Titel:
Rechtmäßigkeit der Streichung der Faschingsferien 2021
Normenketten:
GG Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1, Art. 33 Abs. 5
BayEUG Art. 5 Abs. 2
Leitsätze:
1. Bei der Festlegung der Unterrichtspflichtzeit für Lehrerinnen und Lehrer, die durch eine Ferienordnung beeinflusst wird, steht dem Dienstherrn ein nur in engen Grenzen gerichtlich überprüfbarer Gestaltungs- und Ermessensspielraum zu. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Festlegung der Ferientermine wird durch pädagogische und schulorganisatorische Erfordernisse und vor allem durch den Bildungserfolg der Schülerinnen und Schüler bestimmt. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die als Ausgleich der pandemiebedingten Unterrichtseinschränkungen in den Jahren 2020 und 2021 erfolgte Streichung der Frühjahrsferien ist rechtlich nicht zu beanstanden. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
4. Die einmalige geringfügige Verlängerung der Arbeitszeit von Lehrkräften im Schuljahr 2020/2021 verletzt weder den hergebrachten Grundsatz der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht noch Grundrechte von Bediensteten oder den Grundsatz des Vertrauensschutzes. (Rn. 21 – 25) (redaktioneller Leitsatz)
5. Die im Rahmen der Kultusministerkonferenz getroffene Ländervereinbarung zur Regelung der Schulferien stellt keine Rechtsnorm dar, sondern ist eine Empfehlung im Rahmen des Systems des kooperativen Föderalismus. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Ferienordnung, Streichung, Frühjahrsferien, Unterrichtszeit, Kein Vertrauensschutz, Kein Rechtsverstoß, Faschingsferien, Lehrerarbeitszeit, Unterrichtseinschränkungen, Ausgleich, Arbeitszeit, Mehrarbeit, Urlaubsanspruch, Jahressollstundenmaß, Fürsorgepflicht, Vertrauensschutz
Fundstelle:
BeckRS 2021, 57325
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
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Der Kläger steht als Oberstudienrat (Besoldungsgruppe A 14) in Diensten der Beklagten. Er ist an einer Berufsschule der Beklagten als Lehrer tätig.
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Mit Änderung der Bekanntmachung „Ferienordnung und schulfreie Samstage für die Schuljahre 2017/18 bis 2023/24“ des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 15. Januar 2021 (BayMBl Nr. 53) ordnete das Ministerium an, dass die an sich vom 15. Februar 2021 bis 19. Februar 2021 in der Bekanntmachung über die Ferienordnung und schulfreien Samstage für die Schuljahre 2017/2018 bis 2023/2024 vom 9. September 2014 (KWMBl S. 208) eingeplanten Frühjahrsferien im Jahr 2021 entfallen.
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Das Referat für Bildung und Sport der Beklagten wies in einer E-Mail vom 12. Februar 2021 die Schulleiterinnen und Schulleiter der Schulen in ihrer Trägerschaft auf ein Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 29. Januar 2021 hin und wiederholte dessen Wortlaut. Dort ist angegeben, dass sich nach einer intensiven Abwägung der Argumente für und gegen diese Maßnahme der Ministerrat dazu entschieden habe, die Faschingsferien (15. bis 19.2.2021) zu streichen, um durch die zusätzliche Unterrichtswoche - im Idealfall im Präsenzunterricht - die vorangegangenen Beeinträchtigungen zumindest ein Stück weit zu kompensieren. Beim Unterricht während der Frühjahrsferien handle es sich nicht um Mehrarbeit. Die in der Ferienordnung als Ferien vorgesehenen Zeiten seien auch nicht unmittelbar mit Urlaub gleichzusetzen. Lediglich der Urlaubsanspruch der Lehrkräfte werde durch die Ferien abgegolten. Die Ferien im laufenden Schuljahr sollten regelmäßig hinreichend Gelegenheit bieten, dass der gesetzliche Urlaubsanspruch gewahrt bleibe.
