Inhalt

VG Würzburg, Urteil v. 03.12.2021 – W 9 K 21.383
Titel:

Anordnung einer erkennungsdienstlichen Behandlung

Normenkette:
StPO § 81b Alt. 2
Leitsätze:
1. Für die Beschuldigteneigenschaft kommt es allein darauf an, dass der Betroffene zum Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheides formell betrachtet Beschuldigter eines Strafverfahrens war. Der spätere Wegfall der Beschuldigteneigenschaft infolge der Beendigung des Strafverfahrens beispielsweise durch Einstellung, Verurteilung oder Freispruch lässt die Rechtmäßigkeit der angeordneten Maßnahmen unberührt. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Notwendigkeit einer erkennungsdienstlichen Maßnahme ergibt sich insbesondere aus Art, Schwere und Begehungsweise der dem Beschuldigten im strafrechtlichen Anlassverfahren zur Last gelegten Straftaten, aus seiner Persönlichkeit sowie seinem bisherigen strafrechtlichen Erscheinungsbild. Dabei sind die Anforderungen, die an die Wiederholungsgefahr, d.h. an die Wahrscheinlichkeit eines erneuten Schadenseintritts gestellt werden müssen, umso geringer, je höherwertiger das gefährdete Rechtsgut ist. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
3. § 81b Alt. 2 StPO erfordert keinen hinreichenden Tatverdacht iSd § 170 Abs. 1 StPO. Ausreichend für die Anordnung einer präventiv-polizeilichen erkennungsdienstlichen Behandlung ist vielmehr bereits ein nach Art und Ausführung der Tat, derer der Betroffene verdächtig ist, und seinen persönlichen Verhältnissen zu bestimmender sog. Resttatverdacht. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
erkennungsdienstliche Behandlung, keine Erledigung mit Durchführung der ED-Behandlung, Anforderungen an die Anlasstat, Wiederholungsgefahr, Notwendigkeit der Anordnung, Gefahrenprognose, Verhältnismäßigkeit
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 18.01.2023 – 10 ZB 22.309
Fundstelle:
BeckRS 2021, 60341

Tenor

I.Die Klage wird abgewiesen.
II.Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.  

Tatbestand

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Der Kläger wendet sich gegen einen Bescheid, mit dem seine erkennungsdienstliche Behandlung durch den Beklagten angeordnet wurde.
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1. Mit Bescheid vom 23. Februar 2021 ordnete die Kriminalpolizeiinspektion (KPI) Würzburg die erkennungsdienstliche Behandlung (ED-Behandlung) des Klägers an. Die erkennungsdienstliche Behandlung erstrecke sich auf die Abnahme von Finger- und Handflächenabdrücken, die Fertigung von Lichtbildern und Messungen und Personenbeschreibungen (Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheids). Hierzu werde der Kläger zur KPI Würzburg, W. straße 2, 9... W1., am Mittwoch, 24. März 2021, 10.00 Uhr, oder am Donnerstag, 25. März 2021, 15.30 Uhr, vorgeladen (Ziffer 2). Soweit der Kläger der Vorladung ohne hinreichenden Grund keine Folge leiste, werde hiermit ein Zwangsgeld in Höhe von 250,00 EUR angedroht (Ziffer 3). Dieses Zwangsgeld werde hiermit gleichzeitig festgesetzt, wenn er der Vorladung nicht Folge leiste. Es werde ihm eine Zahlungsfrist von zwei Monaten, ab dem Tag der nicht befolgten Vorladung (Donnerstag, 25.3.2021), gesetzt (Ziffer 4). Falls er der Vorladung ohne hinreichenden Grund keine Folge leiste, werde er bereits hiermit erneut zur erkennungsdienstlichen Behandlung zur KPI Würzburg, W. straße 2, 9... W1., vorgeladen. Es würden hierfür alternativ Mittwoch, 31. März 2021, 9.30 Uhr, oder Mittwoch, 31. März 2021, 15.30 Uhr, festgesetzt. Sollte er dieser erneuten Vorladung ohne hinreichenden Grund wiederum nicht Folge leisten, werde er unter Anwendung von unmittelbarem Zwang zur oben genannten Polizeidienstelle gebracht und erkennungsdienstlich behandelt (Ziffer 6). In Ziffer 7 erfolgte die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ziffern 1, 2 und 5.
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Zur Begründung wurde in tatsächlicher Hinsicht im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe am 13. Dezember 2020 eine Versammlung in der Würzburger Innenstadt mit weiteren Personen gestört. Der Kläger habe den Kundgebungszug unter Rufen von Sprechchören und Parolen begleitet. Er habe die anderen Versammlungsteilnehmer bedroht und provoziert. Nur durch den Einsatz von vielen Polizeikräften habe der Versammlungszug geschützt werden können. Redebeiträge des Versammlungszugs seien wegen akustischer Störungen durch den Kläger nicht mehr wahrnehmbar gewesen. Der Kläger habe sich dabei vermummt. Man habe ihn eindeutig identifizieren können, da er zum Rauchen oder zum Trinken sowie zu taktischen Absprachen die Vermummung abgenommen habe.
