Inhalt

VG München, Urteil v. 08.10.2021 – M 16 K 20.2516
Titel:

Gewerbeuntersagung wegen Steuerhinterziehung

Normenkette:
GewO § 35 Abs. 1 S. 1, S. 2, Abs. 6
Leitsätze:
1. Unzuverlässig ist ein Gewerbetreibender, der nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreiben wird. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
2. Für die Beurteilung der Zuverlässigkeit eines Gewerbetreibenden und der Rechtmäßigkeit einer Gewerbeuntersagung kommt es nicht darauf an, wie sich die tatsächlichen Verhältnisse nach Abschluss des behördlichen Untersagungsverfahrens weiterentwickelt haben; haben sich die tatsächlichen Umstände geändert, muss vielmehr die Initiative zur Wiederzulassung nach § 35 Abs. 6 GewO vom Gewerbetreibenden ausgehen. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
3. Für die erforderliche Prognose zur Feststellung der Unzuverlässigkeit ist aus den bereits vorhandenen tatsächlichen Umständen auf ein wahrscheinliches zukünftiges Verhalten des Gewerbetreibenden zu schließen. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
4. Aus dem ausschließlich sicherheitsrechtlichen, zukunftsbezogenen Regelungszweck von § 35 GewO folgt, dass es auf ein Verschulden des Gewerbetreibenden hinsichtlich der die Annahme der Unzuverlässigkeit rechtfertigenden Umstände nicht ankommt. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
5. Gegen den Gewerbetreibenden erlassene rechtskräftige Strafurteile dürfen die zuständigen Behörden und die Verwaltungsgerichtsbarkeit so lange als ein Indiz dafür werten, dass der der strafgerichtlichen Entscheidung zugrunde gelegte Sachverhalt den tatsächlichen Gegebenheiten entspricht, als der Betroffene diese Vermutung nicht mit beachtlichen Argumenten erschüttert oder unabhängig hiervon gewichtige Gründe gegen die Richtigkeit des Strafurteils sprechen. (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)
6. Der Ausschluss eines gewerbeübergreifend unzuverlässigen Gewerbetreibenden aus dem Wirtschaftsverkehr steht auch mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in seiner Ausprägung durch Art. 12 GG im Einklang. (Rn. 46) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Gewerbeuntersagung (erweitert), gewerberechtliche Unzuverlässigkeit, gewerbebezogene Straftat (Steuerhinterziehung), Gewerbeuntersagung, erweiterte, Unzuverlässigkeit, erwerbsbezogene Straftat, Steuerhinterziehung, Steuerrückstände, Prognose, Verschulden, Strafurteil, Verhältnismäßigkeitsgrundsatz
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 17.10.2022 – 22 ZB 22.856
Fundstelle:
BeckRS 2021, 58403

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Der Kläger wendet sich gegen die zum Teil zwangsmittelbewehrten Verfügungen aus dem Bescheid der Beklagten vom 14. Mai 2020, mit denen ihm die Ausübung des Gewerbes „An- und Verkauf von Kraftfahrzeugen (neu und gebraucht); Betreuung von Kunden und/oder Ausländern und Unterstützung bei den unterschiedlichsten Angelegenheiten (keine Rechtsberatung und keine Tätigkeit nach § 34c GewO sowie sonstige erlaubnispflichtige Tätigkeiten); Import und Export von Kraftfahrzeugen (neu und gebraucht); Import und Export von Kraftfahrzeugzubehör; An- und Verkauf von Kraftfahrzeugzubehör; Vermietung von Kraftfahrzeugen an Selbstfahrer; Vermittlung von Patienten (keine medizinische Tätigkeit); Betreuung von Patienten (keine medizinische Tätigkeit); Vermittlung von Geschäftskontakten (ausgenommen erlaubnispflichtigen Tätigkeiten z.B. Immobilien- oder Darlehensvermittlung, Kapitalanlagevermittlung)“ als selbstständigem Gewerbetreibenden im stehenden Gewerbe untersagt (Nr. 1 des Bescheidstenors) sowie die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter einer Gewerbetreibenden und als mit der Leitung eines Gewerbebetriebs beauftragte Person sowie die Ausübung jeglicher selbständigen Tätigkeit im stehenden Gewerbe (Nr. 2 des Bescheidstenors) untersagt wurde.
2
Der Kläger zeigte als Inhaber der Firma R… … eK zum 1. Juli 2016 bei der Beklagten die Ausübung des o.g. Gewerbes an.
