Inhalt

OLG München, Hinweisbeschluss v. 17.02.2021 – 17 U 4797/20
Titel:

Bewilligung, Berufung, Abtretung, Anspruch, Vergleich, Wirksamkeit, Mietvertrag, Genehmigung, Feststellung, Notarvertrag, Vertrag, Rechtskraft, Herausgabe, Zahlung, substantiierter Vortrag, Kosten des Berufungsverfahrens

Schlagworte:
Bewilligung, Berufung, Abtretung, Anspruch, Vergleich, Wirksamkeit, Mietvertrag, Genehmigung, Feststellung, Notarvertrag, Vertrag, Rechtskraft, Herausgabe, Zahlung, substantiierter Vortrag, Kosten des Berufungsverfahrens
Vorinstanz:
LG München II, Endurteil vom 05.08.2020 – 11 O 1524/18
Rechtsmittelinstanzen:
OLG München, Beschluss vom 08.04.2021 – 17 U 4797/20
OLG München, Berichtigungsbeschluss vom 19.07.2021 – 17 U 4797/20
BGH Karlsruhe, Beschluss vom 23.06.2022 – V ZR 80/21
Fundstelle:
BeckRS 2021, 59236

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, sowohl die Berufung des Klägers als auch die Berufung der Beklagten zu 1)-3) gegen das Urteil des Landgerichts München II vom 05.08.2020, Az. 11 O 1524/18, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufungen offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg haben, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufungen nicht geboten ist.
2. Der Senat beabsichtigt, den Streitwert erster Instanz gemäß § 63 Abs. 3 Nr. 2 GKG in Abänderung des Beschlusses des Landgerichts vom 05.08.2020 wie folgt festzusetzen:
Der Streitwert erster Instanz wird bis zum 27.06.2018 auf 76.800,00 € festgesetzt, sodann bis zum 25.06.2019 auf 84.800,00 €, sodann bis zum 06.09.2019 wieder auf 76.800 € und ab dem 06.09.2019 auf 79.250 €.
3. Der Senat beabsichtigt, die Kostenentscheidung erster Instanz (Ziffer 2. des erstinstanzlichen Urteils wie folgt abzuändern: Der Kläger und die Beklagten zu 1)-3) tragen ihre außergerichtlichen Kosten jeweils selbst. Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 4) trägt der Kläger 9/10 und die Beklagte zu 4) 1/10. Von den Gerichtskosten tragen der Kläger 62,5/100 und die Beklagten zu 1)-3) jeweils 12,5/100.
4. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird in Abänderung des Beschlusses des Senats vom 02.11.2020 vorläufig wie folgt festgesetzt:
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird vorläufig auf 79.250,00 € festgesetzt.
5. Der Senat beabsichtigt, hinsichtlich der Kosten des Berufungsverfahrens wie folgt zu entscheiden:
Von den Gerichtskosten tragen der Kläger und die Beklagten zu 1)-3) je 1/4. Die Beklagten zu 1)-3) tragen je 1/4 der außergerichtlichen Kosten des Klägers. Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 4). Im Übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten jeweils selbst.
6. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.

Entscheidungsgründe

1
Der Kläger und die Beklagten zu 1)-3) streiten im Wesentlichen um die Wirksamkeit des am 19.12.2018 geschlossenen Prozessvergleichs. Gegen die Beklagte zu 4) macht der Kläger einen Anspruch auf Rückübertragung bzw. Löschung eines an seinem Anwesen in Bernried eingetragenen Nießbrauchs geltend.
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Die Berufungen des Klägers und der Beklagten zu 1)-3) haben keine Aussicht auf Erfolg.
Im Einzelnen:
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1. Der Kläger hat gegen die Beklagte zu 4) keinen Anspruch auf Rückübertragung oder Löschung des für diese eingetragenen Nießbrauchsrechts. Der in erster Linie geltend gemachte Rückübertragungsanspruch scheitert schon daran, dass der Nießbrauch gemäß § 1059 BGB nicht übertragbar ist. Aber auch der hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf Erklärung der Löschungsbewilligung besteht nicht und zwar unabhängig davon nicht, ob die Beklagten zu 1)-3) gegen ihre sich aus dem Notarvertrag vom 17.11.2015 (Anlage K 2) ergebenden schuldrechtlichen Verpflichtungen verstoßen haben und ob die ev. Verstöße einen Anspruch des Klägers gegen die Beklagten zu 1)-3) auf Bewilligung der Löschung des Nießbrauchs begründet haben. Aus ev. Verstößen der Beklagten zu 1)-3) gegen ihre schuldrechtlichen Verpflichtungen aus dem Vertrag vom 17.11.2015 kann aufgrund des Nachtrags vom 03.02.2016 (Anlage K 18) höchstens ein Löschungsbewilligungsanspruch gegen die Beklagten zu 1)-3) resultieren, nicht aber gegen die Beklagte zu 4).
