Titel:
Einstweilige Anordnung, Stellenbesetzung, Dienstliche Beurteilung, Anlassbeurteilung, Zeiträume, Auswahlvermerk, Innere Ausschöpfung, Gleichstand bei Superkriterien, Schwerbehinderung
Normenketten:
VwGO § 123
GG Art. 33 Abs. 5
LlbG Art. 16 Abs. 1
LlbG Art. 21
Schlagworte:
Einstweilige Anordnung, Stellenbesetzung, Dienstliche Beurteilung, Anlassbeurteilung, Zeiträume, Auswahlvermerk, Innere Ausschöpfung, Gleichstand bei Superkriterien, Schwerbehinderung
Fundstelle:
BeckRS 2021, 57312
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert wird auf 15.845,58 EUR festgesetzt.
Gründe
1
Der Antragsgegner schrieb mit Schreiben des Staatsministeriums für Unterricht und Kultus (Nr. IV.3-BP 6001.1-5.35 346) vom … April 2021 die Funktionsstelle des Zentralen Fachberaters für Ernährung und Gesundheit an Realschulen (Besoldungsgruppe A 12) aus. Auf diese Stelle bewarben sich sechs Bewerberinnen, darunter die Antragstellerin und die Beigeladene.
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Die Antragstellerin steht als Fachlehrerin (Besoldungsgruppe A 11 mit Amtszulage) in Diensten des Antragsgegners, sie ist an der P. Realschule S. tätig. In der periodischen Beurteilung für den Beurteilungszeitraum … August 2014 bis … Dezember 2018 erhielt sie im Amt A 11 + AZ das Gesamturteil „Leistung, die die Anforderungen besonders gut erfüllt“ (BG). In der dienstlichen Anlassbeurteilung für den Beurteilungszeitraum ... August 2014 bis … April 2021 erhielt die Antragstellerin im Amt A 11 + AZ das Gesamturteil BG. In den sechs Einzelmerkmalen „Unterrichtsplanung und Unterrichtsgestaltung“, „Erzieherisches Wirken“, „Zusammenarbeit“, „Sonstige dienstliche Tätigkeiten“, „Einsatzbereitschaft“ und „Berufskenntnisse und ihre Erweiterung“ erhielt die Antragstellerin jeweils das Urteil BG. In den drei Einzelmerkmalen „Unterrichtserfolg“, „Wahrnehmung von übertragenen schulischen Funktionen“ und „Entscheidungsvermögen“ erhielt die Antragstellerin jeweils das Urteil „Leistung, die die Anforderungen übersteigt“ (UB). Die Antragstellerin ist seit … Januar 2013 zusätzlich als Mitarbeiterin des Ministerialbeauftragten für die Realschulen Oberbayern West tätig. Bei der Antragstellerin liegt seit Februar 2020 ein Grad der Behinderung von 50 v.H. vor. Die Verwendungseignung für die Funktion der Zentralen Fachberaterin für Ernährung und Gesundheit wurde der Antragstellerin zugesprochen.
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Die Beigeladene steht als Fachlehrerin (Besoldungsgruppe A 11 mit Amtszulage) in Diensten des Antragsgegners, sie ist an der Realschule O. tätig. In der dienstlichen Beurteilung für den Beurteilungszeitraum ... August 2014 bis … Dezember 2018 erhielt die Beigeladene im Amt A 11 + AZ das Gesamturteil BG. In den sieben Einzelmerkmalen „Unterrichtserfolg“, „Zusammenarbeit“, „Sonstige dienstliche Tätigkeiten“, „Wahrnehmung von übertragenen schulischen Funktionen“, „Entscheidungsvermögen“, „Einsatzbereitschaft“ und „Berufskenntnisse und ihre Erweiterung“ erhielt die Beigeladene jeweils das Urteil BG. In den zwei Einzelmerkmalen „Unterrichtsplanung und Unterrichtsgestaltung“ und „Erzieherisches Wirken“ erhielt die Beigeladene jeweils das Urteil UB. Die Verwendungseignung für die Funktion der Zentralen Fachberaterin für Ernährung und Gesundheit wurde der Beigeladenen zugesprochen.
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Mit Besetzungsvermerk vom … Juli 2021 entschied der Antragsgegner, die streitgegenständliche Stelle mit der Beigeladenen zu besetzen. Die Antragstellerin und die Beigeladene wiesen in ihren jeweiligen dienstlichen Beurteilungen im gleichen Statusamt das Prädikat BG auf. Ein Vergleich der besetzungsrelevanten Superkriterien ergebe weiterhin einen Leistungsgleichstand. Ein Vergleich der Gesamtheit der Einzelprädikate ergebe einen Leistungsvorsprung zu Gunsten der Beigeladenen, da diese 7 x BG und 2 x UB im Vergleich zu 6 x BG und 3 x UB der Antragstellerin aufweise. Die Hauptvertrauensperson der schwerbehinderten Menschen im Geschäftsbereich des Staatsministeriums für Unterricht und Kultus hat diesem Vorschlag zugestimmt.
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Mit Schreiben vom … Juli 2021 teilte das Staatsministerium für Unterricht und Kultus (Staatsministerium) der Antragstellerin mit, dass für die Stelle die Beigeladene vorgesehen sei. Die Antragstellerin erhob daraufhin am … Juli 2021 Widerspruch, über welchen - soweit ersichtlich - noch nicht entschieden wurde.