3
Durch Mitteilung der Staatsanwaltschaft München I vom 28. Januar 2019 wurde die Beklagte davon in Kenntnis gesetzt, dass der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit als einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer der R… … GmbH strafrechtlich in Erscheinung getreten ist. Mit Urteil des Amtsgerichts München vom … November 2018 (… … … … …) wurde der Kläger wegen Steuerhinterziehung in 19 tatmehrheitlichen Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und einer Gesamtgeldstrafe in Höhe von 680 Tagessätzen verurteilt. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Ferner wurde gegen den Kläger selbst die Einziehung von Wertersatz in Höhe von 124.907,76 Euro und gegen die GmbH die Einziehung von Wertersatz in Höhe von 478.623,97 Euro angeordnet. Das Urteil ist seit 28. November 2018 rechtskräftig.
4
Das Finanzamt München teilte der Beklagten mit Schreiben vom 28. März 2019 mit, dass Rückstände in Höhe von insgesamt 1.501.163,13 Euro bestünden. Der Kläger und seine Ehefrau seien insoweit Gesamtschuldner.
5
Auf dieser Grundlage hörte die Beklagte den Kläger sowie die Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern und die Handwerkskammer für München und Oberbayern jeweils mit Schreiben vom 27. Mai 2019 zur beabsichtigten (erweiterten) Gewerbeuntersagung an.
6
Die Industrie- und Handelskammer sowie die Handwerkskammer für München und Oberbayern erhoben keine Einwände.
7
Der Bevollmächtigte des Klägers äußerte sich auf das Anhörungsschreiben, welches dem Kläger am 31. Mai 2019 zugestellt wurde, mit Schreiben vom ... Juni 2019. Der Klägerbevollmächtigte gehe davon aus, dass die Steuerverbindlichkeit in der genannten Höhe nicht mehr bestehen. Des Weiteren sei der Kläger derzeit bemüht, die Steuerrückstände durch den Verkauf zweier Eigentumswohnungen sowie eines Tiefgaragenstellplatzes kurzfristig (voraussichtlich bis Ende Juni 2019) vollständig zu tilgen.
Der strafrechtlichen Verurteilung des Klägers liege ein äußerst komplexer Sachverhalt zugrunde, bei dem der Kläger davon ausgegangen sei, dass eine jordanische Schwestergesellschaft die erwirtschafteten Einkünfte nicht in Deutschland versteuern müsse. Der Kläger habe das Urteil letztendlich jedoch akzeptiert, um keinen langwierigen Prozess und keine eventuelle Berufungsverhandlung erforderlich zu machen. Zu beachten sei auch, dass sich der Kläger seit vielen Jahren steuerlich äußerst korrekt verhalten und keine erneute Steuerverkürzung begangen habe. Die Aufrechterhaltung der „Gewerbeerlaubnis“ sei für den Kläger und seine Familie von existenzieller Bedeutung.
8
Die Beklagte setze daraufhin laut Schreiben vom 6. Juni 2019 das eingeleitete Gewerbeuntersagungsverfahren bis zum 1. Juli 2019 aus, um dem Kläger die Möglichkeit zu geben, seine finanzielle Situation zu ordnen. Ferner wurde im Hinblick auf die Rückstände beim Finanzamt zur Übersendung eines Zahlungsnachweises bzw. einer Ratenzahlungsvereinbarung aufgefordert.
9
Mit Schreiben vom … Juni 2019, ... Juli 2019 und … Juli 2019 informierte der Klägerbevollmächtigte die Beklagte über den Stand der Veräußerungen und geleistete Zahlungen.
10
Die Beklagte verlängerte die Aussetzung des Gewerbeuntersagungsverfahrens laut Scheiben vom 19. Juli 2019 bis 2. August 2019.
11
Am 14. Mai 2020 erließ die Beklagte den angefochtenen Bescheid, der dem Kläger am 26. Mai 2020 zugestellt wurde.
12
Zur Begründung berief sich die Beklagte im Wesentlichen auf die der strafrechtlichen Verurteilung zugrundeliegenden Tatsachen. Eine aktenkundige telefonische Abfrage der Beklagten beim Finanzamt ergab, dass dort keine Rückstände mehr bestanden.
13
Mit Schreiben vom ... Juni 2020, bei Gericht eingegangen am 9. Juni 2020, ließ der Kläger durch seinen Bevollmächtigten Klage erheben und beantragen,
den Bescheid der Beklagten vom 14. Mai 2020 aufzuheben.
