Titel:
Eingruppierung eines Servicetechnikers in der Außenmontage nach § 3 EG 6 oder EG 7 ERA-TV
Normenketten:
TVG § 1
BetrVG § 99 Abs. 1
Entgeltrahmentarifvertrag für die Bayerische Metall- und Elektroindustrie (II) und (VI) (ERA-TV) § 2 Nr. 3
Leitsatz:
Zur Eingruppierung eines Servicetechnikers in der Außenmontage nach § 3 EG 6 ERA-TV (Parallelentscheidung zu ArbG München, Beschluss vom 11.5.2021 - 25 BV 33/20). (Rn. 25 – 33) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Eingruppierung, Servicetechniker in der Außenmontage, Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats
Rechtsmittelinstanzen:
LArbG München, Beschluss vom 14.09.2022 – 5 TaBV 34/21
BAG Erfurt, Beschluss vom 13.11.2023 – 4 ABR 22/22
Fundstelle:
BeckRS 2021, 60318
Tenor
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Gründe
1
Die Beteiligten streiten um die Ersetzung der Zustimmung zur Eingruppierung des Mitarbeiters G.
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Die Antragstellerin und Beteiligte zu 1) ist ein Anbieter von Aufzügen und Rolltreppen, die auch Wartungs- und Reparaturaufgaben erbringt. Für die Standorte A-Stadt, M-Stadt, RStadt, N-Stadt, L-Stadt, K-Stadt, F-Stadt, W-Stadt und U-Stadt ist ein einheitlicher Betriebsrat, der Beteiligte zu 2) gewählt.
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Die Beteiligte zu 1) ist Mitglied des Verbandes der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie und wendet in allen Standorten des Betriebs Süd die Bayerischen Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie an. Die Betriebsparteien haben zur betrieblichen Umsetzung der Entgeltrahmentarifverträge unter dem 28.02.2008 eine Gesamtbetriebsvereinbarung abgeschlossen (Bl. 11 – 13 d.A.). Diese sieht unter 2.2.2. vor, dass für neu zu besetzende Stellen die Anforderungen, Stellenbeschreibungen und Eingruppierungen vereinbart und als Anlage 2 zu der Gesamtbetriebsvereinbarung beigefügt werden.
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Entsprechend dieser Gesamtbetriebsvereinbarung wird bei Servicemonteuren zwischen drei Stufen unterschieden, nämlich dem Monteur/Wartung/Kleinreparatur (Stufe 1), dem Monteur/Wartung/Kleinreparatur (Stufe 2) und dem Monteur/Wartung/Kleinreparatur (höher Stufe 3). Die Stufen differenzieren nach der Komplexität der Arbeitsaufgaben. Servicemonteure der Standardstufe sind zuständig für die Wartung, den Austausch, die Reparatur, die Justierung und ggf. den Test von Standardkomponenten. Servicemonteure der mittleren Stufe bearbeiten auch komplexere Komponenten; Servicemonteure der höchsten Stufe bearbeiten in erster Linie hochwertige Komponenten. Wegen der Einzelheiten wird auf die Stellenbeschreibungen (Bl. 15 – 20 d.A.) Bezug genommen.
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Auf dieser Basis gruppierte die Beteiligte zu 1) Servicemonteure der Stufe 2 regelmäßig in die Entgeltgruppe 6 des Entgeltrahmentarifvertrages für die Bayerische Metall- und Elektroindustrie.
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Im Rahmen der Tarifverhandlungen im Jahre 2006 einigten sich der Gesamtverband der Arbeitgeberverbände der Metall- und Elektroindustrie e.V. und der Vorstand der I. M. am 22.12.2005 auf Folgendes (Bl. 36 – 37 d.A.):
2. Die Tarifvertragsparteien stimmen überein, dass alle regionalen ERA-Systeme geeignet sind, die Arbeitsaufgaben auf Montagen zu bewerten. Dies wird unter anderem dokumentiert durch die Definition der Bewertungsmerkmale, die auch die typischen Anforderungen von Montageaufgaben umfassen, bzw. durch die vereinbarten Tarifbeispiele. Auf der Grundlage der ERA-Bestimmungen werden Gespräche über z.B. Tarifbeispiele geführt. Sehen die regionalen ERA-Bestimmungen keine Tarifbeispiele vor, gilt Folgendes: Bei Tätigkeiten auf Montagen können nach den regionalen ERA-Bestimmungen die Voraussetzungen vorliegen, die eine Eingruppierung in eine höhere Stufe oder Gruppe als bei vergleichbaren Tätigkeiten im Betrieb rechtfertigen.
