Inhalt

LG Traunstein, Endurteil v. 20.12.2021 – 3 O 1549/21
Titel:

Rückzahlung von Verlusten aus der Teilnahme an Onlineglücksspielen

Normenketten:
Rom I-VO Art. 6
BGB § 134, § 242, § 672, § 762, § 812, § 817, § 818
GlüStV § 4 Abs. 4
StGB § 285
Leitsätze:
1. Das Totalverbot des Veranstaltens und Vermitteins des § 4 Abs. Abs. 4 GlüStV stellt ein Verbotsgesetz iSd § 134 BGB dar. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
2. § 4 Abs. 4 GlüStV ist nicht wegen Verstoßes gegen höherrangiges Europarecht unwirksam bzw. aufgrund des Anwendungsvorranges des Europarechts unanwendbar. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
3. § 4 Abs. 4 GlüStV verbietet nur das Veranstalten und Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet, wendet sich als einseitiges Verbotsgesetz also lediglich an Betreiber von Online-Casinospielen, nicht auch an Spieler, sodass § 817 S. 2 BGB unanwendbar ist. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
4. § 762 BGB ist auf Spiele, die gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen, nicht anwendbar. (Rn. 37) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Verlust, Onlineglücksspiel, Werbung, Unionsrecht, Spielsucht, Wohnsitz, Treu und Glauben, Verbotsgesetz, Rückgewähr, Totalverbot, Anwendungsvorrang, Rechtsgrund, Leistungskondiktion, Spielvertrag, VO (EG) 593/2008
Rechtsmittelinstanzen:
OLG München, Hinweisbeschluss vom 04.08.2022 – 18 U 538/22
OLG München, Beschluss vom 20.09.2022 – 18 U 538/22
Fundstelle:
BeckRS 2021, 58417

Tenor

I. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 18.175,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz seit 06.08.2021 zu bezahlen.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Die Parteien streiten wegen der Rückzahlung von Verlusten, die der Kläger im Rahmen der Teilnahme an Onlineglücksspielen erlitten hat.
2
Die Beklagte mit Sitz in … ist ein Online-Glücksspiel-Anbieter, der unter anderem die … betreibt. Sie verfügt über eine Glücksspiellizenz der Glücksspielbehörde von … mit der Nummer … (Anlage K 1).
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Über eine Glücksspiellizenz in Deutschland oder für das Bundesland … den Wohnsitz des Klägers, verfügt die Beklagte nicht.
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In der Zeit vom 01.10.2018 bis zum 29.09.2020 spielte der Kläger auf der Online-Seite der Beklagten ausschließlich sogenannte „Slots“ mit Zahlbeträgen zwischen 50 € und 1.000 €. Wegen der Einzelheiten wird auf die Spielübersicht Anlage K 2 Bezug genommen. Insgesamt bezahlte der Kläger Beträge von 18.175,00 € an die Beklagte.
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Der Kläger trägt vor, dass er an einer Spielsucht leide und ihm zum Zeitpunkt der Teilnahme an den Onlineglücksspielen nicht bekannt gewesen sei, dass diese von ihn getätigten Onlineglücksspiele in Deutschland gesetzlich nicht erlaubt sind.
