Titel:
Weiterleitung von Geldern durch den Treuhänder an den berechtigten Dritten ohne Zustimmung des Treugebers
Leitsatz:
Hat der Treuhänder entgegen dem Treuhandvertrag Gelder des Treugebers ohne dessen Zustimmung an einen Dritten weitergeleitet, liegt hierin auch dann eine Pflichtverletzung, wenn der Dritte einen entsprechenden Zahlungsanspruch gegen den Treugeber hatte. (Rn. 63) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Treuhandvertrag, Weiterleitung von Geld, Zustimmung des Treugebers, Zahlungsanspruch des Empfängers
Vorinstanzen:
OLG München, Hinweisbeschluss vom 27.05.2021 – 15 U 977/21
LG München I, Urteil vom 21.01.2021 – 4 O 11303/19
Rechtsmittelinstanzen:
BGH Karlsruhe, Beschluss vom 02.06.2022 – III ZA 23/21
BGH Karlsruhe, Beschluss vom 20.10.2022 – III ZA 23/21
Fundstelle:
BeckRS 2021, 58393
Tenor
1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 21.01.2021, Az.: 4 O 11303/19, wird zurückgewiesen.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts München I ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Der Prozesskostenhilfeantrag des Beklagten vom 18.08.2021 wird zurückgewiesen.
5. Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 235.000,00 € festgesetzt.
Gründe
1
Die Klägerin begehrt vom Beklagten die Rückzahlung von weiteren 235.000 € aus einem beendeten „Mandatsvertrag und Auftrag“.
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Die Klägerin ist eine Unternehmensberatungsgesellschaft, der Beklagte Rechtsanwalt.
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Im Jahr 2016 bemühte sich die Klägerin um die Beschaffung von Fremdkapital und hatte diesbezüglich Kontakt mit einer T. F. S1. AG (künftig nur: T. AG). Gegenüber dieser verpflichtete sich die Klägerin in einer als „Finanzierungsparameter (Darlehensantrag/Projektfinanzierung)“ bezeichneten Vereinbarung vom 24.06.2016, zur Erlangung eines Kapitals/Darlehens über € 10 Mio. einen Betrag in Höhe von 250.000 € auf einem Treuhandkonto zu hinterlegen (Einzelheiten gemäß Anlage K 2).
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Als Treuhänder fungierte der Beklagte. Im Hinblick auf die Hinterlegung schlossen die Parteien unter Einbeziehung der T. AG am 24./28.06.2016 einen als „Mandatsvertrag & Auftrag“ bezeichneten Vertrag. Nach Ziffer 6 sollte der Beklagte („Mandatsträger“) in Bezug auf „das erwähnte Kapital des Auftraggebers nur an dessen schriftliche Weisungen und die einschränkenden Angaben im Finanzierungsparameter-/Darlehensantrag gebunden“ sein. Nach Ziffer 7 sollten Auszahlungen aus dem Konto „ausschließlich nach Weisung des Auftraggebers und entsprechend den Angaben im Finanzierungsparameter-/Darlehensantrag“ erfolgen. Der Vertrag war ordentlich mit einer Frist von 90 Tagen kündbar (Ziffer 8; Einzelheiten gemäß Anlage K 1).
5
Die Klägerin hinterlegte Euro 250.000 auf dem im Treuhandvertrag bezeichneten Konto des Beklagten. Nach eigenen Angaben überwies der Beklagte auf Anweisung des Zeugen M. von der T. den Betrag am 09.09.2016 an eine „Unternehmensberatung H.“.
6
In der Folgezeit kam es nicht zum Abschluss eines Darlehensvertrages o.ä..
7
Die Klägerin kündigte den Treuhandvertrag mit Schreiben vom 16.11.2016 und forderte vom Beklagten erfolglos Rücküberweisung.
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Im vor dem Landgericht München I zum Aktenzeichen 41 O 6435/17 geführten Verfahren verfolgte die Klägerin bereits mit einer Teilklage gegenüber dem Beklagten die Rückzahlung in Höhe von 15.000 €. Der Beklagte wurde dort antragsgemäß verurteilt (Anlage K 4). Das Urteil ist bereits vollstreckt, die Klägerin erhielt einen Betrag in Höhe von 16.921,03 €.
