug genommen.
II.
14
Die Berufung gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 29.01.2021, Aktenzeichen 2 O 15934/19, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordern und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
15
Zur Begründung wird zunächst auf den vorausgegangenen Hinweis des Senats vom 12.10.2021 Bezug genommen.
16
Die Ausführungen in den Gegenerklärungen des Beklagten und seines Streithelfers L. geben zu einer Änderung der Senatsauffassung keinen Anlass.
17
Hierzu ist Folgendes ergänzend auszuführen:
A – Gegenerklärung des Beklagten vom 3.12.2021
zu I.
18
Soweit der Beklagte in seiner Gegenerklärung unter Gliederungspunkt I. (Seite 3/9) seinen Sachvortrag aus der Berufungsbegründung, wonach die Klägerin die bisher geleisteten Zahlungen für Sanierungsarbeiten aufgewendet habe, welche keine Grundlage in den Gutachten vom 8.4.2011 und 29.2.2012 hätten, präzisiert und hierfür Zeugen- und Sachverständigenbeweis sowie die Vernehmung, hilfsweise Anhörung des Beklagten als Partei anbietet, verhilft dies seiner Berufung nicht zum Erfolg.
19
In seiner Berufungsbegründung hatte der Beklagte sich für diesen Einwand vollumfänglich auf den Schriftsatz seines Streithelfers L. vom 4.9.2020 bezogen, welchen das Landgericht zu Recht zurückgewiesen hatte. Der Senat hält daher an seiner in der Senatsverfügung vom 12.10.2021 unter Gliederungspunkt IV. A. III. und IV. B. A. II. 1.b) bb) ausführlich begründeten Auffassung fest, wonach das Landgericht den Schriftsatz des Streithelfers L. vom 4.9.2020, Teil I, zu Recht gem. § 296 a ZPO nicht berücksichtigt hat. Zu dieser Problematik wird nachfolgend noch im Hinblick auf die Gegenerklärung des Streithelfers L. vom 3.12.2021 ausführlich Stellung genommen.
20
In der Berufungsinstanz ist das Vorbringen daher gem. § 531 Abs. 2 ZPO als neues Vorbringen zu behandeln.
21
Weder der Berufungsbegründung des Beklagten noch dessen Gegenerklärung ist Vortrag zum Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen für die Zulassung des neuen Vorbringens in der Berufungsinstanz gem. § 531 Abs. 2 ZPO zu entnehmen.
22
Selbst wenn man das neue Vorbringen im Schriftsatz des Streithelfers des Beklagten vom 4.9.2020, Teil I, auf welches sich der Beklagte in seiner Berufungsbegründung bezieht und die diesbezügliche Präzisierung in der Gegenerklärung des Beklagten vom 3.12.2021 als in der Berufungsinstanz zulässig erachten würde, würde es der Berufung des Beklagten nicht zum Erfolg verhelfen.
23
Das Vorbringen zielt darauf ab, darzulegen, dass die Klägerin bisher geleistete Zahlungen für Sanierungsarbeiten aufgewendet habe, welche keine Grundlage in den Gutachten vom 8.4.2011 und 29.2.2012 gehabt hätten, weshalb sie vom Beklagten keinen weiteren Kostenvorschuss für die Sanierung der Wohnung Nr. 38 beanspruchen könne.
24
Der Beklagte stellt mit seinem diesbezüglichen Vorbringen die Erforderlichkeit der durch die Klägerin bisher durchgeführten Sanierungsmaßnahmen in den Dachgeschosswohnungen der Häuser S.Straße 32, 34, 36 und 44 in Abrede, indem er sie mit denjenigen Sanierungsmaßnahmen vergleicht, welche er selbst, allerdings ohne das im Vergleich vereinbarte Prozedere einzuhalten, in der Wohnung Nr. 40 durchgeführt hat und welche er deshalb auch nicht für seine Behauptung anführen kann, dass die in den Wohnungen Nr. 32, 34, 36 und 44 durchgeführten Sanierungsmaßnahmen und die nun für die Wohnung Nr. 38 geplante Sanierung, für die die Klägerin den streitgegenständlichen Kostenvorschuss fordert, für die nach dem Vergleich geschuldete Mängelbeseitigung nicht erforderlich seien, weshalb die auf den Sachverständigen und Schiedsgutachter R. gestützte Kostenvorschussanforderung der Klägerin für die Wohnung Nr. 38 unbillig sei.
zu II.
