Inhalt

AG Ansbach, Beschluss v. 26.10.2021 – 19 XVII 567/19
Titel:

Genehmigung der Unterbringung des Betreuten durch die Betreuer in der geschlossenen Abteilung eines psychiatrischen Krankenhauses 

Normenkette:
BGB § 1906 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2
Leitsatz:
Der Betreute hat zurzeit keine ausreichende Krankheitseinsicht; er ist zu keiner freien Willensbildung zumindest hinsichtlich der Entscheidungen im Zusammenhang mit der Erkrankung, einer gutachterlich festgestellten Schizophrenie, in der Lage. Er vermag auch die Notwendigkeit der freiheitsentziehenden Maßnahmen und der ärztlichen Maßnahmen nicht zu erkennen. (Rn. 3) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Genehmigung der Unterbringung, geschlossene Abteilung, Schizophrenie, Krankheitseinsicht, Willensbildung, Anhörung, freiheitsentziehende Maßnahmen
Rechtsmittelinstanzen:
LG Ansbach, Beschluss vom 30.11.2021 – 4 T 1368/21
BGH Karlsruhe, Beschluss vom 14.09.2022 – XII ZB 554/21
Fundstelle:
BeckRS 2021, 57831

Tenor

Die Unterbringung des Betreuten durch die Betreuer in der geschlossenen Abteilung eines psychiatrischen Krankenhauses bzw. der beschützenden Abteilung einer Pflegeeinrichtung wird weiterhin bis längstens 25.04.2022 genehmigt.
Die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung wird angeordnet.

Gründe

1
Nach dem aktuellen Gutachten des Sachverständigen Herrn Dr. W. vom 15.09.2021 leidet der Betreute an einer psychischen Krankheit bzw. geistigen/seelischen Behinderung, nämlich einer Schizophrenie.
2
Es besteht deshalb die Gefahr, dass der Betreute sich tötet oder erheblichen gesundheitlichen Schaden zufügt. Der Betreute bedarf ärztlicher Behandlung, die derzeit ohne geschlossene Unterbringung nicht geschehen kann, und er muss geschlossen untergebracht werden, weil er weglaufgefährdet ist und massiv verwahrlosen würde. Darunter zu verstehen ist, dass der Betroffene außerhalb des geschlossenen Settings - wie bei seiner Anhörung angekündigt - die Medikation absetzen würde und dann in absehbarer Zeit rückfällig werden würde im Sinne einer neuen Exazerbation der Schizophrenie. Im Krankenhausumfeld konnten derartige Krankheitsausbrüche bislang aufgefangen werden. Außerhalb dieser Umgebung würde der Betroffene aber unkontrolliert und im tiefer in seine Wahnwelt hineingleiten, so dass eine medizinische Behandlung immer schwerer werden wird. Ohne Medikation wird der Betroffene alsbald auch Verhaltensweisen an den Tag legen, die ein geordnetes und einvernehmliches Miteinander mit seiner Umgebung nicht mehr gewährleisten werden. Der Betroffene wird sodann Ablehnung erfahren und irgendwann sozial isoliert und letztlich hilflos sein. Das Gericht geht - entsprechend den Einlassungen des Betroffenen - durchaus davon aus, dass er für einige Wochen tatsächliche in der Lage wäre, sein Leben außerhalb des Klinikumsettings zu bewerkstelligen; früher oder später wird sich das jedoch ins Negative ändern.
3
Der Betreute hat zur Zeit keine ausreichende Krankheitseinsicht; er ist zu keiner freien Willensbildung zumindest hinsichtlich der Entscheidungen im Zusammenhang mit der Erkrankung in der Lage. Er vermag auch die Notwendigkeit der freiheitsentziehenden Maßnahmen und der ärztlichen Maßnahmen nicht zu erkennen.
4
Dies folgt aus dem Ergebnis der gerichtlichen Ermittlungen, insbesondere aus dem aktuellen Gutachten des Sachverständigen Herrn Dr. W. vom 15.09.2021, der Stellungnahme der Betreuer und dem unmittelbaren Eindruck des Gerichts, den sich dieses anlässlich der Anhörung des Betreuten in der üblichen Umgebung des Betreuten verschafft hat. Die Stellungnahme der Verfahrenspflegerin Frau W. liegt noch nicht vor.
5
Es ist daher erforderlich, zum Wohle des Betreuten die genannten Maßnahmen gemäß § 1906 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 BGB zu genehmigen.
6
Bei der Festsetzung der Frist über die Dauer der Entscheidung hinsichtlich der freiheitsentziehenden Maßnahmen hat das Gericht einerseits die Ausführungen d. Sachverständigen berücksichtigt. Andererseits beabsichtigt es durch die kürzere Frist (nicht ein Jahr ab Gutachtenserstellung, sondern lediglich sechs Monate ab Beschlusserlass) den Betroffenen weiter zu motivieren, seine Medikamente einzunehmen. Zwar hat der Betroffene das Absetzen der Medikation angekündigt; die festgesetzte 6-Monatsfrist ermöglicht es aber zum einen für den Fall des Absetzens lange genug die Entwicklung des Betroffenen zu beobachten, zum anderen wird aber eben ein Anreiz gesetzt, weiterhin die Medikamente einzunehmen und so sich die Möglichkeit zu schaffen, in eine offene(re) Einrichtung zu können. Unter Umständen gewöhnt sich der Körper des Betroffenen auch zunehmend an die Medikation, so dass die vom Betroffenen angegebenen Nebenwirkungen mit der Zeit abflauen und er eine höhere Medikationscompliance zeigen wird.
7
Die Anordnung der sofortigen Wirksamkeit beruht auf § 324 Abs. 2 Satz 1 FamFG.