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Die Klägerin ist der Auffassung gewesen, der Beklagte sei mangels einer wirksamen Anweisung ihrerseits und unabhängig von einer eventuellen Wegüberweisung zur Rückzahlung verpflichtet.
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Der Beklagte hat geltend gemacht, dem Finanzierungskonstrukt sei immanent gewesen, dass die Finanzierungskosten im Voraus ausgezahlt würden, um die Finanzierung in Gang zu setzen. Die Auszahlung des Geldes durch ihn sei zu Recht erfolgt. Weiter hat er behauptet, es sei zwischen dem Geschäftsführer der Klägerin und dem Vorstand der T. AG, dem Zeugen M., von vornherein klar gewesen, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Geldbetrag um Finanzierungskosten gehandelt habe, die getroffene schriftliche Vereinbarung sei am 29.06.2016 mündlich abgeändert worden. Der Klägerin sei immer wieder die Vorfälligkeit erläutert worden.
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Der Beklagte hat weiter behauptet, die Unterschriften des Vertreters der T. AG seien gefälscht. Ein Herr A. habe für die Klägerin am 22.02.2017 nachträglich seine Überweisung genehmigt.
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Der Beklagte ist der Auffassung gewesen, der Vertrag sei unwirksam. Die Rückforderung stelle sich überdies als unzulässige Rechtsausübung dar, ebenso die Vollstreckung aus dem „Teilurteil“ über 15.000 €. Die Verträge seien von der Klägerin und der T. AG entworfen worden und könnten ihn nicht zur Rückforderung verpflichten, ein Vertrag zulasten Dritter sei unwirksam. Die Rückzahlungspflicht können nur die T. AG treffen.
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Das Landgericht, auf dessen Feststellungen ergänzend gemäß § 540 Abs. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat den Beklagten zur Zahlung von Euro 235.000 verurteilt, insoweit das am 31.04.2020 ergangene Versäumnisurteil aufrechterhalten und zur Begründung ausgeführt:
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Die Klägerin habe gegen den Beklagten aus § 667 BGB einen Anspruch auf Rückzahlung von weiteren 235.000 €.
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Zwischen den Parteien habe der als Anlage K 1 vorgelegte „Mandatsvertrag & Auftrag“ bestanden, der sich als Treuhandvertrag darstelle und auf den deutsches Recht zur Anwendung zu bringen sei. Gründe, von einer Unwirksamkeit des Vertrags auszugehen, bestünden nicht. Die Wirksamkeit des zwischen den Parteien vereinbarten Vertrages wäre auch dann gegeben, wenn tatsächlich die Unterschrift oder Unterschriften des Zeugen M. gefälscht sein sollte/-n. Auf der als Anlage K 1 vorgelegten Kopie des „Mandatsvertrag & Auftrag“ sei eine Unterschrift des Zeugen nicht zu erkennen, der Vertrag entfalte auch ohne Unterschrift des Zeugen rechtliche Wirkung zwischen den Parteien.
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Ohne Belang für die Frage der Rückzahlungspflicht des Beklagten sei eine rechtsverbindliche Unterschrift des M. unter dem Finanzierungsvertrag (Anlage K 2). Eine etwaige Nichtigkeit des Finanzierungsvertrages würde nicht zur Unwirksamkeit der vertraglichen Verpflichtung zwischen den Parteien führen, insbesondere zur Berechtigung des Beklagten, den erhaltenen Betrag ohne ausdrückliche Weisung der Klägerin an irgendwelche Dritte auszuzahlen.
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Der Beklagte habe im Zusammenhang mit dem Treuhandvertrag unstreitig einen Betrag in Höhe von 250.000 € erhalten, den er nach Beendigung des Vertragsverhältnisses gemäß § 667 BGB wieder herauszugeben habe.
18
Der Beklagte wäre nur dann von der Herausgabepflicht entlastet, wenn er das erhaltene Geld vereinbarungsgemäß zugunsten der Klägerin als Auftraggeberin verwendet hätte. Für diese auftragsgemäße Verwendung sei der Beklagte darlegungs- und beweisbelastet. Der Nachweis auftragsgemäßer Verwendung sei ihm nicht gelungen. Sein Vortrag, er habe am 09.09.2016 eine Überweisung an eine vom Zeugen M. genannte „Unternehmensberatung H.“ getätigt, sei zwar als unstreitig anzusehen, entlaste ihn jedoch nicht, denn es fehle an der erforderlichen schriftlichen Anweisung hierfür durch die Klägerin.
