Titel:
Kostenerstattung, Bescheid, Verfassungsbeschwerde, Dienststelle, Dienstort, Erstattung, Hinterlegung, Berechnung, Anspruch, Wohnung, Vollstreckung, Verwaltungsstreitsache, Widerspruch, Kostenentscheidung, Anspruch auf Abrechnung, Kosten des Verfahrens, kein Anspruch
Schlagworte:
Kostenerstattung, Bescheid, Verfassungsbeschwerde, Dienststelle, Dienstort, Erstattung, Hinterlegung, Berechnung, Anspruch, Wohnung, Vollstreckung, Verwaltungsstreitsache, Widerspruch, Kostenentscheidung, Anspruch auf Abrechnung, Kosten des Verfahrens, kein Anspruch
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Urteil vom 10.10.2022 – 24 B 22.400
Fundstelle:
BeckRS 2021, 58404
Tenor
I. Der Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger für die Dienstreise am 23./24.7.2019 weitere Wegstreckenentschädigung in Höhe von 31,50 € zu gewähren. Der Bescheid des Landesamts für Finanzen, Bearbeitungsstelle W… vom 29.8.2019 (DRNr. 103240) und der Widerspruchsbescheid des Landesamts für Finanzen, Dienststelle W… vom 13.11.2019 werden aufgehoben, soweit sie dem entgegen stehen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu ¼ und der Beklagte zu ¾.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Der Kläger begehrt einen höheren als den gewährten Auslagenersatz für eine Dienstreise.
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Er ist Beamter des Beklagten und beim IT-Servicezentrum der Bayerischen Justiz beschäftigt. Der Hauptsitz des IT-Servicezentrums war bis zum Jahr 2016 in München (damals Gemeinsame IT-Stelle der bayerischen Justiz), daneben gab es 32 Außenstellen. Der Kläger war an einer solchen, in W* … beschäftigt.
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Im Rahmen der Heimatstrategie der Bayerischen Staatsregierung wurde der Sitz des IT-Servicezentrums nach A* … verlegt. Mit Bescheid des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 13.7.2016 wurde der Dienstsitz des Klägers auf seinen Antrag hin mit Wirkung zum 1.8.2016 von W* … an die neue Behörde nach A* … verlegt. Es wurde antragsgemäß von der Zusage der Umzugskostenerstattung gemäß Art. 12 Abs. 1 Bayerisches Umzugskostengesetz (BayUKG) abgesehen und die Einrichtung eines alternierenden Telearbeitsplatzes mit zwei Bürotagen in A* … und drei Tagen Telearbeit am Wohnort des Klägers in P* … genehmigt. In Folge dessen erhält der Kläger für Fahrten von der Wohnung zur Dienststelle Fahrkostenerstattung gemäß Art. 12 Abs. 2 BayUKG, deren Berechnung mit 51,00 € je Fahrt er akzeptiert hat.
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Bei der Tätigkeit des Klägers fällt ein hohe Anzahl von durchzuführenden Dienstreisen an, nach den Angaben des Klägers 51 Dienstreisen pro Jahr im Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2018. Diese führte und führt er mit seinem hierzu anerkannten privaten PKW durch. Wegen der häufigen Dienstreisen hatte der Kläger noch vor der beantragten Dienststellenverlegung Auskünfte beim Landesamt für Finanzen zur Berechnung des Auslagenersatzes bei Dienstreisen eingeholt und dabei (per E-Mail) die Auskunft erhalten, dass bei der Berechnung der Reisekosten der Auslagenersatz nach BayUKG in eine Vergleichsberechnung nach dem Bayerischen Reisekostengesetz (BayRKG) einzubeziehen sei. Nach Art. 5 Abs. 1 Satz 3 BayRKG wird bei Antritt der Dienstreise am Wohnort maximal Ersatz der Kosten gewährt, die bei Abreise von der Dienststelle entstanden wären. Nach Angaben des Kläger ist eine Erstattung entsprechend der erteilten Auskunft zunächst auch erfolgt und wurde trotz einer Überprüfung im Frühjahr 2018 ihm gegenüber von der zuständigen Arbeitsgruppenleitung des Landesamts für Finanzen als korrekt bestätigt.
