Titel:
Gemeinde, Berufung, Zulassung, Ablehnung, Verwaltungsakt, Wiederaufgreifen, Bundesgebiet, Abstammung, Nachweis, Stellungnahme, Verletzung, Antragstellung, Verfahren, Zulassungsvorbringen, Zulassung der Berufung, Wiederaufgreifen des Verfahrens, Antrag auf Zulassung der Berufung
Schlagworte:
Gemeinde, Berufung, Zulassung, Ablehnung, Verwaltungsakt, Wiederaufgreifen, Bundesgebiet, Abstammung, Nachweis, Stellungnahme, Verletzung, Antragstellung, Verfahren, Zulassungsvorbringen, Zulassung der Berufung, Wiederaufgreifen des Verfahrens, Antrag auf Zulassung der Berufung
Vorinstanz:
VG Ansbach, Urteil vom 11.01.2021 – AN 5 K 19.1629
Rechtsmittelinstanz:
BVerfG Karlsruhe, Beschluss vom 29.12.2022 – 2 BvR 1216/21
Fundstelle:
BeckRS 2021, 59946
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsantragsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsantragsverfahren wird auf 15.000,00 € festgesetzt.
Gründe
1
Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg.
2
Die Kläger wenden sich gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 11. Januar 2021, durch das ihre Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 25. Juli 2019 abgewiesen worden ist. Mit diesem Bescheid hat die Beklagte den (erneuten) Antrag der Kläger vom 11. Dezember 2018 auf Erteilung einer Aufnahmezusage für jüdische Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion und ein Wiederaufgreifen des mit Bescheid vom 10. Oktober 2017 bestandskräftig abgeschlossenen Verfahrens, in welchem eine Aufnahmezusage wegen ablehnender gutachterlicher Stellungnahme der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland (ZWST) vom 7. September 2017 unter Einbeziehung der gutachterlichen Stellungnahme der Union Progressiver Juden in Deutschland (UPJ) vom 29. August 2017 versagt wurde, abgelehnt.
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Das der rechtlichen Überprüfung durch den Senat ausschließlich unterliegende Vorbringen in der Begründung des Zulassungsantrags (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) rechtfertigt keine Zulassung der Berufung. Die geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) liegen nicht vor.
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1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts bestehen nur dann, wenn der Kläger im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten infrage gestellt hat (BVerfG, B.v. 10.9.2009 - 1 BvR 814/09 - juris Rn. 11; B.v. 9.6.2016 - 1 BvR 2453/12 - juris Rn. 16). Solche schlüssigen Gegenargumente liegen bereits dann vor, wenn im Zulassungsverfahren substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufgezeigt werden, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung unrichtig ist (BVerfG, B.v. 20.12.2010 - 1 BvR 2011/10 - NVwZ 2011, 546). Es reicht nicht aus, wenn Zweifel lediglich an der Richtigkeit einzelner Rechtssätze oder tatsächlicher Feststellungen bestehen, auf welche das Urteil gestützt ist. Diese müssen vielmehr zugleich Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses begründen. Das wird zwar regelmäßig der Fall sein. Jedoch schlagen Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente nicht auf das Ergebnis durch, wenn das angefochtene Urteil sich aus anderen Gründen als richtig darstellt (BVerwG, B.v. 10.3.2004 - 7 AV 4/03 - juris Rn. 9).
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Die Kläger führen zur Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung aus, die ZWST habe im vorangegangenen Verfahren in ihrer gutachterlichen Stellungnahme vom 7. September 2017 die Aufnahme der Klägerin zu 1 abgelehnt, da diese aufgrund der Abstammung über ihren Großvater keine patrilineare Jüdin sei. Der Ablehnung liege zugrunde, dass (lediglich) eine Abstammung über den Großvater vorgelegt worden sei. Nachdem die Kläger nunmehr nach einer langen Recherche Dokumente erlangt hätten, die auch die Abstammung der Klägerin zu 1 über die jüdische Großmutter bestätigten, hätten sie am 11. Dezember 2018 das Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 VwVfG beantragt.
