Inhalt

LG Ansbach, Beschluss v. 07.12.2021 – 4 T 830/21
Titel:

Erfolglose Anhörungsrüge eines Berufsbetreuers gegen Ablehnung von Aufwendungsersatz für Grundstücksverkauf

Normenketten:
ZPO § 321a
BGB § 1835 Abs. 3, § 1908i Abs. 1 S. 1
Leitsatz:
Die Umstellung der Betreuervergütung auf eine Monatspauschale dient allein der Vereinfachung, sollte aber nicht dazu führen, dass in größerem Umfang als zuvor anwaltsspezifische Tätigkeiten bejaht werden, die gesondert abgerechnet werden können. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Anhörungsrüge, Berufsbetreuer, Rechtsanwalt, Grundstücksverkauf, Monatspauschale
Vorinstanzen:
LG Ansbach, Beschluss vom 11.10.2021 – 4 T 830/21
AG Weißenburg, Beschluss vom 29.06.2021 – 407 XVII 285/19
AG Weißenburg vom -- – 407 XVII 285/19
Rechtsmittelinstanz:
VerfGH München, Entscheidung vom 20.09.2022 – Vf. 1-VI-22
Fundstelle:
BeckRS 2021, 57519

Tenor

Die Anhörungsrüge des Beschwerdeführers gegen den Beschluss, AZ: 4 T 830/21, vom 11.10.2021 wird kostenfällig zurückgewiesen.