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Mit Schriftsatz vom 6. August 2021 hat die Antragstellerin beantragt,
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dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, die Stelle des Zentralen Fachberaters/ der Zentralen Fachberaterin für Ernährung und Gesundheit an Realschulen (BesGr. A 12) zu besetzen, solange über die Bewerbung der Antragstellerin keine neue Auswahlentscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts getroffen worden ist.
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Die Bewertung im Besetzungsvermerk des Antragsgegners, dass aufgrund des Unterschieds um eine Beurteilungsstufe im Einzelmerkmal 2.1.6 „Wahrnehmung von übertragenen schulischen Funktionen“ keine wesentliche gleiche Eignung vorliege, sei nicht sachgerecht. Bei diesem Einzelmerkmal würde es sich schon nicht um ein für die Stellenbesetzung maßgebliches Superkriterium handeln. Bei der Ausschöpfung der dienstlichen Beurteilungen hätten auch die Vorbeurteilungen in Blick genommen werden müssen, da die aktuellen Beurteilungen zu einer im wesentlichen gleichen Beurteilungslage gekommen seien. Im Hinblick auf die ohne weiteres im wesentlichen gleiche Beurteilungslage, hätte die Antragstellerin aufgrund ihres Grades der Behinderung den Vorzug vor der Beigeladenen von 50 v.H. erhalten müssen.
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Das Staatsministerium hat für den Antragsgegner die Behördenakten vorgelegt und beantragt,
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den Antrag auf einstweilige Anordnung abzuweisen.
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Ein Rückgriff auf ältere Beurteilungen sei im Ergebnis nicht erforderlich gewesen, da bereits aufgrund der inneren Ausschöpfung der aktuellen Beurteilungen ein Leistungsvorsprung der Beigeladenen habe festgestellt werden können. Auf die Schwerbehinderung der Antragstellerin habe nicht abgestellt werden können, da zwischen dieser und der Beigeladenen keine wesentliche gleiche Eignung im Sinne des Art. 21 Abs. 1 Satz 3, 4 Leistungslaufbahngesetz (LlbG) vorgelegen habe.
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Die ausgewählte Beamtin wurde mit Beschluss vom 10. August 2021 zum Verfahren beigeladen. Sie hat keinen Antrag gestellt oder sich sonst zum Verfahren geäußert.
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Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten verwiesen.
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Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist unbegründet.
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1. Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann das Gericht auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach Satz 2 des § 123 Abs. 1 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung - vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen - notwendig erscheint, um insbesondere wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern. § 123 Abs. 1 VwGO setzt daher sowohl einen Anordnungsgrund, das heißt ein Bedürfnis für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtschutzes in Form der Gefährdung eines eigenen Individualinteresses, als auch einen Anordnungsanspruch voraus, das heißt die bei summarischer Überprüfung der Sach- und Rechtslage hinreichende Aussicht auf Erfolg oder zumindest auf einen Teilerfolg des geltend gemachten Begehrens in der Hauptsache. Die Antragstellerin hat die hierzu notwendigen Tatsachen glaubhaft zu machen.
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2. Der Anordnungsgrund in Form der besonderen Dringlichkeit der begehrten einstweiligen Anordnung ist gegeben. Das Auswahlverfahren für die streitgegenständliche Stelle ist grundsätzlich abgeschlossen. Eine Ernennung der Beigeladenen steht unmittelbar bevor. Der Bewerbungsverfahrensanspruch der Antragstellerin als übergangener Bewerberin lässt sich nur vor der Ernennung der ausgewählten Konkurrentin mittels einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO effektiv sichern, da sich der um eine Stellenauswahl geführte Rechtsstreit mit der endgültigen Besetzung der ausgeschriebenen Stelle erledigt (vgl. BVerfG, B.v. 29.7.2003 - 2 BvR 311/03 - NVwZ 2004, 95, juris). Nach herrschender Auffassung in der Rechtsprechung (BVerwG, U.v. 4.11.2010 - 2 C 16/09 - NVwZ 2011, 358, juris) ist mit der endgültigen anderweitigen Besetzung einer Stelle das Besetzungsverfahren grundsätzlich abgeschlossen mit der Folge, dass dem Begehren der Antragstellerin, die Auswahlentscheidung zu ihren Gunsten vorzunehmen, nicht mehr entsprochen werden könnte, weil der Antragsgegner die Ernennung der Beigeladenen in der Regel nicht mehr rückgängig machen könnte.