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Ziffern 6 und 7 des Treuhandvertrags würden eindeutige Regelungen treffen, nach denen der Beklagte als „Mandatsträger“ ohne schriftliche Weisungen der Klägerin in Bezug auf das hinterlegte Geld nicht habe tätig werden dürfen, insbesondere keine Auszahlungen vornehmen durfte. Sofern der Beklagte Einwände, mit der Bezeichnung „Kapital“ sei nicht der hinterlegte Betrag gemeint, ist diese Auslegung abwegig. Die Begriffe „Finanzierungskosten“ und „Kapital“ würden im Treuhandvertrag mit gleichem Bedeutungsinhalt verwendet, nämlich bezogen auf den von der Klägerin zu hinterlegen den Betrag von 250.000 €.
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Ziffern 6 und 7 des Treuhandvertrages seien auch nicht wirksam aufgehoben oder abgeändert worden. Hierfür hätte es einer eindeutigen Vereinbarung zwischen der Klägerin und dem Beklagten bedurft. Eine solche werde jedoch selbst vom Beklagten nicht behauptet. Sofern der Beklagte vorträgt, die Parteien des Finanzierungsvertrages, die Klägerin und die T. AG, hätten kurz nach Unterzeichnung der schriftlichen Verträge mündlich eine Vereinbarung getroffen, aufgrund derer der Beklagte auch bereits allein auf Weisung der T. AG tätig werden dürfte, sei dem diesbezüglichen Beweisangebot - unabhängig von der Frage einer Präklusion des Sachvortrages - nicht nachzugehen gewesen. Sie würde jedenfalls nicht ausreichen, um zu einer wirksamen Vertragsänderung im Hinblick auf den Treuhandvertrag zu gelangen.
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Dass es eine nach Ziffern 6 und 7 erforderliche schriftliche Anweisung der Klägerin nicht gegeben habe, sei unstreitig. Auch eine mündliche Anweisung durch die Klägerin habe der Beklagte nicht vorgetragen, sondern nur eine solche des Zeugen M. von der T. AG.
22
Der Beklagte vermöge sich auch nicht dadurch zu entlasten, dass er die Verknüpfung des Treuhandvertrages mit dem Finanzierungsparameter-/Darlehensantrag vortrage. Gerade aus dieser Verknüpfung ergebe sich, dass seine Einschaltung als Treuhänder - unter Inanspruchnahme der Seriosität und Vertrauensstellung des Anwaltsstandes - dazu habe dienen sollen, die Klägerin vor unlauteren Machenschaften der T. AG abzusichern. Nach dem Finanzierungsvertrag habe der Betrag von 250.000 € als Finanzierungskosten (2,5% des aufzunehmenden Kapitals bzw. der Darlehenssumme) zugunsten der T. AG dienen sollen. Keine Finanzierungskosten hätten anfallen sollen, wenn das Darlehen nicht gewährt oder wenn seitens der Klägerin die Finanzierung abgelehnt würde. In beiden Fällen habe die Klägerin keine Finanzierungskosten geschuldet und sei das „auf dem Anwalt-A.konto hinterlegte Kapital voll und ganz“ zurückzuerstatten gewesen (Anlage K 2, Seite 3, 2. und 3. Absatz).
23
Demgegenüber ergebe sich an keiner Stelle der vorgelegten Verträge, dass die zu hinterlegenden Finanzierungskosten vorab an irgendwelche Dritte auszuzahlen gewesen wären oder für eine solche Auszahlung eine Berechtigung erteilt worden wäre. Die vom Beklagten geschilderte Üblichkeit - Beschaffung eines hohen Eigen- oder Fremdkapitalbetrages durch Bereitstellung eines geringfügigen Teilbetrages - möge tatsächlich so vorliegen; insofern könne der Sachvortrag des Beklagten zu seinen Gunsten als zutreffend unterstellt werden. Eine solche Üblichkeit entlaste den Beklagten jedoch ebenfalls nicht. Der Beklagte, der seine aus dem Treuhandvertrag resultierenden Pflichten genau gekannt und als Rechtsanwalt in besonderem Maße das Vertrauen der Klägerin in Anspruch genommen habe, habe sein Tätigwerden an den vertraglichen Regelungen, nicht an irgendwelchen üblichen Handhabungen bei der Kapitalbeschaffung ausrichten müssen.