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Da die gerichtliche Genehmigung hinsichtlich des Vertrags vom 17.11.2015 wegen der in diesem enthaltenen schuldrechtlichen Verpflichtungen der Beklagten zu 4) nicht erteilt worden ist, haben der Kläger und die Beklagten zu 1)-3) die Beklagte zu 4) bis zur Vollendung ihres 18. Lebensjahres von allen schuldrechtlichen Verpflichtungen aus dem Vertrag vom 17.11.2015 freigestellt. Weiter wurde der Beklagten zu 4) ein unwiderrufliches Kündigungsrecht mit Vollendung ihres 18. Lebensjahres eingeräumt, um ab diesem Zeitpunkt entscheiden zu können, ob sie als Volljährige diesen Vertrag zu denselben Bedingungen fortführen oder beenden möchte. Die Parteien haben somit vereinbart, dass das gegenüber den Beteiligten zu 1)-3) in Einräumung und Ausübung entgeltlich gewährte Nießbrauchsrecht gegenüber der Beklagten zu 4) bis zu deren 18. Geburtstag unentgeltlich gewährt werden sollte.
5
Die Parteien haben in dem Vertrag vom 17.11.2015 nicht geregelt, welche Konsequenzen Verstöße der Nießbrauchsnehmer gegen ihre schuldrechtlichen Verpflichtungen auf die Ausübung und den Bestand des Nießbrauchs haben sollten, insbesondere ist das Nießbrauchsrecht hinsichtlich der Erbringung der schuldrechtlichen Gegenleistungen nicht auflösend bedingt (vgl. Palandt-Herrler, BGB, 80. Aufl. § 1031 Rn. 7, § 1018 Rn. 12). Die Entgeltregelung stellt zwar das Kausalgeschäft für die Einräumung des Nießbrauchs in Bezug auf die Beklagten zu 1) bis 3) dar und es ist auch nicht ausgeschlossen, dass Verletzungen der schuldrechtlichen Verpflichtungen zu einer Kündigung oder einem Rücktritt des Kausalgeschäfts führen können mit der Folge, dass auch Ansprüche, die den Fortbestand des Nießbrauchsrechts im Hinblick auf die Beklagten zu 1)-3) betreffen, entstehen. Dass aber trotz der Freistellung der Beklagten zu 4) von den schuldrechtlichen Verpflichtungen aus dem Kausalgeschäft etwaige Verletzungen der schuldrechtlichen Verpflichtungen der Beklagten zu 1)-3) den Fortbestand des Nießbrauchsrechts der Beklagten zu 4) tangieren sollten, kann der vertraglichen Regelung nicht entnommen werden. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass im Hinblick auf die Beklagte zu 4) bis zu deren 18. Geburtstag der Bestand des Nießbrauchsrecht unabhängig von der Erfüllung der die Beklagten zu 1)-3) treffenden schuldrechtlichen Verpflichtungen nicht in Frage stehen sollte.
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Der Kläger hat die notariellen Verträge vom 17.11.2015 und vom 03.02.2016 auch nicht wirksam angefochten und es besteht auch kein Schadensersatzanspruch aus „culpa in contrahendo“, jedenfalls nicht in Bezug auf die Beklagte zu 4). Nach dem Vortrag des Klägers wusste er noch nicht einmal, dass die Beklagten vor Abschluss der notariellen Verträge ein „Hausgeldkonto“ eingerichtet hatten. Wenn dem Kläger aber schon gar nicht bekannt war, dass überhaupt ein „Hausgeldkonto“ existiert, kann eine arglistige Täuschung auch nicht darin liegen, dass von diesem Ausgaben bestritten werden, die seiner Meinung nach zur persönlichen Lebensführung der Beklagten zählen und somit nicht vom „Hausgeld“ hätten bestritten werden dürfen. Ebenso wenig liegt in der nach Auffassung des Klägers nicht ordnungsgemäßen Mittelverwendung eine „culpa in contrahendo“. Der Kläger hat sich offensichtlich jedenfalls bis zum Abschluss der notariellen Verträge nicht dafür interessiert, für welche Ausgaben die Beklagten das „Hausgeld“ verwendet haben, so dass die Beklagten den Kläger diesbezüglich auch nicht arglistig getäuscht haben können.