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In einem weiteren Schreiben des Referats für Bildung und Sport vom 28. April 2021 wies die Beklagte nochmals darauf hin, dass es sich beim Unterricht während der Frühjahrsferien nicht um Mehrarbeit handle. Die in der Ferienordnung als Ferien vorgesehenen Zeiten seien auch nicht unmittelbar mit Urlaub gleichzusetzen. Lediglich der Urlaubsanspruch der Lehrkräfte werde durch die Ferien abgegolten. Die Ferien im laufenden Schuljahr sollten regelmäßig hinreichend Gelegenheit bieten, dass der gesetzliche Urlaubsanspruch gewahrt bleibe. Weiter wird darauf hingewiesen, dass durch den Wegfall dieser Ferien bei der Berechnung des Jahres-Sollstundenmaßes die zusätzlichen Unterrichtstage um den Wert fünf erhöht würden.
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Am … Juni 2021 beantragte der Kläger den Saldo-Vortrag seiner in der Woche vom 15. bis 19* Februar 2021 gehaltenen 20 Unterrichtsstunden auf sein Jahres-Sollstundenmaß. Mit E-Mail vom *. Juni 2021 teilte ihm die Schulleitung mit, dass gemäß des Schreibens des Referats für Bildung und Sport vom 28. April 2021 die zu leistende Arbeitszeit wegen des Wegfalls der Frühjahrsferien um fünf Unterrichtstage (bei einem Wochenstundenmaß von 24 Stunden um diese Zahl) erhöht worden sei. Daher könnten Plusstunden nicht in das kommende Schuljahr übernommen werden.
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Mit Schriftsatz vom 29. Juni 2021, bei Gericht eingegangen am selben Tag, hat der Kläger Klage erhoben und beantragt,
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Die Beklagte wird verpflichtet, 20 Einzelstunden aus der Woche vom 15. bis 19. Februar 2021 vom Jahres-Sollstundenmaß des Klägers für das Schuljahr 2021/22 - hilfsweise für das auf die rechtskräftige Entscheidung folgende Schuljahr - abzuziehen.
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Die Regelungen für die Festlegung des Jahres-Sollstundenmaßes für Lehrkräfte an beruflichen Schulen der Beklagten sähen eine verbindliche Festlegung des Unterrichtseinsatzes und damit des Jahres-Sollstundenmaßes einer Lehrkraft vor. Lediglich Änderungen, die innerhalb eines Zeitraums von sechs Wochen nach Beginn der Einsatzplanung eingeplant würden, könnten dieses Jahres-Sollstundenmaß verändern. Daraus folge, dass das Jahres-Sollstundenmaß zu Beginn des Schuljahres feststehe. Eine nachträgliche Änderungsmöglichkeit sei nicht vorgesehen. Daher dürfte für diese Gruppe der Lehrer das Stundenmaß nicht nachträglich verändert werden. Die systemwidrige Heraufsetzung des Jahres-Sollstundenmaßes durch Streichung der Frühjahrsferien verstoße daher auch gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes.
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Die Beklagte hat beantragt,
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Die Ermittlung des Jahres-Sollstundenmaßes von Lehrkräften an beruflichen Schulen sei auch nach Ablauf von sechs Wochen eines Schuljahres zulässig und abänderbar. Das Jahres-Sollstundenmaß unterliege keiner Planung, sondern errechne sich anhand der entsprechenden Formel. Durch den angeordneten Wegfall der Frühjahrsferien sei das Jahres-Sollstundenmaß entsprechend anzupassen gewesen. Die Sechs-Wochen-Frist bleibe in diesem Fall unbeachtlich, da diese nur für die Anpassung bei vorhersehbarem Unterrichtsausfall gelte. Die Streichung der Frühjahrsferien verstoße auch nicht gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes.
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Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten sowie die Niederschrift vom 21. Dezember 2021 verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Leistungsklage ist unbegründet.
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Der Kläger hat keinen Anspruch auf Berücksichtigung der im Zeitraum vom 15. bis 19* Februar 2021 von ihm geleisteten 20 Unterrichtsstunden bei der Festlegung seines Jahres-Sollstundenmaßes im kommenden Schuljahr.