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Schließlich habe der Beklagte auch nicht nachgewiesen, dass die Klägerin wirksam sein Handeln - die eigenmächtige Auszahlung des hinterlegten Geldbetrages an einen fremden Dritten - genehmigt hätte. Der diesbezügliche Vortrag aus dem Schriftsatz vom 15.07.2020 sei gemäß § 296 Abs. 1 ZPO präkludiert. Eine triftige Entschuldigung für die Einreichung der Klageerwiderung erst wenige Tage vor dem Termin zur Verhandlung über den Einspruch sei nicht erkennbar. Dem Gericht sei es angesichts der Kürze der Zeit auch nicht mehr möglich gewesen, die nachteiligen Folgen der Verspätung durch eigene Maßnahmen aufzufangen bzw. die angebotenen Beweise für den Termin herbeizuschaffen. Insbesondere eine Ladung des vom Beklagten benannten Zeugen S. für die als streitig anzusehende Behauptung der Genehmigung - die Klägerin hat vorgetragen, vom Beklagten über die Verwendung des Geldes nicht informiert worden zu sein - sei bis zum Termin nicht mehr möglich gewesen. Die Zulassung des Vortrages hätte daher zu einer Verzögerung des Rechtsstreits geführt.
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Der Beklagte sei daher zur Herausgabe der von ihm im Rahmen des Treuhandauftrages erlangten weiteren 235.000 € verpflichtet.
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Die Widerklage sei zulässig, aber unbegründet.
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Der Vortrag zur Widerklage werde so ausgelegt, dass es sich um eine auf § 826 BGB gestützte Schadensersatzklage zur ausnahmsweise Durchbrechung der Rechtskraftwirkung des Urteils im Verfahren 41 U 6435/17 handeln solle. Eine solche Klage könne auch nach Beendigung der Zwangsvollstreckung noch erhoben werden und unterliege als Leistungsklage keinen besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen.
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Allerdings lägen die Voraussetzungen eines entsprechenden Schadensersatzanspruchs nicht vor. Es fehle bereits an einer materiell-rechtlichen Fehlerhaftigkeit des Endurteils, außerdem bringe die Begründung der Widerklage keinerlei neuen Vortrag an, der im ersten Verfahren nicht bereits vorgebracht worden wäre. Schließlich verhalte sich die Begründung der Widerklage auch nicht zu dem erforderlichen Vorsatz auf Klägerseite, namentlich beim Geschäftsführer der Klägerin.
29
Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten, der unter anderem auf folgendes hinweist:
30
Das Landgericht suggeriere durch die fälschliche Bezeichnung als Treuhandvertrag einen alleinstehenden Treuhandvertrag. Bei dem „Mandatsvertrag & Auftrag“ seien drei Parteien beteiligt. In Ziffer 2 des Vertrages sei festgelegt, dass der „Finanzierungsparameter-/Darlehensantrag“ integrierender Bestandteil dieses Vertrages sei. Der Finanzierungsparameter-/Darlehensantrag könne vom Mandatsvertrag & Auftrag nicht getrennt werden. Im Tatbestand werde auch nicht festgehalten, dass es sich nach Ziffer 1 um Finanzierungskosten gemäß „Finanzierungsparameter-/Darlehensantrag“ handele und nicht um eine Treuhandanlage. Eine Treuhandanlage habe es nie gegeben. Auch sei falsch, wenn das Landgericht von einem Treuhandvertrag und einem Kapitalbetrag spreche. Schließlich nehme das Landgericht nicht zur Kenntnis, dass der Finanzierungsbetrag (nicht ein Kapitalbetrag) zugunsten der Drittpartei (T.) hinterlegt worden sei. Die Finanzierungskosten hätten der T. AG zur Verfügung gestanden.
