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VG Regensburg, Urteil v. 09.03.2021 – RN 12 K 19.2444
Titel:

Bescheid, Leistungen, Wiedereinsetzung, Widerspruch, Hochschule, Ausbildung, Aufhebung, Vollstreckung, Ablehnung, Berufsbetreuer, Widerspruchsfrist, Regierung, Verschulden, Frist, Kosten des Verfahrens, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, Antrag auf Wiedereinsetzung

Schlagworte:
Bescheid, Leistungen, Wiedereinsetzung, Widerspruch, Hochschule, Ausbildung, Aufhebung, Vollstreckung, Ablehnung, Berufsbetreuer, Widerspruchsfrist, Regierung, Verschulden, Frist, Kosten des Verfahrens, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, Antrag auf Wiedereinsetzung
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 04.06.2021 – 12 ZB 21.1168
Fundstelle:
BeckRS 2021, 57895

Tenor

I. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom 3.9.2019 und des Widerspruchsbescheids vom 11.11.2019 verpflichtet, der Klägerin für den an der TH D. absolvierten Lehrgang „Zertifizierter Berufsbetreuer“ (Curator de jure) Leistungen nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz zu bewilligen.
II. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Die Klägerin begehrt Leistungen nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz für die Teilnahme an dem von einer Fachhochschule (TH D.) veranstalteten Weiterbildungsangebot („Zertifizierter Berufsbetreuer - Curator de jure“).
2
Mit Formblattantrag vom 30.07.2019, übersandt mit Schreiben vom 06.08.2019, beantragte die Klägerin Leistungen nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz (AFBG) für die Teilnahme (in Teilzeit) an der von der Technischen Hochschule D. veranstalteten Fortbildungsmaßnahme „Zertifizierter Berufsbetreuer - Curator de jure“ in der Zeit vom 21.10.2019 - 31.07.2021 (670 Unterrichtsstunden; 2.700 Stunden Arbeitsaufwand). Die Lehrgangsgebühr beträgt insgesamt 18.750,00 €.
3
Mit Bescheid vom 03.09.2019, gemäß Aktenvermerk zur Post gegeben am 04.09.2019, lehnte das Landratsamt St.-B. die Gewährung der Förderung nach dem AFBG für die Fortbildung zur zertifizierten Betreuerin ab. Die Anforderungen an die Maßnahmen nach § 2 Abs. 1 AFBG seien nicht erfüllt. Bei der besuchten Maßnahme werde ein Hochschulzertifikat ausgestellt, welches darauf ausgerichtet sei, eine Vergütungserhöhung nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 des Gesetzes über die Vergütung von Vormündern und Betreuern (VBVG) zu erreichen. Dieses Zertifikat stelle keinen Fortbildungsabschluss im Sinne des AFBG dar. Insbesondere mangle es an einer öffentlich-rechtlichen (geregelten) Prüfung auf Grundlage der Handwerksordnung oder des Berufsbildungsgesetzes (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AFBG). Auch handele es sich bei dem Zertifikat um keinen gleichwertigen Fortbildungsabschluss (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 AFBG).