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1. Durch die Änderung der Bekanntmachung „Ferienordnung und schulfreie Samstage für die Schuljahre 2017/18 bis 2023/24“ des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 15. Januar 2021 (BayMBl Nr. 53) ordnete das Ministerium an, dass die an sich vom 15. Februar 2021 bis 19. Februar 2021 in der Bekanntmachung über die Ferienordnung und schulfreien Samstage für die Schuljahre 2017/2018 bis 2023/2024 vom 9. September 2014 (KWMBl S. 208) eingeplanten Frühjahrsferien im Jahr 2021 entfallen. Damit hat das Ministerium verfügt, dass in diesem Zeitraum regulärer Unterricht von den Lehrerinnen und Lehrern zu leisten ist. Die Ferienordnung gilt für alle öffentlichen und privaten Schulen im Freistaat Bayern (Nr. 1 der Ferienordnung; vgl. auch BayVGH, B.v. 24.8.2021 - 25 NE 21.2201 - juris Rn. 6). Dem Kultusministerium kommt aus Art. 5 Abs. 2 des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (BayEUG) die Kompetenz zu, die Ferienordnung zu erlassen wie auch zu ändern (BayVGH, B.v. 12.2.2021 - 7 NE 21.434 - NVwZ-RR 2021, 668, juris Rn. 29)
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2. Mit der Ferienordnung regelt das Kultusministerium nicht nur die Schulpflicht gegenüber den Schülerinnen und Schülern, sondern auch den Zeitrahmen, in dem die Lehrerinnen und Lehrer ihre Unterrichtspflichtzeit zu erfüllen haben. Durch die Streichung der Frühjahrsferien ist die Unterrichtsverpflichtung in der Weise angehoben worden, dass nunmehr an fünf Werktagen im Schuljahr 2020/21 zusätzlich Unterricht zu leisten ist. Gegen diese allgemeine Anhebung der Arbeitszeit der Lehrkräfte ist rechtlich nichts zu erinnern.
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a) Für die gerichtliche Überprüfung der Lehrerarbeitszeit ist zu beachten, dass dem Dienstherrn für deren Festlegung ein weiter Gestaltungs- bzw. Ermessensspielraum zukommt. Daraus folgt eine nur in engen Grenzen bestehende gerichtliche Kontrollmöglichkeit dahingehend, dass diese Einschätzung nicht offensichtlich fehlerhaft, insbesondere nicht willkürlich sein darf. Das gilt nicht nur für die Festlegung der Pflichtstundenzahl der Lehrkräfte (vgl. BayVGH, B.v. 25.11.2019, 3 BV 17.1857, juris Rn. 22 f.; BVerwG, U.v. 28.10.1982 - 2 C 88.81 - juris Rn. 16 f.; U.v. 23.6.2005 - 2 C 22.04 - juris Rn. 15; B.v. 11.12.2020 - 2 B 10/20 - juris Rn. 9 f.), sondern auch für die Festlegung des zeitlichen Rahmens von Unterrichts- und Ferienzeiten innerhalb des Schuljahres, in dem die Unterrichtspflichtzeit erbracht werden muss.
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b) Die Festsetzung der Ferientermine wird durch pädagogische und schulorganisatorische Erfordernisse bestimmt. Dabei steht vor allem der Bildungserfolg der Schülerinnen und Schüler im Vordergrund. Aber auch die Rhythmisierung von Lern- und Erholungszeiträumen, sowie Notwendigkeiten in Bezug auf Prüfungsabläufe sind zu berücksichtigen. Der der Schulverwaltung insoweit eingeräumte Entscheidungsspielraum unterliegt nur einer begrenzten verwaltungsgerichtlichen Kontrolle (vgl. BayVGH, B.v. 7.12.1992 - 7 CE 92.3287 - juris Rn. 13). Weder aus Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (Grundgesetz/GG), noch aus Art. 6 Abs. 2 GG folgt, dass einmal in der Ferienordnung festgelegte Ferientermine keiner Änderung unterliegen (vgl. BayVGH, B.v. 12.2.2021 - 7 NE 21.434 - NVwZ-RR 2021, 668, juris Rn. 33).