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Der „Mandatsvertrag & Auftrag“ sei kein „echter“ Treuhandvertrag gewesen. Denn vorliegend sei ein Kapital nie hinterlegt und zur Verwahrung gegeben worden. Der „Mandatsvertrag & Auftrag“ enthalte keine Regelung über Verwahrung und Hinterlegung und Herausgabe des Kapitals bei Beendigung des Vertrages. Die Absicht der Parteien sei dahin gegangen, dass die Finanzierungskosten vorweg zu bezahlen seien. Der Sinn und Zweck des Vertrages habe unstreitig darin bestanden, ohne Eigenkapital eine Finanzierung von 10 Million € zu erhalten und die dafür notwendigen Kosten für die Erreichung dieses Zwecks bereitzuhalten und vorab zu überweisen.
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Bei Anlage K 1 handele es sich um einen aus zwei Teilen bestehenden einheitlichen Vertrag, die miteinander untrennbar verbunden seien.
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Gerade die Feststellung, dass (angeblich) die Unterschrift der Partei T. AG gefehlt habe, hätte das Landgericht aufmerksam machen müssen. Selbstverständlich sei auch dieser Teil der Vereinbarung von M. unterschrieben gewesen, was sich aus der Anlage K 1 in dem Vorverfahren Az.: 41 O 6435/17 ergebe.
34
Die Unterschrift der T. AG auf beiden Teilen des einheitlichen Vertrages sei gefälscht. Hierzu habe das Gericht keine Stellung genommen.
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Folge sei, dass der Einheitsvertrag vom 24.06./28.06.2016 insgesamt rechtsunwirksam sei. Auch der Teil „Finanzierungsparameter-/Darlehensantrag“ beziehe sich auf den anderen Teil, indem er auf den Eingang der Finanzierungskosten auf dem Konto des Beklagten für den Darlehensvertrag abstelle. Voraussetzung für den Darlehensvertrag (und für die Wirksamkeit des Gesamtvertrages, wenn er denn wirksam wäre) sei der vorherige Eingang der Finanzierungskosten, und zwar „nach Eingang der Finanzierungskosten“. Gemäß „Finanzierungsparameter-/Darlehensantrag“ seien die Finanzierungskosten unstreitig innerhalb von 3 Tagen nach Unterzeichnung einzubezahlen gewesen.
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Einen Treuhandvertrag gebe es jedenfalls nicht.
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Im Übrigen wäre der Beklagte bei Wirksamkeit des Vertrages von der Herausgabepflicht befreit, da er weisungsgemäß (über die Auslegung salvatorische Klausel, §§ 133, 157 BGB) die Finanzierungskosten unstreitig weitergeleitet habe.
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Da die Finanzierungskosten unstreitig zugunsten der T. AG einbezahlt worden sein, habe der Geschäftsführer der AG, M., diese Kosten abverfügen können, was unstreitig erfolgt sei. Insofern würde es auf die (unwirksame) Bestimmung der Ziffern 6 und 7 des Gesamtvertrages nicht mehr ankommen. Weiter käme es, bei Wirksamkeit, auch auf die einschränkenden Angaben im Finanzierungsparameter-/Darlehensantrag an, damit auf die nachgewiesene Vorfälligkeit der Finanzierungskosten.
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Die Einschaltung des Beklagten über den Mandatsvertrag & Auftrag (nicht über einen Treuhandvertrag) habe allein der Absicherung der T. AG gegolten und zwar deshalb, weil diese AG ihre Finanzierungsmöglichkeiten und Geschäftsbeziehungen nicht habe offenlegen wollen.
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Im Übrigen sei die Überweisung genehmigt worden. Jedenfalls liege in der Duldung der Überweisung eine Genehmigung. Am 09.09.2016 sei die Überweisung erfolgt, von der die Klägerseite Kenntnis habe, und zwar durch den Beklagten sowie auch durch den Zeugen M. und den Zeugen S2..
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Unstreitig sei auch die Tatsache, dass die Klägerin im Überweisungsbeleg als Zweck angegeben habe: „Dr. H. UG Finanzierungskosten“. Um eben solche Finanzierungskosten habe es sich gehandelt.
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Soweit der Geschäftsführer der Klägerin behauptet habe, der Zeuge sei zur Unterzeichnung der Anlage K 2 am 24.06.2016 in Hamburg gewesen, sei diese Aussage falsch. Die „Unterschrift“ sei eine aus dem PC heraus skalierte und dazu noch kopfstehende Handzeichnung.