4
Mit Schreiben vom 11.10.2019, eingegangen am Landratsamt St.-B. am selben Tag, führte die Klägerin wie folgt aus: „in der o.g. Sache stelle ich einen Überprüfungsantrag gem. § 44 SGB X und begründe meinen am 25.09.2019 fristgerecht eingelegten Widerspruch gegen den ablehnenden Bescheid vom 04.09.2019“. Es sei unzutreffend, dass es sich bei der beantragten Förderung um eine Hochschulausbildung handle. Wie viele andere Hochschulen biete die TH D.neben den üblichen Studiengängen auch reine Fortbildungen an. Um so eine reine Fortbildungsmaßnahme handle es sich bei der Fortbildungsmaßnahme zum zertifizierten Berufsbetreuer. Es sei zwar zutreffend, dass das Landgericht Deggendorf und im Anschluss der Bundesgerichtshof diese Fortbildung als „eine Hochschulausbildung vergleichbar“ eingestuft hätten. Das habe sich aber lediglich auf den Begriff einer vergleichbaren Hochschulausbildung im Sinne des Rechts der Betreuervergütung (§ 4 VBVG) bezogen. Diese Entscheidungen würden deshalb nichts darüber aussagen, ob es sich tatsächlich um eine Hochschulausbildung im Sinne eines Studiums handle. Dass es sich nicht um ein Studium im eigentlichen Sinne handle, ergebe sich schon aus dem im Vergleich zu einem Bachelor-Studium erheblich geringeren zeitlichen Umfang. Die Fortbildung werde in der Prüfungsordnung ausdrücklich als „Weiterbildungsangebot“ und nicht als Studium bezeichnet; auch der BGH verwende nicht die Bezeichnung Studium, sondern den Begriff „Zertifikatausbildung“. Die übrigen Voraussetzungen des § 2 AFBG seien erfüllt. Zur Begründung des Widerspruchs werde weiter auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 12.04.2017 (XII ZB 86/16) verwiesen, in dem höchstrichterlich entschieden worden sei, dass die Hochschule D.als förderfähige Ausbildungseinrichtungen im Sinne des § 2 Abs. 2 AFBG anzusehen sei.
5
Mit E-Mail vom 15.10.2019 übersandte die Klägerin „noch einmal“ das Widerspruchsschreiben, das sie nach eigener Angabe am 25.09.2019 per Post gesandt habe.
6
Mit Bescheid vom 15.10.2019, der Klägerin zugestellt am 17.10.2019, lehnte das Landratsamt St.-B. den Antrag auf Überprüfung des Ablehnungsbescheids vom 03.09.2019 nach § 44 SGB X ab. Anders als im Überprüfungsantrag angegeben habe das Landratsamt beim Bescheid vom 03.09.2019 insbesondere berücksichtigt, dass es sich bei der beantragten Maßnahme um kein Studium handle, da es sonst für den Erlass des Bescheides gar nicht zuständig gewesen wäre. Der Antrag auf Überprüfung des Ablehnungsbescheides sei daher abzulehnen, weil sich seit Erlass des Bescheides keine neue Sach- und Rechtslage ergeben habe. Es sei auch nicht dargelegt, aus welchem Rechtsfehler oder falscher Sachverhaltsgrundlage eine Überprüfung erfolgen solle.
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Mit Schreiben vom 15.10.2017 wurde der Widerspruch gegen den Bescheid vom 03.09.2019 der Regierung von Niederbayern vorgelegt.
8
Mit Schreiben vom 04.11.2019, eingegangen am Landratsamt St.-B. am 05.11.2019, legte die Klägerin Widerspruch gegen den Bescheid vom 15.10.2019 ein, der mit E-Mail vom 07.11.2019 der Regierung von Niederbayern vorgelegt wurde.
9
Mit Bescheid vom 11.11.2019, der Klägerin zugestellt am 13.11.2019, wies die Regierung von Niederbayern den „Widerspruch“ zurück. Der Widerspruch vom 11.10.2019 sei unzulässig. Der Bescheid des Landratsamts St.-B. sei am 04.09.2019 zur Post gegeben worden. Ein durch die Post mittels einfachem Brief bzw. Einschreiben bekannt gegebener Bescheid gelte generell mit dem dritten Tag nach Aufgabe zur Post als zugestellt (§ 37 Abs. 2 SGB X), außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen sei. Dies sei weder vorgetragen worden noch sei nach Aktenlage auch nicht davon auszugehen, dass der Bescheid später erhalten worden sei. Die Widerspruchsfrist habe damit am 08.09.2019 zu laufen begonnen und mit Ablauf des 07.10.2019 geendet. Der Widerspruch [Anm.: die Widerspruchsbegründung] ging nachweislich am 11.10.2019 bei der zuständigen Behörde ein. Der Widerspruch vom 04.11.2019 gegen den Bescheid vom 15.10.2019 sei zwar zulässig, aber unbegründet. Die Ablehnung einer erneuten Entscheidung nach § 44 SGB X sei rechtmäßig, da die Rechtswidrigkeit des Ausgangsbescheides vom 03.09.2019 nicht festgestellt werden könne.
