Titel:
Leistungen, Beschwerde, Schadensersatzanspruch, Frist, Arbeitgeber, Streitwert, Kostenerstattung, Verfahren, Verdienstausfall, Beendigung, Klage, Wert, Begrenzung, Leistung, wiederkehrende Leistungen, Wert des Beschwerdegegenstandes, Gelegenheit zur Stellungnahme
Normenkette:
GKG § 42, § 48, § 63
Leitsatz:
Eine Begrenzung des Streitwerts nach dem Schutzzweck des § 42 Abs. 2 Satz 1 ArbGG kommt regelmäßig nur dann in Betracht, wenn der Bestand des Arbeitsverhältnisses im Streit ist. Dies ist bei einem Schadensersatzanspruch wegen künftigem Verdienstausfall gegen einen Kollegen, der für die eingetretene Beendigung des Arbeitsverhältnisses verantwortlich gemacht wird, nicht der Fall.
Schlagworte:
Leistungen, Beschwerde, Schadensersatzanspruch, Frist, Arbeitgeber, Streitwert, Kostenerstattung, Verfahren, Verdienstausfall, Beendigung, Klage, Wert, Begrenzung, Leistung, wiederkehrende Leistungen, Wert des Beschwerdegegenstandes, Gelegenheit zur Stellungnahme
Vorinstanz:
ArbG Nürnberg, Beschluss vom 25.05.2021 – 14 Ca 1083/20
Fundstelle:
BeckRS 2021, 58737
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Beklagtenvertreters wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 25.05.2021, Az. 14 Ca 1083/20, abgeändert und der Gegenstandswert für die Gebührenberechnung auf 180.000,- € festgesetzt.
2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Gründe
1
Die Parteien streiten im Wege der negativen Feststellungsklage darüber, ob der Kläger verpflichtet ist, vergangenen und künftigen Verdienstausfallschaden des Beklagten zu tragen. Der Beklagte behauptet, dass er aufgrund einer vorsätzlich falschen Zeugenaussage des Klägers seinen alten Arbeitsplatz verloren habe. Die monatliche Bruttovergütung des Beklagten beim alten Arbeitgeber betrug 15.400,- €. Die Vergütungsdifferenz zum neuen Arbeitsplatz betrage 5.000,- € monatlich.
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Das Arbeitsgericht setzte mit Beschluss vom 25.05.2021 den Gebührenstreitwert für das Verfahren auf 46.200,- € (drei Monatsgehälter) fest.
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Hiergegen legten die Beklagtenvertreter mit Schriftsatz vom 02.06.2021 Beschwerde ein. Der Gebührenstreitwert betrage 1.048.400,- € (Verdienstausfallschaden bis zum voraussichtlichen Rentenbeginn abzüglich der mit dem alten Arbeitgeber vereinbarten Abfindung). Der Rechtsgedanke des § 42 Abs. 2 Satz 1 GKG finde mangels vergleichbarer Interessenlage keine Anwendung.
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Die Klagepartei äußerte sich dahingehend, dass wiederkehrende Leistungen der Klage zu Grunde lägen, so dass der dreieinhalbfache Jahresbetrag nach § 9 ZPO als Gebührenstreitwert festzusetzen sei.
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Das Arbeitsgericht half der Beschwerde mit Beschluss vom 21.06.2021, berichtigt durch Beschluss vom 09.07.2021 nicht ab und legte es dem Landesarbeitsgericht Nürnberg zur Entscheidung vor. Das wirtschaftliche Interesse sei nach § 42 GKG zu bemessen. Nach dessen Abs. 2 Satz 1 GKG sei eine Begrenzung auf den Betrag des für die Dauer eines Vierteljahres zu leistenden Arbeitsentgelts angemessen.
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Das Landesarbeitsgericht gab den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme. Inhaltliche Stellungnahmen sind nicht erfolgt.
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I. Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist statthaft, § 68 Abs. 1 GKG, denn sie richtet sich gegen einen Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühr gemäß § 63 Abs. 2 GKG festgesetzt worden ist. Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 200,- €. Die Beschwerde ist innerhalb der in § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG bestimmten Frist eingelegt worden, § 68 Abs. 1 Satz 3 GKG. Der Beklagtenvertreter kann aus eigenem Recht Beschwerde einlegen, § 32 Abs. 2 RVG.