43
Die schriftliche Vereinbarung sei einvernehmlich dahingehend abgeändert worden, dass die eingezahlten Finanzierungskosten an den Anspruchsteller weitergeleitet werden durften, um die Voraussetzungen für den Abschluss des gewünschten Darlehensvertrages zu erfüllen und zwar auf mündliche Anweisung hin.
44
Der Beklagte beantragt,
Das Urteil des LG München ist fehlerhaft und ist aufzuheben.
45
Die Klägerin beantragt,
Die Berufung wird zurückgewiesen.
46
Die Klägerin verteidigt das Ersturteil. Der damals noch als Rechtsanwalt tätige Beklagte habe am 24.06.2016 mit der Klägerin einen Mandatsvertrag geschlossen, wonach die Klägerin einen Betrag von Euro 250.000 auf das Rechtsanwalts.konto zur treuhänderischen Verwahrung zu hinterlegen hatte. Diese Hinterlegung habe als Sicherheit für die Finanzierungskosten einer Drittpartei, der T. AG, hinterlegt werden sollen. Die Drittpartei sei beauftragt gewesen, der Beklagten ein Finanzdarlehen von 10 Millionen € zu beschaffen.
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In Ziffer 6 dieses Mandatsvertrages sei geregelt, dass der Berufungskläger hinsichtlich des hinterlegten Kapitals ausschließlich auf schriftliche Weisung des Berufungsbeklagten und an die einschränkenden Angaben im Finanzierungsparameter-/Darlehensvertrag gebunden sei. Die Klägerin und die T. hätten beabsichtigt, am 24.06.2016 einen Finanzierungsparameter-/ Darlehensvertrag über die Vermittlung eines Darlehens abzuschließen. Die Vereinbarung habe vorgesehen, dass die T. AG der Klägerin ein Darlehen in Höhe von 10 Millionen € beschaffe. Vereinbart worden sei hierbei, dass ein Betrag von Euro 250.000 vorab als Finanzierungskosten auf das Treuhandkonto des Beklagten eingezahlt werden sollte. Weiter war geregelt, dass für den Fall, dass das Darlehen nicht gewährt werden sollte, der Klägerin keine Kosten entstünden und das auf dem Treuhandkonto hinterlegte Kapital zurückerstattet werde. Unstreitig habe die Klägerin die Treuhandabrede für die Finanzierungskosten in Höhe von 250.000 € auf das A.konto des Beklagten eingezahlt. Der Darlehensvertrag sei nicht geschlossen worden und die Klägerin habe den Mandatsvertrag mit Schreiben vom 16.11.2016 gekündigt. Eine schriftliche oder eine (unzulässige) mündliche Weisung, das Treuhandkonto an Dritte weiterzuleiten sei nicht erfolgt. Im Übrigen werde bestritten, dass die Treuhandsumme überhaupt an einen Empfänger in der S. ausbezahlt worden sei.
48
Das Gericht hat mit Beschluss vom 27.05.2021 einen Hinweis gemäß § 522 Abs. 2 ZPO erlassen.
49
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens im Berufungsverfahren wird auf die Schriftsätze der Parteien verwiesen.
50
Der Senat weist die Berufung der Klägerin durch einstimmigen Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurück, weil das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert. Gesichtspunkte, die gleichwohl eine mündliche Verhandlung als geboten erscheinen ließen, liegen nicht vor.
51
1. Der Senat hat im vorangegangenen Hinweisbeschluss vom 27.05.2021 ausführlich dargelegt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat. Hierauf wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.
52
2. Die Stellungnahmen des Beklagten rechtfertigen keine andere Entscheidung:
2.1. Schriftsatz vom 18.08.2021
53
Der Hinweis des Beklagten (Seite 5, Blatt 235 der Akte), wonach es im vorliegenden Fall um 2 integrierende, untrennbar miteinander verbundene Verträge ginge, die sich gegenseitig bedingen würden, ist rechtlich ohne Belang, worauf bereits hingewiesen wurde (vergleiche Ziffer 1.3. und 1.4. des Hinweisbeschlusses). Entsprechendes gilt auch für den Hinweis (Seite 6, Blatt 236 der Akte), wonach Anlage K 1 (der Mandatsvertrag) zwischen drei Parteien zustande gekommen sei. An der Bewertung der vom Beklagten in diesem Vertrag übernommenen Pflichten würde die „Drittpartei“ nichts ändern.