25
Der Senat hält an seiner, in der Verfügung vom 12.10.2021 unter Gliederungspunkt IV. A. B. I. 2. dargelegten Rechtsauffassung fest, wonach es auf die eigene Liquidität der Klägerin nicht ankommt, da diese nicht verpflichtet ist, bei der Sanierung der Dachgeschosswohnung S. Straße Nr. 38 in Vorleistung zu gehen.
26
1. Soweit der Beklagte § 637 Abs. 3 BGB bemüht und meint, dass die Klägerin über ausreichende Liquidität verfüge, weshalb die Zahlung eines weiteren Kostenvorschusses nicht erforderlich sei, überzeugt dies nicht, da der Vorschuss dem Besteller gerade die Möglichkeit zur Mängelbeseitigung ohne eigene Mittel geben soll (vgl. Palandt-Retzlaff, BGB, 80. Auflage 2021, § 637 Rn. 8 m.w.N.).
27
Wenn der Beklagte in seiner Gegenerklärung, anders als noch in seiner Berufungsbegründung (dort S. 10), in welcher er unter Verweis auf seinen Sachvortrag in der Klageerwiderung zum Kontostand des „Sparkontos“ der Klägerin zu deren Liquidität vorgetragen hatte, nun auf eine Liquidität der Klägerin aufgrund der bereits geleisteten Vorschusszahlungen abstellt, vermag er hiermit ebenfalls nicht durchzudringen.
28
Die Klägerin hatte in ihrer Klageschrift zu dem Restguthaben auf dem „Sonderkonto DG Sch.“ vorgetragen und das Restguthaben bei der Berechnung des streitgegenständlichen Kostenvorschusses in Abzug gebracht, ohne dass der Beklagte den Sachvortrag zum Stand des vorgenannten Anderkontos bestritten hatte.
29
Wegen der Behauptung des Beklagten, wonach die Klägerin die bisher geleisteten Vorschusszahlungen für nicht erforderliche Sanierungsarbeiten verwendet habe, wird auf die obigen Ausführungen unter Ziffer I. Bezug genommen.
30
Zu dem Einwand des Beklagten, wonach es nicht sein könne und auch bei Vergleichsabschluss nicht gewollt gewesen sei, dass die Klägerin unbegrenzt und uneingeschränkt Kostenvorschuss verlangen könne und dass ein höherer Vorschuss allenfalls verlangt werden könne, wenn aus der Anforderung hervorginge, aus welchem Grund es zu höheren Sanierungskosten komme, ist anzumerken, dass die Parteien im Vergleich vom 12.3.2013 die Entscheidung darüber, welche Mängelbeseitigungsmaßnahmen zur Beseitigung der in den Gutachten des Sachverständigen R. vom 8.4.2011 und 29.2.2012 aufgeführten Mängel erforderlich und durchzuführen sind, diesem als Schiedsgutachter übertragen haben. Die durch den Schiedsgutachter getroffene Bestimmung wäre für die Parteien nur dann nicht verbindlich, wenn sie offenbar unrichtig wäre, § 319 Abs. 1 Satz 1 BGB analog. Hierzu fehlt es an rechtzeitigem, schlüssigen und substantiierten Sachvor28 U 1128/21 Bau – Seite 8 – trag des Beklagten. Auf die diesbezüglichen Darlegungen in der Senatsverfügung vom 12.10.2021 unter Gliederungspunkt IV. B. II. 1. b) aa) wird Bezug genommen.
31
2. Das Urteil des OLG Düsseldorf vom 13.2.2014, Az.: 22 U 82/13 ist nicht einschlägig.
32
Im dortigen Fall hatte das OLG Düsseldorf darüber zu entscheiden, ob der Anspruch des Bestellers auf Leistung eines Mängelbeseitigungskostenvorschusses durch Aufrechnung des Werkunternehmers mit seiner Restwerklohnforderung zum Erlöschen gebracht werden kann, was das OLG Düsseldorf bejaht hat.
33
An einer derartigen Konstellation fehlt es im vorliegenden Fall, weshalb nicht ersichtlich ist, inwiefern das vorgenannte Urteil Relevanz für den vorliegenden Fall haben sollte.
zu III.