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c) Die für die Streichung der Frühjahrsferien angeführten Erwägungen sind rechtlich nicht zu bestanden. Der dem Staatsministerium eingeräumte Entscheidungsspielraum ist nicht willkürlich überschritten. Die Entscheidung, die ursprünglich festgesetzten Frühjahrsferien im Zeitraum vom 15. Februar 2021 bis 19. Februar 2021 zu streichen, wird damit begründet, dass die durch die COVID-19-Pandemie vorangegangenen Beeinträchtigungen des regulären Unterrichtsbetriebs (insbesondere der gerichtsbekannte völlige Ausfall von Präsenzunterricht im Januar 2021), durch eine zusätzliche Unterrichtswoche statt einer Ferienwoche kompensiert werden solle. Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass das Kultusministerium in dieser Ausnahmesituation der Durchführung von Unterricht das größere Gewicht beigemessen hat als der Einhaltung der ursprünglich festgelegten Frühjahrsferien (BayVGH, B.v. 12.2.2021 - 7 NE 21.434 - NVwZ-RR 2021, 668, juris Rn. 34 f.).
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d) Die Streichung der Frühjahrsferien verstößt auch nicht gegen Art. 25 Abs. 2 Satz 1 der Ländervereinbarung. Diese Vereinbarung statuiert, dass die Feriengesamtdauer während eines Schuljahres 75 Werktage beträgt. Bei diesem Länderabkommen handelt es sich um einen Beschluss der Kultusministerkonferenz. Beschlüsse der Kultusministerkonferenz haben keine unmittelbaren rechtlichen Außenwirkungen, sondern bedürfen der Umsetzung in den einzelnen Bundesländern (vgl. BVerfG, B.v. 2.5.2006 - 1 BvR 698/06 - NVwZ 2006, 924, juris Rn. 10). Der Ländervereinbarung kommt damit keine Rechtsnormqualität zu; die Kultusministerkonferenz setzt kein Recht, sondern gibt als Instrument des „kooperativen Föderalismus“ Empfehlungen für eine einheitliche Verwaltungspraxis der Länder (vgl. BVerwG, B.v. 6.1.1999 - 6 B 19.98 - juris Rn. 3). Dass die Ländervereinbarung auf die Durchführung und Umsetzung durch die Länder angewiesen ist, ergibt sich zudem aus Art. 44 Abs. 2 des Länderabkommens, wonach, wo notwendig, entsprechendes Landesrecht anzupassen ist. Daraus folgt, dass für die Ferienordnung grundsätzlich nicht Rechtmäßigkeitsvoraussetzung ist, dass eine Ferienzeit von insgesamt 75 Werktagen einschließlich von 12 Samstagen festgelegt wird. Unabhängig davon setzt die Ferienordnung für das Schuljahr 2020/2021 auch in der nunmehr geänderten Form unter Berücksichtigung der um zwei Tage verlängerten Weihnachtsferien am 21. und 22. Dezember 2020 insgesamt 75 Ferientage fest (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 12.2.2021 - 7 NE 21.434 - NVwZ-RR 2021, 668, juris Rn. 40).
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e) Die durch die Streichung der Frühjahrsferien erfolgte einmalige Verlängerung der Arbeitszeit für Lehrkräfte um fünf Arbeitstage ist auch mit Blick auf Art. 33 Abs. 5 GG rechtlich nicht zu beanstanden.
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Es steht grundsätzlich im Organisationsermessen des Dienstherrn, die Arbeitszeit der Beamten festzulegen. Dieses Organisationsermessen findet seine Grenze namentlich in dem hergebrachten Grundsatz der Fürsorgepflicht des Dienstherrn gegenüber seinen Beamten. Danach muss der Dienstherr bei der Festlegung der Wochenarbeitszeit die wohlverstandenen Interessen der Beamten berücksichtigen. Er darf die Wochenarbeitszeit insbesondere nicht auf ein Maß festlegen, das die Beamten übermäßig belastet oder gar geeignet ist, ihre Gesundheit zu gefährden. Er hat grundsätzlich auch eine gewisse Parallelität zu den Dienstzeiten im öffentlichen Dienst im Übrigen zu wahren (BVerfG, B.v. 30.1.2008 - 2 BvR 398/07 - NVwZ 2008, 668, juris Rn. 9 f.; vgl. auch BayVGH, U.v. 26.1.1994 - 3 N 93.3869 - VGHE 47, 93, juris Rn. 26 ff.).