54
Auch die Tatsache, dass die Finanzierungskosten zugunsten der Drittpartei überwiesen worden seien (Seite 7, Blatt 237 der Akte), ändert nichts am Pflichtenumfang des Beklagten aus dem „Mandatsvertrag & Auftrag“. Die entscheidende Frage in diesem Zusammenhang ist auch nicht, dass die Drittpartei von der vertraglichen Regelung her begünstigt und berechtigt gewesen sei, die Finanzierungskosten abzuverfügen; vielmehr geht es darum, ob der Beklagte sich weisungsgemäß im Sinne dieses Vertrages verhalten hat.
55
Weiterhin nicht erkennbar für den Senat ist auch, warum der „Mandatsvertrag & Auftrag“ zwischen der Klägerseite und der Beklagtenseite und der sich daraus ergebende Pflichtenumfang des Beklagten von der Unterschrift der Drittpartei abhängen sollte (so der Beklagte auf Seite 8, Blatt 238 der Akte). Unrichtig ist die Ansicht des Beklagten (Seite 9, Blatt 239 der Akte), ein „alleiniger“ Mandats- und Auftragsvertrag mache keinen Sinn. Die Klägerin hat an den Beklagten einen Betrag von 250.000 € überwiesen und durfte erwarten, dass der Beklagte mit diesem Betrag nur vereinbarungsgemäß verfahren wird.
56
Nicht erkennbar ist weiter, warum die Tatsache, dass es einen Darlehensvertrag erst nach Bezahlung der Finanzierungskosten geben sollte (aaO), eine Rolle für den Pflichtenumfang des Beklagten aus dem Mandatsvertrag mit der Klägerin spielen sollte. Dass der Mandatsvertrag und die sich aus ihm ergebenden Pflichten von der Unterschrift eines Dritten abhängen sollten, lässt sich der Vereinbarung gemäß Anlage K 1 nicht entnehmen. Die Ausführungen des Beklagten (Seite 11, Blatt 241 der Akte) zu § 139 BGB sind nicht belastbar.
57
Die Tatsache, dass die Finanzierungskosten zugunsten der T. eingezahlt worden seien, bedeutet in einem weiteren Schritt nicht automatisch (so aber der Beklagte, Seite 12, Blatt 242 der Akte), dass M. als Vertreter der T. über die Weiterleitung der für ihn bestimmten Finanzierungskosten habe bestimmen können. Der Beklagte hatte sich vielmehr an die Vereinbarungen im Mandatsvertrag zu halten (dort insbesondere Ziffer 6: „Der Mandatsträger ist was das oben erwähnte Kapital des Auftraggebers angeht nur an dessen schriftliche Weisungen und den einschränkenden Angaben im Finanzierungsparameter-/Darlehensantrag gebunden.“). Dass die T. AG aus einem Vertrag zugunsten Dritter berechtigt gewesen wäre, sich über das zwischen der Klägerin und dem Beklagten vereinbarte Procedere einseitig hinwegzusetzen, lässt sich dem Mandatsvertrag nicht entnehmen.
58
Nicht belegt ist die Behauptung des Beklagten (Seite 14, Blatt 244 der Akte), dass „die widerspruchslose Fortsetzung des Vertrages (Überweisung) nach Bekanntgabe von veränderten Bedingungen als Zustimmung und Genehmigung zu werten“ sei (vergleiche hierzu bereits 2.2.3. und 2.2.4. des Hinweisbeschlusses).
59
Soweit der Beklagte behauptet, er habe bereits erstinstanzlich substantiiert vorgetragen und unter Beweis gestellt, dass die Parteien des Finanzierungsparameter-/Darlehensantrages die Abänderung bezüglich der Weisung mündlich vereinbart hätten, gilt das bereits im Hinweisbeschluss unter Ziffer 4. Ausgeführte, wonach das Landgericht zutreffend von einer Präklusion der Zeugen S. und M. ausgegangen ist. Der Hinweis auf die „ursprüngliche Klageerwiderung vom 30.06.2017“ lässt sich dem vorliegenden Verfahren schon zeitlich nicht zuordnen, nachdem die Klage vom 13.08.2019 stammt.
60
Entgegen der Ansicht des Beklagten (Seite 16 ff, Blatt 246 ff der Akte) hat das Landgericht die Präklusionsvorschriften zutreffend angewendet.