34
1. und 2. Soweit der Beklagte in seiner Gegenerklärung, wie bereits in seiner Berufungsbegründung, meint, dass der Sachverständige R. einen „Seitenwechsel“ vollzogen habe, indem er den Ingenieurvertrag mit dem Beklagten gekündigt habe und eine Beauftragung durch die Klägerin erfolgt sei, weshalb er „befangen“ sei und als Schiedsgutachter nicht mehr in Betracht komme, teilt der Senat diese Auffassung nach wie vor nicht.
35
Weder ist der Sachverständige R. hierdurch als befangen anzusehen noch ist die Geschäftsgrundlage für den Vergleich entfallen. Auf die Ausführugen in der Senatsverfügung vom 12.10.2021 unter Gliederungspunkt IV. A. B. II. 1. wird Bezug genommen.
36
Neue Argumente, auf welche einzugehen wäre, enthält die Gegenerklärung des Beklagten nicht.
37
3. Was die Auslegung der Regelung in Ziffer 2. Satz 8 des Vergleichs vom 12.3.2013 angeht, hält der Senat an seiner in der Senatsverfügung vom 12.10.2021 unter Gliederungspunkt IV. A. B. I. dargelegten Auffassung fest.
38
Es ist nicht zutreffend, dass eine im Rahmen von Ziffer 2. Satz 8 des Vergleichs getroffene Entscheidung des Sachverständigen R. einer Überprüfung generell entzogen wäre. Tatsächlich wäre eine durch den Sachverständigen R. als Schiedsgutachter aufgrund der ihm in Ziffer 2. Satz 8 des Vergleichs übertragenen Befugnis getroffene Entscheidung in entsprechender Anwendung des § 319 Abs. 1 BGB daraufhin überprüfbar, ob sie offenbar unrichtig ist, wobei die Darlegungs- und Beweislast bei der Partei läge, welche die offenbare Unrichtigkeit behauptet (vgl. hierzu Palandt-Grüneberg, BGB, 80. Auflage 2021, § 319 Rn. 4 – 7 m.w.N.)
39
Soweit der Beklagte in seiner Gegenerklärung, wie bereits in seiner Berufungsbegründung, die Auffassung vertritt, dass der Vergleich dem Sachverständigen R. nicht die Befugnis einräume, über die Erforderlichkeit weiterer Vorschüsse zu bestimmen, hält der Senat an seiner gegenteiligen, in der Senatsverfügung vom 12.10.2021 unter Gliederungspunkt IV. A. I. ausführlich begründeten Ansicht fest.
40
Die in der Gegenerklärung vertretene Auffassung des Beklagten, wonach die Parteien die Entscheidung über die Erforderlichkeit eines weiteren Vorschusses nicht dem Sachverständigen R. hätten überlassen wollen, sondern dem Beklagten die Möglichkeit hätten eröffnen wollen, die Erforderlichkeit einer weiteren Vorschussanforderung gerichtlich überprüfen zu lassen, findet keine Stütze in dem zwischen den Parteien geschlossenen Vergleich vom 12.3.2013. Soweit der Beklagte meint, dass es keiner Regelungen zur Höhe der Mängelbeseitigungskosten im Vergleich oder den beiden Sachverständigengutachten bedurft hätte, wenn der Sachverständige R. ohnehin über die Erforderlichkeit weiterer Vorschüsse entscheiden könne, verfängt dies nicht. Aus den beiden Gutachten und dem Vergleich ergeben sich gerade kein verbindlicher Gesamtkostenrahmen bzw. eine Deckelung der Mängelbeseitigungskosten.
41
Der Verweis in der Gegenerklärung auf die Kommentierung in Werner/Pastor, Der Bauprozess, 17. Auflage 2020, Kap. 9, Rn. 2137 übersieht, dass die Parteien im vorliegenden Fall die Entscheidung über die Erforderlichkeit der weiteren Vorschussanforderungen dem Sachverständigen als Schiedsgutachter übertragen haben und dessen Entscheidung lediglich in dem oben dargestellten Fällen einer gerichtlichen Überprüfung unterliegt.
42
Die Regelung in Ziffer 7 Satz 4 des Vergleichs vom 12.3.2013, wonach der Beklagte für Beanstandungen gegen Zahlungen auf vom Sachverständigen freigegebene Rechnungen auf den Rechtsweg verwiesen wird, während eine entsprechende Regelung für die Anforderungen von Vorschüssen durch den Sachverständigen fehlt, spricht eher gegen die Auffassung des Beklagten als dafür.