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3. Die Antragstellerin hat einen Bewerbungsverfahrensanspruch, das heißt einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr den Dienstposten unter Berücksichtigung des in Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (GG), Art. 94 Abs. 2 Satz 2 Verfassung für den Freistaat Bayern (BV) normierten Leistungsgrundsatzes vergibt und seine Auswahlentscheidung nur auf Gesichtspunkte stützt, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerber betreffen (vgl. BVerfG, B.v. 26.11.2010 - 2 BvR 2435/10 - NVwZ 2011, 746, juris; B.v. 2.10.2007 - 2 BvR 2457/04 - NVwZ 2008, 194, juris; BVerwG, U.v. 17.8.2005 - 2 C 36.04 - juris). Bei der Auswahl unter mehreren Bewerbern für eine solche Stelle gilt es daher, den dafür „bestgeeigneten“ Bewerber ausfindig zu machen. Naturgemäß ist bei dieser Prognose auf die Leistungsanforderungen des konkret zu besetzenden Dienstpostens abzustellen, wobei der Dienstherr im Rahmen seines organisatorischen Ermessens bestimmt, welche besonderen Eignungsvoraussetzungen der künftige Amtsinhaber mitbringen muss (Anforderungsprofil) und welchen Gesichtspunkten innerhalb von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung das größere Gewicht zukommen soll (VG München, B.v. 28.8.2006 - M 5 E 06.2324 - juris Rn. 22). Diese Vorgaben dienen zwar vornehmlich dem öffentlichen Interesse an einer bestmöglichen Besetzung, berücksichtigen aber zugleich das berechtigte Interesse eines Kandidaten an einem angemessenen beruflichen Fortkommen. Der Bewerber hat daher einen Anspruch auf rechtsfehlerfreie Auswahl (BVerwG, U.v. 25.8.1988 - 2 C 28/85 - juris; BayVGH, B.v. 25.5.2011 - 3 CE 11.605 - BayVBl 2011, 565, juris; VG München, B.v. 24.10.2012 - M 5 E 12.2637 - juris). Aus der Verletzung dieses Anspruches folgt zwar regelmäßig nicht ein Anspruch auf Einstellung oder Beförderung. Vielmehr ist es im Hinblick auf den Beurteilungs- und Ermessensspielraum des Dienstherrn bei der Auswahlentscheidung grundsätzlich nicht Aufgabe des Gerichts, den besser geeigneten Bewerber zu bestimmen und eine eigene Prognose der Erfolgsaussichten der Bewerbung vorzunehmen (vgl. BayVGH, B.v. 5.1.2012 - 7 CE 11.1432 - juris). Der unterlegene Bewerber kann aber eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung beanspruchen, wenn seine Auswahl möglich erscheint (BVerfG, B.v. 26.11.2010 - 2 BvR 2435/10 - NVwZ 2011, 746, juris). Aufgrund der Verfahrensabhängigkeit des sich aus Art. 33 Abs. 2 GG ergebenden subjektiven Rechts und der Garantie von Art. 19 Abs. 4 GG sind die Verwaltungsgerichte bei der Auslegung und Anwendung des § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO in beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitigkeiten gehalten, den Erfordernissen eines effektiven Rechtsschutzes im Eilverfahren besonders Rechnung zu tragen (vgl. BVerfG, B.v. 29.7.2003 - 2 BvR 311/03 - BayVBl 2004, 17, juris).
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Feststellungen über Eignung, Befähigung und fachliche Leistung von Bewerbern um eine Beförderungsstelle sind in erster Linie auf die aktuellen dienstlichen Beurteilungen zu stützen, denn sie bilden den gegenwärtigen bzw. zeitnah zurückliegenden Stand ab und können somit am besten als Grundlage für die Prognose dafür dienen, welcher der Konkurrenten die Anforderungen der zu besetzenden Stelle voraussichtlich am besten erfüllen wird (BVerwG, B.v. 27.9.2011 - 2 VR 3/11 - NVwZ-RR 2012, 71; vgl. zum Ganzen auch: BayVGH, B.v. 18.6.2012 - 3 CE 12.675 - BayVBl 2013, 335, juris; VG München, B.v. 26.10.2012 - M 5 E 12.3882 - juris; B.v. 24.10.2012 - M 5 E 12.2637 - juris). Hierbei ist darauf zu achten, dass die dem Vergleich der Konkurrenten zugrunde gelegten Beurteilungen untereinander vergleichbar sind; das ist in der Regel der Fall, wenn die Beurteilungen im selben Statusamt erzielt worden sind. Ihre wesentliche Aussagekraft erhalten dienstliche Beurteilungen nämlich erst in Relation zu den Bewertungen in anderen dienstlichen Beurteilungen. Um zu der erforderlichen objektiven Bewertung des einzelnen Beamten zu gelangen und um die Vergleichbarkeit der beurteilten Beamten zu gewährleisten, muss so weit wie möglich gleichmäßig verfahren werden. Die Beurteiler müssen ihrer Bewertung denselben Begriffsinhalt der Noten (Punktewerte) zugrunde legen und diese mit demselben Aussagegehalt verwenden. Das gilt insbesondere für das die Beurteilungen abschließende Gesamturteil (BVerwG, U.v. 27.2.2003 - 2 C 16.02 - NVwZ 2003, 1397, juris; BayVGH, B.v. 14.8.2014 - 3 CE 14.377 - juris Rn. 26; B.v. 6.11.2007 - 3 CE 07.2163 - juris Rn. 41 f.).
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Sind die Bewerber mit dem gleichen Gesamturteil bewertet worden, muss der Dienstherr die Beurteilungen unter Anlegung gleicher Maßstäbe umfassend inhaltlich auswerten und Differenzierungen in der Bewertung einzelner Leistungskriterien oder in der verbalen Gesamtwürdigung zur Kenntnis nehmen, sog. Binnendifferenzierung oder inhaltliche Ausschöpfung (BVerwG, B.v. 19.12.2014 - 2 VR 1.14 - IÖD 2015, 38, juris Rn. 35).