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Am 16.01.2006 vereinbarten der Verband der Metall- und Elektroindustrie NordrheinWestfalen e.V. und die I. M., Bezirksleitung Nordrhein-Westfalen Folgendes:
„1. Die Tarifvertragsparteien haben das beigefügte Niveaubeispiel der Außenmontage nach den Bestimmungen des ERA gemeinsam bewertet (mit Begründung) und den ERA-Niveaubeispielskatalog um dieses Niveaubeispiel 07.06.03.05 ergänzt.“
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Nach dem Niveaubeispiel 07.06.03.05 „Durchführen von Inbetriebnahme-/Servicearbeiten im In- und Ausland (Monteur/-in) sind Außenmonteure in die Entgeltgruppe 10 in NRW einzugruppieren. Die EG 10 in NRW entsprich der EG 7 in Bayern. Wegen des weiteren Inhalts wird auf Bl. 32 – 34 d.A. Bezug genommen.
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Unter dem 03.02.2006 stimmte der Gesamtverband der Arbeitgeberverbände der Metall- und Elektroindustrie e.V. u.a. für den Verband der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie e.V. dem Verhandlungsergebnis zur Thematik „Außenmontage und ERA vom 22.12.2005“ zu.
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Der Entgeltrahmentarifvertrag für die bayerische Metall- und Elektroindustrie (ERA-TV) enthält u.a. folgende Regelungen:
§ 2 Allgemeine Eingruppierungsbestimmungen
1. Die Arbeitnehmer werden nach den folgenden Grundsätzen in eine Entgeltgruppe eingruppiert.
2. Die Eingruppierung erfolgt aufgrund der Anforderungen der gesamten übertragenen Arbeitsaufgabe. Zur Bewertung der Arbeitsaufgabe ist eine ganzheitliche Betrachtung der Anforderungen vorzunehmen.
Beinhaltet die Arbeitsaufgabe unterschiedliche Anforderungen, so sind die Anforderungen ausschlaggebend, die das Niveau der gesamten Arbeitsaufgabe prägen. Diese Anforderungen werden im Rahmen einer Gesamtbetrachtung ermittelt. Hierbei sind weder der zeitliche Umfang einzelner Aufgaben noch die Einzelaufgabe mit dem höchsten Niveau allein ausschlaggebend.
3. Die Eingruppierung setzt die Erfüllung der in der jeweiligen Entgeltgruppe beschriebenen Eingruppierungskriterien voraus.
(I) Eingruppierungskriterien sind fachliche Qualifikation und Handlungsspielraum.
(II) Anforderungen an Einsatzflexibilität, Zusammenarbeit und Kommunikation sind im Rahmen des Kriteriums der fachlichen Qualifikation zu bewerten.
(III) Die erforderliche fachspezifische Zusatzqualifikation kann durch fachspezifische Erfahrung und/oder Weiterbildung erworben werden. Hierbei ist nicht die Dauer der entsprechenden Tätigkeit entscheidend.
(IV) Die fachspezifische Zusatzqualifikation kann ganz oder teilweise durch das Kriterium Führung (z.B. Führungsaufgabe und fachliche Verantwortung für unterstellte Mitarbeiter) ersetzt werden. Dies gilt entsprechend unterhalt der Entgeltgruppe 5.