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Hinzu kommt, dass schuldrechtliche Verpflichtungen der minderjährigen Beklagten zu 4) auf Zahlung eines Hausgeldes vor Abschluss der notariellen Verträge ohnehin nicht bestanden haben dürften. Hierzu fehlt jeglicher substantiierter Vortrag. Auch hinsichtlich der Mittelverwendung dürften hinsichtlich der Beklagten zu 4) keinerlei Ansprüche bestehen. Etwaige Unregelmäßigkeiten in Bezug auf das vor Abschluss der notariellen Verträge ev. zu zahlende Hausgeld betreffen somit höchstens die Beklagten zu 1)-3), nicht aber die Beklagte zu 4). Da der Kläger - wie ausgeführt - der Beklagten zu 4) aber das Nießbrauchsrecht schon unabhängig von der Erfüllung der schuldrechtlichen Verpflichtungen der Beklagten zu 1)-3) während der Dauer des Vertrages eingeräumt hat, ist erst Recht davon auszugehen, dass etwaige vorvertragliche Verstöße der Beklagten zu 1)-3) gegen ev. Pflichten in Bezug auf ein Hausgeld, die Nießbrauchseinräumung gegenüber der Beklagten zu 4) schon mangels Kausalität unberührt lassen.
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2. Da die Beklagte zu 4) nicht zur Bewilligung der Löschung des Nießbrauchs verpflichtet ist, ist sie aufgrund ihres fortbestehenden Nießbrauchsrechts auch nicht zur Herausgabe der Grundstücke einschließlich Gebäuden verpflichtet.
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3. Auch im Hinblick auf die Herausgabe der aufgeführten Belege ist die Berufung des Klägers unbegründet. Allerdings ist die Klage entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht wegen entgegenstehender Rechtskraft unzulässig, da Prozessvergleiche nicht in Rechtskraft erwachsen (vgl. Thomas/Putzo, ZPO, 41. Aufl. § 794 Rn. 20). Es fehlt auch nicht das Rechtsschutzbedürfnis, schon, weil der Kläger die begehrten Unterlagen nicht aufgrund einer Vollstreckung aus dem Vergleich erlangen kann, denn diesem ist eine entsprechende Herausgabepflicht nicht zu entnehmen. Die in Ziffer 8. des Prozessvergleichs enthaltene Regelung dient ersichtlich lediglich dazu, den Kläger in die Lage zu versetzen, die bisher von den Beklagten vorgenommene Instandhaltung und Verwaltung des Gebäudes nunmehr selbst fortführen zu können. Dementsprechend haben die Parteien unmittelbar anschließend an die Herausgabepflicht bezüglich der das Anwesen betreffenden Dokumente in Ziffer 9. des Vergleichs eine Abtretung der Gewährleistungs- und Erfüllungsansprüche gegen Werkunternehmer hinsichtlich des Anwesens vereinbart.
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Die Beklagten haben unstreitig sechs Leitz Ordner Unterlagen an den Kläger übergeben. Dass sie bei ihnen vorhandene das Anwesen betreffende Dokumente zurückgehalten haben, behauptet auch der Kläger nicht. Der Kläger hat vielmehr einen Abgleich der Kontobewegungen mit den Unterlagen vorgenommen und fordert nunmehr hinsichtlich der Kontobewegungen, hinsichtlich derer ihm keine Belege vorliegen, deren Herausgabe. Da der Kläger aber selbst nachdrücklich behauptet, dass die Beklagten über die Konten Ausgaben getätigt haben, die mit dem Anwesen nichts zu tun haben, ergibt sich aus den Kontobewegungen nichts hinsichtlich einer Herausgabepflicht gemäß Ziffer 8. des Vergleichs. Die Herausgabepflicht sollte auch gar nicht dazu dienen, die Berechtigung der über das Konto bestrittenen Ausgaben zu prüfen, denn hinsichtlich der gegenseitigen Zahlungsansprüche haben die Parteien in Ziffer 16. des Vergleichs eine Abgeltungsklausel aufgenommen. Dass der Kläger über die bereits übergebenen umfangreichen Unterlagen hinaus noch die Herausgabe von Unterlagen gemäß Ziffer 8. des Vergleichs verlangen kann und zwar gerade die in den Anträgen aufgeführten, ist nicht schlüssig dargetan.