Gründe

1
Die Anhörungsrüge ist gemäß § 321 a ZPO zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben. Sie ist jedoch unbegründet.
2
Die Kammer hat den Anspruch des Beschwerdeführers auf Gewährung rechtlichen Gehörs nicht in entscheidungserheblicher Weise verletzt.
3
a) Die Kammer hat die Entscheidung des LG Krefeld zur Kenntnis genommen. Sie folgt ihr jedoch nicht, sondern schließt sich, wie in dem Beschluss vom 11.10.2021 ausgeführt, der Auffassung des OLG München und des BayObLG (3 BR 125/04) an. Hieran ändert auch die Entscheidung des Bundesgerichtshofs v. 24.9.2014 nichts. Der Bundesgerichtshof führt dort aus, dass die Frage der Erbringung anwaltsspezifischer Leistungen der wertenden Betrachtung des Tatrichters unterliegt und nur eingeschränkt überprüft werden kann. Der Entscheidung ist daher nur zu entnehmen, dass das LG Krefeld die maßgebenden Tatsachen vollständig und fehlerfrei festgestellt und gewürdigt hat, von ihm keine Rechtsbegriffe verkannt oder Erfahrungssätze verletzt wurden und es die allgemein anerkannten Maßstäbe berücksichtigt und richtig angewandt hat. Dagegen ergibt sich aus der Entscheidung nicht, dass die Würdigung nicht auch zu einem anderen Ergebnis hätte führen können.
4
b) Die Teilung des Grundstücks hat die Kammer berücksichtigt. Die zugrunde liegende erbschaftssteuerliche Problematik hätte auch ein nicht-anwaltlicher Betreuer aus dem Bescheid des Finanzamts Kaufbeuren vom 24.11.2017 entnehmen können.
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Die Vergütung des Betreuers im Einspruchsverfahren spielt im vorliegenden Verfahren keine Rolle.
6
c) Die Ablehnung des höheren Kaufpreisangebots erfolgte in Abstimmung mit dem Betreuungsgericht, welches sich vor Abschluss des Notarvertrags mit dem geplanten Vorgehen des Betreuers einverstanden erklärte. Eine entsprechende Nachfrage hätte auch ein Nicht-Anwalt stellen können, denn das Haftungsrisiko liegt auf der Hand.
7
d) Eine Miterarbeitung des notariellen Vertrages - über die notwendige Zurverfügungstellung von Informationen hinaus - lässt sich dem bisherigen Vortrag nicht entnehmen und konnte daher von der Kammer auch nicht berücksichtigt werden. Auch nunmehr wird hierzu nicht aussagekräftig vorgetragen.
8
e) Die Umstellung der Betreuervergütung auf eine Monatspauschale wirkt sich auf die Entscheidung nicht aus. Auch der Bundesgerichtshof stellt allein darauf ab, ob der (im konkreten Fall:) Verfahrenspfleger im Rahmen seiner Bestellung solche Tätigkeiten zu erbringen hat, für die ein juristischer Laie in gleicher Lage vernünftigerweise einen Rechtsanwalt zuziehen würde (Beschluss vom 24.9.2014 - XII ZB 444/13). Soweit auf eine „zitierte Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts“ Bezug genommen wird, ist bereits unklar, welche Entscheidung hiermit gemeint ist, da die Kammer keine Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts zitiert hat.
9
Sofern der Beschluss vom 17.12.2001 (3Z BR 268/01) gemeint sein sollte, wird in diesem zwar festgestellt, dass einem Rechtsanwalt aufgrund seiner Qualifikation für jede Stunde der für die Betreuung eines mittellosen Betreuten aufgewandten und erforderlichen Zeit gemäß der für die Vergütung von Berufsbetreuern geltenden gesetzlichen Regelung der Höchstbetrag von 60 DM zusteht. Entscheidend für das BayObLG war dabei jedoch nicht die Abrechnung nach Stunden, sondern die Vergütung nach der höchsten Vergütungsstufe. So heißt es weiter (Hervorhebungen durch das Gericht): „Bei Berücksichtigung des Wesens der Betreuung als Rechtsfürsorge, des Umstands, dass die Vergütungsregelung für Berufsbetreuer an deren Qualifikation anknüpft, sowie des Charakters des § 1835 III BGB als Ausnahme zur üblichen Vergütung einer Betreuung kann der Rechtsanwalt für eine von ihm im Rahmen der Betreuung ausgeführte Tätigkeit nur dann ein Honorar nach den Grundsätzen der BRAGO verlangen, wenn die Bewältigung der mit der abzurechnenden Tätigkeit verbundenen Aufgabe besondere rechtliche Fähigkeiten erfordert und deshalb eine originär anwaltliche Dienstleistung dargestellt hat (…). Es muss sich um eine Aufgabe handeln, für die ein anderer Betreuer in vergleichbarer Lage vernünftigerweise einen Rechtsanwalt herangezogen hätte, weil sie eine für den Beruf des Rechtsanwalts spezifische Tätigkeit darstellt (…). Dabei kann als Maßstab nicht der Kenntnis- und Erfahrungsstand eines - auch geschäftsgewandten - Laien dienen. Vielmehr ist zu beachten, dass die Zuerkennung der höchsten Vergütungsstufe, die jeder Anwalt ohnehin verlangen kann, in rechtlichen Fragen bereits allgemein eine erhebliche Qualifikation voraussetzt, die nicht nochmals gesondert honoriert werden soll. Es kommt daher darauf an, ob gerade auch ein Betreuer, der die Qualifikation der höchsten Vergütungsstufe aufweist, zur Erfüllung der Aufgabe den Umständen nach die Beiziehung eines Rechtsanwalts für erforderlich hätte halten dürfen. Dies entspricht dem Maßstab des § 670 BGB, der auch für Aufwendungsersatz des Betreuers gem. § 1835 BGB den Rahmen absteckt. Diese Voraussetzung wird in der Regel dann gegeben sein, wenn es um Leistungen geht, die dem Kernbereich anwaltlicher Tätigkeit zuzuordnen sind.“
10
Auch nach der Gesetzesänderung können Rechtsanwälte jedoch nach der höchsten Vergütungsstufe abrechnen. Die Umstellung auf monatliche Pauschalen dient insoweit allein der Vereinfachung, sollte aber nicht dazu führen, dass in größerem Umfang als zuvor anwaltsspezifische Tätigkeiten bejaht werden.
11
f) Ausführungen zur Einholung von Rat und Auskunft beim Notar und/oder Betreuungsgericht enthält die Entscheidung der Kammer nicht. Im Übrigen lässt sich ein Erfahrungssatz dahingehend, dass (insbesondere schriftliche) Anfragen bei diesen Stellen nicht auch schriftlich beantwortet würden, nicht aufstellen.
12
g) Die Kammer verkennt nicht, dass es Situationen geben kann, in denen auch ein nichtjuristischer Betreuer mit der Qualifikation der höchsten Vergütungsstufe für den Abschluss eines Grundstückskaufvertrags einen Rechtsanwalt einschalten würde. Soweit mit der Gehörsrüge darauf abgestellt wird, dass nie im Voraus überblickt werden könne, welche rechtlichen Schwierigkeiten sich ergeben, ist jedoch festzustellen, dass die Einschaltung des Anwaltes dann erfolgen kann, wenn sich solche für den Nicht-Juristen nicht mehr zu bewältigenden Schwierigkeiten ergeben. Dass dies vorliegend der Fall gewesen wäre, ist allerdings nicht ersichtlich.
13
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG analog.