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In rechtlicher Hinsicht wurde ausgeführt, dass die erkennungsdienstliche Behandlung angeordnet worden sei, um mit den dadurch gewonnenen Unterlagen durch den Kläger möglicherweise begangene Straftaten aufklären zu können. Das Verhalten des Klägers stelle einen Verstoß gegen das Bayerische Versammlungsgesetz dar. Es sei nach Art. 20 Abs. 1 und Abs. 2 BayVersG strafrechtlich bewehrt und werde als Vergehen eingeordnet, das mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bedroht sei. Im Übrigen ergebe sich im Fall des Klägers eine Wiederholungsgefahr nicht nur aus dem Anlassdelikt, sondern ebenfalls aus vorangegangenen Vorfällen, bei denen er insbesondere in seiner Eigenschaft als gewaltbereiter Fußballfan polizeilich erfasst worden sei. Der Kläger habe am 28. Juli 2018 einen Hausfriedensbruch als Mittäter begangen. Am 2. März 2019 habe er während eines Fußballspiels einem Polizeibeamten demonstrativ vor die Füße gespuckt. Er werde gehäuft auf antifaschistischen Gegendemonstrationen festgestellt, die teilweise nicht ordnungsgemäß angemeldet seien. Am 30. Dezember 2020 sei er vom Kommissariat Würzburg wegen des Anlassdelikts als Gewalttäter Links ausgeschrieben worden. Die Unterlagen, die durch die angeordnete ED-Behandlung gewonnen würden, seien für die Aufklärung der durch den Kläger in Zukunft möglicherweise begangenen Straftaten geeignet. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers sei im Verhältnis zum Interesse der Allgemeinheit, vor durch den Kläger begangenen Straftaten geschützt zu werden, als nachrangig zu beurteilen. Die angeordnete ED-Behandlung sei auch verhältnismäßig und ermessensfehlerfrei. Im Übrigen wird auf die Begründung des Bescheides nach § 117 Abs. 3 VwGO Bezug genommen.
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Laut Postzustellungsurkunde wurde der Bescheid am 26. Februar 2021 bekannt gegeben.
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2. Hiergegen ließ der Kläger am 18. März 2021 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg erheben und beantragen,
den Bescheid der Kriminalpolizeiinspektion Würzburg vom 23. Februar 2021, …, aufzuheben.
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Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der angefochtene Bescheid verfahrensfehlerhaft ergangen sei, weil er ohne die erforderliche vorherige Anhörung des Klägers erlassen worden sei. Dieser Verfahrensmangel könne auch nicht nachträglich geheilt werden. Darüber hinaus sei der Bescheid nicht entsprechend den Anforderungen nach Art. 39 Absatz 1 Satz 1 und 2 BayVwVfG begründet worden. Die Anordnungen ließen nicht erkennen, ob die Behörde das ihr eingeräumte Ermessen ausgeübt habe. Es fehlten konkrete Ausführungen zu der dem Kläger zur Last gelegten Straftat; auf das Verhalten des Klägers bezogene Ausführungen fänden sich in den gemachten Angaben des angegriffenen Bescheids nicht. Auch fehle eine auf den Einzelfall bezogene Prognose in Bezug auf die Wiederholungsgefahr. Die Anlasstat könne im Bereich der Bagatelldelinquenz verortet werden. Es müsse eine Prognose durchgeführt werden, die sich mit der strafrechtlichen Vorgeschichte, der Ausbildung, dem Beruf oder der Arbeit, der finanziellen Situation, der Wohnsituation, dem Freizeitbereich, mit den Freundschaften und den Bekannten, mit der Problematik von Alkohol und Drogen sowie mit emotionalen, psychischen Problemen und mit der kriminogenen Einstellung des Betroffenen auseinandersetze. Diese Punkte müssten zwingend in eine Kriminalprognose miteinfließen. Eine schematische Betrachtung innerhalb dieser Prognoseentscheidung verbiete sich. Dass keine ausreichende einzelfallbezogene Bewertung vorgenommen worden sei, zeige der Umstand, dass die Begründung des Bescheids nahezu wortgleich mit den Begründungen in den Parallelverfahren W 9 K 21. …, W 9 K 21. …, W 9 K 21. … und W 9 K 21. … sei. Wenn der Beklagte in dem Bescheid angebe, dass bei der Straftat des Betroffenen nicht von einem Bagatelldelikt auszugehen sei, reiche es für diese Annahme nicht aus, die abstrakte Strafandrohung als Argument dafür anzuführen. Die Anlasstat liege nunmehr fast genau ein Jahr zurück. Seither sei an den Kläger weder wegen einer Beschuldigtenvernehmung herangetreten worden, noch sei ihm bekannt, ob die Ermittlungen gegen ihn abgeschlossen worden seien. Es sei nicht richtig, wenn in dem Bescheid behauptet werde, dass der Kläger nach der Tat unerkannt habe flüchten wollen.