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Die Kläger rügen eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) und der Rechtsschutzgarantie (Art. 19 Abs. 4 GG). Der Aufnahmeanspruch aus § 23 Abs. 2 AufenthG bestehe unter dem Gesichtspunkt der ständigen Verwaltungspraxis nach Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit der Anordnung des Bundesministeriums des Innern gemäß § 23 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes über die Aufnahme jüdischer Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion mit Ausnahme der Baltischen Staaten vom 24. Mai 2007, zuletzt geändert am 21. Mai 2015, in der Fassung vom 22. April 2020 (Aufnahmeanordnung). Nicht nur die Verwaltungspraxis der Beklagten sei am Gleichbehandlungsgebot nach Art. 3 Abs. 1 GG zu messen, sondern auch die das behördliche Ermessen lenkende politische Leitentscheidung selbst. Das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass die Beklagte das Gleichbehandlungsgebot sowohl im Rahmen der Aufnahmeanordnung als auch im Rahmen der Verwaltungspraxis verletzt habe. Nach Nr. II 7. Satz 2 der Aufnahmeanordnung bestehe ein Wiederaufnahmegrund nur bei einer Ablehnung aufgrund fehlender Voraussetzungen nach Nr. I 2. lit. a), b) und c). Wenn die Abstammung von einem jüdischen Großelternteil im Sinne von Nr. I 2. lit. a) der Aufnahmeanordnung nachträglich nachgewiesen werden könne, sei ein Wiederaufnahmeverfahren zulässig. Nach Auffassung der Beklagten dürften die Kläger keinen weiteren Aufnahmeantrag stellen, weil die Ablehnung der Aufnahmezusage nach Nr. I 2. lit. e) der Aufnahmeanordnung erfolgt sei und die Aufnahmeanordnung für diesen Ablehnungsgrund keine Wiederaufnahme vorsehe. Die Kläger würden damit gegenüber Antragstellern, die vormals nach Nr. I 2. lit. a), b) oder c) der Aufnahmeanordnung abgelehnt worden seien, ohne rechtfertigenden Grund ungleich behandelt. Während in den Fällen der Nr. I 2. lit. a), b) oder c) der Aufnahmeanordnung eine nachträgliche Beschaffung von Abstammungsnachweisen und Dokumenten ein Wiederaufnahmeverfahren rechtfertigten, sei dies trotz identischen Sachverhalts bei einer Ablehnung aufgrund negativer gutachterlicher Stellungnahme nach Nr. I 2. lit. e) der Aufnahmeanordnung, ebenfalls resultierend aus unzureichenden Abstammungsnachweisen, nicht der Fall. Es stelle sich die Frage, warum die Beklagte wesentlich Gleiches ohne sachlichen Grund ungleich behandle und von dem Gebot der Rechtsanwendungsgleichheit (Gleichheit vor dem Gesetz) abweiche. Welcher legitime Zweck durch diese Ungleichbehandlung verfolgt werde, sei nicht ersichtlich und auch nicht nachvollziehbar. Das Urteil sei willkürlich und verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil das Verwaltungsgericht sich nicht mit der Rechtslage eingehend auseinandergesetzt habe und seine Auffassung jeden sachlichen Grundes entbehre. Der bloße Verweis darauf, dass diese Verwaltungspraxis offensichtlich dem Willen des Anordnungsgebers entspreche, sei nicht ausreichend und kein rechtfertigender Grund im Sinne von Art. 3 Abs. 1 GG. Mit dieser Auffassung des Gerichts wären Diskriminierungen jeder Art und Willkür der Behörden gerechtfertigt. Die Argumentation des Gerichts halte einer Willkürkontrolle nicht stand. Die Entscheidung des Gerichts sei willkürlich und unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar. Dass diese Verwaltungspraxis dem Willen des Anordnungsgebers entspreche, gehe eindeutig aus der Anordnung hervor. Mit den zentralen Fragen, was der Grund für die Ungleichbehandlung in der Anordnung sei und welche Ziele damit der Anordnungsgeber verfolge, habe sich das Gericht aber gar nicht beschäftigt. Hätte das Verwaltungsgericht diese Fragen näher erörtert, wäre es zum Ergebnis gekommen, dass der Bescheid der Beklagten willkürlich sei, gegen das Gleichbehandlungsgebot verstoße, und die Kläger daher einen Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens oder zumindest einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Neubescheidung des Antrags auf Wiederaufgreifen des Verfahrens hätten. Der Umstand, dass die Aufnahmeanordnung keinen Wiederaufnahmegrund im Falle einer Ablehnung nach Nr. I 2. lit. e) Aufnahmeanordnung vorsehe, spreche nicht gegen einen solchen Anspruch. Die Selbstbindung ergebe sich hier aus dem Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG, weil die Beklagte in identischen Sachverhalten nachträglich erlangter Abstammungsnachweise das Wiederaufnahmeverfahren durchführe.