14
Zur Begründung führte der Klägerbevollmächtigte im Wesentlichen aus, dass sich die Beklagte nicht mit dem konkreten, das Strafrechtsurteil begründenden Sachverhalt befasst und daher die Prognose hinsichtlich der gewerberechtlichen Zuverlässigkeit des Klägers nur auf die Verurteilung als solche und gerade nicht auf den der Verurteilung zugrundeliegenden Lebenssachverhalt gestützt habe. Der Kläger habe nicht beabsichtigt sich gegen die Rechtsordnung zu stellen. Vielmehr seien die Umstände der Steuerstraftat auf die (steuerrechtliche) Komplexität des Sachverhalts zurückzuführen. Der Kläger sei zum damaligen Zeitpunkt davon ausgegangen, dass eine jordanische Schwestergesellschaft in Deutschland nicht unbeschränkt steuerpflichtig sei. Die jordanische Schwestergesellschaft habe über ein eigenständiges Büro mit einer entsprechenden Infrastruktur und in Jordanien tätigen Mitarbeitern verfügt. Zudem habe der Kläger lediglich einen Gesellschaftsanteil von 50% gehalten. Der andere Gesellschaftsanteil sei von einem jordanischen Staatsbürger gehalten worden. Dass das Strafurteil mit einer Verständigung endete, sei auf eine formale Unterwerfung zurückzuführen, um das Verfahren beenden zu können. Der Kläger sei gewillt, seine Teilnahme am wirtschaftlichen Leben an den Maßstäben der Rechtsordnung auszurichten. So habe der Kläger die steuerlichen Hauptforderungen zeitnah beglichen, sei seither nicht mehr straffällig geworden und insbesondere auch seinen steuerlichen Pflichten nachgekommen. Seit Gründung seines Einzelunternehmens R… … e.K. habe er dieses mustergültig geführt. Der Kläger werde durch den streitgegenständlichen Bescheid in seinen Rechten auf freie Berufsausübung und freie Entfaltung der Persönlichkeit verletzt.
15
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
16
Auf die Stellungnahme der Beklagten im gerichtlichen Verfahren vom 10. August 2020 wird Bezug genommen.
17
Mit Beschluss vom 1. September 2021 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.
18
Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vorgelegten Behördenakte sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 8. Oktober 2021 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

19
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
20
Der Bescheid der Beklagten vom 14. Mai 2020 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger damit nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
21
1. Die Beklagte hat dem Kläger zu Recht die weitere Ausübung des Gewerbes „An- und Verkauf von Kraftfahrzeugen (neu und gebraucht); Betreuung von Kunden und/oder Ausländern und Unterstützung bei den unterschiedlichsten Angelegenheiten (keine Rechtsberatung und keine Tätigkeit nach § 34c GewO sowie sonstige erlaubnispflichtige Tätigkeiten); Import und Export von Kraftfahrzeugen (neu und gebraucht); Import und Export von Kraftfahrzeugzubehör; An- und Verkauf von Kraftfahrzeugzubehör; Vermietung von Kraftfahrzeugen an Selbstfahrer; Vermittlung von Patienten (keine medizinische Tätigkeit); Betreuung von Patienten (keine medizinische Tätigkeit); Vermittlung von Geschäftskontakten (ausgenommen erlaubnispflichtigen Tätigkeiten z.B. Immobilien- oder Darlehensvermittlung, Kapitalanlagevermittlung)“ im stehenden Gewerbe nach § 35 Abs. 1 Satz 1 Gewerbeordnung (GewO) untersagt.
22
Nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO ist die Ausübung eines Gewerbes ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit u.a. des Gewerbetreibenden in Bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutze der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist. Diese Voraussetzungen lagen zum maßgeblichen Zeitpunkt des Wirksamwerdens des angefochtenen Bescheids vor (Art. 43 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG).
23
1.1 Unzuverlässig ist ein Gewerbetreibender, der nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreiben wird. Tatsächliche Anhaltspunkte für eine solche Unzuverlässigkeit bestehen bei einem Gewerbetreibenden mit erheblichen Steuerrückständen sowie Zahlungsrückständen bei den Trägern der Sozialversicherung oder bei Straftaten im Zusammenhang mit der gewerblichen Betätigung. Überschuldung und wirtschaftliche Leistungsunfähigkeit begründen grundsätzlich die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden. Im Interesse eines ordnungsgemäßen und redlichen Wirtschaftsverkehrs muss von einem Gewerbetreibenden erwartet werden, dass er bei anhaltender wirtschaftlicher Leistungsunfähigkeit ohne Rücksicht auf die Ursachen der wirtschaftlichen Schwierigkeiten seinen Gewerbebetrieb aufgibt. Dieser Grund entfällt nur dann, wenn der Gewerbetreibende zahlungswillig ist und trotz seiner Schulden nach einem sinnvollen und erfolgversprechenden Sanierungskonzept arbeitet. Für die Beurteilung der Zuverlässigkeit eines Gewerbetreibenden und der Rechtmäßigkeit einer Gewerbeuntersagung kommt es dabei nicht darauf an, wie sich die tatsächlichen Verhältnisse nach Abschluss des behördlichen Untersagungsverfahrens weiterentwickelt haben. Haben sich die tatsächlichen Umstände geändert, muss vielmehr die Initiative zur Wiederzulassung nach § 35 Abs. 6 GewO vom Gewerbetreibenden ausgehen (st. Rspr., vgl. BVerwG, U.v. 15.4.2015 - 8 C 6.14 - juris Rn. 13 ff. m.w.N.). Für die erforderliche Prognose zur Feststellung der Unzuverlässigkeit ist aus den bereits vorhandenen tatsächlichen Umständen auf ein wahrscheinliches zukünftiges Verhalten des Gewerbetreibenden zu schließen (vgl. BVerwG, B.v. 26.2.1997 - 1 B 34.97 - juris Rn. 8).