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3. Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten und beantragte,
die Klage abzuweisen.
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Die Klage sei bereits unzulässig, weil der Klägerbevollmächtigte angekündigt habe, dass der Kläger der Ladung zur ED-Behandlung nachkommen werde. Sie sei auch unbegründet, weil der Bescheid rechtmäßig sei und den Kläger nicht in seinen Rechten verletze. Er sei ausreichend begründet. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 81b Alt. 2 StPO seien gegeben. Die Beschuldigteneigenschaften sei das Ergebnis der durchgeführten Ermittlungen, welche tatsächliche Anhaltspunkte in ausreichendem Umfang lieferten. Dies sei für den Erlass eines Bescheides nach § 81b Alt. 2 StPO ausreichend. Die erkennungsdienstlichen Unterlagen dienten einer vorsorgenden Bereitstellung von sächlichen Hilfsmitteln für die sachgerechte Wahrnehmung der Aufgaben, die der Polizei hinsichtlich der Erforschung und Aufklärung von Straftaten durch § 163 StPO zugewiesen seien. Es bestünden nach kriminalistischer Erfahrung mehr als genug Anhaltspunkte für eine Wiederholungsgefahr bei dem Kläger. Der Kläger sei seit dem Jahr 2018 immer wieder polizeilich in Erscheinung getreten. Der Bescheid sei auch verhältnismäßig.
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4. In der mündlichen Verhandlung am 3. Dezember 2021 war der Kläger persönlich in Begleitung seines Bevollmächtigten erschienen. Der Beklagte war ebenfalls vertreten. Das Verfahren wurde zur gemeinsamen mündlichen Verhandlung mit den Verfahren W 9 K 21. …, W 9 K 21. …, W 9 K 21. … und W 9 K 21. … verbunden. Die Sach- und Rechtslage wurde erörtert. Der Klägerbevollmächtigte erklärte, dass sich der Kläger am 24. März 2021 der angeordneten erkennungsdienstlichen Behandlung unterzogen habe. Im Übrigen wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
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5. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Bestandteile der Behördenakte der KPI Würzburg …, der Staatsanwaltschaft Würzburg … … … und die Auszüge aus der Akte der Polizeiinspektion Schweinfurt … Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, aber unbegründet.
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1. Die Zulässigkeitsvoraussetzungen sind gegeben. Die Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO ist insbesondere statthaft. Die Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung hat sich nicht durch ihre Vornahme am 24. März 2021 erledigt. Der streitgegenständliche Bescheid, mit dem der Kläger verpflichtet wird, sich bei der KPI Würzburg zur Durchführung erkennungsdienstlicher Maßnahmen einzufinden, ordnet verbindlich die erkennungsdienstliche Behandlung des Klägers an und verpflichtet ihn zur Duldung dieser Maßnahmen. Daneben enthält die Anordnung aber auch die Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 81b Alt. 2 StPO für die Vornahme der erkennungsdienstlichen Maßnahmen vorliegen. Dies hat zur Folge, dass der streitgegenständliche Bescheid auch nach Durchführung der erkennungsdienstlichen Maßnahmen weiter eine Rechtswirkung entfaltet und sich nicht erledigt hat. Solange der Bescheid über die Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung wirksam ist, kann der Betroffene nämlich eine Vernichtung der dabei gewonnenen Unterlagen bzw. eine Löschung der gespeicherten Daten nicht erfolgreich mit der Begründung verlangen, diese Unterlagen bzw. Daten seien bereits nicht rechtmäßig erhoben worden (BayVGH, U.v. 12.11.2013 - 10 B 12.2078 - juris Rn. 17). Wegen dieser fortbestehenden Rechtswirkung und der damit verbundenen Beschwer für den Betroffenen erledigt sich die Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung nach § 81b Alt. 2 StPO folglich nicht vollständig mit deren Durchführung, sodass richtige Klageart weiterhin die Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO ist (vgl. BayVGH, B.v. 13.9.2006 - 24 C 06.967 - juris Rn. 4).
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2. Die Klage ist jedoch unbegründet. Die auf § 81b Alt. 2 StPO gestützte Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung des Klägers ist rechtmäßig und verletzt diesen nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Der Kläger war im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheids Beschuldigter eines Strafverfahrens und die angeordnete Maßnahme war für die Zwecke des Erkennungsdienstes auch noch zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung notwendig.