43
Soweit der Beklagte vorbringt, er trage das Insolvenzrisiko der Firmen, welche der Sachverständige R. bezahlen lasse, so ist dies die notwendige Folge der zwischen den Parteien getroffenen vergleichsweisen Regelung in Ziffer 7 Satz 4 des Vergleichs.
44
Die beklagtenseits vertretene Auffassung, wonach die Anforderung des streitgegenständlichen Kostenvorschusses wegen hinreichender Liquidität der Klägerin gegen Treu und Glauben, § 242 BGB, verstoße, wird vom Senat nicht geteilt. Auf die obigen Ausführungen betreffend die Liquidität der Klägerin wird Bezug genommen.
IV.
45
1. Entgegen der Auffassung des Beklagten ergibt sich aus den Gutachten des Sachverständigen R. vom 29.2.2012 und 8.4.2011 eindeutig, dass die darin enthaltenen Kostenzusammenstellungen lediglich auf einer Kostenschätzung beruhten und nur „einer ersten Orientierung“ (Anlage B 1, S. 239) dienen sollten.
46
Im Vergleich vom 12.3.2013 haben die Parteien in Ziffer 1. vereinbart, dass die in den vorgenannten Gutachten festgestellten Mängel fachgerecht beseitigt werden. An keiner Stelle des Vergleichs ist davon die Rede, dass die Kostenschätzungen in den beiden Gutachten die Grenze dessen markieren sollten, was der Beklagte aufgrund des Vergleichs zu zahlen hat. Im Gegenteil ist bereits in Ziffer 7 des Vergleichs eine mögliche Nachschusspflicht angelegt, auch haben die Partei28 U 1128/21 Bau – Seite 11 – en das Prozedere für diesen Fall geregelt. Eine etwaige Nachschusspflicht des Beklagten wurde im Vergleich nicht der Höhe nach gedeckelt.
47
Die möglicherweise bei Vergleichsabschluss bestehende einseitige Erwartung des Beklagten, dass sich die Kostenschätzung in den beiden Gutachten nach Durchführung der Sanierung als zutreffend erweisen würde, mag der Grund dafür gewesen sein, dass der Beklagte den Vergleich abgeschlossen hat. Dies ist jedoch nicht Geschäftsgrundlage des Vergleichs geworden.
48
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen in der Senatsverfügung vom 12.10.2021 unter Gliederungspunkt IV. A. B. II. 2. Bezug genommen.
49
2. Wegen der Erforderlichkeit des geforderten Vorschusses wird auf die obigen Ausführungen Bezug genommen.
50
Soweit der Beklagte erstmals in seiner Gegenerklärung die Auffassung vertritt, dass die Klägerin, bevor sie einen weiteren Vorschuss beanspruchen kann, jeweils zuerst Rechenschaft über die Verwendung der bisher gezahlten Vorschüsse abzulegen habe, findet sich hierfür keine Stütze im Vergleich vom 12.3.2013.
V.
51
1. Der Senat hält an seiner in der Senatsverfügung vom 12.10.2021 unter Gliederungspunkt IV. A. B. II. ausführlich dargelegten und begründeten Rechtsauffassung fest, wonach die Voraussetzungen für eine Vertragsanpassung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage nicht erfüllt sind.
52
a) Soweit sich der Beklagte erneut auf die Auswirkungen der Vertragskündigung des Ingenieurvertrags bezieht, ist es für die Pflichten des Schiedsgutachters – und nur um diese geht es im vorliegenden Fall – nach dem Urteil des BGH vom 17.1.2013, Az.: III ZR 10/12 unerheblich, von welcher der Parteien einer Schiedsgutachterabrede der Schiedsgutachtervertrag abgeschlossen wird.
53
b) und c) Die Beanstandung in der Gegenerklärung, wonach der Senat fälschlich davon ausgegangen sei, dass der Beklagte „zunächst“ als Auftraggeber des Ingenieurbüros in Erscheinung getreten sei, wohingegen er tatsächlich ausschließlich Auftraggeber des Ingenieurbüros gewesen sei, verfängt nicht.
54
Bei dem vom Senat verwendeten Wort „zunächst“ handelt es sich um kein Zitat aus dem Vergleichstext, es ist in Ziffer 2. des Vergleichs auch gar nicht enthalten. Mit der Verwendung des Wortes „zunächst“ wird vielmehr dem unstreitigen Umstand Rechnung getragen, dass das vom Beklagten gem. Ziffer 2. des Vergleichs beauftragte Ingenieurbüro den Vertrag mit dem Beklagten kündigte und in der Folge einen Vertrag mit der Klägerin abschloss.
