Titel:
Leistungen, Rentenversicherung, Altersrente, Erwerbsminderungsrente, Rente, Verwaltungsakt, Verletzung, Verpflichtungsklage, Klageverfahren, Rehabilitation, Klage, Beitragserstattung, Ablehnung, Form, Deutsche Rentenversicherung, Bundesrepublik Deutschland, Teilhabe am Arbeitsleben
Schlagworte:
Leistungen, Rentenversicherung, Altersrente, Erwerbsminderungsrente, Rente, Verwaltungsakt, Verletzung, Verpflichtungsklage, Klageverfahren, Rehabilitation, Klage, Beitragserstattung, Ablehnung, Form, Deutsche Rentenversicherung, Bundesrepublik Deutschland, Teilhabe am Arbeitsleben
Rechtsmittelinstanzen:
LSG München, Urteil vom 26.07.2022 – L 19 R 542/21
BSG Kassel, Beschluss vom 04.10.2022 – B 5 R 93/22 AR
Fundstelle:
BeckRS 2021, 58103
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreites sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
1
Der Kläger begehrt von der Beklagten Zahlung einer Altersrente in Höhe von 10.000,00 €.
2
Der Kläger hat bei der DRV H. am 13.02.2021 Kontenklärung beantragt. Diesen Antrag hat die Deutsche Rentenversicherung H. an die Beklagte abgegeben, dort sind die Unterlagen am 19.02.2021 eingegangen.
3
Am 18.02.2021 hat der Kläger bei der DRV H. Rentenantrag gestellt, formlos.
4
Die Beklagte hat sich mit Schreiben vom 10.03.2021 an den Kläger gewandt und ausgeführt, dass dieser einen formlosen Antrag auf Zahlung einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gestellt habe. Dieser Antrag sei rechtswirksam gestellt. Allerdings sei die Beklagte für die Entscheidung über den Rentenantrag auf die Mithilfe des Klägers angewiesen.
5
Mit Schreiben vom 30.03.2021 hat der Kläger sich zu den Fehlzeiten im Kontenklärungsverfahren geäußert.
6
Die Gemeinde B. ist an den Kläger herangetreten wegen Aufnahme eines Formblattantrages Rente. Der Kläger hat mit Schreiben vom 28.04.2021 ausgeführt, dass ein Rentenantrag keiner gesetzlichen Form unterliege. Die Beklagte hat mit Bescheid vom 18.05.2021 den Rentenantrag abgelehnt. Sie hat ausgeführt, dass dem Antrag auf Rente vom 18.02.2021 nicht entsprochen werden könne, solange der Kläger nicht mitwirke. Der Kläger hat der Beklagten eine ärztliche Bescheinigung der Fachärztin für Allgemeinmedizin K.K. vorgelegt. Diese hat eine Empfehlung zum kurzfristigen Eintritt in eine Station mehrere Sanatoriumsbehandlungen von vier bis sechs Wochen Dauer medizinisch bestätigt. Diese ärztliche Bescheinigung datiert vom 05.06.2013.
7
Am 09.07.2021 ist die Klage bei dem Sozialgericht Bayreuth eingegangen. Der Kläger hat mit der Klagebegründung vom 07.07.2021 ausgeführt, dass Klage erhoben werde gegen die Deutsche Rentenversicherung wegen vorenthaltenen Rentenanspruchs von 10.000,00 € infolge einer Verletzung der Gesundheit des Verletzten, gem. § 843 BGB sowie § 221 Abs. 1-2 StGB, insbesondere aber des Verstoßes gegen § 6 Abs. 2, § 7 Abs. 4 und 8, sowie § 8 Abs. 6 des Völkerstrafgesetzbuch, verursacht durch Organe des Bundes, hier der Landkreis O. in seiner Form als Träger der Landeseigenen Kreissparkasse, der Anstalt des öffentlichen Rechts, durch Billigung der rechtswidrigen Herbeiführung einer Insolvenz und daraus resultierenden Verlust von Hab und Gut, der privaten Altersvorsorge in Form von Lebensversicherungen, sowie der Gesundheit des Klägers.
8
Der Kläger hat außerdem zur Begründung seiner Klage auf Rechtsnormen hingewiesen, die seiner Ansicht nach entscheidungserheblich seien, nämlich Artikel 25 GG, UN-Resolution 56/83 und die Gesetze zur Bereinigung des Besatzungsrechts vom 30.11.2007, nach denen wieder vollumfänglich Besatzungsrecht gelte, insbesondere Nr. 52-53.
9
Der Kläger hat folgenden Klageantrag gestellt:
Der Kläger fordert, entsprechend des § 843 BGB zu verfahren, jedoch insbesondere gilt den Regeln des vorrangig anzuwenden, zwingenden Völkerrechts Folge zu leisten und den Rechtsanspruch auf Zahlung der Altersrente in Höhe von 10.000,00 € gerecht zu werden.
10
Die Beklagte hat mit Schreiben vom 22.07.2021 ausgeführt, dass der Kläger sinngemäß eine allgemeine Leistungsklage erhoben habe und eine sofortige Auszahlung von monatlich 3.141,00 € begehre. Hierfür würden keine sozialrechtlichen Regelungen existieren. Soweit der Kläger seine Ansprüche auf Völkerrecht gründe, wäre Anspruchsgegnerin die Bundesrepublik Deutschland.
11
Das Gericht hat die Beteiligten mit Schreiben vom 27.08.2021 auf die Absicht hingewiesen durch Gerichtsbescheid zu entscheiden und Frist für die Abgabe einer Stellungnahme gewährt bis 15.09.2021.