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Der Kläger ist der Ansicht, dass er die an die Beklagte geleisteten Zahlungen in Höhe von 18.175,00 € von dieser zurückgezahlt bekommen müsse, da die Beklagte diese Leistungen des Klägers ohne Rechtsgrund erlangt habe. Onlineglücksspiele seien in Deutschland ausnahmslos verboten gemäß § 4 Abs. IV und § 5 Abs. III S. 1 und Abs. V Glücksspielstaatsvertrag von 2012. Das sich aus §§ 4 Abs. VI und 5 GlüStV 2012 ergebene Internetverbot stehe mit Verfassungs- und Unionsrecht in Einklang. Eine Beklagtenseits vorgetragene Unionsrechtswidrigkeit dieser Regelung bestehe nicht. Die streitgegenständlichen Glücksspiele seien daher unerlaubt und könnten wegen § 4 Abs. IV GlüStV in Verbindung mit § 134 BGB keine wirksamen schuldrechtlichen Verbindlichkeiten begründen. Dem Kläger stehe daher der Anspruch aus § 812 BGB auf Rückzahlung der geleisteten Zahlungen zu, da die Beklagte diese ohne Rechtsgrund erhalten habe. Darüber hinaus habe der Kläger gegenüber der Beklagten auch einen Anspruch auf Schadenersatz in gleicher Höhe, da es sich bei § 4 Abs. IV GlüStV um ein Verbotsgesetz handelt, dass den Einzelnen gemäß § 823 Abs. II BGB schützen soll. Die Beklagten habe auch vorsätzlich und schuldhaft gegen das Verbotsgesetz verstoßen, indem sie es dem Kläger zumindest fahrlässig ermöglicht habe, bei ihr illegale Onlineglücksspielangebote zu nutzen. Der dem Kläger entstandene Schaden sei kausal in Höhe der Klageforderung durch diese Handlung der Beklagten entstanden.
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Der Kläger beantragt
die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 18.175,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt
Klageabweisung.
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In ihrer nach Ablauf der Klageerwiderungsfrist eingegangenen Klageerwiderung trägt sie vor, dass der Kläger unter grober Verletzung von Treu und Glauben und aus Sicht der Beklagten auch in betrügerischer Absicht das Geschäftsmodell des „Spielen ohne Risiko aber mit Gewinnmöglichkeit“ in kollusivem Zusammenwirken mit seinem Prozessbevollmächtigten und dem dahinter stehenden Prozessfinanzierer betreibe. Der Klägervertreter und der mit ihm agierende Prozessfinanzierer würden dabei Spieler dazu verleiten, bei Glücksspielanbietern zu spielen, um Gewinne schweigend einzustreichen, während sie gegen eine Beteiligung von ca. 30 % bis 40 % für den Prozessfinanzierer und den Anwalt verlorene Einsätze zurück klagen. Dabei werde der Spieler von allen Prozesskosten freigehalten.
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Im Übrigen habe der Kläger zum Zeitpunkt des Spielens gewusst, dass die Beklagte keine deutsche Konzession/Erlaubnis für die von ihr angebotene Spiele hatte und auch gar nicht bekommen konnte, weil ein Konzessionsverfahren für Online-Automatenspiele nicht zur Verfügung stand und Onlineglücksspiele nur den staatlichen Unternehmen vorbehalten waren.
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Dem Kläger sei es daher verwehrt, sich auf eine Nichtigkeit des Spielvertrags zu berufen. Einerseits sei § 4 GlüStV unionsrechtswidrig und damit unanwendbar. Andererseits müsse sich der Kläger gem. § 817 BGB vorhalten lassen, dass eine Rückforderung nach dessen Satz 2 ausgeschlossen ist, weil er durch die Spielteilnahme seinerseits gegen ein deutsches gesetzliches Verbot verstoßen habe. Eine Rückforderung sei auch wegen des Verstoßes gegen den Grundsatz von Treu und Glauben ausgeschlossen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf sämtliche zwischen den Parteien gewechselten Schriftsatz nebst Anlagen.
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Mit Verfügung vom 12.07.2021, der Beklagten zugestellt am 05.08.2021, war die Klageerwiderungsfrist auf zwei Wochen nach Ablauf der Notfrist festgesetzt worden. Eine Klageerwiderung ist innerhalb dieser Frist nicht eingegangen, worauf mit Verfügung vom 13.10.2021, dem Beklagtenvertreter zugestellt am 25.10.2021, hingewiesen wurde. Die Klageerwiderung vom 26.10.2021 ging am selben Tag bei Gericht ein.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist begründet.
I.
