Titel:
Aussetzung mit Todesfolge (Weidener „Flutkanal-Prozess”)
Normenkette:
StGB § 13, § 221 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3, § 323c Abs. 1
Leitsätze:
1. Eine Garantenstellung aus der tatsächlichen, freiwilligen Übernahme der Beschützerfunktion entsteht erst, wenn der Helfer die Situation des Hilfsbedürftigen wesentlich verändert hat, insbesondere andere Rettungsmöglichkeiten ausschließt oder neue Gefahren begründet. (Rn. 395) (redaktioneller Leitsatz)
2. Das Recht verpflichtet auch denjenigen nicht zu sinnlosem Tun, der aufgrund einer Garantenstellung gehalten ist, einen bestimmten Erfolg abzuwenden. Allerdings lässt dabei nur die sicher voraussehbare Erfolglosigkeit eines Rettungsbemühens die Handlungspflicht entfallen. (Rn. 404) (redaktioneller Leitsatz)
3. Es ist zu berücksichtigen, dass nicht jede fahrlässige Tötung, die mit einer Aussetzung zusammentrifft, den Qualifikationstatbestand des § 221 Abs. 3 StGB begründet; denn dieser liegt nur dann vor, wenn sich in dem tödlichen Erfolg gerade die dem Aussetzungstatbestand eigentümliche Gefahr niedergeschlagen hat. (Rn. 421) (redaktioneller Leitsatz)
4. Ein Unglücksfall iSd § 323c Abs. 1 StGB ist jedes plötzliche Ereignis, das erheblichen Schaden an Menschen oder Sachen verursacht und weiteren Schaden zu verursachen droht. Auch der zu Verpflichtende kann den Unglücksfall durch erlaubt-riskantes oder fahrlässig rechtswidriges Verhalten herbeigeführt haben. Im Tatbestandsmerkmal „Unglücksfall“ ist zudem das Erfordernis der Gefahr drohender weiterer Schäden enthalten, die zu vereiteln oder jedenfalls abzumildern schon im Rechtsgut angelegt ist. Für das entsprechende Gefahrenurteil kommt es auf eine objektivierte ex-ante-Sicht an. (Rn. 434 – 435) (redaktioneller Leitsatz)
5. Aussetzung durch Im-Stich-Lassen ist stets ein Unterlassungsdelikt; eine Strafrahmenmilderung gemäß § 13 Abs. 2 StGB ist nicht möglich, auch nicht, wenn der Täter durch die Tat den Tod des Opfers verursacht hat (§ 221 Abs. 3 StGB). (Rn. 465) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Aussetzung mit Todesfolge, ertrinkender Freund, Obhuts- und Beistandspflicht, Garantenstellung, hilflose Lage, tatsächliche Übernahme, Gemeinschaft, Gefährdungsvorsatz, Tötungsvorsatz, bewusste Fahrlässigkeit
Rechtsmittelinstanz:
BGH Karlsruhe, Urteil vom 21.09.2022 – 6 StR 47/22
Fundstelle:
BeckRS 2021, 58184
Tenor
1. Es sind schuldig, die Angeklagten … und … jeweils der Aussetzung mit Todesfolge, der Angeklagte … der unterlassenen Hilfeleistung.
2. Es werden daher verurteilt
der Angeklagte … zu einer Freiheitsstrafe von 5 Jahren 6 Monaten,
die Angeklagte … zu einer Freiheitsstrafe von 4 Jahren 6 Monaten,
der Angeklagte … zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten, wobei die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung ausgesetzt wird.
3. Die Angeklagten tragen die Kosten des Verfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Nebenkläger.
4. Dem Angeklagten … wird für die die erkannte Freiheitsstrafe übersteigende Dauer der Untersuchungshaft aus der Staatskasse eine Entschädigung gewährt.
Entscheidungsgründe
I. Personliche Verhältnisse
1
Der Angeklagte … wurde in … geboren. Die im Jahr 1960 bzw. 1965 geborenen Eltern des Angeklagten waren in … als Ingenieur bzw. Lehrerin tätig. Die Familie des Angeklagten kam im Jahr 2000 - aufgrund der hier lebenden Großmutter - nach Deutschland und lebten zunächst in … in einem Heim für Aussiedler. Im Laufe der Jahre fanden die Eltern des Angeklagten Arbeit in einem Logistikbetrieb bzw. im Lager einer Druckerei. Mittlerweile lebt der Angeklagte zusammen mit seinen Eltern in …. Der Angeklagte hat eine Schwester, welche 1991 geboren wurde. Diese trat nach ihrem Lehramtstudium eine Tätigkeit in … an.
2
Der Angeklagte besuchte nach dem Kindergarten die Grundschule, wiederholte die dritte Klasse wegen einer Beinfraktur und wechselte anschließend auf die Hauptschule in … Die Hauptschule schloss der Angeklagte nach der neunten Klasse mit dem qualifizierenden Hauptschulabschluss ab. Anschließend absolvierte der Angeklagte die Wirtschaftsschule und arbeitete zwischen 2015 und 2016 in einer Zeitarbeitsfirma. Im Jahr 2016 begann der Angeklagte eine Ausbildung zum Kaufmann im Groß- und Außenhandel bei der Firma … in … und schloss diese im Jahr 2019 erfolgreich ab. Der Ausbildungsbetrieb übernahm den Angeklagten im Anschluss.
3
Im August 2020 erlitt der Angeklagte eine linksseitige Schulterluxation im Rahmen einer Schlägerei, in welche er schuldlos verwickelt wurde. Von weiteren schwerwiegenden Krankheiten oder Verletzungen blieb der Angeklagte bislang verschont.
4
Der Angeklagte konsumiert gelegentlich Bier, jedoch nur selten täglich. An den Wochenenden konsumiert er Wein und Wodka und neigt hierbei dazu, größere Mengen an Alkohol zu sich zu nehmen und in einen Rauschzustand zu geraten. Marihuana probierte der Angeklagte im letzten Jahr ein bis zweimal.
5
Der Angeklagte ist ledig und kinderlos. Vermögen besteht seitens des Angeklagten nicht. Aus einem Autokauf resultieren zwischen 15.000 € bis 20.000 € Schulden die der Angekiagte mit etwa 300 € im Monat abbezahlt. Aus seiner letzten Tätigkeit erhielt der Angeklagte einen Lohn von etwa 1.600 € netto.
6
Der Angeklagte ist bislang strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten.
7
Der Angeklagte befand sich seit 01.10.2020 aufgrund Untersuchungs-Haftbefehls des Amtsgerichts … vom 01.10.2020, Gz.: …, in der JVA … in Untersuchungshaft. Die Untersuchungshaft wurde mit Beschluss der Kammer vom 20.08.2021 aufgehoben.
8
Der Angeklagte … wurde in … geboren. Seine Eltern stammen aus … Der Angeklagte wohnt mit seinen Eltern zusammen in … Die Mutter des Angeklagten arbeitete in einem Feinkostladen, der Vater als Produktionshelfer. Geschwister hat der Angeklagte nicht.
9
Nach der Grundschule trat der Angeklagte zur fünften Klasse auf das Gymnasium über, wechselte jedoch sodann auf die Realschule und wiederholte dort die fünfte Klasse. Die achte Klasse wiederholte er freiwillig. Nach der zehnten Klasse absolvierte der Angeklagte den Realschulabschluss mit einer Abschlussnote von 2,3. Anschließend wechselte der Angeklagte auf die Fachoberschule.
10
Nach einem halbjährigen Praktikum bei der Firma … begann der Angeklagte eine Ausbildung als Automobilkaufmann. Nach Abschluss der Ausbildung mit durchschnittlichen Noten arbeitete der Angeklagte weitere 2 Jahre bei seinem Ausbildungsbetrieb. Aufgrund einer angestrebten beruflichen Umorientierung wechselte der Angeklagte im September 2020 zur … und begann dort eine Tätigkeit als Bezirksleiter.
11
Aufgrund seiner Tätigkeit bei der Firma … erhielt der Angeklagte ein Monatsgehalt von etwa 2.000 € netto. Die letzte Provisionsabrechnung bei der … enthielt einen Betrag von 7.000 € brutto. Hinsichtlich seiner Tätigkeit bei der Firma … hat der Angeklagte bislang lediglich eine Abrechnung erhalten.
12
Von schwerwiegenden Krankheiten oder Verletzungen blieb der Angeklagte bislang verschont.
13
Der Angeklagte raucht regelmäßig Shisha-Pfeife. Unter der Woche trinkt der Angeklagte keinen Alkohol. Zum Feiern am Wochenende trinkt er regelmäßig etwa 2-3-mal im Monat Alkohol, wobei es hierbei regelmäßig zu Rauschzuständen seitens des Angeklagten kommt.
14
Der Angeklagte ist ledig und kinderlos. Von Mietzahlungen ist der Angeklagte nicht belastet, da er bei seinen Eltern wohnt. Aus einem Fahrzeugkauf resultieren Schulden i.H.v. etwa 25.000 €, welche er monatlich mit etwa 1.000 € bedient. Der Wert des erworbenen Fahrzeugs beträgt etwa 45.000 € bis 50.000 €.
15
Der Angeklagte ist bislang strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten.
16
Der Angeklagte befindet sich seit 01.10.2020 aufgrund Untersuchungs-Haftbefehls des Amtsgerichts … vom 01.10.2020, Gz.: … in der JVA … ununterbrochen in Untersuchungshaft.
17
Die Angeklagte wurde in … geboren und wohnte später in … Im Alter von 17 Jahren zog sie von zuhause aus und daraufhin in eine eigene Wohnung nach …
18
In der Familie wuchs die Angeklagte mit einem sieben Jahre älteren Bruder auf. Beide Eltern sind 52 Jahre alt. Die Eitern trennten sich als die Angeklagte drei oder vier Jahre alt war. Die Mutter wohnt derzeit bei … der Vater bei … Die Trennung der Eltern führte dazu, dass der Bruder der Angeklagten beim Vater aufwuchs und die Angeklagte bei der Mutter verblieb. Die Mutter lernte den Beruf der Schneiderin und arbeitet überwiegend in einem Bioladen als Angestellte. Der Vater der Angeklagten ist als Versicherungsmakler tätig. Die Angeklagte unterhält zu beiden Elternteilen eine gute Beziehung.
19
Nach dem Kindergarten besuchte die Angeklagte die Grundschule in … In der fünften und sechsten Klasse besuchte die Angeklagte die Wirtschaftsschule und wechselte schließlich auf eine Realschule, die sie bis zur zehnten Klasse erfolgreich absolvierte. Unmittelbar nach dem Schulabschluss erlernte die Angeklagte den Beruf der Automobilkauffrau und schloss die Ausbildung erfolgreich ab. Bereits im Rahmen der Berufsschule arbeitete die Angeklagte bei der Firma … und setzte diese Tätigkeit auch nach Beendigung ihrer Ausbildung dort fort.
20
Die Angeklagte kam mit einer offenen Spina Bifida zur Welt, welche operativ gedeckt werden musste. Im Rahmen einer über Jahre bestehenden Gefühlsstörung im linken Bein nahm die Angeklagte eine Infektion an einer Zehe nicht rechtzeitig wahr, woraufhin der Zeh halb entfernt werden musste, nachdem sich die Knochen entzündeten. Die Angeklagte leidet an Schmerzgefühlen bis hin zu Gefühlsstörungen vom linken Knie bis auf den linken Fußrücken. Eine Dauermedikation erhält die Angeklagte nicht. Von weiteren schwerwiegenden Krankheiten oder Unfällen blieb die Angeklagte bislang verschont.
21
Die Angeklagte nutzt einen Verdampfer zum Rauchen von Tabakprodukten und konsumiert hierbei etwa 8-10 Konsumeinheiten pro Tag. Alkohol trinkt die Angeklagte nur selten und eher zu bestimmten Anlässen. Soweit die Angeklagte Alkohol konsumiert neigt sie jedoch manchmal dazu, viel zu trinken, sodass es in der Vergangenheit auch zu Rauschzuständen kam.
22
Die Angeklagte ist ledig und kinderlos. Vermögen sowie Schulden bestehen seitens der Angeklagten nicht. Aus ihrer letzten Tätigkeit erhielt die Angeklagte ein Gehalt von 1.400 € bis 1.600 €.
23
Die Angeklagte ist bislang nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten.
24
Die Angeklagte befindet sich seit 01.10.2020 aufgrund Untersuchungs-Haftbefehls des Amtsgerichts … vom 01.10.2020, Gz.: … in der JVA … ununterbrochen in Untersuchungshaft.
25
Der Angeklagte … war spätestens seit dem Jahr 2018 - neben … - einer der besten Freunde des … Der Angeklagte … und … trafen sich mehrmals die Woche und fuhren zusammen einige Male gemeinsam in den Urlaub. Bei diesen Urlauben waren teilweise auch … und … sowie im Jahr 2019 auch einmalig der Angeklagte … mit dabei.
26
In der Gruppe wurden während der Urlaube sowie zum Feiern an Wochenendtagen oftmals beträchtliche Mengen an Alkohol konsumiert. … welcher eine Diabetes-Erkrankung hatte, war hierbei ebenso beteiligt, achtete jedoch stets darauf - insbesondere aufgrund seiner Diabetes Erkrankung - den Alkoholkonsum zu einem gewissen Punkt einzustellen, um nicht von fremder Hilfe abhängig zu sein und weiter selbst die Kontrolle zu behalten. Eine Situation, in der sich … nicht mehr selbst helfen konnte und insbesondere seine Zuckerwerte außer Acht gelassen hätte, kam bis zu dem tatgegenständlichen Ereignis nicht vor. Auch im betrunkenen Zustand stellte … den weiteren Alkoholkonsum ab einem gewissen Pegel ein, auch wenn sonstige Personen aus der Gruppe weiter Alkohol konsumierten sowie auf ihn zum weiteren Konsum von Alkohol einwirken wollten. Illegale Drogen wurden in der Gruppe nicht konsumiert. Insbesondere … war auch an einem Konsum … illegaler Substanzen nicht interessiert.
27
Die Angeklagte … und … kannten sich erst seit Anfang September 2020, wo sie sich am 04.09.2020 erstmals trafen. An diesem Wochenende suchten die Angeklagten … und … sowie … erstmals in … die Shisha-Bar … gemeinsam auf. Die Angeklagten … und … kannten sich hingegen bereits zuvor aufgrund einer vorherigen gemeinsamen Arbeitsstelle bei der Firma … Der Angeklagte … war ein guter Bekannter des …, welcher mit diesem jedoch lediglich bei Treffen in dem gemeinsamen Freundeskreis Kontakt hatte.
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Die Angeklagten … und … sowie … wohnten in … die Angeklagte … hingegen in … Am vorangegangen Wochenende des 04.09.2020 übernahm … die Rolle des Fahrers zum gemeinsamen Besuch der Shisha-Bar …
29
Am 11.09.2020 kam … von der Arbeit in sein Elternhaus, half dort seinem Vater noch bei der Montage eines Sonnensegels, bis er anschließend gegen 18:30 Uhr von den Angeklagten … und … von dort abgeholt wurde. An diesem Abend übernahm der Angeklagte … die Rolle des Fahrers und fuhr einen weißen VW Golf.
30
Die Angeklagten … und … sowie … fuhren schließlich von … nach …, um dort die Angeklagte …, wie bereits die Woche zuvor, abzuholen.
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Die Fahrt führte über den …-Markt in … Dort erwarb der Angeklagte … 2 Flaschen Bier („Augustiner Heil“, 0,5 l) sowie der Angeklagte … und … jeweils eine Flasche Wein („Schmitt Bacchus“, 1 I bzw. „Bree Chardonnay“, 0,75 l). Der Bezahlvorgang fand um 19:21 Uhr statt, anschließend wurde die Fahrt nach … fortgesetzt. Auf der Fahrt zu der Wohnadresse der Angeklagten … konsumierten die Angeklagten … und … sowie … ihre erworbenen alkoholischen Getränke größtenteils. Die Angeklagte … trank bis zur Ankunft der Angeklagten … und … sowie des … in … bereits in ihrer Wohnung eine Flasche eines Mischgetränks („Hugo“, 1 l).
32
Gegen 19:45 Uhr wurde die Angeklagte … schließlich abgeholt, sowie die gemeinsame Fahrt der Gruppe in die Innenstadt von … zur Shisha-Bar … fortgesetzt. Auf der weiteren Fahrt wurden die jeweiligen alkoholischen Getränke, welche zuvor in … erworben worden waren, ausgetrunken. Die Angeklagte … trank hierbei einen Rest des Weines (etwa 100/150 ml) aus der Flasche des Angeklagten …
33
Um 19:59 Uhr erreichten die Angeklagten sowie … mit dem Auto des Angeklagten … das Parkhaus in der … und stellten das Auto dort ab. Um 20:01 Uhr verließen die Gruppe das Parkdeck und brach zu der etwa 200 Meter entfernten Shisha-Bar … in der Innenstadt von … auf.
34
In der Shisha-Bar bestellte die Gruppe unter anderem 3 Shisha-Pfeifen sowie ein „Wodkaboot“ („Absolut Wodka“, 0,7 l, Alkoholgehalt 40 %) mit Orangensaft (1 l). Nachdem er seine Shisha zu Ende geraucht hatte, verließ der Angeklagter … die Shisha-Bar und befand sich jedenfalls von 21:27 Uhr bis 21:46 Uhr im Parkhaus in der … in seinem Auto. In der Shisha-Bar trank … eine erhebliche Menge des Alkohols des „Wodkabootes“ und wurde hierzu durch die Angeklagten … und … animiert, indem sie ihm Gläser mit dem Inhalt des „Wodkabootes“ nachschenkten und ihn mit den Worten „Trink, trink, trink!“ animierten.
35
… erreichte dadurch in der Shisha-Bar einen stark angetrunken Zustand und wies deutliche Ausfallerscheinungen auf. So stürzte er auf dem Weg zur Toilette, warf zudem durch seinen unkontrollierten Gang beinah eine Shisha um und hob die hierdurch heruntergefallene glühende Kohle mit den bloßen Fingern wieder auf. … konnte sich teilweise kaum noch auf den Beinen halten, rutschte von seinem Stuhl herunter und lag auch über eine Zeit von etwa 2 Minuten auf dem Boden der Shisha-Bar herum. Er verlor in den Räumlichkeiten der Shisha-Bar sein „Diabetes-Spritzbesteck“, worauf er erst durch einen entsprechenden Hinweis eines Gastes aufmerksam wurde.
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Gegen 21:53 Uhr kam es zum Bezahlvorgang in der Lokalität. Der Angeklagte … welcher immer noch nicht wieder bei der Gruppe war, wurde zuvor durch den Angeklagten … verständigt, dass dieser wieder zur Shisha-Bar zurückkehren solle. Die Rechnung von insgesamt 77 € konnte die Gruppe nicht vollständig bezahlen. Der Angeklagte … bezahlte einen Betrag i.H.v. 50 €, der Angeklagte … steuerte einen Betrag i.H.v. 20 € hinzu. Ein Betrag von 7 € blieb offen.
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… konnte aufgrund seines Zustandes die Lokalität über die Treppe nach oben nicht mehr selbstständig verlassen. Zuvor hatte er bereits erhebliche Probleme beim Anziehen seiner Jacke und musste hierbei schiießlich durch die Angeklagte … oder den Angeklagten … unterstützt werden. Die Angeklagten … und … halfen … schließlich die Treppen nach oben, in dem sie den Geschädigten auf der Treppe stützten. Der Angeklagte … unterstützte die beiden anderen Angeklagten dabei nicht und unternahm auch sonst keine eigenen Hilfestellungen im Hinblick … Insbesondere seitens … und … entstand letztlich der Eindruck, dass dem sichtbar volltrunkenen … zumindest durch die Angeklagten … und … geholfen werde und es daher einer eigenständigen oder weitergehenden Hilfeleistung, trotz des erkennbar schlechten Zustandes des …, nicht bedurfte. Der Geldbeutel von … den dieser zuvor verloren hatte, blieb in der Shisha-Bar zurück.
38
Um etwa 22:00 Uhr begab sich die Gruppe sodann zurück in Richtung des Parkhauses, in welchem das Auto des Angeklagten … geparkt war. … wurde dabei beim Laufen durch die Angeklagte … unterstützt. Auf der Höhe des Finanzamtes verlor … kurzzeitig sein Handy, welches auf den Boden fiel. Die Angeklagten … und … sowie … setzten sodann ihren Weg auf der … rechtsseitig stadtauswärts fort.
39
Gegen 22:03 Uhr kam es zu einer körperlichen Auseinandersetzung zwischen … und dem Angeklagten … ging hierbei auf den Angeklagten … zu und äußerte gegenüber diesem insbesondere, warum er ihn nicht mit nach Hause nehmen wolle. Im weiteren Verlauf der Auseinandersetzung bewegte sich … weiter auf den Angeklagten … zu und ging diesen dabei auch körperlich an, woraufhin er durch den bis dahin zurückweichenden Angeklagten … mittels einer kurzen Bewegung ohne große Kraftanstrengung zu Boden gebracht wurde. Der Angeklagte … ließ daraufhin von … ab und versuchte sich ihm, welcher weiter auf ihn zuging, zu entfernen und setzte sich schließlich etwas nach vorne hin einige Meter ab.
40
Der Angeklagte …, welcher kurzzeitig zur Shisha-Bar zurückgekehrt war, da er dort sein Handy vergessen hatte, stieß gegen Ende dieser körperlichen Auseinandersetzung wieder zu der Gruppe hinzu. Die Gruppe setzte schließlich ihren Weg in Richtung des Parkhauses fort. Der Angeklagte … ging dabei der Gruppe voraus, gefolgt von der Angeklagten … sowie den gemeinsam gehenden Angeklagten … und …. Gegen 22:05 Uhr überquerte die Gruppe die … und … ging auf dem F.weg linksseitig weiter in Richtung Parkhaus. Der Angeklagte … führte dabei … an der Hand, welcher dabei stark schwankte und nicht mehr in der Lage war, selbstständig und kontrolliert zu laufen. Der Angeklagte … sagte dabei zu dem Geschädigten: „… wir gehen jetzt zum Auto“ sowie „Ich bin hacke wie Jacke, du auch?“. … wankte dabei stark umher. Die Gruppe der Angeklagten und … entfernte sich daraufhin weiter in die Richtung des Parkhauses. Der Angeklagte … ging wiederum der Gruppe voraus, der Angeklagte … der … weiter an der Hand führte, blieb kurz stehen und redete mit der Angeklagten … taumelte dabei an der Hand des Angeklagten … stark umher. Nach kurzer Unterhaltung gingen die Angeklagten … und … weiter, … wurde hierbei an der Hand des Angeklagten … nachgezogen und folgte diesem in unsicherer Schrittfolge.
41
Spätestens gegen 22:08 Uhr erreichten die Angeklagten das Parkhaus zusammen mit … Die Angeklagten unterhielten sich vor der Einfahrt des Parkhauses, weiche abseitig von der … liegt, noch über einen kurzen Zeitraum. Der Angeklagte … ließ hierbei … von der Hand, welcher sodann vor dem Einfahrtsbereich des Parkhauses unbegleitet und unkontrolliert umhertorkelte. Gegen 22:09 Uhr betrat die Angeklagte … das Parkdeck, begab sich zum geparkten Auto des Angeklagten … und bürstete sich dort ihre Haare. Um 22:11 Uhr verließ die Angeklagte … daraufhin wieder das Parkdeck. Um 22:13 Uhr blickte der Angeklagte … kurz in den Einfahrtsbereich des Parkdecks und verließ diesen Bereich sodann.
42
Vermutlich in der Zeit zwischen 22:08 Uhr und 22:13 Uhr löste sich der Geschädigte daraufhin von der Gruppe, da ihn insbesondere die Angeklagten … und … außer Acht ließen. … war hierbei in einem volltrunkenen Zustand mit einer Blutalkoholkonzentration von wenigstens 2,36 Promille. In Kombination mit der bewussten oder unbewussten Aufnahme des synthetischen Cannabinoids FUB-AMB und der dadurch erreichten Konzentration von 15 ng/ml im Oberschenkelvenenblut war der Geschädigte bereits zu diesem Zeitpunkt völlig hilflos, orientierungslos und zu keiner Risikoabwägung mehr in der Lage. … stürzte daraufhin unter nicht näher geklärten Umständen in der Zeit zwischen 22:13 Uhr und 22:21 Uhr die Böschung hinter dem Parkhaus am sogenannten Flutkanal hinab, welcher in einen Seitenarm der Waldnaab mündet.
43
Die Böschung, an der der Angeklagte hinabstürzte befindet sich in einer Entfernung von etwa 100 Meter über der … bzw. dem Fußweg, welcher auf den parallel zum Flutkanal verlaufenden Fußweg trifft bzw. in einer Entfernung von etwa 60 Meter über den parallel zum Flutkanal verlaufenden Fußweg. Auf der … sowie der dazugehörigen Brücke herrschte an diesem lauen Spätsommerabend reger Fußgänger - sowie Straßenverkehr.
44
In der Zeit ab etwa 22:08 Uhr bis mindestens etwa 22:50 Uhr befand sich insbesondere …, ein ausgebildeter Rettungsschwimmer, auf der …-Brücke, etwa 50 Meter von der entsprechenden Stelle der Böschung entfernt. … nahm zu dieser Zeit keine auffälligen Geräusche, insbesondere keine Hilferufe wahr. Der Zeuge befand sich zu dieser Zeit zwar privat veranlasst auf der …-Brücke, wäre jedoch nach entsprechender Ansprache jederzeit dazu bereit gewesen, erforderliche Rettungshandlungen zu ergreifen, um eine ins Wasser gestürzte Person zu bergen.
45
Die Angeklagten … und … die das Abhandenkommen von … schließlich bemerkten, fanden diesen spätestens gegen 22:21 Uhr am Ufer des Flutkanals, welches sich unterhalb der Böschung befindet, von der er hinabgestürzt war. Die Angeklagten … und … standen sodann in unmittelbarer Nähe zu … am Ufer, der Angeklagte … befand sich oberhalb der Uferböschung. Die Uferböschung befand sich etwa 3 Meter von dem parallel zu dem Flutkanal verlaufenden Fußweg entfernt. Diese ist etwa 3 bis 4 Meter hoch und steil abfallend sowie vegetativ mit Sträuchern und Bäumen bewachsen. Eine an dem Parkhaus angebrachte Lampe leuchtete der entsprechenden Bereich nur sehr spärlich aus.
46
Die Angeklagte … welche ihr eigenes Mobiltelefon in dem Auto des Angeklagten … in dem Parkhaus belassen hatte, nahm sodann - vermutlich zunächst unbeabsichtigt - mit dem Smartphone des Angeklagten … um 22:21 Uhr über einen Zeitraum von 87 Sekunden ein sogenanntes „Screenrecording-Video“ auf, wodurch die entsprechenden Bildschirmaktivitäten auf dem Handy aufgezeichnet wurden. Das Taschenlampensymbol auf dem Handy war hierbei als aktiviert hinterlegt. Während dieser Zeit war bereits ein Schluchzen und Weinen des Geschädigten akustisch vernehmbar. Um 22:22 Uhr öffnete die Angeklagte … auf dem Handy des Angeklagten … die App „Instagram“, wodurch das bis dahin laufende „Screenrecording-Video“ abgebrochen wurde.
47
Gegen 22:23 Uhr erfolgte sodann über die Aufnahmefunktion der App „Instagram“ die Aufnahme eines Videos mit einer Dauer von 12 Sekunden durch die Angeklagte … befand sich zu dieser Zeit bäuchlings und mit dem Gesicht nach unten gerichtet, im Gras liegend auf dem ca. 1-2 m breiten Uferstreifen des Flutkanals. … stöhnte dabei gegenüber der Angeklagten … - welche diesen gerade mit dem Handy des Angeklagten … filmte - mit weinerlicher Stimme zwei Mal „…, mir geht’s nicht gut.“, unter mehrmaligem hörbaren Schluchzen. … konnte hierbei kaum den Kopf heben und hatte jedenfalls nasse Haare. Sein rechter Arm sowie seine rechte Hand lagen hierbei, parallel zum Kopf abgewinkelt, regungslos im Gras.
48
Sämtlichen Angeklagten, die Sicht auf … hatten, war spätestens zu diesem Zeitpunkt aufgrund der mehrfachen vorausgegangenen Äußerung von … gegenüber der Angeklagten … sowie aufgrund der zuvor gezeigten starken Ausfallerscheinungen von … bewusst, dass er sich in einer sehr schlechten körperlichen Verfassung befand und sich in dieser Lage nicht mehr selbstständig helfen konnte. Gleichwohl unternahmen die Angeklagten … und … keine Anstrengungen, um den Geschädigten in dieser, für sie erkennbaren hilflosen Lage beizustehen, zu helfen oder zu beruhigen. Der Angeklagte … äußerte zwar gegenüber den Angeklagten … und …, dass diese … die Böschung nach oben bringen sollten, unternahm jedoch keine eigenen weitergehenden Maßnahmen, nachdem die Angeklagten … und … dem nicht nachkamen. So äußerte der Angeklagte … zwar weiterhin gegenüber den Angeklagten … und … dass er einen Notruf absetzen wolle, tat dies letztlich jedoch nicht, nachdem die Angeklagten … und … ihn nicht bestätigten. Die in dieser Situation für … bestehende Gefahr, welcher sich bei weitestgehender Dunkelheit in einem hilflosen Zustand in unmittelbarer Nähe zu dem Wasser des mehrere Meter breiten Flutkanals befand, war zumindest den Angeklagten … und … welche sich unmittelbar an dem Uferbereich aufhielten, in der entsprechenden Situation bewusst, da … zuvor ausdrücklich mehrfach um Hilfe gebeten hatte und sich nicht mehr selbstständig aufrichten konnte.
49
Um 22:25 Uhr erfolgte seitens der Angeklagten … eine erneute Aufnahme mit der Dauer von 12 Sekunden über die „Instagram“-App des Mobiltelefons des Angeklagten … Während dieser Zeit bekundete eine männliche Stimme „Da ist nichts gebrochen, muss ich sagen.“. Während eines Zeitraums von wenigstens 5 Sekunden versuchte sich … - wie sich aus dem Video ergibt - sodann vergeblich selbstständig aufzurichten - nachdem ihm seitens der Angeklagten weiterhin keine Unterstützung oder Hilfe zugekommen war - woraufhin er rücklingsseitlich in das Wasser des Flutkanals fiel. Beim Hineinfallen lachte jedenfalls die Angeklagte … und eine männliche Stimme laut auf. Durch eine männliche Stimme erfolgte zudem der Ausruf „Schieb ab!“, wobei es sich hierbei entweder um den Angeklagten … oder den Angeklagten … handelte.
50
Nach dem Hineinstürzen in das Wasser erfolgten durch … keine gezielten Schwimmbewegungen mehr, sondern aufgrund seiner schwer angeschlagenen körperlichen Verfassung, lediglich unkontrollierte Bewegungen, mit denen er sich panisch über Wasser zu halten versuchte. … konnte sich in dem Wasser nicht mehr aufrichten und seinen Kopf nicht mehr ausreichend vollständig über Wasser halten. Im Rahmen der Aufnahme mittels der „Instagram“-App zoomte die Angeklagte … auch noch auf den in das Wasser gefallenen … heran. Um etwa 22:25 Uhr schrieb der anwesende Angeklagte … an den Zeugen … eine Textnachricht mit dem Inhalt: „Ja, nie wieder, AMK, … ist in nach gefallen, Bach, ist gerade am ertrinken, Lul“.
51
Die Einsturzstelle befand sich hierbei in unmittelbarer Nähe der nördlichen Verlängerung des hinter dem Parkhauses verlaufenden Fußweges. Die Wassertiefe direkt am Ufer betrug etwa 40 Zentimeter, sowie etwa 1,2 Meter bei einem Abstand zur Uferkante von etwa 0,9 Meter. Der Abstand der Wasseroberfläche bis zur Grasnarbe betrug etwa 50 Zentimeter. Der Flutkanal wies zu diesem Zeitpunkt nur eine sehr geringe Fließgeschwindigkeit von etwa 6 Zentimeter pro Sekunde auf.
52
… versuchte sich nach dem Hineinfallen noch über einen kurzen Zeitraum hinweg durch unkontrollierte Bewegungen über Wasser zu halten und entfernte sich aus dem Sichtfeld der Angeklagten. Innerhalb der nächsten Minuten ertrank … daraufhin in unmittelbarer Nähe zu der Einsturzstelie im Wasser des Flutkanals, da er zu keinen kontrollierten Schwimmbewegungen mehr in der Lage war und sich nicht weiter über Wasser halten konnte. Infolge des durch den Ertrinkungsvorgang ausgelösten Atemstillstandes und des darauf erfolgten Herzstillstandes verstarb …
53
Gegen 22:34 Uhr kehrten alle Angeklagten zum Fahrzeug des Angeklagten … im Parkdeck zurück und verließen dieses 2 Minuten später nochmals zu Fuß um nach … im Umfeld der Einsturzstelle zu suchen, nachdem er zuvor aus ihrem Sichtfeld gelangt war. Eine Suche nach … unter der Einbindung von Dritten mittels Hilferufe oder der Absetzung eines Notrufes erfolgt ebenso wenig, wie hörbare Suchbemühungen auf der …-Brücke. Um 22:42 Uhr kehrten alle Angeklagten erneut zum Parkdeck zurück und verließen um 22:45 Uhr mit dem Fahrzeug des Angekiagten … schließlich das Parkhaus.
54
Der Angeklagte … war zu dieser Zeit nüchtern. Der Angeklagte … unterlag einer Blutalkoholkonzentration von 0,8 bis 1,5 Promille, die Angeklagte … einer Biutalkoholkonzentration von bis zu 1,2 Promille.
55
Der Angeklagte … brachte die Angeklagten … und … daraufhin zur Wohnadresse der Angeklagten … in … und fuhr anschließend alleine weiter nach …
56
Im Zeitraum von 23:25 Uhr bis 00:25 Uhr schrieb der Angeklagte … an … Nachrichten mit dem Inhalt „Amk; Wo bist; Ist es wirklich dein Ernst; Du penner; wo bist f du; Su wixxer; Du*; Wo bist du; Ich bringe dich morgen um; Ich sags dir; Mach mir da sorgen; für nichts; Du wixxer; Du bist viel zu voll; Ohne scheiß; Dieses simulieren“.
57
Um 23:40 Uhr schickte der Angeklagte … an den Angeklagten … eine Sprachnachricht mit dem Inhalt „Ich sag dir mal eins, ich hab die ganze Zeit gesagt, ihr sollt den hochholen. Ihr habt zugeschaut, wie er da am Ufer lag und rumgestöhnt hat. Ich habe gesagt, holt ihn nach oben. Dann habe ich gesagt, ich rufe einen Krankenwagen. Du hast zugeschaut, wie er sich ins Wasser legt und da seine Kraulübungen macht, anstatt ihm irgendwie zu helfen. Dann hat er sich einfach verpisst, ist irgendwo hingeschwommen. Ich hab gesagt, ich rufe Notarzt. Keiner hat mir zugestimmt. Ganz ehrlich, ganz ehrlich, dein Ernst, dein scheiß Ernst, du ziehst mich in diese Scheiße? Nein, ne, ganz ehrlich, nein.“.
58
Am 12.09.2020 um 00:07 Uhr bat schließlich der Angeklagte … den …, da er noch bei der Angeklagten … weilte, darum, dass dieser ihn mit dem Auto von … abholt, nachdem er nicht weiter bei der Angeklagten … verbleiben konnte. Um 01:17 Uhr wurde der Angeklagte … schließlich von dem Zeugen … abgeholt.
59
Am 12.09.2020 um 07:47 Uhr schrieb die Angeklagte … dem … eine Textnachricht mit dem Inhalt „Lebst du noch?“.
60
Am 12.09.2020 um 12:52 Uhr schrieb der Angeklagte … dem Angeklagten … eine Textnachricht mit dem Inhalt „Du wirst ihm alles erzählen und du wirst ihm sagen das du nicht geholfen hast amk; Ich hab tausend Mal gesagt ich kann nicht runter wegen meiner schulter; ihr sollt ihm aufhelfen; Aber ihr habt nichts gemacht“.
61
Am 12.09.2020 um 20:48 Uhr wurde der Leichnam von … durch einen Rettungstaucher aus dem Flutkanal geborgen. Die Auffindastelle der Leiche befand sich dabei nur wenige Meter von der Einsturzstelle entfernt.
62
Der Geschädigte wies zum Todeszeitpunkt eine Blutalkoholkonzentration von 2,36 Promille sowie eine Konzentration des Cannabimimetikums FUB-AMB von 15 ng/ml im Oberschenkelvenenblut auf.
1. Einlassungen der Angeklagten
1.1. Einlassung des Angeklagten …
1.1.1. Einlassung zur Person
63
Der Angeklagte … hat sich gegenüber dem Sachverständigen Dr. … im Rahmen der Explorationen im vorliegenden Verfahren hinsichtlich seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eingelassen, welche von dem Sachverständigen in der Hauptverhandlung wiedergegeben wurden. Diese Angaben hat der Angeklagte im Rahmen der Hauptverhandlung durch eigene weitergehende Ausführungen zu seinen persönlichen Verhältnissen ergänzt.
1.1.2. Einlassung zur Sache
1.1.2.1. Einlassung im Rahmen des Ermittlungsverfahren
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Der Angeklagte … wurde erstmals am 12.09.2020 um 16:09 Uhr durch den Zeugen PM … aufgrund der zu dieser Zeit noch bestehenden Vermissung des Geschädigten als Zeuge zur Sache vernommen.
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Der Zeuge PM … gab in der Hauptverhandlung an, dass der Angeklagte … dabei ausgeführt habe, dass er am Tag zuvor, ab ca. 20:00 Uhr, mit dem Geschädigten und den Angeklagten … und … in Weiden unterwegs gewesen sei. Sie seien bis etwa 22:00 Uhr in der Shisha-Bar … gewesen und wollten anschließend nach Hause fahren und seien hierzu in Richtung des Parkhauses gegangen.
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Er (der Angeklagte …) sei Fahrer gewesen. Der Geschädigte sowie der Angeklagte … hätten bereits im Auto jeder eine Flasche Wein getrunken. Die Angeklagte … wohne in Weiden und sei dort zugestiegen. Sie habe dann auch mitgetrunken. In der Shisha-Bar hätten die anderen eine Flasche Wodka mit Orangensaft getrunken. Drogen seien keine konsumiert worden. Auch sonst sei nichts getrunken worden.
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Nachdem sie aus der Bar herausgegangen seien, seien sie in Richtung des Parkhauses gegangen. Der Geschädigte habe ihn körperlich angegangen und ihn schlagen wollen. Der Geschädigte habe ihn angeschrien, dass er ihn immer mitgenommen habe. Vorher habe es aber keine Streitereien und auch keinen Grund dazu gegeben. Der Angeklagte habe gegenüber dem Geschädigten jedoch nicht gesagt, dass er ihn nicht mitnehmen würde. Der Geschädigte sei der Betrunkenste von allen gewesen und habe auch „nichts mehr gepeilt“. Die Augen des Geschädigten seien wie leer gewesen, er habe nicht mehr stehen können und sei auch stark geschwankt. Als der Geschädigte ihn gegen 22:00 Uhr angegriffen habe, habe er diesen auf den Boden drücken müssen, mehr sei aber nicht passiert. Die Angeklagte … sei daneben gestanden und habe das auch gesehen, der Angeklagte … sei hingegen noch in der Shisha-Bar gewesen. Als der Angeklagte … sodann gekommen sei, seien sie zum Parkhaus gegangen. Der Angeklagte … habe dabei den Geschädigten auf dem Weg andauernd an der Hand gehabt, damit er nicht verloren gehe bzw. hinfalle.
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Vor den Schranken des Parkhauses hätten sie noch geredet und seien zu viert in einem Kreis gestanden. Der Angeklagte … sei mit der Angeklagten … zusammen gestanden, der Geschädigte sei noch an der Hand des Angeklagten … gewesen. Die Angeklagten … und … sowie er (der Angeklagte …) seien daraufhin ein paar Meter weg vom Parkhaus gegangen und der Angeklagte … habe den Geschädigten von der Hand gelassen. Er und die beiden anderen Angeklagten hätten sich daraufhin noch zu dritt weiter unterhalten. Niemand habe den Geschädigten beobachtet, der dann scheinbar einfach abgehauen sei, was niemand zunächst mitbekommen habe.
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Etwa 5-10 Minuten später sei ihm und den anderen Angeklagten dann aufgefallen, dass der Geschädigte weg sei und dass dieser wohl in Richtung Park gegangen sei, da es nur einen Weg gegeben habe. Er und die anderen Angeklagten seien dann durch den Park gegangen und hätten eine Person stöhnen hören. Das sei aus der Nähe eines Baches gekommen und sie hätten gesehen, dass der Geschädigte dort am Ufer gelegen habe. Daraufhin habe der Angeklagte … den beiden anderen Angeklagten gesagt, dass sie runtergehen und … helfen sollten, da er mit seiner Schulter starke Probleme habe und nicht helfen könne.
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Die Angeklagten … und … seien am Ufer vor dem Geschädigten gestanden, während dieser am Boden gelegen und nass gewesen sei. Anscheinend sei er da schon im Wasser gewesen. Die Angeklagten … und … seien vor ihm gestanden und der Angeklagte … habe ihnen gesagt, dass sie ihm aufhelfen sollten. Der Geschädigte habe dabei stark nach den Namen der Angeklagten … und … gestöhnt. Daraufhin habe der Geschädigte selbstständig aufstehen wollen, habe dies jedoch aufgrund seines Pegels nicht kontrollieren können und sei sodann ins Wasser gefallen. Die Angeklagten … und … hätten dem Geschädigten nicht geholfen, was ihnen der Angeklagte … jedoch oft gesagt habe. Warum die Angeklagten … und … nichts gemacht haben, habe der Angeklagte … nicht gewusst, so der Zeuge PM ….
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Der Geschädigte sei im Wasser geschwommen und habe vermutlich nicht verstanden, was gerade passiere. Der Geschädigte sei vom Ufer ungefähr 3 bis 4 Meter entfernt gewesen und sei teilweise auch Rücken geschwommen. Dass der Geschädigte ertrinke, habe er nicht gesehen. Der Geschädigte habe scheinbar noch genug Kraft gehabt. Vom Ufer aus gesehen, sei der Geschädigte rechtsseitig des Baches geschwommen.
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Dort habe ihn er, der Angeklagte … zuletzt gesehen. Daraufhin habe er zu den Angeklagten … und … gesagt, dass sie auf den Geschädigten einreden sollten, dass dieser zum Ufer schwimmen solle. Der Angeklagte … habe dann auch gesagt, dass … mit der „Scheiße“ aufhören solle, da dieser gerne solche Notlagen vorspiele. Dies sei um circa 22:30 Uhr gewesen.
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Dann hätten die Angeklagten mindestens 15 Minuten beobachtet, wie der Geschädigte im Wasser geschwommen und nicht zurück zum Ufer gekommen sei. Daraufhin seien die Angeklagten … und … zu ihm, dem Angeklagten … wieder hoch gekommen und dann hätten sie den Geschädigten aus den Augen verloren.
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Die Angeklagten seien sodann vor zu der Brücke gegangen, von wo aus man den Bach einsehen habe können. Dort hätten sie versucht, den Geschädigten zu finden. Das Parkhaus habe sich dabei hinter bzw. der Bach vor dem Angeklagten … und die Brücke rechts entlang des Baches befunden. Von dort aus hätten die Angeklagten den Geschädigten jedoch auch nicht sehen können.
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Anschließend seien die Angeklagten wiederum zu der Stelle gegangen, wo der Geschädigte reingefallen ist. Dort hätten sie auch nochmal, jedoch ohne Erfolg nachgeschaut. Der Angeklagte … habe daraufhin gesagt, dass er den Notarzt verständige, jedoch hätten die beiden anderen Angeklagten noch weitersuchen wollen. Bis circa 23:30 Uhr hätten sie noch weitergesucht, allerdings ohne den Geschädigten zu finden.
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Er, der Angeklagte …, habe sodann nochmals vorgeschlagen, den Notarzt zu rufen, habe aber keine Bestätigung der anderen Angeklagten erhalten. Daraufhin hätten sie die Suche aufgeben und seien gefahren.
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Abschließend habe der Angeklagte … angegeben, so der Zeuge PM …, dass der Geschädigte Diabetiker sei und er denke, dass dieser seine Spritzen dabei gehabt habe.