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2.1. Der streitgegenständliche Bescheid ist formell rechtmäßig. Die KPI Würzburg war für den Erlass der streitgegenständlichen Anordnungen zuständig. In Ermangelung einer Regelung in der Strafprozessordnung über die Zuständigkeit für Maßnahmen der Strafverfolgungsvorsorge nach § 81b Alt. 2 StPO bestimmt sich diese nach dem bayerischen Landesrecht. Die vorbeugende Bekämpfung künftiger Straftaten obliegt nach Art. 1, 2 Abs. 1, 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 PAG den im Vollzugsdienst tätigen Dienstkräften der Polizei des Freistaats Bayern, wozu auch die Beamten des Kriminaldiensts zählen (Gliwitzki/Schmid in Möstl/Schwabenbauer BeckOK Polizei- und Sicherheitsrecht, Art. 1 Rn. 10). Die örtliche Zuständigkeit der KPI Würzburg ergibt sich aus Art. 3 Abs. 1 POG, wonach die Polizei zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben im gesamten Staatsgebiet befugt ist.
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Auch die nach Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG erforderliche Anhörung ist erfolgt. Ausweislich der Verwaltungsvorgänge des Beklagten wurde dem Kläger mit Schreiben vom 30. Dezember 2020 die Gelegenheit gegeben, sich zu den entscheidungserheblichen Tatsachen zu äußern. Hierbei wurde ihm unter Bezugnahme auf die Ereignisse vom 13. Dezember 2020 die beabsichtigte förmliche Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung für den Fall der nicht freiwilligen Vornahme angekündigt.
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Gegen die Begründung des streitgegenständlichen Bescheids bestehen nach Maßgabe des Art. 39 Abs. 1 Sätze 1 u. 2 BayVwVfG im Ergebnis ebenfalls keine Bedenken. Zwar mag es sein, dass es mit den Bescheiden in den Parallelverfahren sprachliche Übereinstimmungen gibt und dies auf die Verwendung von Textbausteinen rückschließen lässt. Dies steht aber einer formell rechtmäßigen Begründung nicht entgegen. Formularbegründungen - standardisierte Begründungen - sind durchaus rechtlich zulässig (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 21. Aufl. 2020, § 39 Rn. 18). Der Beklagte hat in dem streitgegenständlichen Bescheid die tatsächlichen Umstände vom 13. Dezember 2020 geschildert. Der Kläger habe gemeinsam mit etwa 20 weiteren Personen, wobei hiervon neben dem Kläger sieben weitere Personen identifiziert worden seien, eine andere Versammlung mit Sprechchören und Parolen begleitet. Hieran anknüpfend erfolgt die rechtliche Würdigung, in der der Beklagte das Gegebensein der einzelnen Tatbestandsvoraussetzungen des § 81b Alt. 2 StPO rechtlich darlegt. Die Annahme einer Wiederholungsgefahr wird vor dem Hintergrund der individuellen strafrechtlichen Vorgeschichte des Klägers begründet. Dabei erkennt der Beklagte, dass ihm Ermessen bei der Anordnung zusteht und begründet die Ausübung desselben in einer Art. 39 Abs. 1 Satz 3 BayVwVfG genügenden Art und Weise.
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2.2. Der Bescheid erweist sich auch als materiell rechtmäßig.
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2.2.1. Die Rechtsgrundlage der Ziffern 1, 2 und 5 findet sich in § 81b Alt. 2 StPO. Dieser setzt voraus, dass der Betroffene im Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheides Beschuldigter eines Strafverfahrens war und die erkennungsdienstliche Behandlung für die Zwecke des Erkennungsdienstes notwendig war.