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Am 23. und 24.7.2019 unternahm der Kläger eine mehrtägige Dienstreise nach Q* …, wo sich ein IT-Zentrum der Justiz sowie eine Justiz-Akademie befindet, was zu häufigen Dienstreisen des Klägers an diesen Ort führt. Mit Bescheid vom 29.8.2019 (DR-Nr. 103240) des Landesamts für Finanzen, Dienststelle W* … erfolgte - nach Angaben des Klägers erstmals - bei der Erstattung eine Kürzung der Wegstreckenentschädigung dergestalt, dass nur die Fahrstrecke ab dem Dienstort A* … nach Q* … in Ansatz gebracht, hierfür jeweils 55 km zugrunde gelegt wurden und demnach ein Betrag von 38,50 € erstattet wurde. Beantragt hatte der Kläger die Erstattung für die Strecke von seinem Wohnort P* … bis Q* … mit 100 km (einfach).
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Bei einer Rückfrage erhielt der Kläger die Auskunft, dass die bisherige Abrechnung zuletzt darauf beruht habe, dass wegen einer Baustellensituation auf der Bundesstraße B* … die Entfernung von A* … nach Q* … mit 100 km einfach angesetzt worden sei und deshalb die kürzere Entfernung vom Wohnort mit 97 km abgerechnet worden sei. An der früher erteilten Auskunft zur Abrechnung werde nicht mehr festgehalten. Der Kläger hat daraufhin Widerspruch gegen den Bescheid erhoben, der mit Widerspruchsbescheid des Landesamts für Finanzen, Bearbeitungsstelle W* … vom 13.11.2019 zurückgewiesen wurde. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass ein Auslagenersatz nach dem BayUKG im Bayerischen Reisekostenrecht keinen Niederschlag finde und somit nicht berücksichtigt werden könne. Die von der Bearbeitungsstelle W* … im Jahr 2016 getroffene anderweitige Entscheidung finde keine Anwendung mehr und sei mit Schreiben vom 19.9.2019 zurückgenommen worden. Der Kläger könne sich künftig nicht mehr auf diese stützen. Der Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger am 15.11.2019 gegen Postzustellungsurkunde zugestellt.
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Parallel zu dem eingelegten Widerspruch hatte der Kläger ergänzenden Auslagenersatz nach BayUKG für die Dienstreise beantragt. Dazu wurde ihm mit Schreiben des Landesamts für Finanzen, Bearbeitungsstelle W* … vom 5.11.2019 mitgeteilt, dass die Kostenerstattung nach Art. 12 Abs. 2 BayUKG für tatsächlich durchgeführte Fahrten Wohnort - neuer Dienstort erfolge. Eine fiktive Fahrt könne nicht berücksichtigt werden. Der Antrag auf Gewährung von Auslagenersatz müsse in vollem Umfang abgelehnt werden. Das Schreiben enthält keine Rechtsbehelfsbelehrung.
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Mit bei Gericht am 4.12.2019 eingegangenem Schreiben hat der Kläger Klage erhoben und mit am gleichen Tag eingegangenem gesonderten Schreiben folgende Klageanträge angekündigt:
„1. Der Bescheid des Landesamts für Finanzen - Bearbeitungsstelle W* … - vom 05.11.2019, Gz. 373- … wird aufgehoben und die Beklagte wird verpflichtet, anteiligen Auslagenersatz nach Art. 12 Abs. 2 BayUKG zu gewähren.
2. Hilfsweise wird beantragt, den Bescheid DRNr. … vom 29.08.2019 des Landesamts für Finanzen - Bearbeitungsstelle W* … - in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.11.2019 teilweise aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, Reisekosten unter Erstellung einer Vergleichsberechnung und unter Berücksichtigung der Kosten für Auslagenersatz nach Art. 12 Abs. 2 BayUKG ab dem Wohnort des Klägers zu gewähren.