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Das Urteil verstoße auch gegen die Rechtsschutzgarantie (Art. 19 Abs. 4 GG) und gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 GG). Wenn die Beklagte im Rahmen des Wiederaufnahmeverfahrens eine neue Stellungnahme der ZWST unter Vorlage der neuen entscheidungserheblichen Dokumente eingeholt hätte, so hätte die Organisation die Aufnahmemöglichkeit der Klägerin zu 1 positiv festgestellt, weil die Dokumente der Großmutter die Patrilinearität bestätigten. Die Beklagte habe mit Schreiben vom 9. Januar 2018 eindeutig festgestellt, dass die Klägerin zu 1 patrilineare Jüdin nur dann wäre, wenn ihr Vater nachgewiesenermaßen von einer jüdischen Mutter abstammen würde oder eine jüdische Frau geheiratet hätte. Demgegenüber findet sich auf der Webseite der Behörde der Beklagten die irreführende Information, wonach auf die Abstammung von mindestens einem jüdischen Elternteil oder einem jüdischen Großelternteil abgestellt werde. Durch dieses irreführende Verhalten habe die Beklagte den Klägern eine Falle gestellt, da diese aufgrund dieser Information im Erstverfahren alle im Familienarchiv vorhandenen Nachweise über die Abstammung vom jüdischen Großvater vorgelegt hätten, obwohl der Behörde aus eigener Praxis bekannt gewesen sei, dass die ZWST in solchen Fällen keine positiven Stellungnahmen abgebe. Der Antrag sei dennoch zur Prüfung angenommen worden und dann abgelehnt worden, obgleich bekannt gewesen sei, dass eine Zweitantragstellung nicht möglich sei. Aus diesem Grund und wegen der Rechtsschutzgarantie aus Art. 19 Abs. 4 GG wäre die Behörde gehalten gewesen, zumindest einen Hinweis gemäß § 25 Abs. 1 und 2 VwVfG zu erteilen oder eine Anhörung gemäß § 28 VwVfG durchzuführen. Hätte die Behörde vor der Ablehnung des Erstantrags auf die Vorlage weiterer erforderlicher Dokumente hingewiesen, so hätten die Kläger die benötigten Abstammungsnachweise beschafft und vorgelegt. Stattdessen habe die Behörde kurzerhand den Antrag abgelehnt und damit vollendete Tatsachen geschaffen. Dies könne unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt rechtens sein. Diese Umstände habe das Verwaltungsgericht in seinem Urteil schlichtweg ignoriert. Daher verletze die Entscheidung des Verwaltungsgerichts auch die Rechtsschutzgarantie (Art. 19 Abs. 4 GG) und den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 GG).
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Aus dem Zulassungsvorbringen, das im Wesentlichen dem erstinstanzlichen Vortrag entspricht, ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung.
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Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, der Kläger habe keinen Anspruch auf Wiederaufnahme des Verfahrens und auf Erteilung einer Aufnahmezusage gem. § 23 Abs. 2 AufenthG, ist nicht zu beanstanden.