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Die Klage ist zulässig. Die Zuständigkeit des Landgerichts ergibt sich aus Art. 18 Abs. 1 VO (EU) 1215/2012 (Brüssel I a-VO). Der Kläger macht den Klageanspruch unter anderem auch aus einem Verbrauchervertrag im Sinne des Art. 17 Abs. 1 lit c Brüssel I a - VO geltend. Der Begriff „Ansprüche aus einem Vertrag“ ist dabei weit zu verstehen umfasst auch Anspruch auf Rückgewähr von Beträgen, die auf der Grundlage dieses Vertrags ohne Rechtsgrund gezahlt wurden (EuGH, Urteil vom 20.04.2016 - C 366/13 - EuZW 2016, 419). Der Kläger hat an den von der Beklagten angebotenen Onlineglücksspielen in seiner Eigenschaft als Verbraucher von seinem Wohnsitz aus teilgenommen. Der entsprechende Vortrag der Klagepartei wurde durch die Beklagte nicht bestritten. Die Beklagte betreibt die Website im Rahmen ihrer beruflichen bzw. gewerblichen Tätigkeit. Sie hat ihr Onlineglücksspiel auch auf den deutschen Markt ausgerichtet. Dieses ergibt sich bereits darauf, dass die Angaben in deutscher Sprache erfolgen. Es besteht daher für die vorliegende Klage des Klägers die internationale und die örtliche Zuständigkeit am Wohnsitz des Klägers bei dem Landgericht Traunstein. Die sachliche Zuständigkeit ergibt sich aus §§ 23 Abs. 1, 71 S. 1 GVG.
II.
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Dem Kläger steht Anspruch auf Rückgewähr der von ihm an die Beklagte geleisteten Zahlungen im tenorierten Umfang zu.
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1. Der vorliegende Sachverhalt beurteilt sich nach deutschem Sachrecht. Dies ergibt sich aus Art. 6 Abs. 1 lit b Rom-I-VO, da der Kläger in Deutschland seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Er hat in seiner Eigenschaft als Verbraucher an den Onlineglücksspielen der Beklagten teilgenommen und die Beklagte hat ihre Tätigkeit auf Deutschland zumindest auch ausgerichtet.
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2. Der Anspruch des Klägers auf Rückzahlung ergibt sich § 812 Abs. 1 S. 1 Variante I BGB.
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a) Der Kläger hat durch Leistung der 18.175,00 € an die Beklagte einen vermögenswerten Vorteil erlangt. Die Zahlungen des Klägers an die Beklagte sind durch die Anlage K 2 näher dargelegt und seitens der Beklagten nicht bestritten.
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b) Diese Leistungen wurden seitens des Klägers zur Erfüllung der klägerseits angenommenen Verbindlichkeit gegenüber der Beklagten aus dem Spielvertrag vorgenommen.
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c) Die Leistungen des Klägers erfolgten ohne Rechtsgrund, da der zwischen den Kläger und der Beklagten abgeschlossene Spielvertrag jeweils wegen eines Verstoßes gegen § 4 Abs. IV GlüStV gem. § 134 BGB nichtig war.
22
aa) § 4 Abs. IV GlüStV verbietet das Veranstalten und Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet. Im vorliegenden Fall ist zwischen den Parteien unstreitig, dass der Kläger an Glücksspielen im Sinne dieser Norm teilgenommen hat.
23
bb) Das Totalverbot des Veranstaltens und Vermitteins des § 4 Abs. IV GlüStV stellt ein Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB dar. Die Norm verbietet Onlineglücksspiele bereits nach ihrem eindeutigen Wortlaut. Der hinter der Norm stehende Sinn und Zweck der Suchtprävention bzw. des Gesundheitsschutzes bietet darüber hinaus ein Verständnis der Norm als Verbotsgesetz, da dieses sich nicht lediglich gegen die Art und Weise des Zustandekommens des Spielvertrags verwendet, sondern das Rechtsgeschäft als solches missbilligt. Wenn dieser Zweck erfüllt werden soll, so können die abgeschlossenen Spielverträge nicht als rechtswirksam anerkannt werden, denn damit würde weitgehendst des Verbots seiner Bedeutung beraubt und der mit ihm verfolgte Zweck verfehlt werden (BGH, Urteil vom 12.07.1962, VII ZR 28/61 - NJW 1962, 1671).