24
Aus dem ausschließlich sicherheitsrechtlichen, zukunftsbezogenen Regelungszweck von § 35 GewO folgt, dass es auf ein Verschulden des Gewerbetreibenden hinsichtlich der die Annahme der Unzuverlässigkeit rechtfertigenden Umstände nicht ankommt (st. Rspr., vgl. BVerwG, B.v. 2.12.2014 - 8 PKH 7.14 - juris Rn. 4; BVerwG, B.v. 16.2.1998 - 1 B 26.98 - juris Rn. 4 m.w.N.; BVerwG, B.v. 9.3.1988 - 1 B 17.88 - juris Rn. 5; BayVGH, B.v. 8.5.2015 - 22 C 15.760 - juris Rn. 20). Die Gründe für eine mangelnde Leistungsfähigkeit - wie das Ausbleiben von Zahlungen von Schuldnern des Gewerbetreibenden - sind folglich nicht maßgeblich (BayVGH, B.v. 19.10.2020 - 22 ZB 20.1088 - juris Rn. 10). Dies bedeutet zugleich aber nicht, dass die die Annahme der Unzuverlässigkeit rechtfertigenden Umstände bei rechtswidrigem Verhalten des Gewerbetreibenden ausnahmslos in jedem Fall bejaht werden können, ohne dass hierbei die Frage in den Blick genommen würde, inwieweit Pflichtverletzungen vorsätzlich bzw. fahrlässig begangen wurden. Ist ein strafrechtlich geahndetes persönliches Fehlverhalten des Gewerbetreibenden Anlass für die Prüfung einer Gewerbeuntersagung, so kann die Prüfung, ob sich der Gewerbetreibende künftig erneut falsch verhalten und damit die Allgemeinheit oder die im Betrieb Beschäftigten gefährden wird, regelmäßig nicht zutreffend beurteilt werden, ohne zum Einen die Gründe für das Verhalten des Gewerbetreibenden zu kennen und zum Andern zu berücksichtigen, ob sich der Betreffende der Pflichtwidrigkeit seines Verhaltens bewusst war. Nicht das Strafurteil, sondern nur das Verhalten des Gewerbetreibenden, das zu dem Urteil geführt hat, kann eine Gewerbeuntersagung erfordern. Die Gewerbebehörden und die Verwaltungsgerichte müssen sich selbst davon überzeugen, welcher Sachverhalt einer Bestrafung zu Grunde gelegen hat - wobei sie i.d.R. von den tatsächlichen Feststellungen des Strafgerichts ausgehen dürfen -, und in eigener Verantwortung prüfen, ob die der Bestrafung zu Grunde liegenden Tatsachen eine Verneinung der Zuverlässigkeit rechtfertigen. Hierbei können schuldmindernde Umstände eine Rolle spielen (BayVGH, B.v. 20.7.2016 - 22 ZB 16.284 - juris Rn. 9 f.; BayVGH, B.v. 6.4.2016 - 22 ZB 16.366 - juris Rn. 20 jeweils m.w.N.).
25
Daran gemessen war der Kläger im maßgeblichen Zeitpunkt des Wirksamwerdens des angefochtenen Bescheids gewerberechtlich unzuverlässig und die Prognose der Beklagten gerechtfertigt, dass der Kläger sein Gewerbe auch künftig nicht ordnungsgemäß ausüben wird.
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1.1.1 Die Annahme der gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit des Klägers rechtfertigt dessen zur strafrechtlichen Verurteilung führendes Verhalten.