55
Was die Beweggründe des Beklagten für die in Ziffer 2. des Vergleichs vereinbarte Auftraggeberschaft des Beklagten sowie die Frage der Gleichwertigkeit des Vertrages zwischen der Klägerin und dem Ingenieurbüro angeht, hat der Senat bereits in der Senatsverfügung vom 12.10.2021 unter Gliederungspunkt IV. A. B. II. 1. Stellung genommen. Hieran wird festgehalten. In seiner Gegenerklärung zeigt der Beklagte keine neuen Aspekte auf, auf welche einzugehen wäre.
56
d) Der Senat hat auch nicht verkannt, dass der Beklagte sich für seine Auffassung, wonach die Geschäftsgrundlage für den Vergleich entfallen sei, (u.a.) auf die Kostensteigerungen gegenüber den Kostenschätzungen des Sachverständigen R. in dessen Gutachten vom 29.2.2012 und 28 U 1128/21 Bau – Seite 13 – 8.4.2011 beruft und nicht auf die allgemeine Baukostensteigerung.
57
Es wird daran festgehalten, dass die Kostensteigerungen gegenüber den Kostenschätzungen des Sachverständigen R. in den beiden vorgenannten Gutachten nicht zu einem Wegfall der Geschäftsgrundlage für den Vergleich führen, wie in der Senatsverfügung vom 12.10.2021 unter Gliederungspunkt IV. A. B. II. 2. b) dargestellt und begründet wurde.
58
Daran ändert auch der Hinweis des Beklagten in der Gegenerklärung nichts, dass die beiden Gutachten als Anlage zum Vergleich genommen wurden. Dies ergibt sich bereits daraus, dass in Ziffer 1. Satz 1 des Vergleichs für den Umfang der zu beseitigenden Mängel auf die beiden Gutachten Bezug genommen wird. Zudem beruhen die Kostenzusammenstellungen in den beiden Gutachten lediglich auf einer Kostenschätzung und sollten nur „einer ersten Orientierung“ (Anlage B 1, Seite 239; Anlage B 2, Seite 98) dienen. Der Verweis des Beklagten auf § 160 Abs. 5 ZPO verfängt daher nicht.
59
Der Senat bleibt bei seiner Auffassung, dass es sich bei der Vorstelllung des Beklagten, wonach sich die Mängelbeseitigungskosten im Rahmen der Kostenschätzungen des Sachverständigen R. aus den beiden Gutachten bewegen würden, um dessen einseitige Erwartung handelt, die nicht Geschäftsgrundlage des Vergleichs geworden ist.
B – Zur Gegenerklärung des Streithelfers L. vom 3.12.2021
60
Der Senat hält an seiner in der Senatsverfügung unter Gliederungspunkt IV. B. II. 1. b) bb) ausführlich dargelegten und begründeten Auffassung fest, wonach das Landgericht den Sachvortrag im Schriftsatz des Streithelfers L. vom 4.9.2020 (Bl. 114/137 d.A.) Teil I zu Recht gem. § 296 a ZPO nicht berücksichtigt hat.
61
Es ist zwar zutreffend, dass es sich bei dem Schriftsatz des Streithelfers L. vom 4.9.2020 an sich um einen nachgelassenen Schriftsatz handelte, wie das Landgericht auf Seite 6 der Entscheidungsgründe richtig ausgeführt hat. Jedoch hat das Landgericht ebenso richtig gesehen, dass der Sachvortrag des Streithelfers L. in Teil I seines Schriftsatzes vom 4.9.2020 über das hinausging, was ihm nachgelassen worden war und dementsprechend auf Seite 8 der Entscheidungsgründe folgerichtig ausgeführt, dass diese Ausführungen gem. § 296 a ZPO unberücksichtigt bleiben müssen. Einen Widerspruch, wie ihn der Streithelfer in seiner Gegenerklä- 28 U 1128/21 Bau – Seite 14 – rung aufzuzeigen versucht, vermag der Senat in der Argumentation des Landgerichts nicht zu erkennen.
62
Soweit der Streithelfer moniert, dass weder das Landgericht noch der Senat dargelegt hätten, inwieweit die Ausführungen in seinem Schriftsatz vom 4.9.2020 über eine Erwiderung auf den Schriftsatz der Klägerin vom 3.7.2020 hinausgegangen seien, verhilft dies der Berufung des Beklagten letztlich nicht zum Erfolg.