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Mit Schreiben vom 27.11.2019, eingegangen am Landratsamt St.-B. am selben Tag, übermittelte die Klägerin eine Abschrift eines Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegenüber der Regierung von Niederbayern vom selben Tag, indem sie dieser mitteilte, dass sie den Widerspruch vom 25.09.2019 weiterhin aufrechterhalte und vorsorglich Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stelle. Sie habe ihren Widerspruch vom 25.09.2019 durch normalen Brief am 25.09.2019 von ihrer Bürohilfe zur Post bringen lassen. Die Begründung habe sie am 11.10.2019 per Fax nachgereicht. Erst beim Telefonat mit Herrn L. am 15.10.2019 habe sie erfahren, dass das Widerspruchsschreiben vom 25.09.2019 nicht beim Landratsamt eingegangen sei. Sie fragte weiter, ob noch weitere Unterlagen oder ein weiteres Widerspruchsschreiben von ihr benötigt würden.
11
Mit Schreiben vom 03.12.2019 an die Klägerin teilte die Regierung von Niederbayern mit, dass zum jetzigen Zeitpunkt auf eine Prüfung der Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Widerspruchsfrist verzichtet werde, da über die Begründetheit des Widerspruchs im Rahmen des Widerspruchsverfahrens nach § 44 SGB X vollumfänglich entschieden und eine rechtliche Prüfung des Ausgangsbescheides somit vorgenommen worden sei. Mit Bescheid vom 15.10.2019 sei eine neue Entscheidung nach § 44 SGB X abgelehnt worden, da eine Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 03.09.2019 nicht festgestellt werden habe können. Der Ausgangsbescheid vom 03.09.2019 sei somit im Rahmen des Widerspruchsverfahrens vom 04.11.2019 vollinhaltlich geprüft worden, eine weitere inhaltliche Überprüfung sei nicht angezeigt.
12
Mit Schreiben vom 08.12.2019, eingegangen bei Gericht am selben Tag, hat die Klägerin vorliegende Klage erhoben. Zur Begründung trug die Klägerin vor, dass verkannt werde, dass der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 12.04.2017 (Aktenzeichen XII ZB 86/16) bereits festgestellt habe, dass die Fortbildung mit einer Ausbildung an einer Hochschule vergleichbar sei, auch wenn der zeitliche Umfang deutlich hinter einer Bachelor-Ausbildung zurückstehe. Genau aus diesem Grund lägen auch die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Nr. 2 AFBG vor. Es dürfte unstreitig sein, dass vorliegend die weiteren Voraussetzungen des § 2 Abs. 3 AFBG gegeben sind.
13
Mit Schreiben vom 30.01.2020 hat sich der Bevollmächtigte der Klägerin bei Gericht angezeigt und die Klage mit weiteren Schreiben vom 11.03.2020 und 22.04.2020 begründet: Die von der Klägerin besuchte Ausbildung an der TH De. zur zertifizierten Berufsbetreuerin „Curator de jure“ stelle eine vom AFBG umfasste Weiterbildung dar. Der BGH sei zu der Auffassung gelangt, dass diese Fortbildung einer Hochschulausbildung vergleichbar sei. Die Ausbildung sei nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 AFBG förderfähig, zumal sie - anders als es der Beklagte sehe - einen gleichwertigen Fortbildungsabschluss nach bundes- oder landesrechtlichen Regelungen darstelle. Dem widerspreche die Gesetzesbegründung („Nicht förderungsfähig ist der Besuch von Hochschulen oder Fachhochschulen, da es sich hierbei nicht um eine berufliche Fortbildung im Sinne des Gesetzes handelt.