1.1.2.2. Einlassung im Rahmen der Hauptverhandlung
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Im Rahmen der Hauptverhandlung gaben die Verteidiger des Angeklagten … eine Stellungnahme für den Angeklagten, hinsichtlich dessen Erinnerungen an die Ereignisse des 11.09.2020 ab. Diese Angaben wurden von dem Angeklagten … als zutreffend bestätigt.
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Die Verteidigung des Angeklagten … brachte hierbei insbesondere vor, dass der Angeklagte am 11.09.2020 - wie bereits eine Woche vorher - gemeinsam mit den Angeklagten … und … sowie dem späteren Geschädigten die Shisha-Bar … in Weiden besuchen hätte wollen. Mit dem Angeklagten … sei er (der Angeklagte …) seit vielen Jahren befreundet. Über ihn habe er den Geschädigten, den besten Freund des Angeklagten …, kennengelernt. Mit dem Geschädigten … sei er nicht sonderlich eng befreundet gewesen, er würde ihn als losen Freund oder guten Bekannten bezeichnen. Die Angeklagte … kenne er nur flüchtig, nämlich von den beiden Besuchen in der Shisha-Bar, an diesem Wochenende und vom Wochenende zuvor.
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Für den Abend des 11.09.2020 sei der Angeklagte … zum Fahrer bestimmt worden. Er habe die anderen abgeholt. Auf der Fahrt habe die Gruppe einen Zwischenstopp in einem Supermarkt gemacht, um Alkohol zu kaufen, welcher noch während der Fahrt konsumiert worden sei.
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Der Angeklagte … habe nach wie vor mit einer Schulterverletzung zu kämpfen gehabt, welche er sich ungefähr einen Monat zuvor zugezogen gehabt habe, als er Opfer einer Schlägerei geworden sei und sich dabei die Schulter ausgekugelt habe. Am 11.09.2020 habe er zwar keine Schiene mehr tragen müssen, Schmerzen habe er jedoch noch immer gehabt. So habe er es etwa nicht geschafft, das Parkticket selbst zu ziehen, weshalb die hinter ihm sitzende Angeklagte … von der Rückbank aus die Schranke beim Einfahren in das Parkhaus bedient habe.
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Von den Ereignissen in der Shisha-Bar habe der Angeklagte … nur den Anfang mitbekommen. Solange er dabei gewesen sei, sei nichts Ungewöhnliches vorgefallen, er würde es als ganz normalen Abend beschreiben. Nachdem er seine Shisha „aufgeraucht“ habe, habe er das … verlassen, um draußen mit Freunden zu telefonieren und um im Auto Musik zu hören. Ihm habe es in der Shisha-Bar nicht sonderlich gefallen. Er habe den anderen jedoch den Abend nicht verderben wollen und habe sich deshalb zurückgezogen. Dies sei für den Angeklagten … nicht ungewöhnlich gewesen, dass er sich zurückziehe, um allein zu sein. So etwas habe er schon häufiger gemacht. Als Fahrer sei er aber „auf Abruf“ bereit gewesen. Es sei vereinbart gewesen, dass der Angeklagte … ihn anrufe, wenn sie gehen wollten.
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Nachdem ihn der Angeklagte … schließlich angerufen habe, sei er … zur Shisha-Bar zurückgegangen und habe auf die anderen gewartet. Dort habe ihn der Angeklagte … noch einmal angerufen, weil er und die anderen beiden nicht genug Geld dabei gehabt hätten, um ihre Zeche dort zu bezahlen. Der Angeklagte … habe daraufhin mit 20,00 EUR den Großteil des noch offenen Betrages bezahlt.
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Nachdem sie die Shisha-Bar verlassen hätten, habe der Angeklagte … bemerkt, dass er sein Handy in der Bar vergessen habe. Dieser sei deshalb noch einmal nach unten in die Shisha-Bar gegangen. Der Angeklagte … habe auf den Angeklagten … warten wollen, während die Angeklagte … und der Geschädigte schon einmal in Richtung Parkhaus losgelaufen seien. Da es länger gedauert habe, bis der Angeklagte … aus der Shisha-Bar zurückgekommen sei, sei der Angeklagte … dann doch der Angeklagten … und dem Geschädigten hinterhergelaufen. Der Geschädigte habe sich dann unvermittelt umgedreht und sei auf ihn … losgegangen. Der Geschädigte habe ihn dabei gefragt, weshalb er ihn nicht mitnehmen wolle, da der Geschädigte den Angeklagten … doch immer mit nach Hause genommen habe. Bis zu diesem Zeitpunkt habe der Angeklagte … aber überhaupt nicht überlegt, den Geschädigten nicht mitzunehmen. Er habe auch nichts gesagt, das in diese Richtung gedeutet werden könne.
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Der Geschädigte habe auf den Angeklagten … einen aggressiven Eindruck gemacht, als er auf ihn zugegangen ist. Er habe befürchtet, dass der Geschädigte ihn angreifen würde. Als sich der Geschädigte unmittelbar vor ihm befunden habe, habe der Angeklagte … den Geschädigten ohne größere Kraftanstrengung mit einem Arm zu Boden gebracht. Er habe dann versucht, die Situation zu entschärfen und sei von dem Geschädigten zurückgewichen. Der Geschädigte habe ihn aber verfolgt und sogar direkt körperlich angegriffen. Die Situation habe sich erst entspannt, als der Angeklagte … dazu gekommen sei und sich dieser um den Geschädigten gekümmert habe. Der Angeklagte … habe sich gleichwohl von der Gruppe gelöst und sei voraus zum Parkhaus gelaufen.
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Vor dem Parkhaus sei das weitere Vorgehen besprochen worden. Die Angeklagte … habe noch bei McDonalds vorbeischauen wollen und der Angeklagte … habe sich diesem Vorschlag angeschlossen. Er, der Angeklagte … habe lieber nach … fahren wollen. Auch habe er erklärt, dass er den Geschädigten wegen des vorangegangenen Streits jetzt nicht mehr mitnehmen wolle.
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Während der Diskussion hätten die Angeklagten plötzlich festgestellt, dass sich der Geschädigte von ihnen unbemerkt von der Parkhaus-Einfahrt entfernt habe.
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Die Angeklagten hätten sich daraufhin auf die Suche nach dem Geschädigten gemacht. Hinter dem Parkhaus habe zuerst die Angeklagte … Geräusche wahrgenommen. Es habe sich herausgestellt, dass der Geschädigte unten an der Böschung am Ufer des Flutkanals gelegen sei. Die Angeklagten … und … seien hinunter zu dem Geschädigten gegangen. Der Angeklagte … sei oben auf dem Weg geblieben. Er habe den anderen Angeklagten gesagt, dass er wegen seiner Schulterverletzung nicht mit hinunterkommen könne. Er habe befürchtet, dass er nicht mehr nach oben kommen würde, weil er sich nur mit einer Hand hätte festhalten können.
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Von oben habe er gesehen, dass die beiden anderen Angeklagten unten eine Handy-Taschenlampe angemacht hätten. Erst später habe er erfahren, dass … dabei gefilmt worden sei.
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Auf seine Frage, ob sich der Geschädigte verletzt habe, habe der Angeklagte … ihm geantwortet, dass er … sich nichts gebrochen habe. Die Angeklagten … und … hätten ihm auch mitgeteilt, dass der Geschädigte vollständig nass gewesen sei.
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Der Geschädigte sei dann ins Wasser gefallen. Auch der Angeklagte …, aber vor allem die Angeklagten … und … welche direkt am Ufer gestanden seien, hätten den Geschädigten aufgefordert, zurück ans Ufer zu kommen. Der Geschädigte habe sich aber vom Ufer wegbewegt. Der Angeklagte … habe dabei den Eindruck gehabt, dass der Geschädigte geschwommen sei. Mit Kenntnis der Ermittlungsergebnisse, insbesondere im Hinblick auf den Alkoholisierungsgrad des Geschädigten sowie der Wassertiefe, hielte es der Angeklagte … mittlerweile auch für möglich, dass der Geschädigte doch nicht geschwommen sei, sondern mit den Füßen Bodenkontakt gehabt habe. Ais er sich die Videoaufzeichnungen angesehen habe, sei er darüber erstaunt gewesen, in welch kurzem zeitlichen Rahmen sich das gesamte Ereignis abgespielt habe. In seiner unmittelbaren Erinnerung habe er die Dauer deutlich länger eingeschätzt.
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Der Geschädigte habe sich im Wasser bewegt. Der Angeklagte … habe von oben aus im Schein einer Laterne sehen können, dass der Geschädigte hin- und hergeschwommen bzw. -gelaufen sei. Er habe die gesamte Situation damals nicht als bedrohlich oder gefährlich empfunden. Auch die Angeklagten … und … die näher an dem Geschädigten dran gewesen seien, hätten auf ihn nicht den Eindruck gemacht, als würden sie von einer besonderen Gefahr für den Geschädigten ausgehen. Sie seien vielmehr eher gut gelaunt gewesen und hätten sogar gelacht. Der Angeklagte … habe auch mehrfach gesagt, der Geschädigte würde nur simulieren.
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Nachdem der Geschädigte nicht auf die Aufforderung reagiert habe, zurück zum Ufer zu kommen, seien die Angeklagten … und … die Böschung zum Weg hochgeklettert. Währenddessen habe der Angeklagte … W. A.-Nachrichten mit dem Zeugen … ausgetauscht.
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Als die Angeklagten … und … oben angekommen seien, hätten die Angeklagten gemeinsam überlegt, was sie tun könnten und wie sie den Geschädigten dazu bewegen könnten, ans Ufer zurückzukommen. Dann sei der Geschädigte nicht mehr zu sehen gewesen.
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Die Angeklagten seien davon ausgegangen, dass der Geschädigte das Wasser wieder verlassen habe. Da auch die Angeklagten … und … dieser Auffassung gewesen seien, welche direkten Kontakt zu dem Geschädigten gehabt hätten, habe der Angeklagte … keinen Anlass gehabt, daran zu zweifeln. Aufgrund der Schilderungen sei er davon ausgegangen, dass der Geschädigte schon einmal im Wasser gewesen sei, bevor er am Ufer liegend angetroffen worden sei, sowie dass er das Wasser also schon einmal aus eigener Kraft wieder verlassen habe.
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Der Angeklagte … sei dann erneut alleine die Böschung hinuntergegangen; er habe erklärt, den Geschädigten am Ufer bei der Brücke gesehen zu haben. Die Angeklagten … und … seien daraufhin zur Brücke gegangen. Der Geschädigte sei aber nicht dort gewesen. Der Angeklagte … habe daraufhin behauptet, den Geschädigten weiter hinten zu sehen.
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Die Angeklagten hätten weiter nach dem Geschädigten gesucht. Sie seien in die andere Richtung, also gegen die Fließrichtung, gegangen, wo es dunkler sei, und hätten nach dem Geschädigten gerufen. Auch hätten sie nachgesehen, ob der Geschädigte nicht zum Auto zurückgegangen sei.
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Der Angeklagte … sei zum damaligen Zeitpunkt sehr verärgert über den Geschädigten gewesen. Er sei davon ausgegangen, dieser würde sich verstecken, um ihn und die anderen zu ärgern. Mit dem Wissen, dass der Geschädigte zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlich schon tot gewesen sei, schäme er sich für seine damaligen Gedanken.
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Die Angeklagten hätten beratschlagt, was sie nun machen sollten. Nach der Erinnerung des Angeklagten … habe er selbst vorgeschlagen, zu fahren. Die Angeklagte … welche am nächsten Tage habe arbeiten müssen, habe den Vorschlag unterstützt, auch der Angeklagte … habe keine Einwände dagegen gehabt, loszufahren.
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Sie seien dann aus … losgefahren. Der Angeklagte … habe den Angeklagten … aber nicht mit nach Hause genommen, sondern ihn bei der Angeklagten … abgesetzt. Die Angeklagte … habe den Angeklagten … aber nicht mit hineinnehmen wollen. Er, der Angeklagte … habe aber gewollt, dass der Angeklagte … in … bleibt. Er habe sich gedacht, dass der Angeklagte … beispielsweise mit dem Taxi zurück zum Parkhaus fahren und sich dort um den Geschädigten kümmern könne.
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Der Angeklagte … sei über den Verlauf des Abends damals sehr verärgert gewesen. Über Sprachnachrichten, die er während der Fahrt versendet habe, habe er versucht, seinem Ärger Luft zu machen. In … habe er sich dann noch mit Freunden am D.platz getroffen, denen er die Ereignisse des Abends so geschildert habe, wie er sie wahrgenommen habe. Dabei sei er fest davon ausgegangen, dass der Geschädigte zu diesem Zeitpunkt noch am Leben gewesen sei.
102
Der Angeklagte … bedauere es sehr, die Situation nicht zutreffend erfasst zu haben.
1.2. Einlassung des Angeklagten …
1.2.1. Einlassung zur Person
103
Der Angeklagte … hat sich hinsichtlich seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse durch eigene Angaben im Rahmen der Hauptverhandlung, wie diese unter Ziff. I. dargestellt sind, eingelassen.
1.2.2. Einlassung zur Sache
1.2.2.1. Einlassung im Rahmen des Ermittlungsverfahrens
104
Der Angeklagte … wurde am 12.09.2020 um 15:12 Uhr durch die Zeugin POWin … aufgrund der zu dieser Zeit noch bestehenden Vermissung des Geschädigten als Zeuge zur Sache vernommen.
105
Die Zeugin POWin … gab in der Hauptverhandlung an, dass der Angeklagte … dabei ausgeführt habe, dass er zusammen mit dem Geschädigten und dem Angeklagten … am 11.09.2020 um circa 18:45 Uhr von … nach … gefahren sei und sie dort die Angeklagte … abgeholt hätten. Von dort seien sie zur Shisha-Bar … in … gefahren. Das Auto hätten sie im Parkhaus in der … geparkt.
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In der Shisha-Bar seien sie bis circa 22:30 Uhr gewesen. Genau könne er sich jedoch daran nicht mehr erinnern, da sie sehr viel getrunken hätten. Er könne sich auch nicht mehr an alles in dieser Nacht erinnern.
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Er vermute, dass der Angeklagte … ihn … und die Angeklagte … zu dieser nach Hause gefahren habe. Er sei dann von seinem Freund, dem Zeugen …, in der … in … abgeholt worden.
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Am 12.09.2020 um circa 10:30 Uhr sei er dann aufgewacht und habe ein Video auf seinem Handy entdeckt, welches von ihm an die Angeklagte … vorher geschickt worden sei. Wie das Video auf sein Handy gekommen sei, habe er nicht mehr sagen können, so die Zeugin POWin …. Er habe sich auch nicht mehr daran erinnern können, ob er sein Handy jemand anderen geliehen habe. Auf dem Video sei zu sehen, wie der Geschädigte mit dem Kopf in Richtung Fluss an einer Böschung liege. Er wisse aber nicht, ob es sich bei dem Fluss um den Stadtmühlbach oder den Flutkanal handele. Dort habe der Geschädigte versucht aufzustehen, habe das Gleichgewicht verloren und sei in den Bach oder Fluss gefallen, so die Zeugin POWin … zu den Ausführungen des Angeklagten …. Laut seiner Telefonliste habe er den Geschädigten tags zuvor am Abend bereits mehrmals angerufen und am Tag der Vernehmung gesehen, dass seine Nachrichten, die er dem Geschädigten geschrieben habe, nicht angekommen seien.
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Daraufhin habe er der Freundin des Geschädigten geschrieben und diese gefragt, ob sie wisse, wo der Geschädigte sei. Die Zeugin … habe jedoch nichts gewusst. Auch den Angeklagten … und … habe er geschrieben. Der Angeklagte … sei bis um circa 14:00 Uhr nicht erreichbar gewesen. Der Angeklagte … habe dann aber kaum Aussagen gemacht, als er ihn nach den Geschädigten gefragt habe. Auch die Angeklagter … habe nichts weiter über den Aufenthalt des Geschädigten gewusst.
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Um circa 12:00 Uhr habe er … sich, so die Zeugin POWin … mit der Zeugin … der Freundin des …, in … getroffen und sei mit dieser gemeinsam nach … gefahren, um nach dem Geschädigten zu suchen.
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Zuerst seien sie die Gegend abgefahren. Danach hätten sie das Auto in dem Parkhaus in der … geparkt und seien zuerst zu dem … hinunter gegangen, wo sie jedoch nichts hätten finden können. Danach seien sie zu der Shisha-Bar zurückgegangen, welche jedoch noch geschlossen gewesen sei. Daraufhin hätten sie nochmal den Bach abgesucht und seien zurück zum Auto.
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Der Angeklagte … und die Zeugin … hätten sich sodann entschlossen zu warten bis die Bar öffne und seien nochmal in die Stadt gegangen, um etwas zu essen und den Geschädigten vielleicht in der Stadt zu finden. Sie seien noch zum … gegangen und hätten dort gefragt, ob der Geschädigte eventuell die Nacht dort verbracht habe. Der Geschädigte sei dort jedoch nicht gewesen, woraufhin sie es nochmal bei der Shisha-Bar versucht hätten, welche jedoch noch immer geschlossen gewesen sei. Dort hätten sie noch einmal mit dem Angeklagten … telefoniert, der jedoch nicht gewusst habe, wo der Geschädigte hingegangen sei. Von dort seien sie noch einmal in den Park gegangen und hätten diesen abgesucht. Um 14:42 Uhr seien sie wieder im Parkhaus am Auto gewesen. Dort hätten sie noch einmal mit dem Angeklagten … und dem Vater des Geschädigten, dem Zeugen … telefoniert. De; Angeklagte … habe in diesem Telefon erwähnt, dass der Fluss 5 Meter breit gewesen sein soll, so die Zeugin POWin … zu den Angaben des Angeklagten ….
113
Daraufhin seien er … und die Zeugin … zur Polizei gefahren.
114
Die Angeklagten … und … wurden wenige Tage später am 14.09.2020 gegen 14:45 Uhr durch die Zeugen KHKin … und KOK … im Umfeld der Tatörtlichkeiten zufällig angetroffen.
115
Der Zeuge KOK … gab hierzu in der Hauptverhandlung an, dass er zu dieser Zeit zusammen mit seiner Kollegin KHKin … den Weg, welche die Angeklagten und der Geschädigte vermeintlich in der Nacht gegangen waren, nach etwaigen Spuren oder Kameras abgesucht hätten. Hinter dem Parkhaus an der … Straße seien ihnen sodann auf dem Fußweg entlang des Flutkanals die Angeklagten … und … entgegengekommen.
116
Die Angeklagten hätten hierbei ohne Befragung selbstständig von sich aus angegeben, dass sie umhergehen würden in der Hoffnung, die Erinnerungen an den Tatabend zurückzubekommen. Die Angeklagten hätten gefragt, wo der Geschädigte tot aufgefunden worden sei. Wo die Stelle, an welcher der Geschädigte am Ufer gelegen sei, gewesen sei, hätten beide Angeklagten ihm nicht mehr angeben können. Sie könnten sich lediglich an viel Gestrüpp erinnern. Der Angeklagte … habe weiter angegeben, dass er Grasflecken an seiner Hose festgestellt habe und er sich solche Vorwürfe machen würde, da er seinem Freund nicht geholfen habe.
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Auf die Frage weswegen der Angeklagte … den Angeklagten … nicht nachhause gefahren habe, habe dieser ihm (KOK …) angegeben, dass er dies nicht mehr wissen würde.
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Auf die Frage, ob der Geschädigte, wenn er betrunken sei, des Öfteren ins Wasser zum Schwimmen gegangen sei, habe der Angeklagte … weiter angegeben, dass der Geschädigte mit seinen Kumpels eine Stelle habe, an welcher sie getrunken hätten und des Öfteren baden gehen würden. Dies sei aber ansonsten kein normales Verhalten oder ein Tick des Geschädigten. Auf die Frage, weshalb die Angeklagten vom Parkhaus zum Flutkanal gelaufen seien, habe der Angeklagte … zudem angegeben, dass er habe pinkeln müssen und deshalb hinter das Parkhaus gegangen sei.
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Der Angeklagte … wurde am 12.09.2020 um 22:10 Uhr durch den Zeugen KHK … wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung zum Nachteil des Geschädigten … als Beschuldigter zur Sache vernommen.
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In Ergänzung zu den Angaben im Rahmen seiner Zeugenvernehmung am 12.09.2020 um 15:12 Uhr habe der Angeklagte … ihm (KHK …) zunächst gegenüber angegeben, dass ihn der Angeklagte … am 11.09.2020 von zu Hause abgeholt habe und sie gegen 18:45 Uhr gemeinsam zu … gefahren seien, um diesen auch von zuhause abzuholen. Er und der Angeklagte … hätten zu diesem Zeitpunkt noch keinen Alkohol getrunken, hinsichtlich des Geschädigten vermute er dasselbe.
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Zu dritt sei man dann in Richtung … gefahren. Man habe in … einen Zwischenstopp bei dem örtlichen …-Markt eingelegt. Der Angeklagte … habe dort zwei Flaschen Bier gekauft, die er während der weiteren Fahrt getrunken habe. Der Angeklagte … habe einen Liter Wein der Marke Bacchus sowie der Geschädigte eine Flasche Wein (0,7 l oder 0,75 l) der Marke Bree gekauft. Gegen 19:45 Uhr sei man bei der Angeklagten … in … angekommen. Sowohl der Geschädigte als auch der Angeklagte … hätten auf der Fahrt die Flaschen ausgetrunken. Hinsichtlich der Flasche des Angeklagten … habe die Angeklagte … noch den Rest von etwa 100/150 ml ausgetrunken, so der Zeuge KHK … zu den Angaben des Angeklagten …
122
Es sei vereinbart gewesen, dass man in … zum Feiern gehe und es sei bereits geplant gewesen, dass man in die Shisha-Bar … gehen würde.
123
Der Angeklagte … habe die Angeklagte … bereits gekannt, da er mit dieser gemeinsam beim Autohaus … in … gearbeitet habe, ehe er ab dem 01.09.2020 zu der Firma … gewechselt habe.
124
Man habe also in … die Angeklagte … abgeholt und sei direkt weiter in Richtung der Shisha-Bar gefahren. Diese habe man an jenem Abend das zweite Mal in der gleichen Besetzung besucht. Das Auto habe man im Parkhaus neben der Shisha-Bar geparkt und sei anschließend zur Shisha-Bar zu Fuß gegangen.
125
Im Lokal habe man sich eine 0,7 l Flasche Wodka bestellt. Der Angeklagte … habe davon vermutlich nichts getrunken, da er ja der Fahrer gewesen sei. Er … und die Angeklagte … sowie … hätten hingegen davon getrunken. Ob man die Flasche ausgetrunken habe, wisse er … nicht mehr, so der Zeuge KHK … in der Hauptverhandlung.
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Wann genau man schließlich das Lokal verlassen habe, wisse er … ebenfalls nicht mehr. Er könne sich jedoch noch daran erinnern, dass der Geschädigte und der Angeklagte … drei/vier Häuser weiter in Richtung Parkhaus verbal miteinander gestritten hätten. Eine körperliche Auseinandersetzung habe er nicht gesehen. Er sei mit der Angeklagten … etwas hinter den beiden gegangen. Er könne sich noch daran erinnern, dass sich der Geschädigte auf eine Fensterbank eines alten Hauses gesetzt habe. Auch dort habe die verbale Auseinandersetzung zwischen dem Angeklagten … und … stattgefunden. Den Grund hierfür kenne er jedoch nicht.
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Hinsichtlich des Geschädigten habe der Angeklagte … angegeben, dass dieser (…) sage was er denke, wenn er etwas getrunken habe. Das habe er (der Angeklagte …) bereits in der Vergangenheit bemerkt. Den Geschädigten kenne er bereits seit der fünften Klasse und man sei eigentlich täglich zusammen, mindestens sechs Mal die Woche. Der Geschädigte habe Diabetes und trinke nur Wodka und Wein. Dies mache er alle zwei Wochen einmal, bis er betrunken sei. Er wisse jedoch von keiner Situation, in der der Geschädigte keinen Plan mehr gehabt habe, so der Zeuge KHK … zu den Angaben des Angeklagten ….
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W. Weg man von der Shisha-Bar zurück zum Parkhaus genommen habe, habe er … nicht mehr gewusst, habe jedoch angenommen, den kürzesten genommen zu haben. Man habe jedenfalls keine anderen Lokalitäten mehr in Weiden besucht.
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Wann genau man die Shisha-Bar verlassen habe, habe er nicht mehr gewusst. Da er zuvor das Video gesehen habe, habe der Angeklagte … vermutet, so der Zeuge KHK …, dass dies etwa gegen 22:00 Uhr gewesen sein müsse. Er sei beim Verlassen der Shisha-Bar betrunken gewesen, hinsichtlich der anderen habe der Angeklagte … keine Aussage treffen können, habe jedoch angegeben, dass die Angeklagte … wenig Alkohol vertrage.
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Der Angeklagte … habe weiter angegeben, so der Zeuge KHK …, dass er noch nie Drogen genommen habe und auch der Geschädigte kein Typ dafür sei. Hinsichtlich der Angeklagten … und … habe der Angeklagte … hierzu nichts angegeben können.
131
Was anschließend passiert sei, habe der Angeklagte … nicht gewusst. Hinsichtlich der Videos habe er vermutet, dass er diese nicht selbst gemacht habe, habe es jedoch nicht genau gewusst. Wie er zu der Wohnung der Angeklagten … im … gekommen sei, habe der Angeklagte … ebenfalls nicht gewusst. Er habe nur angegeben können, dass er nicht mit in die Wohnung gedurft habe, da die Angeklagte … am nächsten Tag habe arbeiten müssen. Sie habe ihm schließlich gesagt, dass er schauen solle, wie er nach Hause kommt. Er sei dann von dem Zeugen … aus …, vermutlich in der Nähe der Wohnung der Angeklagten … abgeholt worden. Der Zeuge … sei aber an dem Abend nicht dabei gewesen. Warum er nicht mit dem Angeklagten … nach Hause gefahren sei, habe der Angeklagte … nicht sagen können.
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Angesprochen auf den Umstand, dass es merkwürdig sei, dass er sich an Sachen vor dem Verschwinden des Geschädigten und Sachen danach erinnern könne, jedoch nicht an das was mit dem Geschädigten geschehen sei, habe der Angeklagte … ihm (KHK …) angegeben, dass dies jedoch so der Wahrheit entspreche. Als er am Vormittag des Vernehmungstages, zusammen mit der Freundin des Geschädigten, der Zeugin …, nach … gesucht habe, seien ihm wieder einige Sachen in Erinnerung gekommen. Das sei der Streit sowie die Vermutung, dass er auch nach dem Geschädigten gesucht und nach ihm gerufen habe. Er wisse, dass er an einer Böschung gewesen sei, wo Äste gewesen seien und es steil bergab gegangen sei. Ob sich darunter ein Bach oder Fluss befunden habe, könne er nicht mehr sagen. Ebenfalls könne er nicht mehr sagen, warum er nicht die Polizei verständigt habe, obwohl er nach dem Geschädigten gesucht habe. Wer die Videos gemacht habe, wisse er auch nicht, habe jedoch die Vermutung gehabt, dass er diese nicht aufgenommen habe. Wer sein Handy zu dieser Zeit gehabt habe, habe er nicht angeben können. Normalerweise trage er sein Handy in der rechten Hosentasche, so der Zeuge KHK … zu den Angaben des Angeklagten ….
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Der Angeklagte … habe weiterhin angegeben, dass er, als er die Videos gesehen habe, bemerkt habe, dass ihn die Zeugin … über Instagram angeschrieben und gefragt habe, wo der Geschädigte sei. Er und die Zeugin … hätten daraufhin den Geschädigten gemeinsam gesucht. Der Angeklagte … sei nicht erreichbar gewesen und die Angeklagte … sei in der Arbeit gewesen. Die Angeklagte … habe ihn kurz angerufen und nachgefragt, wie es ihm ginge, wie er nach Hause gekommen sei und was mit dem Geschädigten sei. Die Angeklagte … habe nicht gewusst, dass der Geschädigte vermisst sei und habe nicht gewusst, wo er sich aufhalte. Als er und die Zeugin … dann in Weiden angekommen seien, habe man die Örtlichkeiten abgesucht, welche auf den Videos ersichtlich gewesen seien.
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Als der Angeklagte … schließlich erreichbar gewesen sei, habe dieser sich zunächst extrem aufgeregt, da sie alle so betrunken gewesen seien. Das Verschwinden des Geschädigten habe ihn überhaupt nicht interessiert. Der Angeklagte … habe sodann im Rahmen seiner Vernehmung die Frage gestellt, so der Zeuge KHK …, warum der Angeklagte … dem Geschädigten denn nicht geholfen habe. Dieser sei der einzige aus der Gruppe gewesen, der nüchtern gewesen sei. Auf dem Video sei ja zu sehen, wie der Geschädigte in den Fluss gefallen sei. Er … wisse jedoch nicht warum. Er habe den Angeklagten … auch am nächsten gefragt, warum er denn dem Geschädigten nicht geholfen habe. Dieser habe darauf geantwortet, dass er dies nicht für nötig erachtet habe. Er … wisse nicht warum der Angeklagte … nicht mit nach dem Geschädigten gesucht habe.
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Das Telefonat zwischen den Angeklagten … und … habe am 12.09.2020 stattgefunden, als er … zusammen mit der Zeugin … nach dem Geschädigten gesucht habe. Man habe das Auto im Parkhaus geparkt gehabt und von dort aus die Suche begonnen. Er habe dann den Angeklagten … am Telefon gefragt, ob das mit dem Geschädigten an dem Bach „bei den Vögeln“ (Vogelvoliere) gewesen sei. Dieser habe mit ja geantwortet, habe aber später gesagt, dass der Fluss etwa 5 Meter breit gewesen sei. Somit habe dies nicht bei den Vogelkäfigen sein können, da dort das Wasser lediglich ein kleines Bächlein sei.
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Als er und die Zeugin … den Geschädigten dann nicht gefunden hätten, seien sie zur Polizei gefahren, um Vermisstenanzeige zu erstatten.
137
Abschließend habe der Angeklagte … im Rahmen seiner Vernehmung angegeben, so der Zeuge KHK … dass er sich die ganze Zeit frage, warum der Angeklagte … dem Geschädigten nicht geholfen habe. Der Angeklagte … habe während der Vernehmung einen recht geknickten bzw. traurigen Eindruck auf ihn, den Zeugen KHK …, gemacht.
1.2.2.2. Einlassung im Rahmen der Hauptverhandlung
138
Im Rahmen der Hauptverhandlung hat sich der Angeklagte … nicht weiter zur Sache eingelassen.
1.3. Einlassung der Angeklagten …
1.3.1. Einlassung zur Person
139
Die Angeklagte … hat sich gegenüber dem Sachverständigen Dr. … im Rahmen der Explorationen im vorliegenden Verfahren hinsichtlich ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eingelassen, welche vom Sachverständigen in der Hauptverhandlung wiedergegeben wurden und von der Angeklagten als zutreffend bestätigt wurden. Diese Angaben hat die Angeklagte im Rahmen der Hauptverhandlung durch eigene weitergehende Ausführungen ergänzt.
1.3.2. Einlassung zur Sachie
1.3.2.1. Einlassung im Rahmen des Ermittlungsverfahrens
140
Die Angeklagte … wurde am 12.09.2020 um 23:00 Uhr durch den Zeugen KOK … als Beschuldigte zur Sache vernommen.
141
Der Zeuge KOK … gab in der Hauptverhandlung hierzu an, dass die Angeklagte … zu Beginn der Vernehmung überrascht gewirkt habe und nachgefragt habe, ob … wohl tot sei. Dies sei der Angeklagten bestätigt worden, worauf sie sich betroffen gezeigt habe und eine Zeit lang geschwiegen habe. Dann habe sie geäußert, dass sie keine Angaben zum Sachverhalt machen werde und sie sich zunächst mit einem Rechtsanwalt in Verbindung setzen wolle.
142
Die Angeklagten … und … wurden, wie ausgeführt, am 14.09.2020 gegen 14:45 Uhr durch die Zeugen KHKin … und KOK … im Umfeld der Tatörtlichkeiten zufällig angetroffen.
143
Der Zeuge KOK … gab hierzu als Zeuge in der Hauptverhandlung an, dass er zu dieser Zeit zusammen mit seiner Kollegin KHKin … den Weg, welche die Angeklagten und der Geschädigte vermeintlich in der Nacht gegangen seien, nach etwaigen Spuren oder Kameras abgesucht hätten. Hinter dem Parkhaus an der … Straße seien ihnen sodann auf dem Fußweg entlang des Flutkanals die beiden Angeklagten … und … entgegengekommen.
144
Die Angeklagten hätten hierbei ohne vorherige Ansprache von sich aus angegeben, dass sie umhergehen würden, in der Hoffnung, die Erinnerungen an den Tatabend zurückzubekommen. Die Angeklagten hätten gefragt, wo der Geschädigte aufgefunden worden sei. Wo die Stelle, an welcher der Geschädigte am Ufer gelegen sei, hätten die beide Angeklagten nicht mehr angeben können, so der Zeuge KOK … Sie hätten sich lediglich an viel Gestrüpp erinnern können. Die Angeklagte … habe angegeben, dass sie sich wundern würde, weshalb der Angeklagte … welcher nüchtern gewesen sei, nichts unternommen habe. Er sei die Uferböschung nicht hinuntergegangen, sondern oberhalb auf dem Fußweg verblieben. Sie und der Angeklagte … seien hingegen nach unten an das Ufer gegangen. Der Geschädigte sei im Flutkanal geschwommen, so die Angeklagte … gegenüber dem Zeugen KOK …
145
Auf die Frage weswegen der Angeklagte … den Angeklagten … nicht nachhause gefahren habe, habe die Angeklagte … angegeben, dass der Angeklagte … sie und den Angeklagten … am … in … aus dem Auto geworfen habe und zu dem Angeklagten … gesagt habe „jetzt bist du in der gleichen Scheiße wie der …“. Da sie am Samstag habe arbeiten müssen, sei sie sodann alleine in ihre Wohnung gegangen.
146
Mit Verteidigerschriftsatz vom 16.09.2020, welcher in der Hauptverhandlung verlesen wurde, ließ die Angeklagte … durch ihren Verteidiger ausführen, dass der ehemalige Arbeitskollege (der Angeklagte …) der Angeklagten am 01.09.2020 eine neue Arbeitsstelle angetreten habe. Er sei vorher aus der Automobile … ausgeschieden, wo auch sie arbeite. Zu diesem Zeitpunkt sei die Angeklagte nicht in der Arbeit gewesen, sodass man sich dann verabredet habe, dass man sich einmal wieder treffen solle.
147
Bereits eine Woche vorher (am 04.09.2020) habe man sich getroffen. Die Woche zuvor sei allerdings … der Fahrer gewesen und dieser habe nichts getrunken, während die Angeklagten … und … Alkohol zu sich genommen hätten. Man sei damals beim ersten Treffen in derselben Shisha-Bar beim Finanzamt gewesen. Bei diesem ersten Treffen habe die Angeklagte … den Geschädigten zum ersten Mal gesehen. Den Angeklagten … habe sie bis dahin auch nicht gekannt. Die Angeklagte glaube, dass sie ihn an der Arbeitsstelle einmal gesehen habe, als er den Angeklagten … dort aufgesucht habe.
148
Diesmal (am 11.09.2020) sei der Angeklagte … gefahren. Er sei mit dem Angeklagten … und dem Geschädigten zwischen 19:00 Uhr/19:30 Uhr an der Wohnung der Angeklagten … vorbeigekommen.
149
Die Angeklagte habe zu diesem Zeitpunkt eine Flasche „Hugo“ getrunken. Die Angeklagten … und … sowie der Geschädigte hätten zuvor einige (2-3) Flaschen Weißwein in einem … Geschäft gekauft. Die Angeklagte sei mit dem Geschädigten auf dem Rücksitz gesessen. Sie habe die halbe Flasche „Schmidtwein“ getrunken und mit dem Geschädigten angestoßen, der seinerseits auch irgendeinen Wein in der Hand gehalten habe.
150
Man sei dann von etwa 19:30 Uhr bis 22:15 Uhr in der Shisha-Bar … gewesen. Es sei eine Flasche Wodka bestellt worden. Die Gespräche seien belanglos gewesen.
151
Man sei dann gegen 22:15 Uhr aufgebrochen. Erinnerlich habe der Angeklagte … 50,00 EUR bezahlt und der Angeklagte … 20,00 EUR. Das habe die Angeklagte … im Nachhinein erfahren, da sie mit dem Geschädigten schon vorher aus dem Lokal gegangen sei.
152
Der Angeklagte … sei schon eine halbe Stunde vorher weggegangen. Sie habe ihn dann angerufen, wo er sei und warum er nicht komme. Dieser habe erinnerlich auf dem Handy geantwortet, dass sie das nichts anginge. Er sei dann aber trotzdem gekommen. Sie habe dann gehört, dass der Angeklagte … in das Lokal gegangen sei und dort müsse er wohl die fehlenden 20,00 EUR bezahlt haben. Sie habe auch gehört, dass die Zeche insgesamt 77,00 EUR ausgemacht habe. Das habe sie aber erst viel später erfahren.
153
Der Angeklagten … und dem Geschädigten sei dann der Angeklagte … aus Richtung Parkhaus entgegen gekommen. Sie sei zunächst mit dem Geschädigten eingehakt gewesen. Dieser habe sie dann losgelassen und sei auf den Angeklagten … zu gegangen. Es habe dort eine kleine Auseinandersetzung zwischen den beiden gegeben. Der Geschädigte habe ihn … geschubst und der Angeklagte … habe sinngemäß gesagt, er soll das sein lassen, sonst kriege er eine. Dann sei das auch wieder vorbei gewesen. Besonders ernsthaft sei das nach dem Eindruck der Angeklagten … nicht gewesen. Sinngemäß erinnere sie sich, dass der Angeklagte … zu dem Geschädigten gesagt habe, er solle ihn doch nicht stressen, da er doch gerade das „Boot“ - damit sei der Wodka gemeint - bezahlt habe.
154
Nach der Kabbelei sei der Angeklagte … hinzugekommen. Der Angeklagte … habe jetzt erklärt: „Den nehme ich nicht mit“, womit er den Geschädigten gemeint habe. Die Angeklagten … und … seien dann vor dem Parkhaus gestanden und hätten gequatscht. Der Angeklagte … sei daneben gestanden.
155
Irgendwann habe der Angeklagte … mit der Fernbedienung sein Auto geöffnet und die Angeklagte … habe ihre Handtasche reingelegt und sei zurückgekommen. Jetzt sei der Geschädigte dann weg gewesen.
156
Sie sei dann mit dem Angeklagten … als erstes los, um zu schauen, wo der Geschädigte hin sei. Sie seien alle mehr oder weniger - bis auf den Angeklagten … - deutlich angetrunken, umgangssprachlich „gut dabei“ gewesen. Sie hätten dann gehört, dass der Geschädigte am Ufer gelegen sei. Er sei nass gewesen. Der Angeklagte … habe dann gesagt: „Der übertriebt, der simuliert, der trinkt solche Mengen jedes Wochenende“. Der Geschädigte habe dann aufstehen wollen und sei dabei uns Wasser gefallen. Dies müsse auf dem Video aufgezeichnet sein.
157
Er sei dann ganz normal geschwommen, wie in einem Schwimmbad. Es habe den Eindruck gehabt, als ob ihm das sogar gefallen habe. Das müsse 5 Minuten lang gewesen sein. Er sei „richtig in Bahnen“ geschwommen. Das habe dann sie und den Angeklagten … beruhigt - der schwimme ja. In der Annahme, er würde wie das erste Mal wieder heraussteigen, sei sie mit dem Angeklagten … auf die Brücke gegangen. Sie hätten dann heruntergerufen: „Hör auf mit dem Schwachsinn“ - „komm endlich raus“. Das sei eine Zeitlang so gegangen. Als sie nichts gehört hätten, sei der Angeklagte … nochmal allein durch das Gestrüpp der Böschung runter. Er sei dann hochgekommen und habe gesagt: „Der liegt am Ufer, dem geht’s gut, der verarscht uns bloß“.
158
Die Angeklagten … und … hätten jetzt gedrängt: „Komm wir fahren“. Die Angeklagte … habe den Angeklagten … nochmals gefragt: „Hast du ihn wirklich da unten gesehen“; er habe es abermals bejaht, sodass sie sich entschlossen habe mitzufahren. Der Angeklagte … habe erklärt: „Den nehmen wir nicht mit“ oder „wenn uns der verarscht und simuliert, dann nehmen wir den halt nicht mit“. Den genauen Wortlaut könne sie nicht mehr sagen; wie gesagt sei die Angeklagte … eigentlich stark betrunken gewesen, da sie normalerweise eher selten trinke.
159
Der Angeklagte … habe die Angeklagte … dann nach Hause gefahren, wo er auch den Angeklagten … habe mitaussteigen lassen.
160
Als sie ihn … gebeten habe, er solle auch den Angeklagten … nach Hause fahren, da die Angeklagte … in Ruhe ihren Rausch ausschlafen wolle und morgen arbeiten müsse, habe dieser nur gesagt: „… steckt genauso wie … in der Sache“.
161
Auf die Frage, welche Sache er meine, weil die Angeklagte … das absolut nicht verstehen und nachvollziehen habe können, habe er nur gemeint, das gehe sie nichts an.
162
Die Angeklagte … habe den Angeklagten … nochmals gebeten, den Angeklagten … heimzufahren. Er habe geantwortet, dass die Angeklagte … ihn nicht nerven solle und jetzt endlich aussteigen solle, was sie dann auch getan habe.
163
Der Angeklagte … sei - wie die Angeklagte … dann am nächsten Tag erfahren habe - von einem anderen Freund aus … abgeholt und nach Hause gefahren worden.
164
Am nächsten Tage habe sie dann den Angeklagten … angerufen, was jetzt mit … sei. Angeblich habe der Angeklagte … an den Angeklagten … geschrieben, dass er wieder in der Shisha-Bar sei. Das hieße, dass er nachdem sie weggefahren seien, wieder in die Shisha-Bar zurückgekehrt sei. Die Angeklagte … könne dazu nichts aus eigenem Wissen sagen. Nachdem der Geschädigte im Wasser gewesen sei, könne es aber sein, dass er ein drittes Mal in das Wasser gegangen sei. Denn die Angeklagte … glaube, dass der Angeklagte … die Wahrheit gesagt habe, als er ihr erzählt habe, der Geschädigte liege am Ufer, der wolle bloß simulieren.
165
Am Samstag (12.09.2020) um 09:30 habe sie über Instagram den Geschädigten angeschrieben „lebst du noch“. Das sei aber mehr auf den Rausch bezogen gewesen. Die Angeklagte … sei zu dieser Zeit der Meinung gewesen, dass er zu Hause sei und seinen Rausch ausgeschlafen hätte. Dann sei die Polizei gekommen und habe der Angeklagten … mitgeteilt, dass der Geschädigte gesucht werde.
166
Die Angeklagte … sei davon ausgegangen, dass der Geschädigte zwar mehr oder weniger betrunken, aber wohlbehalten am Ufer gesessen sei.
167
Dass er ertrinken könne, sei der Angeklagten … auf keinen Fall in den Sinn gekommen.
168
Die Angeklagte … sei leider nach ihren eigenen Angaben mehr oder weniger betrunken gewesen. Sie habe erläutert, dass sie - auch wenn sie sehr viel Alkohol trinke - trotzdem ein Erinnerungsvermögen habe.
169
Wohl alkoholbedingt sei die Gesamtsituation als lustig und unterhaltend angesehen worden; dass dies ernst sein könnte oder eine Gefahrensituation für den Geschädigten bestanden haben könnte, sei von ihr nicht erkannt worden. Dies zeige auch das laute Lachen auf der Videosequenz. Von einer für den Geschädigten ernsten Situation oder gar einem Unglücksfall sei die Angeklagte … soweit erkennbar nicht ausgegangen. Ob objektiv eine solche Situation vorgelegen habe, bliebe jedenfalls unklar. Worauf der letzter dlich traurige und tragische Ausgang für den Geschädigten beruhe, bliebe ihr unklar.
170
Die Angeklagte bedauere den unglücklichen Verlauf und das unglückliche Ende dieses Tages sehr und sie leide darunter auch seelisch.
171
Die Angeklagte … bestätigte diese in der Hauptverhandlung verlesene Stellungnahme vom 16.09.2020 als zutreffend und gab dazu an, dass die Stellungnahme ihre eigenen Worte wiedergeben würde.
1.3.2.2. Einlassung im Rahmen der Hauptverhandlung
172
Im Rahmen der Hauptverhandlung gaben die Verteidiger der Angeklagten … eine Stellungnahme für die Angeklagte, die eine eigene Einlassung der Angeklagten im Sinne von § 243 Abs. 5 Satz 2 StPO ersetzen soll, ab. Von der Angeklagten … wurde diese Einlassung als zutreffend bestätigt.