(V) Der Nachweis des Abschlusses der in einer Entgeltgruppe angeführten Ausbildung und/oder Weiterbildung ist nicht erforderlich, andererseits begründet der Nachweis einer bestimmten Ausbildung (z.B. Berufsausbildung, qualifizierte Weiterbildung, Studium) allein keinen Anspruch auf Eingruppierung in eine bestimmte Entgeltgruppe (VI) Die besonderen Anforderungen an fachliche Verantwortung, Einsatzflexibilität, Zusammenarbeit und Kommunikation in der Außenmontage sind bei der konkreten Eingruppierung zu berücksichtigen. Dies führt zu einer höheren Entgeltgruppe, sofern die Eingruppierungskriterien gemäß §§ 2 und 3 erfüllt sind.
4. Tarifliche Orientierungsbeispiele (vgl. Anhang)
(I) Die tariflichen Orientierungsbeispiele bieten Anhaltspunkte für die Eingruppierung. Sie sind nur in Übereinstimmung mit den jeweiligen Eingruppierungskriterien der Entgeltgruppe anwendbar, weil Inhalt und Wertigkeit der einzelnen Arbeitsaufgaben von Betrieb zu Betrieb unterschiedlich sein können.
(II) Die Anwendung der Orientierungsbeispiele setzt auf Wunsch des Arbeitnehmers oder des Betriebsrats bei Vorliegen einer schriftlichen Beschreibung der übertragenen Arbeitsaufgabe des Arbeitnehmers voraus.
5. Eingruppierungsverfahren (I) Der Arbeitgeber teilt dem Betriebsrat die beabsichtigte Eingruppierung des Arbeitnehmers mit. Dabei hat er dem Betriebsrat die erforderlichen Unterlagen/Informationen zu geben (u.a. schriftliche oder mündliche Aufgabenbeschreibungen). Die Vorschriften der §§ 99 ff BetrVG sind zu beachten.
(III) Die Betriebsparteien können anstelle der Regelungen in Absatz (I) zur Eingruppierung auch für die Zeit nach der betrieblichen Einführung des Entgeltrahmentarifvertrages durch freiwillige Betriebsvereinbarung die Regelungen zur Eingruppierung in § 3 Einführungstarifvertrag vereinbaren. Anstelle der in § 3 Ziffern 2 Abs. (II), 4 und 5 Einführungstarifvertrag genannten Fristen gilt jeweils eine Frist von 2 Wochen, sofern die Betriebsparteien nichts anderes vereinbaren.
Entgeltgruppe 5 Es handelt sich um eine Arbeitsaufgabe, die Entscheidungen bei der Arbeitsausführung voraussetzt.
Die Arbeitsaufgabe erfordert Kenntnisse und Fertigkeiten, wie sie in der Regel durch eine einschlägige mindestens dreijährige abgeschlossene Berufsausbildung erworben werden.
Gleichgestellt werden Kenntnisse und Fertigkeiten, wie sie in der Regel durch eine einschlägige zweijährige abgeschlossene Berufsausbildung und längere zusätzliche fachspezifische Erfahrung erworben werden.
Die insgesamt erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten können auch auf andere Weise erworben werden.
Die Arbeitsaufgabe erfordert Kenntnisse und Fertigkeiten, wie sie in der Regel durch eine einschlägige mindestens dreijährige abgeschlossene Berufsausbildung und eine fachspezifische Zusatzqualifikation erworben werden.
Die erforderliche Zusatzqualifikation kann auch durch eine fachspezifische Erfahrung von etwa 15 Monaten erreicht werden.
Die insgesamt erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten können auch auf andere Weise erworben werden.
Die Arbeitsaufgabe erfordert Kenntnisse und Fertigkeiten, wie sie in der Regel durch eine einschlägige mindestens dreijährige abgeschlossene Berufsausbildung und erweiterte fachspezifische Zusatzqualifikation erworben werden.
Die erforderliche Zusatzqualifikation kann auch durch mehrjährige, d.h. mindestens dreijährige fachspezifische Erfahrung erreicht werden.
Gleichgestellt werden Kenntnisse und Fähigkeiten, wie sie in der Regel durch qualifizierte Weiterbildung zum Meister oder Fachwirt erworben werden.