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4. Nach diesen Grundsätzen hat die Antragstellerin keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
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a) Der Auswahlvermerk vom … Juli 2021 genügt den formellen rechtlichen Anforderungen an die Darstellung der wesentlichen Auswahlerwägungen. In dieser Hinsicht wird von Antragstellerseite auch nichts vorgetragen.
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b) Die Hauptvertrauensperson der schwerbehinderten Menschen im Geschäftsbereich des Staatsministeriums für Unterricht und Kultus wurde beteiligt.
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c) Die Auswahlentscheidung ist auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden.
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aa) Der an erster Stelle des Auswahlvorgangs stehende Vergleich zwischen der Antragstellerin und der Beigeladenen ergab einen Leistungsgleichstand. Hiergegen ist rechtlich nichts zu erinnern. Sowohl die Antragstellerin als auch die Beigeladene erzielten im gleichen Statusamt der Besoldungsgruppe A 11 + AZ jeweils im Gesamturteil BG. Der Leistungsvergleich erfolgte im selben Beurteilungssystem im selben Statusamt und aufgrund aktueller und zeitlich vergleichbarer Leistungsberichte.
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(1) Dienstliche Beurteilungen müssen als Grundlage eines Leistungsvergleichs hinsichtlich des Beurteilungszeitraums und des Stichtags nicht stets gleich sein. Fehlen vergleichbare periodische Beurteilungen, setzt eine am Leistungsgrundsatz orientierte Auswahlentscheidung demnach voraus, dass die maßgeblichen äußeren Kriterien einer Vergleichbarkeit so weit wie möglich einzuhalten sind. Die einzelnen Beurteilungszeiträume müssen zwar im Wesentlichen übereinstimmen, weil nur so eine vergleichbare Aussagekraft zu Eignung, Befähigung und Leistung der Bewerber untereinander gewährleistet ist (BayVGH, B.v. 28.6.2002 - 3 CE 02.1282 - juris Rn. 35). Unterschiedliche Aktualitätsgrade der einer Auswahlentscheidung zugrunde zu legenden Beurteilungen sind jedoch in bestimmten Konstellationen zwangsläufig in Kauf zu nehmen. Der Grundsatz der „höchstmöglichen Vergleichbarkeit“ stellt lediglich ein „Optimierungsziel dar, dass immer nur so weit wie möglich angestrebt werden kann“ (BVerwG, U.v. 9.5.2019 - 2 C 1.18 - ZBR 2020, 35, juris Rn. 58).
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(2) Die Anlassbeurteilung sowie die periodische Beurteilung sind grundsätzlich als gleichwertig anzusehen und deshalb untereinander ohne weiteres vergleichbar (BayVGH, B.v. 12.2.2004 - 3 CE 04.76 - BayVBl 2004, 397, juris Rn. 44, BayVGH, B.v. 14.8.2015 - 3 CE 15.993 - juris Rn. 24; B.v. 28.10.2013 - 3 CE 13.1518 - juris Rn. 32).
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(3) Im vorliegenden Stellenbesetzungsverfahren hat der Antragsgegner für seine Auswahlentscheidung bei der Beigeladenen auf deren periodische Beurteilung für den Beurteilungszeitraum vom ... August 2014 bis … Dezember 2018 als aktuelle Beurteilung abgestellt.
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Der Antragsgegner hat den Beginn sowie das Ende des Beurteilungszeitraums anhand der Richtlinien für die dienstliche Beurteilung und die Leistungsfeststellung der staatlichen Lehrkräfte sowie der Schulleiterinnen und Schulleiter an Schulen in Bayern Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 7. September 2011 (II.5-5 P 4010.2-6.60 919), geändert durch Bekanntmachung vom 15. Juli 2015 (Beurteilungsrichtlinie) Abschnitt A Nr. 4.2.1 lit. a) sowie den Ausführungen unter B Nr. 3.1 des Schreibens des Ministeriums mit dem Betreff „Periodische Beurteilung 2018“ vom 21. Februar 2018 (IV.4-BP6010.2-5.8241) festgelegt.
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Demnach ist Beginn des Beurteilungszeitraums der periodischen Beurteilungen der Tag nach dem Ende des vorangegangenen Beurteilungszeitraums. Die Vorbeurteilungen der Beigeladenen, wie auch der Antragstellerin hatten als Ende des Beurteilungszeitraum den … Juli 2014, sodass Beginn des neuen Beurteilungszeitraums der … August 2014 ist und der Beurteilungszeitraum entsprechend der Beurteilungsrichtlinie am … Dezember 2018 endet.
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Vorliegend sind die periodischen Beurteilungen der Beigeladenen, wie auch der Antragstellerin mit einem Beurteilungszeitraum von vier Jahren und fünf Monaten erstellt worden. Inwiefern dies noch im Einklang mit Art. 56 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 64 Leistungslaufbahngesetz (LlbG) sowie Abschnitt A Nr. 4.2.1 lit. a) der Beurteilungsrichtlinie, welcher diesbezüglich ausführt, dass der Beurteilungszeitraum grundsätzlich vier Kalenderjahre umfasst, wovon nur in begründeten Ausnahmefällen abgesehen werden kann, steht, kann dahingestellt bleiben, da dies für die Beigeladene und die Antragstellerin gleichermaßen erfolgte und Auswirkungen auf die Auswahlentscheidung weder vorgetragen noch sonst ersichtlich sind.