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Die Beschuldigteneigenschaft, welche subjektiv den Verfolgungswillen der Strafverfolgungsbehörden voraussetzt, der sich objektiv in einem Willensakt manifestiert hat, wird durch die erste Ermittlungshandlung begründet, die sich gegen eine bestimmte Person richtet (vgl. BayVGH, B.v. 2.4.2015 - 10 C 15.304 - juris Rn. 5). Für die Beschuldigteneigenschaft ist demnach eine Anzeige durch die Polizei bei der Staatsanwaltschaft nicht erforderlich, der Betroffene ist vielmehr bereits dann Beschuldigter im Sinne des Strafprozessrechts, wenn ein Straf- oder Ermittlungsverfahren gegen ihn schwebt. Für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens reicht es aus, wenn nach kriminalistischer Erfahrung die Möglichkeit besteht, dass eine verfolgbare Straftat vorliegt; es darf sich jedoch nicht lediglich um Vorermittlungen handeln, durch die der Betroffene noch nicht zum Beschuldigten i.S.d. § 81b StPO wird (vgl. OVG Lüneburg, B.v. 31.8.2010 - 11 ME 288/10 - juris). Entscheidend für die Anhängigkeit eines Ermittlungsverfahrens ist, wie sich bereits aus dem Wort „Beschuldigter“ ergibt, der Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids (vgl. BVerwG, B.v. 14.7.2014 - 6 B 2.14 - juris Rn. 4). Selbst der spätere Wegfall der Beschuldigteneigenschaft infolge der Beendigung des Strafverfahrens beispielsweise durch Einstellung, Verurteilung oder Freispruch lässt die Rechtmäßigkeit der angeordneten Maßnahmen unberührt (st. Rspr.; vgl. BayVGH, B.v. 2.4.2015 - 10 C 15.304 - juris Rn. 6; BayVGH, U.v. 12.11.2013 - 10 B 12.2078 - juris Rn. 19; BayVGH, B.v. 28.11.2012 - 10 ZB 12.1468 - juris Rn. 6). Erkennungsdienstliche Unterlagen nach § 81b Alt. 2 StPO werden im Unterschied zu § 81b Alt. 1 StPO nicht für die Zwecke eines gegen den Betroffenen gerichteten oder irgendeines anderen konkreten Strafverfahrens erhoben. Ihre Anfertigung, Aufbewahrung und systematische Zusammenstellung in kriminalpolizeilichen Sammlungen dient nach ihrer gesetzlichen Zweckbestimmung vielmehr - ohne unmittelbaren Bezug zu einem konkreten Strafverfahren - der vorsorgenden Bereitstellung von sächlichen Hilfsmitteln für die sachgerechte Wahrnehmung der Aufgaben, die der Kriminalpolizei hinsichtlich der Erforschung und Aufklärung von Straftaten durch § 163 StPO zugewiesen sind (BVerwG, U.v. 19.10.1982 - 1 C 29/79; BayVGH, B.v. 19.5.2005 - 24 CS 05.368 - jeweils juris). Dass eine erkennungsdienstliche Behandlung nach § 81b Alt. 2 StPO nur gegen einen Beschuldigten angeordnet werden darf, besagt lediglich, dass die Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung nicht an beliebige Tatsachen anknüpfen und zu einem beliebigen Zeitpunkt ergehen kann, sondern dass sie aus einem konkret gegen den Betroffenen als Beschuldigten geführten Strafverfahren hervorgehen und jedenfalls auch aus den Ergebnissen dieses Verfahrens die gesetzlich geforderte Notwendigkeit der erkennungsdienstlichen Behandlung herleiten muss. Dies ändert jedoch nichts daran, dass die gesetzlichen Zwecke der Anordnung und der durch sie vorgeschriebenen erkennungsdienstlichen Behandlung außerhalb des Strafverfahrens liegen, das Anlass zur Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung des Beschuldigten gibt (BVerwG, U.v. 23.11.2005 - 6 C 2/05 - juris).
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Diese Voraussetzung war zum maßgeblichen Zeitpunkt der Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung am 23. Februar 2021 hinsichtlich des Klägers erfüllt. Gegen den Kläger wird seit dem 15. Dezember 2020 ein Ermittlungsverfahren wegen Verstoßes gegen das Bayerische Versammlungsgesetz u.a. vom 13. Dezember 2020, Az. … bzw. … … …, geführt, was die Beschuldigteneigenschaft des Klägers begründet. Die Anordnung des Beklagten gegenüber dem Kläger erging gemäß den Anforderungen der Rechtsprechung zeitlich nach dem Abgabevermerk der Polizei vom 29. Januar 2021 auf der Basis der Ermittlungen der KPI Würzburg wonach es im Rahmen der Versammlung „Adventsspaziergang“ der Initiative „Eltern stehen auf“ am 13. Dezember 2020 nach Einschätzung der Polizei durch 20 bis 25 Personen, zu denen der Kläger zählte, zu strafbewehrten Verstößen zumindest gegen das Bayerische Versammlungsgesetz gekommen sein soll. Dem steht nicht entgegen, dass, wie der Klägerbevollmächtigte vorträgt, dem Kläger kein konkreter Tatvorwurf gemacht werde. Vielmehr ist es für die Anlasstat ausreichend, dass der Kläger durch die szenekundigen Beamten zweifelsfrei identifiziert werden konnte und nach dem bereits erwähnten Abgabevermerk der Polizei von einem gleichwertigen Agieren der Personen auszugehen ist. Wie dies letztlich strafrechtlich zu beurteilen ist und ob es überhaupt zu einer strafrechtlichen Verurteilung führen wird, ist bei der präventiven Zwecken dienenden Vorschrift des § 81b Alt. 2 StPO nicht erheblich.