61
Welche Bedeutung die behaupteten Fälschungen der Unterschriften durch M. (Seite 22, Blatt 252 der Akte) für den vorliegenden Sachverhalt haben soll, ist weiterhin nicht erkennbar.
2.2. Schriftsatz vom 15.09.2021
62
Entgegen der Ansicht des Beklagten (Seite 3, Blatt 266 der Akte) hat die Tatsache, dass vorliegend „zwei integrierende Verträge“ vorliegen sollen, keine Bedeutung für die Frage, wie der Pflichtenkreis des Beklagten zu verstehen ist. Für den Pflichtenkreis des Beklagten ist allein entscheidend, dass der Mandatsvertrag zwischen ihm und der Klägerin zustande kam. Welche Rolle die „Drittpartei“ hierfür spielen soll, ist nicht erkennbar. Unrichtig ist auch die Ansicht des Beklagten (Seite 4, Blatt 267 der Akte), wonach der Mandatsvertrag ohne den Parameter- und Finanzierungsvertrag allein keinen Bestand haben könne.
63
Die Tatsache, dass die Finanzierungskosten der Drittpartei zustanden und zu ihren Gunsten überwiesen worden waren (Seite 5, Blatt 268 der Akte), ist für die Frage ohne Bedeutung, unter welchen konkreten Umständen der Beklagte über das Geld verfügen durfte. Das Recht der Drittpartei, die Finanzierungskosten zu erhalten, ist auch von der Frage zu trennen, unter welchen Voraussetzungen der Drittpartei tatsächlich das Geld zugeleitet werden durfte.
64
Unrichtig ist auch die Behauptung des Beklagten (Seite 6, Blatt 269 der Akte), wonach der Mandatsvertrag rechtlich vom Zustandekommen des Finanzierungsparameter/Darlehensvertrages abhängen sollte. Der Beklagte sollte vielmehr gerade den ihm überwiesenen Betrag zugunsten der Klägerin auf seinem A.konto verwahren, bis er von dieser eine entsprechende Freigabe erhalten hatte.
65
Im Übrigen ergibt sich aus Seite 3 des Darlehensantrages gemäß Anlage K 2, dass für den Fall, dass das Darlehen nicht gewährt werden würde, der Darlehensnehmerin keine Kosten entstehen würden und in diesem Fall dass auf dem Anwalt-A.konto hinterlegte Kapital voll und ganz zurückerstattet würde. Insofern sah die rechtliche Verknüpfung zwischen Anlage K 1 und Anlage K 2 gerade vor, dass der Beklagte erst dann - auf entsprechende Anweisung durch die Klägerin - über den hinterlegten Betrag verfügen sollte, wenn es zu einem entsprechenden Darlehensvertrag gekommen war. Insoweit zutreffend trägt der Beklagte selbst vor (Seite 7, Blatt 270 der Akte), dass schon aus dem Inhalt der beiden zusammenhängenden Verträge zu entnehmen sei, dass es einen Darlehensvertrag erst nach Bezahlung der Finanzierungskosten geben werde. Diese hatten aber auf dem A.konto zu verbleiben, solange ein Darlehensvertrag nicht zustande gekommen war.
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Nicht mit Anlage K 2 zu vereinbaren ist es, wenn der Beklagte (Seite 8, Blatt 271 der Akte) vorträgt, dass es den Darlehensvertrag erst dann geben sollte, wenn die Finanzierungskosten, die T. ausgeben und an Dritte weiterreichen musste, im Voraus an T. durch Abverfügung bezahlt worden waren. Voraussetzung für die Abverfügung des Betrags ist vielmehr gerade das vorherige Zustandekommen des Darlehensvertrages. Dass die „Drittpartei“ befugt gewesen wäre, einseitig die „Finanzierungskosten“ zu beanspruchen (so der Beklagte, Seite 11, Blatt 274 der Akte), bleibt ebenfalls unbelegt.
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3. Aus den oben genannten Gründen konnte auch dem PKH-Antrag des Beklagten keine Folge geleistet werden.
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1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
69
2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Ersturteils ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10 Satz 2, 711, 709 Satz 2 ZPO.
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3. Die Festsetzung des Berufungsstreitwerts beruht auf §§ 63 II 1, 43 I, 47, 48 I 1 GKG, 3 ZPO.