“; Bundestagsdrucksache 13/3698, Seite 15) nicht. Diese allgemeine Pauschale lasse sich mit dem Gesetzeswortlaut nicht in Verbindung bringen. Nämlich dann, wenn eine Hochschule in Kooperation mit einem Weiterbildungszentrum inhaltlich eine Weiterbildung anbiete, die den Anforderungen des § 2 Abs. 1 Nr. 2 AFBG entspreche, weil sie einen „vergleichbaren Abschluss“ darstelle, könne es nicht darauf ankommen, wer Anbieter oder Träger eines solchen Weiterbildungsangebots sei. Es komme auf die Inhalte der Ausbildung an und die Frage, welche Qualitätskriterien die Ausbildung erfülle. Dies bestimme sich nach der Dauer der Maßnahme, der Gestaltung des Lehrplans, den Unterrichtsmethoden, der Ausbildung und Berufserfahrung der Lehrkräfte und den Lehrgangsbedingungen. Wenn diese eine erfolgreiche berufliche Fortbildung erwarten ließen und den Fortbildungsprüfungen nach dem BBiG oder der Handwerksordnung vergleichbar sei, sei sie förderfähig. Maßstab für die Beurteilung der Förderfähigkeit sei dabei die maßgebliche Prüfungsvorschrift. Es sei jedenfalls festzuhalten, dass dann, wenn eine Hochschulmaßnahme eine Fortbildung und Weiterbildung im Bereich der beruflichen Bildung anbiete, sie damit auch eine förderfähige Maßnahme anbiete. Dass es dabei nicht auf den Träger der Maßnahme ankomme, ergebe sich beispielhaft auch daraus, dass Aufstiegsfortbildung im Sinne von § 2 AFBG dann förderfähig sei, wenn sie integraler und abgrenzbar Teil eines Hochschulstudiums sei (vergleiche dazu Schubert/Schaumberg, AFBG, § 2 Ziff. 2.3). Das Landesverwaltungsamt Thüringen habe sich der Rechtsauffassung, die Ausbildung sei förderfähig, angeschlossen. Auf die vorgelegten Anlagen der Klägerin wird Bezug genommen.
14
Die Klägerin hat schriftsätzlich beantragt,
den Bescheid des Landratsamts St.-B. vom 03.09.2019 in der Form des Widerspruchsbescheids der Regierung von Niederbayern vom 11.11.2019 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, dem Antrag auf Gewährung der Förderung nach dem AFBG vom 06.08.2019 für die Fortbildung zur Berufsbetreuerin stattzugeben.
15
Der Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
16
Zur Begründung wurde vorgetragen, dass unabhängig davon, dass der Widerspruch vom 25.09.2019 bereits als unzulässig zurückgewiesen worden sei, die Klage auch in der Sache selbst unbegründet sei. Bei der Zertifikatsausbildung „Zertifizierter Berufsbetreuer/in Curator de jure (Technische Hochschule D.- THD)“ handle es sich um keinen Fortbildungsabschluss im Sinne des § 2 Abs. 1 AFBG. Die Zertifikatsausbildung sei auch nicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 AFBG förderfähig, weil die Voraussetzungen eines gleichwertigen Fortbildungsabschlusses nach bundes- oder landesrechtlichen Regelungen nicht vorlägen. Bei der besuchten Maßnahme werde ein Hochschulzertifikat ausgestellt, welches darauf ausgerichtet sei, eine Vergütungserhöhung nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 VBVG zu erreichen (§ 2 Abs. 6 Prüfungsordnung der Technischen Hochschule D.vom 20.10.2014). Das zitierte Urteil des BGH vom 12.04.2017 könne dabei in Bezug auf die Anforderungen des § 2 Abs. 1 AFBG nicht überzeugen, weil es sich ausdrücklich und ausschließlich mit den Anforderungen des § 4 VBVG auseinandersetze. Um eine höhere Vergütung zu erwirken, müsse der Berufsbetreuer über eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule oder einer vergleichbaren Ausbildung verfügen. Einer Hochschulausbildung vergleichbar sei eine Ausbildung, die in ihrer Wertigkeit einer Hochschulausbildung entspreche und einen formalen Abschluss aufweise. Gleichwertig sei eine Ausbildung, wenn sie staatlich reglementiert oder zumindest staatlich anerkannt sei und der durch sie vermittelte Wissensstand nach Art und Umfang dem eines Hochschulstudiums entspreche. Gerade eine Hochschulausbildung bzw. eine der Hochschulausbildung vergleichbare Ausbildung zu fördern sei nicht Sinn und Zweck des AFBG. Bei der maßgeblichen Prüfungsordnung der Technischen Hochschule D.handle es sich auch nicht um eine bundes- oder landesrechtliche Regelung. Bildungsmaßnahmen im Sinne eines Besuchs von (Fach-)Hochschulen würden keine berufliche Fortbildung im Sinne des AFBG