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Die angeordneten Maßnahmen sind auch nach der im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung gegebenen Sachlage für die Zwecke des Erkennungsdienstes notwendig im Sinne des § 81b Alt. 2 StPO. Für die Annahme der Notwendigkeit bedarf es einer auf der sog. Anlasstat beruhenden Wiederholungsgefahr. Diese bestimmt sich danach, ob der konkrete Sachverhalt der Anlasstat nach kriminalistischer Erfahrung angesichts aller Umstände des Einzelfalls Anhaltspunkte für die Prognose bietet, dass der Betroffene in den Kreis Verdächtiger einer noch aufzuklärenden anderen Straftat einbezogen werden könnte und dass die erkennungsdienstlichen Unterlagen die dann zu führenden Ermittlungen, den Betroffenen letztlich überführend oder entlastend, fördern könnten (vgl. BayVGH, U.v. 12.11.2013 - 10 B 12.2078 - juris Rn. 22 m.w.N.; BayVGH, B.v. 6.12.2011 - 10 ZB 11.365 - juris Rn. 4). Es hat stets eine Abwägung zu erfolgen, in die einerseits das Interesse der Öffentlichkeit an einer effektiven Verhinderung bzw. Aufklärung von Straftaten und andererseits das Interesse des Betroffenen einzustellen ist, entsprechend dem Menschenbild des Grundgesetzes nicht bereits deshalb als potentieller Rechtsbrecher behandelt zu werden, weil er sich irgendwie verdächtig gemacht hat oder angezeigt worden ist (BayVGH, B.v. 16.11.2015 - 10 CS 15.1564 - juris Rn. 17 m.w.N.). Der unbestimmte Rechtsbegriff der „Notwendigkeit“ unterliegt dabei der vollen gerichtlichen Überprüfung durch die Verwaltungsgerichte, während das der polizeilichen Prognose über das künftige Verhalten des Betroffenen zugrundeliegende Wahrscheinlichkeitsurteil einer solchen Kontrolle nur begrenzt zugänglich ist (vgl. VGH BW, U.v. 29.5.2008 - 1 S 1503/07 - juris Rn. 18; SächsOVG, B.v. 29.1.2010 - 3 D 91/08 - juris Rn. 6). Die für diese Prognoseentscheidung maßgeblichen Umstände des Einzelfalls ergeben sich insbesondere aus Art, Schwere und Begehungsweise der dem Beschuldigten im strafrechtlichen Anlassverfahren zur Last gelegten Straftaten, aus seiner Persönlichkeit sowie seinem bisherigen strafrechtlichen Erscheinungsbild (stRspr, vgl. BayVGH, B.v. 8.9.2020 - 10 CS 20.1850 - juris Rn. 5 m.w.N.). Dabei sind die Anforderungen, die an die Wiederholungsgefahr, d.h. an die Wahrscheinlichkeit eines erneuten Schadenseintritts gestellt werden müssen, umso geringer, je höherwertiger das gefährdete Rechtsgut ist (vgl. BayVGH, B.v. 17.11.2008 - 10 C 08.2872 - juris Rn. 12). Die gerichtliche Kontrolle ist hierbei darauf beschränkt, ob die nach kriminalistischer Erfahrung anzustellende Prognose auf einer zutreffenden Tatsachengrundlage beruht und ob sie nach gegebenem Erkenntnisstand unter Einbeziehung des kriminalistischen Erfahrungswissens sachgerecht und vertretbar ist (vgl. VGH Bad.-Württ., U.v. 18.12.2003 - 1 S 2211/02 - juris Rn. 39; VGH Rheinl.-Pfalz, U.v. 29.5.2008 - 1 S 1503/07 - juris Rn. 18; OVG Magdeburg, U.v. 18.8.2010 - 3 L 372/09 - juris Rn. 46 m.w.N.). Die Vorschrift des § 81b Alt. 2 StPO stellt hinsichtlich der Notwendigkeit der Maßnahmen nicht (nur) auf den Zeitpunkt des Erlasses der Anordnung, sondern auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Vornahme dieser Maßnahmen ab. Im Rahmen der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle der streitigen Anordnung kommt es deshalb für die Notwendigkeit der angeordneten Maßnahmen auf die Sachlage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung an (vgl. BVerwG, U.v. 19.10.1982 - 1 C 29/79 - juris Rn. 31).
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Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs hat die KPI Würzburg die Notwendigkeit im Sinne des § 81b Alt. 2 StPO zu Recht bejaht und zutreffend angenommen, dass sich aus der Art und Weise der Begehung der Anlasstat im Zusammenspiel mit dem bisherigen - auch strafrechtlichen - Werdegang des Klägers eine hinreichend konkrete Wiederholungsgefahr ergibt. Weder die Sachlage im Zeitpunkt der Vornahme der erkennungsdienstlichen Maßnahmen noch im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung gebietet eine andere Beurteilung.
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Die Prognose, es bestünden Anhaltspunkte für die Annahme, dass der Kläger in ähnlicher oder anderer Weise erneut straffällig werden könnte und die erkennungsdienstlichen Unterlagen zur Förderung der dann zu führenden Ermittlungen geeignet erscheinen, beruht einerseits darauf, dass die Anlasstat als geeignete Grundlage für die streitgegenständliche Anordnung angesehen wurde. Dies ist aufgrund der individuellen Umstände des vorliegenden Einzelfalls nicht zu beanstanden.
