Titel:
Streitwertfestsetzung: Wirtschaftliche Identität bei Unterlassungsansprüchen und Klägermehrheit
Normenketten:
GKG § 47, § 48
ZPO § 3
Leitsatz:
Werden von zwei Klägern identische höchstpersönliche Unterlassungsansprüche geltend gemacht, kommt eine Verdoppelung des Streitwerts wegen wirtschaftlicher Identität nicht in Betracht, wenn ausgeschlossen werden kann, dass einer der Kläger sich an das Urteil nicht halten wird. (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Klägermehrheit, höchstpersönlicher Unterlassungsanspruch, wirtschaftliche Identität, Streitwert
Vorinstanz:
LG München I, Endurteil vom 30.10.2019 – 9 O 16925/17
Rechtsmittelinstanz:
BGH Karlsruhe, Beschluss vom 23.01.2023 – VI ZR 154/21
Fundstelle:
BeckRS 2021, 60412
Tenor
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 100.000 € festgesetzt.
Gründe
1
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde gemäß §§ 47, 48 GKG, § 3 ZPO bestimmt und war auf 100.000 € festzusetzen.
2
Für die Unterlassungsanträge nach Ziff. 1, die zahlreiche Einzeläußerungen in den drei im Online-Archiv bereit gehaltenen Artikeln betreffen, auf zwei Verletzungsformen (Behaupten und zum Abruf Bereithalten) gerichtet sind und sich bei den ersten beiden Artikeln „Mehr als gute Worte“ und „Direkt verbunden“ sowohl gegen die ursprüngliche als auch gegen die erste bearbeitete Fassung richten, hält der Senat einen Ansatz von insgesamt 40.000 € für angemessen, aber auch ausreichend.
3
Die Anträge nach Ziff. 2 (ganz oder teilweise Löschung der Artikel) bewertet der Senat mit insgesamt 15.000 €, den Antrag nach Ziff. 3 (Unterlassung der Zuschaltung von Werbung u.ä.) mit 5.000 € und den Hilfsantrag nach Ziff. 4 (Anonymisierung) mit 10.000 €. Den Antrag Ziffer 5 (Schadensersatz bzw. Geldentschädigung) hat der Kläger selbst mit mindestens 25.000 € beziffert. Für den Antrag Ziff. 5 der ursprünglichen Klage (Formulierung der Anmerkung der Redaktion und Voranstellung in den drei Artikeln) hält der Senat wiederum 5.000 € für angemessen.
4
Eine Verdoppelung des Streitwerts bzw. einzelner Teilstreitwerte erachtet der Senat vorliegend nicht als sachgerecht. Auch wenn es sich bei Unterlassungsansprüchen grundsätzlich um höchstpersönliche Ansprüche handelt, ist vorliegend grundsätzlich von wirtschaftlicher Identität auszugehen, da ausgeschlossen werden kann, dass sich eine der beiden Beklagten – die ohnehin nur die Beklagte zu 2) als allein verantwortlich bezeichnen – im Falle ihrer Verurteilung hieran nicht halten würde. Ein wirtschaftlicher Mehrwert besteht insoweit nicht.