173
Die Angeklagte … ließ hierbei vortragen, dass die Angeklagte durch die Angeklagten … und … sowie den Geschädigten am 11.09.2020 gegen 19:45 Uhr abgeholt worden sei. Im Auto sei die Angeklagte hinten links gesessen, während der Geschädigte rechts neben ihr hinten gesessen sei. Die Stimmung im Auto sei bereits sehr gut und vor allem der Geschädigte angetrunken ein komplett anderer Mensch gewesen, als ihn die Angeklagte zuvor kennengelernt habe. Diese habe auch zur Aussage des Angeklagten … gepasst. Dieser habe nämlich zu der Angeklagten gemeint, sie solle sich „keine Gedanken wegen der Woche vorher machen“, denn der Geschädigte würde, wenn er getrunken habe, auch immer sehr ausgelassen und redselig sein.
174
Der Angeklagte … habe ihr während der Fahrt seine Weinflasche gereicht. Sie habe daraufhin zu bedenken gegeben, dass sie „etwas langsamer machen wollte, da sie am nächsten Tag arbeiten müsse“.
175
Es sei dann der Geschädigte gewesen, der hierauf erwidert habe, dass man „heute Gas geben würde“ und er solche Ausreden auch nicht gelten lasse. Notfalls würde er für die Angeklagte … bei deren Chef sie entschuldigen. Hier sei auch glaublich der Satz gefallen: „Heute lassen wir die Mastercard glühen“.
176
Da der Angeklagten die Stimmung gefiel und sie ungern die Spaßbremse sein habe wollen, ließ sie sich auf diesen Abend ein.
177
In der Bar habe die Angeklagte den Geschädigten beim Wort genommen und ihm maximal zweimal das Glas gereicht, was sie allerdings ebenso auch bei dem Angeklagten … getan habe. Die Stimmung in der Bar sei weiterhin gut gewesen.
178
Allerdings habe sich die Angeklagte größtenteils mit dem Angeklagten … über Autos und die Arbeit oder mit den Tischnachbarn unterhalten.
179
Beim Verlassen der Bar habe die Angeklagte dem Geschädigten die Treppe hochgeholfen.
180
Die Angeklagte sei mit dem Geschädigten Arm in Arm bis zum Finanzamt gelaufen. Dabei sei die Hand des Geschädigten von ihrer Taille zu deren unteren Hüftbereich gerutscht. Zunächst habe sich die Angeklagte gedacht, dass dies keine Absicht gewesen sei und habe dieses „Anfassen“ auf den Zustand des Geschädigten geschoben. Als sich dieses wiederholt habe, habe die Angeklagte allerdings einen Annäherungsversuch vermutet.
181
Dies läge darin begründet, da der Geschädigte bereits einige Wochen/Monate vor dem Unglück die Angeklagte per Instagram zwei- bis dreimal angeschrieben habe, worauf sie allerdings nicht reagiert habe. Zudem habe der Geschädigte unter einem Foto der Angeklagten kommentiert: „Schon mal überlegt, dich bei der Bundeswehr zu bewerben, weil du aussiehst wie eine Granate.“ Eine Freundin der Angeklagten habe ihr diesen Kommentar als Screenshot nach dem Vorfall geschickt.
182
Außerhalb der Bar sei daraufhin der Angeklagte … den beiden entgegen gekommen. Es sei dann der Geschädigte gewesen, der den Angeklagten … erkannt habe und ihn sofort und zielgerichtet angegangen habe. Hier sei es zu dem Streit gekommen, welcher nach Erinnerung der Angeklagten eindeutig von dem Geschädigten begonnen worden sei.
183
Anschließend sei man dann weiter zum Parkhaus gegangen und habe dort kurz gequatscht. Da der Angeklagte … zum Wasserlassen an den Busch gegangen sei, habe die Angeklagte … in der Zwischenzeit ihre Tasche ins Auto gelegt. Als die Jungs ihr jedoch nicht gefolgt seien, habe sie das Parkhaus verlassen und sich wieder zu den Jungs gestellt, um mit diesen zu quatschen. Kurze Zeit später habe der Angeklagte … gemeint, man müsse dringend den Geschädigten suchen.
184
Die Angeklagten … und … seien den Hang, vielmehr die Böschung zum Flutkanal hinunter gestiegen und hätten den Geschädigten komplett mass am Ufer liegend gefunden.
185
Um besser sehen zu können, was denn genau passiert sei, habe die Angeklagte … den Angeklagten … gefragt, ob er Licht anmachen könne. Aufgrund dessen Alkoholpegels habe er aber nicht verstanden, was die Angeklagte … von ihm wolle und so sei es die Angeklagte … gewesen, die sich durch das Menü nach dem Taschenlampenbutton in dem fremden Handy „durchgekämpft“ habe. Hierbei müsse sie offensichtlich eine Bildschirmaufnahme betätigt haben. Da sie den Taschenlampenbutton immer noch nicht gefunden habe, habe die Angeklagte die Instagram-Videofunktion gewählt, bei welcher sie genau gewusst habe, wie das Blitzlicht aktiviert werde. Nur deshalb seien die bei den Akten befindlichen Videos entstanden.
186
Aufgrund der bereits erwähnten Eindrücke und der Aussage des Angeklagten … habe die Angeklagte … die Situation in keinster Weise als gefährlich aufgefasst. Sie habe vielmehr gedacht: „Beeindruckend, dass der Geschädigte hier einfach mit Klamotten schwimmen geht“. Sie dachte ferner noch: „Über das durch Zufall entstandene Video wird er sicherlich morgen noch lachen können“.
187
Die Angeklagte … und die anderen hätten dem Geschädigten noch im Wasser zugerufen: „Ok, jetzt reichts! Du hattest deinen Spaß, komm raus“.
188
Irgendwann sei es dann die Angeklagte … gewesen, die kurz mit dem Angeklagten … gesprochen und hierbei den Geschädigten aus den Augen verloren habe. Anschließend sei dieser im Wasser nicht mehr zu sehen gewesen. Die Angeklagte habe in diesem Moment gedacht, er sei an einer anderen Stelle ans Ufer und verstecke sich oder er sei bereits zum Auto gegangen.
189
Deswegen sei man dann auch aufgebrochen und habe im Parkhaus gesucht. Als der Geschädigte dort nicht gewesen sei, habe man anschließend im Park und dann den gesamten Radweg abgesucht. Dabei hätten auch alle Suchenden nach dem Geschädigten gerufen.
190
Es sei dann später der Angeklagte … gewesen, der nochmals alleine ans Ufer gegangen sei. Er sei allerdings schnell wieder gekommen und habe mit verärgerter Miene gesagt: „Der sitzt da unten, lässt uns nach ihm suchen und rufen und jetzt will er nicht mehr mit. Der verarscht uns nur!“. Es sei dann die Angeklagte … gewesen, die den Angeklagten … zweimal gefragt habe, ob er sich sicher gewesen sei, den Geschädigten gesehen zu haben. Beide Male habe der Angeklagte … dies bejaht.
191
Schlussendlich würde die Angeklagte … noch betonen wollen, dass es ihr sehr wichtig sei zu sagen, dass sie in keinerlei Art und Weise den Geschädigten in ein schlechtes Licht rücken wolle. Alle - die getrunken haben - hätten an diesem Abend viel trinken und ihren Spaß haben wollen. Dies würde auch für den Geschädigten gelten.
192
Von einer Drogeneinnahme des Geschädigten habe die Angeklagte … zu keinem Zeitpunkt etwas gewusst.
193
Die Angeklagte … bestätigte die durch ihre Verteidiger in der Hauptverhandlung vorgetragene Stellungnahme als zutreffend.
194
Im Rahmen der Augenscheinnahme im Bereich des Flutkanals in der Hauptverhandlung gab die Verteidigung der Angeklagten … nach der Einvernahme der geladenen Zeugen eine weitere Stellungnahme zum Tatgeschehen ab.
195
Die Verteidigung der Angeklagten führte hierzu aus, dass sich die Angeklagte nach der Inaugenscheinnahme der Örtlichkeiten am Flutkanal meine erinnern zu können, dass der Geschädigte abgängig gewesen sei und man etwa auf der Höhe der Mitte des Parkhauses ein Wimmern gehört habe. Man sei dann weiter flussabwärts in Richtung der Brücke gegangen und zu einem Ort gekommen, bei der eine Birke abgeschnitten worden sei. Dort sei man um zwei Bäume herumgeklettert, man habe sich dort auch an etwas wieder hochziehen können. An dieser Stelle habe man den Geschädigten schließlich aufgefunden.
196
Diese Verteidigererklärung wurde von der Angeklagten … als zutreffend bestätigt.
2. Feststellungen der Kammer
2.1. Feststellungen zur Person der Angeklagten
197
Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten … beruhen auf den Angaben des Angeklagten gegenüber dem Sachverständigen Dr. … im Rahmen der Explorationen im vorliegenden Verfahren. Diese Ausführungen wurden von dem Sachverständigen in der Hauptverhandlung wiedergegeben und von dem Angeklagten auf Nachfrage des Gerichts als zutreffend dargestellt sowie durch eigene Angaben des Angeklagten noch weitergehend ergänzt.
198
Im Rahmen der Hauptverhandlung führte der Sachverständige Prof. Dr. … weiterhin hinsichtlich der dem Angeklagten entnommenen Haarprobe aus, dass in einem 4 cm langen wurzelnahen Haarsegment das zentral dämpfend wirkende Antihistaminikum Diphendydramin nachgewiesen worden sei. Diphenhydramin sei einerseits in verschiedenen Schlafmitteln, andererseits auch in Präparaten zur Unterdrückung von Schwindel und Übelkeit enthalten. Unter der Annahme eines durchschnittlichen Haarwachstums von 1 cm pro Monat würde der erhobene Befund daher mit der zumindest wiederholten Einnahme eines entsprechenden Medikaments während eines Zeitraums von etwa 4 Monaten vor der Haarabnahme am 16.12.2020 korrespondieren. Im Haarsegment im Abstand von 4-7 cm sei dagegen das Antidepressivum Buprion festgestellt worden. Diphenhydramin sei in diesem Segment nicht aufgefunden worden. Der Nachweis von Bupropion würde sich der wiederholten Einnahme während eines Zeitraums von etwa Mai bis Juli 2020 zuordnen lassen. Hingegen hätten sich keine Anhaltspunkte für eine Aufnahme von Cannabisprodukten, Amphetamin, Methamphetamin, Ecstasy, Cocain, Opiaten wie zum Beispiel Heroin oder von weiteren zentral wirksamen Medikamenten bzw. Betäubungsmitteln während des gesamten abgedeckten Zeitraums von etwa 7 Monaten vor der Haarprobe ergeben. In der Haarprobe seien auch keine Rückstände von Cannabimimetika (synthetische Cannabinoide), wie sie vielfach in so genannten „Kräutermischungen“ (Spice) als psychoaktiver Zusatz enthalten seien, aufgefunden worden.
199
Der Auszug aus dem Bundeszentralregister, sowie das ärztliche Attest der medizinischen Versorgungszentren Dr. … vom 04.09.2020, das Ausbildungs- bzw. Zwischenzeugnis vom 15.12.2020, der polizeiliche Ermittlungsbericht des POK … vom 11.12.2020 und das ärztliche Attest des Klinikums … vom 02.08.2020 aus der beigezogenen Akte … der Staatsanwaltschaft … wurden in die Hauptverhandlung eingeführt.
200
Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten … beruhen vornehmlich auf dessen eigenen Angaben im Rahmen der Hauptverhandlung.
201
Im Rahmen der Hauptverhandlung führte der Sachverständige Prof. Dr. … weiterhin hinsichtlich der dem Angeklagten entnommenen Haarprobe aus, dass bei der Untersuchung der am 16.12.2020 gewonnenen Haarprobe das Antidepressivum Mirtazapin sowie dessen aktiver Metabolit Normitazapin identifiziert worden sei. Unter Annahme eines durchschnittlichen Haarwachstums von 1 cm pro Monat ließen sich diese Analyse-Resultate mit einer zumindest wiederholten Einnahme von Mirtazapin während des von der Untersuchung erfassten Zeitraums von etwa 4 Monaten vor der Haarabnahme vereinbaren. Hingegen hätten sich keine Anhaltspunkte für eine Aufnahme von Cannabisprodukten, Amphetamin, Methamphetamin, Ecstasy, Cocain, Opiaten wie zum Beispiel Heroin oder von weiteren Betäubungsmitteln bzw. zentral wirksamen Medikamenten während dieses Zeitraums ergeben. In der Haarprobe seien auch keine Rückstände von Cannabimimetika (synthetische Cannabinoide), wie sie vielfach in so genannten „Kräutermischungen“ (Spice) als psychoaktiver Zusatz enthalten seien, aufgefunden worden.
202
Das Vorblatt zur Zeugenvernehmung des Angeklagten … vom 12.09.2020 hinsichtlich der Angaben zur Person und das Vorblatt zur Beschuidigtenvernehmung des Angeklagten … vom 12.09.2020 hinsichtlich der Pflichtangaben zur Person, der freiwilligen Angaben zur Person sowie der Schriftsatz des Verteidigers Rechtsanwalt … vom 03.01.2021 Bl. 981 d.A. hinsichtlich der dortigen Ausführungen zu den Haftgründen, als auch der Auszug aus dem Bundeszentralregister wurde in die Hauptverhandlung eingeführt.
203
Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen der Angeklagten beruhen auf den Angaben der Angeklagten gegenüber dem Sachverständigen Dr. … im Rahmen der Explorationen im vorliegenden Verfahren. Diese Ausführungen wurden vom Sachverständigen in der Hauptverhandlung wiedergegeben und von der Angeklagten auf Nachfrage des Gerichts als zutreffend dargestellt und durch eigene Angaben des Angeklagten noch weitergehend ergänzt.
204
Im Rahmen der Hauptverhandlung führte der Sachverständige Prof. Dr. … weiterhin hinsichtlich der der Angeklagten entnommenen Haarprobe aus, dass bei der am 15.12.2020 entnommenen Haarprobe in einem 4 cm langen wurzelnahen Haarsegment das Antidepressivum Mirtazapin nachgewiesen worden sei. Unter Annahme eines durchschnittlichen Haarwachstums von 1 cm pro Monat würde dieser Befund mit einer zumindest wiederholten Einnahme von Mirtazapin während des von der Untersuchung erfassten Zeitraums von etwa 4 Monaten vor der Haarabnahme korrespondieren. im Haarsegment im Abstand von 4-12 cm über der Kopfhaut seien dagegen Amphetamin in einer Konzentration 0,3 ng/mg Haare und dem noch das Designer-Benzodiazepinderivat Flunitrazolam festgellt worden. Mirtazapin oder Mirtazapin-Metabolite seien in diesem Haarsegment nicht aufgefunden worden. Diese Analyse-Resultate ließen sich mit einem gelegentlichen Umgang mit Amphetamin sowie einer wiederholten Einnahme von Flunitrazolam während des von diesem Haarsegment abgedeckten Zeitraums von etwa Dezember 2019 bis Juli 2020 vereinbaren. Hingegen hätten sich keine Anhaltspunkte für eine Aufnahme von Cannabisprodukten, Amphetamin, Methamphetamin, Ecstasy, Cocain, Opiaten wie zum Beispiel Heroin oder von weiteren Betäubungsmitteln bzw. zentral wirksamen Medikamenten während dieses Zeitraums ergeben. Cn der Haarprobe seien auch keine Rückstände von Cannabimimetika (synthetische Cannabinoide), wie sie vielfach in so genannten „Kräutermischungen“ (Spice) als psychoaktiver Zusatz enthalten seien, aufgefunden worden.
205
Der Auszug aus dem Bundeszentralregister wurde in die Hauptverhandlung eingeführt.
2.2. Feststellungen zur Sache
206
Die Feststellungen der Kammer im Hinblick auf die Person des Geschädigten, insbesondere seiner sozialen Einbindung sowie seiner Trinkgewohnheiten in Bezug auf Alkohol sowie seines Umgangs mit seiner Diabetes-Erkrankung beruhen im Wesentlichen auf den Angaben der Zeugen … und … sowie den insoweit übereinstimmenden Angaben des Angeklagten … im Rahmen der Hauptverhandlung.
207
Durch diese wurde in der Gesamtschau ein Bild von dem Geschädigten gezeichnet, welches auf eine durchaus bestehende Trinkgewohnheit des Geschädigten zu gewissen Anlässen, insbesondere bei gemeinsamen Treffen an Wochenenden oder auf Urlaubsreisen schließen lässt. Jedoch ergab sich daraus ebenfalls, dass der Geschädigte im Hinblick auf seinen Umgang mit Alkohol, insbesondere aufgrund seiner bestehenden Diabetes-Erkrankung, sich stets selbst umsorgen konnte und zu keiner Zeit derart die Kontrolle über sich verlor, dass er auf die Hilfe anderer Personen angewiesen gewesen wäre. So berichteten die Zeugen … und … zwar übereinstimmend von einem teilweise massiven Alkoholgenuss in der Gruppe sowie der Teilhabe des Geschädigten hierbei. Allerdings kam es nach den in sich schlüssigen und übereinstimmenden Aussagen der genannten Zeugen dabei zu keiner Zeit zu einem Vorfall, bei welchem der Geschädigte in ein Stadium des Kontrollverlustes abgeglitten wäre, da es der Geschädigte verstanden habe, zur richtigen Zeit seinen Alkoholgenuss einzustellen. Der Geschädigte wurde dabei in einem Gesamtbild als eine zu jeglichen Situationen verlässliche Person dargestellt.
208
Durch die genannten Zeugen wurde weiterhin übereinstimmend geschildert, dass der Geschädigte keinen Kontakt zu illegalen Drogen hatte und auch kein Wunsch des Geschädigten bestanden habe, zukünftig dahingehend etwas auszuprobieren. Vielmehr sei der Umgang mit Drogen, insbesondere aufgrund des strebsamen Charakters des Geschädigten im Hinblick auf seinen berufliche Entwicklung und seinen persönlichen Werdegang, seitens des Geschädigten verpönt gewesen.
209
In diesem Kontext wurde weiterhin, insbesondere durch die Lebensgefährtin des Geschädigten, der Zeugin … sowie durch den Zeugen … welcher zusammen mit dem Angeklagten … der beste Freund des Geschädigten war, der etwas eitle Charakter des Geschädigten dargestellt. Die beiden Zeugen stellten dabei für die Kammer stimmig dar, dass der Geschädigte stets auf sein äußerliches Erscheinungsbild achtete und daher beispielsweise niemals mit seiner Kleidung baden gehen würde bzw. in der Vergangenheit gegangen sei.
210
Die Feststellungen der Kammer hinsichtlich des Geschehens von dem Eintreffen im Parkhaus der …Straße bis zum Verlassen der Shisha-Bar beruht im Wesentlichen auf den Angaben der Zeugen … und … und … sowie den in die Hauptverhandlung eingeführten Videos der Überwachungskameras des Parkhauses an der …-Straße sowie des Sanitätshauses … als auch den insoweit übereinstimmenden Angaben der Angeklagten … und ….
211
So konnte der Inhaber der Shisha-Bar, der Zeuge … Angaben zur Bestellung der Angeklagten sowie des Geschädigten, dem Bezahlvorgang sowie dem Zustand des Geschädigten im Laufe des Abends tätigen. Der Zeuge berichtete hierbei von einem sichtbar angetrunken bzw. betrunkenen Zustand des Geschädigten, der bereits in der Zeit während des Aufenthalts in der Shisha-Bar bei einem Gang zur Toilette aufgrund seiner unsicheren Gangart auf die Hilfestellung Dritter angewiesen gewesen sei.
212
Auch die Zeugen … und … und … welche 2 Tische entfernt von der Gruppe um den Geschädigten saßen, konnten in der Hauptverhandlung Angaben zum Zustandsbild des Geschädigten machen. Diese Zeugen beschrieben den Geschädigten aufgrund seines stark alkoholisierten Zustandes übereinstimmend als sehr auffällig, die Angeklagten … und … hätten hingegen relativ normal gewirkt.
213
Die Zeugin … führte dabei insbesondere aus, dass der Geschädigte in der Shisha-Bar deutlich getorkelt und herumgewackelt sei sowie in diesem Zustand die glühende Kohle von einer Shisha-Pfeife heruntergeworfen habe. Die Kohle habe der Geschädigte sodann mit seinen Fingern wieder auf den Topf der Shisha-Pfeife gesetzt. Innerhalb der Gruppe sei der Geschädigte auch zum weiteren Trinken des Wodka-Bootes durch Zurufe wie „Trink, trink, trink!“ animiert worden. Ob dies durch den Angeklagten … oder die Angeklagte … bzw. durch beide gleichzeitig geschah, konnte die Zeugin nicht mehr darstellen. Der … sei jedenfalls erst wieder später beim Bezahlvorgang zu der Gruppe gestoßen. Das Mädchen … und der Junge … hätten dabei nicht auffällig stark betrunken, sondern relativ normal gewirkt. Während des Bezahlvorgangs sei der Geschädigte im Außenbereich gestanden und hierbei auch gestürzt. Das Mädchen … habe währenddessen öfter nach dem Geschädigten geschaut und sich um diesen gekümmert. Seine Jacke habe … nicht mehr selbständig anziehen können. Die Gruppe habe sodann über die Treppe die Lokalität verlassen. Der Geschädigte habe dabei durch Personen aus der Gruppe gestützt werden müssen. Ob der … hierbei involviert gewesen sei, konnte die Zeugin nicht mehr darstellen. Ein Bedürfnis - aufgrund des deutlich alkoholisierten Zustandes und der vorhergegangenen Ausfallerscheinungen des Geschädigten - selbst einzuschreiten, habe aus Sicht der Zeugin nicht bestanden, da der Geschädigte durch die Gruppe der Angeklagten aus der Shisha-Bar begleitet worden sei und somit bereits Unterstützung erfahren habe.
214
Der Zeuge … führte diesbezüglich weiter aus, dass ihm der stark betrunkene Zustand des Geschädigten aufgrund seiner verwaschenen Aussprache, seines Sturzes in der Shisha-Bar auf dem Weg zur Toilette sowie des Umstandes, dass dieser die heruntergefallene heiße Kohle der Shisha-Pfeife mit seinen Fingern aufgehoben habe sowie des Verlustes seines Diabetes-Bestecks in der Shisha-Bar aufgefallen sei. im Außenbereich der Shisha-Bar habe der Geschädigte seine Jacke nicht mehr seibstständig anziehen können und sei dort auch über etwa 3 Minuten am Boden gelegen. Eine andere Person … sei dann erst später während des Bezahlvorganges zu der Gruppe gestoßen, zuvor sei ihm diese Person nicht aufgefallen. Diese Person habe den Anschein auf ihn (den Zeugen …) erweckt, als dass sie der Fahrer der Gruppe sei. Auf Vorhalt seiner Angaben im Rahmen seiner Zeugenvernehmung vom 24.09.2020 („Diese versuchte er dann im Treppenaufgangsbereich anzuziehen, was ihm jedoch aufgrund seines starken Alkoholkonsums nicht gelang. Die dritte Person, welche hinzugekommen ist, und ich es so empfunden habe, dass es der Fahrer war half ihm zunächst nicht die Jacke anzuziehen. Erst als die weibliche Person hinzukam wurde ihm geholfen. In der Zwischenzeit kam auch die Person wieder zurück, welche Zeche bezahlt hat und alle verließen gemeinsam das Lokal. Ich bin mir nicht mehr sicher, auf alle Fälle hat ihm der, der ständig bei dem Betrunkenen im Lokal war geholfen, dieses zu verlassen. Alleine hätte er es nicht mehr geschafft.“) führte der Zeuge aus, dass dies so zutreffend sei, wie er es damals gegenüber der Polizei gesagt habe, heute daran aber keine weitergehende Erinnerung mehr habe.
215
Der Zeuge … führte hierzu weiter aus, dass der Geschädigte aufgrund seiner Alkoholisierung in der Shisha-Bar deutlich aufgefallen sei. So sei der Geschädigte etwa zwei bis drei Mal gestürzt, sei oftmals auf dem Boden gesessen und habe schließlich seine Jacke nicht mehr selbstständig anziehen können. Der Geschädigte habe weiterhin nur noch sehr verwaschen reden können. Die aus der Gruppe noch anwesende männliche … sowie die weibliche Person … hätten sich daraufhin um den Geschädigten kümmern bzw. diesem helfen müssen. Auf Vorhalt seiner Angaben im Rahmen seiner Zeugenvernehmung vom 06.11.2020 („Beide machten auf mich einen angetrunkenen, jedoch keinen sichtlich betrunkenen Eindruck. Sie waren noch in der Lage, dem … mit der Porsche-Jacke zu helfen. Sie haben ihn auch die Treppe hochgetragen. Ich meine hiermit, sie haben ihn unter den Armen gestützt. Alleine wäre … nicht mehr die Treppe hochgekommen.“) führte der Zeuge aus, dass er heute nicht mehr genau wisse, wer diese Hilfesteilungen geleistet habe, aber dies damals so seiner Erinnerung entsprochen habe. Gegen Ende sei zudem noch eine weitere männliche Person … zu der Gruppe gestoßen, um die Gruppe abzuholen. Diese Person sei auch nach innen gegangen, um einen Rest der roch offenen Zeche zu bezahlen. Die Situation beim Verlassen der Shisha-Bar durch die Gruppe um den Geschädigten habe auf den Zeugen den Eindruck erweckt, als dass sich zumindest Teile der Gruppe um den augenscheinlich alkoholisierten Geschädigten kümmern würden, worauf sich der Zeuge auch verlassen habe und sich selbst nicht weiter um die Hilfe des Betrunkenen bemüht habe.
216
Die Zeugen … und … weiche sich am Nachbartisch der Gruppe um den Geschädigten in der Shisha-Bar befanden, schilderten darüber hinaus ähnliche Eindrücke.
217
So berichtete der Zeuge … in der Hauptverhandlung, dass er es am körperlichen Zustand festgemacht habe, dass der Geschädigte bereits betrunken gewesen sei. Dieser habe Schwierigkeiten beim Laufen und Reden gehabt. Einmal sei der Geschädigte zur Toilette gegangen und auf dem Rückweg vom Inhaber der Lokalität zurückbegleitet worden, da er es nicht mehr selbstständig zurück zum Platz geschafft habe. Der Geschädigte habe dabei beim Gehen stark geschwankt. Weiterhin sei der Geschädigte auch zwei Mal hingefallen, habe jedoch nach kurzer Zeit wieder aufstehen können. In der Shisha-Bar habe der Geschädigte von dem Wodka-Boot mehr als die beiden anderen Anwesenden aus der Gruppe getrunken. Er habe sich selbstständig nachgeschenkt, sei aber auch seitens der beiden verbliebenen Personen … und … aus der Gruppe zum Trinken durch Zurufe animiert worden.
218
Der … sei hingegen irgendwann nach etwa 20 Minuten bereits weg gewesen und erst später wieder zur Gruppe zurückkehrt und habe sodann auf die Gruppe bei der Treppe gewartet. … und die andere männliche Person … hätten keinen betrunkenen, sondern allenfalls angetrunkenen Eindruck auf den Zeugen erweckt. Der Geschädigte sei jedoch stark alkoholisiert gewesen und habe in der Shisha-Bar zweimal sein Diabetes-Besteck verloren, welches er einmal selbstständig wieder aufgehoben habe und einmal durch seinen Freund, den Zeugen … übergeben bekommen habe. Mit dem Geschädigten habe man sich zu diesem Zeitpunkt nicht mehr sinnvoll unterhalten können, mit den anderen beiden … und … hingegen schon. Seinen Geldbeutel habe der Geschädigte scheinbar unter seinem Stuhl verloren und beim Verlassen der Shisha-Bar nicht mehr mitgenommen. Beim Verlassen der Shisha-Bar sei der Geschädigte sodann durch … und die andere männliche Person … gestützt worden. Auf Vorhalt seiner Angaben im Rahmen seiner Zeugenvernehmung vom 28.09.2020 („Mein Freund … sagte noch zu den beiden, daher zu … und der männlichen Person, sie sollen auf … aufpassen, denn ihm würde es nicht mehr gut gehen. Hierauf antworteten beide mit „Ja“.“) gab der Zeuge hinsichtlich der benannten anderen männlichen Person an, dabei wohl nicht den Angeklagten … gemeint zu haben, sondern nur die anderen beiden Begleiter.
219
Der Zeuge … schilderte in der Hauptverhandlung, dass der Geschädigte auf ihn anfangs einen angetrunkenen, später aber einen ersichtlich betrunkenen Zustand erweckt habe. So sei es … bereits gegen 21 Uhr nicht mehr gut gegangen. Er sei von seinem Stuhl heruntergefallen und daraufhin 2-3 Minuten am Boden gelegen. Er habe sich schwer getan beim Laufen und habe schließlich seinen Geldbeutel an seinem Platz vergessen. Zuvor seien er und sein Arbeitskollege, der Zeuge …, mit der Gruppe um den Geschädigten ins Gespräch gekommen. Diese hätten ein Wodka-Boot auf dem Tisch stehen gehabt. Der … habe die Gruppe etwa 20 Minuten später verlassen, sodass nur die … und … bei … verblieben wären. Auf Vorhalt seiner Angaben im Rahmen seiner Zeugenvernehmung vom 29.09.2020 („Hiermusste nun … auf die Toilette gehen. Auf dem Gang zur Toilette konnte dieser … kaum noch eigenständig gehen. Ich habe dann noch mitbekommen, dass er durch den Kellner der Shisha-Bar auf seinen Platz zurückgebracht wurde. Dieser musste ihn stützen. Ich habe mitbekommen, dass sich … offensichtlich auf der Toilette übergeben musste“) bestätigte dies der Zeuge als zutreffend und ergänzte, dass er fünf Minuten später ebenfalls auf die Toilette gegangen sei und dabei Erbrochenes in den Toilettenräumen aufgefunden habe, woraus er geschlossen habe, dass dies der Geschädigte gewesen sein müsse. Beim Verlassen der Shisha-Bar sei dem Geschädigten durch … und … beim Hochgehen der Treppe geholfen worden. Der … der erst kurze Zeit davor zurückgekehrt sei, habe einen nüchternen Eindruck erweckt, … und … hätten angetrunken aber nicht betrunken auf den Zeugen gewirkt. Insbesondere seien dem Zeugen hinsichtlich … und … keine Ausfallerscheinungen aufgefallen. Auf weiteren Vorhalt seiner Angaben im Rahmen seiner Zeugenvernehmung vom 29.09.2020 („… war vollkommen nüchtern. … und ich sagten zu … er solle bitte auf … aufpassen. Hierauf haben wir uns auch verlassen, dass das klappt. Als wir das zu … sagten, waren … und … gerade beim Zahlen in der Shisha-Bar, weshalb wir dies nicht mehr explizit zu den beiden sagten. Ich hatte auch absolut den Eindruck, dass … und … ebenfalls noch körperlich und geistig in der Lage waren, sich um … zu kümmern. Ich hatte hierbei nicht die geringsten Bedenken. Sie haben dann gemeinsam das Lokal verlassen.“) bestätigte dies der Zeuge und konkretisierte, dass er nicht mehr wisse, zu wem er bzw. sein Freund … diesen Satz gesagt habe. Ob dies tatsächlich der Angeklagte … gewesen sei, wisse er heute nicht mehr sicher.
220
Aus dem in die Hauptverhandlung eingeführten Kassenbon der Shisha-Bar „…“ ergibt sich der Erwerb von 3 Shisha-Pfeifen („Safari“, „Traube-Minze“, „Mango-Tango-Ice“), einem Absolut-Wodka sowie einer Coca-Cola Zero zum Gesamtpreis von 77,00 €. Der Kassenbon wurde um 21:53 Uhr erstellt.
221
Aus den Videoaufzeichnungen der Überwachungskamera des Parkhauses in der …-Straße ergibt sich weiterhin, dass die Gruppe um den Geschädigten in das Parkhaus um 19:59 Uhr mit dem PKW des Angeklagten … einfuhr sowie der Angeklagte … das Parkdeck um 21:27 Uhr alleine wieder betrat und zu seinem PKW ging und das Parkdeck sodann um 21:46 Uhr wieder alleine verlies.
222
Aus den Videoaufzeichnungen der Überwachungskamera des Sanitätshauses ergibt sich zudem, dass sich die Gruppe um den Geschädigten um 20:03 Uhr in Richtung der Shisha-Bar … am … in … begab und sich der Angeklagte … um 21:47 Uhr alleine erneut in Richtung der Shisha-Bar begab. Die Kameras des Sanitätshauses filmen dabei auch Bereiche der öffentlichen Verkehrsfläche, insbesondere der … Straße und der beiden parallel verlaufenden Bürgersteige.
223
Die Feststellungen der Kammer im Hinblick auf das Geschehen des Verlassens der Shisha-Bar durch die Gruppe um den Geschädigten bis zur Ankunft an dem Parkhaus in der …-Straße beruhen im Wesentlichen auf den Aussagen der Zeugen … und … im Rahmen der Hauptverhandlung, sowie den in die Hauptverhandlung eingeführten Videoaufzeichnungen der Überwachungskameras des Parkhauses in der … Straße sowie des Sanitätshauses … als auch den insoweit übereinstimmenden Aussagen der Angeklagten.
224
So berichtete die Zeugin … dass ihr am … (wenige Meter von der Shisha-Bar entfernt) zwischen 22:00 Uhr und 22:15 eine Personengruppe aufgefallen sei. Ein Mann aus der Gruppe, welcher stark getorkelt sei, habe sein Handy verloren und habe dieses vom Boden aufheben wollen, hätte dabei jedoch danebengegriffen. Eine andere Person hätte der torkelnden Person das Handy sodann aufgehoben und übergeben. Auf der Höhe der Zufahrt zum Finanzamt sei es sodann zu einer Auseinandersetzung innerhalb der Gruppe zwischen dem torkelnden Mann und einem anderen Mann gekommen. Nach einer kurzen Diskussion habe der andere Mann den torkelnden Mann zu Boden gebracht, woraufhin sich die Sache wieder beruhigt habe. Die Gruppe bestehend aus 3 oder 4 Personen sei später auch vor der Zufahrt des Parkhauses (abseits der … Straße) gestanden, als die Zeugin dieses im PKW zusammen mit ihrem Mann verlassen habe.
225
Dahingehend berichtete auch der Zeuge … ebenfalls von einem heruntergefallenen Handy, welches einer Person aus der in Richtung des Finanzamt gehenden Gruppe hinterhergetragen und übergeben worden sei. Weiterhin berichtete der Zeuge übereinstimmend von einem Streit innerhalb der Gruppe, welche aus einer weiblichen und zwei männlichen Personen bestanden habe. Nach einer kurzen verbalen Auseinandersetzung habe die eine männliche Person die andere, welcher zuvor das Handy übergeben worden sei, in den Schwitzkasten genommen, woraufhin letztere Person schließlich zu Boden gegangen sei. Das Gerangel habe aber sodann aufgehört und die Person, welche zu Boden gegangen sei, sei der Gruppe sodann etwas „hinterhergedroppelt“. Der Zeuge berichtete weiter, dass er später, als er zusammen mit seiner Frau das Parkhaus mit dem PKW verlassen habe, diese Gruppe erneut wahrgenommen habe, welche sich vor der Zufahrt des Parkhauses aufgehalten habe. Die Gruppe habe dabei aus zwei männlichen und einer weiblichen Person bestanden.
226
Aus den in die Hauptverhandlung eingeführten Videoaufzeichnungen der Überwachungskamera des Sanitätshauses … ist die Auseinandersetzung zwischen dem Angeklagten … und dem Geschädigten um 22:03 Uhr auf der Höhe des Finanzamtes, welches gegenüber dem Sanitätshaus liegt, erkennbar. Der Geschädigte geht hierbei auf den Angeklagten … zu und greift mehrfach nach diesem. Der Angeklagte … weist den Geschädigten mehrfach durch eine Handbewegung von sich. Der Geschädigte geht jedoch weiter auf den Angeklagten … zu und wird daraufhin von diesem nach einer kurzen körperlichen Auseinandersetzung zu Boden gebracht. Der Angeklagte … lässt sodann von dem Geschädigten ab und versucht sich von dem Geschädigten zu entfernen. Dieser folgt dem Angeklagten … jedoch nach und versucht nochmals, diesen anzugehen. Die Angeklagte … steht hierbei einige Meter entfernt und greift nicht in die Situation ein. Der Angeklagte … begibt sich schließlich in Richtung der Angeklagten …. Der Geschädigte folgt dem Angeklagten … weiter nach, unter teilweiser Abstützung an der neben ihm verlaufenden Hauswand. Der Angeklagte …, der aus der Richtung des … nachkommt, folgt wiederum in einigen Metern Abstand dem Geschädigten nach. Auf der Höhe der Angeklagten … kommt die Gruppe der Angeklagten und des Geschädigten schließlich zusammen und unterhält sich dort noch eine kurze Zeit. Schließlich entfernt sich der Angeklagte … von der weiteren Gruppe alleine in Richtung des Parkhauses in der …-Straße. Die Angeklagte … begibt sich in kurzem zeitlichen Abstand auch in diese Richtung, gefolgt von dem Angeklagten … der auf gleicher Höhe mit dem Geschädigten geht. Der Abstand zwischen dem vorausgehenden Angeklagten … und dem Rest der Gruppe betrug dabei etwa 5-10 Meter.
227
Aus den Videoaufzeichnungen ist weiterhin um 22:05 Uhr erkennbar, wie der Geschädigte an der Hand des Angeklagten … geführt wird und der Angeklagte … äußert „… wir gehen jetzt zum Auto“ sowie „Ich bin hacke wie Jacke, du auch?“. Der Geschädigte wankt dabei stark umher. Die Gruppe der Angeklagten und des Geschädigten entfernt sich daraufhin weiter in die Richtung des Parkhauses. Der Angeklagte … geht der Gruppe weiter voraus, der Angekiagte …, der den Geschädigten weiter an der Hand führt, bleibt kurz stehen und redet mit der Angeklagten …. Der Geschädigte taumelt dabei an der Hand des Angeklagten … stark umher. Nach weiterer kurzer Unterhaltung gehen die Angeklagten … und … weiter, der Geschädigte wird hierbei an der Hand des Angeklagten … nachgezogen und folgt diesem in unsicherer Schrittfolge und zeigt erhebliche Probleme sich selbständig auf den Beinen zu halten.
228
Aus den in die Hauptverhandlung eingeführten Videoaufzeichnungen des Parkhauses in der …-Straße ergibt sich darüber hinaus, dass der Geschädigte um 22:08 Uhr kurz in den Bereich der Einfahrt des Parkdecks tritt und sodann in Richtung … Straße das Bild der Kameraaufzeichnung wieder verlässt. Um 22:09 Uhr begibt sich anschließend die Angeklagte … zum geparkten PKW des Angeklagten … und verlässt das Parkdeck um 22:11 Uhr wiederum. Um 22:13 Uhr betritt der Angeklagte … kurz von rechts kommend den Zufahrtsbereich des Parkdecks und verlässt diesen Bereich daraufhin wieder.
229
Die Feststellungen der Kammer hinsichtlich des Tatgeschehens in der Zeit ab 22:13 Uhr im Umfeld des Parkhauses an der …-Straße beruhen im Wesentlichen auf den Angaben der Zeugen … und … sowie KHK …, darüber hinaus auf den Angaben des sachverständigen Zeugen TOS … sowie den Sachverständigen Prof. Dr. … und Dr. …. Die Videos, welche durch das Smartphone des Angeklagten … am Ufer des Flutkanals aufgenommen wurden, wurden in die Hauptverhandlung eingeführt. Ebenso der Chatverkehr zwischen dem Angeklagten … und dem Zeugen …. Zudem beruhen die Feststellungen zum Tatgeschehen auf den Angaben der Angeklagten … und …, soweit diese mit den übrigen Feststellungen übereinstimmen.
230
Die Zeugin … gab hierzu in der Hauptverhandlung an, dass sie mit ihrem PKW das Parkhaus um 22:13 Uhr verlassen habe und ihr dabei die aus 3 bis 4 Personen bestehende Gruppe, die sie zuvor beim Betreten des Parkdecks bemerkt habe und welche sich zu dieser Zeit vor der Zufahrt des Parkhauses aufgehalten hätte, nicht mehr aufgefallen sei.
231
Die Zeugen … und … welche sich in dem Zeitraum von etwa 22:15 Uhr bis 22:45 Uhr direkt auf der Brücke der …-Straße, welche über den Futkanal verläuft, aufgehalten haben, berichteten übereinstimmend, in dieser Zeit keine auffälligen Gespräche, Rufe oder Wassergeräusche im Umfeld des Flutkanals wahrgenommen zu haben.
232
So gab der Zeuge … in der Hauptverhandlung an, dass er bis zur Abholung durch seine Mutter gegen 22:45 Uhr dahingehend keine Auffälligkeiten wahrnehmen habe können. Insbesondere sei ihm kein Wassergeplätscher oder ein Ausruf mit einem Inhalt wie „Kör auf mit dem Schwachsinn, komm endlich raus“ aufgefallen. Er sei gegen 22:20 Uhr bei der Brücke eingetroffen. Die Zeugen … und …, welche zu der Gruppe gehört hätten, mit der er an diesem Abend unterwegs gewesen sei, hätten sich zu dieser Zeit bereits bei der Brücke befunden. Nach den Feststellungen der Kammer im Rahmen des Augenscheins befindet sich die beschriebene Position des Zeugen … zur späteren Einsturzstelle etwa 60 Meter entfernt.
233
Auch die Zeugin … berichtete hierzu in der Hauptverhandlung, dass ihr nach ihrem Eintreffen an der Brücke gegen 22:30 Uhr keine merkwürdigen Dinge im Bereich um die Brücke des Flutkanals aufgefallen seien. So habe sie insbesondere keine Schreie oder Geräusche im Wasser des Flutkanals wahrgenommen. Gegen 22:45 Uhr habe sie den Bereich um die Brücke verlassen und sei schließlich gegen 23:00 Uhr in … angekommen. Der Zeuge … habe sich weiterhin zum Zeitpunkt ihres Eintreffens bereits zusammen mit dem Zeugen … bei der Brücke aufgehalten.
234
Der Zeuge … führte in der Hauptverhandlung aus, dass er sich mit einer Gruppe von Freunden am Nachmittag des 11.09.2020 im Stadtbad in … aufgehalten habe. Ab 22:15 Uhr sei er dann zusammen dem Zeugen … an der Brücke der …-Straße gestanden, da dieser dort abgeholt werden sollte. Die Uhrzeit wisse er deshalb so genau, da er kurze Zeit nach dem Eintreffen an der Brücke einem Freund geschrieben habe, dass er nun an der Brücke warte. Gegen 22:30 Uhr sei sodann die restliche Gruppe hinzugestoßen. Es sei ein warmer Spätsommerabend gewesen und es hätten sich einige Personen im Bereich der … bewegt. Gegen 22:45 Uhr hätten sie sodann den Bereich gemeinsam verlassen und gegen 23:00 Uhr sei er schließlich in … angekommen. Während der Zeit seines Aufenthalts an bzw. auf der Brücke der …-Straße sei ihm im Bereich zwischen dem Flutkanal und dem Parkhaus nichts Ungewöhnliches aufgefallen. Insbesondere habe er keine Stimmen wahrgenommen, die auf einen Streit oder Hilferufe hätten schließen lassen können. Auch auffällige Geräusche aus dem Gewässer des Flutkanals habe er nicht wahrgenommen. Der Zeuge führte weiter aus, dass er - hätte er eine Notsituation im Flutkanal mitbekommen - umgehend entsprechend gehandelt und Hilfe geleistet hätte, da er ausgebildeter Rettungsschwimmer sei. Er sei an dem Abend zwar etwas angetrunken gewesen, hätte sich jedoch zur Ergreifung von Hilfeleistungen in der Lage gefühlt. Von einer Notlage oder einer Suchaktion im Bereich des Flutkanais habe er jedoch nichts mitbekommen.
235
Dazu übereinstimmend berichtete auch der Zeuge … in der Hauptverhandlung davon, dass er zusammen mit dem Zeugen … gegen 22:15 Uhr die Brücke am Flutkanal erreicht habe und dort dann gewartet habe, bis ihn seine Mutter abgeholt habe. Der Zeuge gab weiter an, dass er um 22:26 Uhr mit seinem Smartphcne ein Video von der …-Straße bzw. von der Brücke des Flutkanals gefertigt habe. Geräusche, Stimmen oder andere Auffälligkeiten aus dem Bereich des Parkhauses oder des Flutkanals habe er während seines ganzen Aufenthalts bei bzw. auf der Brücke nicht wahrgenommen.