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(4) Es ist rechtlich nichts dagegen zu erinnern, dass für die Antragstellerin die Anlassbeurteilung für den Beurteilungszeitraum … August 2014 bis … April 2021 herangezogen wurde.
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Die zum Zeitpunkt der Erstellung geltende Beurteilungsrichtlinie (Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 27.4.2021, (II.5-BP4010.2/23/19) sieht in Abschnitt A Nr. 4.5.1 Lit. d) vor (Abschnitt A Nr. 4.5.1 lit. d) trat entsprechend er Regelung in Abschnitt C Nr. 10.1 bereits zum 17.4.2020 in Kraft)), dass eine Anlassbeurteilung zu erstellen ist, wenn die Bewerberin bzw. der Bewerber mit einer Funktionstätigkeit, insbesondere mit der Wahrnehmung amtsprägender Funktionen betraut wurde, deren Ausübung im Rahmen der letzten dienstlichen Beurteilung noch nicht gewürdigt werden konnte, und diese Funktionstätigkeit über einen Zeitraum von mindestens zwölf Monaten ausgeübt wurde.
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Die Ausführungen des Antragsgegners sowie die Tatsache, dass in der Anlassbeurteilung der Antragstellerin das Einzelmerkmal „Wahrnehmung von übertragenen schulischen Funktionen“ erstmals bewertet wurde und ihr die Verwendungseignung für die Funktion der Zentralen Fachberaterin für Ernährung und Gesundheit zugesprochen wurde, legen den Schluss nahe, dass die Anlassbeurteilung auf Grund des Abschnitts A Nr. 4.5.1 Lit. d) der Beurteilungsrichtlinie erstellt wurde. In der periodischen Beurteilung für den Beurteilungszeitraum … August 2014 bis … Dezember 2018 wurde das Einzelmerkmal „Wahrnehmung von übertragenen schulischen Funktionen“ nicht beurteilt. Die Tätigkeit der Antragstellerin als Mitarbeiterin des Ministerialbeauftragten für die Realschulen Oberbayern West wird von der Antragstellerin bereits ab ... Januar 2013 ausgeführt und hätte in der periodischen Beurteilung für den Beurteilungszeitraum ... August 2014 bis … Dezember 2018 bewertet werden müssen und ihr die Verwendungseignung für die Funktion der Zentralen Fachberaterin für Ernährung und Gesundheit zugesprochen werden können.
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Die Erstellung einer Anlassbeurteilung anlässlich der Bewerbung der Antragstellerin um die streitgegenständliche Stelle war daher nach Abschnitt A Nr. 4.5.1 der Beurteilungsrichtlinie nicht geboten. Insbesondere konnte die Tätigkeit der Antragstellerin als Mitarbeiterin des Ministerialbeauftragten für die Realschulen Oberbayern West in der letzten dienstlichen Beurteilung bereits gewürdigt werden (Abschnitt A Nr. 4.5.1 Lit. d) der Beurteilungsrichtlinie). Auch andere Gründe, die die Erstellung der Anlassbeurteilung gebieten sind nicht ersichtlich.
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Allein daraus folgt jedoch nicht, dass die Anlassbeurteilung nicht hätte erstellt und nicht zur Grundlage des streitgegenständlichen Auswahlverfahrens hätte gemacht werden dürfen.
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Wird eine Anlassbeurteilung erstellt, stellt sie einen aktuellen Leistungsvergleich der Beurteilten dar. Eine „an sich“ nicht notwendige Anlassbeurteilung ist nicht rechtswidrig, wenn diese erstellt worden ist, um eine größtmögliche Vergleichbarkeit der einem Leistungsvergleich dienenden Beurteilungen herzustellen (BVerwG, B.v. 22.11.2012 - 2 VR 5.12 - BVerwGE 145, 112, juris Rn. 29). Das hat auch im vorliegenden Fall zu gelten, in dem der Dienstherr eine Anlassbeurteilung erstellt hat, um eine Vergleichbarkeit mit der periodischen Beurteilung der Beigeladenen herzustellen, indem auch bei der Antragstellerin das Einzelmerkmal „Wahrnehmung von übertragenen schulischen Funktionen“ bewertet wurde und ihr die Verwendungseignung für die Funktion der Zentralen Fachberaterin für Ernährung und Gesundheit zugesprochen wurde. Die in der nicht erforderlichen Anlassbeurteilung erfolgte aktuelle Leistungsbewertung ist nicht in dem Sinn rechtswidrig, dass sie nicht als Grundlage für einen Leistungsvergleich herangezogen werden darf. Vielmehr liegt es im Sinn einer am Leistungsprinzip ausgerichteten Bewerberauswahl, wenn eine tatsächlich vorhandene Anlassbeurteilung zur Grundlage eines Leistungsvergleichs gemacht wird, mag sie für sich genommen auch nicht erforderlich gewesen sein (BayVGH, B.v. 18.9.2020 - 3 CE 20.1849 - juris Rn. 10 f.; VG München, B.v. 28.7.2020 - M 5 E 20.2704 - juris Rn. 49).