3. Das Gericht wird gemäß § 113 Abs. 2 VwGO ersucht, die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse so zu bestimmen, dass die Behörde den Betrag für die klagegegenständliche und für künftige Dienstreisen errechnen kann.“
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Zur Begründung der Klage wird der Sachverhalt geschildert und im Wesentlichen ausgeführt, das Landesamt für Finanzen lasse eine Prüfung nach dem Sinn und Zweck der Regelung des Art. 12 BayUKG außer Acht. Sollte das Gericht seiner Auffassung nicht folgen, werde hilfsweise der Antrag aus Ziffer 2 der Klage gestellt. Er habe auf die im Jahr 2016 erteilten Auskünfte und Bestätigung im Jahr 2018 hin darauf vertrauen dürfen, dass ihm kraft Gesetzes erstattungsrechtlich im Vergleich zum vorherigen Dienstsitz keine Schlechterstellung widerfahren werde. Der Klageantrag Ziff. 3 werde gestellt, weil unklar sei, wie ein anteiliger Auslagenersatz nach Art. 12 BayUKG zu berechnen sei.
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Der Beklagte beantragt,
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Bei einer Dienstreise richte sich der Anspruch auf Reisekosten nur nach den Vorschriften des BayRKG einschließlich der dort gesetzlich vorgeschriebenen Kürzungen und Beschränkungen nach Art. 5 und 6 BayRKG. Ein Anspruch auf ergänzenden Auslagenersatz nach BayUKG bestehe nicht. Es sei zuzugeben, dass es in der Vergangenheit zu falscher Rechtsanwendung gekommen sei. Aufgrund des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung könne der Kläger daraus keinen Vertrauensschutz ableiten.
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Auf die Details der Schriftsätze der Beteiligten wird verwiesen.
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Mit gerichtlichem Schreiben vom 29.1.2021 hat das Gericht den Verzicht auf mündliche Verhandlung angeregt und seine vorläufige Rechtsauffassung dargelegt, dass kein Anspruch auf ergänzenden Auslagenersatz nach BayUKG bestehe, aber der grundsätzlich gegegebene Anspruch auf Auslagenersatz nach BayUKG bei der Berechnung der Reisekosten nach BayRKG zu berücksichtigen sei. Auf den Hinweis, dass der von ihm als Hauptantrag gestellte Klageantrag deshalb keinen Erfolg haben könne, hat der Kläger geantwortet, dass er „sofern möglich seinen gestellten Klageantrag nach Ziff. 1 zurückziehe und den Klageantrag nach Ziff. 2 zum Hauptsacheantrag erkläre“. Sollte dies nicht möglich sein, möge bei der Kostenentscheidung berücksichtigt werden, dass primäres Ziel seiner Klage die Klärung der Frage gewesen sei, ob für die Fahrten ein Anspruch auf Kostenerstattung gegeben sei, und falls ja, auf welcher Vorschriftenbasis. In der Vergangenheit sei eine Kostenerstattung stets auf Basis des BayRKG unter Berücksichtigung der Auslagenerstattung nach dem BayUKG erfolgt. Ob die Kostenerstattung nach Ziffer 1 oder Ziffer 2 der Klage erfolge, sei aus seiner Sicht zweitrangig gewesen. Er hat auf mündliche Verhandlung verzichtet.
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Der Beklagte hat mit Schreiben vom 1.3.2021 auf mündliche Verhandlung verzichtet.
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Ergänzend wird auf die Gerichtsakte sowie auf die vorgelegten Vorgänge des Landesamts für Finanzen, Bearbeitungsstelle W* … Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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In der Verwaltungsstreitsache kann eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ergehen, weil die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben (§ 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).