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4. Die Berufung der Beklagten zu 1)-3) ist hinsichtlich der vom Landgericht getroffenen Feststellung, dass der Vergleich im Hinblick auf die Beklagten zu 1)-3) wirksam ist, nicht begründet.
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Der Vergleich ist nicht gemäß § 138 Abs. 2 BGB nichtig. Weder liegt ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vor, noch wurden die Beklagten zu 1)-3) durch ein sittenwidriges Verhalten des Klägers und/oder des erstinstanzlichen Gerichts zum Vergleichsabschluss veranlasst.
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Entgegen der Auffassung der Beklagten war ein Anspruch des Klägers auf Löschung des Nießbrauchs nicht von vornherein schon deshalb ausgeschlossen, weil dieser selbst bei gravierenden Verstößen gegen die im notariellen Vertrag vom 17.11.2015 enthaltene Entgeltregelung jedenfalls nur diesbezügliche Erfüllungsansprüche erfolgreich hätte geltend machen können und der Bestand des Nießbrauchs unabhängig von Verstößen gegen die schuldrechtlichen Verpflichtungen immer unangreifbar geblieben wäre. Zwar hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 13.11.1998 (BGH NJW-RR 1999, 376) entschieden, dass ein dingliches Wohnungsrecht bestehen bleiben kann, auch wenn ein zusätzlich abgeschlossener Mietvertrag wirksam gekündigt wurde. Vorliegend stellen die im Notarvertrag vom 17.11.2015 enthaltenen schuldrechtlichen Verpflichtungen aber nicht ein vom Kausalgeschäft zu unterscheidendes weiteres zusätzliches Rechtsgeschäft dar, sondern sind Teil des Kausalgeschäfts für die Einräumung des Nießbrauchs. Im Notarvertrag ist insofern ausdrücklich ausgeführt, dass das Nießbrauchsrecht in Einräumung und Erfüllung entgeltlich gewährt wird. Wird gegen diese in Form eines Dauerschuldverhältnisses vereinbarte Entgeltpflicht verstoßen, kann ein Recht zur Kündigung des Kausalgeschäfts bestehen mit der Folge, dass der Rechtsgrund für die Gewährung des Nießbrauchs wegfällt und dieser somit gemäß § 812 BGB kondizierbar sein kann (vgl. OLG Koblenz NJOZ 2018, 1648). Da die Beklagten unstreitig ihnen nach dem Wortlaut des Vertrages obliegenden Pflichten wie der Eröffnung eines neuen Kontos für die Instandhaltungsrücklage und die Mieteinnahmen nicht nachgekommen sind, war es auch nicht völlig fernliegend, dass der Bestand des Nießbrauchsrechts aufgrund etwaiger Verstöße gegen die schuldrechtlichen Vereinbarungen gefährdet war. In Anbetracht dieser bestehenden rechtlichen Unsicherheit haben die Parteien den in Frage stehenden Vergleich geschlossen. Dass die Beklagten nunmehr meinen, sie hätten das Prozessrisiko falsch eingeschätzt, führt nicht zu einem auffälligen Missverhältnis.
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Es ist auch nicht erkennbar, dass die Beklagten in sittenwidriger Weise zu dem Vertragsschluss gedrängt worden wären. Sie waren anwaltlich beraten. Wenn sie den Vergleich nicht oder jedenfalls nicht unwiderruflich hätten abschließen wollen, wäre es an ihnen gewesen dies zu kommunizieren. Die Beklagten behaupten noch nicht einmal, dass sie auch nur versucht hätten, eine Widerrufsfrist eingeräumt zu bekommen. Es ist weder Sache des Gerichts noch des Prozessgegners eine Partei von sich aus auf die Möglichkeit der Einräumung einer Widerrufsfrist hinzuweisen. Dass der Klägervertreter auch die Möglichkeit strafrechtlicher Konsequenzen angesprochen hat und das Gericht dies mit einer Bemerkung über „rote Aktendeckel“ aufgegriffen hat, führt ebenfalls nicht zur Sittenwidrigkeit des Vergleichs. Je nach Umständen kann bei einer zweckwidriger Verwendung treuhänderisch gehaltener Gelder eine Untreue in Betracht kommen und es war nicht völlig fernliegend, die Verwaltung der Instandhaltungsrücklage bzw. des Hausgeldes als treuhänderische Tätigkeit anzusehen. 17 U 4797/20 - Seite 7 - Der Vergleich ist auch nicht gemäß § 779 BGB unwirksam. Die Parteien haben eine bestehende Rechtsunsicherheit im Hinblick auf die gegenseitig bestehenden Ansprüche durch den Vergleich geregelt. Sie sind nicht übereinstimmend von einer falschen Sach- oder Rechtslage ausgegangen.