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Die einmalige Verlängerung der Arbeitszeit um fünf Werktage stellt gemessen an der Gesamtdauer des Schuljahres 2020/21 sowie der verbleibenden Ferientage in diesem Schuljahr nur einen geringen und untergeordneten Umfang an zusätzlichen Unterrichtstagen dar. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die Lehrerinnen und Lehrer durch - einmalig - fünf zusätzliche Schultage unzumutbar betroffen würden. Hinzu kommt der Gesichtspunkt, dass es sich um eine einmalige Ausnahmesituation im Rahmen der COVID-19-Pandemie handelt, die eine zusätzliche Belastung rechtfertigt.
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Die durch die Streichung der Frühjahrsferien erfolgte - geringfügige - Erhöhung der Arbeitszeit bedingt auch keinen Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 GG, Art. 2 Abs. 1 GG oder Art. 3 Abs. 1 GG (BVerfG, B.v. 30.1.2008 - 2 BvR 398/07 - NVwZ 2008, 668, juris Rn. 11 ff.; BayVGH, U.v. 26.1.1994 - 3 N 93.3869 - VGHE 47, 93, juris Rn. 26 ff.).
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f) Die Streichung der Frühjahrsferien verstößt auch nicht gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes. Das Gewicht des Vertrauens, dass an den Frühjahrsferien festgehalten wird, ist nur gering zu bewerten. Denn der zeitliche Umfang von fünf Unterrichts- bzw. Ferientagen, der von der Änderung der Ferienordnung betroffen ist, ist gemessen am Gesamtschuljahr und insbesondere den Ferientagen des Gesamtschuljahres als nicht hoch zu betrachten. Zudem sind die bundesweit in der Kultusministerkonferenz vereinbarten 75 Ferientage gewahrt (s.o.). Schließlich ist auch in den Blick zu nehmen, dass die Weihnachtsferien im Schuljahr 2020/21 um zwei Tage verlängert wurden (21. und 22.12.2020, vgl. BayVGH, B.v. 12.2.2021 - 7 NE 21.434 - NVwZ-RR 2021, 668, juris Rn. 34). Zudem sieht die Bekanntmachung vom 9. September 2014 über die Ferienordnung in Nr. 1.4 die Möglichkeit von Abweichungen oder Änderungen vor, die allerdings durch das Ministerium zu genehmigen sind. Damit ist ein Vertrauensschutz in die unveränderte Festsetzung von Ferienterminen von vornherein nicht gegeben. Hinzu kommt, dass bereits im laufenden Schuljahr zahlreiche kurzfristige Änderungen des Schulbetriebs - wie beispielsweise die Festlegung von zusätzlichen zwei Ferientagen vor Weihnachten 2020 - vorgenommen worden sind und damit dem Kläger hätte bewusst sein können, dass gerade in Zeiten der COVID-19-Pandemie auch mit einer weiteren Änderung der Ferienzeiten zu rechnen ist. Hinzu kommt, dass es sich um eine einmalige Maßnahme gehandelt hat. Die Klagepartei führt darüber hinaus keine konkreten Umstände an, warum im Fall des Klägers dem Vertrauensschutz ein zusätzliches Gewicht beizumessen wäre.
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Andererseits ist das Gewicht des Bedürfnisses zur Streichung der Frühjahrsferien sehr hoch zu bemessen. Denn hinter der Möglichkeit zur Kompensation vorangegangener Beeinträchtigungen des Unterrichtsbetriebs durch eine zusätzliche Unterrichtswoche steht das Interesse an der schulischen Bildung der Schülerinnen und Schüler, dem ein sehr hohes Gewicht beigemessen werden darf.
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g) Auch die von der Klagepartei angeführten Richtlinien zur Berechnung der Unterrichtspflichtzeit, insbesondere an beruflichen Schulen (siehe hierzu Bekanntmachung des Staatsministeriums vom 7.9.2017, Rundschreiben des Referats für Bildung und Sport der Beklagten vom 30.10.2019 und 4.9.2020), stehen der Anordnung von fünf weiteren Unterrichtstagen nicht entgegen.