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Die Klage ist zulässig. Die durch die Stellung von Haupt- und Hilfsantrag erfolgte bedingte Klageerhebung ist prozessual zulässig. Sie ist auch sachgerecht, weil Unsicherheit darüber besteht, welche Rechtsgrundlage für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch besteht und wegen des Ergehens von zwei verschiedenen Bescheiden zu jeder Rechtsgrundlage (das Schreiben des Beklagten vom 5.11.2019 erfüllt offensichtlich alle Merkmale eines Verwaltungsakts) der Kläger durch die Klageerhebung die Bestandskraft beider Bescheide verhindern wollte, andererseits die Erstattung nur alternativ begehrt hat. Soweit der Kläger nach Darlegung der vorläufigen Rechtsauffassung des Gerichts mit Schreiben vom 8.2.2021 erklärt hat, er wolle den Klageantrag nach Ziffer 1 „zurückziehen“, wird dies von der Kammer nicht als vollständige Rücknahme des Antrags ausgelegt, sondern lediglich als Begehren, die Reihenfolge von Haupt- und Hilfsantrag zu ändern. Es ist nämlich offensichtlich, dass der Kläger auch die Rechtsgrundlage BayUKG weiter verfolgen will, falls er sich - z.B. in einem Rechtsmittelverfahren - mit der Erstattung nach BayRKG nicht durchsetzt. Das wäre nicht mehr erfolgversprechend, wenn der Bescheid vom 5.11.2019 wegen Klagerücknahme bestandskräftig wird. Nicht möglich ist, die nunmehr vom Kläger gewünschte Reihenfolge bei der Bedingung der Klageanträge im Wege der Auslegung der ursprünglichen Klage zugrunde zu legen. Nicht nur der Wortlaut der angekündigten Klageanträge, sondern auch die Klagebegründung belegen, dass der Kläger vorrangig die Aufhebung des Bescheids vom 5.11.2019 und eine Erstattung auf der Grundlage des BayUKG begehrt hat.
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Dem angekündigten Klageantrag Ziff. 3 wird dagegen keine selbständige Bedeutung beigemessen, weil er nur auf eine Begründung des Urteils abzielt und der Kläger nicht darlegt, dass damit zu rechnen wäre, dass der Beklagte bei künftigen Dienstreisen nicht auf eine Berechnung entsprechend der Entscheidungsgründe abstellen würde.
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Mit diesem Inhalt ist die Klage im Hauptantrag zulässig, aber unbegründet, im Hilfsantrag zulässig und begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Auslagenersatz nach Art. 12 BayUKG für die Dienstreise, weshalb der Bescheid vom 5.11.2019 rechtmäßig ist und ihn nicht in Rechten verletzt (§ 113 Abs. 5 VwGO). Er hat aber einen Anspruch auf die Erstattung der Auslagen in der von ihm begehrten Höhe nach Art. 5 BayRKG. Der Bescheid des Beklagten vom 29.8.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.11.2019 ist daher rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO).
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In den letztgenannten Bescheiden wird zu Unrecht davon ausgegangen, dass nach Art. 5 Abs. 1 Satz 3 BayRKG in der vorliegenden Konstellation maximal die Erstattung von Auslagen möglich ist, die bei Abfahrt von der Dienststelle angefallen wären. Für den Standpunkt des Beklagten spricht zwar dass die Verfassungsmäßigkeit der Regelung des Art. 5 Abs. 1 Satz 3 BayRK gerichtlich bestätigt ist (vgl. die Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde gegen die Vorschrift: BayVerfGH, E. v. 27.07.2011 - Vf. 25-VII-10 sowie gegen die gleichlautende Vorschrift im dortigen Bundesland: VerfGH Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 12.07.2010 - VGH B 74/09). Dennoch kann gerade auch den genannten Entscheidungen entnommen werden, dass Hintergrund der Vorschrift ist, dass die Wohnortwahl dem privaten Bereich des Beamten zuzurechnen ist und die nicht mehr bestehende Residenzpflicht am Dienstort nicht zur Übernahme von Mehrkosten führen soll, sowie dass der Gesetzgeber eine Gleichbehandlung aller Bediensteten unabhängig von der Häufigkeit der Beschäftigung im Innendienst oder im Außendienst anstreben darf, auch wenn dies im Einzelfall für einzelne Gruppen von Bediensteten zu höheren Belastungen führt (zu letzterem sehr deutlich die Stellungnahme der Beklagtenseite im Verfahren des VerfGH Rheinland-Pfalz: Im Falle der Heimarbeit könnten zwar nicht die Aufwendungen für die tatsächlich durchgeführten, wohl aber diejenigen der aufgrund der fehlenden Anwesenheitspflicht ersparten Fahrten zwischen Wohnung und Dienststelle den Kosten der allgemeinen Lebensführung zugerechnet werden. Lägen diese mithin bereits unterhalb derjenigen der Beamten ohne Heimarbeitsplatz, so bestehe kein Anlass für eine zusätzliche Besserstellung durch eine Ausnahme von der Anrechnungsvorschrift des § 5 Abs. 4 LRKG).