12
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Klageakte mit dem Aktenzeichen S 3 R 321/21 (welche Teile der Beklagtenakte erhält), die Akte aus dem Verfahren über Gewährung einstweiligen Rechtschutzes mit dem Aktenzeichen S 3 R 401/21 ER und die von den Beteiligten im Klageverfahren eingereichten Schriftsätze verwiesen.
Entscheidungsgründe
13
Die Klage ist abzuweisen. Das Gericht hat im Sinne der Meistbegünstigung mehrere prozessuale Alternativen geprüft.
14
1. Der Leistungskatalog der Beklagten ergibt sich aus dem SGB VI und dem SGB IV.
15
Er umfasst folgende Leistungen:
- Leistungen zur Prävention, zur medizinischen Rehabilitation, zur Teilhabe am Arbeitsleben und zur Nachsorge
- Ergänzende Leistungen nach § 64 Abs. 1 Nr. 2-6 und Abs. 2 sowie §§ 73,74 SGB IX
- Sonstige Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 31 SGB VI
- Versichertenrente wie Altersrente oder Erwerbsminderungsrente
- Renten wegen Todes (Witwen- oder Witwerrente, Waisenrente, etc.)
- Verzinsung nach dem SGB IV
- Erstattung zu Unrecht erbrachter Beiträge nach § 26 SGB IV
- Verschiedene Ansprüche auf Auskunft und Beratung
- Weitere, praktisch wenig relevante Leistungen
16
2. Soweit die Klage auf § 843 BGB gestützt wird, ist die Zuständigkeit eines Sozialgerichts nicht gegeben. Ansprüche nach § 823 ff. BGB fallen in die Zuständigkeit der Zivilgerichte, d.h. Amtsgericht oder Landgericht, streitwertabhängig.
17
3. Soweit die Klage auf § 221 Abs. 1-2 StGB, § 6 Abs. 2, § 7 Abs. 4 und 8 und § 8 Abs. 6 des Völkerstrafgesetzbuches gestützt wird, ist die Klage unbegründet.
18
§ 221 StGB stellt eine strafrechtliche Norm dar.
19
Die vom Kläger erwähnten Rechtsvorschriften aus dem Völkerstrafgesetzbuch regeln die Straftatbestände Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen gegen Personen. Auch hierbei handelt es sich um strafrechtliche Normen, die weder Schadensersatzansprüche noch Rentenansprüche zum Inhalt haben.
20
Artikel 25 Grundgesetz legt fest, dass die allgemeinen Regeln des Völkerrechts Bestandteil des Bundesrechts sind und den Gesetzen vorgehen und unmittelbare Rechte und Pflichten für Personen für die Bewohner des Bundesgebietes erzeugen. Spezifische Ansprüche auf Schadensersatz oder Rente sind damit nicht verbunden.
21
Soweit die UN-Resolution 56/83 einen Schadenersatzanspruch gewährt (Artikel 36, vgl. Klageschrift vom 07.07.2021) ist dieser jedenfalls nicht gegen die Beklagte gerichtet.
22
4. Soweit der Kläger sich gegen den Bescheid der Beklagten vom 18.02.2021 wendet, durch welchen die Beklagte den Rentenantrag des Klägers abgelehnt hatte, weil der Kläger nicht am Verwaltungsverfahren mitgewirkt hat, ist die Klage unzulässig. Es fehlt an der Durchführung eines Widerspruchsverfahrens (vgl. § 78 SGG). Es handelt sich um eine unverzichtbare Prozessvoraussetzung.
23
5. Soweit der Kläger Erwerbsminderungsrente nach § 43 SGB VI begehrt, ist die Klage ebenfalls unzulässig.
24
Der Kläger erhebt eine Verpflichtungsklage gerichtet auf den Erlass eines ihm günstigen Bescheides. Eine kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage liegt nicht vor. Die Beklagte hat keinen Bescheid erlassen, der die Voraussetzungen der Erwerbsminderungsrente (§ 43 SGB VI) verneint hat. Ein Rentenablehnungsbescheid, der auf fehlende Mitwirkung gestützt wird, enthält keine Entscheidung über die materiell rechtlichen Voraussetzungen (Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 24.06.2010, Az L 14 R 975/09).
25
Für die Zulässigkeit der Verpflichtungsklage ist erforderlich, dass die allgemeinen Prozessvoraussetzungen vorliegen und der Kläger behauptet, durch die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsaktes beschwert zu sein, weil sie rechtswidrig sei. Es muss ein Verwaltungsakt begehrt werden, nicht unmittelbar eine Leistung.
26
Der Verwaltungsakt muss zuvor bei dem zuständigen Versicherungsträger oder der zuständigen Behörde beantragt und abgelehnt worden sein; vor Erhebung der Verpflichtungsklage in Form der Vornahmeklage muss ein Vorverfahren (Widerspruchsverfahren) durchgeführt worden sein (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer § 54 Sozialgerichtsgesetz § 54 Rn. 20).
27
Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Die Beklagte hat noch keine materiell rechtliche Entscheidung über Gewährung oder Ablehnung von Rente getroffen. Auch das notwendige Vorverfahren (§ 78 Abs. 3 i.V. m. Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz) ist nicht durchgeführt worden.
28
6. Soweit der Kläger mit seiner Klage die Gewährung eines Vorschusses gem. § 42 SGB I begehrt, ist die Klage als allgemeine Leistungsklage zulässig. Sie ist jedoch unbegründet, weil der Anspruch auf die Gewährung eines Vorschusses voraussetzt, dass der Anspruch auf die Geldleistung dem Grunde nach besteht. Dieser Fall ist nicht gegeben. Mangels Mitwirkung des Klägers konnte die Beklagte nicht feststellen, dass dem Kläger eine Rente wegen Erwerbsminderung zusteht.
29
7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.