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Denn diese Regelungen bestimmen den Unterrichtseinsatz innerhalb des durch die Lehrverpflichtung als solcher bestimmten Summe der verpflichtenden Unterrichtsstunden. Diese wird durch die Unterrichtstage und das nach Wochenstunden bestimmte Unterrichtsdeputat berechnet. Die Verwaltungsvorschriften zur Einsatzplanung, die einen vorhersehbaren Unterrichtsausfall nur grundsätzlich innerhalb von sechs Wochen nach Schuljahresbeginn definieren, der bei der Einsatzplanung zu berücksichtigen ist (Bekanntmachung des Staatsministeriums vom 7.9.2017 Nr. I.3), betreffen die Verteilung des Jahres-Sollstundenmaßes einer Lehrkraft über das Schuljahr. Durch die Streichung der Frühjahrsferien wird die Unterrichtspflichtzeit für alle Lehrerinnen und Lehrer generell (geringfügig) erhöht. Das betrifft die individuelle Verteilung der Unterrichtspflichtzeit der einzelnen Lehrkraft nicht. Im Schreiben des Referats für Bildung und Sport vom 28. April 2021 ist in Nr. 4 lit. d ausdrücklich angegeben, dass die Sechs-Wochen-Frist für den Betrachtungszeitraum in Nr. I.3 des Schreibens des Staatsministeriums vom 7. September 2017 zur Anpassung der Unterrichtszeit während des Schuljahres auf die Unterrichtserteilung im Zeitraum der Frühjahrsferien 2021 keine Anwendung finde. Vielmehr setzt die Regelung über den generellen Umfang der Unterrichtspflichtzeit (nach Unterrichtstagen und Unterrichtsdeputat) den Rahmen, der durch die Verteilung der Unterrichtspflicht über das Schuljahr ausgefüllt wird. Die Streichung der Frühjahrsferien betrifft daher die individuelle Verteilung der Unterrichtspflichtzeit nicht. Daher stehen die Regelungen zur Verteilung der Arbeitszeit, insbesondere an beruflichen Schulen, der Streichung der Frühjahrsferien nicht entgegen. Durch die verwaltungsinternen Vorgaben zur Anpassung der Unterrichtsstunden während des laufenden Schuljahres kann auch kein besonderes Vertrauen an einem Fortbestand der Ferienordnung entstehen. Denn diese Regelungen zur Verteilung der Arbeitszeit gelten innerhalb des Rahmens der Gesamt-Lehrverpflichtung in einem Schuljahr.
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h) Die geltend gemachten Unterrichtsstunden sind auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Ausgleichs von Mehrarbeit (Art. 87 Abs. 2 des Bayerischen Beamtengesetzes/BayBG) anzurechnen bzw. abzugelten. Denn es fehlt an der Anordnung von konkreter Mehrarbeit. Die Beklagte hat insbesondere in ihren Rundschreiben vom 12. Februar 2021 und 28. April 2021 ausdrücklich angegeben, dass es sich bei der Streichung der Frühjahrsferien nicht um die Anordnung von Mehrarbeit handelt. Insoweit wurden die entsprechenden Verlautbarungen des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus übernommen (KMS vom 29.1.2021 und 12.2.2021).
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Vielmehr wurde die regelmäßige Arbeitszeit generell angehoben. Das stellt aber nicht die Anordnung von Mehrarbeit dar, selbst wenn die Arbeitszeit rechtswidrig zu hoch festgesetzt worden wäre (BVerwG, U.v. 19.4.2018 - 2 C 40.17 - BVerwGE 161, 377, juris Rn. 14; VG München, U.v. 10.3.2020 - M 5 K 19.2454 - juris Rn. 17). Es bestehen im Übrigen keine Anhaltspunkte dafür, dass durch die einmalige Erhöhung der Arbeitszeit um fünf Unterrichtstage durch Streichung der Frühjahrsferien die Arbeitszeit einen rechtswidrigen Umfang erhalten haben könnte.
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i) Da kein Anspruch auf Berücksichtigung der 20 Wochenstunden gehaltenen Unterricht in der Woche vom 15. bis 19. Februar 2021 im Schuljahr 2021/22 besteht, ist auch der Hilfsantrag unbegründet, diese Stunden in dem auf die rechtskräftige Entscheidung folgenden Schuljahr zu berücksichtigen.
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3. Der Kläger hat als unterlegener Beteiligter nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).