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Bei einer Anordnung nach § 23 Abs. 2 AufenthG handelt es sich um eine politische Leitentscheidung, die grundsätzlich keiner gerichtlichen Überprüfung unterliegt. Das Bundesministerium des Innern kann im Rahmen seines Entschließungs- und Auswahlermessens den von einer Anordnung erfassten Personenkreis bestimmen und dabei positive Kriterien (Erteilungsvoraussetzungen) - insbesondere auch Härtefallregelungen - und negative Kriterien (Ausschlussgründe) aufstellen. Zugleich enthält die Anordnung die Weisung an das Bundesamt, einem Ausländer bei Erfüllung der Aufnahmevoraussetzungen eine Aufnahmezusage zu erteilen. Hierdurch wird das Aufnahmeermessen, dessen Ausübung in den Fällen des § 23 Abs. 2 AufenthG dem Bundesamt obliegt, intern gebunden. Als eine das Ermessen lenkende Willenserklärung des Bundesministeriums des Innern gegenüber dem Bundesamt ist die Anordnung unter Berücksichtigung des wirklichen Willens des Erklärenden und ihrer tatsächlichen Handhabung, d.h. der vom Urheber gebilligten und geduldeten tatsächlichen Verwaltungspraxis, auszulegen und anzuwenden. Eine Anordnungsauslegung, die ihr entgegen der Intention ihres Urhebers und der tatsächlichen Verwaltungspraxis einen weitergehenden Anwendungsbereich zuweist, verbietet der politische Charakter einer nach § 23 Abs. 2 AufenthG erlassenen Anordnung, da diese der Wahrung besonders gelagerter politischer Interessen der Bundesrepublik und nicht dem Schutz und der Verwirklichung von Grundrechten der hierdurch begünstigten Ausländer dient. Der Anwendungsbereich kann auch nicht mit Verhältnismäßigkeitserwägungen ausgeweitet werden. Denn es steht grundsätzlich allein im weiten - allenfalls durch das Rechtsstaatsgebot und das Willkürverbot begrenzten - Ermessen der Exekutive zu bestimmen, ob und unter welchen Voraussetzungen über die im Aufenthaltsgesetz zum Schutz individueller Rechte normierten Zuwanderungsmöglichkeiten hinaus zur Wahrung besonders gelagerter politischer Interessen der Bundesrepublik bestimmte Gruppen von Ausländern aus dem Ausland aufgenommen werden. Ein Anspruch des einzelnen Ausländers, von einer Anordnung nach § 23 Abs. 2 AufenthG erfasst zu werden, besteht nicht. Weicht das Bundesamt im Einzelfall von der konkreten Handhabung der Anordnung ab, erwächst dem Ausländer aus Art. 3 Abs. 1 GG ein gerichtlich durchsetzbarer Anspruch auf Gleichbehandlung nach Maßgabe der tatsächlichen Anwendung der Anordnung (BVerwG, U.v. 15.11.2011 - 1 C 21/10 - juris Rn. 13 ff.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Aufnahmeanordnung unter Beteiligung der jüdischen Organisation in der Bundesrepublik Deutschland formuliert wurde. Da die Aufnahmeanordnung der Wiedergutmachung national-sozialistischen Unrechts und der Stärkung jüdischen Lebens in Deutschland dient, kann ein Nachweis einer Aufnahmemöglichkeit in einer jüdischen Gemeinde im Bundesgebiet allein durch eine gutachterliche Stellungnahme der ZWST ggf. unter Beteiligung der UPJ erbracht werden, an die die Behörde gebunden ist.
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Nach Nr. I 2. lit. a) der Aufnahmeanordnung können als jüdische Zuwanderer nur Personen aufgenommen werden, die nach staatlichen, vor 1990 ausgestellten Personenstandsurkunden selbst jüdischer Nationalität sind oder von mindestens einem jüdischen (Groß-) Elternteil abstammen. Dabei erstreckt sich das Erfordernis entsprechender Urkunden sowohl auf die Alternative der jüdischen Nationalität des jeweiligen Antragstellers als auch auf die Alternative der Abstammung von einem jüdischen (Groß-) Elternteil. Mithin muss sich - im Fall nicht eigener jüdischer Nationalität des jeweiligen Antragstellers gemäß anzuerkennender Urkunde - die Abstammung von (mindestens) einem jüdischen (Groß-) Elternteil aus einer vor 1990 ausgestellten staatlichen Personenstandsurkunde ergeben. Gemäß Nr. I 2. lit. e) der Aufnahmeanordnung können nur Personen als jüdische Zuwanderer aufgenommen werden, für die der Nachweis erbracht wird, dass die Möglichkeit zu einer Aufnahme in einer jüdischen Gemeinde im Bundesgebiet besteht. Der Nachweis erfolgt durch gutachterliche Stellungnahme der ZWST. Die UPJ wird in dieses Verfahren eingebunden und kann im Rahmen dieses Verfahrens eine Stellungnahme abgeben.