63
Das Landgericht hat, auch wenn es dies in den Entscheidungsgründen seines angefochtenen Urteils nicht näher erläutert hat, im Ergebnis richtig erkannt, dass es sich bei den in Teil I des Schriftsatzes des Streithelfers L. vom 4.9.2020 getätigten Ausführungen um ihm nicht nachgelassene, weitergehende Ausführungen handelte.
64
Soweit der Streithelfer L. moniert, dass das Landgericht und auch der Senat in seiner Verfügung vom 12.10.2021 ihre Bewertung lediglich formalistisch anhand der Überschriften des Schriftsatzes und nicht nach dessen Inhalt getroffen hätten, verfängt dies im Ergebnis nicht.
65
Der Senat hat in seiner Verfügung vom 12.10.2021 unter Gliederungspunkt IV. B. A. II. 1. b) bb) (2) sehr wohl ausgeführt, dass der Streithelfer L. die ihm gewährte Schriftsatzfrist dazu genutzt hat, um in Teil I seines Schriftsatzes vom 4.9.2020 seinen eigenen Sachvortrag im Schriftsatz vom 29.6.2020 durch neuen Sachvortrag (Kostengegenüberstellung) und Beweisangebote zu ergänzen, was ihm nicht nachgelassen war. Diese Einschätzung, an der auch angesichts der Gegenerklärung des Streithelfers L. festgehalten wird, ist das Ergebnis einer nicht nur formalen, an den gewählten Überschriften des Schriftsatzes orientierten Betrachtungsweise, sondern einer inhaltlichen Betrachtung des Schriftsatzes, eine Gehörsverletzung liegt nicht vor.
66
Zusammengefasst geht es in Teil I des Schriftsatzes des Streithelfers vom 4.9.2020 darum, dass der Streithelfer seine Ausführungen aus seinem Schriftsatz vom 29.6.2020, wonach die Wohnung Nr. 40 nach den ursprünglichen Vorgaben des Sachverständigen R. gemäß dessen Gutachten in den Vorverfahren saniert worden sei, durch neuen Sachvortrag und Beweisangebote ergänzt. Der ergänzende Vortrag zielt darauf ab, darzulegen, dass die durch die Klägerin durchgeführte Sanierung der Wohnung Nr. 44 demgegenüber weit über das hinausgegangen sei, was nach dem Gutachten (Anlage B 1) erforderlich sei und deshalb nicht maßgeblich für die streitgegenständliche Sanierung der Wohnung Nr. 38 sei. Zu diesem Zweck hat der Streithelfer eine Kostengegenüberstellung erstellt, welche er erläutert.
67
In dem Schriftsatz der Klägerin vom 3.7.2020, zu welchem dem Streithelfer des Beklagten durch das Landgericht Schriftsatzfrist gewährt worden war, hatte die Klägerin ausschließlich zu der durch den Beklagten vorgenommenen Sanierung der Wohnung Nr. 40 vorgetragen, die Auffassung vertreten, dass der Beklagte diese Wohnung eigenmächtig außerhalb des Vergleichs saniert habe und bestritten, dass dies nach den ursprünglichen Vorgaben des Sachverständigen R. erfolgt sei sowie dass die Sanierung vollständig erfolgt sei.
68
Die ihm auf den Schriftsatz der Klägerin vom 3.7.2020 gewährte Schriftsatzfrist ermöglichte es dem Streithelfer des Beklagten somit lediglich, auf diesen Sachvortrag der Klägerin einzugehen, Vortrag dazu, wonach die durchgeführte Sanierung der Wohnung Nr. 44 über das Erforderliche hinausgegangen sei, war ihm nicht nachgelassen.
69
Der Versuch der Gegenerklärung, aufzuzeigen, dass der Senat noch über die fehlerhafte Rechtsauffassung des Landgerichts hinaus, den Schriftsatz vom 4.9.2020 insgesamt und nicht nur in Teil I als nicht nachgelassen erachtet habe, geht fehl. Nachdem das Landgericht seine Zurückweisung gem. § 296 a ZPO ausdrücklich auf „Teil I seines Schriftsatzes vom 4.9.2020 auf den Seiten 2 – 16“ (Ersturteil, Seite 8) beschränkte, konnte sich die diesbezügliche Berufungsrüge und die dadurch veranlasste Prüfung durch den Senat auch nur darauf beziehen. Auch wenn in der Senatsverfügung unter Gliederungspunkt IV. B. A. II. 1. b) bb) (1) der Schriftsatz vom 4.9.2020 ohne Einschränkung auf einzelne Teile genannt ist, ergibt sich aus den nachfolgenden Ausführungen unter Gliederungspunkt IV. B. A. II. 1. b) bb) (2) deutlich, dass es ausschließlich um den vom Landgericht zurückgewiesenen Teil I des Schriftsatzes des Streithelfers L. vom 4.9.2020 geht.