236
Auch der Zeuge … konnte hierzu übereinstimmende Angaben in der Hauptverhandlung machen. So sei er am Finanzamt vorbeigegangen, habe sich über die Brücke des Flutkanals begeben und sei anschließend nach links in eine Straße abgebogen, in welcher sein Auto geparkt gestanden habe. Dort sei er um 22:43 Uhr eingetroffen. Die Uhrzeit könne er deshalb genau benennen, da er zu dieser Zeit noch eine Sprachnachricht abgesetzt habe. Auf dem Weg vom Finanzamt bis über die Brücke des Flutkanals habe er nichts Auffälliges bemerkt. Insbesondere Hilferufe oder merkwürdige Wassergeräusche habe er nicht wahrgenommen. Es hätten sich jedoch im Umfeld der Brücke einige Leute aufgehalten bzw. seien dort vorbeigekommen. Es sei dort „einiges los gewesen“. Der Zeuge gab weiter an, dass er ehrenamtlicher Rettungssanitäter sei und insbesondere einen Rettungskoffer im Auto mitgeführt habe. Hätte er vom Bestehen einer Notsituation Kenntnis erlangt, so wäre er unverzüglich eingeschritten und hätte Erste Hilfe leisten können.
237
Weiterhin konnten die Zeuginnen … und … ebenfalls entsprechende Eindrücke von der Situation im Umfeld der Brücke der …-Straße im Zeitraum von etwa 22:15 Uhr bis 22:30 Uhr schildern.
238
So führte die Zeugin … in der Hauptverhandlung aus, dass die Gruppe gegen 22:00 Uhr in einem Lokal in der Innenstadt von … gezahlt habe und sich sodann gemeinsam auf den Weg zu ihrem Auto gemacht hätten. Das Auto habe sie wenige Meter nach der Brücke der … geparkt, sodass sie auf dem Weg dorthin an dem Finanzamt und dem Parkhaus vorbeigegangen seien und die Brücke überquert hätten. Im Zeitraum von etwa 22:15 Uhr bis 22:30 Uhr hätten sie die Brücke linksseitig überquert und seien gegen 22:45 Uhr schließlich mit dem Auto zuhause angekommen. Die Zeugin gab hierzu weiter an, dass sie beim Überqueren der Brücke nichts Auffälliges bemerkt habe. Insoweit seien ihr lediglich Stimmen zwischen den Parkdeck und den Flutkanal aufgefallen, welche jedoch nicht weiter auffällig gewirkt hätten. Die Stimmen hätten hierbei nicht hektisch gewirkt, sondern eher den Anschein einer Party erweckt. Auf der Brücke habe sie zudem ein kurzes Wassergeräusch wahrgenommen. Auf Vorhalt ihrer Angaben im Rahmen ihrer Zeugenvernehmung vom 07.10.2020 („Ich hörte jedoch das Wasser plätschern. Ich würde das nicht so deuten, wie wenn das Wasser normal fließen würde. Ich würde es eher so beschreiben, als wie wenn ein Fisch in die Höhe springt oder eine Ente im Wasser landet“.) bestätigte und ergänzte die Zeugin, dass sie dies so wahrgenommen habe, es jedoch in dieser Situation nicht weiter habe zuordnen können. Schreie oder Ausrufe, insbesondere mit einem Inhalt wie „Hör auf mit dem Schwachsinn, komm endlich raus“ habe sie weiterhin nicht wahrgenommen.
239
Ähnlich schilderte auch die Zeugin … ihre Eindrücke beim Überqueren der Brücke am Futkanal auf dem Weg zurück zum Auto, als sie das Lokal in der Fußgänger Zone von … gegen 22:15 Uhr verlassen hätten. So habe sie zwar keine Schreie oder Rufe im Bereich der Brücke oder des Gewässers wahrnehmen können, habe jedoch Stimmen linksseitig der Brücke bemerkt, die sie mit einer Feier in Verbindung gebracht habe. Darüber hinaus habe sie beim Überschreiten der Brücke ein Geräusch im Wasser wahrgenommen. Auf Vorhalt ihrer Angaben im Rahmen ihrer Zeugenvernehmung vom 08.10.2020 („Hier nahm ich dann ein Geräusch aus dem Wasser wahr. Ich kann dieses Geräusch nicht deuten. Es war sicherlich kein Schwimmen im Wasser. Ich meine hiermit das Geräusch, wie wenn jemand im Wasser schwimmen würde. Ich kann es wirklich nicht beschreiben. Ich möchte hier sagen, dass man Stimmen gehört hat und dass jemand oder irgendetwas im Wasser sein muss. Es hat jedoch niemand um Hilfe gerufen. Ich habe keine Person oder dergleichen im Wasser wahrgenommen. Ich möchte nochmals betonen, dass es sich bei dem Geräusch, welches ich wahrgenommen habe, nicht um ein Geräusch, wie es beim Schwimmen verursacht wird gehandelt hat“) bestätigte die Zeugin dies und gab weiter an, dass sie dies damals so wahrgenommen habe.
240
Dahingehend gab auch die Zeugin … ihre Erinnerungen hinsichtlich des Rückweges zu dem, hinter der Brücke des Flutkanals geparkten Autos wieder. So hätte sie zusammen mit den Zeuginnen … und … gegen 22:00 Uhr in dem griechischen Lokal … die Rechung bezahlt und sich daraufhin zurück zum Auto begeben, welches in der Nähe des Stadtbades hinter der Brücke am Flutkanal geparkt gewesen sei, Auf dem Weg dorthin hätten sie die …-Straße auf der Höhe des Parkhauses überquert und seien sodann auf dem linksseitig verlaufenden F.weg über die Flutkanalbrücke weiter in Richtung Stadtbad gelaufen. Etwa auf der Mitte der Brücke habe sie dabei Wassergeräusche wahrgenommen, die sich für sie angehört hätten, „als ob man mit den Händen Wasser spritzt“. Diese habe kurzzeitig, etwa 5 bis 10 Sekunden gedauert. Darüber hinaus habe sie Stimmen in der Richtung des Parkdecks gehört, die sich angehört hätten, „als ob die sich gut verstehen; es hat nach Gaudi bzw. einer kleinen Party geklungen“. Hierbei habe sie hingegen keine Hilferufe oder Schreie gehört. Es seien ihr auch keine Personen aufgefallen, die jemanden gesucht hätten.
241
Letztlich konnte auch die Zeugin … ähnliche Eindrücke nach dem Verlassen des Lokais … gegen 22:15 Uhr schildern. So sei sie zusammen mit ihren Freundinnen in Richtung des … Gymnasiums zu dem Auto gegangen und habe auf dem Weg dorthin die Brücke über den Flutkanal überquert. In dem etwas unterhalb des Parkhauses gelegenen Bereich habe sie sodann Stimmen gehört, die sie nicht weiter habe zuordnen können. Als sie etwa am Ende der Brücke angelangt seien, habe sie ein Wasserplätschern gehört, welches sie nicht weiter habe zuordnen können. Laute Rufe, insbesondere Hilferufe oder Namensrufe seien ihr im Bereich um die Brücke hingegen nicht aufgefallen. Die Zeugin gab hierzu weiter an, dass sie - soweit sie entsprechende Hilferufe vernommen hätte - entweder ebenfalls um Hilfe gerufen hätte oder aber zu der Stelle mit ihren Freundinnen hingegangen wäre.
242
Nach den Feststellungen der Kammer im Rahmen des Augenscheins ergibt sich, dass sich die spätere Einsturzstelle und der Ort, an dem die zuvor genannten Zeuginnen ihr Fahrzeug parkten, schrägt gegenüber auf der anderen Seite des Flutkanals befand, in einer Entfernung von etwa 20 bis 30 Metern.
243
Schließlich konnte auch die Zeugin … entsprechende Wahrnehmungen im Umfeld der Brücke am Flutkanal in der Hauptverhandlung wiedergeben. So führte die Zeugin diesbezüglich aus, dass sie am 11.09.2020 um etwa 22:30 Uhr das Stadtbad verlassen habe und von dort über die Brücke des Flutkanals in Richtung stadteinwärts gegangen sei. Im Bereich um die Brücke habe sie dabei nichts Auffälliges bemerkt, insbesondere habe sie keine besonderen Geräusche in Form von Wasserplätschern oder Rufen bzw. Schreien wahrgenommen. Gegen 23:15 Uhr sei sie sodann am S.platz von ihrer Mutter abgeholt worden.
244
Weiterhin wurde im Rahmen der Hauptverhandlung der sachverständige Zeuge TOS …, insbesondere im Hinblick auf die mithilfe des Smartphones des Angeklagten … gefertigten Videos vernommen. Der sachverständige Zeuge TOS … ist nach seinen eigenen Angaben im Rahmen der Hauptverhandlung als langjähriger IT-Experte und technischer Beamter für die Kriminalpolizei … insbesondere in den Bereichen Datensicherung und Datenauswertung von Mobilfunkgeräten, tätig.
245
Der sachverständige Zeuge führte hierzu aus, dass ein „Screenrecording-Video“ aus dem Smartphone des Angeklagten … gesichert habe werden können, welches unmittelbar vor Erstellung des „ersten Videos“, das den Geschädigten am Ufer liegend zeigt, durch die sog. Bildschirm-Aufnahme-Funktion des Smartphones aufgezeichnet wurde. Das aufgenommene Video spiegle daher über die Dauer von 87 Sekunden die Displayaktivität des Smartphones wider und sei um 22:21 Uhr gestartet worden. Zwar sei auf dem Display gleich zu Beginn des Videos die Uhrzeit „22:17“ ersichtlich, jedoch habe des Smartphone des Angeklagten … im Rahmen eines später durchgeführten Zeitabgleichs eine Realzeitabweichung von 4 Minuten aufgewiesen.
246
Mit dem sachverständigen Zeugen wurde das „Screenrecording-Video“ daraufhin in der Hauptverhandlung in Augenschein genommen.
247
Der sachverständige Zeuge erklärte hierzu, dass zu Beginn des Videos durch die heruntergezogene Symbolleiste erkennbar sei, welche Handyfunktionen momentan aktiviert sind. Insbesondere die Aktivierung der Handy-Taschenlampe sei hierbei aus dem entsprechend ausgefüllten Kamera-Symbol auf dem Kontrollbildschirm für eine Zeitdauer von 27 Sekunden ersichtlich.
248
Der graue Punkt auf dem Bildschirm stelle den Bedienungspunkt (Fingerberührung des Displays) dar.
249
Von Sekunde 27 bis 35 werde sodann zwischen den Seiten des Home-Bildschirms hin und hergewechselt.
250
Bei Sekunde 36 werde das Kamerasymbol betätigt, woraufhin sich die Kamerafunktion öffne. Der rote Aufnahme-Button werde sodann drei Mal betätigt und dadurch drei kurze Aufnahmen getätigt.
251
Ab Sekunde 71 werde die Kamerafunktion geschlossen, sodann nochmals aufgerufen und sogleich wieder geschlossen.
252
Ab Sekunde 74 werde erneut auf den Home-Bildschirm gewechselt.
253
Bei Sekunde 82 werde die App Instagram geöffnet, worüber kurz vor Ende des „Screenrecording-Videos“ sodann die interne Aufnahme-Funktion der Instagram-Kamera betätigt werde, wodurch letztlich das „Screenrecording-Video“ abgebrochen werde.
254
Der sachverständige Zeuge TOS … gab dahingehend weiter an, dass in dem Zeitpunkt, als die Kamera-App geöffnet gewesen sei, die Option der Hinzufügung der LED-Leuchte dort nicht bestanden habe. Dies sei eine Eigenheit, wenn man sich im Modus „Selfie-Videos“ (daher Aufnahme durch die auf der Vorderseite des Smartphones befindlichen Kamera) befinde. Wenn man hingegen auf die Rückseite-Kamera des Smartphones wechsle, so könne man die Leuchte manuell hinzuschalten.
255
Mit dem sachverständigen Zeugen TOS … wurden anschließend die drei kurzer „Videoschnipsel“, deren Aufnahme auf dem „Screenrecording-Video“ ab Sekunde 36 ersichtlich ist, in der Hauptverhandlung in Augenschein genommen.
256
Der sachverständige Zeuge führte hierzu aus, dass diese 3 „Videoschnipsel“ mit der nativen Kamera, daher der in dem Smartphone eingebetteten Kamera-Version aufgenommen worden seien. Auf den ersten beiden „Videoschnipsel“, welche eine Länge von einer knappen Sekunde bzw. einer Sekunde hätten, könne man kaum etwas erkennen oder hören. Auf dem dritten „Videoschnipsel“, welches eine Länge von etwa 2 Sekunden habe, könne man jedoch ein Schluchzen vernehmen sowie darauf erkennen, dass während der Aufnahme des Videos die „Selfie-Kamera“ des Smartphones aktiv sei. Daher werde nicht das Geschehen durch die Kamera auf der Rückseite des Smartphones des Angeklagten … gefilmt, sondern das auf der Vorderseite. Dies stelle damit auch eine Erklärung da, warum die entsprechenden „Videoschnipsel“ sehr dunkel seien, da die „Selfie-Kamera“ keine Ausleuchtung nach vorne vornehme. Auf der Aufnahme des dritten „Videoschnipsel“ sei dabei schwach das Konterfei einer Person erkennbar.
257
Der sachverständige Zeuge führte weiter aus, dass eben die Aufnahme dieser 3 kurzen „Videoschnipsel“ auf dem „Screenrecording-Video“ ersichtlich sei, da dort ab Sekunde 36 das Kamerasymbol aufgerufen worden sei und der rote Aufnahme-Button drei Mal betätigt worden sei. Da die entsprechenden Aufnahmen durch die auf der Vorderseite befindlichen „Selfie-Kamera“ gefertigt worden sei, habe auch nicht die Option bestanden, die LED-Leuchte des Smartphones hinzuzufügen. Dies sei eine Eigenheit, wenn man sich im Modus „Selfie-Video-Aufnahme“ befinde. Hingegen könne man, wenn man auf die „Rückseite-Kamera“ des Smartphones wechsle, die LED-Leuchte hinzuschalten.
258
Der sachverständige Zeuge führte weiter aus, dass aus dem dritten „Videoschnipsel“ Einzelbilder herausgeschnitten werden konnten. Diese wurden daraufhin zusammen mit dem sachverständigen Zeugen in Augenschein genommen. Auf den Einzelbildern ist dabei das Konterfei der Angeklagten … mit einem lächelnden bzw. belustigten Gesichtsausdruck ersichtlich.
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Mit dem sachverständigen Zeugen TOS … wurden weiterhin zwei Videos in der Hauptverhandlung in Augenschein genommen, die nach der Aufnahme des „Screenrecording-Videos“ um 22:23 Uhr (Realzeit bzw. 22:19 Uhr Systemzeit) sowie 22:25 Uhr (Realzeit bzw. 22:21 Uhr Systemzeit) mit dem Smartphone des Angeklagten … aufgenommen wurden.
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Das Video um 22:23 Uhr zeigt dabei über eine Dauer von 12 Sekunden den Geschädigten …, der sich zu dieser Zeit bäuchlings und mit dem Gesicht nach unten gerichtet, im Gras liegend auf dem Uferstreifen unmittelbar neben der Wasserkante des Flutkanals befindet. Ab Sekunde 2 bekundet der Geschädigte dabei mit weinerlicher Stimme zwei Mal „Fabienne, mir geht’s nicht gut.“ unter mehrmaligem hörbaren Schluchzen. Der Geschädigte konnte hierbei kaum den Kopf heben, hatte nasse Haare und sein rechter Arm sowie seine rechte Hand lagen, parallel zum Kopf abgewinkelt, regungslos im Gras.
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Auf dem Video um 22:25 Uhr, welches ebenfalls eine Dauer von 12 Sekunden aufweist, ist ersichtlich, wie der Geschädigte bis Sekunde 5 versucht, sich aus seiner liegenden Position am Boden mit einer krabbelnden Bewegung aufzurichten. Eine männliche Stimme bekundet dabei „Da ist nichts gebrochen, muss ich sagen.“ Ab Sekunde 6 rollt der Geschädigte unter einem stöhnenden Geräusch rücklings zur Seite weg. Der Geschädigte versucht in der fallenden bzw. rollenden Bewegung noch kurzzeitig mit seiner Hand nach dem Uferboden zu greifen, fällt jedoch sodann unmittelbar und unter einem hörbaren Wasserplatschen in das direkt neben ihm verlaufende Gewässer. Eine weibliche Stimme begleitet das Hineinfallen des Geschädigten bis zum Ende des Videos mit Gelächter. Ab Sekunde 7 treibt der Geschädigte, welcher sich bäuchlings im Wasser befindet, unter dem Einsatz einiger unkoordinierten Körperbewegungen ab. Die Videoaufnahme folgt ab Sekunde 10 dem abtreibenden Geschädigten und vergrößert dabei auch die Aufnahme mittels Zoomen. Eine männliche Stimme lacht ab Sekunde 10 ebenfalls auf und äußert sodann „Schieb ab!“.
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Bezüglich der Einzelheiten der beiden eingeführten Videos wird nach § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO auf die sich bei den Akten befindlichen Videos verwiesen.
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Der sachverständige Zeuge TOS … führte zu diesem Video aus, dass gegen Ende des Videos ein „Heranzoomen“ ersichtlich sei. Hierfür müsse man manuell „zoomen“. Dies sei entweder durch die Außentasten eines Smartphones nach vorheriger Programmierung oder aber durch eine „Heranziehbewegung“ mit den Fingern auf dem Display möglich.
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Der sachverständige Zeuge TOS … gab schließlich weiter an, dass bis zur Auswertung der Mobiltelefone der Angeklagten unsicher gewesen sei, mit welchem Smartphone die entsprechenden Videos am Ufer des Flutkanals aufgenommen worden seien. Aus einer Auswertung des Mobiltelefons der Angeklagten … habe sich allerdings ergeben, dass dieser von dem Mobiltelefon des Angeklagten … noch am 11.09.2020 um 23:30 Uhr eine entsprechende Datei via W. A. zugesandt worden sei.
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In die Hauptverhandlung wurde weiterhin der Chatverlauf eingeführt, den der Angeklagte … mit dem Zeugen … via W. A. ab 22:12 Uhr (Realzeit) am 11.09.2020 führte. Durch den sachverständigen Zeugen TOS … wurde hierzu im Rahmen der Hauptverhandlung ergänzt, dass bei der Systemzeit des Mobiltelefons des Angeklagten … im Rahmen eines später durchgeführten Zeitabgleiches eine Abweichung zur Realzeit von 2 Minuten bestanden habe.
Chat zwischen dem Angeklagten …
… am 11.09.2020 um 22:12 Uhr:
… von 22:25 Uhr bis 22:26 Uhr:
Und ist durch Wald gelaufen
… von 22:26 Uhr bis 22:27 Uhr:
… von 22:27 Uhr bis 22:28 Uhr:
Ich will Video schicken v.
Haha also wäre der auf mich los
Und auf den Boden geworfen
Laber nicht fetzerei bei euch haha
… von 22:36 Uhr bis 22:37 Uhr:
Was habt ihr euch gegeben Crack
Würde alle mit nehmen außer … und …
Sprachnachricht (Dauer 1:24):
Ich fahre jetzt ohne die heim. … hat, hat ne Kach dabei gehabt. Ich hab gesagt, ich fahr jetzt, ob … kommt oder nicht, ist mir latte. … meinte, der spielt nur rum und so ne Scheiße. Dicker, der ist in diesen Bach gefallen und schwimmt einfach da drin. Tut so, als würd er ertrinken, macht Kraulschwimmen, Alter, und dann haben wir ihn nicht mehr gesehen. Keine Ahnung, Alter, ist mir jetzt auch scheißegal und … hat diese Kach dabei. Ich gesagt, ich verpisse mich jetzt, mit … oder ohne …. Sie hat gesagt, und sie so, ja komm wir fahren jetzt, ich muss morgen arbeiten, ich will heim. Dann hab ich gesagt, gut, passt. Dann sind wir ins Auto gegangen, sind losgefahren und dann habe ich zu … gesagt, ich nehme ihn nicht mit. Jetzt habe ich bei der Kach gelassen, hier in …. Soll er selbst schauen, wie er heim kommt. Das hat er sich selbst eingebrockt, weil er hat nichts für dieses Drecksboot gezahlt. Alter, keine Ahnung, geht mit auf dem Diss. Ich fahr jetzt alleine heim, sollen die selbst schauen wie die heim kommen, haben sie sich selbst eingebrockt.
Sprachnachricht (Dauer 0:24):
Bitte halt dein Maul. Also willst du sagen, dass dieser … in den scheiß Bach gefallen ist und der schwimmt da drin jetzt und ihr seid einfach gefahren? Wie kommt der Junge heim? Es kommt mir vor, als der geilste Abend 2020.
Sprachnachricht (Dauer 6:08):
Ich sag dir mal eins. Das war so, der Hurensohn stresst mich an, einfach so, und schreit mich an, von wegen, hey, ich hab dich immer mitgenommen. So wo ich mir dachte, Dicker, was will der jetzt von mir so. Ich hab nie erwähnt, so dass ich ihn nicht mit heim nehme. Schreit mich an, ich hab dich immer mitgenommen und er geht auf mich zu und packt, und packt mich so und ich so, Dicker, verpiss dich Alter, fass mich nicht an, Alter. Ich bin richtig ausgerastet, ich schwör es dir. Er ist immer näher gekommen, dann, dann ist er auf mich zu gerannt, schon zugesprungen, wollte mich schon schlagen. Alter, ich schwör, ich schwör, der hat mich auch leicht gestriffen. Ich schwör, ich hab ihn gepackt, Alter, gewürgt auf den Boden, dann lag er da. Ähm, dann ist … gekommen. Ja, die Kach war die ganze Zeit mit … und dann, … war natürlich wieder bei der Kach. Wir haben … dann alle aus dem Sichtfeld gelassen. Da war so ne Brücke. Er ist Richtung Brücke gegangen. Ja, und dann halt so nach links, quasi so, du kannst ja so, so, meistens so Brücken runtergehen. Und dann geht er so die Treppen runter und dann ist er da runter, an, an, anscheinend so runtergefallen, irgendwie, keine Ahnung, frag mich nicht, Alter. Ähm auf jeden Fall, ähm, wir dann so nach 10/15 Minuten oder so, denken uns so, hey, wo ist der hin. Gehen wir den suchen? Dann sehen wir so, ähm, der, da schreit irgendwer. Am Bach so AhhhhHaaaa, die ganze Zeit und heult rum und so und er liegt so mitten am Ufer und heult rum so. Ok. Wir sehen den so. Die Kach erst mal so, Alter, da fickt, da fickt wer so am Ufer. Wir so Hääää, da gehen wir hin. Da liegt der … und schreit da so rum und weint. Naja, der … und die Kach sind nach unten gegangen, zum Ufer, haben … gesehen wie der da rumliegt und rumheult und dass es ihm so scheiße geht und so. Ja und dann, keine Ahnung. Die haben ihm dann so zugeschaut und gesagt, ja komm steh auf und, dies das Ananas, und dann wollten sie ihm hochhelfen. Auf einmal fällt er einfach zurück ins Wasser und, ähm, schwimmt mittendrin im Wasser und, ähm, dann tut er so als würde er ertrinken und macht so uuaa uuaa (Ertrinkungsgeräusche), so Würgegeräusche, als würde er gleich ertrinken so. Auf einmal fängt er einfach das Kraulschwimmen an, mittendrin, Alter, fängt er einfach an Kraul zu schwimmen. Schwimmt einfach umher so und … dann so zu … hey Dicker, hör auf jetzt mit der Scheiße, komm jetzt ans Ufer. Und der hat nicht aufgehört, ist einfach weitergeschwommen. Ihn hat nichts gejuckt. Irgendwann hat es die beiden angekotzt und sind hochgegangen und dann haben wir ihn aus den Augen verloren. Keine Ahnung, ob er jetzt ertrunken ist oder so oder ob er immer noch da drin schwimmt oder ob er an irgendeinem Ufer gelandet ist. Dicker, mir ist das scheißegal, der hat mich angestresst, Alter, das hat mir so gar nicht gepasst, Alter. Und … war mehr mit der Kach beschäftigt anstatt … zu helfen oder so und labert sowas von wegen, ja, das ist mein bester Freund und sowas, der macht immer so ne Scheiße, so und dies und das, und labert die ganze Zeit mir der Kach weiter und so. … hat ihn gar nicht gejuckt. Er macht einfach mit der Kach weiter. Dann ich so, Dicker, ich fahr jetzt, ist mir scheißegal, mit … oder ohne. Ja und dann … so, gehen wir halt nochmal vorbei. Wir so, ne, lass einfach gehen. So und dann habe ich … und die Kach bei der Kach rausgelassen und beide, so haben mir so gesagt, ja ne, ah, … bleibt nicht bei ihr so, weil sie muss pennen und arbeiten. … hat gesagt, er bleibt bei ihr und ich hab zu … gesagt, … ist mir scheißegal, du bleibst bei ihr. Alter, du kannst selbst schauen, wie du heim kommst, du steckst genauso in der Scheiße wie …. Alter, das ist jetzt euer Problem, weil ihr Wichser, Alter, ihr habt mir den Abend versaut und das ist eure Schuld, Alter. Und, ahm, und ganz einfach so, die sollen machen was sie wollen, Dicker, mich juckt das nicht, so. Ist ihre Sache, die haben sich das selbst eingebrockt und die können jetzt schauen. … heult mich jetzt voll, kannst du mich bitte abholen, das wäre voll gut so, dies, das, ruft mich die ganze Zeit an. Ich geh ran und sag HalloO. Er so, wo ist …, und legt auf. Beim zweiten Mal, ja kannst du mich bitte abholen, das wäre echt cool so. Und ich so, nö, Dicker, dusteckst da genauso mit drin, der Abend war scheiße, ah, ne, sehe ich nicht ein. Und er so, ja kann ich verstehen und legt auf. Dicker, nö, er hat sichs selbst versaut und ich mach da nichts. Ist mir scheißegal. Dicker, ich war immer ein guter Mensch, Alter, immer, und das hat alles heut ausgereizt. Ich schwör, ich war, ich war so kurz davor, dem, dem … einfach eine zu, einfach eine mitzuballem. Ich schwör, ich war so kurz davor. Alter, ich hätte ihm so die Schläfe weg, wegpenetriert, der Typ wäre nie wieder aufgestanden. Alter, er hat so ein Glück, Alter. Soll er baden gehen, soll er ertrinken, das ist mir scheißegal. Ich hab sogar, ich stand am Ufer, ne, während … da unten rumgestöhnt hat, habe ich zu den beiden gesagt, ich ruf Krankenwagen, ich ruf Krankenwagen, ich ruf Krankenwagen. Und die haben mir nicht geantwortet. Dann liegt er da im Wasser und ich so, kann er atmen? Die so, ja gut. Dann auf einmal haben wir ihn nicht mehr gesehen. Ich so, ich ruf jetzt Krankenwagen. Die haben nicht geantwortet, so. Ich hab 60.000 Mal gesagt, ich ruf Krankenwagen. Dann … so, ja müssen wir jetzt Krankenwagen rufen. Und ganz am Ende, und ich so, nö, ruf ich nicht so. Dicker, ist mir scheißegal, die haben es sich selbst eingebrockt. Das ist ihre Schuld so, warum soll ich mich damit rumstressen. Ich fasse es nicht, Dicker, es ist mir so scheißegal. Ich schwörs dir, das ist mir so scheißegal. Tut mir Leid für die lange Sprachnachricht
Sprachnachricht (Dauer: 0:06):
A., sorry für die lange Sprachnachricht, aber hör dir an, ist gut, ist wichtig.
Sprachnachricht (Dauer 0:20):
Ich habe jede einzelne Sekunde genossen. Ich denke mal, das hat dir den Rest gegeben. Ich denke mal, das hat dir gezeigt, was das für Menschen sind, Dicker, echt Bitches, Fake, ej, Bitches einfach.
Sprachnachricht (Dauer 0:19):
Echt krass. Dicker, der geht ins Wasser. Ich kann mir das gar nicht vorstellen, was das für ein Bach ist, was für eine Stromstärke. Der Bach halt und so und wie das halt ausschaut, weißt. Ja aber, also, ich hoffe … geht’s gut, auch wenn ich ihn nicht mag.
Sprachnachricht (Dauer 1:11):
Also ich sag mal so viel, äh, selbst … hat gesagt, der spielt nur. Dicker, so wie der gekrault ist dann am Ende und also ganz ehrlich, ertrinken wird er nicht, spätestens irgendwo wird er angeschwemmt werden und wacht dann auf so. Und, ah, … hört einfach nicht auf mir zum Schreiben und so und von wegen, ja, kannst du mich bitte abholen und so, dies, das, ruft mich an und so, ja, kannst du mich bitte abholen und so. Ich so, ne. Er so, ej, ne, passt schon so, alles gut, ne, passt schon so. Tut dann so voll auf Mitleid so und auch so typisch …. Dicker, nö, ich schwörs dir, nö, nein Alter, nein, nein, nein, nein, das hat alles ausgereizt. Es ist mir scheißegal, Alter, ich schwörs dir.
Sprachnachricht (Dauer 0:13):
Also ist er irgendwie mit Klamotten rein oder, oder ist der nackt drin, oder hat er sein Handy im Wasser, oder? Sowas würde mich halt interessieren.
Sprachnachricht (Dauer 0:40):
Dicker, der ist ahm, wir sind, ahm, da Richtung Ufer gegangen und der lag dann am Ufer, komplett pitschnass. Das heißt, der ist da durch diesen, durch diesen Wald gerannt, ist dann anscheinend einfach durchs Gebüsch gefallen und einfach mitten in diesen Dings reingeballert, in diesen Bach, und hat sich wahrscheinlich sonst was weggeballert. Alter, dann er da am Ufer, komplett rumstöhnend, und Dicker, die haben einfach zugeschaut und haben nichts gemacht. Alter ganz ehrlich, warum reg ich mich über sowas auf. Alter, ist mir scheißegal.
Sprachnachricht (Dauer 0:15):
Scheiße. … der tut mir jetzt schon ein bisschen Leid so. Ist jetzt keiner in … oder? Ziemlich durchnässt, vielleicht geht sein Handy gar nicht mehr und ist halt jetzt dort wo, jou.
Sprachnachricht (Dauer 0:05):
Ich glaube er und … die werden keine Freunde mehr sein, auf jeden Fall.
… am 12.09.2020 von 00:22 Uhr bis 00:23 Uhr:
Ah würde ich nicht denken
… wird es so drehen bdas ich nicht helfen wollte safe
Das was die abgezogen haben… selbst schuld
Sollen selber drüber nachdenken
266
In der Hauptverhandlung wurde weiter der Sachverständige Prof. Dr. … Leiter des Rechtsmedizinischen Cnstitutes der Universität … vernommen.
267
Der Sachverständige führte hierbei zunächst auf Grundlage seines schriftlichen Gutachtens vom 04.11.2020 in der Hauptverhandlung aus, dass bei der chemischtoxikologischen Untersuchung des Oberschenkelvenenblutes der Leiche des Geschädigten das Cannabimimetikum FUB-AMB in einer Konzentration von 15 ng/ml aufgefunden worden sei. Für solche Cannabimimetika, die als synthetische Cannabinoide meist inhalativ aufgenommen werden würden, würden bereits bei Blutkonzentrationen in der Größenordnung 0,1 ng/ml relevante Wirkungen beschrieben, sodass die bei dem Geschädigten gemessene Konzentration als sehr hoch einzustufen sei. Dagegen seien im Urin des Geschädigten keine Rückstände dieses oder anderer Cannabimimetika festgestellt worden. Dieser Befund ließe sich damit, ebenso wie auch die hohe Konzentration im Blut, am ehesten mit einer Aufnahme des Cannabimimetikums zeitnah zum Todeszeitpunkt vereinbaren, bevor wesentliche Wirkstoffmengen metabolisiert und über die Nieren eliminiert werden konnten. So würden sich generell etwa 2 bis 3 Stunden nach der Einnahme eine solchen Cannabimimetikums Spuren im Urin auffinden lassen, wohingegen in einem Zeitfenster von 1 bis 2 Stunden allgemein keine Spuren festzustellen seien. Anhaltspunkte für die Aufnahme anderer Betäubungsmittel bzw. von anderen Medikamenten in engem zeitlichem Zusammenhang mit dem Todeseintritt hätten sich darüber hinaus nicht ergeben. Die Bestimmung der Alkoholkonzentration im Oberschenkelvenenblut des Geschädigten habe im Rahmen der gaschromatographischen Untersuchungsmethode Einzelwerte von 2,28 bzw. 2,31 Promille sowie bei der enzymatischen Untersuchungsmethode von 2,40 bzw. 2,45 Promille und damit einen Mittelwert von 2,36 Promille ergeben.
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Im Hinblick auf das schriftliche Gutachten vom 16.11.2020 führte der Sachverständige Prof. Dr. … in der Hauptverhandlung weiter aus, dass sich bei der Untersuchung der Haarprobe des Geschädigten keine Rückstände von Betäubungsmitteln oder Medikamenten hätten nachweisen lassen. So seien in der Haarprobe insbesondere keine Cannabimimetika, wie sie vielfach in so genannten „Kräutermischungen“ („Spice“) als psychoaktiver Zusatz enthalten seien, festgestellt worden. Unter der Annahme eines durchschnittlichen Haarwachstums von 1 cm pro Monat hätten sich daher keine Anhaltspunkte für die wiederholte Aufnahme entsprechender Wirkstoffe während des von der Untersuchung erfassten Zeitraums von etwa 3 bis 4 Monaten ergeben.
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Hinsichtlich seiner schriftlichen Gutachten vom 12.10.2020 und 04.11.2020 führte der Sachverständige in der Hauptverhandlung sodann weiter aus, dass man aus rechtsmedizinischer Sicht beim Ertrinkungsvorgang, also dem asphyktischen Ersticken infolge einer Verlegung der Atemwege durch Flüssigkeit, grundsätzlich zwischen dem typischen und atypischen Ertrinken unterscheide.
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So sei das typische Ertrinken dadurch gekennzeichnet, dass vor dem Untertauchen, soweit möglich, von dem Betreffenden reflektorisch noch einmal tief Luft geholt werde (inspiriert) und der Atem, so lange es gehe - dies sei letztlich vom „Trainingszustand“ abhängig - angehalten werde. Infolge des resultierenden Anstiegs der Kohlenstoffdioxid-Konzentration im Blut komme es aber nach einer gewissen Zeit (in der Regel nach 30 bis 60 Sekunden) infolge einer Reizung des Atemzentrums zwangsweise zu einer Einatmung (Inspiration), durch weiche nun Flüssigkeit in die Atemwege gelange. Diese Flüssigkeit durchmische sich infolge des Wechsels zwischen krampfhaftem Ein- und Ausatmen sowie hierbei auftretendem, reflektorischem Husten mit Luft und Bronchialsekret mit der Folge, dass die in den Atemwegen befindliche Ertrinkungsflüssigkeit schaumig durchsetzt werde und später als sogenannter Schaumpilz vor den Atemöffnungen sichtbar werden könne. In dieser Phase der sogenannten Dyspnoe, die ungefähr 1 bis 1,5 Minuten andauere, komme es letztlich zu einem prcgedienten Sauerstoffmangel des Organismus mit hieraus resultierendem Bewusstseinsverlust. Durch den Sauerstoffmangel des zentralen Nervensystems würden die Nervenzellen geschädigt, wobei die sogenannten inhibitorischen, also hemmenden Synapsen empfindlicher auf einen Sauerstoffmangel reagieren würden als die erregenden, exzitatorischen. Dies sei der Grund dafür, dass im nachfolgenden Krampfstadium, dessen Dauer ebenfalls mit einer Größenordnung von 1 bis 1,5 Minuten angegeben werden könne, Krämfe mit unkoordinierten Bewegungen der Extremitäten, vergleichbar einem epileptischer Anfall, auftreten könnten. Nach dem Krampfstadium komme es infolge der irreversiblen Schädigung des physiologischen Atemzentrums im Hirnstamm zunächst zu einem Atemstillstand (Apnoe), auf den kurzzeitig eine „Schnappatmung“ folgen könne. Bei dieser Schnappatmung handele es sich aber nicht mehr um eine suffiziente Atemtätigkeit, sondern lediglich um die Folge der Aktivierung eines phylogenetisch alten, in tiefer liegenden Arealen des zentralen Nervensystems lokalisierten Atemzentrums, nach dessen Schädigung schließlich der finale Atemstillstand eintrete, auf den der Herzstillstand (Asystolie) folge.
271
Die Dauer des typischer Ertrinkens werde anhand von realen Beobachten in einer Größenordnung vor ungefähr 5 Minuten angegeben, könne aber für den Fall, dass der Ertrinkende wieder bzw. noch einmal an die Wasseroberfläche gelangt und dieser Phase wieder Luft einatmen könne, entsprechend verlängert werden. Andererseits könne der Ertrinkungsvorgang aber durch reflektorische Vorgänge, insbesondere infolge einer Vagus-Reizung durch kaltes Wasser oder aber für den Fall, dass der Betreffende zu Beginn des Ertrinkungsvorgangs gar nicht mehr reflektorisch einatmen könne, abgekürzt werden. Dies bezeichne man als atypisches Ertrinken, bei dem die klassischen Obduktionsbefunde wie eine trockene Überblähung der Lungen und die Ausbildung sogenannter Paltaufscher Flecken entsprechend geringer ausgeprägt sein könnten.
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Vorliegend ließen sich anlässlich der am 14.09.2020 durchgeführten gerichtmedizinischen Untersuchung der Leiche die klassischen Sektionsbefunde des Ertrinkens mit ausgeprägter, trockener Überblähung des Lungengewebes, der Ausbildung Paltaufscher Flecken, dem Nachweis von Ertrinkungsflüssigkeit in der Keilbeinhöhle sowie eines Schaumpilzes vor den Atemöffnungen und auch die typische Dreischichtung des Mageninhaltes (Wydler-Zeichen, welches durch ein zusätzliches Verschlucken von Flüssigkeit in den Magen-Darm-Trakt verursacht wird) objektivieren. Nachdem somit ein Vagus induzierter Herzstillstand schon wegen der vollen Ausprägung der Ertrinkungsbefunde ausscheide und auch keine Zeichen einer Aspiration von Mageninhalt feststellt worden sei, die eine Rettbarkeit bereits zu Beginn des Ertrinkens in Frage steilen würde, bedeute dies, dass der Geschädigte für den Fall, dass er unmittelbar nach der Submersion ins ufernahe Wasser aus diesem geborgen bzw. wenigstens dessen Kopf bzw. die Atemöffnungen über die Wasseroberfläche angehoben worden wären, zumindest nicht zum gegenständlichen Zeitpunkt verstorben wäre.
273
Nachdem in Anwesenheit des Sachverständigen insbesondere die Zeugen … und … vernommen wurden, sowie die Videos vom 11.09.2020 um 22:23 Uhr und 22:25 Uhr, als auch die Videoaufzeichnungen der Überwachungskameras des Sanitätshauses … und des Parkhauses in der …-Straße in der Zeit von 22:03 Uhr bis 22:13 Uhr des 11.09.2020 in Augenschein genommen wurden, führte der Sachverständige weiter aus, dass unter Zugrundelegung des durch diese Zeugen beschriebene Zustandsbild des Geschädigten in der Shisha-Bar, sei ohne vernünftige Zweifel von einer höchstgradigen Intoxikation, unter anderem mit massiver Beeinträchtigung der Handlungsfähigkeit, insbesondere auch der muskulären Koordination sowie des Gleichgewichtssinnes, auszugehen. Die Beschreibend dieser Zeugen ließe sich dabei auch widerspruchsfrei dem Zustandsbild des Geschädigten, wie es auf den Videosequenzen dokumentiert sei, zuordnen.
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Auf Grundlage dieser Anknüpfungspunkte sei es aus seiner sachverständigen Sicht nicht ansatzweise nachvollziehbar, dass der Geschädigte, wie es teilweise durch die Angeklagten beschrieben worden sei, aktiv und koordiniert im Wasser geschwommen seih soll. Schon gar nicht verständlich sei, dass dies auch noch über mehrere bzw. 15 Minuten und sogar „in Bahnen“ erfolgt sein soll.
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Vielmehr sei im Hinblick auf die massiv gestörte Koordination, die sich insbesondere auch aus den in Augenschein genommenen Videoaufzeichnungen ableiten ließe und welche letztendlich zum Sturz des Geschädigten in das Gewässer geführt habe, es sicherlich auch nicht naheliegend, dass sich der Geschädigte schon vor diesem Sturz einmal im Flutkanal befunden haben soll und diesen aus eigener Kraft wieder verlassen habe können. Weiterhin ließen sich die Beschreibungen der Zeugen … und … in ihrer Vernehmung im Rahmen des Ermittlungsverfahrens, welche keine bzw. nur ein kurzes Geräusch im Gewässer mit einer Dauer von Sekunden zum Gegenstand gehabt hätten, sich zwanglos dem auf der Videosequenz um 22:25 Uhr dokumentierten Ablauf, bei dem der Geschädigte nach dem Eintauchen ins Wasser mehr oder weniger völlig reaktionslos abtreibt, zuordnen. Insgesamt könne man auf dieser zweiten Videosequenz erkennen, dass die Wirbelsäule des in dem Wasser treibenden Geschädigten bis zur Halswirbelsäule gestreckt sei und daher von diesen keine vernünftigen Versuche mehr unternommen werden konnten, den Kopf noch anzuheben und Luft zu holen. Gezielte Arm- oder Fußbewegungen, welche als kontrollierte Schwimmbewegungen gedeutet werden könnten, seien ebenfalls nicht mehr ersichtlich. Schließlich ließe sich auch das durch die Zeugen beschriebene und auf den Videos ersichtliche sehr auffällige, massiv intoxikierte Zustandsbild des Geschädigten widerspruchsfrei mit der Kombinationswirkung des Cannabimimetikums FUB-AMB und dem aufgenommenen Alkohol erklären. Aufgrund dieser hochgradigen Intoxikation sei es zu einer massiven Einschränkung der Reaktionsmöglichkeiten und der Handlungsfähigkeit des Geschädigten gekommen, wodurch die Abkürzung des Ertrinkungsvorganges begünstigt worden sei.
276
Unter Berücksichtigung der massiven Intoxikation sowie der auch für medizinische Laien ohne vernünftigen Zweifel erkennbaren, gravierenden Beeinträchtigungen könne seitens des Sachverständigen auch nicht im Entferntesten nachvollzogen werden, wie man in dieser Situation nicht davon ausgehen habe müssen, dass der Geschädigte in diesem Zustand in unmittelbarer Nähe zu einem Gewässer in höchstem Maße für einen Ertrinkungsvorgang gefährdet gewesen sei. Koordinierte Schwimmbewegungen seien in dem dokumentierten Zustandsbiid des Geschädigten mit ebenfalls ableitbarer, gravierender Beeinträchtigung des Gleichgewichtssinnes, welcher natürlich für das Aufrechterhalten des Kopfes über der Wasseroberfläche von ausschlaggebender Bedeutung sei, sicherlich nicht zu erwarten.
277
Wäre dem Geschädigten somit bereits zum Zeitpunkt der Aufzeichnung der Videosequenz um 22:23 Uhr, spätestens aber bei dem auf der zweiten Videoaufzeichnung um 22:25 Uhr zu erkennenden Versuch, aufzustehen, geholfen und dessen Sturz in das Gewässer verhindert worden, wäre dieser auch nicht zum gegenständlichen Zeitpunkt ertrunken, so der Sachverständige Prof. Dr. ….
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Auf Grundlage seines schriftlichen Gutachtens vom 04.11.2020 führte der Sachverständige daraufhin weiter aus, dass als Nebenbefund im Urin eine hohe - wenn auch nicht exakt quantitativ bestimmte - Konzentration des Süßstoffes Cyclamat festgestellt worden sei. Dies sei aber aufgrund der bei dem Geschädigten bestehenden insulinpflichtigten Diabetes mit entsprechender zuckerfreier Diät auch zu erwarten gewesen. Grundsätzlich könne dabei aus einer zuckerarmen Ernährung bei Insulin-Gabe auch ein unphysiologisch erniedrigter Blutzuckerspiegel (Unterzucker, Hypoglykämie) resultieren, der bei hochgradiger Alkoholisierung nicht metabolisch kompensiert werden könne. Insofern könne eine Alkoholaufnahme bei einem insulinpflichtigen Diabetiker grundsätzlich eine Hypoglykämie mit Symptomen wie unter anderem Koordinations- und Bewusstseinsstörungen bis hin zu Bewusstlosigkeit und lebensbedrohlichen Komplikationen begünstigen. Jedoch sei bei der Untersuchung der Glaskörperflüssigkeit des Geschädigten Glucose (Traubenzucker) in einer Konzentration von 12 mg/dl sowie das Glucose-Abbauprodukt Lactat in einer Konzentration von 243 mg/dl aufgefunden worden. In der Summe würden diese Werte für einen eher erhöhten Blutzuckerspiegel zeitnah zum Todeszeitpunkt sprechen. Im gegenständlichen Fall bestünden daher keine Hinweise darauf, dass die Diabetes-Erkrankung wesentlich zu den beschriebenen massiven Ausfallerscheinungen und Auffälligkeiten des Geschädigten beigetragen haben könnte.