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In der hier gegebenen Sonderkonstellation, in der die Entfernung zwischen Wohnsitz und Dienststelle durch eine nachträgliche Umorganisation der Behörde entsteht, weshalb untypischerweise die Kosten des Wegs zu Dienststelle nicht Kosten der allgemeinen Lebensführung sind, sondern nach Art. 12 Abs. 2 BayUKG vom Dienstherrn erstattet werden, kommt diese Zielsetzung aber nicht zum Tragen. Dies kann bei der Frage, ob die vom Beklagten vertretene strikte Trennung zwischen Auslagenersatz und Reisekosten erfolgen muss, nicht außer Acht gelassen werden.
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Die Kammer teilt zwar die Auffassung des Beklagten, dass eine Lösung nicht über Art. 12 Abs. 2 BayUKG herbeigeführt werden kann. Die Vorschrift hat Ausnahmecharakter, was eine Anwendung über den genannten Fall der (tatsächlich) „durchgeführten Fahrten von der Wohnung zur neuen Dienststelle“ hinaus ausschließt. Sie kann daher keine Grundlage für die Erstattung fiktiver Fahrten an den Dienstort anlässlich einer Fahrt an einen Dienstreiseort sein. Das führt dazu, dass die Klage im Hauptantrag unbegründet ist.
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Dagegen ermöglicht schon der Wortlaut des Art. 5 Abs. 1 Satz 3 BayRKG, nämlich der verwendete Begriff der „Fahrkosten, die bei der Abreise oder Ankunft an der Dienststelle angefallen wären“, die Berücksichtigung des Anspruchs auf Auslagenersatz für die Fahrt zum Dienstort. Die Vorschrift schränkt den Begriff der „Fahrkosten“ nicht auf solche ein, die vom Dienstherrn nach BayRKG zu erstatten sind, sondern spricht allgemein von Fahrkosten. Sie sieht auch gerade eine fiktive Fahrtroute vor, nämlich die Fahrt zum Dienstort und anschließend zum Dienstreiseort. Aus Sicht des Dienstherrn würden bei dieser fiktiven Fahrt Aufwendungen für die Auslagenerstattung nach Art. 12 Abs. 2 BayUKG für die Fahrt zwischen Wohnung und Dienstort und zusätzlich Aufwendungen für die Fahrt zwischen Dienstort und Dienstreiseort nach Art. 5, 6 BayRKG anfallen. Diese Gesamtfahrkosten sind demnach der nach Art. 5 Abs. 1 Satz 3 BayRKG zugrunde zu legende Höchstbetrag. Diese nach dem Wortlaut mögliche Auslegung ist wegen des hier nicht eingreifenden Zwecks des Art. 5 Abs. 1 Satz 3 BayRKG und dem Zusammenhang der Vorschriften auch geboten. Bestätigt wird dies dadurch, dass Art. 12 Abs. 3 BayUKG neben den Ansprüchen nach Art. 12 Abs. 1 und 2 BayUKG ausdrücklich nur weitere Ansprüche nach Bayerischer Trennungsgeldverordnung ausschließt, demnach höhere Ansprüche auf den Ersatz von Fahrkosten anlässlich einer Dienstreise, als sie sich bei Umzug an den Dienstort ergeben würden, gerade nicht ausschließt.