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Ausweislich der polizeilichen Aktenvermerke zum Versammlungsaufzug vom 13. Dezember 2020 lag bereits im Zeitpunkt des Bescheiderlasses ein hinreichend konkreter Anfangsverdacht für die Beteiligung des Klägers an Straftaten nach Art. 20 Abs. 2 Nr. 6 wegen des Verstoßes gegen das Vermummungsverbot nach Art. 16 Abs. 2 Nr. 1 BayVersG bzw. nach Art. 20 Abs. 1 Nr. 2 i.V. m. Art. 8 Abs. 2 Nr. 1 BayVersG wegen des Androhens von Gewalttätigkeiten und des Verursachens von Störungen vor. Laut Sachverhaltsschilderung vom 29. Januar 2021 war der Kläger innerhalb der Störergruppe von KHMin … erkannt worden. Dass im Zeitpunkt des Bescheiderlasses noch nicht feststand, ob auch eine Strafbarkeit des Klägers und der weiteren Beschuldigten z.B. wegen Landfriedensbruchs (§ 125 StGB) oder Nötigung (§ 240 StBG) in Betracht kam - wie die Sachverhaltsschilderung der KPI Würzburg vom 29. Januar 2021, in der um staatsanwaltschaftliche Würdigung und Weisung gebeten wird, zeigt - ist unschädlich, da ein zeitlich, örtlich und gegenständlich konkretisierter Anfangsverdacht zumindest einer Straftat nach dem Versammlungsgesetz gegeben war, der eine geeignete Grundlage für die Prognose der erneuten Straffälligkeit des Klägers darstellte. Im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung, in dem wegen der laufenden Ermittlungen immer noch keine Einschätzung der Staatsanwaltschaft zu weiteren in Betracht kommenden Delikten vorliegt bzw. offengelegt wird, ist keine andere Beurteilung geboten. Aufgrund der Vorfälle am 13. Dezember 2020 wird gegen den Kläger weiterhin ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Würzburg geführt. Die Staatsanwaltschaft geht von ausreichenden Verdachtsmomenten gegen den Kläger aus, was sich darin zeigt, dass in der staatsanwaltlichen Verfügung vom 22. Februar 2021, Nr. 2b), die am 1. März 2021 bei der KPI Würzburg eingegangen ist, mit Nötigung und Landfriedensbruch auch Straftatbestände außerhalb des Bayerischen Versammlungsgesetzes in Betracht gezogen werden. Auch der Umstand, dass mit Beschluss vom 20. September 2021 die Durchsuchung bei einem Nichtbeteiligten angeordnet wurde, zeugt davon, dass die Staatsanwaltschaft immer noch von derart gewichtigen Verdachtsmomenten gegen den Kläger ausgeht, die jedenfalls weitere Ermittlungen rechtfertigen. Auch der Umstand, dass diese Ermittlungen dem Zweck dienen, die in Rede stehenden Handlungen der einzelnen Beschuldigten weiter zu konkretisieren, hindert den Erlass einer präventiv-polizeilichen Anordnung zur Durchführung einer erkennungsdienstlichen Behandlung nach Auffassung des Gerichts nicht. Wie bereits ausgeführt, erfordert eine Maßnahme nach § 81b Alt. 2 StPO gerade nicht, dass der konkrete Tatvorwurf gegenüber dem Kläger oder gar seine Schuld zweifelsfrei belegt ist. Auf die genaue Ermittlung, insbesondere Zuordnung einzelner Tatbeiträge kommt es im vorliegenden Fall nicht an. Nach Angaben der szenekundigen Beamten handelte es sich bei den Störern, von denen der Kläger zweifelsfrei identifiziert werden konnte, um Teile des sog. „B-Blocks“, also der polizeibekannten Fan-Szene der Würzburger Kickers. Dafür, dass der Kläger gar nicht Teil des sog. „B-Blocks“, d.h. der Gruppe der Versammlungsstörer war, er deren gemeinschaftliches Vorgehen gegen die Versammlung missbilligt hätte oder er sich zumindest vom gewaltbereiten Handeln einzelner Mitglieder distanziert hätte, bestehen keine Anhaltspunkte. Das erstmals in der mündlichen Verhandlung durch seinen Bevollmächtigten geäußerte unsubstanziierte Bestreiten einer Tatbeteiligung des Klägers ist insofern unbehelflich.
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Entgegen der Auffassung der Klägerseite handelt es sich bei den Tatvorwürfen nicht um bloße Bagatelldelinquenzen. Aufgrund der aus der Gruppendynamik resultierenden latenten Gefährlichkeit sowie des hohen verfassungsrechtlichen Schutzes, der Versammlungen zukommt, fehlt einem solchen Verhalten jeglicher Bagatellcharakter.