27
Mit Urteil des Amtsgerichts München vom … November 2018 (… … … … …) wurde der Kläger wegen Steuerhinterziehung in 19 tatmehrheitlichen Fällen (§§ 369 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, 370 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 Abgabenordnung, § 53 Strafgesetzbuch - StGB) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und einer Gesamtgeldstrafe in Höhe von 680 Tagessätzen verurteilt. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Ferner wurde gegen den Kläger selbst die Einziehung von Wertersatz in Höhe von 124.907,76 Euro und gegen die GmbH die Einziehung von Wertersatz in Höhe von 478.623,97 Euro angeordnet (§§ 73, 73c, 73d StGB).
28
Den Urteilsgründen zufolge hat der Kläger als Geschäftsführer der R… … GmbH mit Sitz in M… die gesamten erbrachten Leistungen der Gesellschaft (Organisation von Deutschland-Besuchen von vor allem arabischen Kunden inkl. Organisation des Aufenthalts in Deutschland und „Rundum-Service“ mit Verauslagung der Kosten für vermittelte Leistungen, z.B. für Hotels, medizinische Leistungen, Fahrzeuge und Chauffeure; Entwicklung und Produktion eines Systems zur Ortung bzw. Verfolgung von … - Geschäftszweig „F… …“) nur teilweise auf und im Namen der GmbH abgerechnet. Für einen Teil der vereinbarten Entgelte erstellte er zum Zwecke der Verschleierung gesonderte Rechnungen unter der Firma T… … … … … … mit statuarischem Sitz in Jordanien, deren eingetragener Geschäftsführer er ebenso war. Die Zahlungen der Rechnungsbeträge für die Leistungen der R… … GmbH ließ der Kläger von den Kunden bzw. Zwischenunternehmen teilweise auf ausländische oder fremde Bankkonten überweisen, um sie insoweit der Versteuerung zu entziehen. Soweit er die Leistungen teilweise abrechnete, wendete er fälschlicherweise den ermäßigten Umsatzsteuersatz an. Ein weiterer Teil der Betriebseinnahmen bzw. Umsätze betreffend den Geschäftszweig „F… …“ wurde zwar über die R… … GmbH abgerechnet, die Zahlungseingänge aber teilweise über das Bankkonto des S. abgewickelt, bei dem der Kläger Kontobevollmächtigter war. Über die diesbezüglich auf ausländischen Konten und das Konto des S. eingegangenen Gelder, die in vollem Umfang der R… … GmbH zuzuordnen waren und lediglich zum Zwecke der Verschleierung nicht auf deren Konten überwiesen wurden, konnte der Kläger frei verfügen. In den für die R… … GmbH eingereichten Steuererklärungen für 2010, 2012, 2013 und 2014 bzw. den Umsatzsteuervoranmeldungen April, Juli und August 2015 verschwieg der Kläger Einkünfte in Höhe von insgesamt 1.239.162 Euro und Umsätze zu 19% in Höhe von insgesamt 5.256.706 Euro (davon 850.176 Euro mit einem Steuersatz von 7% versteuert) und verkürzte hierdurch, wie von ihm beabsichtigt, Steuern (Körperschafts-, Gewerbe- und Umsatzsteuer) zugunsten der R… … GmbH. Aufgrund der Einnahmen der R… … GmbH über ausländische Konten war es dem Kläger möglich, jährlich einen Betrag von mindestens 120.000 Euro aus der GmbH zu entnehmen, um seinen Lebensbedarf zu decken, ohne diesen versteuern zu müssen. Entgegen seiner Verpflichtung, vollständige und richtige Einkommensteuererklärungen einzureichen, unterblieb in den Einkommensteuererklärungen 2011, 2012, 2013 und 2014 jeweils die Erklärung der verdeckten Gewinnausschüttung in Höhe von mindestens 120.000 EUR als Einkünfte aus Kapitalvermögen. Insoweit wurden die Einkommenssteuer 2011, 2012, 2013 und 2014 jeweils um 29.599 Euro zzgl. 1.627,94 Euro Solidaritätszuschlag verkürzt. Insgesamt wurden Steuern in Höhe von 1.470.999,71 Euro verkürzt. Bei der Strafzumessung sprach nach den Ausführungen des Amtsgerichts jeweils zugunsten des Klägers, dass er geständig und nicht vorbestraft war, weitgehend Schadenswiedergutmachung geleistet und den Kautionsherausgabeanspruch (Sicherheit in Höhe von 750.000 Euro) an das Finanzamt München abgetreten hat. Zugunsten des Klägers wurde ferner berücksichtigt, dass er sich als Erstverbüßer zumindest kurzzeitig in Haft befand (26.10.2016 bis 11.11.2016) und aktiv im Besteuerungsverfahren mitwirkte. Strafschärfend fielen die immense Schadenshöhe von 1,4 Millionen Euro sowie die an den Tag gelegte kriminelle Energie (Einschaltung von Auslandsgesellschaften und -konten) ins Gewicht. Berücksichtigung fanden auch die Gleichartigkeit der Delikte und deren innerer und äußerer Zusammenhang, aber auch die Anzahl der Delikte. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe wurde zur Bewährung ausgesetzt, wobei berücksichtigt wurde, dass der Kläger erstmals strafrechtlich in Erscheinung getreten war, im Besteuerungsverfahren bei der Sachverhaltsaufklärung mitgewirkt hat und mit einer vollständigen Schadenswiedergutmachung zu rechnen war. Das Urteil ist seit 28. November 2018 rechtskräftig.