darstellen. Der Gesetzgeber habe neben dem Meister und Techniker die entsprechende Ebene mittlerer Führungskräfte, nicht aber die Ebene der Hochschul- und Fachhochschulausbildung fördern wollen. Eine Prüfung zur Gleichwertigkeit im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 AFBG könne somit auch nur auf der Ebene der beruflichen Aufstiegsfortbildung stattfinden. Eine Förderung für Fortbildungsziele oberhalb der „Meisterebene“, die mit der Zertifikatsausbildung zum „Curator de jure“ auch ausweislich der §§ 1 und 2 Abs. 4 der Prüfungsordnung für das Weiterbildungsangebot Zertifizierter Berufsbetreuer/in vom 20.10.2014 mit der Schaffung eines eigenen Berufsbildes auf Hochschulniveau verfolgt werde, nicht zuletzt auch um die Voraussetzungen des § 4 Abs. 3 Nr. 2 VBVG zu erfüllen und eine entsprechend höhere Vergütung beanspruchen zu können, falle daher nicht in den Förderbereich des AFBG. Weiterhin handle es sich bei der Prüfungsordnung für das Weiterbildungsangebot schon um keine bundes- oder landesrechtliche Regelung im Sinne des AFBG. Daneben regle diese Prüfungsordnung, erlassen als Satzung der Technischen Hochschule D.gemäß Art. 13, 58 und 61 BayHSchG insoweit auch nur Hochschulrecht und Hochschulausbildung. Diese seien aber nach der Intention des Gesetzgebers beim AFBG ausgenommen worden, weil für Hochschulausbildungen Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz zur Verfügung stünden. Letztlich werde darauf hingewiesen, dass der Begriff des Fortbildungsabschlusses ebenfalls fraglich erscheine. Nach der Prüfungsordnung der Technischen Hochschule D.vom 20.10.2014 werde ein verbandsinternes Hochschulzertifikat und nicht ein öffentlich-rechtlicher (geregelter) Fortbildungsabschluss vermittelt, was schon grundsätzlich mangels des Fortbildungsabschlusses eine Förderung nach dem AFBG ausschließe.
17
Mit Schreiben vom 23.01.2020 und 30.01.2020 haben die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
18
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

19
Mit Einverständnis der Beteiligten entscheidet das Gericht gemäß § 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ohne mündliche Verhandlung.
20
Die Klage ist zulässig (I.) und begründet (II.).
21
I. Die Klage ist zulässig. Insbesondere liegt ein ordnungsgemäß durchgeführtes Vorverfahren vor (Kopp/Schenke, VwGO, Vorb. § 68 Rn. 7; § 70 Rn. 1), da der Klägerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist, §§ 70 Abs. 2, 60 VwGO. Zwar hat die Klägerin im Telefonat mit dem Sachbearbeiter des Landratsamtes St.-B. am 15.10.2019 Kenntnis davon erlangt, dass ihr Widerspruchsschreiben nicht bei der Behörde eingegangen ist und ist ihr Antrag auf Wiedereinsetzung damit nicht innerhalb der Frist von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses gestellt worden (§ 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO), doch hat die Klägerin durch erneute Übersendung des Widerspruchsschreibens vom 25.09.2019 am 15.10.2019 die versäumte Handlung innerhalb der Antragsfrist nachgeholt, so dass Wiedereinsetzung auch ohne Antrag zu gewähren ist, § 60 Abs. 2 Satz 4 VwGO. Die Klägerin war auch ohne Verschulden verhindert, die Widerspruchsfrist nach § 70 Abs. 1 VwGO einzuhalten. Sie hat hinreichend glaubhaft gemacht, dass sie am 25.09.2019 (Mittwoch), also weit vor Ablauf der Widerspruchsfrist am 07.10.2019 (Montag), das Widerspruchsschreiben unterzeichnet, einkuvertiert, frankiert und richtig adressiert ihrer Büroangestellten zum Einwurf in den nächsten Briefkasten übergeben hat. Die Büroangestellte hat dieses Schreiben dann noch am 25.09.2019 eingeworfen, so dass die Klägerin bei den üblichen Postlaufzeiten ohne Weiteres von einem rechtzeitigen Zugang des Widerspruchs beim Landratsamt ausgehen durfte.
