Titel:
Widerruf eines Kilometerleasingvertrags
Normenkette:
BGB § 312c, § 312g Abs. 1, § 355, § 357, § 357a Abs. 1, § 495 Abs. 1, § 506
Leitsätze:
1. Ein Leasingvertrag mit Kilometerabrechnung erfüllt nicht die nach § 506 Abs. 2 BGB erforderlichen Voraussetzungen an eine sonstige entgeltliche Finanzierungshilfe bei Nutzungsverträgen. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bedient sich der Unternehmer eines Vermittlers, Verhandlungsgehilfen oder sonstigen Repräsentanten, der wegen der Einzelheiten der Leistung Rede und Antwort stehen kann und findet der Vertragsschluss in dessen Geschäftsräumen (hier Autohaus) statt, liegt kein Fernabsatzvertrag vor. (Rn. 26 – 31) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Widerruf, Leasingvertrag, Fernabsatzgeschäft, Vermittler, Repräsentant
Rechtsmittelinstanzen:
OLG München, Beschluss vom 21.06.2022 – 32 U 557/22
EuGH Luxemburg vom -- – C-463/22
Fundstelle:
BeckRS 2021, 58164
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert wird auf … € festgesetzt.
Tatbestand
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Die Parteien streiten um Ansprüche aufgrund des durch die Klägerin erklärten Widerrufs eines Kilometerleasingvertrags.
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Die Parteien schlossen am 08.06.2017 einen Leasingvertrag über ein Fahrzeug der Marke … mit einer Laufzeit von 36 Monaten, einer monatlichen Leasingrate vom … € brutto und einer vereinbarten Leasingsonderzahlung zu Beginn der Laufzeit i.H.v. … €. Der Vertrag regelte darüber hinaus Nachbelastungen und Vergütungen für etwaige Mehr- bzw. Minderkilometer nach Ablauf der Leasingzeit sowie über einen Ausgleich für Wertminderungen gegenüber dem nach Alter und vertragsgemäßer Nutzung zu erwartenden Zustand bei Rückgabe des Fahrzeugs. Auf Seite 9 der insgesamt 12seitigen Vertragsunterlagen erteilte die Beklagte auf einer mit „Widerrufsinformation“ überschriebenen Seite eine Belehrung über ein Widerrufsrecht und dessen Rechtsfolgen. Für den Inhalt und Wortlaut dieser Belehrungen sowie weitere Einzelheiten der vertraglichen Regelungen und der in diesem Zusammenhang von der Beklagten zur Verfügung gestellten Unterlagen wird auf die Anlage K 1 Bezug genommen.
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Die Klägerin hat die Leasingvertragserklärung in den Geschäftsräumen der Fa. … unterschieben. Dort wurden die Vertragsunterlagen übergeben und das Fahrzeug am 24.08.2017 entgegengenommen. Die Klägerin leistete die vereinbarten Leasingraten in voller Höhe und zahlte insgesamt der Beklagten ein Betrag von … €. Der Leasingvertrag wurde und das Fahrzeug am 21.08.2020 an die Beklagte zurückgegeben. Bei dieser Gelegenheit unterschrieb die Klägerin das Rücknahmeprotokoll (Anlage B 17). Die von der Beklagten am 04.09.2020 erstellte Endabrechnung sah eine Gutschrift zugunsten der Klägerin vor, welche unmittelbar gutgebracht wurde (Anlage B 18).
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Mit E-Mail vom 05.08.2020 erklärte die Klagepartei den Widerruf ihrer auf den Abschluss des Leasingvertrags gerichteten Willenserklärung, forderte die Beklagte - erfolglos - zur Rückabwicklung des Vertrages auf und erklärte, weitere Zahlungen unter Vorbehalt der Rückforderung zu leisten.
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Die Klägerin behauptet, der Vertrag sei im Fernabsatz geschlossen worden. Weder bei der Vertragsanbahnung noch bei Abschluss des Vertrages sei ein Mitarbeiter oder Stellvertreter der Beklagten i.S.d. § 164 BGB anwesend gewesen. Im Autohaus sei lediglich die Legitimation geprüft und der Antrag sodann an die Beklagte weitergeleitet worden.
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Die Klägerin meint, ihr stehe ein Widerrufsrecht aufgrund des Fernabsatzcharakters des Vertrages oder deswegen zu, weil § 506 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB auf Kilometerleasingverträge direkt oder entsprechend anzuwenden sei.
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Aufgrund der fehlenden Möglichkeit zu Rückfragen zum Leasingvertrag sei von einem Fernabsatzgeschäft auszugehen.