Die insgesamt erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten können auch auf andere Weise erworben werden.“
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Mit Schreiben vom 14.10.2020 (Bl. 21 d.A.) beantragte die Beteiligte zu 1) die Zustimmung des Beteiligten zu 2) zur Einstellung und Eingruppierung des Mitarbeiters G. als Servicetechniker mit Dienstsitz A-Stadt und Eingruppierung in die Entgeltgruppe EG 6 Stufe A. Der Beteiligte zu 2) stimmte unter dem 20.10.2020 (Bl. 22 – 23 d.A.) der Versetzung zu, der Eingruppierung jedoch nicht. Er führte aus, dass die Eingruppierung in die Entgeltgruppe 06 gegen tarifliche Bestimmungen verstoße und er mindestens in die tarifliche Entgeltgruppe 07 einzuordnen sei.
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G. verfügt über eine Ausbildung zum Elektroninstallateur. Er ist bei der Beteiligten zu 1) seit 9 Jahren im Aufzugsbau in unterschiedlichen Aufzugsfirmen tätig gewesen. Über eine Zusatzqualifikation verfügt er nicht. Er erbringt Tätigkeiten als Servicemonteur, wie z.B. Reparaturen von elektrischen, mechanischen, hydraulischen und/oder elektronischen Teilen/Komponenten auch anderer Hersteller, ggf. nach Zeichnung/Montaganweisung. Ferner nimmt er Funktionsprüfungen vor. Er unternimmt einen Vergleich des festgestellten Anlagenzustandes aller Bauarten mit dem Sollzustand der Anlage auch mit dem Einsatz eines Diagnosesystems und führt Wartungstätigkeiten nach einschlägigen Wartungsmethoden vor. Er ist mit der Fehlersuche mit dem Erstellen der richtigen Diagnose sowie mit der Wiederherstellung (Instandsetzung des Sollzustands der Anlagen befasst. Er ist zusätzlich in der Rufbereitschaft eingesetzt. Bei diesen Tätigkeiten handelt es sich um Tätigkeiten der Stellenbeschreibung der Entgeltgruppe 6 des Ergebnisses mit dem Gesamtbetriebsrat.
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Mit seinem am 30.10.2020 beim Arbeitsgericht München eingegangenen Antrag begehrt der Beteiligte zu 1) die Ersetzung der Zustimmung. Eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe 7 sei nicht gerechtfertigt. Die Tätigkeiten entsprächen denen eines Servicemonteurs. Die Tätigkeit eines Servicemonteurs setze voraus, dass der Arbeitnehmer über eine abgeschlossene dreijährige Berufsausbildung verfüge und über eine 15monatige fachspezifische Erfahrung. Weitere Voraussetzungen seien nicht erforderlich, zumal die Monteure sich bei etwaig technischen Problemen an deren Meister oder aber an den Technical Helpdesk wenden könnten.
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Der Beteiligte zu 1) ist weiterhin der Ansicht, dass sich das Verhandlungsergebnis der Tarifvertragsparteien 2005/2006 auf den Montagezuschlag bezogen habe. Wie die Tätigkeit der Monteure zu bewerten sei, richte sich nach den jeweils einschlägigen regionalen Entgeltrahmenabkommen, vorliegend also nur nach dem Entgeltrahmenabkommen für den Tarifbezirk Bayern. Ein Rückgriff auf das für den Tarifbezirk Nordrhein-Westfalen getroffene Niveaubeispiel sei nicht notwendig. Dies ergebe sich auch aus § 2 Ziffer 2 Absatz 6 ERA-TV. Voraussetzung für eine entsprechende Eingruppierung in der Außenmontage sei folglich stet, dass die Eingruppierungskriterien erfüllt seine. Nur wenn hier ein Wertungsspielraum verbliebe, seien die besonderen Anforderungen der §§ 2 und 3 des Entgeltrahmentarifvertrages der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie allerdings nur im Hinblick auf die Vergütungsgruppe 6 A, nicht aber im Hinblick auf die Vergütungsgruppe 7 A gegeben. Dies sei für G. nicht der Fall. Servicemonteure seien nicht in der Außenmontage tätig, sondern im Bereich der Wartung.