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Wurde der Antrag auf Erteilung einer Aufnahmezusage wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen nach Nr. I 2. lit. b) oder c) oder von Grundkenntnissen nach Nr. I 4. abgelehnt, wird nach Nr. II 7. der Aufnahmeanordnung das Verfahren nur unter den Voraussetzungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes wieder aufgenommen. Bei einer Ablehnung aufgrund fehlender Voraussetzung nach Nr. I 2. lit. a) der Aufnahmeanordnung besteht die Möglichkeit, erneut einen Antrag zu stellen, wenn die Abstammung von einem jüdischen Großelternteil im Sinne von Ziffer I 2. lit. a) nachgewiesen werden kann. Bei einer vor dem 22. April 2020 erfolgten Ablehnung aufgrund fehlender Voraussetzung nach Nr. I 2. lit. b) besteht die Möglichkeit, einmalig erneut einen Antrag zu stellen, wenn die Voraussetzungen nach Nr. I 4. lit. a) oder b) vorliegen.
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Nach diesen Maßgaben ist aufgrund des eindeutigen Wortlauts der Aufnahmeanordnung, die im Falle einer Ablehnung der Aufnahmezusage wegen Fehlens der Voraussetzung nach Nr. I 2. lit. e) ersichtlich kein Wiederaufgreifen des Verfahrens vorsieht, was der ständigen Verwaltungspraxis der Beklagten entspricht, die streitgegenständliche Ablehnung des Wiederaufgreifens des Verfahrens und der Erteilung einer Aufnahmezusage nicht zu beanstanden. Ein sachgerechtes Differenzierungskriterium für die Möglichkeit einer nachträglichen Berücksichtigung von Abstammungsnachweisen im Rahmen eines Wiederaufnahmeverfahrens bezüglich des Nachweises der jüdischen Abstammung nach Nr. I 2. lit. a) Aufnahmeanordnung einerseits und bezüglich des Nachweises für die Möglichkeit zur Aufnahme in einer jüdischen Gemeinde im Bundesgebiet nach Nr. I 2. lit. e) Aufnahmeanordnung andererseits ergibt sich schon aus den unterschiedlichen Anforderungen an die jeweiligen Voraussetzungen. Während die jüdische Abstammung nach Nr. I 2. lit. a) Aufnahmeanordnung durch Personenstandsurkunden objektivierbar und nachweisbar ist, beurteilt sich der Nachweis für die Möglichkeit zur Aufnahme in einer jüdischen Gemeinde in Bundesgebiet nach Nr. I 2. lit. e) Aufnahmeanordnung ausschließlich nach der gutachterlichen Stellungnahme der ZWST und UPJ, die dabei keinen inhaltlichen Beurteilungskriterien nach der Aufnahmeanordnung unterliegen. Eine Korrektur der gutachtlichen Stellungnahme der bundesdeutschen jüdischen Vereinigungen auf Betreiben des jeweiligen Antragstellers sollte damit erkennbar ausgeschlossen werden.
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Die dem entsprechende Vorgehensweise des Bundesamtes findet in der ständigen Aufnahmepraxis eine Stütze. Der Kläger ist dieser dem Senat bereits aus früheren Verfahren bekannten Handhabung nicht entgegen getreten und hat insbesondere keine abweichende Verwaltungspraxis des Bundesamtes aufgezeigt. Das behördliche Vorgehen verstößt weder gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung noch gegen das Willkürverbot; es findet seine innere Rechtfertigung in der differenzierenden Regelung der Aufnahmeanordnung und der davon getragenen Zielsetzung, nachträgliche zweckgerichtete (Gefälligkeits-) Gutachten zu vermeiden (vgl. zur nachträglichen Berücksichtigung von Nachweisen über Mitgliedschaft in jüdischen Organisationen BayVGH, B.v. 30.11.2018 - 19 C 18.752 - juris Rn. 8; B.v. 21.9.2017 - 19 C 15.1158 - und B.v. 1.10.2019 - 19 C 17.983 - jeweils nicht veröffentlicht).