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Der Kläger meint, dass die durch die Beklagte erteilten Pflichtangaben und Widerrufsinformationen den gesetzlichen Anforderungen nicht entsprächen. Sie ist der Ansicht, sie schulde der Beklagten aufgrund der gesetzlichen Regelung sowie der Belehrungsfehler auch keinen Wertersatz.
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Die Klägerin beantragt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei … € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klagepartei von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten des Herrn Rechtsanwalt … in Höhe von … € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prczentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit freizustellen.
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Die Beklagte beantragt:
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Die Beklagte hält den klägerischen Sachvortrag zum Fernabsatzgeschäft für unsubstantiiert. Sie behauptet, der streitgegenständliche Vertrag sei nicht im Fernabsatz geschlossen worden und verweist darauf, dass das Autohaus, wo die Klägerin die Vertragserklärung unterzeichnet habe, in den Vertragsunterlagen als Kreditvermittler bezeichnet und als solcher für die Beklagte tätig geworden sei.
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Die Mitarbeiterin des Autohauses … sei sowohl befugt als auch in der Lage gewesen, Auskünfte zu dem Leasingvertrag zu erteilen. So habe sie die Leasingkalkulation vorgenommen und diese mit der Klägerin beispielsweise mit Blick auf die Laufzeit, die Leasingsonderzahlung und die konkrete Ratenhöhe besprochen. Die Zeugin … sei auch in der Lage gewesen, etwaige Fragen der Klägerin zum Leasingvertrag mit dieser zu erörtern bzw. zu klären. Der Klägerin habe sie als Ansprechpartnerin zur Verfügung gestanden, um wichtigen Informationen abzufragen. Sie habe auch sämtliche persönlichen Daten der Klägerin vor Ort aufgenommen, sie ebenso wie die Leasingkalkulation in dem Leasingantrag berücksichtigt und die nach Befragung der Klägerin ausgefüllte Selbstauskunft an die Beklagte weitergeleitet. Zwischen der Klägerin und dem Autohaus als Kreditvermittler der Beklagten habe es somit persönlichen Kontakt gegeben, um das Fahrzeug auszusuchen, die Leasingkalkulation vorzunehmen und um Details des Leasingvertrag zu besprechen. Folgerichtig habe die Zeugin auf dem Leasingantrag bestätigt, dass sie sich von der Identität der Klägerin als Leasingnehmer anhand persönlich vorgelegter gültiger Ausweisdokumente überzeugt habe (B 25).
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Die Beklagte ist der Meinung, ein gesetzliches Widerrufsrecht bestehe nicht, da § 506 Abs. 2 BGB auf den streitgegenständlichen Vertrag weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar sei, ein Fernabsatzvertrag nicht vorliege und auch ein vertragliches Widerrufsrecht nicht vereinbart sei. Für die nicht ausschließliche Verwendung von Fernkommunikationsmitteln reiche es, wenn wesentliche Vertragsbedingungen im persönlichen Kontakt erörtert werden könnten.
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Ferner vertritt die Beklagte die Auffassung, ihre Widerrufsinformationen und Pflichtangaben entsprächen den gesetzlichen Anforderungen und seien vollständig und zutreffend.
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Die Beklagte meint, die Klägerin müsse im Fall des wirksamen Widerrufs zumindest Wertersatz leisten und rechnet hilfsweise mit einem entsprechenden Anspruch in Höhe der entrichtenden Leasingraten auf.
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Die Erklärung des Widerrufs kurz vor dem regulären Ende des Leasingvertrags und mehr als dreißig Monate nach Übernahme de Leasingfahrzeugs sei rechtsmissbräuchlich. Dies auch deshalb, weil die Klägerin das Fahrzeug nach dem Widerruf bis zum Ende der Vertragslaufzeit weitergenutzt habe und das Rücknahmeprotokoll samt dessen Feststellungen unterschrieben habe.
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Das Gericht hat Hinweise erteilt mit Hinweisbeschluss vom 27.04.2021, auf dessen Einzelheiten Bezug genommen wird (vgl. Bl. 98 / 99 d.A.).
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Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einvernahme der Zeugin …. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 1.12.2021 (Bl. 120 / 123 d.A.) verwiesen.
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Im Übrigen wird hinsichtlich des Parteivortrags auf sämtliche eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist unbegründet.
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I. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung ihrer auf den Leasingvertrag geleisteten Zahlungen gemäß § 357a Abs. 1 oder § 357 Abs. 1 BGB, da ihr kein Widerrufsrecht zusteht.
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1. Ein Widerrufsrecht der Klägerin besteht weder in unmittelbarer noch in analoger Anwendung von §§ 506 Abs. 1, Abs. 2, 495 Abs. 1, 355 BGB.
