Titel:
Bescheid, Behinderung, Lebensunterhalt, Antragstellung, Gerichtsbescheid, Widerspruch, Aufhebung, Waisenrente, Tod, Klage, Eltern, Vollendung, Altersgrenze, Deutschland, kein Anspruch
Schlagworte:
Bescheid, Behinderung, Lebensunterhalt, Antragstellung, Gerichtsbescheid, Widerspruch, Aufhebung, Waisenrente, Tod, Klage, Eltern, Vollendung, Altersgrenze, Deutschland, kein Anspruch
Rechtsmittelinstanzen:
LSG München, Urteil vom 26.07.2022 – L 6 R 654/21
BSG Kassel, Beschluss vom 21.11.2022 – B 5 R 119/22 AR
Fundstelle:
BeckRS 2021, 59687
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
1
Der 1971 in Deutschland geborene Kläger begehrt die Gewährung von Waisenrente nach dem Tod seiner Eltern in den Jahren 2017 und 2018.
2
Der Kläger lebt nach dem Tod seiner Eltern allein in seinem Elternhaus in A-Stadt, Kroatien. Seine Eltern legten Versicherungszeiten in der Bundesrepublik Deutschland zurück. Sein Vater bezog bis zu seinem Tod am ... 2018 eine Altersrente bei der Beklagten in Höhe eines Zahlbetrages von zuletzt etwa 1.000,00 € monatlich. Nach Angaben des Klägers erhielt er aus dieser Rente Unterstützung für seinen Lebensunterhalt. Der Kläger selbst ist ausweislich der vorliegenden ärztlichen Befunde nicht erwerbsfähig und unfähig, seinen Lebensunterhalt aus eigener Kraft zu bestreiten.
3
Mit Bescheid vom 19.06.2018 wurde ihm, nach dem Tod seines Vaters, durch die kroatische Versicherungsanstalt ab dem 01.08.2018 eine anteilige Familienrente in Höhe von 296,59 Kroatische Kunar (kn), etwa 39,00 €, monatlich gewährt.
4
Am 13.08.2018 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Antrag auf Gewährung einer Waisenrente.
5
Mit dem hier streitgegenständlichen Bescheid vom 29.08.2019 wurde dieser Antrag abgelehnt. Der Kläger habe bereits am -.-.1998 das 27. Lebensjahr erreicht und damit die Höchstaltersgrenze überschritten.
6
Dagegen legte der Kläger am 11.10.2019 Widerspruch ein. Er sei körperlich und geistig behindert, es falle ihm schwer sich selbst zu versorgen und sei auf fremde Hilfe angewiesen. Aufgrund seiner Behinderung habe er nie gearbeitet. Er habe außer einer kroatischen Sozialhilfe in Höhe von 800 kn, etwa 105,00 €, und der Familienrente kein Einkommen. Dem Widerspruch wurden drei ärztliche Befunde aus den Jahren 2018 und 2019 über den Gesundheitszustand des Klägers beigefügt.
7
Mit Bescheid vom 28.10.2019 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.
8
Am 28.01.2020 erhob der Kläger dagegen Klage zum Sozialgericht Landshut und beantragt ausweislich der Klageschrift sinngemäß,
die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger unter Aufhebung des Bescheides vom 29.08.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.10.2019 Waisenrente ab Antragstellung zu gewähren.
9
Der Beklagtenvertreter beantragt,
10
Die Beteiligten wurden mit gerichtlichen Schreiben vom 13.02.2020 zu einer beabsichtigten Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid angehört.
11
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den beigezogenen Verwaltungsvorgang sowie auf die gerichtliche Verfahrensakte verwiesen.
Entscheidungsgründe
12
1. Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil die Rechtssache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist, § 105 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Die Beteiligten wurden ordnungsgemäß angehört.
13
2. Die zulässige Klage ist unbegründet.
14
Der Bescheid der Beklagten vom 29.08.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.10.2019 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
15
Gemäß § 48 Abs. 1 SGB VI haben Kinder nach dem Tod eines Elternteils Anspruch auf Halbwaisenrente wenn, sie noch einen Elternteil haben, der unbeschadet der wirtschaftlichen Verhältnisse unterhaltspflichtig ist und der verstorbene Elternteil die allgemeine Wartezeit erfüllt hat. Gemäß § 48 Abs. 2 SGB VI besteht ein Anspruch auf Vollwaisenrente, wenn kein unterhaltspflichtiger Elternteil mehr vorhanden ist und der verstorbene Elternteil die allgemeine Wartezeit erfüllt hat. Der Anspruch auf Waisenrente besteht gemäß § 48 Abs. 4 SGB VI grundsätzlich bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres, unter gewissen Voraussetzungen bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres, so gemäß § 48 Abs. 4 Nr. 2d SGB VI, wenn die Waise wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten.
16
Grundsätzlich also wird eine Waisenrente nur bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres gewährt und nur ausnahmsweise, bei Erfüllen der konkreten Voraussetzungen von Nr. 2, bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres. Dies entspricht der im Beamtenversorgungsrecht und im Kindergeldrecht geltenden Altersgrenze. Die Aufzählung in Nr. 2 ist abschließend. Es handelt sich hierbei um die vom Gesetz anerkannten Gründe, die eine Waise hindern, ihren Lebensunterhalt durch eigene Erwerbstätigkeit zu finanzieren. Längstens also kann die Waisenrente wegen Behinderung bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres gewährt werden. Der Kläger vollendete das 27. Lebensjahr am v-.-1998.
17
Weiter liegt auch keine Ausnahme gemäß § 304 Abs. 1 SGB VI vor. Danach kann ein Anspruch auf Waisenrente (ggf. sogar unbefristet) weiterbestehen, wenn der Anspruch auf Waisenrente am 31.12.1991 für eine Person über deren 25. Lebensjahr hinaus bestand, weil sie infolge körperlicher oder geistiger Gebrechen außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, solange dieser Zustand andauert.
18
Für den Kläger bestand am 31.12.1991 kein Anspruch auf Waisenrente.
19
Nach alledem war die Klage abzuweisen.
20
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).