29
Mit Beschluss vom 20. November 2018 bestimmte das Amtsgericht München die Dauer der Bewährungszeit auf 3 Jahre ab Rechtskraft der Entscheidung. Dem Kläger wurde unter anderem das Leisten von Schadenswiedergutmachung (Begleichung der Steuerverbindlichkeiten gegenüber dem Finanzamt München in einer Größenordnung von 4 Millionen Euro bis spätestens 27. November 2021 und die Begleichung der offenen Gewerbesteuer gegenüber der Beklagten in einer Größenordnung von 195.000 Euro bis 28. Mai 2019) zur Auflage gemacht.
30
Die vom Kläger begangene Straftat ist damit gewerbebezogen. Die Tatsachen, die auf die Unzuverlässigkeit schließen lassen, brauchen dabei nicht im Rahmen des im Zeitpunkt des Erlasses des Gewerbeuntersagungsbescheids betriebenen Gewerbes eingetreten sein. Es kommt lediglich darauf an, ob sich die betreffenden Tatsachen auf die ordnungsgemäße Führung des in Rede stehenden Gewerbes auswirken (vgl. BVerwG, B.v. 6.12.1994 - 1 B 234.94 - juris Rn. 6). Dies ist hier der Fall. Der Kläger hat sich über Jahre hinweg beachtliche wirtschaftliche Vorteile zu Lasten des Steueraufkommens und damit der Solidargemeinschaft verschafft und den eigenen finanziellen Vorteil über seine Pflicht zur Abgabe wahrheitsgemäßer Erklärungen gegenüber dem Finanzamt gestellt.
31
Das von ihm an den Tag gelegte, der Verurteilung zugrundeliegende Verhalten ist insbesondere vor dem Hintergrund der Schadenshöhe (rund 1,4 Millionen Euro), der wiederholten Tatbegehung innerhalb eines Zeitraums von über vier Jahren (abgestellt auf die Steuererklärungen von Ende Dezember 2011 bis Ende März 2016) von erheblichem Unwertgehalt. Das Verwaltungsgericht verkennt dabei nicht, dass der Kläger im Strafverfahren geständig war, im Besteuerungsverfahren an der Sachverhaltsaufklärung mitgewirkt hat und Schadenswiedergutmachung geleistet hat.
32
1.1.2 Die Richtigkeit der Feststellungen im Strafurteil und der Prognose der Beklagten wird durch die Einwände der Klagepartei auch nicht durchgreifend in Zweifel gezogen.
33
Insbesondere lässt sich aus den Ausführungen, dass der objektive Tatbestand der Steuerhinterziehung durch den Kläger erfüllt worden sein mag, „Defizite im Hinblick auf den Vorsatz seiner Tat“ aber herauszuheben seien, keine für den Kläger günstigere Prognose ableiten. Gegen den Betroffenen erlassene rechtskräftige Strafurteile dürfen die zuständigen Behörden und die Verwaltungsgerichtsbarkeit so lange als ein Indiz dafür werten, dass der der strafgerichtlichen Entscheidung zugrunde gelegte Sachverhalt den tatsächlichen Gegebenheiten entspricht, als - wie hier - der Betroffene diese Vermutung nicht mit beachtlichen Argumenten erschüttert oder unabhängig hiervon gewichtige Gründe gegen die Richtigkeit des Strafurteils sprechen (vgl. etwa BayVGH, B.v. 6.4.2016 - 22 ZB 16.366 - juris Rn. 22; BVerwG, U.v. 26.9.2002 - 3 C 37.01 - juris Rn. 36 ff.). Die Einschaltung der Firma in Jordanien war - wie oben ausgeführt - Gegenstand des strafrechtlichen Verfahrens. Der Kläger war nach den Urteilsgründen geständig (es kam zu einer Verständigung im Sinne von § 257c Strafprozessordnung), was zu seinen Gunsten im Rahmen der Strafzumessung berücksichtigt wurde. Trotz Mitwirkung bei der Sachverhaltsaufklärung wurde der Kläger wegen (vorsätzlicher) Steuerhinterziehung unter anderem zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Die Darlegungen der Klagepartei im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zur Firma in Jordanien, der (steuerrechtlichen) Komplexität des Sachverhalts und eines insoweit bestehenden Wissens bzw. Nichtwissens des Klägers zum damaligen Zeitpunkt genügen den Anforderungen an einen substantiierten Vortrag zur Erschütterung der im Strafurteil getroffenen Feststellungen nicht.