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Auch der Einwand, es sei nicht ermittelt worden, ob ein hinreichender Tatverdacht gegen den Kläger vorliege, verfängt ebenso wenig wie die Behauptung, auch ein Jahr nach der Tat lägen immer noch keinerlei Erkenntnisse über eine gesicherte Täterschaft des Klägers vor. Die Klägerseite verkennt insoweit, dass § 81b Alt. 2 StPO keinen hinreichenden Tatverdacht i.S.d. § 170 Abs. 1 StPO erfordert, was voraussetzen würde, dass der Fall nach der Beurteilung der Sach- und Rechtslage für mit überwiegender Sicherheit für verurteilungsfähig erachtet wird. Ausreichend für die Anordnung einer präventiv-polizeilichen erkennungsdienstlichen Behandlung ist vielmehr bereits ein nach Art und Ausführung der Tat, derer der Betroffene verdächtig ist, und seinen persönlichen Verhältnissen zu bestimmender sog. Resttatverdacht (vgl. BayVGH, B.v. 29.10.2014 - 10 ZB 14.1355 - juris Rn. 7; BVerfG, B.v. 1.6.2006 - 1 BvR 2293/03 - juris Rn. 14 f.). Die Berücksichtigung und Bewertung von Verdachtsgründen stellt auch keine durch die Unschuldsvermutung verbotene Schuldzuweisung dar, denn die Feststellung des Tatverdachts ist etwas substantiell anderes als eine Schuldfeststellung (vgl. BVerfG, B. v. 16.5.2002 - 1 BvR 2257/01 - juris Rn. 9). Zur Überzeugung des Gerichts bestehen gegen den Kläger - wie bereits dargestellt - die für § 81b Alt. 2 StPO erforderlichen Verdachtsmomente, dass er sich aufgrund seines Verhaltens am 13. Dezember 2020 zumindest wegen Verstößen gegen Art. 20 BayVersG strafbar gemacht haben kann.
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Andererseits basiert die dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegende kriminalistische Prognose darauf, dass der Kläger bereits in der jüngeren Vergangenheit strafrechtlich in Erscheinung getreten ist. Gegen den Kläger ist ein Strafverfahren aus dem Jahr 2019 gegeben, welches zwar nach § 153a Abs. 1 StPO eingestellt wurde, aber gleichwohl einen verfassungsrechtlich tragfähigen Gesichtspunkt bei der Beurteilung der Wiederholungsgefahr darstellen kann (vgl. BVerfG, B.v. 16.5.2002 - 1 BvR 2257/01 - juris Rn. 19). Der Kläger wurde zudem als Gewalttäter Sport ausgeschrieben. Vor dem Hintergrund, dass der Kläger bei der Anlasstat als Teil der gewaltbereiten Hooligan-Szene, des sog. „B-Blocks“ der … …, aufgetreten ist und er nach Aktenlage der linksextremen Szene zugerechnet wird, konnte der Beklagte nach Wertung der Kammer zulässigerweise annehmen, es bestehe die nicht unerhebliche Gefahr, der Kläger könnte künftig in den Kreis Verdächtiger einer noch aufzuklärenden anderen Straftat einbezogen werden. Das vom Kläger gewonnene erkennungsdienstliche Material kann dabei für die Ermittlungen förderlich sein und sowohl zur Entlastung des Klägers als auch zu seiner Belastung herangezogen werden.
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Keine weiteren Bedenken bestehen gegen die Ermessensausübung durch den Beklagten, die durch das Gericht im Rahmen des § 114 Satz 1 VwGO überprüft wird, insbesondere bezüglich der Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Der Beklagte hat die Interessen des Klägers berücksichtigt und mit den hier widerstreitenden öffentlichen Interessen abgewogen. In rechtsfehlerfreier Weise ist er zu dem Schluss gekommen, dass es insbesondere vor dem Hintergrund möglicherweise durch den Kläger künftig begangener Straftaten und deren Aufklärung kein gleich geeignetes und milderes Mittel zur Strafaufklärung gibt. Auf die Ausführungen im verfahrensgegenständlichen Bescheid wird nach § 117 Abs. 5 VwGO Bezug genommen.
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2.2.2. Darüber hinaus erweisen sich die Androhung und Festsetzung des Zwangsgelds in Ziffern 3 und 4 des verfahrensgegenständlichen Bescheids als rechtmäßig. Eine gesonderte Festsetzung im Anschluss an eine Androhung des Zwangsgeldes ist nach dem PAG in Bayern nicht vorgesehen, sodass beides in einem Bescheid erfolgen kann. Das angedrohte und festgesetzte Zwangsgeld bewegt sich mit 250,00 EUR im unteren Bereich der in Art. 73 Abs. 1 PAG vorgesehenen Höhe. Die Zahlungsfrist von zwei Monaten ist dabei auch angemessen im Sinne des Art. 73 Abs. 2 PAG. Auch die Androhung unmittelbaren Zwangs unter Ziffer 6 begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
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3. Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.