279
Im Hinblick auf dieses Gutachten führte der Sachverständige schließlich aus, dass zur Abschätzung der Trinkmenge an Wodka durch den Geschädigten in der Shisha-Bar zunächst die aufgenommene Gesamtalkoholmenge zu berechnen sei. So könne bei einem Trinkbeginn mit Wein gegen 19:25 Uhr am 11.09.2020 und einer niedrigen stündlichen Abbaurate von 0,1 Promille bis zum Todeszeitpunkt gegen 22:30 Uhr eine Alkoholmenge entsprechend einer Blutalkoholkonzentration von 0,30 Promille abgebaut worden sei. Ausgehend von einer Blutalkoholkonzentration von 2,36 Promille zum Todeszeitpunkt müsse deshalb insgesamt eine Alkoholmenge resorbiert worden sein, die eine BAK von 2,66 Promille aufbauen könnte. Mit einem niedrigen Resorptionsdefizit von 10 %, einem Körpergewicht von 79 kg und einem Reduktionsfaktor von 0,7 für einen normalgewichtigen männlichen Erwachsenen ergäbe sich hierfür eine minimale Aufnahmemenge von 163 g reinen Alkohols. Analog errechne sich mit einem hohen stündlichen Abbauwert von 0,2 Promille, einem Sicherheitszuschlag von weiteren 0,2 Promille und einem hohen Resorptionsdefizit von 30 % eine maximale Aufnahmemenge von 252 g Alkohol. Die von dem Geschädigten im Zeitraum zwischen 19:25 Uhr und 20:00 Uhr getrunkene 0,75 l Flasche Wein würde bei einem angegebenen Alkoholgehalt vor 12 Vol. % einer Menge von 71 g Alkohol entsprechen. Damit würden minimal 92 g und maximal 181 g Alkohol verbleiben, die durch den in der Shisha-Bar bestellten Wodka zu begründen wären. Mit einem Gehalt von 40 Vol. % ergäbe sich damit eine Menge zwischen 230 ml und 453 ml Wodka, die der Geschädigte - unter der Voraussetzung, dass zum Trinkbeginn gegen 19:25 Uhr am 11.09.2020 tatsächlich keine Alkoholisierung bestand - nach der Flasche Wein Bree Chardonnay, 0,75 l, 12 Vol. % getrunken haben müsste, um die letztlich gemessene Blutalkoholkonzentration im Oberschenkelvenenblut zu erklären.
280
Dass die Alkoholkonzentration im Urin mit einem Wert von 2,73 Promille über dem Wert der Blulalkoholkonzentration von 2,36 Promille liege, könne zudem damit erklärt werden, dass ein Teil des Alkohols bereits resorbiert worden sei und möglicherweise auch noch kleinere Mengen weiter resorbiert worden seien. Es erscheine daher durchaus wahrscheinlich, dass bereits die Alkoholaufnahme in der Shisha-Bar die Intoxikation ausgelöst habe und dies nicht noch durch einen sich daran anschließenden Nachtrunk ausgelöst worden sei. Dafür spreche, dass der Geschädigte bereits in der Shisha-Bar und auf dem Weg in Richtung des Parkhauses „schwer angeschlagen“ gewesen sei, bereits große Bögen beim Laufen geschlagen habe, die Ausfallerscheinungen später am Ufer des Flutkanals noch deutlicher ausgeprägter gewesen seien und sich der Zustand weiter verschlimmert habe. Dies spreche in einer Gesamtschau dafür, dass die Alkoholisierung schon etwas länger zurückgelegen habe und es nach dem Konsum in der Shisha-Bar nicht noch zu einem Sturztrunk gekommen sei. Soweit teilweise unterschiedlich stark ausgeprägte Rauschzustände im zeitlichen Verlauf vorgelegen haben sollten, könne dies letztlich auch mit einer Anflutung oder einem wellenförmig verlaufenden Rauschzustand in Verbindung gebracht werden.
281
In der Hauptverhandlung wurde weiterhin der Sachverständige Dr. … insbesondere im Hinblick auf das bei dem Geschädigten im Oberschenkelvenenblut aufgefundene Cannabimimetikum FUB-AMB vernommen.
282
Der Sachverständige führte dabei aus, dass die nachgewiesene Konzentration von 15 ng/ml einen sehr hohen Wert darstellen würde. So seien ihm bislang eher Konzentrationen im Bereich von 1 ng/ml geläufig gewesen. Die Einnahme des Cannabimimetikums erfolge in der Regel inhalativ und sei auf den entsprechenden Märkten meist in Form einer „Kräutermischung“ verfügbar. Alternativ sei die Substanz aber auch teilweise als Pulver oder in einem liquiden Aggregatzustand erhältlich und könne dabei auch oral aufgenommen werden.
283
Da vorliegend ein hoher Wirkspiegel im Blut des Geschädigten festgestellt worden sei, jedoch keine Konzentration des Wirkstoffes im Urin des Geschädigten auffindbar gewesen sei, spreche dies für eine zeitnahe Einnahme vor dem Todeseintritt. So würden die Substanzen etwas Zeit brauchen, um über die Nieren metabolisiert zu werden, woraufhin sie anschließend über den Urin ausgeschieden werden könnten. Nachdem der Wirkstoff seit dem Jahr 2016 dem Betäubungsmittelgesetztes unterfällt, sei dieser ab dem Jahr 2017 in entsprechenden Untersuchungen kaum mehr auffindbar gewesen. Insoweit könne lediglich davon ausgegangen werden, dass die Substanz „mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit weniger als 3 Stunden und mit ziemlich hoher Wahrscheinlichkeit weniger als 1 Stunde vor dem Todeseintritt“ eingenommen worden sei.
284
Der Zeuge KHK … führte im Rahmen der Hauptverhandlung insbesondere ergänzend aus, dass sich aus der Auswertung des Mobiltelefons des Angeklagten … ein Anrufversuch der Nummer „199222“ am 11.09.2020 um 22:32 Uhr ergeben habe. Die zumindest früher häufig verwendete Notrufnummer mit der Ziffernfolge „19222“, sei damit fälschlicherweise mit einer 9 zu viel angewählt worden.
285
Die Feststellungen der Kammer hinsichtlich des Nachtatgeschehens beruhen im Wesentlichen auf den Angaben der Zeugen … PHK … PK … KHK …, KK … KHM … POK … und KHK … sowie den in die Hauptverhandlung eingeführten Videos der Überwachungskameras des Parkhauses in der … Straße und des Sanitätshauses … darüber hinaus auch auf den in die Hauptverhandlung eingeführten Chatauszügen zwischen den Angeklagten … und … der Angeklagten … und dem Geschädigten, dem Angeklagten … und dem Geschädigten, dem Zeugen … und dem Angeklagten … den Angeklagten … und … den Angeklagten … und … sowie dem Angeklagten … und der Zeugin … als auch auf den Angaben der Angeklagten … und … soweit diese mit den übrigen Feststellungen übereinstimmen.
286
Der Zeuge … führte in der Hauptverhandlung insbesondere aus, dass er von dem Angeklagten … am 11.09.2020 gegen Mitternacht angerufen worden sei. Der Angeklagte … habe ihn dabei gefragl, ob er ihn aus … abholen könne. Nachdem ihm der Angeklagte … im Anschluss an das Telefonat insbesondere einen Standort geschickt habe, sei er losgefahren und gegen 00:15 Uhr am 12.09.2020 in der Nähe eines Industriegebietes in … angekommen. Der Angeklagte … habe sodann nicht erwähnt, wie und warum er an diesen Ort gekommen sei, habe jedoch angegeben, dass der Angeklagte … bereits vorzeitig zurück nach … gefahren sei sowie dass … verschwunden sei und er sich deshalb Sorgen mache. Warum der Geschädigte verschwunden sei, habe der Angeklagte … dabei nicht ausgeführt. Auf Vorhalt seiner Angaben im Rahmen seiner Zeugenvernehmung vom 14.09.2020 („Ich kann mich jetzt nicht mehr genau erinnern, aber ich glaube, dass … zu mir gesagt hat, dass er noch bei … gewesen sei und deswegen alleine nach Hause gefahren ist. Wie sie zu … gekommen sind, das kann ich Ihnen nicht sagen. Ich habe hiernach nicht gefragt“.) gab der Zeuge an, dass dies erinnerlich so gewesen sei, es jedoch nicht weiter debattiert worden sei, warum der Angeklagte … bei der Angeklagten … verblieben sei.
287
Der Angeklagte … habe auf den Zeugen im Rahmen der gemeinsamen Heimfahrt nach … einen betrunkenen Eindruck gemacht. So habe sich der Angeklagte … aufgrund seiner Aussprache betrunken angehört, habe sich teilweise versprochen und Wörter nicht zutreffend gefunden, weiterhin habe er ständig andere Themen angesprochen. Er, der Zeuge …, habe daher keine große Lust gehabt, sich auf der Heimfahrt weitergehend mit dem Angeklagten … zu unterhalten. Körperliche Anzeichen einer Trunkenheit habe er jedoch hinsichtlich des Angeklagten … nicht verzeichnen können. Dies insbesondere deshalb, da sich der Angeklagte direkt in sein Auto begeben habe. Im Übrigen habe er auch keine sonstigen Auffälligkeiten hinsichtlich des Angeklagten … bemerkt, hingegen habe sich dieser ansonsten „so normal wie immer“ verhalten, habe insbesondere keine Lachanfälle gehabt und habe nicht über unlustige Sachen gelacht. Den Angeklagten … habe er sodann zuhause abgesetzt und sei anschließend selbst nach Hause gefahren. Der Angeklagte … habe dabei das Auto verlassen und sei direkt zu seiner Haustür gegangen. Auffälligkeiten in der Gangart seien ihm dabei nicht aufgefallen, da er den Angeklagten beim Aussteigen aus dem Auto nicht weiter beachtet habe. Hinsichtlich seines Verhältnisses zu dem Angeklagten … führte der Zeuge schließlich aus, dass er mit diesem sehr gut befreundet sei, sich mit ihm regelmäßig treffe und ihn gut kenne. Hinsichtlich des Angeklagten … könne er weiter angegeben, dass dieser „schon regelmäßig Alkohoi trinke und hierbei auch öfter mal betrunken sei“. Er habe den Angeklagten … auch bereits zu anderer Gelegenheit so betrunken erlebt, dass dieser sich im Anschluss an nichts mehr habe erinnern können.
288
Der Zeuge … führte in der Hauptverhandlung insbesondere aus, dass der Angeklagte … einer seiner besten Freunde sei. Im Hinblick auf den zwischen dem Angeklagten … und ihm verwendeten Sprachgebrauch sei zu beachten, dass insoweit ein eigener Tonfall bzw. eine eigene Sprache verwendet werde, die in dieser Art wohl für Außenstehende nur schwer nachvollziehbar sei. So werde etwa das Wort „Lul“ im Rahmen von Chatnachrichten häufig zur Ironisierung des Kontextes verwendet. So sei er, der Zeuge …, aufgrund der von dem Angeklagten … erhaltenen Chatnachrichten gerade nicht davon ausgegangen, dass der Geschädigte tatsächlich am Ertrinken sei. Weiterhin habe es auf ihn den Eindruck erweckt, dass auch der Angeklagte … tatsächlich nicht von einem solchen Verlauf ausgegangen sei. Eben deshalb habe er dem Angeklagten … auch später geschrieben, dass er sich frage, ob der Geschädigte mit dem Angeklagten … nach dieser Sache noch befreundet sein werde sowie dass er hoffe, dass der Geschädigte in dieser Nacht noch aus … abgeholt werde.
289
Die Zeugin … die Freundin von … gab in der Hauptverhandlung an, dass sie den Geschädigten seit etwa 1,5 Jahren gekannt habe und seit etwa 3 Wochen vor seinem Tod mit diesem ein Paar gewesen sei. Hinsichtlich des 11.09.2020 führte die Zeugin weiter aus, dass ihr der Geschädigte an diesem Tag geschrieben habe, er werde an jenem Abend zusammen mit dem Angeklagten … und noch anderen Personen in … eine Shisha-Bar besuchen. Von dort habe der Geschädigte ihr noch bis etwa 22 Uhr einige Nachrichten via Snapchat zugesandt. Auf Vorhalt ihrer Angaben im Rahmen ihrer Zeugenvernehmung vom 24.09.2020 („Hier hat mir … so gegen 21:30 Uhr ein Bild über SnapChat von der Shisha Bar geschickt, in der er sich aufgehalten hat“.) gab die Zeugin an, dass dies so stimme und darauf lediglich die Füße eines Mannes und einer Frau unter einem Tisch erkennbar gewesen seien. Auf weiteren Vorhalt ihrer Angaben im Rahmen ihrer Zeugenvernehmung vom 24.09.2020 („Ich habe ihm dann auch zurückgeschrieben. Diese Nachricht hat er jedoch nicht mehr aufgemacht. Ich habe insgesamt 5 Nachrichten geschrieben, welche er nicht mehr geöffnet hat. Ich denke, die erste Nachricht habe ich ihm so gegen 21:45 Uhr / 22:00 Uhr geschrieben“) erläuterte die Zeugin weiter, dass dies so gewesen sei und sie dem Geschädigten nochmals in der Nacht gegen 04:30 Uhr eine Nachricht geschickt habe.
290
Nachdem sich der Geschädigte daraufhin immer noch nicht bei ihr gemeldet habe und sie sich am Morgen des 12.09.2020 große Sorgen gemacht habe, habe sie dem Angeklagten … gegen 10:30 Uhr geschrieben. Der Angeklagte … habe ihr daraufhin geantwortet, dass er sich ebenfalls Sorgen um den Geschädigten mache und dass sie es am Abend zuvor „krass übertrieben“ hätten. Der Angeklagte … habe ihr weiter geschrieben, dass der Geschädigte in ein Wasser gegangen sei. Etwas später habe er formuliert, dass der Geschädigte in ein Wasser „gepurzelt“ sei. Schließlich schrieb der Angeklagte … dass er nicht glaube, dass der Geschädigte zuhause sei und er nach … fahren wolle, um ihn dort zu suchen, da sich insbesondere auch der Angeklagte … nicht melde. Der Angeklagte … habe ihr dann noch geschrieben, dass sie sich keine Sorgen machen solle, da der Geschädigte noch habe schwimmen bzw. gehen können. Sie, die Zeugin … sei daraufhin jedoch gegen 11:30 Uhr zu dem Angeklagten … gefahren, um diesen abzuholen und um gemeinsam nach dem Geschädigten zu suchen. Der Angeklagte … habe hingegen angegeben, dass er noch zu betrunken sei, um selbst Auto zu fahren.
291
Auf der gemeinsamen Autofahrt ab etwa 12:00 Uhr hätten sie und der Angeklagte … sodann locker geredet. Sie habe den Angeklagten … dabei mehrmals danach gefragt, ob er ihr noch Weiteres zu dem Abend erzählen könne. Der Angeklagte … habe dabei aber jeweils geäußert, „dass er so besoffen gewesen sei und nichts mehr weiter von dem Abend wisse“. Dies habe der Angeklagte … ebenfalls dem Vater des Geschädigten, dem Zeugen … im Rahmen eines durch den Zeugen … initiierten Telefonats während der gemeinsamen Autofahrt so mitgeteilt. Der Umstand, dass er nichts mehr wisse - so die Zeugin weiter - jedoch seltsam vorgekommen, da sie während der gemeinsamen Autofahrt beispielsweise keine Fahne bei dem Angeklagten … wahrnehmen habe können und sie sich nicht habe vorstellen können, dass der Angeklagte … sich nur noch an so wenige Bruchstücke des Abends habe erinnern können. Auf weiteren Vorhalt ihrer Angaben im Rahmen ihrer Zeugenvernehmung vom 24.09.2020 („Hier erzählte er mir, dass er mit … Sex gehabt hätte, er hatte ja schon alle Blondinen vom Auto … durch und er jedoch nicht bei ihr schlafen durfte.“) ergänzte die Zeugin, dass sie nicht mehr wisse, ob sie danach explizit gefragt habe oder dies ihre Schlussfolgerung aufgrund einer eindeutigen Körpersprache des Angeklagten … gewesen sei. Der Angeklagte habe ihr jedoch weiter erläutert, dass er sich schließlich von einem Kumpel in der Nacht habe abholen lassen und er nicht wisse, ob der Angeklagte … nochmal zu dem Geschädigten zurückgefahren sei, um diesen zu holen. Er und der Geschädigte hätten jedenfalls in der Shisha-Bar einen Großteil des „Bootes“ getrunken sowie bereits zuvor jeweils eine Flasche Wein und seien beide sehr betrunken gewesen.
292
Der Angeklagte … habe ihr auf der Fahrt nach … den Weg dorthin gezeigt und sie seien - entweder aufgrund der Beschilderung oder durch die Navigation des Angeklagten … - über eine, über einen Bach verlaufende Brücke schließlich zu dem Parkhaus in der …-Straße gelangt. Dort hätten sie sodann das Auto abgestellt. Von dort aus seien sie zunächst die H.straße entlang gelaufen und hätten jedoch nicht so recht gewusst, wo sie hin sollten, da die Shisha-Bar noch geschlossen gehabt habe. Nachdem sie von der Shisha-Bar aus wieder Richtung Parkhaus gegangen seien und hierbei am Finanzamt vorbeigekommen seien, hätten sie bei dem schmalen Bach, dem Stadtmühlbach, nachgeschaut, ob der Geschädigte dort eventuell sein Handy verloren haben könnte. Dies, so die Zeugin weiter, sei ihre erste Annahme gewesen, wo der Geschädigte noch sein könne, wenn er sich beispielsweise nach der Shisha-Bar hätte übergeben müssen.
293
Anschließend seien sie zu einem Krankenhaus sowie einem Hotel in der Nähe der Shisha-Bar gegangen und hätten dort nach dem Verbleib des Geschädigten gefragt. Die Zeugin erläuterte hierzu, dass sie sich es habe vorstellen können, dass der Geschädigte in einem Hotel übernachtet haben, könnte und sich am nächsten Tag auch neue Kleidung gekauft haben könnte, da er „schon immer auf sich geschaut“ habe und wohl nicht mit verdreckten oder nassen Kleidungsstücken in der Stadt herumlaufen würde.
294
Gegen 14 Uhr am 12.09.2020 hätten sie zudem erstmalig den Angeklagten … telefonisch erreichen können. Der Angeklagte … habe hierbei geäußert, dass der Geschädigte ins Wasser gefallen sei, aber daraufhin wohl wieder zurück in die Shisha-Bar gegangen sei. Die Zeugin gab hierzu an, dass ihr dies sehr komisch vorgekommen wäre, da der Geschädigte „ziemlich eitel“ gewesen sei und niemals nass zurück in eine Shisha-Bar gehen würde.
295
Der Angeklagte … habe ihr, nachdem sie nochmals über das „Hineinpurzeln“ des Geschädigten in das Wasser gesprochen hätten, schließlich einen Teil eines Videos gezeigt. Auf dem Video habe man nichts gehört, sondern lediglich sehen können, wie sich jemand am Boden befindet und wieder hinfällt. Mehr hätte man darauf jedoch nicht erkennen können.
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Sie und der Angeklagte … seien daraufhin zurück zu dem etwa 1,5 Meter breiten Bach gegangen und hätten dort den linken und rechten Bereich nach dem Geschädigten bzw. dessen Handy abgesucht. Sie seien dabei den kompletten Stadtmühlbach entlang gegangen und schließlich auf einen Fußballplatz getroffen. Dort habe der Bach eine Kurve gemacht, wovon man schließlich den daneben verlaufenden Flutkanal gesehen habe. Als sie den deutlich breiteren Flutkanal gesehen habe, sei in ihr - so die Zeugin weiter - Panik aufgestiegen. Der Angeklagte … habe jedoch zu ihr gesagt, dass es gar nicht sein könne, dass der Geschädigte in den Flutkanal gefallen sei, sowie mehrmals den Ausdruck „das geht nicht“ gebraucht. Sie habe den Angeklagten … jedoch mehrmals gefragt, „was ist wenn er da drin liegt?“. Sie seien daraufhin weiter zum Flutkanal gegangen. Von dem schmalen Stadtmühlbach aus seien sie dabei über eine Stelle zwischen einem Kindergarten und einem Park schließlich zu dem Flutkanal gelangt. Dort hätten sie die Böschung hinuntergeblickt und der Angeklagte … habe abermals geäußert, „dass es nicht sein könne“, sowie „dass er da gar nicht liegen könne“. Auch auf nochmaliges Nachfragen der Zeugin, ob er sich wirklich an nichts Weitergehendes erinnern könnte, habe der Angeklagte … lediglich angegeben, „dass er so besoffen gewesen sei und nichts mehr wisse“.
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Allerdings seien der Zeugin daraufhin immer mehr Unstimmigkeiten aufgefallen. So sei es ihr seltsam vorgekommen, dass man in dem seichten Stadtmühlbach gar nicht schwimmen könne, seitens des Angeklagten … jedoch bereits von Beginn an geäußert worden sei, „dass der Geschädigte noch habe schwimmen können, nachdem er ins Wasser gefallen sei“.
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Weiterhin sei es ihr merkwürdig vorgekommen, dass der Angeklagte … vorgegeben habe, so betrunken gewesen zu sein und dabei nur noch vereinzelte spezifische Erinnerungslücken an den Abend gehabt habe, die jedoch allesamt nicht den Verbleib des Geschädigten hätten erklären können. Im Übrigen erschien es ihr seltsam, dass der Geschädigte derart die Kontrolle über sich verloren haben solle. So habe es seitens des Geschädigten keinen Anlass für ein „derartiges Besäufnis“ gegeben, welches für den Geschädigten absolut untypisch gewesen sei. Hingegen sei bei dem Geschädigten sowohl in der Arbeit als auch in der gemeinsamen Beziehung alles gut gelaufen. Auf weiteren Vorhalt ihrer Angaben im Rahmen ihrer Zeugenvernehmung vom 24.09.2020 („… hat sehr viel getrunken und ist Alkohol gewohnt. Er hat eigentlich jedes Wochenende ein „Boot“ getrunken. Diese Flasche trank er mehr oder weniger drei Viertelt alleine leer. … trank hier auch mit, jedoch hat er sich hier immer sehr wenig Wodka in das Glas getan. Wenn er dann gesehen hat, dass es genug ist, hat … sofort aufgehört zu trinken“) ergänzte die Zeugin hierzu, dass sie dies an etwa 2-3 Situationen festmache, bei denen sie gemeinsam mit dem Angeklagten … und dem Geschädigten unterwegs gewesen sei. Im Übrigen hätten es der Angeklagte … und der Geschädigte häufig „zusammen krachen lassen“. Dabei sei auch oft viel Geld geflossen, da die beiden, wenn sie gemeinsam feiern gewesen seien, fast immer ein „Boot“ bestellt hätten. Wenn sie - die Zeugin … - daran anschließend den Geschädigten abgeholt habe, sei der Geschädigte zwar jeweils „gut dabei“, jedoch nie „hackedicht“ gewesen.
299
Schließlich hätten sie und der Angeklagte … erneut den Angeklagten … angerufen. Der Angeklagte … sei im Verlauf des Gesprächs daraufhin laut geworden und habe insbesondere geäußert, „dass der Bach schon etwa 5 Meter breit gewesen sein und er ja schon den Notarzt habe rufen wollen“.
300
Daraufhin - so die Zeugin weiter - habe sie gegenüber dem Angeklagten … geäußert, dass sie jetzt umgehend zur Polizei gehen werden. Seitens des Angeklagten … sei dann „komplette Stille“ gewesen und es sei „nichts mehr von ihm gekommen“. Bei der Polizei hätte sie sodann die Vermisstenanzeige aufgegeben und sie und der Angeklagte … seien anschließend diesbezüglich vernommen worden.
301
Der Zeuge … der Vater von … gab im Rahmen der Hauptverhandlung an, dass er seinen Sohn zuletzt gesehen habe, als ihm dieser am Abend des 11.09.2020 beim Aufbau eines Sonnensegel zuhause geholfen habe und daraufhin gegen 18:30 Uhr von den Angeklagten … und … mit dem Auto abgeholt worden sei. Sein Sohn … sei hierbei „völlig normal“ gewesen und habe beispielsweise zuhause auch noch keinen Alkohol konsumiert. Als er - der Zeuge … - am Morgen des 12.09.2020 gegen 08:30 Uhr aufgewacht sei und dabei bemerkt habe, dass … noch nicht zuhause gewesen sei, habe er diesem schließlich um 09:05 Uhr eine Nachricht über W. A. geschickt. Die Nachricht habe jedoch nur „ein Häkchen“ erhalten, sodass er darauf geschlossen habe, dass das Handy des Geschädigten ausgeschalten se:. Weiterhin sei bei W. A. hinterlegt gewesen, dass der Geschädigte dort zuletzt um 20:36 Uhr online gewesen sein soll. Nachdem er (der Zeuge …) am 12.09.2020 um 12:14 Uhr und 13:25 Uhr versucht habe den Angeklagten … zu erreichen, habe ihm dieser eine Nachricht geschrieben, dass sich die Zeugin … bei ihm melden würde. Die Zeugin … habe dem Zeugen … daraufhin mittels einer Nachricht geschildert, dass sie zusammen mit dem Angeklagten … in … sei und sie dort nach … suchen würden. Nach einem Telefonat mit der Zeugin … habe diese ihm - dem Zeugen … - den Kontakt des Angeklagten … geschickt. Im Anschluss daran habe er - der Zeuge … - den Angeklagten … angerufen, welcher ihm gesagt habe, „dass die anderen ihm ja hätten helfen können“. Daraufhin sei er zusammen mit seiner Frau ebenfalls nach … und dort zur Polizei gefahren, wo sie auf die Zeugin … und den Angeklagten … gestoßen seien.
302
Der Zeuge PHK … führte in der Hauptverhandlung aus, dass er am 12.09.2020 als Dienstgruppenleiter bei der Polizeiinspektion … tätig gewesen sei und gegen 15 Uhr die Zeugin … und der Angeklagte … zur Dienststelle in … gekommen seien, um eine Vermisstenanzeige hinsichtlich des Geschädigten aufzugeben. Der Angeklagte … habe dabei insbesondere angegeben, dass er mit dem Geschädigten am Abend des 11.09.2020 gemeinsam unterwegs gewesen sei und er - der Angeklagte … - dabei stark betrunken gewesen sei. Ein daraufhin gegen 15 Uhr durchgeführter Atemalkoholtest des Angeklagten … sei mit einem Wert von 0,00 AAK negativ ausgefallen. Im Anschluss - so der Zeuge PHK … weiter - habe er die Vernehmung der Zeugin … und des Angeklagten … sowie des Angeklagten … und die Einleitung der Vermisstensuche am Stadtmühlbach und am Flutkanal koordiniert. Im Zuge seiner später erfolgten Vernehmung habe der Angeklagte … insbesondere eine Stelle an der Örtlichkeit des Flutkanals benannt und sodann vor Ort auch aufgezeigt, an welcher der Geschädigte in das Wasser gefallen sein soll. Die entsprechende Stelle sei daraufhin großräumig abgesucht worden, wobei jedoch der Geschädigte nicht habe aufgefunden werden können. Die entsprechende Örtlichkeit an der Böschung habe sich dabei während des Einsatzes als steil und bewachsen herausgestellt. Oberhalb der Böschung sei dabei ein Schotterweg verlaufen, dann sei es etwa 2 bis 3 Meter steil nach unten durch Gestrüpp, Büsche und Bäume gegangen, bis man schließlich eine etwa 1 bis 1,5 Meter breite Grasfläche am Ufer des Flutkanals erreicht habe. Der weitere Einsatz sei schließlich in den Abendstunden des 12.09.2020 an den Zeugen PK … übergeben worden. Die Lichtbilder, auf denen sich die Stelle ergibt, auf welche der Angeklagte … im Zuge seiner Vernehmung zeigte, wurden in die Hauptverhandlung eingeführt. Der Angeklagte … befindet sich dabei auf einer Lichtbildaufnahme oberhalb der Böschung bzw. am Rand des parallel zu dem Flutkanal verlaufenden Fuß- bzw. Radweges und zeigt von dort aus auf die entsprechende Stelle, an welcher der Geschädigte in den Flutkanal gefallen sein soll. Auf einer weiteren Lichtbildaufnahme wurde aus dem Blickwinkel von der Brücke der …-Straße die Stelle dokumentiert, an welcher der Geschädigte nach den Angaben des Angeklagten … in den Flutkanal gefallen sein soll.
303
Der Zeuge PK … führte in der Hauptverhandlung aus, dass ihm die Einsatzleitung durch PHK … übergeben worden sei. Nach entsprechender Einweisung in die Lage habe er eine erneute Absuche der Örtlichkeiten koordiniert. Um 20:48 Uhr sei die Leiche des Geschädigten sodann durch Rettungstaucher, unweit der durch den Angeklagten … aufgezeigten Einstiegstelle in etwa 1,5 Meter Wassertiefe und mit einem Abstand von etwa 1,5 Meter zum Ufer, aufgefunden worden. Er, der Zeuge PK … habe dabei das entsprechende Signal des Rettungstauchers unmittelbar nach dem Auffinden beobachten können. Die Einstiegsteile habe dabei etwa 1 bis 2 Meter näher in Richtung der Brücke an der …-Straße (flussabwärts) gelegen, als die Stelle an der die Leiche aufgefunden bzw. geborgen worden sei. Die Lichtbilder, welche die Fundstelle sowie die geborgene Leiche des Geschädigten dokumentieren, wurden in die Hauptverhandlung eingeführt. Der Zeuge gab hinsichtlich der geborgenen Leiche weiter an, dass diese für ihn den Anschein erweckt habe, als ob die Leichenstarre bereits eingesetzt habe, da der Geschädigte insbesondere mit einer gekrümmten Stellung der Arme und Beine geborgen worden sei.
304
Der Zeuge KHK …, Polizeibeamter des Kriminaldauerdienstes, führte in der Hauptverhandlung aus, dass er am 12.09.2020 gegen 20:45 Uhr verständigt worden sei, nachdem infolge einer Personensuche ein Leichnam aufgefunden worden sei. Die durch ihn daraufhin inspizierte Leiche sei an einem Bereich des Ufers des Flutkanals gelegen. Aus Mund und Nase sei bereits nach der Gurtfixierung auf der Rettungstrage eine deutliche Schaumbildung zum Vorschein gekommen, woraus er - der Zeuge KHK … - einen Ertrinkungstod in Betracht gezogen habe. Weiterhin seien Verletzungen oberflächlicher Art in Form von Treibverletzungen sowie eine Waschhautbildung an den Fingern erkennbar gewesen. Die Beine und Arme des Toten seien etwas angewinkelt bzw. etwas angezogen gewesen, die Leichenstarre sei bereits vorhanden gewesen. Entsprechende Erkenntnisse hätten sich auch bei der anschließend durchgeführten Leichenschau bestätigt. Die durch den Zeugen KHK … während seines Einsatzes gefertigten Lichtbilder wurden in die Hauptverhandlung eingeführt.
305
Der Zeuge KK … Polizeibeamter des Kriminaldauerdienstes, führte in der Hauptverhandlung aus, dass er die Leiche nach der Auffindung, sowie die umliegende Örtlichkeit in Augenschein genommen habe. Aufgrund der schlechten Lichtverhältnisse am Ort der Bergung der Leiche sei die weitere Leichenschau am Waldfriedhof vorgenommen worden. Die Wassertemperatur des Flutkanals sei durch ihn mittels eines Rektalthermometers mit 15,1 Grad Celsius bestimmt worden. Mittels einer durchgeführten Geo-Daten-Überprüfung habe sich ein Abstand von 51,7 Meter hinsichtlich der Bergestelle zu der Brücke an der … Straße ergeben. Hinsichtlich der herrschenden Lichtverhältnisse gab der Zeuge KK … an, dass die Straßenbeleuchtung lediglich den U.weg spärlich ausgeleuchtet habe, der Uferbereich am Gewässer sei hingegen gar nicht beleuchtet gewesen. Die entsprechenden Lichtbilder des „BayernViewer“ sowie die der durchgeführten Leichenschau wurden im Rahmen der Hauptverhandlung in Augenschein genommen.
306
Der Zeuge KHM … führte in der Hauptverhandlung aus, dass er an den Örtlichkeiten der Auffindung der Leiche am Flutkanal am 13.09.2020 Vermessungen durchgeführt sowie Übersichtsaufnahmen erstellt habe. Hierbei habe er am Ort der Auffindung der Leiche folgende Werte feststellen können: Die Wassertiefe habe unmittelbar am Ufer etwa 40 cm, sowie bei einem Abstand von der Grasnarbe bis zum Grund des Gewässers etwa 90 cm betragen. Bei einer Uferentvernung von etwa 90 cm habe sich eine Wassertiefe von etwa 1,20 m ergeben. Schließlich habe der Abstand der Grasnarbe zur Wasseroberfläche mit 50 cm festgestellt werden können. Die Messung der Wassertemperatur habe einen Wert von 15,9 Grad Celsius ergeben. Die seitens des Zeugen hierbei gefertigten Lichtbilder wurden in die Hauptverhandlung eingeführt.
307
Der Zeuge POK … erläuterte im Rahmen der Hauptverhandlung die Erkenntnisse hinsichtlich der am 14.09.2020 durchgeführten Obduktion des Leichnams des Geschädigten. Der Zeuge gab hierzu insbesondere an, dass sich als Obduktionsergebnis ein Tod durch Ertrinken habe feststellen lassen. So sei im Mund- und Nasenbereich eine deutliche Schaumpilzbildung erkennbar sowie die Lungenflügel deutlich überbläht gewesen. Die Fingerkuppen und Ohrläppchen hätten zudem bereits erste Spuren von Tierfraß sowie die Hände eine ausgeprägte Waschhautbildung aufgewiesen. Bei Öffnung des Bauchraumes sei zudem starker Alkoholgeruch vernehmbar gewesen. Die durch den Zeugen gefertigten Lichtbilder der durchgeführten Obduktion wurden in die Hauptverhandiung eingeführt.
308
Der Zeuge KHK … führte in der Hauptverhandlung aus, dass durch ihn am 16.09.2020 nochmals Tatortbefunds- und Spurensicherungsmaßnahmen durchgeführt worden seien. Der Zeuge führte hierzu insbesondere aus, dass die sich auf Bl. 275 d.A. dokumentierte Stelle, nach dem derzeitigen Ermittlungsergebnis, als wahrscheinlichste Einstiegstelle des Geschädigten in das Wasser des Flutkanals darstelle und damit einen Abstand zur Brücke an der …-Straße von etwa 50 Metern aufweise. Demnach seien zudem die Orte, an denen der Leichnam im Wasser aufgefunden sowie später an Land geborgen worden sei, als auch der Ort, den der Angeklagte … als Einstiegsstelle des Geschädigten benannt hatte, nahezu identisch. Die seitens des Zeugen gefertigten Aufnahmen und Lichtbilder wurden in die Hauptverhandlung eingeführt.
309
Der Zeuge KHK … führte zu dem Gang der Ermittlungen im Rahmen der Hauptverhandlung insbesondere ergänzend aus, dass durch die Befragung eines Mitarbeiters des örtlichen Wasserwirtschaftsamtes am 17.09.2020 in Erfahrung gebracht werden habe können, dass die Fließgeschwindigkeit des Flutkanals etwa 6 cm pro Sekunde und damit „fast null“ betragen habe.
310
Der Zeuge … führte in der Hauptverhandlung aus, dass er am 12.09.2020 ab etwa 20:00 Uhr im Bereich des Flutkanals als Rettungstaucher der Wasserwacht im Rahmen einer dortigen Personensuche eingesetzt gewesen sei und hierbei bereits eingesetzte Kräfte abgelöst habe. Nach entsprechender Anlegung der Ausrüstung und Einweisung in die Lage habe er nach einem knapp 10-minütigen Tauchgang die Leiche des Geschädigten in einem Abstand von etwa 2 Metern zum Uferbereich in einer Wassertiefe von etwa 2 Metern geborgen. Der Kopf des Geschädigten habe dabei eher in Richtung Flussmitte, die Füße in Richtung des Randbereichs des Flutkanals gezeigt. Der Leichnam sei dabei punktuell auf dem Grund des Gewässers aufgesessen, der Kopf habe nach oben in Richtung Wasseroberfläche geragt. Beim Hinausziehen durch den Leinenführer sei er etwas in Richtung seiner Einstiegsstelle - bei der sich der Leinenführer befunden habe - und dabei gegen die leichte Strömung hingezogen worden und habe daraufhin dort den Leichnam ans Ufer gebracht. Der Zeuge führte diesbezüglich weiter aus, dass er sich dabei auf der Höhe des daneben befindlichen Parkhauses befunden habe, dies jedoch nicht näher eingrenzen könne.
311
Die Kammer konnte sich darüber hinaus ein eigens Bild von der Örtlichkeit des Geschehens durch einen Augenschein vor Ort verschaffen. Hierbei wurde die entsprechenden Stellen am Flutkanal im umliegenden Bereich des Parkhauses an der … Straße und dabei insbesondere auch der entsprechende Uferbereich des Flutkanals, unter Hinzuziehung der Zeugen KHK … PK …, KHK … PHM … und … abgegangen und besichtigt.
312
Die Zeugen KHK … PK … und KHK … vertieften und verifizierten hierbei ihre bereits im Rahmen der Hauptverhandlung erfolgten Ausführungen im Hinblick auf die vermutliche Einstiegsstelle des Geschädigten in das Gewässer sowie die spätere Stelle der Auffindung und Bergung der Leiche des Geschädigten. Der Zeuge PHM … gab weiterhin hierzu übereinstimmend an, dass gerade im Umfeld dieser Orte die Stelle gelegen habe, die der Angeklagte Gomenuk damals im Rahmen seiner Vernehmung angezeigt habe.
313
Weiterhin gab auch der Zeuge … hierzu übereinstimmend an, dass ebenfalls im Umfeld dieser Orte sein Einsatz als Seilführer der Wasserwacht unter Beteiligung des ihm zugeordneten Rettungstauchers, dem Zeugen … stattgefunden habe. Der Zeuge … führte hierzu weiter aus, dass er seinen Rettungstaucher mittels der üblichen pendelnden Halbkreisbewegungen von der einen Uferkante zur anderen manövriert habe. Der Taucher habe dabei nach etwa 20 Minuten in einer Entfernung von etwa 3 bis 4 Metern Entfernung von ihm und in einem Abstand von etwa 2 Meter zum Uferrand angeschlagen. Er habe den Taucher daraufhin unter Beibehaltung seiner Position, in welcher er die Pendelbewegungen geleitet habe, an das Ufer gezogen. Dort sei die Leiche sodann geborgen worden. Es habe damals keine starke Strömung geherrscht.
314
Aus den Videoaufzeichnungen der Überwachungskamera des Parkhauses in der …-Straße ergibt sich weiterhin, dass die Angeklagten … und … das Parkhaus um 22:35 Uhr allesamt betreten. Um 22:36 Uhr ist ersichtlich, wie die Angeklagte … an einer Säule lehnt und sich der Angeklagte … ihr dabei körperlich annähert. Um 22:37 Uhr verlassen sämtliche Angeklagten das Parkdeck und kehren um 22:42 Uhr in dieses zurück. Dabei betritt zuerst die Angeklagte … das Parkdeck, gefolgt von dem Angeklagten … sowie anschließend dem Angeklagten … Um 22:43 Uhr begibt sich der Angeklagte … zum Kassenautomat des Parkhauses. Um 22:45 Uhr verlassen alle Angeklagten mit dem PKW des Angeklagten … das Parkhaus.
315
In die Hauptverhandlung eingeführt wurde weiterhin der Chatverlauf, den der Angeklagte … mit der Angeklagten … via W. A. ab 21:03 Uhr des 12.09.2020 führte.
Chat zwischen dem Angeklagten … und der Angeklagten …
… am 12.09.2020 um 21:03 Uhr:
https://www. onetz. de/oberpfalz …/22-jähriger-vermisst-großeinsatz-…-flutkanal-id3093750.html
… von 21:33 Uhr bis 21:34 Uhr:
Wir müssen leider abwarten
(…) … von 21:36 Uhr bis 21:38 Uhr:
Verstehe einfach nicht warum das so laufen musste
Vor allem warum ist … abgehauen
Und hat nicht auf uns gehört im Wasser
316
In die Hauptverhandlung wurde weiterhin der Chatverlauf eingeführt, den der Geschädigte mit der Angeklagten … via W. A. ab dem 06.09.2021 führte.
Chat zwischen dem Geschädigten … und der Angeklagten …
… am 06.09.2020 um 10:08 Uhr:
… von 15:31 Uhr bis 15:32 Uhr:
War definitiv unter den top 3 Abstürzen
… am 12.09.2020 um 07:47 Uhr:
317
In die Hauptverhandlung wurde weiterhin der Chatverlauf eingeführt, den der Angeklagten … mit dem Geschädigten … via W. A. ab 23:25 Uhr des 11.09.2020 versuchte zu führen.
Chat zwischen dem Geschädigten … und dem Angeklagten …
… am 11.09.2020 um 23:25 Uhr:
Ist es wirklich dein Ernst
… am 12.09.2020 von 00:18 Uhr bis 00:19 Uhr:
Ich bringe dich morgen um
… am 12.09.2020 um 10:30 Uhr:
318
In die Hauptverhandlung wurde weiterhin der Chatverlauf eingeführt, den der Zeuge … mit dem Angeklagten … via W. A. ab 00:11 Uhr des 12.09.2020 führte.
Chat zwischen dem Zeugen … und dem Angeklagten …
… … am 12.09.2020 von 00:11 Uhr bis 00:15 Uhr:
Aber wie weit ist das weg
Wenn ea zu weit weg ist, steht … und … und …
Gute huren muss ich sagen
Aber ist auf huren verlass?
Wehe du bist dann nicht mehr da
… von 00:19 Uhr bis 00:23 Uhr:
Interesting den Türsteher
Du bist mal betrunken, ich hole dich
Ich bin mal betrunken, ixh hole dich
Scheiß egal welche Uhrzeit
… von 00:24 Uhr bis 00:34 Uhr:
Du bist so eine geile Fette fotze
… von 00:35 Uhr bis 01:08 Uhr:
Ruf mich an falls Fragen bestehen
Für Einzelheiten musst du mich anrufen
Ich blase dir dann sowas von einen
Du hist einfach eine geile f****
Alter wir hätten doch Mc fahren sollen
319
In die Hauptverhandlung wurde weiterhin der Chatverlauf eingeführt, den der Angeklagte … mit dem Angeklagten … via W. A. ab 23:00 Uhr des 11.09.2020.
Chat zwischen dem Angeklagten … und dem Angeklagten …
… am 11.09.2020 um 23:00 Uhr:
Kriegst aber dein Geldbeutel
… von 23:15 Uhr bis 23:17 Uhr:
Schau lieber zu wie du in die Stadt kommst und … findest
… von 23:20 Uhr bis 23:24 Uhr:
Sprachnachricht (Dauer 21 Sekunden):
Ahh, der ist in der Stadt. Du hast ja die Adresse, ich kann sie dir auch gerne sagen. …. Und, äh, ja, ich bin mir sicher, du findest da hin. Ist ja nicht weit bis in die Stadt. Hast ja Kohle, kannst dir ja ein Taxi holen oder sonst was. Keine Ahnung, Dicker, aber äh, ja.
… von 23:28 Uhr bis 23:39 Uhr:
Ist es wirklich dein Ernst?
Ich mach mir gerade ernsthafte sorgen um den
Scheiß egal wo ich schlafen kann
Ist mir scheiß egal. Aber wo ist der?
Sprachnachricht (Dauer 37 Sekunden):
Ich sag dir mal eins, ich hab die ganze Zeit gesagt, ihr sollt den hochholen. Ihr habt zugeschaut, wie er da am Ufer lag und rumgestöhnt hat. Ich hab gesagt, holt ihn nach oben. Dann habe ich gesagt, ich rufe einen Krankenwagen. Du hast zugeschaut, wie er sich ins Wasser legt und da seine Kraulübungen mach, anstatt ihm irgendwie zu helfen. Dann hat er sich einfach verpisst, ist irgendwo hingeschwommen. Ich hab gesagt, ich ruf Notarzt. Keiner hat mir zugestimmt. Ganz ehrlich, ganz ehrlich, dein Ernst, dein scheiß Ernst, zu ziehst mich in diese Scheiße? Nein, ne, ganz ehrlich nein.