34
Auch unter Berücksichtigung der vom Kläger geleisteten Schadenswiedergutmachung, seiner aktiven Mitwirkung im Besteuerungsverfahren und der Tatsache, dass er seither nicht mehr strafrechtlich in Erscheinung getreten ist und wohl auch im Hinblick auf das streitgegenständliche Einzelgewerbe seinen steuerlichen Pflichten nachgekommen ist, ist für den maßgeblichen Zeitpunkt ein ausreichender bzw. ausreichend gefestigter innerer Einstellungswandel, der eine günstigere Prognose zuließe, noch nicht ersichtlich. Eine Erfüllung der Pflicht zur Zahlung der verhängten Geldstrafe und anderer Zahlungsverpflichtungen (Wertersatz, Schadenswiedergutmachung etc.) kann ebenso auf äußeren Druck bzw. die Hoffnung auf ein geringeres Strafmaß zurückzuführen sein. Für eine positive Prognose ist aber erforderlich, dass der Gewerbetreibende die Gewähr dafür bietet, sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß auszuüben. Je länger das zuvor gezeigte Fehlverhalten andauerte, desto mehr müssen sich auch die Tatsachen auf einen längeren Zeitraum erstrecken, sozusagen nachhaltig sein, um die Grundlage für die Annahme eines geläuterten Verhaltens zu sein. Aus einer während und unter dem Druck eines anhängigen Strafverfahrens und auch während der Bewährungszeit gezeigten Phase des Wohlverhaltens des Betroffenen kann nicht ohne weiteres auf einen grundlegenden Einstellungswandel geschlossen werden (BayVGH, B.v. 17.8.2020 - 22 ZB 20.1037 - juris Rn. 11; BayVGH, B.v. 23.9.2019 - 22 CS 19.1417 - juris Rn. 21; BayVGH, B.v. 3.8.2015 - 22 ZB 15.1271 - juris Rn. 9 jeweils m.w.N.). In Anbetracht des Zeitraums, in dem der Kläger straffällig wurde, der an den Tag gelegten kriminellen Energie - vgl. hierzu auch die Ausführungen des Amtsgerichts München im Rahmen der Strafzumessung - und der erst im November 2021 ablaufenden Bewährungszeit ist im vorliegenden Fall die Prognose der Beklagten gerechtfertigt.
35
Der Kläger hat ein Verhalten an den Tag gelegt hat, das im maßgeblich Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung (Zustellung des streitgegenständlichen Bescheids erfolgte am 26. Mai 2020) den Schluss rechtfertigt, er werde seinen beruflichen Pflichten künftig nicht nachkommen.
36
1.2 Die Gewerbeuntersagung ist auch nicht unverhältnismäßig. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass eine den gesetzlichen Anforderungen des § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO entsprechende Gewerbeuntersagung allenfalls in extremen Ausnahmefällen gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen kann (BVerwG, B.v. 19.1.1994 - 1 B 5.94 - juris Rn. 8). Anhaltspunkte für das Vorliegen eines solchen extremen Ausnahmefalls sind im vorliegenden Fall nicht ersichtlich.
37
2. Auch die Erweiterung der Gewerbeuntersagung nach § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO auf eine Tätigkeit des Klägers als Vertretungsberechtigter einer Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebs beauftragte Person sowie die Ausübung jeglicher selbständigen gewerblichen Tätigkeit im stehenden Gewerbe ist nicht zu beanstanden. Die Voraussetzungen für den Erlass einer erweiterten Gewerbeuntersagung nach § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO lagen im maßgeblichen Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Untersagungsverfügung vor. Die Beklagte hat das ihr insoweit eingeräumte Ermessen rechtsfehlerfrei (§ 114 Satz 1 VwGO) ausgeübt.