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Vorsorglich weist die Beteiligte zu 1) darauf hin, dass das tarifliche Niveaubeispiel, das der Verband der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalen mit der I. M. Nordrhein-Westfalen ausgehandelt hat, ohnehin zu keinem anderen Ergebnis führe. Die Erfüllung eines Servicemonteurs erforderten eine regelmäßige Kommunikation und Zusammenarbeit, aber keine Abstimmung. Die Servicemonteure habe sich beim Kunden an- und abzumelden. Sie haben die Gewerke allerdings nicht mit anderen Disziplinen abzustimmen.
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Es liege auch kein Verstoß gegen § 77 Abs. 3 BetrVG vor, da § 2 eine Öffnungsklausel für freiwillige Betriebsvereinbarung enthalte.
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Die Beteiligte zu 1) beantragt,
Die Zustimmung des Antragsgegners zur Eingruppierung des Arbeitnehmers G. in die Entgeltgruppe 6A des Entgeltrahmentarifvertrages für die Bayerische Metall- und Elektroindustrie wird ersetzt.
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Der Beteiligte zu 2) beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
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Der Beteiligte zu 2) ist der Ansicht, dass G. richtigerweise in die EG 7 A des Entgeltrahmentarifvertrages für die Bayerische Metall- und Elektroindustrie einzugruppieren sei.
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Unter II § 2, 3 ERA-TV sei vereinbart, dass in der Außenmontage tätige Servicemitarbeiter in eine höhere Entgeltgruppe einzugruppieren seien, wenn die Merkmale der §§ 2 und 3 erfüllt seien. In den vorgelegten Stellenbeschreibungen werde ausdrücklich auf die entgeltrelevanten Aufgaben des Außenmonteurs hingewiesen.
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Die Stellenbeschreibungen der Beteiligten zu 1) seien nie tariflich vereinbart und auch nicht tarifkonform.
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Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das schriftsätzliche Vorbringen der Beteiligten nebst Anlagen sowie auf den Inhalt der Sitzungsniederschriften vom 01.12.2020 und 06.05.2021 Bezug genommen.
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1. Der Antrag der Beteiligten zu 1) auf Ersetzung der Zustimmung des Beteiligten zu 2. zur Eingruppierung des im Antrag benannten Mitarbeiters in die Entgeltgruppe E 6 A des Entgeltrahmenabkommens für die bayerische Metall- und Elektroindustrie ist zulässig. Das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis ist gegeben. Aufgrund der Anzahl der wahlberechtigten Arbeitnehmer (mehr als 20) bedarf die Eingruppierung gemäß § 99 Abs. 1 BetrVG der Zustimmung des Beteiligten zu 2).
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Die begehrte Zustimmung des Beteiligten zu 2. gilt auch nicht gemäß § 99 Abs. 3 S. 2 BetrVG als erteilt, da der Beteiligte zu 2. seine Zustimmung innerhalb einer Woche nach Unterrichtung verweigert hat. Die im Zusammenhang mit der Verweigerung der Zustimmung angeführten Gründe des Beteiligten zu 2) mit Schreiben vom 20. Oktober 2020 sind auch erheblich im Sinne des § 99 Abs. 3 BetrVG. Der Beteiligte zu 2) hat auf die seiner Ansicht nach zu niedrige und daher nicht tarifgerechte Eingruppierung hingewiesen. Er hat damit einen Verweigerungsgrund nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG geltend gemacht.
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2. Der Antrag der Beteiligten zu 1) ist unbegründet. G. ist nicht in die Entgeltgruppe 6 A des Entgeltrahmentarifvertrages für die Bayerische Metall- und Elektroindustrie einzugruppieren.
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a) Die Eingruppierung des Mitarbeiters G. richtet sich nach dem unstreitigen Vorbringen der Beteiligten nach den §§ 2 und 3 des Entgeltrahmen-Tarifvertrages für die bayerische Metall- und Elektroindustrie (ERA-TV).