Ich mach mir gerade echt sorgen
Sprachnachricht (Dauer 14 Sekunden):
Ja, finde ich schön, dass du dir jetzt Sorgen machst, wenn du alleine bist. Vorhin, als du noch, ähm, mit deinem Mädl da am Bach standest, hattest du eher andere Gedanken, als … da rauszuhelfen.
… von 23:43 Uhr bis 23:44 Uhr:
Ja natürlich mache ich mir das
Ich habe ihn da auch schon gesucht!
Kannst du behauptem was du willst
Aber ich habe ihn Gesicht
Sprachnachricht (Dauer 36 Sekunden):
Und ich schwörs dir, mich brauchst du in die Scheiße nicht mit einbeziehen, Alter. Erstens, der Typ hat mich richtig dumm angemacht. Ich hab gesagt, ich, ich, ich, hol ihn da nicht raus aus dem Ufer, weil er mich so dumm angemacht hat. Ich hab gesagt, ihr geht ja da runter und holt in da rauf und ihr standet da unten und habt zugeschaut wie er da rumstöhnt und habt einfach nichts gemacht so. Ganz ehrlich, hey, ganz ehrlich, sowas ist es und du ziehst mich da noch mit rein. Überleg mal, was du da machst.
… von 23:44 Uhr bis 23:45 Uhr:
Sprachnachricht (ohne exakte Zeltangabe):
Schau lieber, wie du jetzt in die Stadt kommst, anstatt mir zu schreiben.
… von 23:45 Uhr bis 23:46 Uhr:
Sprachnachricht (Dauer 20 Sekunden):
Ich werd dazu nix mehr sagen. Das hat heut alles ausgereizt, wirklich alles. Alles was bisher passiert ist, hat mich nicht interessiert, aber heute das hat ausgereizt. Das hat einfach komplett ausgereizt und ich wird dazu nix mehr sagen. Ganz ehrlich, ne.
… von 23:48 Uhr (UTC +0) bis 01:10 Uhr am 12.09.2020:
Ich war noch nie so drauf
Was habe ich damit zu tun
Ist es wirklich Dein Ernst?
Keine Ahnung was mit ihn ist ehrlich gesagt
… von 01:15 Uhr (UTC +0) bis 01:16 Uhr:
… am 12.09.2020 um 10:30 Uhr bis 13:37 Uhr:
Hatte der gestern 1 oder zwei Handys dabei?
Alter, der ist ja garnicht extra ins Wasser gesprungen
Wieso zum fick sind wir gerstern einfach gegangen?
Aber sind wie alle verrückt??!!
Sag mal was gestern genau los war, ich weiß fast gar nichts mehr
Habe egrade den chat gelesen.
Der war zuletzt in der shisha bar oder?
Du wirst ihm alles erzählen und du wirst ihm sagen das du nicht geholfen hast a.
Ich hab tausend Mal gesagt ich kann nicht runter wegen meiner schulter
Aber ihr habt nichts gemacht
320
In die Hauptverhandlung wurde weiterhin der Chatverlauf eingeführt, den die Angeklagte … mit dem Angeklagten … via W. A. ab 17:20 Uhr des 11.09.2020 führte.
Chat zwischen der Angeklagten … und dem Angeklagten …
… am 11.09.2020 um 17:20 Uhr:
… von 19:43 Uhr bis 19:45 Uhr:
… von 22:58 Uhr bis 23:30 Uhr:
Ist es wirklich dein Ernst?
Du brauchst mich nicht ignorieren
Können wir wenigstens reden
Wieso lässt mich … hier drausen
Ist das wirklich dein Ernst?
Keine Ahnung wieo du so verklemmt bis
Als ob ich die ganze Nacht bleibe
Ich stehe da wie der letzte depp
Ich bin einfach viel zu loyal für so ne scheiße
Als ob ich so n behinderter wäre
Ich halte von dir gamichts mehr muss ich sagen
Aber ganz ehrlich. Mach doch mit mir nicht rum wenn du sowas abzieht. Hab 6 km in die Stadt
Ich habs dir doch gesagt was sache ist
… von 23:32 Uhr bis 23:33 Uhr:
Ganz ehrlich. Ich hab auch nicht mit 20 Weibe sex und gebe einen dick drauf was geht
… von 23:34 Uhr bis 23:40 Uhr:
Wir hatten zwar keinen sex, aber das war ein 3 Minuten Gespräch
Das war wirklich das letzte mal
Weißt du. Das alles geht. Mir nicht auf den Sack. Nur das wir uns ständig denken wie geil es wäre sex zu Haben
D. kotzt mich an. Nichts anderes
Aber du musst morgen arbeiten. Passt schon
Das war die einzig richtige Antwort
Ich versteh nicht was dein Problem ist
… von 23:44 Uhr bis 23:47 Uhr:
Ist alles irgendwie bisschen falsch
… von 23:49 Uhr bis 23:51 Uhr:
(…) … am 12.09.2020 von 10:21 Uhr bis 10:33 Uhr:
Warst wieder nüchtern heute?
Da gibts sogar n video das ich gemacht habe
Hauptsache du weißt es auch nicht mehr
Außer du meinst was anderes
… von 10:36 Uhr bis 10:37 Uhr:
Aber da gibt’s auch n video wo der mit nassen Haaren am Ufer liegt
Der ist schon geschwommen bevor wir ihn gefunden haben
… von 10:38 Uhr bis 10:39 Uhr:
Ah ne, das war schon davor das video
Wieso sind wir einfach gegangen?
Ja weil er sich versteckt hat und nicht geantwortet hat
Also simuliert hast du gemeint
… von 10:41 Uhr bis 10:42 Uhr:
Also das wir da übelst voll gegangen sind, ok
Also im onetz steht nix von ihm
… von 10:42 Uhr bis 10:43 Uhr:
Der ist übelst dicht rumgeschlendert
Kommt nicht gauche ins onetz
Hast die nummer von seinen eitern?
Braucht der ned regelmäßig seine Spritzen?
Wie lang kann er ohne die?
Dann ruf mal an ob er daheim ist
… von 10:43 Uhr bis 10:47 Uhr:
Aber die Frage ist wo der ist
Ich dachte gestern irgendwie der ist gewollt reingesprungen, deswegen habe ich mir nichts gedacht
Aber der wollte ja gamicht rein
Naja vllt was tzd absicht
Ruf mal bitte seine Eltern an
… von 11:25 Uhr bis 11:26 Uhr:
Ne, ich habs gestern gedacht
War es aber ganz klar nicht
Ich fahr da jetzt mal hin
Aber schwimmen konnte er ganz normal
Scheiße waren wir gestern voll
Ruf seine eitern an wirklich
Ja, glaube ich jetzt auch nicht, aber sicher ist sicher
Woher sollen die etwas wissen
Ich will denen jetzt nicht alles erzählen
Ja ob er heimgekommen ist oder ned
Wenn ned sagst halt er hat eine abgeschleppt
… von 11:29 Uhr bis 11:31 Uhr:
Dann würde ich ja nicht anrufen
Ja ne, ich fahr da einfach mal hin
Ich weis nicht mehr was danach passiert ist
Omg, der war ja komplett fertig
Denke er hat mehr simuliert
… von 11:32 Uhr bis 11:33 Uhr:
Ja, ich weiß es nicht mehr
321
In die Hauptverhandlung wurde auszugsweise der Chatverlauf eingeführt, den der Angeklagte … mit der Zeugin … am 12.09.2020 bis zu der gemeinsamen Weiterfahrt nach … führte. Hierzu gab der Zeuge KHK … im Rahmen der Hauptverhandlung an, dass der entsprechende Chatverlauf während der Vernehmung der Zeugin … am 12.09.2020 auf deren Mobiltelefon auf Fotoaufnahmen gesichert werden konnte.
Chat zwischen dem Angeklagten … und der Zeugin …
Ja die frage stelle ich mir auch gerade
Mache mir echt Sorgen um den muss ich sagen
Hat er daheim geschlafen oder wart ihr in …
Hab seit gestern um 11 nix mehr gehört
Ja weil der übelst dicht war
Ich weiß nicht wo der gepennt hat
Wir waren alle so heftig betrunken
Und der ist ins Wasser rein gesprungen
Aber ich weiß nicht was danach war
Ich dachte der ist von selbst ins Wasser gesprungen, ist aber rein gepurzelt sehe ich heute.
Alter, was ist den gestern passiert
Haben gestern echt viel zu viel getrunken
Aber … war da noch da, das weis ich
… Ja dachte mir das iwas nicht stimmt
Normal meldet er sich wenn er daheim is
Drum bin ich grad auch etwas in Sorge
Er is ins Wasser gefallen?
Und du weist nich wo er gepennt hat?
… Ja, deswegen machbich mir gerade heftige Sorgen
… Ja und wenn er in irgendeiner graben liegt?
Wäre ja schon ma gut zu wissen ob er daheim is Alter was übertreibt ihr so
… Ja ich fahr mal nach … und schau mal
Ich muss aber warten auf …
Ich kann noch lange nicht fahren
Ja keine Ahnung wiewo wir so übertrieben habe
… Ja wo willst du schauen?
… Ja nicht das der wirklich irgendwo im graben liegt
Ich weis glaube wo das war
Der … geht auch nicht ran
… … ist von dir doch ewig weit weg oder nicht?
Weis hald nicht wo ihr wart
Ja, von mir bist weiter weg
Ich kann dann schon fahren
Ich ruf gerade permanent … an
Der penner geht einfach nicht ran
… Halbe Stunde kann ich da sein
Ist wirklich nicht verkehrt denke ich
Meine Begleitung weiß auch nicht mehr, was genau war
… Ja hätte ich natürlich gemacht
Aber ich hab kein plan mehr
Und der … war ja nüchtern dabei
… Sicher das er nich zuhause is?
Hat der … ihn nicht heimgefahren?
Ich war halt hinten mit meiner Begleitung
Ich weiß nicht ob der … mit dabei war
Aber … ist direkt danach weiter gefahren, kann schon gut sein, das er ihn dann geholt hat.
Aber dad Problem ist, das ich das nur sehr sehr ungenau weiß
Ich weis numoch das er ins Wasser ist und das wars
Alles andere nur ganz verwischt
… Ja, Aber er konnte ganz normal schwimmen
… Bin gerade Autobahn runter
2.3. Feststellungen zur Schuldfähigkeit der Angeklagten
322
Der Sachverständige Dr. … Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie und Chefarzt der forensischen Klinik des Bezirksklinikums … führte im Rahmen der Hauptverhandlung aus, dass hinsichtlich des Angeklagten … in dem relevanten Zeitraum des Beginns des Aufsuchens der Shisha-Bar sowie des späteren Verlassens des Parkhauses nachdem der Geschädigte ins Wasser gefallen sei, keine relevante Intoxikation mit einer psychotropen Substanz oder Alkohol nachvollziehbar gewesen sei, sodass keine exogene Ursache für die Zuerkennung einer erheblich beeinträchtigten Einsichts- oder erheblich beeinträchtigten Steuerungsfähigkeit zum Tragen käme. Des Weiteren hätten sich keine Hinweise für eine akut-psychotische Episode im Tatzeitraum ergeben, die zur Einschätzung hätten führen können, dass eine aufgehobene Einsichts- oder eine aufgehobene Steuerungsfähigkeit bestanden habe.
323
So hätten die Videoaufnahmen des Parkdecks und des Parkhauses - so der Sachverständige weiter - keine Verhaltensauffälligkeiten im motorischen Bewegungsablauf bei dem Angeklagten aufgewiesen. Er habe mit den anderen Personen kommuniziert, habe orientiert und nicht durch eine exogene Intoxikation durch Alkohol beeinträchtigt gewirkt.
324
Die Eingangsmerkmale einer schweren anderen seelischen Abartigkeit, einer krankhaften seelischen Störung, einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung oder Schwachsinn hätten bei dem Angeklagten daher zum relevanten Tatzeitpunkt nicht vorgelegen.
325
Der Angeklagte … handelte daher zur Überzeugung der Kammer voll schuldfähig.
326
Der Sachverständige Dr. … führte im Rahmen der Hauptverhandlung aus, dass hinsichtlich des Angeklagten … unter Zugrundelegung einer getrunkenen Alkoholmenge von 86,4 Gramm bei einer Flasche Wein mit 12 % und 900 ml sowie von 69,4 Gramm bis 134 Gramm Alkohol bei einer getrunkenen Menge von 217 ml bis 420 ml Wodka mit 40 % von einer minimalen Alkoholkonzentration im Blut von 1,78 Promille bzw. einer maximalen Alkoholkonzentration von 2,52 Promille beim Angeklagten … auszugehen sei. Unter Annahme einer Abbauzeit von 1 bis 3 Stunden könne bei einer längeren Abbaurate von 3 Stunden, je nach angenommener Aufnahmemenge, je nach Abbaurate zwischen 0,1 und 0,2 Promille eine Alkoholkonzentration zwischen minimal 1,18 Promille und maximal 2,22 Promille zum vermeintlichen Tatzeitraum errechnet werden.
327
Allerdings sei hinsichtlich des Angeklagten aus psychiatrischer Sicht anzunehmen, dass dieser im relevanten Tatzeitraum eine Alkoholintoxikation im unteren Bereich zwischen 0,8 bis 1,5 Promille aufgewiesen habe, ohne Folgen einer erheblichen Beeinträchtigung der Wahrnehmungsfähigkeit. So sei eine deutlich ausgeprägte Enthemmung, Auffälligkeiten im neurologischen Bereich mit Gangunsicherheit, Koordinationsstörung oder einem persönlichkeitsfremden oder distanzlosen Verhalten weder durch die Begleitpersonen noch durch andere Personen geschildert worden. Damit könne hinsichtlich des Angeklagten … ein Rauscherlebnis nicht positiv festgestellt werden, das zu erkennbaren Beeinträchtigungen der Kognition, des Affektes oder der Verhaltensabläufe geführt hätte. Des Weiteren sei keine Störung der Kritikfähigkeit im Sinne einer deutlich verminderten Kränkbarkeit deutlich geworden.
328
So habe der Zeuge … weicher den Angeklagten nach Mitternacht abgeholt habe, angegeben, dass dieser sehr viel geredet und dabei viele Themen angeschnitten habe, was aus psychiatrischer Sicht als eine gewisse Antriebssteigerung und gewisser Distanzminderung in der soziaien Interaktion aufgefasst werden könne. Diese Veränderung im Verhalten trete bereits ab einer geringen Aikoholisierung auf und sei nicht geeignet, um eine starke Alkoholisierung im Sinne eines mittelschweren oder schweren Rausches zu definieren. Denn durch alle Konzentrationsbereiche einer Alkoholisierung werde ein starkes euphorisches Gefühl, Rededrang, vermehrte Impulsivität und ein reduziertes Reaktionsvermögen deutlich. Weiterhin sei eine thematische Einengung des Angeklagten seitens des Zeugen … nicht geschildert worden, denn dieser sei ihm gut bekannt gewesen. Ebenso wenig sei ein verwaschenes Sprechen, ein unsicherer Gang, Schwindel, Übelkeit oder ein komatöser Zustand berichtet worden.
329
Aus den Zeugenangaben sowie den gesichteten Videoaufnahmen ergebe sich - so der Sachverständige in der Hauptverhandlung weiter - kein Hinweis für das Vorliegen einer schwer ausgeprägten Alkoholintoxikation, die dafür geeignet gewesen wäre, um zu der Einschätzung zu gelangen, dass eine erhebliche Beeinträchtigung der Einsichtsfähigkeit bestanden habe. Des Weiteren sei im Tatzeitraum keine vermehrte Impulsivität, ungerichteter Handlungsdrang oder eine motorische Unruhe erkennbar gewesen, welche dafür geeignet sei, die Einschätzung einer erheblichen beeinträchtigten Steuerungsfähigkeit anzunehmen.
330
Zusammenfassend stellte der Sachverständige dar, dass aus psychiatrischer Einschätzung eine erhebliche Beeinträchtigung der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit gem. § 21 StGB hinsichtlich des Angeklagten folglich nicht anzunehmen sei. Weiter habe keine aufgehobene Einsichts- und Steuerungsfähigkeit gem. § 20 StGB im Tatzeitraum vorgelegen, da keine Derealisationserleben, kein psychotisch eingeengter Ausnahmezustand und auch keine tiefgreifende Bewusstseinsstörung bestanden habe.
331
Die Kammer macht sich diese Ausführungen nach eigener kritischer Prüfung zu eigen, da die Darlegungen aus Sicht der Kammer schlüssig und plausibel erscheinen. Damit war auch beim Angeklagten … - trotz seiner behaupteten Erinnerungslücken, welche die Kammer wie nachfolgend dargestellt als Schutzbehauptung wertet, die Einsichts- und Steuerungsfähigkeit weder erheblich eingeschränkt oder gar gänzlich aufgehoben.
332
Der Sachverständige Dr. … führte im Rahmen der Hauptverhandlung aus, dass hinsichtlich der Angeklagten … unter Zugrundelegung einer getrunkenen Alkoholmenge von 41,4 Gramm bei einer Flasche Hugo Mischgetränk mit 6,9 % und 750 ml sowie 11,5 Gramm bzw. 48 Gramm bei einer Flasche Wein mit 12 % und 120 ml bzw. 500 ml sowie von 16 Gramm Alkohol bei einer getrunkenen Menge von 50 ml Wodka mit 40 % von einer minimalen Konzentration im Blut von 1,56 Promille bzw. einer maximalen Konzentration von 2,63 Promille auszugehen sei. Die entsprechenden Alkoholmengen hätten sich aus den Angaben der Angeklagten ergeben, wonach sie am 11.09.2021 noch eine Flasche Hugo 0,7 l zuhause getrunken habe, bevor sie gegen 19:45 Uhr von der Gruppe abgeholt worden sei und im Auto auf dem Weg zur Shisha-Bar noch einen Teil der Weinflasche ausgetrunken habe sowie in der Shisha-Bar eine Menge von 50 ml Wodka getrunken habe. Unter Annahme einer Abbauzeit von 3 Stunden könne bei der Abbaurate von 0,2 Promille eine minimale Blutalkoholkonzentration von 1,64 Promille, bei der wahrscheinlichen Abbaurate von 0,15 Promille pro Stunde eine Blutalkoholkonzentration von 1,79 Promille sowie bei einer maximal anzunehmender Abbaurate von 0,1 Promille pro Stunde eine Blutalkoholkonzentration von 1,94 Promille zum möglichen Tatzeitraum errechnet werden.
333
Der Sachverständige führte sodann weiter aus, dass - soweit man die Angaben der Angeklagten zugrunde legen würde - es so scheine, als dass sie eher eine ungewohnte Gelegenheitskonsumentin von Alkohol sei, die anlassbezogen mehr Alkohol trinke. Entscheidend für die Beurteilung der Schuldfähigkeit sei jedoch nicht der errechnete Wert der Blutalkoholkonzentration, sondern das psychopathologische Syndrom, also die tatsächlich manifeste psychische Beeinträchtigung. Insoweit sei zum einen die Wachheit zu beurteilen, des Weiteren werde unterschieden zwischen einem leichten, mittelgradigen sowie einem schweren Rausch, welchen jeweils unterschiedliche Anzeichen zu kommen würden. Aus den eigenen Schilderungen der Angeklagten, aber auch aus den Laborwerten der JVA … würden sich dabei keine Toleranzentwicklung oder starke Gewöhnung an Alkohol feststellen lassen. So seien insbesondere das Blutbild sowie die Leberwerte im Normalbereich zu verorten gewesen. Insgesamt sei durch die Angeklagte und auch durch die im Rahmen der Hauptverhandlung vernommenen Zeugen zwar ein leichter Alkoholrausch festgestellt worden, der durchaus dazu geführt habe, dass eine gewisse Redefreudigkeit, eine euphorisch und positive Gestimmtheit bestanden habe. Jedoch seien in diesem Stadium noch keine neurologischen Ausfallerscheinungen oder Koordinationsstörungen aufgetreten.
334
Aufgrund eines grundsätzlichen Fehlens neurologischer Ausfallserscheinungen und einer nicht erkennbaren Störung des Gleichgewichtssinnes werde bei der Angeklagten eine Alkoholintoxikation bis 1,2 Promille am ehesten angenommen. Die rechnerisch höhere Intoxikation bis zu 1,94 Promille ließe sich für die klinisch-psychiatrische Einschätzung hingegen nicht annehmen. So hätten sich weder neurologischkörperliche Auffälligkeiten, kognitive Beeinträchtigungen mit einer thematischen Einengung, Größenideen oder Selbstüberschätzung, eine affektive Veränderung mit wechselnden dysphorisch bis euphorischen Symptomen, noch eine Verhaltensauffälligkeiten mit Antriebsminderung oder Antriebssteigerung feststellen lassen.
335
Aus psychiatrischer Einschätzung seien daher die Kriterien für eine erhebliche Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit gemäß § 21 StGB zum Tatzeitraum am 11.09.2020 bei der Angeklagten … nicht erfüllt gewesen. Eine aus psychiatrischer Einschätzung zu erklärende Begünstigung der Tatumstände durch eine relevante Alkoholisierung ließe sich daher nicht begründen. Insbesondere seien Hinweise für eine erhebliche Einengung der Wahrnehmung oder eine stark ausgeprägte Kritikfähigkeit im Tatzeitraum nicht erkennbar. Auch die Einsichtsfähigkeit in das Unrecht der Tat sei zum Tatzeitpunkt ebenfalls ausreichend gegeben gewesen, ohne dass dabei Symptome beschrieben worden seien, die zu einer erheblichen Reduzierung für die Wahrnehmung der Situationsumstände geführt hätten.
336
Darüber hinaus - so der Sachverständige weiter - hätten aus psychiatrischer Sicht ebenfalls keine Symptome festgestellt werden können, die zu einer Aufhebung der Einsichts- und/oder Steuerungsfähigkeit gemäß § 20 StGB hätten führen können. So sei das Für und Wider möglicher Handlungsalternativen zum Tatzeitzeitpunkt möglich gewesen. In der Gesamtbetrachtung der klinischen Situation sei die Alkoholintoxikation der Angeklagten nicht geeignet gewesen, dass es zu einem mittel bis ausgeprägten oder gar schweren Rauscherleben hätte kommen können. Ebenso wenig seien neurologische Ausfallerscheinungen vorhanden gewesen, welche geeignet seien, einen Rückschluss auf weitere kognitive und affektive Beeinträchtigungen der Handlungsfähigkeiten aufzuzeigen.
2.4. Überzeugung der Kammer
337
Die Kammer ist aufgrund der zuvor dargestellten Feststellungen davon überzeugt, dass sich das Geschehen, wie unter II. beschrieben, tatsächlich so zugetragen hat.
338
Im Hinblick auf den angeklagten Sachverhalt konnte die Kammer damit nach Durchführung der Hauptverhandlung im Wesentlichen lediglich die folgenden abweichende Umstände erkennen.
339
(1) So musste die Kammer aufgrund der getroffenen Feststellungen nunmehr davon ausgehen, dass der Angeklagte … in keiner Weise damit befasst war, den Geschädigten … durch Hilfestellungen beim Verlassen der Shisha-Bar zu unterstützen. Keiner der Zeugen … und … konnte hierbei entsprechende Hilfeleistungen dem Angeklagten … zuordnen. Nicht aufklärbar war weiterhin, gegenüber wem die Zeugen … und … die Aufforderung aussprachen, auf den Geschädigten aufzupassen. Auch im Übrigen konnte die Kammer keine entsprechende Hilfestellungen des Angeklagten … im zeitlichen Umfeld des Verlassen der Shisha-Bar bis zu der gemeinsamen Ankunft an dem Parkhaus feststellen.
340
(2) Aufgrund der in die Hauptverhandlung eingeführten Aufzeichnungen der Überwachungskamera des Sanitätshauses … ergab sich weiterhin zur Überzeugung der Kammer, dass die körperliche Auseinandersetzung auf der Höhe des Finanzamtes zwischen dem Geschädigten und dem Angeklagten … durch den hierbei stark intoxikierten Geschädigten initiiert wurde. So ging dieser auf den Angeklagten … zu und versuchte hierbei mehrfach nach dem Angeklagten … zu greifen. Der Angeklagte … versuchte hingegen den Geschädigten durch Handbewegungen von sich zu weisen und sich von diesem zu entfernen. Nachdem der Angeklagte … den Geschädigten schließlich aufgrund einer durch den Geschädigten ausgelösten kurzen „Rangelei“ zu Boden gebracht hatte, ließ der Angeklagte … umgehend von ihm ab. Auch daran anschließend versuchte der Angeklagte … dem Geschädigten, welcher weiter auf den Angeklagten … zuging, sich diesem zu entziehen und Distanz zu ihm zu gewinnen.
341
(3) Nicht aufklärbar war weiterhin zur Überzeugung der Kammer, wann genau und unter weichen Umständen der Geschädigte sich das Cannabimimetikum FUB-AMB zuführte bzw. ihm dieses durch Dritte zugeführt wurde. In Übereinstimmung mit den schlüssigen Ausführungen der Sachverständigen Prof. Dr. … und Dr. … geht die Kammer allerdings jedenfalls davon aus, dass die Aufnahme des Cannabimimetikums etwa eine Stunde vor dem Zeitpunkt des Todeseintritts erfolgte.
342
In dieser Hinsicht ist die Kammer zudem davon überzeugt - wenngleich der exakte Todeszeitpunkt des Geschädigten nicht mehr ermittelt werden konnte - dass der Geschädigte nach seinem Sturz in das Gewässer des Flutkanals um ca. 22:25 Uhr am 11.09.2020 in unmittelbarer zeitlicher Abfolge hierzu in einem Zeitraum von etwa 5 Minuten nach seinem Sturz ertrank. Damit kann die Kammer gleichzeitig ausschließen, dass eine Zuführung des Cannabimimetikums erst nach dem Sturz in das Gewässer um 22:25 Uhr erfolgte.
343
Hierfür sprechen die überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. … der hinsichtlich der Leiche des Geschädigten die Anzeichen eines typischen Ertrinkungstodes feststellen konnte, sowie dessen Ausführungen zum Ablauf des Ertrinkens des Geschädigten, unter Zugrundelegung der in die Hauptverhandlung eingeführten Videos, auf welchen der Zustand des Geschädigten dokumentiert ist. Hingegen ist aufgrund dieser Feststellungen zur Überzeugung der Kammer nicht davon auszugehen, dass der Geschädigte nach dem Sturz in den Flutkanal um 22:25 Uhr das Gewässer nochmals verlassen konnte.
344
(4) Ob der Geschädigte vor seinem Sturz um 22:25 Uhr bereits im Wasser des Flutkanais gewesen war, konnte zur Überzeugung der Kammer ebenfalls nicht aufgeklärt werden. Die Kammer erkennt, dass es aufgrund der nassen Haare und offenbar auch der nassen Kleidung des Geschädigten für die Angeklagten naheliegend erschien, dass der Geschädigte bereits zuvor in das Wasser des Flutkanals gefallen ist bzw. eintauchte. Dies vor Augen konnte aufgrund des bestehenden Zustandes des Geschädigten am Ufer des Flutkanals und des Flehens um Hilfe, aus Sicht der Kammer durch die Angeklagten allerdings nicht der Schluss gezogen werden, dass er bei einem erneuten Sturz in den Flutkanal selbständig aus dem Wasser kommen würde.
345
(5) Zur Überzeugung der Kammer sind damit auch die nachfolgenden Einlassungen der Angeklagten als widerlegte Schutzbehauptungen anzusehen:
346
(a) Soweit seitens der Angeklagten im Rahmen deren Einlassungen teilweise vorgebracht wurde, dass der Geschädigte nach seinem Hineinstürzen noch im Wasser zwischen 5 bis 15 Minuten geschwommen sei und hierbei nach teiiweiser Einlassung der Angeklagten auch Bahnen bzw. verschiedene Schwimmarten wie Rückenschwimmen geschwommen sei, sind die entsprechenden Einlassungen in diese Richtung als widerlegte Schutzbehauptung zur Überzeugung der Kammer anzusehen.
347
So ist nach den schlüssigen Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. … zum Ablauf des Ertrinkens und der Rettbarkeit des Geschädigten, den in Augenschein genommene Videoaufnahmen von dem Geschehen im und am Flutkanal sowie den Zeugenangaben zum Zustand des Geschädigten, zur Überzeugung der Kammer davon auszugehen, dass der Geschädigte in diesem hochgradig intoxikierten Zustand zu keinen koordinierten Schwimmbewegungen mehr fähig war, wie sich zweifelsfrei auch aus den eingeführten Videos ergibt. Insbesondere aufgrund der in die Hauptverhandlung eingeführten Videos, welche den Geschädigten um 22:23 Uhr und 22:25 Uhr in einem massiv intoxikierten Zustand am Ufer des Flutkanals zeigen, sprechen nach Würdigung der Kammer eindeutig gegen einen solchen Verlauf, bei dem es später noch zu kontrollierten Schwimmbewegungen des Geschädigten gekommen sein soll.
348
Weiterhin vermag die Kammer auf dem Video um 22:25 Uhr nach dem Hineinfallen des Geschädigten keine kontrollierten Bewegungen mehr erkennen. Vielmehr sind darauf zur Überzeugung der Kammer lediglich noch panische, reflexartige sowie unkontrollierte Bewegungen zu erkennen, mit denen sich dieser wohl noch vergeblich versuchte über Wasser zu halten.
349
Gegen einen solchen Ablauf, bei dem der Geschädigte nach seinem Sturz ins Wasser mit koordinierten Bewegungen weiter geschwommen sein soll, spricht zudem der Umstand, dass das um 22:25 Uhr aufgenommene Video, nach dem Hineinfallen und dem Dahintreiben des Geschädigten, schließlich abrupt abbricht, was aus Sicht der Kammer auffällig erscheint. Sollte es hingegen tatsächlich noch zu kontrollierten Schwimmbewegungen des Geschädigten gekommen sein, ist unerklärlich, warum gerade diese nicht mehr auf dem Video aufgenommen und damit ein heiteres Geschehen festgehalten wurde.
350
Ebenfalls gegen einen solchen Ablauf spricht schließlich, dass die Leiche des Geschädigten letztlich nur wenige Meter - wie sich insbesondere aus der Inaugenscheinnahme der Örtlichkeiten ergab - neben der ursprünglichen Einstiegsstelle des Geschädigten, bei welcher er um 22:25 Uhr in das Wasser des Flutkanals fiel, aufgefunden wurde. Unter Berücksichtigung einer nahezu nicht bestehenden Fließgeschwindigkeit spricht dies in einer Gesamtschau zur Überzeugung der Kammer indiziell dafür, dass der Geschädigte nach seinem Hineinfallen um 22:25 Uhr, letztlich nicht mehr in der Lage war, sich weiter durch kontrollierte Körperbewegungen über Wasser zu halten, größere Wegstrecken im Wasser zurückzulegen und daraufhin in unmittelbarer zeitlicher und örtlicher Nähe infolge eines eingeleiteten Ertrinkungsvorgangs verstarb.
351
Diese dargestellten Indizien sprechen zur Überzeugung der Kammer auch dafür, dass der Geschädigte nach seinem Sturz erneut selbständig das Wasser des Flutkanals verlassen konnte.
352
(b) Als widerlegt ist weiterhin die Behauptung des Angeklagten … anzusehen, welche darauf abzielt, dass die Angeklagten den Geschädigten noch bis 23:30 Uhr im Bereich des Flutkanals gesucht hätten. Diese Einlassung kann bereits deshalb nicht der Wahrheit entsprechen, da die Kameraaufzeichnung des Parkhauses die Rückkehr der Angeklagten um 22:42 Uhr in das Parkhaus, sowie ihr gemeinsames Verlassen um 22:45 Uhr im PKW des Angeklagten … dokumentiert hat.
353
(c) Als widerlegt erachtet die Kammer weiterhin die Einlassung der Angeklagten …, soweit von ihr vorgebracht wurde, sie und die anderen hätten dem Geschädigten noch im Wasser zugerufen: „Ok, jetzt reichts! Du hattest deinen Spaß, komm raus“. Hierzu konnte keiner der in der Hauptverhandlung vernommenen Zeugen, welche sich im Bereich der Brücke an der …-Straße in der relevanten Zeit aufgehalten bzw. diesen Bereich passiert haben, entsprechende Eindrücke oder akustische Wahrnehmungen schildern bzw. hierzu Angaben machen, obwohl sie in kurzer örtlicher Distanz die Einsturzstelle und zur Überzeugung der Kammer, wie sich insbesondere auch aus dem Augenschein ergab, in Hördistanz passierten. Insbesondere wurden seitens dieser Zeugen übereinstimmend keine hervorstechenden Ausrufe oder Schreie aus dem Bereich des Parkhauses bzw. des Ufers des Flutkanals geschildert.
354
(d) In diesem Zusammenhang ist auch die insoweit darauf abzielende Einlassung der Angeklagten, man habe nach dem Geschädigten noch im Bereich des Flutkanals, des Parkhauses sowie im Bereich der Brücke unter Rufen nach dem Geschädigten mehrere Minuten lang gesucht, als widerlegt anzusehen. Denn auch insoweit wurde seitens der hierzu vernommenen Zeugen keine optischen oder akustischen Wahrnehmungen geschildert, welche auf eine solche Suche des Geschädigten in diesen Bereichen mittels Rufen hätten schließen lassen können. Aufgrund der örtlichen Nähe zur Einsturzstelle ist die Kammer davon überzeugt, dass die betroffenen Zeugen ein Rufen gehört oder auch gesehen haben müssten.
355
(e) Soweit seitens der Angeklagten … darüber hinaus vorgebracht wurde, dass es dann später der Angeklagte … gewesen sei, der nochmals alleine ans Ufer gegangen sei. Er sei allerdings schnell wieder gekommen und habe mit verärgerter Miene gesagt: „Der sitzt da unten, lässt uns nach ihm suchen und rufen und jetzt will er nicht mehr mit. Der verarscht uns nur!“. Es sei dann die Angeklagte … gewesen, die den Angeklagten … zweimal gefragt habe, ob er sich sicher gewesen sei, den Geschädigten gesehen zu haben. Beide Male habe der Angeklagte … dies bejaht., handelt es sich auch insoweit um eine Schutzbehauptung der Angeklagten ….
356
Die Kammer ist wie bereits dargestellt der Überzeugung, dass sich der Geschädigte nicht mehr mittels koordinierten und kontrollierten Schwimmbewegungen im Gewässer des Flutkanals aufgehalten habe und sich dadurch schließlich auch aus dem Sichtfeld der Angeklagten entfernt habe. Hingegen ist die Kammer weiterhin davon überzeugt, dass der Geschädigte infolge seines Hineinfallens in das Gewässer um 22:25 Uhr in unmittelbarer zeitlicher und örtlicher Nähe durch einen Ertrinkungsvorgang verstarb. Damit kann hinsichtlich der in der Einlassung enthaltenen Kommunikation jedenfalls nicht eine zutreffende Beobachtung seitens des Angeklagten … zugrunde gelegen haben.
357
Indiziell gegen eine solche Wahrnehmung des Angeklagten … spricht weiter der Umstand, dass dieser an den Angeklagten … in einer Chatnachricht am 11.09.2020 um 23:42 Uhr schrieb: „Der war einfach weg/Ich mach mir gerade echt sorgen“. Auch aus diesem eingeführten Chatverlauf ergibt sich zur Überzeugung der Kammer vielmehr, dass sich der Geschädigte, nachdem er in den Flutkanal gefallen war, durch unkoordinierte Schwimmbewegungen aus dem Sichtfeld der Angeklagten entfernte und daraufhin in unmittelbarer zeitlicher und örtlicher Nähe ertrank. Dies spricht auch gegen die vom Angeklagten … ins Feld geführte Einlassung, dass er den geschädigten noch am Ufer sitzend vor ihrem Verlassen gesehen habe. Soweit der Angeklagte … tatsächlich den Geschädigten vor dem Verlassen noch am Ufer sitzend gesehen haben sollte, wäre es aus Sicht der Kammer fernliegen, wenn er in einer Nachricht ca. 1 Stunde später davon berichtet, dass „er einfach weg gewesen sei und er sich deshalb echt Sorgen mache“.
358
(f) Schließlich ist auch die Einlassung der Angeklagten …, welche darauf abzielt, die entsprechenden Videos seien von ihr lediglich zur Aktivierung der Taschenlampenfunktion auf dem Handy des Angeklagten … und „nicht des Filmens willen“ verwendet worden, nach den getroffenen Feststellungen der Kammer als widerlegt anzusehen.
359
So führte der sachverständigen Zeuge TOS … hinsichtlich des in die Hauptverhandlung eingeführten „Screenrecording-Videos“ aus, dass zu Beginn des Videos durch die heruntergezogene Symbolleiste erkennbar sei, welche Handyfunktionen momentan aktiviert seien und hierbei insbesondere die Aktivierung der Handy-Taschenlampe aus dem entsprechend ausgefüllten Kamera-Symbol auf dem Kontrollbildschirm für 27 Sekunden ersichtlich sei.
360
Der sachverständige Zeuge TOS … gab dahingehend weiter an, dass in dem Zeitpunkt, als die Kamera-App geöffnet gewesen sei, die Option der Hinzufügung der LED-Leuchte dort nicht bestanden habe. Dies sei, so die schlüssigen Ausführungen des sachverständigen Zeugen weiter, eine Eigenheit, wenn man sich im Modus „Seifie-Videos“ befinde. Wenn man hingegen auf die Rückseite-Kamera des Smartphones wechsle, so könne man die Leuchte manuell hinzuschalten.
361
Weiterhin erläuterte der sachverständige Zeuge im Hinblick auf die in die Hauptverhandlung eingeführten drei kurzen „Videoschnipsel“, dass deren Aufnahme auf dem „Screenrecording-Video“ ersichtlich sei, da dort ab Sekunde 36 das Kamerasymbol aufgerufen worden sei und der rote Aufnahme-Button drei Mal betätigt worden sei. Da die entsprechenden Aufnahmen durch die auf der Vorderseite befindlichen „Selfie-Kamera“ gefertigt worden sei, habe auch nicht die Option bestanden, die LED-Leuchte des Smartphones hinzuzufügen. Dies sei eine Eigenheit, wenn man sich im Modus „Selfie-Video-Aufnahme“ befinde. Hingegen könne man, wenn man auf die „Rückseite-Kamera“ des Smartphones wechsle, die LED-Leuchte hinzuschalten.
362
Im Hinblick auf das dritte „Videoschnipsel“ gab der sachverständige Zeuge weiter an, dass man hierbei ein Schluchzen vernehmen könne sowie darauf erkennen sei, dass während der Aufnahme des Videos die „Selfie-Kamera“ des Smartphones aktiv sei. Die aus diesem dritten „Videoschnipsel“ herausgeschnittenen Einzelbilder, welche in die Hauptverhandlung eingeführt wurden, zeigen weiterhin zur Überzeugung der Kammer das Konterfei der Angeklagten …, welche darauf mit einem lächelnden bzw. belustigten Gesichtsausdruck zu erkennen ist. Weiterhin ist das auf dem dritten „Videoschnipsel“ vernehmbare Schluchzen dem - auf diesem Video aufgrund der Aktivierung der Frontkamera nicht sichtbaren - Geschädigten zuzuordnen. Insbesondere ist hierbei eine deutliche Vergleichbarkeit zu dem, auf dem um 22:23 Uhr aufgenommenen Video vernehmbaren Schluchzen des dabei am Boden liegenden Geschädigten zur Überzeugung der Kammer zu erkennen.
363
Hinsichtlich des um 22:25 Uhr aufgenommenen Handyvideos - welches den Geschädigten beim Sturz ins Wasser zeigt - führte der sachverständige Zeuge darüber hinaus schlüssig aus, dass gegen Ende des Videos ein „Heranzoomen“ ersichtlich sei und dies nur durch eine manuelle Vornahme erreicht werden könne.
364
Dies spricht in einer Gesamtschau zur Überzeugung der Kammer gerade dafür, dass die Angeklagte … welche zwar - was die Kammer nicht verkennt - mit dem Mobiltelefon des Angeklagten … nicht näher vertraut war, jedoch die entsprechenden Videoaufzeichnungen gerade nicht fertigte, um damit eine Ausleuchtung des Geschädigten bzw. dessen Umfeld am Ufer des Flutkanals zu erreichen. Vielmehr wurden die entsprechenden Videos seitens der Angeklagten … aufgenommen, um das vermeintlich lustige Geschehen um den hilfsbedürftigen Geschädigten in dessen misslicher Lage am Uferbereich des Flutkanals bzw. im Wasser für die Zukunft festzuhalten.
365
(g) Ebenfalls als widerlegte Schutzbehauptung erachtete die Kammer die generelle Einlassung des Angeklagten … wonach er von dem eigentlichen Tatgeschehen am Ufer des Flutkanals weitestgehend keine Erinnerungen mehr habe.
366
Hierbei war aus Sicht der Kammer zu beachten, dass seitens der Zeugen in der Shisha-Bar übereinstimmend gerade keine bemerkenswerte Alkoholisierung des Angeklagten … im Rahmen der Hauptverhandlung dargestellt wurde. Weiterhin ist eine solche Alkoholisierung auch nicht auf den Überwachungskameras des Sanitätshauses … zur Überzeugung der Kammer erkennbar. Vielmehr ergibt sich daraus, dass der Angeklagte … hierbei noch zu gezielten Bewegungen, einer normalen stabilen Gangart sowie zu einer klaren Aussprache beim dem Satz „… wir gehen jetzt zum Auto.“ und „Ich bin Hacke wie Jacke, du auch?“ befähigt war. Entsprechende alkoholbedingte Ausfallerscheinungen waren demnach - wie auch der Sachverständige Dr. … feststelle - nach den getroffenen Feststellungen der Kammer gerade nicht zu verzeichnen.
367
Darüber hinaus ergibt sich aus den Ausführungen der Zeugin … sowie dem in die Hauptverhandlung eingeführten Auszug des Chatverkehrs dieser Zeugin mit dem Angeklagten … gerade ein gewisser „partieller Gedächtnisverlust“ des Angeklagten … im Hinblick auf das eigentliche Tatgeschehen. Ein solcher „partieller Gedächtnisverlust“ im Hinblick auf die bemerkenswerte und außergewöhnliche Situation an dem Ufer des Flutkanals sowie das sich daran anschließende Geschehen ist jedoch nach allgemeinen Erkenntnissen - unter gleichzeitiger Berücksichtigung, dass der Angeklagte … im Übrigen sonstige Erinnerungen, welche gerade nicht das eigentliche Tatgeschehen des Abends des 11.09.2020 betrafen, zumindest teilweise noch darstellen konnte - nicht sinnvollbar erklärbar, was auch der Sachverständige Dr. … bestätigte.
368
Insoweit war weiterhin in den Blick zu nehmen, dass auch nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. …, aufgrund der im Rahmen der Hauptverhandlung gewonnen Erkenntnisse, nicht von einem relevanten Rauscherlebnis seitens des Angeklagten … am Abend des 11.09.2020 auszugehen sei. So sei nach den schlüssigen Ausführungen des Sachverständigen hierbei insbesondere keine erkennbare Beeinträchtigung der Kognition zu erkennen, woraus sich der Schluss auf ein entsprechendes Rauscherlebnis ergeben könne.
369
Letztlich spricht gegen eine solche starke Alkoholisierung des Angeklagten … zudem der Umstand, dass die Zeugin … am 12.09.2020 gegen 12:00 Uhr auf der gemeinsamen Fahrt mit dem Angeklagten … nach … keine „Fahne“ habe feststellen können sowie der Angeklagte … gegen 15:00 Uhr eine Atemalkoholkonzentration von 0,00 aufgewiesen hatte.
370
(h) Soweit mittels des Antrages der Verteidigung der Angeklagten … und … vom 05.08.2021, welchem sich die Verteidigung des Angeklagten … angeschlossen hat, auf „Auswertung“ des Asservats 0.9 (Extraktion der Daten des Mobiltelefons des Geschädigten …), ein Geschehen vorgebracht wurde, das darauf abzielt, dass der Geschädigte noch am 12.09.2020 in der Zeit von 09:08:23 Uhr bis 09:12:21 (jeweils UTC+2) 152 Schritte getan habe, dabei 120,45 Meter zurückgelegt sowie die Höhe eines Stockwerks erklommen habe und damit ausgeschlossen sei, dass der Geschädigte bereits am 11.09.2020 ertrunken sei, ist die Annahme eines solchen Geschehens zur Überzeugung der Kammer aufgrund der getroffenen Feststellungen bei umfangreicher Würdigung aller Indizien auszuschließen.