38
2.1 Nach § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO kann die Gewerbeuntersagung auf die vorgenannten Tätigkeiten erstreckt werden, soweit die festgestellten Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Gewerbetreibende auch für diese Tätigkeiten oder Gewerbe unzuverlässig ist. Insoweit müssen Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden in Bezug auf die „Ausweichtätigkeit“ dartun („gewerbeübergreifende Unzuverlässigkeit“).
39
Dies ist hier der Fall. Der Kläger ist gewerbeübergreifend unzuverlässig, weil er mit den ihm zur Last gelegten Verfehlungen Pflichten verletzt hat, die für jeden Gewerbetreibenden, jeden Vertretungsberechtigten eines Gewerbetreibenden und jeden mit der Leitung eines Gewerbebetriebs Beauftragten gelten und sich nicht auf eine bestimmte gewerbliche Tätigkeit beschränken. Das rechtfertigt die Annahme der Beklagten, dass der Kläger ein entsprechendes Verhalten auch bei Ausübung eines anderen Gewerbes an den Tag legen wird (vgl. BVerwG, U.v. 15.4.2015 - 8 C 6.14 - juris Rn. 17; BayVGH, B.v. 27.8.2018 - 22 ZB 18.1562 - juris Rn. 22, 26, jeweils m.w.N.).
40
2.2 Die erweiterte Gewerbeuntersagung ist auch erforderlich, weil eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für ein Ausweichen des Gewerbetreibenden vorliegt.
41
Dabei folgt die Wahrscheinlichkeit der anderweitigen Gewerbeausübung schon daraus, dass der Gewerbetreibende trotz Unzuverlässigkeit an seiner gewerblichen Tätigkeit festgehalten hat, wodurch er seinen Willen bekundet hat, sich auf jeden Fall gewerblich zu betätigen. Die erweiterte Gewerbeuntersagung ist unter dem Gesichtspunkt wahrscheinlicher anderweitiger Gewerbeausübung schon dann zulässig, wenn keine besonderen Umstände vorliegen, die es ausschließen, dass der Gewerbetreibende das andere Gewerbe in Zukunft ausübt, eine anderweitige Gewerbeausübung nach Lage der Dinge also ausscheidet (vgl. BVerwG, U.v. 15.4.2015 - 8 C 6.14 - juris Rn. 17 m.w.N.). Besondere Umstände im Einzelfall, die hier eine andere Bewertung hätten zulassen können, lagen nicht vor; dies hat die Beklagte zutreffend erkannt.
42
2.3 Ermessensfehler sind nicht ersichtlich, § 114 Abs. 1 VwGO.
43
Ist ein Gewerbetreibender in Bezug auf andere - nicht ausgeübte - gewerbliche Betätigungen unzuverlässig und ist die Untersagung auch hinsichtlich dieser Betätigungen erforderlich, so ist eine Ermessensentscheidung, die von der Möglichkeit der erweiterten Gewerbeuntersagung Gebrauch macht, nicht rechtswidrig, wenn der Verwaltungsentscheidung zumindest konkludent die maßgebliche Erwägung entnommen werden kann, die anderweitige Gewerbeausübung sei so wahrscheinlich, dass sich die Untersagung auch darauf erstrecken soll (vgl. BVerwG, U.v. 15.4.2015 - 8 C 6.14 - juris Rn. 18 m.w.N.).
44
Eine Ermessenserwägung dieser Art lässt sich der angefochtenen Untersagungsverfügung entnehmen.
45
2.4 Die Erweiterung der Gewerbeuntersagung ist auch nicht unverhältnismäßig.
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In der Rechtsprechung ist geklärt, dass der Ausschluss eines gewerbeübergreifend unzuverlässigen Gewerbetreibenden aus dem Wirtschaftsverkehr auch mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in seiner Ausprägung durch Art. 12 Grundgesetz im Einklang steht. Sind die Voraussetzungen auch der erweiterten Gewerbeuntersagung erfüllt, kann die Untersagung grundsätzlich nicht hinsichtlich der Folgen unverhältnismäßig sein (BVerwG, B.v. 12.1.1993 - 1 B 1.93 - juris Rn. 5). Anhaltspunkte für das Vorliegen eines extremen Ausnahmefalls sind im vorliegenden Fall nicht ersichtlich.
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3. Gegen die dem Kläger eingeräumte Abwicklungsfrist von zehn Tagen nach Unanfechtbarkeit der Untersagungsverfügung (Nr. 3 des Bescheidstenors) bestehen ebenso wenig Bedenken wie gegen die Androhung des unmittelbaren Zwangs (Nr. 4 des Bescheidstenors). Auch die behördliche Kostenentscheidung der Beklagten (Nr. 5 des Bescheidstenors) ist nicht zu beanstanden.
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Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.