24
cc) Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten des § 4 Abs. IV GlüStV nicht seinerseits wegen Verstoßes gegen höherrangiges Europarecht unwirksam bzw. aufgrund des Anwendungsvorranges des Europarechts unanwendbar. Mit Urteil vom 22.07.2021 I ZR 194/20 hat der BGH zuletzt (erneut) ausgesprochen, dass das Internetverbot des § 4 Abs. IV GlüStV bezogen auf Glücksspiele mit dem Unionsrecht vereinbar ist. Der BGH hat dabei ausgeführt, dass die Richtlinie 2005/29/EG nach ihrem Erwägungsgrund 9 Satz 2 nationale Vorschriften unberührt lässt, die sich - wie das Verbot der Werbung für unerlaubte Online - Casinospiele und virtuelle Automatenspiele - im Einklang mit dem Unionsrecht auf Glücksspiele beziehen und dabei Bezug genommen auf die Entscheidung vom 18.11.2010 - 1 ZR 168/07. Im Übrigen hat der Bundesgerichtshof bei Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des Kammergerichts Berlin vom 06.10.2020, Az. 5 U 72/19 mit Beschluss vom 22.07.2021, Az. I ZR 199/20 ausdrücklich ausgeführt, dass eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. III AEUV nicht veranlasst ist. Gegenstand der Entscheidung des Kammergerichts war unter anderem die rechtliche Einordnung, dass die auch vorliegend in Rede stehenden Vorschriften des § 4 Abs. IV, und § 5 Abs. V GlüStV nicht in unionsrechtswidriger Weise den in Art. 56 AEUV geregelten freien Dienstleistungsverkehr beschränken.
25
Das erkennende Gericht schließt sich den Ausführungen des Kammergerichts Berlin vom 06.10.2020 unter Bezugnahme auf die Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde mit Beschluss des BGH vom 22.07.2021 und den darin enthaltenen Ausführungen ausdrücklich an. Das Gericht macht diese zum Gegenstand der eigenen Erwägungen im Rahmen der vorliegenden Entscheidung.
26
Nachdem sich aus dem Verstoß gegen die im § 4 Abs. IV GlüStV die Unwirksamkeit des gesamten Spielvertrags gem. § 134 BGB ergibt, ist ein Rechtsgrund für die Leistungen des Klägers an die Beklagte nicht gegeben.
27
Gemäß §§ 812 Abs. 1 S. 1 Variante 1, 818 Abs. 1 BGB kann der Kläger das zum Zweck der Erfüllung der unwirksamen Verbindlichkeit Geleistete zurückfordern. Die Beklagte schuldet daher mangels Herausgabe der Spieleinsätze in natura den Wertersatz für die vom Kläger geleistete Zahlungen.
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d) Die Rückforderung des Bertrags ist auch nicht ausgeschlossen gemäß § 817 S. 2 BGB bzw. § 672 BGB oder § 242 BGB.
29
aa) § 817 S. 2 BGB findet Anwendung auf alle Fälle der Leistungskondiktion, wenn sowohl dem Empfänger als auch dem Leistenden ein Gesetzes- bzw. Sittenverstoß vorgeworfen werden kann.
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Dem Kläger ist jedoch kein solcher Verstoß vorzuwerfen.
31
Der Rückforderungsanspruch des Klägers beruht auf einem Verstoß der Beklagten jedenfalls gegen § 4 Abs. IV GlüStV als Verbotsgesetz. Dieser verbietet jedoch nur das Veranstalten und Vermitteln öffentliche Glücksspiele im Internet, wendet sich als einseitiges Verbotsgesetz also lediglich an die Beklagte als Betreiberin von Online-Casinospielen. Ein gleichsamer Verstoß des Klägers gegen diese Vorschrift scheidet mithin aus.
32
Soweit sich die Beklagte auf § 817 BGB beruft, trägt sie im Übrigen die Beweislast dafür, dass dem Kläger ein entsprechender Vorwurf zur Last falle. Hierzu ist die Bezugnahme auf das Anlagenkonvolut 1 und die darin enthaltene mediale Berichterstattung zur Überzeugung des Gerichts für einen Nachweis der Kenntnis des Klägers nicht ausreichend.