371
So geht die Kammer aufgrund der bereits aufgeführten schlüssigen Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. … zum Ablauf des Ertrinkens und der Rettbarkeit des Geschädigten, den in Augenschein genommene Videoaufnahmen von dem Geschehen im und am Flutkanal sowie den Zeugenangaben zum Zustand des Geschädigten, vielmehr davon aus, dass es dem Geschädigten, welcher mit einer Blutalkoholkonzentration von 2,36 Promille und einer Konzentration des Wirkstoffes FUB-AMB von 15 ng/ml im Oberschenkelvenenblut im Zeitpunkt seines Todes einer massiven Intoxikation unterlag, nach seinem Sturz in den Flutkanal um 22:25 Uhr nicht mehr gelang, sich über einen längeren Zeitraum über Wasser zu halten oder gar das Gewässer des Flutkanals aus eigener Kraft wiederum zu verlassen. Insoweit kann auf die bereits angeführten Gründe der Kammer für eine solche Überzeugung Bezug genommen werden.
372
Darüber hinaus vermag die Kammer, dem in dem Beweisantrag unterstellten behaupteten Geschehen auch deshalb nicht zu folgen, da dies dann bedeuten würde, dass der Geschädigte nach seinem Sturz in den Flutkanal um 22:25 Uhr noch über mehrere Stunden im Bereicn des Flutkanals verblieben wäre, er schließlich, wie sich aus der Auswertung seiner Fitness-App in seinem Mobiltelefon ergebe, etwa 120 Meter - und dabei wohl etwa 60 Meter in die eine, sowie anschließend 60 Meter in die andere Richtung - gegangen sei und sodann wieder in unmittelbarer Nähe seiner ursprünglichen Einsturzstelle erneut in den Flutkanal gefallen sein müsste, wo er sodann erst gegen 09:12 Uhr am 12.11.2020 mit 2,36 Promille Blutalkoholkonzentration ertrunken wäre. Einen solchen zwar grundsätzlich möglichen Schluss, vermag die Kammer jedoch nach den getroffenen Feststellungen unter Zugrundelegung einer Gesamtbetrachtung vorliegend nicht zu ziehen. So würde ein solcher Schluss insbesondere bedeuten, dass der Angeklagte nach seinem Sturz in das Gewässer um 22:25 Uhr noch einen Nachtrunk getätigt haben müsste, da er ansonsten nach einer eigenen überschlägigen Berechnung der Kammer, unter Zugrundelegung eines durchschnittlichen stündlichen Abbauwertes von 0,15 Promille, bereits am 11.09.2020 um 22:25 Uhr mit einer Blutalkoholkonzentration von knapp unter 4 Promille in das Wasser des Flutkanals gefallen sein müsste, wenn man einen Nachtrunk am Ufer des Flutkanals ausschließt. Dies ist jedoch nach den getroffenen Feststellungen der Kammer ebenso unwahrscheinlich, wie die weitergehende Annahme, dass der Angeklagte nach seinem Sturz in den Flutkanal um 22:25 Uhr diesen nochmals verlassen konnte und es daraufhin im Umkreis von etwa 60 Meter noch zu einem Nachtrunk sowie einem Konsum des Cannabimimetikums FUB-AMB gekommen sei, sodass er am 12.09.2020 gegen 09:12 Uhr schließlich mit den entsprechenden Konzentrationen des Cannabimimetikums und des Alkohols im Blut erneut in das Wasser des Flutkanals fiel und daraufhin erst ertrank. So war hierbei insbesondere zu beachten, dass der Geschädigte zwar als durchaus alkoholgewöhnt beschrieben werden kann, jedoch eine Alkoholkonzentration in einem Bereich von 4 Promille nach eigener Sachkunde der Kammer regelmäßig nur durch massiv an Alkohol gewöhnte Personen, welche einem schweren chronischen Alkoholismus unterliegen, ohne eine tödliche Alkohol-Intoxikation erreicht werden können. Von einer derartigen Alkoholgewöhnung war allerdings hinsichtlich des Geschädigten jedenfalls nach den getroffenen Feststellungen in der Hauptverhandlung nicht auszugehen.
373
Gegen die Annahme eines solchen Geschehens, bei dem das Handy des Geschädigten in der Zeit zwischen etwa 09:08 Uhr und 09:12 Uhr am 12.09.2020 noch funktionsfähig gewesen sein soll, spricht letztlich auch indiziell, dass der Zeuge … dem Geschädigten noch um 09:05 Uhr eine Nachricht über W. A. zugesandt hatte. Hinsichtlich dieser Nachricht führte der Zeuge in der Hauptverhandlung allerdings aus, dass diese nur noch mit „einem Häkchen“ hinterlegt war. Auch daraus schließt die Kammer, dass der Geschädigte zu dieser Zeit aufgrund seines Sturzes in das Gewässer um 22:25 Uhr bereits seit mehreren Stunden tot sowie das Smartphone des Geschädigten aufgrund der Lage im Wasser bereits nicht mehr funktionsfähig und ausgeschalten war.
2.4.2. Zur Schuldfähigkeit der Angeklagten
374
Die Kammer ist in Übereinstimmung mit den Ausführungen des Sachverständigen Dr. … in der Hauptverhandlung zu der Überzeugung gelangt, dass keines der Eingangsmerkmale des § 20 StGB zum Tatzeitpunkt erfüllt war, sodass sämtliche Angeklagten bei der jeweiligen Tatausführung jeweils voll schuldhaft handelten. Hinsichtlich der Prüfung des Vorliegens der Eingangsvoraussetzungen des § 20 StGB ist der Sachverständige Dr. … von zutreffenden Anknüpfungstatsachen ausgegangen.
375
Gemäß § 20 StGB handelt ohne Schuld, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung oder wegen Schwachsinns oder einer schweren anderen seelischen Abartigkeit unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln. Insoweit ist zunächst erforderlich, dass bei dem Angeklagten eine psychische Störung vorliegt, die unter eines der psychopathologischen Eingangsmerkmale des § 20 StGB zu subsumieren ist. Sodann sind der Ausprägungsgrad der Störung und deren Einfluss auf die soziale Anpassungsfähigkeit des Angeklagten festzustellen, insbesondere, ob, in welcher Weise und in welchem Umfang sie sich auf sein Tatverhalten ausgewirkt haben (vgl. BGH, Urteil vom 17.04.2012 - 1 StR 15/12).
376
(1) Unter krankhafter seelischer Störung ist eine organisch bedingte Beeinträchtigung zu verstehen (MüKoStGB/Streng, 3. Aufl. 2017, StGB § 20 Rn. 31).
377
Anhaltspunkte hierfür haben sich nicht ergeben. Weder der persönliche Werdegang des jeweiligen Angeklagten noch der Eindruck im Rahmen der Hauptverhandlungen haben Hinweise auf das Vorliegen einer psychotischen Beeinträchtigung ergeben. Dies wird belegt durch die Ausführungen des Sachverständigen Dr. … der angegeben hat, dass sich im Rahmen der von ihm jeweils durchgeführten Exploration sowie in der Hauptverhandlung keine Anhaltspunkte für eine organische Schädigung der intellektuellen Leistungsfähigkeit ergeben haben.
378
Nach den widerspruchsfreien und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen Dr. … bestehen auch keineriei Anhaltspunkte für die Annahme einer schizophrenen Erkrankung oder einer schweren affektiven Problematik bei dem jeweiligen Angeklagten.
379
Diesen Ausführungen schließt sich die Kammer vollumfänglich an. Die Kammer ist aufgrund der nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen Dr. … ebenfalls davon überzeugt, dass die Steuerungsfähigkeit und das Einsichtsvermögen des jeweiligen Angeklagten nicht beeinträchtigt war, da zur Tatzeit bei keinem der Angeklagten eine akute relevante Intoxikation bestanden haben.
380
Der Sachverständige hat hierzu nachvollziehbar ausgeführt, dass zwar nach den Berechnungen der Alkoholwerte unter Berücksichtigung der Angaben der Angeklagten … und … sich eine wahrscheinliche Alkoholisierung des Angeklagten … im Bereich zwischen minimal 1,18 Promille und maximal 2,22 Promille sowie bei der Angeklagten … zwischen 1,64 Promille und 1,94 Promille ergab. Jedoch war hinsichtlich beider Angeklagter aus klinisch-psychiatrischer Sicht im relevanten Tatzeitraum nicht von einer solchen Alkoholintoxikation auszugehen, welche Folgen einer erheblichen Beeinträchtigung der Wahrnehmungsfähigkeit hätte nach sich ziehen können.
381
So war hinsichtlich des Angeklagten … aus psychiatrischer Sicht hingegen anzunehmen, dass dieser im relevanten Tatzeitraum eine Alkoholintoxikation im unteren Bereich zwischen 0,8 bis 1,5 Promille aufwies, da sich aufgrund der Erkenntnisse in der Hauptverhandlung gerade keine Hinweise für ein positives Rauscherlebnis ergeben hätten.
382
Ähnliches galt nach den weiteren Ausführungen des Sachverständigen im Rahmen der Hauptverhandlung auch im Hinblick auf die Angeklagte … bei der im relevanten Tatzeitraum aus psychiatrischer Sicht von eine Alkoholintoxikation mit einem Wert von etwa 1,2 Promille auszugehen war. Denn auch hinsichtlich dieser Angeklagten haben sich eben keine Anzeichen feststellen lassen, die auf ein positives Rauscherlebnis hätten schließen lassen können.
383
Die Kammer schließt sich diesen überzeugenden und plausiblen Ausführungen des Sachverständigen Dr. … nach eigener Prüfung an. Ergänzend war zu sehen, dass die Angeklagte … im Tatzeitraum und unmittelbar daran anschließenden Zeitraum noch komplexe Handlungsabläufe bewerkstelligen konnte. So war es der Angeklagten … möglich, den Geschädigten auf dem Weg nach dem Verlassen der Shisha-Bar beim Gehen zu stützen. Um 22:09 Uhr vermochte es die Angeklagte in dem Parkhaus ohne Auffälligkeiten sich die Haare zu bürsten. Weiter war es ihr am Uferstreifen des Flutkanals möglich, das ihr fremde Mobiltelefon des Angeklagten … zu bedienen und hierbei auch zu filmer sowie zu zoomen. Weiterhin konnte die Angeklagte … zusammen mit dem Angeklagten … ab etwa 23:30 Uhr noch einige Chatnachrichten austauschen und sich dabei ohne Auffälligkeiten verständigen. Zudem fasste die Angeklagte … auch noch vernünftige Überlegungen indem sie etwa für sich den Entschluss traf, zu dieser Zeit zu Bett zu gehen, da sie am nächsten Tag arbeiten musste und deshalb früh aufstehen musste.
384
(2) Die „tiefgreifende Bewusstseinsstörung“ meint nichtkrankhafte Störungen, gemessen am herkömmlichen psychiatrischen Krankheitsbegriff, bei denen aber die normale Wahrnehmungs- und Erlebnisfähigkeit des Betroffenen bzw. sein seelisches Gefüge zentral beeinträchtigt ist. Ob die Störung tiefgreifend ist, ist aufgrund einer Gesamtwürdigung des Täterverhaltens vor, während und nach der Tat zu bestimmen (Fischer, StGB, 66. Aufl., § 20, Rn. 32).
385
Dies zugrunde gelegt, ist die Kammer in Übereinstimmung mit den Ausführungen des Sachverständigen davon überzeugt, dass die dem jeweiligen Angeklagten zur Last gelegte Tat nicht Ausdruck einer emotionalen Labilisierung mit erheblicher Affektäußerung ist.
386
(3) Hinweise auf das Vorliegen des Eingangsmerkmals des Schwachsinns haben sich weder aufgrund des persönlichen Eindrucks des jeweiligen Angeklagten im Rahmen der Hauptverhandlung noch aus dessen persönlichen Werdegang ergeben. Unter Schwachsinn ist eine Minderung der kognitiven Leistungsfähigkeit zu verstehen. Insbesondere ist in Anbetracht der persönlichen Entwicklung des jeweiligen Angeklagten hierbei nicht vom Vorliegen dieses Eingangsmerkmals auszugehen.
387
Dies belegen auch die Ausführungen des Sachverständigen Dr. … der ausgeführt hat, dass die Intelligenzleistung des jeweiligen Angeklagten zumindest im Durchschnittsbereich liege.
388
(4) Auch von einer schweren anderen seelischen Abartigkeit kann vorliegend nicht ausgegangen werden. Hierunter sind seelische Fehlanlagen und Fehlentwicklungen zu verstehen, die in ihrer Gesamtheit das Leben des Täters vergleichbar schwer und mit ähnlichen - auch sozialen - Folgen stören, belasten oder einengen wie krankhafte seelische Störungen (BGH NStZ 1991, 428 f.).
389
Ausgehend von den Ausführungen des Sachverständigen Dr. … der eine Persönlichkeitsstörung des jeweiligen Angeklagten nicht feststellen konnte und unter Berücksichtigung einer Gesamtschau der Persönlichkeit des jeweiligen Angeklagten, seiner Entwicklung und der Tat ist die Kammer davon überzeugt, dass kein andauerndes und tiefgreifendes abnormes Verhaltensmuster bei dem jeweiligen Angeklagten gegeben ist, sodass nicht vom Vorliegen einer schweren anderen seelischen Abartigkeit auszugehen ist.
390
(5) Zusammenfassend ist die Kammer daher zu der Überzeugung gelangt, dass keines der Eingangsmerkmale des § 20 StGB zum Tatzeitpunkt erfüllt war.
1. Strafbarkeit der Angeklagten
1.1. Strafbarkeit der Angeklagten … und …
391
Die Angeklagten … und … haben sich aufgrund des festgestellten Sachverhalts jeweils der Aussetzung mit Todesfolge gem. §§ 221 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3, 18 StGB strafbar gemacht und waren daher entsprechend schuldig zu sprechen.
392
Eine Strafbarkeit wegen Totschlags durch Unterlassen gem. §§ 212 Abs. 1, 13 StGB war hingegen nicht gegeben.
1.1.1. Aussetzung mit Todesfolge (§§ 221 Abs. 1 und 3, 18 StGB)
1.1.1.1. Objektiver Tatbestand
393
Die Angeklagten … und … haben den Geschädigten in einer hilflosen Lage im Stich gelassen, trotz ihrer in dieser Situation bestehenden Obhuts- bzw. Beistandspflicht im Hinblick auf das Wohlergehen des Geschädigten.
394
(1) Die erforderliche Garantenstellung ergibt sich für die Angeklagten … und … jeweils aus der tatsächlichen, freiwilligen Übernahme der Beschützerfunktion.
395
Die Kammer verkennt dabei nicht, dass allein daraus, dass jemand einem Hilfsbedürftigen beisteht, sich noch keine Garantenpflicht zur Vollendung der begonnenen Hilfeleistung ergibt. So entsteht diese erst, wenn der Helfer die Situation des Hilfsbedürftigen wesentlich verändert hat, insbesondere andere Rettungsmöglichkeiten ausschließt oder neue Gefahren begründet (vgl. BGHSt 26, 35 (39) = NJW, 1975, 1175).
396
Tatsächlich haben die Angeklagten … und … hier jeweils durch ihr Verhalten die Rettungsmöglichkeiten für den Geschädigten verringert, indem sie den Geschädigten unter ihrer Hilfeleistung aus der Shisha-Bar führten und damit aus einem sicheren Umfeld, im Rahmen dessen mehrere Personen zu etwaigen Hilfeleistungen gegenüber dem Geschädigten zur Verfügung gestanden wären, hinausführten (vgl. BGH, Urt. v. 22.06.1993, Az. 1 StR 264/93).
397
So stützten die Angeklagten … und … den Geschädigten die Treppen beim Verlassen der Shisha-Bar nach oben, was insbesondere durch die Zeugen … und … wahrgenommen wurde. Der Geschädigte war zu diesem Zeitpunkt aufgrund seines massiven Alkoholkonsums sowie seines möglicherweise bereits zu diesem Zeitpunkt erfolgten Konsums des Betäubungsmittels FUB-AMB erkennbar nicht mehr zu einem eigenverantwortlichen Handeln in der Lage. So hatte der Geschädigte in der Shisha-Bar bereits erhebliche Ausfallerscheinungen gezeigt, welche die Angeklagten … und … auch mitbekommen hatten. Der Geschädigte war hierbei insbesondere bereits auf dem Weg zur Toilette gestürzt, hatte eine Shisha beinahe umgeworfen und die glühende Kohle mit der Hand aufgehoben. Weiterhin konnte er weder seine Jacke mehr selbstständig anziehen noch selbstständig die Treppe zum Verlassen der Shisha-Bar hinaufsteigen.
398
Durch ihre Hilfestellungen brachten die Angeklagten … und … zumindest gegenüber den in dem Außenbereich der Shisha-Bar anwesenden Personen konkludent zum Anschein, dass sie auf den Geschädigten aufpassen, diesen hinsichtlich seiner bestehenden Ausfallerscheinungen unterstützen und daher für das Wohlergehen des Geschädigten einstehen wollen bzw. für seine wohlbehaltene Rückkehr nach Hause Sorge tragen werden. In dem Moment des Verlassens der Shisha-Bar wurden die Angeklagten … und … folglich zu Beschützergaranten mit Obhutspflichten für das Leben und die Gesundheit des Geschädigten, da sie den Geschädigten in diesem Zeitpunkt der Möglichkeit der Hilfeleistung anderer Gäste sowie des Wirts der Shisha-Bar entzogen und dadurch die Gefahr für den Geschädigten erhöhten, da dieser außerhalb der Shisha-Bar exklusiv auf den Schutz der Angeklagten … und … angewiesen war, welche diesem zuvor die Übernahme dieser Beschützerfunktion durch ihr Handeln symbolisiert hatten. Damit haben die Angeklagten … und … jeweils schlüssig erklärt, für das Wohlergehen des Geschädigten Sorge zu tragen und dadurch eine Vertrauenslage geschaffen (vgl. BGH, Urt. 04.12.2007, Az. 5 StR 324/07).
399
(2) Die nunmehr begründete Garantenpflicht der Angeklagten … und … wurde im weiteren Verlauf auch nicht unterbrochen oder beendet.
400
Denn auch im weiteren Verlauf des Weges von der Shisha-Bar bis zum Parkhaus in der … Straße unterstützten die Angeklagten … und … den Geschädigten jeweils durch ihre Hiifestellungen und symbolisierten damit auch gegenüber den Passanten auf der Straße, dass dem Geschädigten geholfen wird und dieser keine weitergehende Hilfe durch Dritte benötigt. So wurde der Geschädigte auf dem Weg zum Parkhaus erst durch die Angeklagte … gestützt bzw. geführt sowie spätestens dann auf der Höhe des Sanitätshauses … von dem Angeklagten … an der Hand geführt.
401
Schließlich konnte das Außerachtlassen des Geschädigten in der Nähe des Parkhauses nicht dazu führen, dass es zu einem Abbruch der Garantenstellung kam. Vielmehr kamen die Angeklagten … und … in dieser Situation bereits ihrer Pflicht im Hinblick auf das Wohlergehen des Geschädigten nicht nach. Dadurch konnte sich die bereits bestehende Verpflichtung jedoch nicht schmälern oder enden. Vielmehr ist infolge der an dieser Stelle bereits eingetretenen Verletzung ihrer Pflichten sogar eine Konkretisierung bzw. Verschärfung ihrer Obhutspflicht im Hinblick auf das weitere Wohlergehen des Geschädigten eingetreten.
402
(3) Der Geschädigte war aufgrund seiner bestehenden massiven Intoxikation spätestens im Zeitpunkt, als er gegen 22:21 Uhr unmittelbar im Uferbereich des Flutkanals von den Angeklagten … und … am Boden liegend aufgefunden wurde, hilflos. Diese Hilflosigkeit wurde seitens des Geschädigten insbesondere gegenüber der Angeklagten … um 22:22 Uhr, verbunden mit einem Aufruf um Hilfeleistung bzw. Beistand, ausdrücklich verbalisiert. Im Übrigen ergibt sich die bestehende Hilflosigkeit von … aus der, auf den um 22:23 Uhr und 22:25 Uhr auf den beiden eingeführten Videos dokumentierten miserablen körperlichen Verfassung des Geschädigten.
403
(4) Die Angeklagten … und … haben den Geschädigten in seiner Situation, welche in dieser Weise wenigstens in der Zeit zwischen 22:21 Uhr und 22:25 Uhr bestanden hatte, im Stich gelassen, da sie gegenüber dem hilflosen Geschädigten keine Aktivitäten unternahmen, die auf eine Hilfeleistung oder ein Beistehen gerichtet waren.
404
Insoweit war zu beachten, dass das Recht auch denjenigen nicht zu sinnlosem Tun verpflichtet, der aufgrund einer Garantenstellung gehalten ist, einen bestimmten Erfolg abzuwenden. Allerdings lässt dabei nur die sicher voraussehbare Erfolglosigkeit eines Rettungsbemühens die Handlungspflicht entfallen (vgl. BGH NStZ 1994, 29 = NJW 1994, 1357).
405
Vorliegend hätten die Angeklagten … und … jeweils für sich betrachtet, als auch in einem gemeinsamen Zusammenwirken das spätere Hineinstürzen des Geschädigten in den Flutkanal durch ein beruhigendes Einwirken auf den Geschädigten und/oder durch ein Festhalten des Geschädigten, damit dieser daran gehindert wird aufzustehen, verhindern können. Allerdings wurden seitens der Angeklagten … und … keinerlei solcher Handlungen unternommen. Vielmehr wurde der Geschädigte seitens der Angeklagten … in seiner misslichen Lage gefilmt und ausgelacht. Auch infolge seiner direkten Ansprache gegenüber Angeklagten … mit dem Ziel des Beistandes oder der Hilfeleistung ihm gegenüber, wurde dem Geschädigten seitens der Angeklagten … und … nicht geholfen. Dadurch, dass die Angeklagten … und … dem Geschädigten folglich über einen Zeitraum von wenigstens 4 Minuten keine Hilfeleistung zukommen ließen und den Geschädigten dabei auch in seiner misslichen Lage filmten, symbolisierten sie diesem gegenüber, dass sie diesem keine Hilfe zukommen lassen wollten. Die Kammer ist deshalb auch der Ansicht, dass sich der Geschädigte bereits deshalb zu einem eigenen Tätigwerden um 22:25 Uhr gezwungen sah und daraufhin beim Versuch des sich selbst Aufrichtens in das Wasser des Flutkanals fiel. Dieser Sturz hätte demnach bereits durch ein beruhigendes und einfühlsames Einwirken auf den augenscheinlich verzweifelten Geschädigten verhindert werden können. Weiterhin hätte der Geschädigte, welcher sich offensichtlich in einer miserablen körperlichen Verfassung, weitestgehend ohne verbleibende Körperspannung, befand, durch die beiden unmittelbar sich bei ihm befindlichen Angeklagten … und … durch die Ausübung eines leichten körperlichen Druckes auf seinen Körper am Boden des Uferbereichs fixiert werden können, bis Rettung herbeigerufen worden wäre. Auf diese Weiße wäre es dann auch nicht zu dem misslungenen Aufrichteversuch von … gekommen.
406
(5) Indem die Angeklagten … und … jeweils den Geschädigten in dessen hilfloser Lage am Ufer des Flutkanals im Stich ließen, wurde für den Geschädigten die konkrete Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung geschaffen.
407
Insoweit ist zu beachten, dass der Erfolg des Grunddelikts der Eintritt oder die Steigerung einer Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsbeschädigung, der das Opfer durch das Verhalten des Täters ausgesetzt wird, erfordert. Vom Gesetz angesprochen ist dabei eine konkrete Gefahr, die sich dadurch auszeichnet, dass eine kritische Situation eintritt, in der jederzeit die Realisierung der Gefar des Todeseintritts oder des Eintritts einer schweren Gesundheitsbeschädigung zu erwarten ist und dies nur noch vom Zufall abhängt. Befindet sich das Opfer bereits vor dem Eingreifen des Täters in einer Gefahrenlage, muss die Gefahr durch die Tat gesteigert werden (vgl. BeckOK StGB/Eschelbach, 50. Ed. 1.5.2021, StGB § 221 Rn. 17 ff. m.w.N.).
408
Vorliegend ist infolge des Hinzutretens der Angeklagten … und … gegenüber dem am Boden liegenden Geschädigten von einer Erhöhung der Gefahr auszugehen. So wurde dem Geschädigten, trotz seines unverkennbar miserablen körperlichen Zustands sowie seines Flehens um Beistand seitens der Angeklagten … und … über einen Zeitraum von wenigstens 4 Minuten nicht geholfen. Da die Angeklagten … und … damit gegenüber dem Geschädigten durch ihr bereits beschriebenes Verhalten symbolisierten, ihm auch weiter nicht beizustehen, musste sich der Geschädigte veranlasst gezwungenermaßen selbst dazu veranlasst fühlen, sich selbstständig aufzurichten und sich vom Uferbereich des Flutkanals aus dieser Gefahrensituation zu entfernen.
409
Infolge ihrer unterlassenen Hilfeleistung gegenüber dem Geschädigten erhöhten die Angeklagten … und … so jeweils die konkrete Gefahr des Todes seitens des Geschädigten. So bestand aufgrund der massiven Intoxikation sowie des miserablen körperlichen Zustandes des Geschädigten die konkrete Gefahr, dass dieser in den unmittelbar neben ihm verlaulenden Flutkanal fallen könnte und er es aufgrund seines Zustandes nicht mehr eigenständig aus dem Gewässer hinausschaffen bzw. sich weiter über Wasser halten könnte.
410
Für das tatsächliche Bestehen einer solchen Gefahr spricht dabei weiter, dass sich auch in der Folge aufgrund des anschließenden Sturzes des Geschädigten in das Gewässer und den hierdurch begründeten Ertrinkungstod eben diese Gefahr auch tatsächlich verwirklichte.
411
(6) Insoweit ist auch nicht von einer eigenverantwortlichen Selbstgefährdung des Geschädigten auszugehen. So war der Geschädigte bereits im Zeitpunkt des Verlassens der Shisha-Bar, aufgrund der bereits zu dieser Zeit bestehenden erheblichen Intoxikation, nicht mehr zu einem eigenverantwortlichen Handeln befähigt und hierbei ausschließlich auf die Hilfe der Angeklagten … und … angewiesen, welche den Geschädigten aus dem sicheren Umfeld der Shisha-Bar verbracht hatten. In der Folge verblieb es auch weiterhin bei diesem Zustand bzw. dieser verschlechterte sich noch weitergehend auf dem Weg bis zum Parkhaus, sodass auch während dieser Zeit nicht mehr von einer Möglichkeit zu einem eigenverantwortlichen Handeln seitens des Geschädigten ausgegangen werden konnte. Damit kann insbesondere infolge seines eigenständigen Entfernens im Bereich des Parkhauses sowie durch den Alkoholkonsum in der Shisha-Bar nicht von einer eigenverantwortlichen Selbstgefährdung des Geschädigten jedenfalls ab dem Zeitpunkt des Verlassens der Shisha-Bar ausgegangen werden.
412
In gleicher Weise kann damit hinsichtlich des fortlaufenden Geschehens nicht von einem Abbruch der Kausalkette durch eine eigenverantwortliche Handlung des Geschädigten ausgegangen werden.
1.1.1.2. Subjektiver Tatbestand
413
Die Angeklagten … und … handelten bei Verwirklichung der objektiven Tatbestandsmerkmale jeweils mit zumindest bedingtem Vorsatz.
414
(1) Im Hinblick auf die bestehende Garantenstellung ergibt sich dies aus den jeweilig ergriffenen eigenständigen Hilfeleistungen beim Verlassen der Bar gegenüber dem Geschädigten. Weiterhin aus der Erkennbarkeit des bestehenden Zustands des Geschädigten seitens der Angeklagten … und … infolge der vorherigen Gegebenheiten und Ereignisse in der Shisha-Bar. Den beiden Angeklagten war bei Verlassen der Shisha-Bar bewusst, dass sie nunmehr ausschließlich dafür verantwortlich waren, den schwer angeschlagenen Geschädigten wohlbehalten bis in den PKW des Angeklagten … zu bringen.
415
(2) Weiterhin war die bestehende Hilflosigkeit des Geschädigten, wie sie spätestens am Ufer des Flutkanals bestand, für die Angeklagten … und … jeweils zur Überzeugung der Kammer klar erkennbar. So befand sich der Angeklagte hierbei in einem miserablen körperlichen Zustand, in dem er augenscheinlich nicht mehr in der Lage war, sich selbst zu helfen. Spätestens infolge des Flehens um Beistand seitens des Geschädigten um 22:23 Uhr konnten die Angeklagten … und … jeweils davon ausgehen, dass die Hilflosigkeit des Geschädigten real war und dieser in der gegebenen Situation dringend auf ihre Hilfe angewiesen war.
416
(3) Obwohl die Hilflosigkeit des Geschädigten für die Angeklagten … und … jeweils erkennbar war, verwehrten sie dem Geschädigten die gebotene und zumutbare Hilfeleistung in Form eines jedenfalls psychischen Beistandes oder einer leichten körperlichen Hilfestellung, indem sie den Geschädigten weiter sich selbst überließen. Spätestens als der Geschädigte mit seinem direkten Appell seine bestehende Hilflosigkeit kundtat und sich die Angeklagten … und … dennoch nicht dazu entschlossen, diesem beizustehen, nahmen sie es zumindest billigend in Kauf, dass dem Geschädigten nicht die erforderliche Hilfeleistung in dieser Situation zukommt.
417
(4) Die von dem Gewässer für den hilflosen Geschädigten ausgehende konkrete Gefahr des Todes bzw. einer schweren Gesundheitsschädigung nahmen die Angeklagten … und … dabei jeweils bewusst in Kauf. So mussten sie davon ausgehen, dass der schwer angeschlagene Geschädigte, der sich um Hilfe flehend, bei bestehender Dunkelheit sowie in unmittelbarer Nähe zu dem Gewässer des Flutkanals befand und dabei bereits zuvor auf dem Weg bis zum Parkhaus deutliche motorische Ausfälle gezeigt hatte, im Falle einer rnissglückten Bewegung in das Gewässer abzurutschen oder hineinzufallen drohte. Darüber hinaus war für die Angeklagten … und … dabei erkennbar, dass der Geschädigte in diesem Zustand, nicht mehr zu koordinierten Bewegungen mehr in der Lage sein könnte, sodass sich dieser eigenständig - wenn überhaupt - nur noch über einen kurzen Zeitraum über Wasser halten könnte.
418
Auch der von den Angeklagten erkannte Umstand, dass der Geschädigte bereits nasse Haare bzw. auch nasse Kleidung hatte und damit wohl bereits im Flutkanal oder in diesen eingetaucht war, führt zur Überzeugung der Kammer nicht dazu, dass der Vorsatz bezüglich der Hilflosigkeit des Geschädigten aufseiten der Angeklagten entfallen würde. Insbesondere aufgrund des von den Angeklagten erkannten Zustandsbild, des lauten Flehens und Schluchzens und des Umstandes, dass er sich in diesem Zustand unmittelbar neben der Wasserkante und dies bei schlechten Lichtverhältnissen befand, haben die Angeklagten zur Überzeugung der Kammer für sich jeweils die Möglichkeit erkannt, dass der Geschädigte in das Wasser des Flutkanals fallen könnte. Dies nahmen die Angeklagten … und … billigend in Kauf, indem sie dem Geschädigten gleichgültig gegenübertraten.
419
Dass die Angeklagten … und … jeweils von dem grundsätzlichen Bestehen einer solchen Gefahr für den Geschädigten ausgingen, ergibt sich zudem daraus, dass der sich zusammen mit der Angeklagten … an dem Uferstreifen befindliche Angeklagte … noch um 22:32 Uhr versuchte die Notrufnummer 19222 zu wählen, wobei er jedoch fälschlicherweise einmal die Ziffer 9 zu viel eintippte.
1.1.1.3 Verwirklichung der Erfolgsqualifikation
420
Infolge des Nichtergreifens einer Hilfeleistung gegenüber dem hilflosen Geschädigten verursachten die Angeklagten … und … jeweils den Tod des Geschädigten.
421
(1) Insoweit war zu beachten, dass sich gerade in der schweren Folge, die der Aussetzung eigentümliche Gefahr verwirklichen muss (vgl. BGH NStZ 1983, 424; Heger ZStW 119 (2007), 593, 615 f.; BeckOK StGB/Eschelbach, 50. Ed. 1.5.2021, StGB § 221 Rn. 29).
422
Dies war vorliegend der Fall. Denn gerade durch das Unterlassen der erforderlichen Hilfeleistung gegenüber dem Geschädigten, stürzte dieser letztlich aufgrund seines frustranen Versuches, mit welchem er sich selbst aufrichten wollte und zu dem er sich wegen des Verhaltens der Angeklagten … und … gezwungen sah, in das Gewässer, woraufhin sich dann die bestehende konkrete Gefahr des Gewässers für den massiv intoxikierten Geschädigten verwirklichen konnte, der in diesem Zustand zu keinen kontrollierten Schwimmbewegungen mehr fähig war.
423
(2) Bei Herbeiführung dieser schweren Folge handelten die Angeklagten … und … weiterhin nicht lediglich fahrlässig, sondern zur Überzeugung der Kammer sogar leichtfertig.
424
So hätte es sich für die Angeklagten … und … jeweils geradezu aufdrängen müssen, dass sich der Geschädigte - aufgrund seines bestehenden Zustands sowie seines Flehens um Hilfe, in Kombination mit seiner Lage in unmittelbarer Nähe zu dem Gewässer des Flutkanals - in der vorliegenden Situation in unmittelbarer Lebensgefahr befand. Insbesondere durften die Angeklagten … und … hierbei jeweils - unabhängig ob sich der Geschädigte bereits zuvor im Wasser des Flutkanals befunden hatte oder nicht - in keinster Weise mehr davon ausgehen, dass ein (etwaiges nochmaliges) Hineinfallen des Geschädigten ein gutes Ende nehmen würde, da mit koordinierten Schwimmbewegungen seitens des Geschädigten in dieser körperlichen Verfassung nicht mehr zu rechnen war. Dieses, in besonderem Maße pflichtwidrige Verhalten sowie die daraus resultierende Gefahr für den Geschädigten hätten die Angeklagten … und … dabei auch erkennen können und müssen.
425
Die Kammer hat dabei nicht verkannt, dass die Angeklagten … und … zu diesem Zeitpunkt alkoholisiert waren. Unter Berücksichtigung der Ausführungen des Sachverständigen Dr. … ist die Kammer davon überzeugt, dass sich die naheliegende Todesgefahr - unter Berücksichtigung ihres sonstigen koordinierten und bedachten Verhaltens - auch in ihrem alkoholisierten Zustand hätte aufdrängen müssen.
1.1.2. Keine Strafbarkeit wegen Totschlags durch Unterlassen (§§ 212 Abs. 1, 13 StGB)
426
Eine Strafbarkeit der Angeklagten … und … wegen Totschlags durch Unterlassen gem. §§ 212 Abs. 1, 13 StGB war vorliegend gleichwohl nach Ansicht der Kammer nicht gegeben.
427
Insoweit war zu beachten, dass die Angeklagten … und … zwar im Hinblick auf ihre eigene Garantenstellung sowie ihre unterlassene Hilfeleistung jeweils vorsätzlich handelten. Jedoch wurde der Tod des Geschädigten vorliegend durch ein leichtfertiges Handeln der Angeklagten verursacht und gerade nicht durch ein jeweiliges Handeln bzw. Unterlassen unter bewusster Inkaufnahme des Todes des Geschädigten.
428
Insoweit vermochte die Kammer jeweils hinsichtlich der Angeklagten … und … bereits kein entsprechendes Motiv für eine solche Tat erkennen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Angeklagten … und … jeweils darauf hofften, dass selbst ein Hineinfallen des Geschädigten in das Gewässer des Flutkanals noch ein gutes Ende nehmen würde. Für eine solche Annahme sprechen insbesondere die im Nachgang an das Geschehen am Flutkanal seitens der Angeklagten … und … jeweils an den Geschädigten versandten Chatnachrichten. So schrieb der Angeklagte … im Zeitraum von 23:25 Uhr bis 00:25 Uhr an den Geschädigten Nachrichten mit dem Inhalt „Amk; Wo bist; Ist es wirklich dein Ernst; Du penner; wo bist f du; Su wixxer; Du*; Wo bist du; Ich bringe dich morgen um.“. Weiterhin schickte die Angeklagte … am 12.09.2020 um 07:47 Uhr dem Geschädigten eine Textnachricht mit dem Inhalt „Lebst du noch?“. Eben diese Nachrichten lassen sich zur Überzeugung der Kammer nur dadurch erklären, dass die Angeklagten … und … jeweils davon ausgingen, dass der Geschädigte den Sturz in den Flutkanal überlebt habe.
429
Dabei war weiter in den Blick zu nehmen, dass für die Annahme eines Tötungsvorsatzes gerade eine viel höhere Hemmschwelle aufseiten des Täters besteht, als für die Annahme eines Gefährdungs- oder Verletzungsvorsatz (vgl. NK-StGB/Ulfrid Neumann/Frank Saliger, 5. Aufl. 2017 Rn. 10, StGB § 212 Rn. 10 m.w.N.). Dies muss umso mehr in dem vorliegenden Fall hinsichtlich des Angeklagten … gelten, welcher einer der beiden besten Freunde des Geschädigten war.
430
Ebenfalls in den Blick zu nehmen war hierbei, dass die Angeklagten … und … jeweils alkoholbedingt enthemmt waren. Insoweit ist zwar davon auszugehen, dass die Angeklagten, die für den Geschädigten am Ufer des Flutkanals bestehende konkrete Gefahr erkannten und sich damit abfanden. Jedoch ist auch unter Berücksichtigung der alkoholbedingten Enthemmung gerade nicht davon auszugehen, dass die Angeklagten … und … jeweils mit der tatsächlichen Realisierung dieser Gefahr rechneten und auf einen guten Ausgang hofften - wenngleich sich auch die sehr konkrete Möglichkeit der tatsächlichen Realisierung dieser Gefahr - wie ausgeführt - aus Sicht der Kammer für sie hätte aufdrängen müssen.
1.2. Strafbarkeit des Angeklagten …
431
Der Angeklagte … hat sich aufgrund des festgestellten Sachverhalts der unterlassenen Hilfeleistung gem. § 323 c Abs. 1 StGB strafbar gemacht und war daher entsprechend schuldig zu sprechen.
432
Eine Strafbarkeit wegen Totschlags durch Unterlassen gem. §§ 212 Abs. 1, 13 StGB bzw. Aussetzung mit Todesfolge gem. §§ 221 Abs. 1 und 3, 18 StGB bzw. fahrlässiger Tötung gem. § 222 StGB bzw. fahrlässiger Tötung durch Unterlassen gem. §§ 222, 13 StGB war hinsichtlich des Angeklagten … hingegen nicht gegeben.
1.2.1. Unterlassene Hilfeleistung (§ 323 c Abs. 1 StGB)
1.2.1.1. Objektiver Tatbestand
433
Indem der Geschädigte unter nicht geklärten Umständen in der Zeit zwischen 22:13 Uhr und 22:21 Uhr die Böschung hinter dem Parkhaus am Flutkanal hinab fiel und dort anschließend aufgrund seines massiv intoxikierten Zustands hilflos liegen blieb, kam es zu einem Unglücksfall im Sinne des § 323 c Abs. 1 StGB.
434
(1) Ein solcher Unglücksfall ist dabei jedes plötzliche Ereignis, das erheblichen Schaden an Menschen oder Sachen verursacht und weiteren Schaden zu verursachen droht (BGHSt. 6, 147 (152); 11, 136; Schönke/Schröder/Hecker Rn. 5; Fischer Rn. 3). Die Ursache des Schadens bzw. der Gefahr ist grundsätzlich. Auch der zu Verpflichtende kann den Unglücksfall durch erlaubt-riskantes oder fahrlässigrechtswidriges Verhalten herbeigeführt haben (BGH NJW 1953, 556).
435
Im Tatbestandsmerkmal „Unglücksfall“ ist zudem das Erfordernis der Gefahr drohender weiterer Schäden enthalten, die zu vereiteln oder jedenfalls abzumildern schon im Rechtsgut angelegt ist. Für das entsprechende Gefahrenurteil kommt es auf eine objektivierte ex-ante-Sicht an (BGH NStZ 2021, 236 (237) Rn. 11).
436
Ein solcher Unglücksfall war damit vorliegend gegeben. Aufgrund des Sturzes des Geschädigten hinunter an das Ufer des Flutkanals drohte diesem aufgrund seines körperlichen Zustands weiterer erheblicher Schaden. So befand sich der Geschädigte dabei in einen Zustand, in welchem er zu keinen koordinierten Körperbewegungen mehr befähigt war bzw. eine hierfür erforderliche Körperspannung nicht mehr aufbauen konnte, bei nahezu vollständiger Dunkelheit in unmittelbarer Nähe zu dem Gewässer des Flutkanals.
437
Die Kammer verkannte dabei nicht, dass insoweit kein Unglücksfall vorliegt, soweit der Schaden bzw. die Gefahr aus einer freien und voll verantwortlichen bewussten Selbstgefährdung des Opfers hervorgeht oder wenn der über das bedrohte Gut Dispositionsbefugte bei zutreffender Einschätzung der Sachlage sich weigert, Hilfe anzunehmen (BeckOK StGB/Heintschel-Heinegg, 50. Ed. 1.5.2021, StGB § 323 c Rn. 8-11). Hierbei war allerdings zu beachten, dass der Geschädigte spätestens im Zeitpunkt des Erreichens des Parkhauses um 22:08 Uhr aufgrund seiner massiv ausgeprägten Intoxikation nicht mehr zu einem seibstbestimmten bzw. eigenverantwortlichen Handeln in der Lage war.
438
(2) In dem vorliegenden Unglücksfall hat der Angeklagte … die Ergreifung der hierbei erforderlichen und ihm dabei auch möglichen sowie zumutbaren Hilfeleistungen gegenüber dem Geschädigten unterlassen.
439
Zwar ergibt sich insoweit, dass der Angeklagte nach seiner eigenen Einlassung sowie den in die Hauptverhandlung eingeführten Chatauszug zwischen ihm und dem Zeugen …, gegenüber den weiteren Angeklagten … und … (mehrfach) vorgebracht hatte, dass er einen Notarzt verständigen wollte, dies jedoch seitens der beiden anderen Angeklagten nicht beachtet bzw. aufgegriffen wurde. Weiterhin war nach den getroffenen Feststellungen der Kammer davon auszugehen, dass der Angeklagte … die Angeklagten … und … auch aufgefordert hatte, den Geschädigten vom Wasser weg und die Böschung nach oben zu bringen, was die Angeklagten … und … jedoch nicht umsetzten. Damit hätte sich der Angeklagte … jedoch in dieser Situation nicht begnügen dürfen. Vielmehr oblag es ihm hierbei eigenständig und dabei auch ohne Zustimmung bzw. Mitwirkung der Angeklagten … und … eine entsprechende Rettungshandlung durchzuführen bzw. einen Hilferuf abzusetzen und hilfsbereite Dritte herbeizuholen.
440
Eine solche Rettungshandlung hätte dabei in Form der tatsächlichen Absetzung des vorgeschlagenen Rettungsnotrufes oder aber auch unter Hinzuziehung von Personen an der …-Brücke - wie etwa dem Zeugen … - durch Rufe oder Schreie erfolgen können. Auch wenn dem Angeklagten … aufgrund seiner bestehenden Schulterverletzung möglicherweise eine eigenständige körperliche Hilfeleistung gegenüber dem Geschädigten, an dem nur schwer zugänglichen Uferstreifen des Flutkanals nicht zumutbar gewesen wäre, so wäre die Verständigung hilfsbereiter Dritter zur weiteren Vornahme von Rettungshandlungen jedenfalls vorliegend erforderlich sowie in der konkreten Situation für den Angeklagten … auch möglich und zumutbar gewesen.
1.2.1.2. Subjektiver Tatbestand
441
Der Angeklagte … handelte bei der Verwirklichung der objektiven Tatbestandsmerkmale mit zumindest bedingtem Vorsatz.