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(5) Hinsichtlich des den die Anlassbeurteilung umfassenden Zeitraums enthält die Beurteilungsrichtlinie, die zum Zeitpunkt der Erstellung der Anlassbeurteilung am … April 2021 Gültigkeit hatte (Beurteilungsrichtlinie vom 27.4.2021, II.5-BP4010.2/23/19 Abschnitt A Nr. 4.5.2, welche entsprechend der Regelung in Abschnitt C Nr. 10.1 bereits zum 17.4.2020 in Kraft trat), folgende Ausführungen: „In den unter Nr. 4.5.1 Buchst. b bis e genannten Fallgruppen umfasst der Beurteilungszeitraum der Anlassbeurteilung den Zeitraum, welcher der letzten periodischen Beurteilung der Bewerberin bzw. des Bewerbers zugrunde gelegt wurde, längstens jedoch den letzten regulären Beurteilungszeitraum, bis zur Erstellung der Anlassbeurteilung. Der Beurteilungszeitraum kann somit mehr als vier Kalenderjahre betragen.“ Es ist rechtlich nichts dagegen zu erinnern, dass der Beginn des Beurteilungszeitraums der Anlassbeurteilung entsprechend den Ausführungen in der Beurteilungsrichtlinie auf den Tag des Beginns der periodischen Beurteilungen gelegt wurde. Für Anlassbeurteilungen findet sich keine gesetzliche Regelung über den Zeitraum, hier sind jedoch die Grundsätze der Vergleichbarkeit einer Anlassbeurteilung mit einer periodischen Beurteilung zu beachten. Richtungsweisend für die Auswahlentscheidung sind zunächst die periodischen Beurteilungen, die nicht ohne sachlichen Grund durch außerordentliche Beurteilungen ersetzt werden können, weshalb Ausgangspunkt, für welchen Zeitraum die außerordentlichen Beurteilungen zu erstellen sind, die vorhandene periodische Beurteilung der Beigeladenen ist (BayVGH, B.v. 14.8.2015 - 3 CE 15.993 - juris Rn. 28). Es ist sachgerecht, den Zeitpunkt des Beginns des Beurteilungszeitraums der Anlassbeurteilung so weit vorzuverlegen, dass die Anlassbeurteilung mit den aktuellen periodischen Beurteilungen in zeitlicher Hinsicht noch vergleichbar ist (BayVGH, B.v. 2.9.2020 - 6 CE 20.1351 - juris Rn. 15). Insbesondere hindert die vorangehende periodische Beurteilung den Dienstherrn danach weder rechtlich noch tatsächlich, bei der nachfolgenden Anlassbeurteilung auch den Zeitraum einzubeziehen, der bereits von der früheren Beurteilung erfasst ist. Dem steht auch nicht Art. 56 Abs. 1 Satz 1 LlbG entgegen. Art. 56 Abs. 1 Satz 1 LlbG kann nicht der Grundsatz entnommen werden, dass für außerordentliche Beurteilungen bzw. Anlassbeurteilungen kein längerer Zeitraum als der im Gesetz bzw. den Beurteilungsrichtlinien festgelegte Zeitraum für periodische Beurteilungen zulässig sei, da Art. 56 Abs. 1 LlbG sich ausdrücklich auf periodische Beurteilungen - die für Lehrkräfte auf vier Jahre festgelegt wurde (Beurteilungsrichtlinie) - in einem System der fortlaufenden Beurteilung erlassen wurde (BayVGH, B.v. 14.8.2015 - 3 CE 15.993 - juris Rn. 31). Bei Einbeziehung eines bereits zuvor beurteilten Zeitraums in die spätere Beurteilung muss sich der Beurteiler lediglich damit auseinandersetzen und die alte und neue Beurteilung zueinander in Beziehung setzen und seine Bewertung ggf. plausibel machen, falls sich das Leistungsbild nicht unerheblich geändert hat (BayVGH, B.v. 28.2.2014 - 3 CE 14.32 - juris Rn. 39 f. m.w.N.). Vorliegend ist das Leistungsbild identisch geblieben.
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(6) In zeitlicher Hinsicht - nämlich bezüglich der erforderlichen Aktualität der dienstlichen Beurteilungen - im Hinblick auf eine Zeitspanne von mehr als zwei Jahren und sechs Monaten zwischen dem Ende des Beurteilungszeitraums der periodischen Beurteilung der Beigeladenen und der im Juli 2021 erfolgten Auswahlentscheidung liegt noch eine ausreichende Aktualität vor. Ausgehend von Sinn und Zweck einer periodischen Beurteilung, nämlich Grundlage für die an Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung orientierten Personalentscheidungen zu sein, kann grundsätzlich auf die letzte dienstliche Beurteilung abgestellt werden und ist diese - bei einem im vorliegenden Fall vierjährigen Beurteilungszeitraum - als hinreichend aktuell zu behandeln, solange nicht eine neue Regelbeurteilung oder eine sonstige Beurteilung vorliegt (vgl. Baßlsperger in: Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand: September 2021, § 9 BeamtStG Rn. 130) und solange es zutrifft, dass der Dienstherr, indem er die entsprechenden dienstlichen Beurteilungen bei seiner Auswahlentscheidung berücksichtigt, zu Recht davon ausgehen kann, dass aus seiner Sicht zwischenzeitlich jeweils keine relevanten Veränderungen erfolgt oder signifikante Entwicklungen - leistungssteigernd oder auch leistungsmindernd - eingetreten sind (BayVGH, B.v. 12.2.2004 - 3 CE 04.76 - BayVBl 2004, 397, juris Rn. 80; B.v. 24.4.2009 - 3 CE 08.3152 - juris Rn. 49).