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Es ist - wie die Klägerin selbst einräumt - höchstrichterlich geklärt, dass ein - auch hier in Rede stehender - Leasingvertrag mit Kilometerabrechnung nicht die von § 506 Abs. 2 BGB erforderlichen Voraussetzungen an eine sonstige entgeltliche Finanzierungshilfe bei Nutzungsverträgen erfüllt und dass sich im Bereich von Nutzungsverträgen aufgrund der insoweit abschließenden Regelung in § 506 Abs. 2 BGB eine ergänzende Heranziehung des § 506 Abs. 1 BGB verbietet. Zur Vermeidung von Wiederholung sei auf die ausführliche Begründung des Bundesgerichtshofs verwiesen (vgl. BGH, Urteil vom 24. Februar 2021 - VIII ZR 36/20, juris Rn. 24 ff.). Dies gilt auch, soweit der Bundesgerichtshof die analoge Anwendung des § 506 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB auf Kilometerleasingverträge mit der Begründung verneint hat, dass es sowohl an einer planwidrigen Regelungslücke als auch an einer vergleichbaren Interessenlage mit dem gesetzlich geregelten Tatbestand fehle (vgl. BGH, Urteil vom 24. Februar 2021 - VIII ZR 36/20, juris Rn. 37 ff.).
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2. Ein gesetzliches Widerrufsrecht nach §§ 312g Abs. 1, 312c, 355 Abs. 1 BGB steht der Klägerin ebenfalls nicht zu
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a) Es kann dahinstehen, ob ein solches Widerrufsrecht nicht nach § 312g Abs. 2 Nr. 9 BGB ausgeschlossen ist (dafür mit beachtlichen Argumenten Herresthal, ZVertriebsR 2020, S. 355 ff. <361 ff.>; a.A. OLG München, Urteil vom 18.6.2020 - 32 U 7119/19 - NJW-RR 2020, 1248; MüKoBGB/Wendehtorst, 8. Aufl. 2019, § 312 g BGB, Rn. 44; BeckOGK/Busch, 15.7.2020, § 312 g BGB, Rn. 53; BeckOK BGB/Martens, 56. Ed. 1.11.2020, § 312g BGB, Rn. 40; Spindler/Schuster/Schirmbacher, 4. Aufl. 2019, § 312 g BGB, Rn. 57). Denn es handelt sich bereits nicht um einen ausschließlich unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln geschlossenen Vertrag.
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b) Die Klägerin kann ihr Widerrufsrecht nicht auf § 312 g Abs. 1 BGB stützen; es liegt kein Fernabsatzvertrag vor. Der streitgegenständliche Vertrag wurde nicht ausschließlich unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln und auch nicht außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen.
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Unstreitig hat die Klägerin ihr Angebot in den Geschäftsräumen des im Auftrag der Beklagten handelnden Autohauses abgegeben. § 312c Abs. 1 BGB setzt für die Qualifikation eines Vertrages als Fernabsatzvertrag voraus, dass der Unternehmer oder eine in seinem Namen oder Auftrag handelnde Person und der Verbraucher für die Vertragsverhandlungen und den Vertragsschluss ausschließlich Fernkommunikationsmittel im Sinne des § 312 c Abs. 2 BGB verwenden.
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Zwar kann bei Beteiligung eines Boten auf Unternehmerseite, der bei Vertragsschluss oder -anbahnung dem Verbraucher in unmittelbarem persönlichen Kontakt gegenüber tritt, jedoch über den Vertragsinhalt und insbesondere über die Beschaffenheit der Vertragsleistung des Unternehmers keine näheren Auskünfte geben kann und soll, ein Fernabsatzvertrag angenommen werden (vgl. BGH, Urteil vom 21. Oktober 2004 - III ZR 380/03, juris Rn. 20). Dem liegt - den europarechtlichen Vorgaben entsprechend - die Erwägung zugrunde, dass die Fernabsatzvorschriften zwei für Distanzgeschäfte typische Defizite ausgleichen, namentlich zum einen, dass der Verbraucher vor Abschluss des Vertrages die Ware oder die Dienstleistung nicht prüfen kann, und zum anderen, dass er sich an keine natürliche Person wenden kann, um weitere Informationen zu erlangen (vgl. BGH, Urteil vom 21. Oktober 2004 - III ZR 380/03, juris Rn. 21). Diese Defizite vermag eine Person, deren Rolle sich auf die Botenfunktion in dem oben geschilderten engen Sinn beschränkt, trotz ihrer körperlichen Anwesenheit nicht zu beheben. Der Verbraucher ist in diesen Fällen ebenso schutzwürdig wie bei einem Vertragsschluss durch den Austausch von Briefen, bei dem er dem Post- oder Kurierboten nicht notwendig persönlich gegenüber steht. In diesen Fällen sieht das Gesetz ausdrücklich die Anwendbarkeit der Schutzvorschriften des Fernabsatzrechts vor (vgl. BGH, Urteil vom 21. Oktober 2004 - III ZR 380/03, juris Rn. 21).