22
II. Der Bescheid des Landratsamtes St.-B. vom 03.09.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides der Regierung von Niederbayern vom 11.11.2019 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Der Beklagte hat es zu Unrecht abgelehnt, der Klägerin die beantragte Leistung zu bewilligen. Die Klägerin hat einen Anspruch auf die begehrte Förderung (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
23
Die Klägerin hat einen Anspruch auf die begehrte Leistung nach §§ 1, 2, 6, 10 ff. Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz (AFBG). Die Kammer schließt sich insoweit vollumfänglich den zutreffenden Ausführungen des VG Hamburg (Urteil v. 16.06.2020 - 17 K 5932/19, juris) an, das insoweit ausführt (VG Hamburg, a.a.O., juris Rn. 16 ff.):
„Danach steht dem Kläger der in der Höhe unstreitige Anspruch auf einen Maßnahmenbeitrag (§ 10 Abs. 1 AFBG) für das streitgegenständliche Weiterbildungsangebot zu. Es dient dem in § 1 AFBG umschriebenen Ziel der Förderung (sogleich unter 1.) und erfüllt die gemäß § 2 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 Ziff. 2 AFBG an eine förderfähige Maßnahme zu stellenden Anforderungen (2.).
1. Das vom Kläger absolvierte Weiterbildungsangebot stellt eine im Sinne von § 1 AFBG vom Ziel der Förderung umfasste Maßnahme dar. Ziel der individuellen Förderung ist es, Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Maßnahmen der beruflichen Aufstiegsfortbildung finanziell zu unterstützen. Vorausgesetzt ist somit, dass der jeweilige Anspruchsteller einer beruflichen Tätigkeit nachgeht, die durch eine bestimmte Maßnahme im Sinne der Vermittlung zusätzlicher berufsbezogener Kompetenz gefördert wird. So verhält es sich hier. Das fragliche Weiterbildungsangebot steht unstreitig und unzweifelhaft in einem derartigen Bezug zu der vom Kläger ausgeübten beruflichen Tätigkeit des rechtlichen Betreuers. Dass diese Tätigkeit für sich genommen keinen gesetzlich geregelten Beruf darstellt, steht nicht entgegen. Zwar wird in der Mehrzahl der Fälle der begehrten Förderung ein solches Berufsbild zugrunde liegen, doch enthält das Gesetz keine diesbezügliche Beschränkung. Vorauszusetzen ist lediglich, dass sich die Förderung auf eine rechtlich und gesellschaftlich als Beruf anerkannte Erwerbstätigkeit bezieht. Das ist bei dem vom Kläger ausgeübten Beruf offenkundig der Fall (…).
2. Die vom Kläger absolvierte Fortbildung an der TH D.ist eine gemäß § 2 Abs. 1 AFBG förderfähige Maßnahme. Sie erfüllt die in § 2 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 2 AFBG geregelten Voraussetzungen (sogleich unter a.). Der Förderfähigkeit steht ferner nicht entgegen, dass die Fortbildung als Studium oder einem Studium gleichstehend zu bewerten wäre (b.).
a. Die streitgegenständliche Fortbildung ist eine gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Ziffer 2 AFBG förderfähige Maßnahme. Förderfähig ist danach die Teilnahme an Fortbildungsmaßnahmen öffentlicher oder privater Träger, die in einer fachlichen Richtung gezielt auf den Fortbildungsabschlüssen des Berufsbildungsgesetzes oder der Handwerksordnung (vgl. § 2 Abs. 1 Ziffer 1 AFBG) gleichwertige Fortbildungsabschlüsse nach bundes- oder landesrechtlichen Regelungen vorbereiten. Das ist der Fall.