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Entgegen dem Zulassungsvorbringen ist eine Verletzung der Rechtsschutzgarantie und des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung nicht ersichtlich. Mangels eines Anspruches auf Wiederaufgreifen des Verfahrens bestand keine Verpflichtung der Behörde, die nachträglich vorgelegten Dokumente an die ZWST weiterzuleiten und eine neue Stellungnahme einzuholen. Wie dargelegt ergibt sich weder aus der Aufnahmeanordnung noch aus der Verwaltungspraxis eine Möglichkeit zur Korrektur des Nachweises nach Nr. I 2. lit. e) der Aufnahmeanordnung.
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Des Weiteren steht die Bestandskraft des Bescheides vom 10. Oktober 2017 den geltend gemachten Einwendungen betreffend die (formale) Rechtmäßigkeit des Bescheides im Hinblick auf Hinweispflichten und eine vor der Entscheidung durchzuführende Anhörung entgegen.
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Abgesehen davon wurden die Kläger laut Vermerk der Deutschen Botschaft in K.vom 1. Februar 2016 über die Verfahrensregeln und die Aufnahmevoraussetzungen belehrt. Darüber hinaus ist ein prognostischer Hinweis der Behörde im Rahmen des Verwaltungsverfahrens dahingehend, wie eine gutachterliche Stellungnahme der ZWST oder UPJ ausfallen werde und wonach sich eine solche externe Stellungnahme richte, nicht möglich. Der Nachweis für die in Nr. I 2. lit. e) der Aufnahmeanordnung genannte Voraussetzung, dass die Möglichkeit zu einer Aufnahme in einer jüdischen Gemeinde im Bundesgebiet besteht, erfolgt durch gutachterliche Stellungnahme der ZWST. Die UPJ wird in dieses Verfahren eingebunden und kann im Rahmen dieses Verfahrens eine Stellungnahme abgeben. Inhaltliche Vorgaben zu den einzuholenden Stellungnahmen der genannten Organisationen finden sich in der Aufnahmeanordnung nicht. Aus diesem Grund muss sich auch ein weitergehender Hinweis der Verwaltungsbehörde auf einen zu erwartenden Inhalt der gutachtlichen Stellungnahme bzw. der Erfolgsaussicht des Nachweises dieser Voraussetzung verbieten.
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Im Übrigen ist ein Verstoß gegen das rechtliche Gehör wegen Nichtbeachtung von Anhörungspflichten im bestandskräftig abgeschlossenen Verfahren nicht ersichtlich. Nach § 28 Abs. 1 VwVfG ist, bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Das Anhörungsgebot gilt mithin in erster Linie vor Erlass belastender Verwaltungsakte, zumal im Rahmen einer Verpflichtungssituation, in der auf Antrag des Betroffenen eine Vergünstigung erstrebt wird, dieser regelmäßig bei der Antragstellung bereits hinreichend Gelegenheit hat, alle für die Entscheidung erheblichen Tatsachen vorzutragen, so dass eine nochmalige Anhörung vor einer Versagung entbehrlich sein dürfte (vgl. Kallerhoff/Mayen in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 28 Rn. 31). Von einer Anhörung kann nach § 28 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG insbesondere abgesehen werden, wenn - wie vorliegend - von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die dieser in einem Antrag oder einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen Ungunsten abgewichen werden soll. Schließlich wurden die Kläger ausweislich des Vermerks der Deutschen Botschaft in K.am 1. Februar 2016 über die Verfahrensregeln und die Aufnahmevoraussetzungen belehrt.
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2. Aus dem Zulassungsvorbringen ergibt sich eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nicht.