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Auch mit Blick auf Abschnitt A 4.5 der Beurteilungsrichtlinie musste für die Beigeladenen keine Anlassbeurteilung erstellt werden.
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Der Dienstherr hat im Auswahlvermerk vom … Juli 2021 dargelegt, dass eine Anlassbeurteilung bei der Beigeladenen nicht angezeigt war, da sich die Leistungen im Vergleich zur periodischen Beurteilung 2018 im Hinblick auf die angestrebte Funktion über einen Zeitraum von zwölf Monaten nicht wesentlich verändert hat und die dortige Leistungszuschreibung damit bis zum aktuellen Auswahlzeitpunkt weiterhin Gültigkeit hat (Abschnitt A, Nr. 4.5.1 Buchst. e) der Beurteilungsrichtlinie). Auch folgt aus der Erstellung der Anlassbeurteilung für die Antragstellerin keine Pflicht, zwangsläufig für alle Mitbewerberinnen ebenfalls Anlassbeurteilungen zu erstellen (BVerwG, U.v. 9.5.2019 - 2 C 1.18 - BVerwGE 165, 30, juris Rn. 57 ff., BayVGH, B.v. 18.9.2020 - 3 CE 20.1849 - juris Rn. 11; zum Ganzen auch: BayVGH, B.v. 26.4.2021 - 3 CE 20.3137 - juris Rn. 20).
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(7) Die Beurteilungen lassen auch hinsichtlich der auseinanderfallenden Stichtage ihrer Erstellung noch eine Vergleichbarkeit zu.
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Die Eignung von (Anlass-)Beurteilungen als Instrument zur „Klärung einer Wettbewerbssituation“ erfordert die Gewährleistung ihrer Vergleichbarkeit in zeitlicher Hinsicht und setzt aus Gründen der Chancengleichheit voraus, dass keinem der Bewerber ein nennenswerter Aktualitätsvorsprung erwächst (BayVGH, B.v. 18.9.2020 - 3 CE 20.1849 - juris Rn. 11, VG München, B.v. 13.8.2021 - M 5 E 21.1475 - juris Rn. 31). Für eine konkrete Verwendungsentscheidung ist der aktuelle Leistungsstand ausschlaggebend. Erkenntnisse, die einen länger zurückliegenden Zeitraum betreffen, sind für die Entscheidung regelmäßig von geringerem Gewicht. Daher ist für die Vergleichbarkeit dienstlicher Beurteilungen von weitaus größerer Bedeutung, dass der von ihnen abgedeckte Zeitraum zum gleichen Stichtag oder zumindest nicht zu erheblich auseinanderfallenden Stichtagen endet, als dass der jeweils erfasste Beurteilungszeitraum zum gleichen Stichtag beginnt (OVG NW, B.v. 1.10.2015 - 6 B 1027/15 - juris Rn. 5; NdsOVG, B.v. 11.4.2018 - 5 ME 21/18 - ZBR 2018, 394, juris Rn. 13).
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Soweit in der Rechtsprechung die Tendenz sichtbar ist, etwa ein Drittel des Beurteilungszeitraums einer periodischen Beurteilung als zeitliche Grenze für das Auseinanderfallen der Endzeitpunkte der zu vergleichenden Beurteilungen zu sehen (NdsOVG, B.v. 11.4.2018 - 5 ME 21/18 - ZBR 2018, 394, juris Rn. 13; BVerwG, B.v. 12.4.2013 - 1 WDS-VR 1/13 - juris Rn. 40), ist das nur ein Anhaltspunkt der für den Vergleich von Regel- und Anlassbeurteilungen entwickelt wurde. Aus diesem Blickwinkel sind die um mehr als zwei Jahre und drei Monate auseinanderfallenden Endzeitpunkte der Beurteilungszeiträume der Anlassbeurteilung und der periodischen Beurteilung als solche bei einem vierjährigen periodischen Beurteilungsturnus (vgl. hierzu die Beurteilungsrichtlinie Abschnitt A Nr. 4.2.1) ein Umstand, der gegen eine Vergleichbarkeit der Anlassbeurteilungen spricht. Die Rechtsprechung betont jedoch den Gesichtspunkt, dass der Personalverwaltung nicht abverlangt werden kann, eine permanente Beurteilungstätigkeit vorzunehmen (BVerwG, U.v. 9.5.2019 - 2 C 1/18 - BVerwGE 165, 30, juris Rn. 45 ff.; 62: „perpetuum mobile“). Das Bundesverwaltungsgericht hat zudem betont, dass ein Beurteilungssystem, das nicht nur Regelbeurteilungen, sondern in bestimmten Fallgestaltungen ergänzend Anlassbeurteilungen vorsieht, zwangsläufig unterschiedliche Beurteilungszeiträume und unterschiedliche Aktualitätsgrade der Beurteilungen einer Auswahlentscheidung in Kauf nimmt. Solche Unterschiede sind aus Praktikabilitätsgründen hinzunehmen, solange ein Qualifikationsvergleich auf der Grundlage dieser Beurteilungen ohne ins Gewicht fallende Benachteiligung eines Bewerbers nach Bestenauslesegrundsätzen möglich bleibt (BVerwG, U.v. 9.5.2019 - 2 C 1/18 - BVerwGE 165, 30, juris Rn. 59 m.w.N.). Eine Vergleichbarkeit in zeitlicher Hinsicht liegt insbesondere deshalb vor, da das Nichterstellen einer Anlassbeurteilung für die Beigeladene den Bewerbungsverfahrensanspruch gerade nicht tangiert, da der Antragsgegner hinsichtlich der Erforderlichkeit einer Erstellung einer Anlassbeurteilung für die Beigeladene ausdrückliche Erwägungen angestellt hat. Der Antragsgegner hat im Auswahlvermerk ausgeführt und begründet, dass die Erstellung einer Anlassbeurteilung für die Beigeladene nicht angezeigt sei, da sich die Leistungen im Vergleich zu periodischen Beurteilung 2018 im Hinblick auf die angestrebte Funktion über einen Zeitraum von mindestens zwölf Monaten nicht wesentlich verändert hätten. Selbst wenn der Antragsgegner eine Anlassbeurteilung für die Beigeladene erstellt hätte, wäre diese mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nach, da keine wesentlichen Leistungsänderungen festgestellt worden sind, identisch zu ihrer periodischen Beurteilung beurteilt worden, denn genau aus diesem Grund wurde von der Erstellung einer Anlassbeurteilung abgesehen. Auch die Anlassbeurteilung der Antragstellerin ist identisch mit ihrer periodischen Beurteilung, mit Ausnahme des neu beurteilten Einzelmerkmales „Wahrnehmung von übertragenen schulischen Funktionen“, welches in der periodischen Beurteilung nicht beurteilt wurde.