Die TH D.ist, wie nicht weiter ausgeführt werden muss, als Körperschaft des öffentlichen Rechts ein tauglicher und zudem im Sinne von § 2a Satz 1 i.V.m. Satz 2 Alt. 1 AFBG geeigneter Träger der Fortbildungsmaßnahme. Diese ist auf ein den gesetzlichen Anforderungen entsprechendes Fortbildungsziel gerichtet. Die Fortbildungsmaßnahme bereitet nämlich gezielt auf einen Fortbildungsabschluss nach landesrechtlichen Regelungen vor. Die durch die erfolgreich absolvierte Fortbildung vermittelte Qualifikation „Zertifizierter Berufsbetreuer - Curator de jure“ beruht auf der entsprechenden Prüfungsordnung der TH D.. Diese ist rechtlich als Satzung und damit als landesrechtliche Regelung zu bewerten.
Es handelt sich hierbei um einen im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 2 AFBG gleichwertigen Fortbildungsabschluss. Die Vorschrift dient der zweckgerechten Mittelverwendung, indem sie absichert, dass die für die berufliche Aufstiegsfortbildung zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel nur für zielführende und zugleich qualifizierte Fortbildungsmaßnahmen eingesetzt werden. Diese Voraussetzung ist regelmäßig erfüllt, wenn die Fortbildungsmaßnahme von einem öffentlichen Träger auf der Grundlage gesetzlicher Regelungen veranstaltet wird. Dass der vorliegend durch die Fortbildungsmaßnahme vermittelte zertifizierte Fortbildungsabschluss den vom Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz gestellten Ansprüchen an Finalität und Qualität entspricht, muss nicht weiter aufgeführt werden, weil es von der Beklagten zu Recht nicht in Zweifel gezogen wird. Es wird zudem durch die von der Beklagten zitierte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bestätigt. Wenn der Bundesgerichtshof in der vom Kläger erfolgreich abgeschlossenen Fortbildung die Grundlage dafür sieht, bei der Vergütung der als rechtlicher Betreuer erbrachten Leistungen die höchste Vergütungskategorie in Ansatz zu bringen, liegt hierin offenkundig die Anerkennung einer entsprechend hohen Qualität des in Rede stehenden Fortbildungsabschlusses.
b. Entgegen der von der Beklagten vertretenen Rechtsauffassung steht der Förderfähigkeit der Fortbildungsmaßnahme nicht deren Qualifizierbarkeit als Studium entgegen. Es handelt sich hierbei weder in formeller noch in materieller Hinsicht um ein Studium.
Ein Studium ist ein durch Prüfungs- und Studienordnungen geregeltes Verfahren qualifizierter Wissensvermittlung durch eine Hochschule, dass zu einem berufsqualifizierenden Abschluss in Gestalt eines akademischen oder staatlichen Abschlusses führt.
Formelle Voraussetzung für ein Studium ist die durch Immatrikulation erworbene Mitgliedschaft einer Hochschule. Bereits daran fehlt es. Zwar ist das vom Kläger absolvierte Weiterbildungsangebot von einer Hochschule, der TH D., durchgeführt worden, doch ist der Kläger nicht etwa durch Immatrikulation Mitglied dieser Hochschule geworden. Vielmehr beruhte die Teilnahme an jener Maßnahme auf einer gesonderten vertraglichen Vereinbarung des Klägers mit der wissensvermittelnden Hochschule.
Die Weiterbildungsmaßnahme hat dem Kläger folglich in materieller Hinsicht keinen akademischen Abschluss vermittelt. Das erworbene Zertifikat dient unbeschadet der Bezeichnung als Hochschulzertifikat lediglich der Verbriefung, dass er die Maßnahme nach Maßgabe der einschlägigen Prüfungsordnung erfolgreich absolviert und die vermittelten Kompetenzen erworben hat.
Schließlich eröffnet der vom Kläger erworbene Abschluss der Fortbildungsmaßnahme anders als ein Studium nicht den Zugang zu einem Beruf oder Berufsfeld. Der Beruf des rechtlichen Betreuers kann fraglos auch ohne den dem Rechtsstreit zugrundeliegenden Fortbildungsabschluss ausgeübt werden. Diese bezweckt und bewirkt vielmehr allein die weitere Qualifizierung für diesen bereits ausgeübten Beruf. Eine derartige berufsbezogene Qualifizierung ist jedoch gerade der Zweck des Mitteleinsatzes nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz. Sie dient insofern der beruflichen Aufstiegsfortbildung, als sie dem Kläger Kompetenzen zu einer besseren Ausübung der Tätigkeit als Berufsbetreuer vermittelt. Dies ist unstreitig und wird, wie oben ausgeführt, gerade durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs belegt, welche die Beklagte zur Begründung ihrer Auffassung, es handele sich um ein nicht förderfähiges Studium heranzieht.