70
Die in seiner Gegenerklärung vertretene Auffassung des Streithelfers, wonach er nach dem Wortlaut des Protokolls vom 7.7.2020 sogar berechtigt gewesen sei, zu seinem eigenen Schriftsatz vom 29.6.2020 vorzutragen, vermag sich der Senat dieser rein formalistischen Auffassung nicht anzuschließen. Es mag sein, dass sich der Streithelfer dem Antrag des Beklagten auf Einräumung einer Schriftsatzfrist angeschlossen hat und der Beklagte Schriftsatzfrist zur Stellungnahme sowohl auf den Schriftsatz der Klägerin vom 3.7.2020 als auch auf den Schriftsatz seines Streithelfers L. vom 29.6.2020 beantragt hatte. Bei verständiger Betrachtung konnte sich der „Anschluss“ jedoch nur auf den Schriftsatz der Klägerin vom 3.7.2020 beziehen, es ist nicht ersichtlich, dass der Streithelfer L. mit seinem Antrag tatsächlich eine Schriftsatzfrist auf seinen eigenen vorangegangen Schriftsatz beantragen wollte und dass das Landgericht dem nachgekommen wäre.
71
Wegen der fehlenden Entscheidungserheblichkeit der Ausführungen des Streithelfers L. betreffend die durch den Beklagten unter Missachtung der vergleichsweisen Vereinbarungen eigenmächtig durchgeführten Sanierung der Wohnung Nr. 40 wird vollumfänglich auf die Ausführungen in der Senatsverfügung vom 12.10.2021 unter Gliederungspunkt IV. B. A. II. 1. b) bb) (3) Bezug genommen. Hieran wird festgehalten. Entgegen der in der Gegenerklärung des Streithelfers L. vertretenen Auffassung geht es sehr wohl darum, dass der Beklagte bzw. dessen Streithelfer versuchen, unter Verweis auf die in der Wohnung Nr. 40 durchgeführten Sanierungsarbeiten darzulegen, dass die durch den Sachverständigen R. als Schiedsgutachter als erforderlich angesehenen Sanierungsmaßnahmen tatsächlich nicht erforderlich seien. Da sich der Beklagte bei der von ihm durchgeführten Sanierung der Wohnung Nr. 40 gerade nicht an das im Vergleich vereinbarte Prozedere gehalten hat, können die dort vorgenommenen Sanierungsmaßnahmen und die hierfür angefallenen Kosten durch den Beklagten und seinen Streithelfer L. auch nicht für ihre Behauptung herangezogen werden, wonach das Sanierungskonzept des Sachverständigen R., welches auch der streitgegenständlichen Kostenvorschussanforderung zugrunde liegt, nicht der Billigkeit entspreche.
72
Soweit der Streithelfer des Beklagten in seiner Gegenerklärung wiederholt eine Hinweispflichtverletzung durch das Landgericht rügt, wird auf die Ausführungen des Senats in der Verfügung vom 12.10.2021 unter Gliederungspunkt IV. B. A. II. 1. b) bb) (3) verwiesen.
73
Die Gegenerklärung enthält insoweit keine neuen Argumente, auf welche einzugehen wäre.
74
Die Berufung ist daher zurückzuweisen.
III.
75
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
76
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgt gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
77
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 3 ZPO, 47, 48 GKG bestimmt.
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Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Entgegen der Auffassung des Streithelfers L. stellt sich in dem hier zu entscheidenden Fall keine Rechtsfrage betreffend die grundsätzliche Reichweite des § 296 a ZPO. Vielmehr war anhand des vorliegenden Einzelfalls zu entscheiden, ob das Landgericht Sachvortrag zu Recht gem. § 296 a ZPO unberücksichtigt hat, was sowohl bei Betrachtung der Überschriften des zu beurteilenden Schriftsatzes als auch bei inhaltlicher Betrachtung zu bejahen war.