33
bb) Ein Verstoß des Klägers gegen § 285 StGB scheidet mangels Vorsatzes bzw. Nachweis eines solchen bei der Teilnahmen an den Glücksspielen aus.
34
Die Beklagte hat den Vortrag des Klägers, wonach er bei der Teilnahme an den Glücksspielen keine Kenntnis davon gehabt habe, dass diese nicht erlaubt seien, bestritten. Sie hat ihrerseits unter Bezugnahme auf das als Anlagenkonvolut 1 vorgelegte Konvolut mit Medienberichterstattung und Presseberichten vorgetragen, dass dem Kläger habe bewusst sein müssen, dass der an einem Glücksspiel teilnimmt, für das die Beklagte keine zur Konzession habe und auch nicht haben konnte, da kein entsprechendes Verfahren eröffnet worden sei.
35
Zu dieser konkreten Behauptung hat die Beklagte jedoch keinerlei Beweis angeboten. Für das Gericht ergibt sich auch aus der Berücksichtigung des Anlagenkonvoluts und dessen Inhalt nicht, dass für den Kläger offensichtlich gewesen sein muss, dass die Beklagte keine Konzession zur Veranstaltung der streitgegenständlichen Glücksspiele in Deutschland hatte.
36
Darüber hinaus ist es gerade ja Standpunkt der Beklagten, dass eben kein Internetverbot für Glücksspiele bestehe, da die entsprechende Vorschrift unionsrechtswidrig sei. Es kann daher auch nicht im Umkehrschluss davon ausgegangen werden, dass dem Kläger ein eventuelles Verbot - das die Beklagte selbst ja bestreitet - bekannt gewesen wäre.
37
cc) Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Rückforderung gem. § 762 BGB ausgeschlossen sei. Dieser setzt nämlich das Bestehen eines wirksamen Spielvertrags voraus. Nach obigen Ausführungen ist jedoch der jeweilige Spielvertrag wegen des Verstoßes gegen das gesetzliche Verbot des § 4 Abs. IV GlüStV nichtig. Die Bestimmung ist auf Spiele, die gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen nicht anwendbar (BGH, NJW 1962, 1671).
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e) Die Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, der Kläger verhalte sich widersprüchlich und dadurch treuwidrig im Sinne des § 242 BGB, indem er seinerseits an den Online-Casinospielen teilnehme, seinen Einsatz in der Höhe der Verluste dann aber zurückfordere. § 242 BGB als Auffangnorm führt nicht dazu, dass Einwände der Beklagten, die bereits den Anwendungsbereich speziellerer Normen, nämlich vorliegend § 817 S. 2 BGB und § 762 BGB betreffen, aber deren Voraussetzung nicht erfüllen, doch Beachtung finden in einer Weise, dass dies zum Ausschluss der Ansprüche des Klägers führt. Eine Kenntnis des Klägers von der Illegalität des Glücksspiels konnte im vorliegenden Fall nicht festgestellt werden. Im Hinblick darauf, dass - insbesondere auch dem Vortrag der Beklagten folgend - die Rechtslage aus Sicht der Beklagten weiterhin klärungsbedürftig ist, kann dem Kläger nicht unterstellt werden, dass er diese Rechtslage so einschätzen konnte, dass ihm eine Kenntnis von der Illegalität des Glücksspiels unterstellt werden kann. Selbst wenn sich der Kläger die Erkenntnis grob fahrlässig verschlossen hätte, würde sein Verhalten - jedenfalls im Vergleich mit den Rechtsverstößen, die der Beklagten anzulasten sind - nicht den Schluss der Treuwidrigkeit seines Verhaltens rechtfertigen. 3. Es kann letztlich dahin stehen, ob der Kläger auch Rückzahlung im Rahmen eines deliktischen Schadenanspruchs gem. § 823 Abs. II BGB in Verbindung mit § 4 Abs. IV GlüStV bzw. § 284 StGB als Schutzgesetze zustehen, da ihm die Klageforderung jedenfalls aus § 812 BGB zusteht.
III.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Abs. II ZPO.