442
So war dem Angeklagten … - wenngleich er das Geschehen nicht aus unmittelbarer Nähe, sondern lediglich von dem Radweg oberhalb der Uferböschung in einer Entfernung von wenigen Metern mitverfolgte - bewusst, in welcher hilflosen Lage der Geschädigte sich an dem dortigen Uferstreifen des Flutkanals aufgrund seines vorherigen Sturzes sowie der bestehenden massiven Intoxikation befand. Denn auch dem Angeklagten … war spätestens infolge der gemeinsamen Rückkehr zu dem Parkhaus an der …-Straße bewusst, in welchem miserablen körperlichen Zustand sich der Geschädigte befand. Weiterhin wurde ihm auch das unmittelbare Geschehen am Ufer des Flutkanals durch die entsprechenden Äußerungen der sich dort befindlichen Angeklagten … und … vermittelt. Zudem sprach hierbei gerade für die Kenntnis des Angeklagten … im Hinblick auf den bestehenden Unglücksfall und seine eigene Verpflichtung zur Ergreifung von Rettungshandlungen der Umstand, dass er eigentlich einen Notruf absetzen wollte, dies jedoch mangels entsprechendem Zuspruch seitens der Angeklagten … und … jedoch sodann unterließ.
1.2.2. Keine Strafbarkeit wegen Totschlags durch Unterlassen (§§ 212 Abs. 1, 13 StGB), Aussetzung mit Todesfolge (§§ 221 Abs. 1 und 3, 18 StGB), fahrlässiger Tötung (§ 222 StGB) bzw. fahrlässiger Tötung durch Unterlassen (§§ 222, 13 StGB)
443
Eine Strafbarkeit des Angeklagten … wegen Totschlags durch Unterlassen (§§ 212 Abs. 1, 13 StGB), Aussetzung mit Todesfolge (§§ 221 Abs. 1 und 3, 18 StGB), fahrlässiger Tötung (§ 222 StGB) bzw. fahrlässiger Tötung durch Unterlassen (§§ 222, 13 StGB) schied bereits mangels einer entsprechender Garantenpflicht des Angeklagten … für das Wohlergehen des Geschädigter aus.
444
Hierbei war zu beachten, dass durch keine der Zeugen, welche sich in der relevanten Zeit in der Shisha-Bar aufgehalten hatten, von einer Hilfestellung des Angeklagten … gegenüber dem Geschädigten berichtet werden konnte. So berichteten die Zeugen zwar insbesondere davon, dass die Angeklagten … und … dem Geschädigten halfen, die Treppen zum Ausgang der Shisha-Bar nach oben zu steigen. Eine entsprechende Miteinbeziehung des Angeklagten … hierbei konnten die Zeugen im Rahmen der Hauptverhandlung jedoch nicht wiedergeben. Auch im Übrigen wurde der Angeklagte … welcher erst wieder später zur Gruppe der Angeklagten … und … sowie dem Geschädigten zurückkehrte als eher abgewandt im Hinblick auf das durch die Zeugen beobachtete Geschehen beschrieben. Eine Ausnahme bildete hierbei jeweils lediglich die involvierung des Angeklagten … in den Bezahlvorgang beim Verlassen der Shisha-Bar.
445
Nach den getroffenen Feststellungen vermochte die Kammer daher die Voraussetzungen für das Bestehen einer Garantenstellung aus der tatsächlichen, freiwilligen Übernahme der Beschützerfunktion im Hinblick auf den Angeklagten … nicht sicher zu erkennen.
446
Darüber hinaus ergab sich für die Kammer auch nicht aus anderen Umständen das Bestehen einer entsprechenden Garantenpflicht seitens des Angeklagten … für die Rechtsgüter des Geschädigten.
447
Im Hinblick auf den Straftatbestand des Totschlags durch Unterlassen gem. §§ 212 Abs. 1, 13 StGB war zudem zu beachten, dass - neben der nicht bestehenden Garantenpflicht des Angeklagten … - ebenfalls nicht von einer zumindest erfolgten billigenden Inkaufnahme des Todes des Geschädigten zur Überzeugung der Kammer ausgegangen werden konnte.
448
Hierbei war zwar in den Blick zu nehmen, dass der Angeklagte … gegenüber dem Zeugen … in der Chatnachricht um 22:25 Uhr geschrieben hatte „…/Ist in nach gefallen/Bach/Ist gerade am ertrinken/Lul“ sowie auf die Nachricht des Zeugen … „Lass ihn drinnen“, mit „Mach ich auch“ geantwortet hatte. Jedoch war nach den schlüssigen Ausführungen des Zeugen … im Hinblick auf den zwischen den Angeklagten … und ihm verwendeten besonderen Sprachgebrauchs nicht davon auszugehen, dass sich die entsprechenden Äußerungen des Angeklagten … tatsächlich auf eine billigende Inkaufnahme eines Ertrinkungstodes seitens des Geschädigten beziehen.
449
Hingegen spricht dafür, dass der Angeklagte … gerade nicht von einem solchen Verlauf ausging, im Rahmen dessen es tatsächlich zu dem Tod des Geschädigten aufgrund dessen Sturzes in den Flutkanal kommen könnte, der weitere Chatverlauf von ihm mit dem Zeugen … sowie mit dem Angeklagten …. So schilderte der Angeklagte … gegenüber dem Zeugen … in einer um 23:41 Uhr abgesetzten Sprachnachricht etwa „Dicker, so wie der gekrault ist dann am Ende und also ganz ehrlich, ertrinken wird er nicht, spätestens irgendwo wird er angeschwemmt werden und wacht dann auf so.“. Darüber hinaus führte der Angeklagte … gegenüber dem Angeklagten … in einer Chatnachricht am 12.09.2020 um 12:52 Uhr aus: „Du wirst ihm alles erzählen und du wirst ihm sagen das du nicht geholfen hast amk/Ich hab tausend Mal gesagt ich kann nicht runter wegen meiner schulter/Ihr sollt ihm aufhelfen/Aber ihr habt nichts gemacht.“
450
Dies spricht in einer Gesamtschau zur Überzeugung der Kammer eben dafür, dass der Angeklagte … davon ausging, dass der Sturz des Geschädigten keinen weitergehenden gravierenden Verlauf nehmen würde und er dabei insbesondere nicht ernsthaft von einem möglichen Eintritt des Todes seitens des Geschädigten ausging - wenngleich er zuvor entsprechende Andeutungen in diese Richtung aufgrund seines gegenüber dem Zeugen gebrauchten Sprachstils gemacht hatte.
2. Schuldfähigkeit der Angeklagten
451
Nach den getroffenen Feststellungen der Kammer war hinsichtlich sämtlicher Angeklagter insbesondere nicht von einer erheblichen Beeinträchtigung oder gar einer aufgehobene Einsichts- und Steuerungsfähigkeit im Sinne von § 20 StGB auszugehen.
452
Weiterhin waren seitens sämtlicher Angeklagten auch keine anderen Eingangsmerkmale des § 20 StGB zum Tatzeitpunkt erfüllt, sodass die Angeklagten … und … bei Ausführung ihrer jeweiligen Tat schuldhaft handelten.
1.1. Strafrahmenbestimmung
453
Aufgrund der verwirklichten Erfolgsqualifikation sieht § 221 Abs. 3 StGB einen Regelstrafrahmen von drei Jahren bis zu fünfzehn Jahren Freiheitsstrafe bzw. im Falle des Vorliegens eines minderschweren Falles gem. § 221 Abs. 4 Alt. 2 StGB eine Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren vor.
1.2. Strafrahmenverschiebung
454
Das Vorliegen eines minder schweren Falles wurde unter Heranziehung aller Strafzumessungskriterien von der Kammer verneint.
455
Hierbei war in den Blick zu nehmen, ob das gesamte Tatbild einschließlich aller subjektiven Momente und der Täterpersönlichkeit vom Durchschnitt der erfahrungsgemäß gewöhnlich vorkommenden Fälle in einem so erheblichen Maße abweicht, dass die Anwendung dieses Strafrahmens geboten erscheint. Für die Prüfung der Frage ist eine Gesamtbetrachtung erforderlich, bei der alle Umstände heranzuziehen und zu würdigen sind, die für die Wertung der Tat und des Täters in Betracht kommen, gleichgültig, ob sie der Tat selbst innewohnen, sie begleiten, ihr vorausgehen oder nachfolgen (vgl. BeckOK StGB/Eschelbach, 50. Ed. 1.5.2021 Rn. 33, StGB § 221 Rn. 33).
456
Bei der Abwägung der allgemeinen Strafzumessungskriterien hat die Kammer zugunsten des Angeklagten … insbesondere berücksichtigt, dass er bis zu seiner verfahrensgegenständlichen Inhaftierung sozial eingeordnet gelebt hat und durch die erstmalig erlittene Untersuchungshaft erheblich beeindruckt ist.
457
Für den Angeklagten sprach weiter, dass dieser strafrechtlich bislang nicht in Erscheinung getreten war.
458
Zugunsten des Angeklagten war weiter zu werten, dass dem Geschädigten aufgrund seines vorhergegangenen erheblichen Alkoholkonsums ein erhebliches Mitverschulden an seinem letztlich eingetretener Zustand und seinem Tod zuteilwurde. Hierbei war zu beachten, dass der Geschädigte den Alkohol zunächst freibestimmt zu sich nahm, wenngleich insbesondere der Angeklagte … diesen dazu auch mitanimiert hatte.
459
Für den Angeklagten sprach weiter, dass dieser aufgrund seines eigenen vorangegangenen Alkohoikonsums, bei der ihm zur Last liegenden Tatausführung alkoholbedingt enthemmt war, ohne dass dies jedoch seine Einsichts- und/oder Steuerungsfähigkeit in erheblicher Weise im Sinne der §§ 20, 21 StGB beeinträchtigt hatte.
460
Gegen den Angeklagten … sprach hingegen, dass dieser, zusammen mit dem Zeugen …, einer der besten Freunde des Geschädigten war und dadurch dem Geschädigten in der konkreten Situation am Ufer des Flutkanals in besonderer Weise zum Beistand verpflichtet gewesen wäre. So war der Angeklagte mit dem Geschädigten seit dem Jahr 2018 in einer solchen Art befreundet, dass diese sich nahezu täglich trafen, gemeinsame Unternehmungen sowie Urlaubsreisen zusammen unternahmen. Dem Angeklagten kam daher eine besondere Verpflichtung für das Wohlergehen des Geschädigten zu, gerade im Falle der hier verfahrensgegenständlichen Situation, in welcher sich der Geschädigte erkennbar nicht mehr selbstständig helfen konnte und - wie bereits auf dem Weg von der Shisha-Bar bis zum Parkdeck an der …-Straße - aufgrund seines miserablen körperlichen Zustandes auf fremde Hilfe angewiesen war. Anders als die Angeklagte … war der Angeklagte … nicht ein flüchtiger Bekannter, sondern einer der dem Geschädigten nahestehendsten Personen, welcher der Geschädigte Vertrauen schenkte.
461
Zulasten des Angeklagten wertete die Kammer zudem, dass dem Angeklagten, in der Zeit von 22:21 Uhr bis 22:25 Uhr und damit über einen Zeitraum von knapp 4 Minuten, einfache handlungsmöglichkeiten zur Verfügung gestanden haben, welche dieser zu Abwendung des Taterfolges mit Leichtigkeit ohne gravierenden Aufwand und Selbstgefährdung hätte ergreifen können. So wäre bereits ein beruhigendes Einwirken auf den Geschädigten, zusammen mit einem Festhalten oder Fixieren des Geschädigten am Ufer des Flutkanals, in der konkreten Tatsituation möglich und zumutbar gewesen. Bereits dadurch wäre es dem, in seiner körperlichen Konstitution deutlich eingeschränkten Geschädigten nicht weiter möglich gewesen, einen Versuch des Aufstehens zu unternehmen bzw. hätte er sich hierzu auch nicht veranlasst gesehen, wenn er das Gefühl vermittelt bekommen hätte, dass ihm geholfen wird anstatt gefilmt und ausgelacht zu werden. Hierdurch hätte das unkontrollierte Hineinfallen des Geschädigten in den Flutkanal durch seinen Versuch des Aufrichtens bereits mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vermieden werden können. Im Foigenden hätten sodann auch weitere Aktivitäten unternommen werden können, um den Geschädigten - möglicherweise auch unter Zuhilfenahme der beiden anderen Angeklagten … und … und/oder verständigter Dritte oder Rettungskräfte - weiter von der Gefahrenstelle am Ufer des Flutkanals zu entfernen und damit die von dem Gewässer des Flutkanals ausgehende Gefahr für den Geschädigten endgültig zu entschärfen.
462
Gegen den Angeklagten sprach sodann weiter, dass dieser, die spätere Todesfolge nicht lediglich fahrlässig, sondern sogar leichtfertig zur Überzeugung der Kammer verursachte. So war für den Angeklagten … welcher bereits den massiven Alkoholkonsum des Geschädigten sowie dessen Ausfallerscheinungen in der Shisha-Bar mitbekommen hatte - welche sich sodann auch für den Angeklagten erkennbar auf dem Weg von der Shisha-Bar bis zum Parkdeck an der …-Straße fortgesetzt hatten - das Bestehen einer hochgradigen Intoxikation des Geschädigten, verbunden mit der massiven Beeinträchtigung der Handlungsfähigkeit, insbesondere auch der muskulären Koordination sowie des Gleichgewichtssinnes, deutlich erkennbar. Erkennbar für den Angeklagten … war in gleicher Weise die von dem Gewässer des Flutkanals für den Geschädigten ausgehende greifbare Gefahr in dieser Situation. So befand sich der hilflose Geschädigte, welcher bereits zuvor die Uferböschung heruntergefallen war und daraufhin zu keinen kontrollierten Körperbewegungen mehr in der Lage war, in unmittelbarer Nähe zu dem Gewässer des Flutkanals. Aufgrund dieser Nähe zu dem Gewässer, der miserablen körperlichen Verfassung des Geschädigten sowie der schlechten Lichtverhältnisse am Ufer des Flutkanals, hätte es sich dem Angeklagten … geradezu aufdrängen müssen, dass der Geschädigte - möglicherweise erneut - in den Flutkanal fallen könnte und es daraus nicht mehr ohne fremde Hilfe hinausschaffen könnte sowie sich aufgrund seines körperlichen Zustandes nur noch für kurze Zeit über Wasser halten könnte. Die Leichtfertigkeit war, zumal § 18 StGB bezüglich der besonderer Folge der Tat nur (wenigstens) Fahrlässigkeit vorsieht, straferschwerend zu würdigen.
463
Unter Abwägung dieser strafzumessungsrelevanten Umständen konnte die Kammer bei der Wertung von Tat und Täterpersönlichkeit nicht von einem Überwiegen der entlastenden Gesichtspunkte ausgehen, weswegen die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens des § 221 Abs. 4 StGB nicht geboten erschien. Nach der damit nicht vorzunehmenden Strafrahmenverschiebung war die Strafe daher dem Regelstrafrahmen des § 221 Abs. 3 StGB zu entnehmen, womit sich ein Strafrahmen von drei Jahren bis fünfzehn Jahren Freiheitsstrafe ergab.
464
Eine Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB kam vorliegend ebenso nicht in Betracht, da seitens des Angeklagten … keine erhebliche Beeinträchtigung der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit bei der Tatausführung vorlag.
465
Eine Strafrahmenverschiebung aus § 13 Abs. 2 StGB war vorliegend zudem nicht möglich, da die Aussetzung durch „im Stich lassen“ im Sinne des § 221 Abs. 1 Nr. 2 StGB stets ein Unterlassungsdelikt darstellt (vgl. BGH, Beschluss vom 19.10.20211 - 1 StR 233/11).
466
Ausgehend von dem Strafrahmen des § 221 Abs. 3 StGB hat die Kammer unter nochmaliger Abwägung der bereits bei der Strafrahmenfindung aufgeführten zugunsten und zulasten des Angeklagten sprechenden Erwägungen eine Freiheitsstrafe von 5 Jahren 6 Monaten für tat- und schuldangemessen erachtet.
2.1. Strafrahmenbestimmung
467
Aufgrund der verwirklichten Erfolgsqualifikation sieht § 221 Abs. 3 StGB einen Regelstrafrahmen von drei Jahren bis zu fünfzehn Jahren Freiheitsstrafe bzw. im Falle des Vorliegens eines minderschweren Falles gem. § 221 Abs. 4 Alt. 2 StGB eine Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren vor.
2.2. Strafrahmenverschiebung
468
Das Vorliegen eines minder schweren Falles wurde unter Heranziehung aller Strafzumessungskriterien von der Kammer im Rahmen der vorgenommenen Gesamtwürdigung verneint.
469
Hierbei war zu prüfen, ob das gesamte Tatbild einschließlich aller subjektiven Momente und der Täterpersönlichkeit vom Durchschnitt der erfahrungsgemäß gewöhnlich vorkommenden Fäile in einem so erheblichen Maße abweicht, dass die Anwendung dieses Strafrahmens geboten erscheint. Für die Prüfung der Frage ist eine Gesamtbetrachtung erforderlich, bei der alle Umstände heranzuziehen und zu würdigen sind, die für die Wertung der Tat und des Täters in Betracht kommen, gleichgültig, ob sie der Tat selbst innewohnen, sie begleiten, ihr vorausgehen oder nachfolgen (vgl. BeckOK StGB/Eschelbach, 50. Ed. 1.5.2021 Rn. 33, StGB § 221 Rn. 33).
470
Bei der Abwägung der allgemeinen Strafzumessungskriterien hat die Kammer zugunsten der Angeklagten … insbesondere berücksichtigt, dass diese bis zu ihrer verfahrensgegenständlichen Inhaftierung sozial eingeordnet lebte und durch die erstmalig erlittene Untersuchungshaft erheblich beeindruckt ist.
471
Für die Angeklagte sprach weiter, dass sie strafrechtlich bislang nicht in Erscheinung getreten war.
472
Zugunsten der Angeklagten war weiter zu werten, dass dem Geschädigten aufgrund seines vorhergegangenen erheblichen Alkoholkonsums ein erhebliches Mitverschulden an seinem letztlich eingetretenen Zustand sowie seinem Tod zuteilwurde. Hierbei war zu beachten, dass der Geschädigte den Alkohol zunächst freibestimmt zu sich nahm, wenngleich insbesondere die Angeklagte … diesen dazu auch mitanimierte, wie Zeugen berichteten.
473
Für die Angeklagte sprach weiter, dass diese aufgrund ihres eigenen vorangegangenen Alkoholkonsums, bei der ihr zur Last liegenden Tatausführung alkoholbedingt enthemmt war, ohne dass dies jedoch ihre Einsichts- und/oder Steuerurgsfähigkeit in erheblicher Weise im Sinne der §§ 20, 21 StGB beeinträchtigt hatte.
474
Gegen die Angeklagte … sprach hingegen, dass dieser, in der Zeit von 22:21 Uhr bis 22:25 Uhr und damit über einen Zeitraum von knapp 4 Minuten, einfache Handlungsmöglichkeiten zur Verfügung gestanden haben, welche diese zu Abwendung des Taterfolges mit Leichtigkeit ohne gravierenden Aufwand und Selbstgefährdung hätte ergreifen können. So wäre bereits ein beruhigendes Einwirken auf den Geschädigten, zusammen mit einem Festhalten oder Fixieren des Geschädigten am Ufer des Flutkanals, in der konkreten Tatsituation möglich und zumutbar gewesen. Bereits dadurch wäre es dem, in seiner körperlichen Konstitution deutlich eingeschränkten Geschädigten nicht weiter möglich gewesen, einen Versuch des Aufstehens zu unternehmen bzw. hätte er sich hierzu auch nicht veranlasst gesehen, wenn er das Gefühl verwirklicht bekommen hätte, dass ihm geholfen wird anstatt gefilmt und ausgelacht zu werden. Hierdurch hätte das unkontrollierte Hineinfallen des Geschädigten in den Flutkanal durch seinen Versuch des Aufrichtens bereits mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vermieden werden können. Dazu wäre auch die Angeklagte … als Frau und auch unter Berücksichtigung ihrer körperlichen Einschränkungen in zumutbarer Weise in der Lage gewesen.
475
Gegen die Angeklagte sprach sodann weiter, dass diese die spätere Todesfolge nicht lediglich fahrlässig, sondern sogar leichtfertig zur Überzeugung der Kammer verursachte. So war für die Angeklagte … welche bereits den massiven Alkoholkonsum des Geschädigten sowie dessen Ausfallerscheinungen in der Shisha-Bar mitbekommen hatte - welche sich sodann auch für die Angeklagte … erkennbar auf dem Weg von der Shisha-Bar bis zum Parkdeck an der … Straße fortgesetzt hatten - das Bestehen einer hochgradigen Intoxikation des Geschädigten, verbunden mit der massiven Beeinträchtigung der Handlungsfähigkeit, insbesondere auch der muskulären Koordination sowie des Gleichgewichtssinnes, deutlich und unzweifelhaft erkennbar. Erkennbar war für die Angeklagte … in gleicher Weise die von dem Gewässer des Flutkanals für den Geschädigten ausgehende greifbare Gefahr in dieser Situation, welche sich auch für sie hätte geradezu aufdrängen müssen. So befand sich der hilflose Geschädigte, welcher bereits zuvor die Uferböschung heruntergefallen war und daraufhin zu keinen kontrollierten Körperbewegungen mehr in der Lage war, in unmittelbarer Nähe zu dem Gewässer des Flutkanals. Aufgrund dieser Nähe zu dem Gewässer, der miserablen körperlichen Verfassung des Geschädigten sowie der schlechten Lichtverhältnisse am Ufer des Flutkanals, hätte es sich der Angeklagten geradezu aufdrängen müssen, dass der Geschädigte - möglicherweise erneut - in den Flutkanal fallen könnte und daraus nicht mehr ohne fremde Hilfe hinausschaffen könnte sowie sich aufgrund seines körperlichen Zustandes nur noch für kurze Zeit über Wasser halten könnte. Die Leichtfertigkeit war, zumai § 18 StGB bezüglich der besonderen Folge der Tat nur (wenigstens) Fahrlässigkeit vorsieht, straferschwerend zu würdigen.
476
Zulasten der Angeklagten wertete die Kammer zudem, dass die Angeklagte seitens des Geschädigten - der hierbei kaum den Kopf heben konnte, nasse Haare hatte, sowie sein rechter Arm und seine rechte Hand, parallel zum Kopf abgewinkelt, regungslos im Gras lag - mit weinerlicher Stimme zwei Mal unter mehrmaligem hörbaren Schluchzen mit den Worten „… mir geht’s nicht gut.“ angefleht wurde. Die Angeklagte hätte sich daher in besonderer Weise, da sie seitens des Geschädigten direkt angesprochen wurde, dazu berufen fühlen müssen, dem Geschädigten in dessen selbst bekundetem hilflosen Zustand beizustehen anstatt ihn auszulachen und ihn zu filmen.
477
Gegen die Angeklagte sprach sodann weiter, dass sie - statt dem hilflosen Geschädigten am Ufer des Flutkanals zu helfen oder in dessen Situation beizustehen - diesen mit dem Smartphone des Angeklagten … filmte und auslachte als er ins Wasser gefallen war, was auf dem eingeführten Video unzweifelhaft zu hören war. Den Umstand, dass die Angeklagte … angeblich lediglich aufgrund der Funktion der Taschenlampe willens, die beiden Videos um 22:23 Uhr und 22:25 Uhr aufgenommen habe, wertete die Kammer hingegen wie ausgeführt als reine Schutzbehauptung. Vielmehr ist die Kammer in einer Gesamtschau zu der Überzeugung gelangt, dass die Angeklagte den Zustand des Geschädigten am Ufer des Flutkanals auf einem Handyvideo für die Zukunft festhalten wollte. Die Aufnahme der beiden etwa 12 Sekunden langen Videos stellte die Angeklagte dabei erst abrupt ein, als der Geschädigte unkontrolliert im Gewässer des Flutkanals, aufgrund dessen vorangegangenen Hineinstürzens, davontrieb.
478
Unter Abwägung dieser strafzumessungsrelevanten Umständen konnte die Kammer bei der Wertung von Tat und Täterpersönlichkeit auch bei der Angeklagten … nicht von einem Überwiegen der entlastenden Gesichtspunkte ausgehen, weswegen die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens des § 221 Abs. 4 StGB auch bei ihr nicht geboten erschien. Nach der damit nicht vorzunehmenden Strafrahmenverschiebung war die Strafe mithin aus dem Regelstrafrahmen des § 221 Abs. 3 StGB zu schöpfen.
479
Eine Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB kam vorliegend ebenfalls auch bei ihr nicht in Betracht, da seitens der Angeklagten … keine erhebliche Beeinträchtigung der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit bei der Tatausführung vorlag.
480
Eine Strafrahmenverschiebung nach § 13 Abs. 2 StGB kam vorliegend aus genannten Gründen nicht in Betracht.
481
Ausgehend von dem Strafrahmen des § 221 Abs. 3 StGB hat die Kammer unter nochmaliger Abwägung aller, insbesondere der bereits bei der Strafrahmenfindung aufgeführten zugunsten und zulasten der Angeklagten sprechenden Erwägungen eine Freiheitsstrafe von 4 Jahren 6 Monaten für tat- und schuldangemessen erachtet.
3.1. Strafrahmenbestimmung
482
Der Strafrahmen aus § 323 c Abs. 1 StGB sieht Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe vor.
3.2. Strafrahmenverschiebung
483
Eine Strafrahmenverschiebung scheidet vorliegend aus. Insbesondere ergibt sich eine solche vorliegend nicht aus §§ 21, 49 Abs. 1 StGB, da seitens des Angeklagten … keine erhebliche Beeinträchtigung der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit bei der Tatausführung vorlag.
484
Zugunsten des Angeklagten … hat die Kammer insbesondere berücksichtigt, dass er bis zu seiner verfahrensgegenständlichen Inhaftierung sozial eingeordnet lebte und durch die erstmalig erlittene Untersuchungshaft erheblich beeindruckt ist.
485
Für den Angeklagten sprach weiter, dass dieser strafrechtlich bislang nicht in Erscheinung getreten war.
486
Zugunsten des Angeklagten war weiter zu werten, dass dem Geschädigten aufgrund seines vorhergegangenen erheblichen Alkoholkonsums ein erhebliches Mitverschulden an seinem letztlich eingetretenen Zustand und seinem Tod zuteilwurde. Hierbei war zu beachten, dass der Geschädigte den Alkohol zunächst freibestimmt zu sich nahm, wenngleich die Angeklagten … und … diesen dazu auch mitanimiert hatten.
487
Für den Angeklagten … sprach weiter, dass dieser am 12.09.2020 gegenüber dem Zeugen PM … relativ konkrete Angaben zur Tatsituation und zur Tatörtlichkeit machte und durch sein kooperatives Verhalten in dieser Situation insbesondere die zu dieser Zeit noch bestehende Vermisstensuche förderte.
488
Zugunsten des Angeklagten wertete die Kammer zudem, dass dieser von der unmittelbaren Tatsituation am Ufer des Flutkanals etwas entfernt stand und dadurch ein schiechteres Bild auf das unmittelbare Tatgeschehen hatte sowie durch seine bestehende Schulterverletzung sich nur schwerlich an den Uferbereich des Flutkanals begeben hätte begeben können.
489
Zugunsten des Angeklagten sprach schließlich, dass dieser seitens des Geschädigten nach dem Verlassen der Shisha-Bar - ohne vorherigen eigenen Verursachungsbeitrag - körperlich angegangen wurde und dadurch der Ansporn zu einer selbständigen körperlichen Hilfeleistung - auch in Kombination mit der bestehenden eigenen Schulterverletzung - herabgesetzt wurde.
490
Gegen den Angeklagten … sprach jedoch die vorliegend eingetretenen erhebliche Tatfolge in Form des Todes des Geschädigten.
491
Zulasten des Angeklagten war weiter zu werten, dass der Angeklagte, aufgrund der auch für ihn erkennbaren Gesamtumstände am Ufer des Flutkanals, von einer potentiell tödlichen Gefahr für den Geschädigten hätte ausgehen müssen.
492
Ausgehend von dem Strafrahmen des § 323 c Abs. 1 StGB hat die Kammer unter Abwägung der aufgeführten zugunsten und zulasten der Angeklagten sprechenden Erwägungen eine Freiheitsstrafe von 6 Monaten für tat- und schuldangemessen erachtet.
3.4. Strafaussetzung zur Bewährung beim Angeklagten …
493
Die Vollstreckung der gegenüber dem Angeklagten … verhängten Freiheitsstrafe von sechs Monaten konnte gemäß § 56 StGB zur Überzeugung der Kammer zur Bewährung ausgesetzt werden.
494
So konnte dem Angeklagten eine günstige Sozialprognose gem. § 56 Abs. 1 StGB gestellt werden.
495
Hierbei war zu würdigen, dass der Angeklagte durch die erlittene Untersuchungshaft, welche bereits über die Dauer der gegenständlichen Verurteilung währte, erheblich beeindruckt ist. Der Angeklagte lebte vor seiner gegenständlichen Inhaftierung zudem sozial eingeordnet in seinem familiären Umfeld und ging bereits über längeren Zeitraum einem geregelten Arbeitsleben nach. Der Angeklagte ist auch strafrechtlich bislang nicht in Erscheinung getreten, so dass ihm mangels entgegenstehender gewichtiger Umstände eine günstige Sozialprognose auf der Grundlage positiv feststellbarer Umstände gestellt werden konnte.
496
Weiterhin war zu beachten, dass die gegenüber dem Angeklagten vollstreckte Untersuchungshaft bereits die Dauer der erkannten Freiheitsstrafe übersteigt, wodurch es keinen weiteren Ausführungen zum Gebot der Vollstreckung der erkannten Strafe zur Verteidigung der Rechtsordnung gem. § 56 Abs. 3 StGB mehr bedurfte.
497
Im Hinblick auf den Angeklagten … war eine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB bzw; in einer Entziehungsanstalt gem. § 64 StGB nicht anzuordnen, da die hierfür erforderlichen Eingangsvoraussetzungen nicht erfüllt sind sowie die Anordnung einer solchen Maßregel vorliegend nicht verhältnismäßig wäre.
498
So führte der Sachverständige Dr. … in der Hauptverhandlung aus, dass der Angeklagte … weder eine überdauernde psychische Störung aufweise, die vergleichbar mit einer schweren Erkrankung sei, wie diese eine Zerrüttung der Persönlichkeit verursachen könne. Darüber hinaus seien keine Anzeichen einer exogenen Intoxikation nachvollziehbar, die zur Annehmen führen würden, dass in Zusammenschau mit einem pathologischen Trinkverhalten in der Vergangenheit ein Hang, Alkohol im Übermaß zu sich zu sich zu nehmen, vorliege.
499
Eine überdauernde psychischen Störung liege daher nicht vor, weiterhin fehle auch eine in der Persönlichkeit verwurzelten Neigung, Alkohol im Übermaß zu sich zu nehmen. So könne keine Symptomtat zwischen einer psychischen Störung und den Tatvorwürfen hergestellt werden, des Weiteren sei der Angeklagte … zum Tatzeitpunkt nicht alkoholisiert gewesen, sodass ebenso wenig eine Symptomtat vorliege, die auf einen Hang zurückgeführt werden könne.
500
Schließlich könne sich die individuelle Legalprognose mit einer Suchttherapie nicht verbessern, sodass primär andere konstellative Faktoren das erneute Auftreten ähnlicher Rahmenumstände begünstigen könnten. Hierbei seien insbesondere auch soziale Faktoren denkbar, dass sich der Angeklagte … aufgrund seiner schüchternen und zurückhaltenden Art mit Schwierigkeiten im Selbstwerterleben und Selbstbild nicht traue, in gewissen Situationen notwendige Entscheidungen zu treffen.
501
Diese Persönlichkeitseigenschaft erscheine zum aktuellen Zeitpunkt nicht krankheitswertig im Sinne einer Persönlichkeitsstörung, aber durchaus könne es ein Faktor gewesen sein, der den Angeklagten in seinem Handlungsmuster zum Tatzeitpunkt mit beeinflusst habe.
502
Diesen schlüssigen Ausführungen des Sachverständigen schließt sich die Kammer vollumfänglich an.
503
Zur Überzeugung der Kammer wäre darüber hinaus - ungeachtet der Eingangsvoraussetzungen der §§ 63, 64 StGB - die Anordnung der Maßregel jedenfalls vorliegend nicht mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit aus § 62 StGB vereinbar.
504
Denn eine solche Maßnahme müsste dabei auch im engeren Sinne verhältnismäßig sein, das heißt in angemessenem Verhältnis zu dem Gewicht und der Bedeutung der betroffenen Grundrechte stehen. Bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht sowie der Dringlichkeit, der ihn rechtfertigenden Gründe, muss die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt sein. Die Maßnahme darf den Betroffenen nicht übermäßig belasten; das Mittel darf zu dem erstrebten Zweck nicht außer Verhältnis stehen. Je intensiver die Maßregel in die Grundrechte des Beschuldigten eingreift, desto höher sind die Anforderungen an die Wichtigkeit des verfolgten Zwecks (vgl. MüKoStGB/van Gemmeren, 4. Aufl. 2020 Rn. 8, StGB § 62 Rn. 8).
505
Damit war jedoch vor allem die hier ausgesprochene Freiheitsstrafe von 6 Monaten, bei der vorliegend die Strafaussetzung zur Bewährung ausgesetzt werden konnte in den Blick zu nehmen, wodurch die Anordnung der Maßregel jedenfalls als nicht verhältnismäßig erscheint.
506
Im Hinblick auf den Angeklagten … war eine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB bzw. in einer Entziehungsanstalt gem. § 64 StGB nicht anzuordnen, da die hierfür erforderlichen Eingangsvoraussetzungen nicht erfüllt sind.
507
So führte der Sachverständige Dr. … in der Hauptverhandlung aus, dass hinsichtlich des Angeklagten … keine ausreichenden Informationen vorlägen, um aus medizinischer Einschätzung einen Hang, Alkohol im Übermaß zu sich zu nehmen, festzustellen. So sei insbesondere in der Annahme, dass der Angeklagte … über einen Zeitraum von mehreren Jahren erfolgreich als Autoverkäufer und später in neuer Funktion bei der Firma … als Bezirksleiter gearbeitet habe, zumindest ein Indikator, dass keine schwere Abhängigkeitserkrankung bei dem Angeklagten vorliege. Gegenteiliges sei von dem Angeklagten auch nicht im Rahmen der Hauptverhandlung vorgetragen worden, wo sich der Angeklagte selbst zu seinen Trinkgewohnheiten eingelassen habe.
508
Damit bestehe aus psychiatrischer Einschätzung bei dem Angeklagten … weder eine überdauernde psychische Störung, die zur Einschätzung führe, dass dieser für die Allgemeinheit gefährlich sei, noch könne eine Abhängigkeitserkrankung oder ein schwerer Alkoholmissbrauch feststellt werden.
509
Diesen schlüssigen Ausführungen des Sachverständigen schließt sich die Kammer nach eigener Prüfung vollumfänglich an.
510
So lag zur Überzeugung der Kammer, wie bereits dargestellt, seitens des Angeklagten … zum Tatzeitunkt insbesondere keine erhebliche Beeinträchtigung oder gar eine aufgehobene Einsichts- und Steuerungsfähigkeit gem. § 21 StGB bzw. § 20 StGB vor.
511
Weiterhin konnte die Kammer seitens des Angeklagten … keinen Hang im Sinne des § 64 StGB erkennen. Ein solcher Hang setzt dabei eine chronische, auf körperlicher Sucht beruhende Abhängigkeit oder zumindest eine eingewurzelte, auf psychischer Disposition beruhende oder durch Übung erworbene intensive Neigung voraus, immer wieder Alkohol oder andere Rauschmittel zu sich zu nehmen, wobei auch das Fehlen ausgeprägter Entzugssyndrome sowie Intervalle der Abstinenz dem nicht entgegenstehen (BGH, Beschluss vom 12.4.2012 - 5 StR 87/12, NStZ-RR 2012, 271). Solche Umstände wurden jedoch weder durch den Angeklagten … im Rahmen seiner Einlassung in der Hauptverhandlung vorgetragen, noch konnte der Sachverständige solche Umstände im Rahmen der von ihm durchgeführten Exploration des Angeklagten … erkennen.
512
Im Hinblick auf die Angeklagte … war eine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB bzw. in einer Entziehungsanstalt gem. § 64 StGB nicht anzuordnen, da die hierfür erforderlichen Eingangsvoraussetzungen nicht erfüllt sind.
513
So führte der Sachverständige Dr. … in der Hauptverhandlung aus, dass die Angeklagte … weder an einer überdauernden psychiatrischen Störung, die zum Tatzeitpunkt des Tatvorwurfes die Schuldfähigkeit sicher erheblich beeinträchtigt hätte, noch sei die Angeklagte für die Allgemeinheit aufgrund einer psychiatrischen Erkrankung gefährlich.
514
Ein Hang, Alkohol im Übermaß zu sich zu nehmen, liege bei der Angeklagten … nicht vor, da sie zwar in gewissen Abständen Alkohol getrunken habe, jedoch keine in der Persönlichkeit verwurzelte Neigung, Alkohol im Übermaß zu trinken, bestehe. Die Angeklagte leide weder an einem Alkoholmissbrauch, der zu sekundären ernsthaften psychischen oder körperlichen Schäden geführt habe, noch bestehe das Kriterium und die Diagnose einer Alkoholabhängigkeit.
515
Damit läge ein Eingangsmerkmal gemäß § 20 StGB im Sinne einer krankhaften seelischen Störung, einer schweren anderen seelischen Abartigkeit oder einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung bzw. Schwachsinns nicht vor.
516
Der Sachverständige führte weiter aus, dass mit einer Behandlung in einer Entwöhnungsklink gemäß § 64 StGB sie die Wiederholungsgefahr nicht reduzieren lassen, da zwar im Rahmen eines Alkoholrausches Handlungsmuster oder fehlende Reaktionen begünstigt werden könnten, nicht jedoch der Tatvorwurf in einem engen kausalen Zusammenhang mit einer Suchterkrankung stünde. So dürfe es der Angeklagten leichtfallen, keinen Alkohol mehr zu sich zu nehmen, da sie grundsätzlich keine innerlich getragene Neigung habe, übermäßig Alkohol zu trinken. Weiterhin sei zu erwähnen, dass das Umfeld der Angeklagten, die mit mehreren Personen feiern war, wo die reichliche Trinkmenge sozial anerkannt gewesen sei und eine Ablehnung des Trinkens möglicherweise zu einem Gefühl des Gruppenausschlusses geführt haben könne. Jedoch sei für den Abend des 11.09.2020 ein Fahrer organisiert worden, um die sichere Rückkehr nachhause sicherzustellen.
517
Diesen schlüssigen Ausführungen des Sachverständigen schließt sich die Kammer nach eigener Prüfung vollumfänglich an.
518
So lag zur Überzeugung der Kammer, wie bereits dargestellt, seitens der Angeklagten … zum Tatzeitpunkt insbesondere keine erhebliche Beeinträchtigung oder gar eine aufgehobene Einsichts- und Steuerungsfähigkeit gem. § 21 StGB bzw. § 20 StGB vor.
519
Weiterhin konnte die Kammer seitens der Angeklagten … keinen Hang im Sinne des § 64 StGB erkennen. Ein solcher Hang setzt dabei eine chronische, auf körperlicher Sucht beruhende Abhängigkeit oder zumindest eine eingewurzelte, auf psychischer Disposition beruhende oder durch Übung erworbene intensive Neigung voraus, immer wieder Alkohol oder andere Rauschmittel zu sich zu nehmen, wobei auch das Fehlen ausgeprägter Entzugssyndrome sowie Intervalle der Abstinenz dem nicht entgegenstehen (BGH, Beschluss vom 12.4.2012 - 5 StR 87/12, NStZ-RR 2012, 271). Solche Umstände wurden jedoch weder durch die Angeklagte im Rahmen ihrer Einlassung in der Hauptverhandlung vorgetragen, noch konnte der Sachverständige solche Umstände im Rahmen der von ihm durchgeführten Exploration der Angeklagten … erkennen.
520
Der Hilfsbeweisantrag des Verteidigers Rechtsanwalt … vom 18.08.2021, auf Erholung eines IT-Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass es sich bei der „plist-Datei“ um eine Eigenschaften- und Konfigurationseinstellung handelt, die die Koppelung des Handys des Geschädigten mit dem VW des Angeklagten … und damit nicht die letzte Verbindung betrifft, wird abgelehnt.
521
Der Antrag war hierbei aufgrund tatsächlicher Bedeutungslosigkeit gem. § 244 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 StPO abzulehnen.
522
Der Beweisantrag zielt - in Erweiterung des seitens des Verteidigers Rechtsanwalt … in dem Hauptverhandlungstermin vom 13.08.2021 gestellten Beweisantrages (Anlage 7 zum Protokoll vom 13.08.2021) - letztlich darauf ab, dass unter dem Datum des 12.09.2020 noch um 08:56:53 (UTC +2) eine Bluetooth-Verbindung seitens des Handys des Geschädigten aufgebaut worden sei und dies wiederum belege, dass der Geschädigte sein Handy zu diesem Zeitpunkt noch einmal genutzt habe und somit wiederum feststehe, dass der Geschädigte noch am Morgen des 12.09.2020 gelebt habe.
523
Eine Ablehnung gem. § 244 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 StPO erfordert hinsichtlich der Beweistatsache, dass sie selbst für den Fall ihres Erwiesenseins die Entscheidung der Kammer nicht beeinflussen kann, weil sie nur mögliche nicht aber zwingende Schlüsse zulässt und das Gericht in seiner Beweiswürdigung den möglichen Schluss nicht ziehen will, weil es ihn im Hinblick auf die gesamte Beweislage für falsch hält (vgl. BGH, Beschluss vom 30.06.1987 - 1 StR 242/87).
525
Das in dem Beweisantrag zugrundeliegende Geschehen kann die Kammer aufgrund der bereits unter Ziff. III. 2.4. dargestellten Gründe für sich sicher ausschließen. So wurde bereits dort ein seitens der Verteidigung unterstelltes Geschehen beschrieben, welches darauf abzielte, dass der Geschädigte nicht bereits infolge seines Sturzes in das Gewässer um 22:25 am 11.09.2021, sondern erst durch einen erneuten Sturz in den Morgenstunden des 12.09.2021 gegen 09:12 Uhr ertrank. Insoweit kann vorliegend auf die dortigen Ausführungen Bezug genommen werden.
526
Unter Bezugnahme auf diese Ausführungen kann die Kammer ausschließen, dass der Gesbhädigte das Wasser des Flutkanals nach seinem Hineinstürzen am 11.09.2020 um 22:25 Uhr nochmals verlassen konnte und damit in der Folge auch, dass in den Morgenstunden des 12.09.2020 gegen 08:56:53 (UTC+2) eine Bluetooth-Verbindung seitens des Handys des Geschädigten noch aufgebaut werden konnte und dies wiederum darauf beruht, dass der Geschädigte zu dieser Zeit noch lebte.
527
Insoweit sind zur Überzeugung der Kammer eine Vielzahl anderer Umstände vorhanden, welche eine Erklärung für die unter dem festgestellten Datum vom 12.09.2020 aufgeführte Bluetooth-Verbindung bieten könnten, ohne dass zwingend darauf geschlossen werden müsste, dass … am Morgen des 12.09.2020 noch lebte und erst gegen 9 Uhr erneut in den Flutkanal stürzte und dann erst starb.
528
So befand sich das Mobiltelefon des Geschädigten über mehrere Stunden in dem Wasser des Flutkanals und konnte durch den sachverständigen Zeugen TOS … erst durch aufwändige Reparatureingriffe wieder in Stand gesetzt werden. Dementsprechend ist für die Kammer auch nachvollziehbar, dass die ausgewiesene Systemzeit vom 12.09.2020 damit nicht der Realzeit entspricht und diese vielmehr dadurch zustande kam, indem bei der Auswertung des Mobiltelefons durch die Polizei, mehrere Wochen nach dem Geschehen, seitens des Geräts Verbindungen aufgebaut wurden, welche von diesem daraufhin einer unzutreffenden Systemzeit zugeordnet wurden.
529
Aus Sicht der Kammer erscheint es vielmehr plausibel, dass die unter der falschen Systemzeit vom 12.09.2020 ausgewiesenen Bewegungsaktivitäten vielmehr dadurch zustande gekommen sind, indem nach erfolgter Reparatur in den Räumlichkeiten der Kriminalpolizei das Mobiltelefon, wie auch der Zeuge KHK … bestätigte, bewegt wurde.
VIII. Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen
530
Die Entscheidung hinsichtlich der Entschädigung des Angeklagten … für die die erkannte Freiheitsstrafe übersteigende Dauer der erlittenen Untersuchungshaft folgt aus § 4 Abs. 1 Nr. 2 StrEG.
531
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 465 Abs. 1, 472 Abs. 1 StPO.