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Die allgemeinen Eingruppierungsgrundsätze ergeben sich aus § 2 des ERA-TV. Nach § 2 Abs. 1 Ziffer 2 erfolgt die Eingruppierung aufgrund der Anforderung der gesamten übertragenen Arbeitsaufgabe. Zur Bewertung der Arbeitsaufgabe ist eine ganzheitliche Betrachtung der Anforderungen vorzunehmen. Soweit die Arbeitsaufgabe unterschiedliche Anforderungen beinhaltet, sind bei den Anforderungen diejenigen ausschlaggebend, die das Niveau der gesamten Arbeitsaufgabe prägen. Diese sind im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu ermitteln, wobei weder der zeitliche Umfang einzelner Aufgaben noch die Einzelaufgabe mit dem höchsten Niveau allein ausschlaggebend ist. Die Eingruppierungskriterien sind nach § 2 Abs. 1 ERA-TV die fachliche Qualifikation und der Handlungsspielraum. Nach § 2 Abs. 2 sind Anforderungen an die Einsatzflexibilität, Zusammenarbeit und Kommunikation im Rahmen des Kriteriums der fachlichen Qualifikation zu bewerten.
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Nach § 3 erfordert die Eingruppierung in die EG 6, dass die Arbeitsaufgabe Kenntnisse und Fertigkeiten erfordert, wie sie in der Regel durch eine einschlägige, mindestens 3-jährige abgeschlossenen Berufsausbildung und fachspezifische Zusatzqualifikation erworben wird. Die erforderliche Zusatzqualifikation kann auch durch eine fachspezifische Erfahrung von etwa 15 Monaten erreicht werden. Die erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten können auch auf andere Weise erworben werden. Die Eingruppierung in die EG 7 erfordert dagegen eine erweiterte fachspezifische Zusatzqualifikation. Diese kann auch durch eine mehrjährige, d.h. mindestens 3-jährige fachspezifische Erfahrung erreicht werden. Dieser Qualifikation gleichgestellt werden Kenntnisse und Fertigkeiten, wie sie in der Regel durch eine qualifizierte Weiterbildung zum Meister oder Fachwirt erworben werden. Die Kenntnisse und Fertigkeiten können auch auf andere Weise erworben werden.
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b) Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass der Mitarbeiter G. die Voraussetzungen für die Eingruppierung in die EG 6 erfüllt. Aus § 2 Abs. 6 ERA-TV ergibt sich, dass der Mitarbeiter in die EG 7 einzugruppieren ist. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob § 2 Abs. 6 ERA-TV zu einer automatischen Höhergruppierung führt, denn jedenfalls erfüllt der Mitarbeiter G. auch die weiteren Voraussetzungen. Nach § 2 Abs. 6 ERA-TV sind die besonderen Anforderungen an fachliche Verantwortung, Einsatzflexibilität, Zusammenarbeit und Kommunikation in der Außenmontage bei der konkreten Eingruppierung zu berücksichtigen, was zu einer höheren Entgeltgruppe führt, sofern die Eingruppierungskriterien gemäß §§ 2 und 3 erfüllt sind.
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Die Anforderungen an die Einsatzflexibilität, Zusammenarbeit und Kommunikation sind nach dieser Vorschrift im Rahmen des Kriteriums der fachlichen Qualifikation zu bewerten. Dies beinhaltet, dass auch dann, wenn die erforderlichen Qualifikationen nicht unmittelbar gegeben sind, dann, wenn die Einsatzflexibilität, Zusammenarbeit und Kommunikation bestimmte – im Verhältnis zu den normalen Anforderungen dieser Entgeltgruppe gesteigerte – Anforderungen erreichen, diese gegebenenfalls qualifikationserhöhend bewertet werden können. Diese Überlegung ergibt sich auch aus dem Verhandlungsergebnis zum Thema „Außenmontage und ERA“ in dem explizit vereinbart wurde, dass besondere Arbeitsanforderungen an fachliche Verantwortung, Einsatzflexibilität, Zusammenarbeit und Kommunikation in der Außenmontage bei der konkreten Eingruppierung zu berücksichtigen ist und dies zu einer höheren Entgeltgruppe führen kann. Die Regelung des Verhandlungsergebnisses stand im Zusammenhang mit dem Wegfall eines Montagezuschlages nach dem BMTV für die bisherigen Montagestammarbeitnehmer. Im ERV-TV wurde dieses Ergebnis in § 2 Abs. 6 umgesetzt.