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Etwas anderes gilt indes dann, wenn die eingeschaltete Person nicht darauf beschränkt ist, Willenserklärungen und Waren zu überbringen und entgegenzunehmen, sondern in der Lage und damit beauftragt ist, dem Verbraucher in einem persönlichen Gespräch nähere Auskünfte über die angebotene Ware oder Dienstleistung zu geben, so etwa bei Vermittlern, Verhandlungsgehilfen oder sonstigen Repräsentanten des Unternehmens, die wegen der Einzelheiten der Leistung Rede und Antwort stehen. Denn nur in Fällen, in denen der Verbraucher keine Möglichkeit hat, vor Vertragsschluss den Vertragsgegenstand persönlich in Augenschein zu nehmen oder im persönlichen Gespräch mit dem Unternehmer oder einem vom Unternehmer bevollmächtigten Vertreter Fragen zu stellen und Unklarheiten auszuräumen, besteht ein Bedürfnis für ein Widerrufsrecht (vgl. BGH, Urteil vom 21. Oktober 2004 - III ZR 380/03, juris Rn. 22; BGH, Urteil vom 27. Februar 2018 - XI ZR 160/17 - juris Rn. 20). Insoweit kommt es nicht darauf an, ob das Autohaus von der Beklagten darüber hinaus zum Abschluss des Leasingvertrages bevollmächtigt war. Soweit in der vorgenannten Entscheidung von einem „vom Unternehmer bevollmächtigten Vertreter“ die Rede ist, wird schon durch die ausdrückliche Bezugnahme auf das Urteil vom 21. Oktober 2014 - III ZR 380/08 (juris Rn. 22) klar, dass insoweit allein eine Person gemeint ist, welche in der Lage und damit beauftragt ist, dem Verbraucher in einem persönlichen Gespräch nähere Auskünfte über die angebotene Ware oder Dienstleistung zu geben (vgl. Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 25. August 2021 - 4 U 209/20; OLG Köln, Beschluss vom 11. August 2020 - 12 U 172/19, juris Rn. 21; OLG Stuttgart, Beschluss vom 19. November 2019 - 6 U 250/18, juris Rn. 23). Zudem verlangt der Gesetzeswortlaut einen ausschließlichen Abschluss unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln. Davon kann in einem Fall, in dem ein bedeutender Anteil der Vertragselemente Gegenstand des unmittelbaren Kontakts im Autohaus sein konnte und war, nicht die Rede sein. Dies gilt insbesondere da für Mitarbeiter von Autohäusern regelmäßig davon ausgegangen werden kann, dass sie zumindest in der Lage sind, grundlegende Fragen zu den standardmäßig angebotenen Leasingverträgen zu beantworten (vgl. OLG München, Hinweisbeschluss vom 19.11.2020 - 32 U 5492/20).
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Nach diesen Kriterien lag aufgrund der Einschaltung des Autohauses auf Beklagtenseite kein Fernabsatzvertrag vor. Dass die Klägerin keinen unmittelbaren Kontakt zur Beklagten hatte, ist unerheblich, da das Autohaus - wie sich schon aus der Überschrift des Leasingvertrages ergibt - als „Kreditvermittler“ fungierte. Mit der Mitarbeiterin des von der Beklagten eingeschalteten Autohauses stand der Klägerin bei Abschluss des Leasingvertrags ein entsprechend informierter und bevollmächtigter Vertreter der Beklagten gegenüber, an die sie sich jedenfalls umfassend mit Fragen zum Leistungsgegenstand und Fragen zu den Vertragsbedingungen wenden konnte. Die Eigenschaften, die Ausstattung und die Preisgestaltung des Leasingfahrzeugs stellen für einen KFZ-Leasingvertrag aber wesentliche Vertragsbedingungen dar. Es genügt, dass die Klägerin die Gelegenheit hatte, zu einem Teil der wesentlichen Vertragsbedingungen Information und Beratung im unmittelbaren Kontakt zur Mitarbeiterin des Autohauses zu erhalten. Hinzu kommt, dass die konkreten Konditionen der Nutzungsvereinbarung wie Dauer und Ratenhöhe vor Ort Gegenstand der Tätigkeit der Mitarbeiterin des Autohauses geworden sind.