Dass der Bundesgerichtshof in der von der Beklagten angeführten Entscheidung davon spricht, die Ausbildung an der TH D.sei einem Studium vergleichbar, besagt hingegen nichts darüber, dass es sich um eine nicht förderfähige Maßnahme handele. Hierin kommt lediglich zum Ausdruck, dass durch die Maßnahme Kenntnisse und Fertigkeiten vermittelt werden, welche mit denen, die ein Studium verleiht, vergleichbar seien. Dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz ist jedoch nicht zu entnehmen, dass eine besonders qualifizierte Ausgestaltung der beruflichen Aufstiegsfortbildung nicht förderfähig sein sollte. Im Gegenteil wird durch die Aufstellung von Mindeststandards (vgl. insbesondere § 2 Absätze 3 bis 6 AFBG) für förderfähige Maßnahmen klargestellt, dass eine möglichst qualifizierte Fortbildung dem vom Gesetz verfolgten Zweck entspricht.
3. Schließlich steht dem Anspruch des Klägers auf Förderung nicht entgegen, dass er die Fortbildungsmaßnahme bereits abgeschlossen hat. Eine derartige Beschränkung ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Im Gegenteil regelt § 19 Abs. 1 Satz 2 AFBG, dass der Maßnahmebeitrag „spätestens bis zum Ende der Maßnahme“ beantragt worden sein muss. Daraus folgt, dass die Beendigung der Maßnahme den Anspruch auf die rechtzeitig beantragte Förderung unberührt lässt.“
24
Für die hier streitgegenständliche Maßnahme ist eine (öffentlich-rechtliche) Prüfung nach der als Satzung erlassenen Prüfungsordnung der Technischen Hochschule D., wie für die Gleichwertigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AFBG formal vorausgesetzt (OVG NRW, Beschluss v. 30.06.2020 - 12 A 3003/19, juris Rn. 41), erforderlich (vgl. dort §§ 4 bis 8).
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Die weiteren Fördervoraussetzungen nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 AFBG sind vorliegend auch allesamt gegeben. Nach dem von der Klägerin vorgelegten Formblatt B vom 31.07.2019 handelt es sich um einen Präsenzlehrgang in Teilzeitform mit insgesamt 670 Unterrichtsstunden im Sinne des § 2 Abs. 4 Satz 1 und 2 AFBG, die auch innerhalb von 48 Kalendermonaten abgeschlossen werden (Beginn der Maßnahme: 21.10.2019; Ende der Maßnahme: 31.07.2021), wobei im Durchschnitt mindestens 18 Unterrichtsstunden zu je 45 Minuten je Monat stattfinden. Ein Ausschluss der Förderung der streitgegenständlichen Maßnahme nach § 3 AFBG liegt nicht vor. Darüber hinaus ist weder vorgetragen noch sonst für das Gericht erkennbar, dass für die Klägerin bereits Förderung für die Teilnahme an einer anderen Maßnahme im Sinne des AFBG geleistet worden ist (§ 6 Abs. 1 Satz 1 AFBG). Bei der Klägerin haben nach den Angaben im Formblatt Z vom 31.07.2019 zwar nicht bereits vor Beginn der Maßnahme die Voraussetzungen für die Zulassung zur angestrebten Fortbildungsprüfung gemäß der Prüfungsordnung der TH D.vorgelegen (§ 9 Abs. 1 AFBG), wird nach entsprechender Angabe die für die Prüfungszulassung erforderliche fehlende Berufspraxis aber bis zum 2. Semester erworben (§ 9 Abs. 3 AFBG).
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Demnach sind die Voraussetzungen für die Übernahme des Maßnahmebeitrages erfüllt, so dass der Klage stattzugeben war.
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Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 154 Abs. 1, 188 S. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO). Gründe für die Zulassung der Berufung liegen nicht vor (§ 124a Abs. 1 VwGO).