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II. Die Beschwerde ist - wie aus dem Tenor ersichtlich - zum Teil begründet. Der Gegenstandswert ist nach § 42 Abs. 1 Satz 1 GKG auf den dreifachen Jahresbetrag des vom Beklagten behaupteten Verdienstausfallschadens festzusetzen, also auf 180.000,- €.
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1. In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten richten sich die Gebühren nach den für die Zuständigkeit des Prozessgerichts oder die Zulässigkeit des Rechtsmittels geltenden Vorschriften über den Wert des Streitgegenstands, soweit nichts Anderes bestimmt ist (§ 48 Abs. 1 Satz 1 GKG). Für Ansprüche von Arbeitnehmern auf wiederkehrende Leistungen ist nach § 42 Abs. 1 Satz 1 GKG der dreifache Jahresbetrag der wiederkehrenden Leistungen maßgebend, wenn nicht der Gesamtbetrag der geforderten Leistungen geringer ist. In Rechtsstreitigkeiten vor den Gerichten für Arbeitssachen werden die bei Einreichung der Klage fälligen Beträge dem Streitwert nicht hinzugerechnet (§ 42 Abs. 3 Satz 1 HS 2 GKG).
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2. Mit der Behauptung, der Kläger schulde ihm als Schadenersatz einen monatlichen Verdienstausfall in Höhe von 5.000,- € bis zum Renteneintritt, macht der Beklagte eine Forderung gerichtet auf wiederkehrende Leistungen geltend. Wiederkehrende Leistungen sind gleichartige Leistungen, die in gewissen Zeitabschnitten aus demselben Schuldverhältnisses fällig werden. Wiederkehrende Leistungen sind zwar in erster Linie Arbeitsentgelt, Prämien, Ruhegelder und Betriebsrenten. Aber auch wiederkehrende Leistungen, die ein Arbeitnehmer als monatlich fällig werdender Schadenersatz verfolgt, fallen darunter (Schwab/Weth, ArbGG; 5. Aufl., § 12 ArbGG, Rn 182; Tschöpe/Ziemann/Altenburg, Streitwert und Kosten im Arbeitsrecht, Teil 1 A Rz 595).
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3. Im vorliegenden Fall ist eine Begrenzung des Gegenstandswertes auf ein Vierteljahreseinkommen nach § 42 Abs. 2 Satz 1 GKG nicht angezeigt. Zwar enthält diese Vorschrift einen allgemeinen Rechtsgedanken, dass für die Wertberechnung bei Rechtsstreitigkeiten über den Bestand des Arbeitsverhältnisses über seine unmittelbare Anwendung hinaus eine entsprechende Begrenzung im Hinblick auf dessen sozialen Schutzzweck stattfinden kann. Dies kann nach Auffassung des erkennenden Gerichts aber nur für Rechtsstreitigkeiten gelten, in denen der Bestand des Arbeitsverhältnisses streitgegenständlich ist - etwa bei der Klage auf künftige Leistung von Annahmeverzugslohn im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses (vgl. hierzu bereits LAG Nürnberg vom 17.07.2007, 1 Ta 123/07; vom 03.08.2006, 4 Ta 106/06; vom 14.07.2006, 6 Ta 108/06; jüngst LAG Hamm 29.01.2021 - 8 Ta 461/20). Die vorliegende Klage steht jedoch nicht in innerer Abhängigkeit zum bereits beendeten Bestandsstreit mit dem vormaligen Arbeitgeber des Beklagten.
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4. Ein Abschlag ist jedenfalls bei der negativen Feststellungsklage nicht zu machen.
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Die Entscheidung konnte ohne mündliche Verhandlung durch den Vorsitzenden alleine ergehen, § 78 Satz 3 ArbGG.
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Für eine Kostenentscheidung bestand kein Anlass, da das Beschwerdeverfahren gebührenfrei ist und eine Kostenerstattung nicht stattfindet, § 68 Abs. 3 GKG.