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Denn zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Klägerin im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Vertragsschluss und insbesondere bei der Abgabe ihres Antrags im persönlichen Kontakt mit der Zeugin … stand, die Mitarbeiterin des den Vertrag vermittelnden Autohauses ist. Aufgrund der Beweisaufnahme steht für das Gericht fest, dass die Mitarbeiterin der Klägerin bei der Vertragsanbahnung für Fragen zum Auto als auch zum Leasingvertrag selbst und den unterschiedlichen Optionen zur Verfügung stand und diese auch zielgerichtet beantworten konnte. So hat die Zeugin … umfassend den Ablauf der Verhandlungen mit der Klägerin geschildert und dargelegt, wie sie insbesondere Fragen zum Leasingmodell beantwortete. Nachvollziehbar und glaubhaft schilderte die Zeugin, dass dabei verschiedene Optionen mit der Klägerin durchgesprochen wurden. Dabei wurde nach den Angaben der Zeugin auch das Auto konfiguriert. Die Zeugin ist für das Gericht glaubwürdig. Ihre Aussage tätigte sie ruhig und sachlich, ohne erkennbaren Belastungseifer. Zweifel an ihren Aussagen haben sich für das Gericht nicht aufgezeigt.
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3. Schließlich wurde auch ein etwaiges vertragliches Widerrufsrecht jedenfalls nicht wirksam ausgeübt.
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Ein vertragliches Widerrufsrecht wurde schon nicht wirksam vereinbart.
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Nach der maßgeblichen objektiv-normativen Auslegung aus der Warte eines durchschnittlichen Kunden sind entsprechende Hinweise in den Vertragsunterlagen nicht so zu verstehen, dass hierdurch Willenserklärungen über die Vereinbarung eines voraussetzungslosen vertraglichen Widerrufsrechts abgegeben werden sollten (vgl. BGH Beschluss vom 26.3.2019 - XI ZR 372/18 -, BeckRS 2019, 5571, Rn. 17 m.w.N.).
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Die Gestaltung der Widerrufsinformation im streitgegenständlichen Vertrag macht bereits hinreichend deutlich, dass es sich insoweit um eine Belehrung über gesetzliche Rechte und nicht um Vertragsklauseln mit dem Zweck der Einräumung von zusätzlichen Rechtspositionen handelt. Die Regelungen sind insoweit von den übrigen vertraglichen Regelungen deutlich abgesetzt und auf einer mit „Widerrufsinformation“ (vgl. S. 9 der Anlage K 1) überschriebenen gesonderten Seite untergebracht. Für einen durchschnittlichen Verbraucher ist bei dieser Gestaltung ohne weiteres erkennbar, dass der Vertragspartner hier lediglich Belehrungen aufgrund gesetzlicher Verpflichtungen erteilen, aber keine über die ohnehin bestehenden Rechtspositionen hinausgehenden zusätzlichen Rechte einräumen will. Die mittlerweile durch vielfältige gesetzliche Regelungen im kollektiven Bewusstsein verankerte Erwartung von Belehrungspflichten gegenüber Verbrauchern kann nicht ohne Auswirkungen auf das Verständnis solcher Belehrungen, jedenfalls durch einen objektiven Dritten in der Rolle des Verbrauchers, aus dessen Sicht die Erklärung auszulegen ist, bleiben. Schließlich widerspräche es auch - als zur Erreichung des gesetzlichen Schutzzwecks offensichtlich nicht erforderliche Belastung - der grundrechtlich geschützten Vertragsfreiheit (Art. 2 Abs. 1, 12 Abs. 1 GG), wenn der Gesetzgeber Unternehmern Belehrungspflichten auferlegen würde, die gleichzeitig und unentrinnbar eine inhaltlich noch über die gesetzlichen Pflichten hinausgehende vertragliche Rechtsposition des Verbrauchers begründen würden, was ebenfalls für Zurückhaltung bei der Annahme eines Willens der Beklagten zur Einräumung eines vertraglichen Widerrufsrechts spricht. Diese Erwägung greift auch unabhängig davon, ob im konkreten Fall Belehrungsfehler vorliegen, da ohne zirkuläre Argumentation die Auslegung der Willenserklärung der Beklagten nicht davon abhängen kann, ob sie inhaltlich vollständig den gesetzlichen Anforderungen entspricht, wenn in Frage steht, ob sie unabhängig von diesen ein Widerrufsrecht begründet.
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II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
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III. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Sätze 1 und 2 ZPO.