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Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Vergleich auch nicht im Hinblick auf die nicht erfolgte familiengerichtliche Genehmigung hinsichtlich der Beklagten zu 4) insgesamt wegen Perplexität nichtig. Die Parteien haben in Ziffer 17. des Vergleichs ausdrücklich vereinbart, dass der Vergleich zwischen dem Kläger und den Beklagten zu 1)-3) wirksam sein soll, auch wenn das Familiengericht hinsichtlich der Beklagten zu 4) keine Genehmigung erteilt. Dies ist zwar im Hinblick auf das bei der minderjährigen Beklagten zu 4) verbleibende Nießbrauchsrecht nicht unproblematisch und ohne die ausdrücklich getroffene Regelung wäre gemäß § 139 BGB von einer Gesamtnichtigkeit des Vertrages auszugehen. In sich perplex sind die Reglungen aber nicht. Die Beklagten zu 1)-3) können im Verhältnis zum Kläger zur Räumung des Anwesens verpflichtet sein, auch wenn die Beklagte zu 4) eine solche Verpflichtung nicht trifft. Insbesondere ist das Nießbrauchsrecht der Beklagten zu 4) dadurch auch nicht gegenstandslos, da sie von ihrem Nießbrauchsrecht nicht notwendigerweise dadurch Gebrauch machen muss, dass sie selbst in dem Anwesen wohnt.
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5. Da der Prozessvergleich im Hinblick auf die Beklagten zu 1)-3) wirksam ist, ist der auf Wiedereintragung des Nießbrauchs für die Beklagten zu 1)-3) gerichtete Berufungsantrag II. unbegründet.
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6. Die mit dem Berufungsantrag III. der Beklagten zu 1)-3) geltend gemachte Vollstreckungsgegenklage ist unzulässig, da für diese das Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Die Beklagten zu 1)-3) stützen die Vollstreckungsgegenklage allein auf die Unwirksamkeit des Vergleichs. Die Wirksamkeit des Vergleichs wird aber durch die von den Parteien betriebene Fortsetzung des Prozesses ohnehin geklärt (vgl. BGH NJW 1971, 467).
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7. Zum Streitwert erster Instanz:
I. gerichtet auf Rückübertragung, hilfsweise Löschung des Nießbrauchs: Jahreswert des Nießbrauchs analog § 41 GKG (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 33. Aufl. § 3 Rn. 16.122) von 9.600 € (vgl. Vertrag v. 17.11.2015) ist vorliegend vierfach anzusetzen. Der Nießbrauch erlischt erst, wenn jeder der vier Berechtigten die Löschungsbewilligung erklärt und der Nießbrauchsrecht jedes Berechtigten ist mit 9.600 € zu bewerten, somit insgesamt 38.400 €.
II. (Herausgabe des Grundstücks) entsprechend 4 x 9.600 €, somit 38.400 € Widerklage aller 4 Beklagten v. 27.06.2018, wirksam zurückgenommen am 25.06.2019: 8.000 €
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Die weiteren Widerklageanträge sind nicht streitwerterhöhend.
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Klageerweiterung vom 06.09.2019 gegen Beklagten zu 1) bis 3) (Herausgabe Unterlagen): 2.450,00 €
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Die im Rahmen der Fortsetzung des Rechtsstreits nach dem Vergleichsabschluss gestellten Anträge entsprechen wertmäßig den ursprünglich gestellten Anträgen.
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8. Der Streitwert des Berufungsverfahrens entspricht dem Streitwert erster Instanz für die Zeit ab dem 06.09.2019.
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9. Zu den Kosten erster Instanz:
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Da der Vergleich im Verhältnis zur Beklagten zu 4) nicht wirksam geworden ist, ist nicht nur über die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden, sondern eine einheitliche Kostenentscheidung für die erste Instanz zu treffen, wobei die zwischen dem Kläger und den Beklagten zu 1)-3) getroffene Kostenregelung in dem insoweit wirksamen Vergleich zu berücksichtigen ist.
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9. Kosten des Berufungsverfahrens: § 92 Abs. 1 ZPO .