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Soweit die Beteiligte zu 1) vorträgt, Servicemonteure seien im Bereich der Wartung tätig und nicht im Bereich der Außenmontage, kann dem die Kammer nicht folgen. Entscheidend ist, dass Montagestammarbeiter auf außerbetrieblichen Arbeitsstellen eingesetzt werden. Dies ist dann der Fall, wenn die Stelle außerhalb des Geländes des Betriebes liegt, für den der Arbeitnehmer eingestellt ist (vgl. BAG v. 11.11.1997 – 3 AZR 162/96 – NZA 1998, S. 946). Unstreitig ist der Mitarbeiter G. auf Einsatzstellen außerhalb des Betriebes eingesetzt, dies gehört zum Wesen des Berufsbildes eines Servicemonteurs.
32
Die Tätigkeiten als Servicemonteur sind so, dass diese eine Höherbewertung der Qualifikation, als die, die in der Entgeltgruppe 6 erforderlich ist, rechtfertigen. Der Tätigkeit des Servicemonteurs im Außendienst ist immanent, dass er eine erhöhte Flexibilität und einen erhöhten Kommunikationsaufwand im Verhältnis zu einem Arbeitnehmer im Betrieb hat. Der Servicemonteur ist an seiner Einsatzstelle, unabhängig davon, wie spezifisch ihm der Auftrag übermittelt wurde, auf sich allein gestellt. Auch wenn er die Möglichkeit hat über ein Technical Hepldesk Rücksprachen zu nehmen, verbleibt doch ein weiterer Entscheidungsspielraum, ob und wie eine bestimmte Aufgabe zu verrichten ist. Er hat zwangsläufig eigene Entscheidungen zu treffen im Hinblick auf die Art und Weise der Arbeitsausführung. Ein Servicemonteur muss darüber hinaus mit dem Kunden kommunizieren. Die Beteiligte zu 1) beschränkt dies zwar auf ein An- und Abmelden, jedoch ist selbst hier ein deutlich höherer Kommunikationsaufwand im Verhältnis zu einem Mitarbeiter im Betrieb erforderlich. Im Übrigen ist bei einer lebensnahen Betrachtungsweise davon auszugehen, dass es eine Vielzahl von Fällen gibt, in denen die Kommunikation nicht lediglich auf einen An- und Abmeldevorgang beschränkt ist. Darüber hinaus ist der Mitarbeiter G. im Bereitschaftsdienst eingesetzt, so dass auch dies eine erhöhte Anforderung an seine Einsatzflexibilität darstellt, welche zu berücksichtigen ist.
33
Nach Ansicht der Kammer ergibt die Bewertung der zusätzlichen Anforderungen an die Einsatzflexibilität, Zusammenarbeit und die Kommunikation, dass diese ein solches Gewicht haben, dass sie über § 2 Abs. 2 ERA-TV mit dem Heraushebungsmerkmal der EG 7 gleichzustellen sind. Dabei ist sich die Kammer darüber bewusst, dass diese Anforderungen von der Ausbildung nicht mit einem Meister oder Fachwirt vergleichbar sind. Wenn diese jedoch ganz außer Acht gelassen werden könnten, ergäbe die Regelung in § 2 Abs. 6 ERA-TV keinen Sinn. Vielmehr kann der Tarifvertrag nur dahingehend verstanden werden, dass das Qualifikationsmerkmal auch durch diese Anforderungen erfüllt werden kann.
34
Diese Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei, § 2 Abs. 2 GKG.
35
Der Beteiligte zu 1) kann gegen diesen Beschluss Beschwerde gemäß der nachfolgenden Rechtsmittelbelehrungeinlegen. Im Einzelnen gilt: