Titel:
Arbeitnehmer, Arbeitgeber, Tarifvertragsparteien, Berufung, Entgeltgruppe, Zahlung, Stufenlaufzeit, Frist, Auslegung, Einstellung, Wartezeit, Leistung, Anspruch, Tarifvertragspartei, sachlicher Grund, Einstellung gegen Zahlung
Schlagworte:
Arbeitnehmer, Arbeitgeber, Tarifvertragsparteien, Berufung, Entgeltgruppe, Zahlung, Stufenlaufzeit, Frist, Auslegung, Einstellung, Wartezeit, Leistung, Anspruch, Tarifvertragspartei, sachlicher Grund, Einstellung gegen Zahlung
Vorinstanz:
ArbG Augsburg, Endurteil vom 28.07.2020 – 9 Ca 2272/19
Rechtsmittelinstanz:
BAG Erfurt, Urteil vom 29.06.2022 – 6 AZR 411/21
Fundstelle:
BeckRS 2021, 57900
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Augsburg vom 28.07.2020 o 9 Ca 2272/19 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten über die Gewährung eines tariflichen Garantiebeitrages.
2
Der Kläger ist seit 01.01.1998 bei der Beklagten zu 1) auf der Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrags vom 04.10.1989, in dem auf die Anwendbarkeit des Bundesangestelltentarifvertrags (BAT) vom 23.02.1961 und den diesen ersetzenden Tarifverträgen verwiesen wird, beschäftigt, zuletzt als Theatermeister mit einem monatlichen Bruttoentgelt von 4.750,00 €, wobei er bis zum 31.08.2018 beim städtischen Eigenbetriebsstaatstheater A. eingesetzt war. Bis zum 31.12.2016 war der Kläger in die Entgeltgruppe 9 des TVöD eingruppiert und zum 01.01.2017 wurde er in die Entgeltgruppe 9 a des TVöD übergeleitet. Einem Antrag des Klägers vom 19.12.2017 auf Höhergruppierung in die Entgeltgruppe 9 b wurde am 17.01. 2018 rückwirkend zum 01.01.2017 stattgegeben. Weiter wurde dem Kläger nach § 17 IV TVöD in der bis 31.01.2017 geltenden Fassung ein Garantiebetrag im Zeitraum vom 01.01.17 o 31.01.17 iHv. 64,01 € pro Monat und ab 01.02.2017 iHv. 60,32 € pro Monat gewährt.
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§ 17 IV TVöD lautete auszugsweise:
„Bei Eingruppierung in eine höhere Entgeltgruppe werden die Beschäftigten derjenigen Stufe zugeordnet, in der sie mindestens ihr bisheriges Tabellenentgelt erhalten, mindestens jedoch der Stufe 2.
Beträgt der Unterschiedsbetrag zwischen dem derzeitigen Tabellenentgelt und dem Tabellenentgelt nach Satz 1
- in den Entgeltgruppen 1 - 8 vom 1.3.2016 an weniger als 57,63 €
- in den Entgeltgruppen 9 a - 15 vom 1.3.2016 an weniger als 92,22 € so erhält die/der Beschäftigte während der betreffenden Stufenlaufzeit anstelle des Unterschiedsbetrages den vorgenannten jeweils zustehenden Garantiebetrag.“
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Die in § 17 IV S. 2 TVöD angesprochene Stufenlaufzeit ist in § 16 III TVöD definiert und lautet wie folgt:
„Die Beschäftigten erreichen die jeweils nächste Stufe o von Stufe 3 an abhängig von ihrer Leistung gemäß § 17 II o nachfolgenden Zeiten einer ununterbrochenen Tätigkeit innerhalb derselben Entgeltgruppe bei ihrem Arbeitgeber (Stufenlaufzeit):
- Stufe 2 nach einem Jahr in der Stufe 1, - Stufe 3 nach 2 Jahren in der Stufe 2, - Stufe 4 nach 3 Jahren in der Stufe 3, - Stufe 5 nach 4 Jahren in der Stufe 4 und - Stufe 6 nach 5 Jahren in der Stufe 5.“
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Mit der Einführung der stufengleichen Höhergruppierung zum 01.03.2017 wurde der Garantiebetrag im TVöD abgeschafft.
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Zum 01.09.2018 ging der städtische Eigenbetrieb Theater A. im Zuge eines Betriebsübergangs auf die Stiftung Staatstheater A., die Beklagte zu 2 über, wobei der Kläger dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses in Rahmen des Betriebsübergangs widersprochen hat.
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Mit einem Schreiben vom 26.02.2019 (Bl. 39 d.A.) teilte die Beklagten zu 1) dem Kläger mit, dass sie die nach ihrer Auffassung im Zeitraum 01.07. bis 31.12.2018 zu Unrecht gezahlten Garantiebeträge zurückfordert und mit dem Gehalt für den Monat Januar 2019 verrechnet. Gegen diese Rückforderung sowie gegen die Einstellung der Zahlung des Garantiebetrages ab Januar 2019 wandte sich der Kläger mit einem Schreiben vom 27.05.2019 (Bl. 41 d. A.).
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Vor dem Arbeitsgericht hat der Kläger gemeint, dass er einen Anspruch auf Weiterzahlung des monatlichen Garantiebetrages gem. § 17 IV TVöD in der Fassung des 28.02.2017 habe, wobei er gemeint hat, dass dieser Anspruch gegen beide Beklagte bestünde, da er zwar arbeitsrechtlich o nach dem Betriebsübergang o noch zur Beklagte zu 1) gehöre, jedoch an die Beklagte zu 2) ausgeliehen sei, weshalb auch die Beklagte zu 2) den Garantiebetrag schulde. Der Kläger hat sich darauf berufen, dass zwar mit der Einführung der stufengleichen Höhergruppierungen die Regelung zum Garantiebetrag entfallen sei, er jedoch weiterhin Anspruch auf diesen Garantiebetrag habe, da zum Zeitpunkt der Höhergruppierung (rückwirkend zum 01.01.2017) diese Rechtsgrundlage bestanden habe und der Garantiebetrag während der betreffenden Stufenlaufzeit eingeräumt worden sei. Zwar sei es richtig, dass aus sachlogischen Gründen in der Endstufe 6 eine Stufenlaufzeit nicht mehr angegeben sei, doch habe dies nichts am Anspruch des Klägers geändert, da die Tarifvertragsparteien mit der Wortwahl zum Ausdruck hätten bringen wollen, dass auch die Stufe 6 einen Garantiebetrag erhalten könne. Dies hätte sich auch aus den Regelungen zur individuellen Endstufe (so genannter 6 Plus) ergebe, da selbst bei der Höhergruppierung aus einer individuellen Endstufe noch ein Garantiebetrag zu gewähren sei.
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Vor dem Arbeitsgericht hat der Kläger zuletzt beantragt,
1. Die Beklagte wird verurteilt, 404,31 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 11.10.2019 zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, das dem Kläger über den 1.1.2017 ein monatlicher Garantiebetrag in Höhe von 59,81 EUR brutto gem. § 17 Abs. 4 TVöD i.d.F. bis 31.1.2017 sowie über den 1.2.2017 hinaus ein monatlicher Garantiebetrag in Höhe von 60,31 EUR brutto gem. § 17 Abs. 4 TVöD i.d.F. des 28.2.2017 zusteht.
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Die Beklagten haben die Abweisung der Klage beantragt.
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Die Beklagte zu 1) hat sich darauf berufen, dass dem Kläger kein Garantiebetrag nach dem maßgeblichen § 17 IV TVöD zustünde. Dies habe sich aus dem eindeutigen Wortlaut ergeben, aus dem sich schließen lasse, dass ein Garantiebetrag in einer Endstufe nicht zu zahlen sei. Ausdrücklich habe § 17 IV TVöD bestimmt, dass der Beschäftigte während der betreffenden Stufenlaufzeit anstelle des Unterschiedsbetrages den jeweils zustehenden Garantiebetrag erhalte. Eine Stufenlaufzeit sei jedoch in Stufe 6 gerade nicht aufgeführt, so dass bereits nach dem ausdrücklichen Wortlaut ein Garantiebetrag nicht zu zahlen sei. Auch der Rückgriff auf eine Höhergruppierung aus einer individuellen Endstufe habe kein anderes Auslegungsergebnis ergeben, denn auch dann, wenn Beschäftigte aus einer individuellen Endstufe höhergruppiert werden, erhielten sie in der höheren Entgeltgruppe Entgelt nach der regulären Stufe. Diese Stufen hätten weiterhin einen Garantiebetrag nur für die entsprechende Stufenlaufzeit vorgesehen und in der maßgeblichen Stufe 6 sei kein Garantiebetrag zu bezahlen, da es dort keine Stufenlaufzeit gebe. Im Übrigen haben sich die Beklagte zu 1) und die Beklagte zu 2) darauf berufen, dass auf Grund des erfolgten Widerspruchs des Klägers gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses nur die Beklagte zu 1) der richtige Antragsgegner sei.
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Zum weiteren erstinstanzlichen Vorbringen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze samt ihren Anlagen verwiesen.
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Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Auslegung von Tarifverträgen festgestellt, dass nach dem eindeutigen Wortlaut des § 17 TVöD bestimmt sei, dass dann, wenn der Unterschiedsbetrag zwischen dem derzeitigen Tabellenentgelt und dem Tabellenentgelt nach Satz 1 eine gewisse Summe unterschreite, der Beschäftigte während der betreffenden Stufenlaufzeit anstelle des Unterschiedsbetrags den vorgenannten Garantiebetrag erhalte. Sodann hat es darauf verwiesen, dass die Stufenlaufzeit in § 16 III S. 1 TVöD geregelt sei, wonach Beschäftigte nach Zeiten einer ununterbrochenen Tätigkeit die nächste Stufe erreichen und dass es diese ausdrücklich so genannte Stufenlaufzeit jedoch in der Endstufe der Stufe 6 explizit nicht gebe und dass daher der Kläger, der sich in der Stufe 6 befinde, einen Garantiebetrag nicht beanspruchen könne, da dort eine Stufenlaufzeit gerade nicht vorgesehen sei. Weiter hat es darauf verwiesen, dass auch bei Heranziehung weiterer Auslegungskriterien wie wirklicher Wille der Tarifvertragsparteien und Gesamtzusammenhang man auf kein anderes Auslegungsergebnis käme, denn in keiner der Vorschriften ergäbe sich in irgendeiner Weise, dass die Tarifvertragsparteien auch den Beschäftigen in der Endstufe einen Garantiebetrag zustehen haben lassen wollen, da eine Stufenlaufzeit eben gerade nicht geregelt worden sei. Es sei den Tarifvertragsparteien auch ohne weiteres möglich gewesen, bei der Regelung des § 17 IV TVöD idF. ab Februar 2017 eine dementsprechende Regelung einzuführen, die die Zahlung eines Garantiebetrages auch ohne Vorhandensein einer Stufenlaufzeit ermöglicht hätte und das Problem, dass auch Beschäftigte in der Endstufe 6 einen Garantiebetrag theoretisch erhalten würden, könne den Tarifvertragsparteien nicht unbekannt gewesen sein, habe aber auch keinen Niederschlag im Tarifvertrag gefunden hat. Da ein Anspruch des Klägers nicht gegeben sei, sei auch nicht mehr zu klären gewesen, ob ein möglicher Anspruch nur gegen die Beklagte zu 1) oder zusätzlich auch gegen die Beklagte zu 2) bestünde.
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Der Kläger hat gegen dieses Urteil vom 28.07.2020, das ihm am 18.08.2020 zugestellt wurde, mit einem am 18.09.2020 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt, die er mit einem am 17.11.2020 eingegangenen Schriftsatz begründet hat, nachdem zuvor die Frist zur Berufungsbegründung bis zum 18.11.2020 verlängert worden war.
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Der Kläger meint, dass ihm auch weiterhin der tarifvertragliche Garantiebetrag gezahlt werden müsse und dass das Arbeitsgericht in seiner Entscheidung entscheidungsrelevanten erstinstanzlichen Sachvortrag nicht beachtet und deutsches Recht falsch angewandt habe. Konkret sei strittig, ob die Endstufe 6 eine Stufenlaufzeit habe oder nicht, der Garantiebetrag also auch in der Endstufe 6 zu bezahlen sei. Der Kläger verweist dazu darauf, dass in § 16 Abs. 3 S. 1 TVöD nur geregelt werde, nach wie vielen Jahren eine Höherstufung erfolge. Deshalb sei für die Endstufe 6 keine Jahreszahl als Stufenlaufzeit angegeben und es könne auch keine Jahreszahl angegeben werden, weil von der Endstufe 6 keine Höherstufung möglich sei. Der Kläger meint, aus § 17 Abs. 4 S. 6 TVöD folge, dass der Tarifgarantiebetrag dauerhaft während der Stufenlaufzeit bis zu deren Ende zu bezahlen sei und somit keine Abschmelzung des Betrags erfolgen könne. Der Garantiebetrag sei statisch und entfalle mit Erreichen der nächsten Entgeltstufe bzw. dem Ende des Arbeitsverhältnisses. Das Arbeitsgericht gehe jedenfalls in die Annahme fehl, dass nur die in § 16 Abs. 3 S. 1 TVöD genannten Stufen, von denen aus nach einer dort genannten Anzahl von Jahren die nächste Stufe erreicht werde, von denen aus mithin eine Höherstufung möglich sei, eine Stufenlaufzeit hätten. Tatsächlich sei die Stufenlaufzeit schon vom Wortlaut her die Zeit, welche in dieser Stufe verbracht werde und in der Stufe 6 werde die Zeit ab ihrer Erreichung bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses verbracht. Die Stufe 6 habe mithin eine Stufenlaufzeit ab ihrem Erreichen bis zum Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis. Diese Zeit differiere und könne nicht per se in einer bestimmten Anzahl von Jahren angegeben werden. Nach seinem Sinn könne das Wort „Stufenlaufzeit“ nur die Bedeutung der Verweildauer in einer Stufe haben. Es sei nicht ersichtlich, warum dies nicht auch für die Stufe 6 gelte und warum die Endstufe 6 mithin keine Stufenlaufzeit haben solle. Auch durch die Regelungen zur Höhergruppierung aus der individuellen Endstufe o sogenannte 6 + o werde belegt, dass auch in der Endstufe ein Garantiebetrag zu bezahlen sei. Der Kläger behauptet auch, dass die den TVöD abschließenden Tarifvertragsparteien immer davon ausgegangen seien, dass die Endstufe 6 eine Stufenlaufzeit habe und dass auch in der Endstufe 6 ein Garantiebetrag zu zahlen sei. Sie hätten die länger bei ihrem Arbeitgeber arbeitenden regelmäßig älteren Arbeitnehmer, die die Endstufe 6 erreicht hätten, keinesfalls schlechter stellen wollen, als die Arbeitnehmer, die sich in den niedrigeren Stufen befänden und die den Garantiebetrag erhielten und ein sachlicher Grund für eine solche Schlechterstellung sei nicht ersichtlich. Hätten die Tarifvertragsparteien gewollt, dass die Endstufe 6 keine Stufenlaufzeit habe bzw. dass in der Endstufe 6 kein Garantiebetrag zu bezahlen sei, hätten sie dies ausdrücklich tarifvertraglich regeln müssen, was allerdings offensichtlich nicht geschehen sei. Zur Auslegung der Garantiebeträge in der Endstufe 6 meint der Kläger, sei eine Tarifauskunft einzuholen. So habe auch die Beklagte zu 1 die ganzen Jahre über auch in der Endstufe 6 Garantiebeträge an ihre Arbeitnehmer bezahlt und sie sei davon ausgegangen, dass auch in der Endstufe 6 ein Garantiebetrag zu bezahlen sei.
Das Endurteil des Arbeitsgerichts Augsburg vom 28.07.2020 o Az.: 9 Ca 2272/19 o wird abgeändert.
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 404,31 € brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5%oPunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11.10.2019 zu bezahlen.
2. Es wird festgestellt, dass dem Kläger über den 01.01.2017 hinaus ein monatlicher Garantiebetrag in Höhe von 59,51 € brutto gemäß § 17 Abs. 4 TVöD in der Fassung bis 31.01.2017 sowie über den 01.02.2017 hinaus ein monatlicher Garantiebetrag in Höhe von 60,31 € brutto gemäß § 17 Abs. 4 TVöD in der Fassung des 28.02.2017 zusteht.
Für den Fall, dass das erkennende Gericht kein Feststellungsinteresse für die Zeit ab dem 01.01.2017 bis 31.11.2020 als gegeben erachte, wird der Berufungsantrag Ziff. I. 2. wie folgt geändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Zeitraum 01.01.2019 bis 30.11.2020 23 x 60,31 € = 1.387,13 € brutto zu bezahlen. Es wird festgestellt, dass dem Kläger über den 01.12.2020 hinaus ein monatlicher Garantiebetrag in Höhe von 60,31 € brutto gemäß § 17 Abs. 4 TVöD in der Fassung des 28.02.2017 zusteht.
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Die Beklagten beantragen
die Zurückweisung der Berufung.
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Die Beklagten verteidigen die Entscheidung des Arbeitsgerichts. Sie verweisen darauf, dass ausweislich des Wortlautes des § 16 Abs. 3 TVöD es in der Stufe 6 (Endstufe) keine Stufenlaufzeit gebe. Da es gemäß § 17 Abs. 4 TVöD in der bis 28.02.2020 geltenden Fassung einen Garantiebetrag nur für die betreffende Stufenlaufzeit gab, könne es in der Stufe 6 mangels Stufenlaufzeit auch keinen Garantiebetrag geben. Da der Wortlaut der entsprechenden Vorschriften eindeutig sei, sei es auch völlig abwegig, wenn der Kläger behaupte, dass die Tarifvertragsparteien es ausdrücklich hätten regeln müssen, wenn es in der Endstufe keinen Garantiebetrag geben solle. Das genaue Gegenteil sei vielmehr der Fall. Hätten die Tarifvertragsparteien gewollt, dass es in der Stufe 6 einen Garantiebetrag gebe, so hätten sie dies ausdrücklich regeln müssen. Und selbst wenn bei der Beklagten irrtümlicherweise Garantiebeträge in der Stufe 6 gezahlt worden seien, ergebe sich hieraus nicht, dass in der Endstufe ein Anspruch auf Bezahlung eines Garantiebetrages bestehe. Im Übrigen sei die Beklagte zu 2 schon materiellrechtlich nicht die Anspruchsgegnerin, dies könne allein der Beklagte zu 1 als alleinige Vertragsarbeitgeberin sei. Die Beklagten verweisen darauf, dass die Regelung zur Stufenlaufzeit in § 16 Abs. 3 TVöD eine Stufenlaufzeit in der Stufe 6 im Gegensatz zu den Stufen 1 bis 5 nicht aufführe und die Argumentation des Klägers, dass es auch in der Stufe 6 eine Stufenlaufzeit gebe, die vom Erreichen der Stufe 6 bis zum Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis gehe, sei mit dem eindeutigen und unmissverständlichen Wortlaut des § 16 Abs. 3 TVöD nicht vereinbar. Da ein Garantiebetrag nur während der betreffenden Stufenlaufzeit gewährt werde und es ausweislich des § 16 Abs. 3 TVöD in der Stufe 6 keine Stufenlaufzeit gebe, erhielten die Beschäftigten in der Stufe 6 keinen Garantiebetrag. Der Wortlaut des § 17 Abs. 4 S. 2 iVm. § 16 Abs. 3 TVöD sei somit eindeutig und unmissverständlich. Einen Garantiebetrag in der Endstufe gebe es nicht. Die Beklagten rügen auch, dass der Kläger ohne jede Begründung behaupte, die Tarifvertragsparteien seien immer davon ausgegangen, dass die Endstufe 6 eine Stufenlaufzeit habe und dass auch in der Endstufe ein Garantiebetrag zu zahlen sei und es nicht beabsichtigt gewesen sei, Arbeitnehmer in höheren Stufen schlechter zu stellen und dass ein sachlicher Grund für eine derartige Differenzierung nicht ersichtlich sei. Sie bestreiten, dass die Tarifvertragsparteien immer davon ausgegangen seien, dass es in der Endstufe 6 eine Stufenlaufzeit gebe. Jedenfalls sei die VKA als Tarifvertragspartei auf Arbeitgeberseite gerade davon ausgegangen, dass es in der Endstufe 6 keine Stufenlaufzeit gebe. Gerade weil die VKA davon ausgehe und weiter davon ausgehe, dass es keine Stufenlaufzeit in der Endstufe gebe und es damit auch kein Garantiebetrag geben könne, gebe es auch den vorliegenden Rechtsstreit. Wären sich die Tarifvertragsparteien einig, bräuchte es ihn nicht. Dass in der Endstufe kein Garantiebetrag gezahlt werden solle, sei auch deshalb anzunehmen, weil Garantiebeträge in allen auftauchenden Varianten immer nur als Zwischenlösung anzusehen seien und mit Erreichen der nächsten Stufe endeten. Eine Unendlichkeit sei nirgends vorgesehen und dies wäre erstmals abweichend von den üblichen Regelungen des TVöD. Hierauf deute auch der Umstand hin, dass die Garantiebeträge mit Wirkung zum 01.03.2017 nahezu komplett abgeschafft worden seien.
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Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze vom 17.11.2020 (Bl. 188 o 197 d.A.), 15.12.2020 (Bl. 219 o 237 d.A.), 11.01.2021 (Bl. 247 o 249 d.A.), 28.01.2021 (Bl. 255 o 256 d.A.) sowie vom 08.02.2021 (Bl. 259 o 260 d.A.) verwiesen. Des Weiteren wird insbesondere zur Prozessgesichte und zu dem von den Parteien erteilten Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 30.03.2021 (Bl. 272 o 274 d.A.) verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die Berufung ist zulässig. Sie ist nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthaft sowie fristo und formgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO).
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Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen, denn der Kläger hat keinen Anspruch auf die Zahlung eines Garantiebetrags. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zunächst auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts verwiesen und darauf Bezug genommen (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Im Hinblick auf die Berufungsangriffe ist Folgendes veranlasst:
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Die Voraussetzungen des § 16 Abs. 3 TVöD für die Zahlung eines Garantiebetrags liegen nicht vor. Nach der Tarifvorschrift steht die vom Kläger verlangte Zahlung nur Beschäftigten zu, die sich in einer Stufenlaufzeit befinden und der Anspruch auf diese Zahlung endet mit dem Erreichen der höchsten Stufe, denn damit endet zugleich eine Stufenlaufzeit. Das ergibt die Auslegung der Tarifregelung.
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1. Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Auszugehen ist zunächst vom Tarifwortlaut. Zu erforschen ist der maßgebliche Sinn der Erklärung, ohne am Buchstaben zu haften. Dabei sind der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und damit der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm mit zu berücksichtigen, soweit sie in den tariflichen Normen ihren Niederschlag gefunden haben. Auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang ist abzustellen. Verbleiben noch Zweifel, können weitere Kriterien berücksichtigt werden. Im Zweifel ist die Tarifauslegung zu wählen, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Lösung führt (st. Rspr. vgl. BAG, 11.11.2020 o 4 AZR 210/20; 12.12.2018 o 4 AZR 147/17)
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2. Schon der Wortlaut der tariflichen Regelung, von dem nach ständiger Rechtsprechung vorrangig auszugehen ist (vgl. BAG, 13.06.2012 o 10 AZR 247/11) legt die Begrenzung des Anspruchs auf die Beschäftigten nahe, die sich in einer Stufenlaufzeit befinden. § 17 IV TVöD legt fest, dass die Zahlung des Garantiebetrags nur während einer Stufenlaufzeit erfolgt. Schon aufgrund der Verwendung des Wortes „während“ kommt unmissverständlich zum Ausdruck, dass es für die Zahlung des Garantiebetrags darauf ankommt, dass eine Stufenlaufzeit besteht bzw. sich der Beschäftigte in einer solchen Laufzeit befindet. Mit dem Erreichen der Endstufe (Stufe 6) ist aber begrifflich das Bestehen einer „aktiven“ Stufenlaufzeit nicht mehr möglich. Vielmehr ist mit der Beendigung der „Laufzeit“ auch gleichzeitig der Anspruch auf Zahlung eines Garantiebetrags beendet. Dieses von der tariflichen Vorschrift gewollte Ergebnis wird auch verdeutlicht durch die Wortwahl Stufenlaufzeit. Auch aus dem Wort „Lauf“ ergibt sich, dass etwas aktiv vorhanden sein muss, bestehen muss und dies ist nicht mehr der Fall, wenn der „Lauf“ durch das Erreichen der Endstufe beendet ist. Dass, wie der Kläger meint, anstelle der „aktiven“ Stufenlaufzeit nach dem Erreichen der Endstufe nunmehr das Arbeitsverhältnis als solches bis zu seiner Beendigung treten soll, stellt eine Überstrapazierung des Wortlauts der einschlägigen Tarifvorschrift dar, für die der Wortlaut der Tarifvorschrift nicht einmal ansatzweise eine belastbare Grundlage bietet.
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3. Dieses Auslegungsergebnis findet seine Bestätigung im Sinn und Zweck und im Gesamtzusammenhang der tariflichen Regelung.
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Die Zahlung des streitgegenständlichen Garantiebetrags sollte offensichtlich die Wartezeit bzw. die Laufzeit bis zum Erreichen der Endstufe finanziell überbrücken bzw. einen gewissen finanziellen Ausgleich geben im Zusammenhang mit Höhergruppierungen und gleichzeitigen Nachteilen bei den Stufen. Es ist aber weder sachgerecht noch nachvollziehbar, dass trotz dem Erreichen einer Endstufe weiterhin eine Überbrückungszahlung tarifvertraglich festgelegt sein soll. Für eine solch Handhabung der Tarifpartner ist ein sachlicher Grund nicht erkennbar. Dass es sich bei dem Garantiebetrag vielmehr um eine zeitlich begrenzte Überbrückungsleistung handelt, zeigt auch die Regelung durch die Tarifpartner, wonach ab dem 01.03.2017 mit der Einführung der stufengleichen Höhergruppierung der vormalige tariflich festgelegte Garantiebetrag abgeschafft wurde. Gerade im Hinblick darauf, wäre es auch ein widersinniges Auslegungsergebnis weiterhin an der Zahlung des streitgegenständlichen Garantiebetrags festzuhalten.
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 97 Abs. 1 ZPO.