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Die Kläger halten die Frage, ob ein Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens bei einer Ablehnung aufgrund fehlender Voraussetzung nach Nr. I 2. lit. e) Aufnahmeanordnung unter dem Gesichtspunkt der ständigen Verwaltungspraxis in Verbindung mit Art. 3 GG in Verbindung mit der Aufnahmeanordnung bestehe. Diese Frage sei im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung klärungsbedürftig und klärungsfähig, insbesondere entscheidungserheblich. Mangels obergerichtlicher Klärung habe das Verwaltungsgericht diese zentrale Rechtsfrage, die in der streitgegenständlichen Entscheidung von Bedeutung sei, nicht in gebotener Weise erörtert. Das Verwaltungsgericht sei nicht in der Lage gewesen, die Frage zu beantworten, warum im Falle anderer nachgereichter Unterlagen eine Zweitantragstellung möglich sei, im vorliegenden Falle jedoch nicht. Da die Ungleichbehandlung nicht gerechtfertigt sei, seien nicht die Feststellungen, Erkenntnisse und Einschätzungen des Verwaltungsgerichts, sondern die gegenteiligen Behauptungen in der Antragsbegründung zutreffend, sodass es zur Klärung der gestellten Frage der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedürfe. Die aufgeworfene Rechtsfrage sei für das angefochtene Urteil entscheidungserheblich und stelle sich nicht lediglich als bloßer Subsumtions- oder Rechtsanwendungsfehler dar.
Die aufgeworfene Tatsachenfrage gehe über den Einzelfall hinaus und habe verallgemeinerungsfähige Auswirkungen auf andere Verfahren.
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Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache dann, wenn sich darin eine entscheidungserhebliche Rechts- oder Tatsachenfrage von über den Einzelfall hinausgehender Bedeutung stellt, die bisher in der Rechtsprechung noch nicht geklärt ist und daher im Interesse der Einheit, der Fortbildung oder der einheitlichen Auslegung und Anwendung des Rechts der Klärung durch das Rechtsmittelgericht bedarf (vgl. BVerfG; B.v. 8.12.2009 - 2 BvR 758/07 - juris Rn. 97; BayVGH, B.v. 16.5.2012 - 10 ZB 11.2512 - juris Rn. 12 m.w.N.). Dementsprechend verlangt das Darlegungsgebot des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO, dass der Rechtsmittelführer eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert, ausführt, warum diese Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich ist, erläutert, weshalb sie klärungsbedürftig ist, und darlegt, inwieweit ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt. Klärungsbedürftig sind solche Rechts- oder Tatsachenfragen, deren Beantwortung zweifelhaft ist oder zu denen unterschiedliche Auffassungen vertreten werden und die noch nicht oder nicht hinreichend ober- und höchstrichterlich geklärt sind (vgl. BVerfG, B.v. 28.4.2011 - 1 BvR 3007/07 - juris Rn. 21; Roth in Posser/Wolff BeckOK, VwGO, Stand 1/2020, § 124 Rn. 55 m.w.N; Happ in Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, § 124 Rn. 38). Ein derartiger Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage bereits geklärt ist oder auf der Grundlage der bestehenden Rechtsprechung mit Hilfe der anerkannten Auslegungsregelungen auch ohne Durchführung eines Berufungsverfahrens beantwortet werden kann (stRspr, BVerwG, B.v. 9.4.2014 - 2 B 107.13 - juris Rn. 9 m.w.N.; BVerfG, B.v. 29.7.2010 - 1 BvR 1634/04 - juris Rn. 64).
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Die von den Klägern aufgeworfene Rechtsfrage, ob sich bei Fehlen der Voraussetzung nach Nr. I 2. lit. e) Aufnahmeanordnung unter dem Gesichtspunkt der ständigen Verwaltungspraxis in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG entgegen dem bzw. über den Wortlaut von Nr. II 7. Aufnahmeanordnung hinaus ein Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens ergibt, ist - wie ausgeführt - angesichts des eindeutigen Wortlauts der Aufnahmeanordnung hinreichend geklärt. Ein dahingehender Klärungsbedarf ist nicht ersichtlich.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf §§ 47 Abs. 3, Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG.
24
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).