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Aus diesem Ansatz über die Gegenrechnung mit fiktiven Gesamtkosten ergibt sich allerdings auch, dass nicht alleine auf einen Vergleich der sich bei Abreise vom Wohnort oder Dienstort ergebenden Entfernung abgestellt werden kann. Wegen der unterschiedlichen Erstattungsbeträge bei Auslagenersatz nach Art. 12 BayUKG (0,30 €/km bei Vorliegen triftiger Gründe, Abzug des früheren Arbeitswegs, max. 100 km) und nach Art. 6 BayRKG (0,35 €/km bei Vorliegen triftiger Gründe) ist zu vergleichen, welche finanzielle Belastung sich aus der Summe von Auslagenersatz nach Art. 12 Abs. 2 BayUKG und Auslagenersatz für die Dienstreise vom Dienstort aus nach Art. 6 BayRKG einerseits und für den Auslagenersatz bei Antritt der Dienstreise am Wohnort andererseits ergibt. Anspruch besteht nach Art. 5 Abs. 1 Satz 3 BayRKG dann auf den kleineren Betrag. Dass diese Berechnung bei weiten Entfernungen dazu führen kann, dass sich die ungünstigere Erstattung nach Art. 12 Abs. 2 BayUKG auch bei den Reisekosten auswirkt, steht in Einklang damit, dass der Gesetzgeber die finanzielle Belastung, die sich aus dem Verbleib am bisherigen Wohnort ergibt, nicht in gleichem Umfang ausgleichen wollte wie generell bei Dienstreisen. Auch sonst ergeben sich Einschränkungen, z.B. werden die zu vergleichenden Gesamtkosten mit dem Entfallen des Anspruchs auf Auslagenersatz nach 10 Jahren (vgl. Art. 12 Abs. 2 Satz 2 BayUKG) geringer, so dass automatisch auch die Besserstellung bei der Reisekostenabrechnung gegenüber sonstigen Bediensteten entfällt. Gerade dies führt nach Ansicht der Kammer aber zu einer sachgerechten Umsetzung des Zusammenhangs zwischen Auslagenersatzanspruch und Reisekosten.
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Bei der Dienstreise des Kläger am 23./24.7.2019 ergibt sich demnach folgende Berechnung:
- 100 km vom Wohnort zum Dienstreiseort und 100 km zurück multipliziert mit 0,35 €/km ergibt 70,- €
- 55 km vom Dienstort zum Dienstreiseort und 55 km zurück multipliziert mit 0,35 €/km zuzügl. 102 €
Auslagenersatz für die Fahrt zum Dienstort und zurück ergibt 140,50 €
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Es besteht demnach insgesamt Anspruch auf den kleineren Betrag in Höhe von 70,- €, abzüglich der schon gewährten 38,50 € also noch ein Anspruch auf 31,50 €.
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Es gibt keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die tatsächliche Fahrstrecke vom Wohnort und zurück am betreffenden Tag nicht je 100 km betragen hat (wie vom Kläger beantragt), obwohl vom Beklagten nur 97 km angeführt werden.
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Da der Kläger demnach einen Anspruch auf Abrechnung in der begehrten Form aus Art. 5, 6 BayRKG hat, kommt es nicht darauf an, ob die früheren Auskünfte über die Art der Abrechnung seitens des Landesamts für Finanzen, Bearbeitungsstelle W* …, eine wirksame Zusicherung i.S. Art. 38 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz sein können und/oder ob eine solche wirksam zurückgenommen worden ist.
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Die Entscheidung über die Kosten ergibt sich aus § 155 Abs. 1 VwGO. Dem Unterliegen mit dem Hauptantrag wird nicht die gleiche Bedeutung beigemessen wie dem Obsiegen mit dem Hilfsantrag, weil es sich in der Sache um den gleichen Sachverhalt handelt und die Frage, auf welcher Rechtsgrundlage eine Erstattung erfolgt für den Kläger keine wirtschaftliche Bedeutung hat.
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Die Entscheidung bezüglich der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
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Gründe für die Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht liegen nicht vor (§ 124a Abs. 1 VwGO).