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bb) Nachdem die Beurteilungen für die beiden streitgegenständlichen Konkurrentinnen im Gesamtergebnis ein gleiches Leistungsniveau belegen, waren die Beurteilungen inhaltlich anhand der Einzelbewertungen einer vergleichenden Betrachtung („inhaltliche Ausschöpfung“, „inhaltliche Ausschärfung“ oder auch „Binnendifferenzierung“) zu unterziehen (BayVGH, B.v. 17.5.2013 - 3 CE 12.2469 - BayVBl 2014, 84, juris Rn. 32; BVerwG, U.v. 20.6.2013 - 2 VR 1.13 - BVerwGE 147, 20, juris Rn. 47, 56; OVG NW, B.v. 23.1.2015 - 6 B 1365/14 - juris Rn. 4, HessVGH, B.v. 16.4.2020 - 1 B 2734/18 - juris Rn. 61).
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Sind die Bewerber mit dem gleichen Gesamturteil bewertet worden, muss der Dienstherr die Beurteilungen unter Anlegung gleicher Maßstäbe umfassend inhaltlich auswerten und Differenzierungen in der Bewertung einzelner Leistungskriterien oder in der verbalen Gesamtwürdigung zur Kenntnis nehmen (BVerwG, B.v. 19.12.2014 - 2 VR 1.14 - IÖD 2015, 38, juris Rn. 35). Demgemäß bestimmt Art. 16 Abs. 2 Satz 1 LlbG, dass, sofern sich beim Vergleich der Gesamturteile der Beurteilungen kein Vorsprung ergibt, die darin enthaltenen Einzelkriterien gegenüber zu stellen sind (Binnendifferenzierung). In den Vergleich der Einzelkriterien sind zunächst allerdings nur die wesentlichen Beurteilungskriterien (sog. „Superkriterien“) einzubeziehen (Art. 16 Abs. 2 Satz 2 LlbG), die sich nach Art. 16 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. Art. 58 Abs. 3 LlbG bestimmen (BayVGH, B.v. 6.2.2017 - 3 CE 17.184 - juris, Rn 3; VG Ansbach, B.v. 29.10.2019 - AN 1 K 19.00688 - juris Rn. 46). Die obersten Dienstbehörden können abweichend hiervon für bestimmte Verwaltungsbereiche oder Aufgabenfelder aus den gemäß Art. 58 Abs. 3 und 6 Satz 2 und 3 LlbG vorgesehenen Beurteilungskriterien weitere oder andere Kriterien sowie anderweitige Differenzierungen bei den zugrunde liegenden Gruppen festlegen (Art. 16 Abs. 2 Satz 4 LlbG und BayVGH, B.v. 6.2.2017 - 3 CE 17.184 - juris Rn. 3).
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In einer Anlage zu den Richtlinien für die dienstliche Beurteilung und die Leistungsfeststellung der staatlichen Lehrkräfte sowie der Schulleiterinnen und Schulleiter an Schulen in Bayern (Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 27. März 2014 (V.4-5 P 6010.2-5a.33911), geändert durch Bekanntmachung vom 21. Februar 2018 (IV.4-BP6010.2-5.8241) wurde für die Besetzung von Funktionsstellen im Bereich Fachfunktionen an Realschulen folgende „Superkriterien“ aufgestellt: „Unterrichtsplanung und Unterrichtsgestaltung“, „Sonstige dienstliche Tätigkeiten“, „Unterrichtserfolg“, „Zusammenarbeit“ und „Berufskenntnisse und ihre Erweiterung“.
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Ein Vergleich der besetzungsrelevanten Superkriterien ergab weiterhin einen Leistungsgleichstand. In den fünf besetzungsrelevanten Superkriterien „Unterrichtsplanung und Unterrichtsgestaltung“, „Sonstige dienstliche Tätigkeiten“, „Unterrichtserfolg“, „Zusammenarbeit“ und „Berufskenntnisse und ihre Erweiterung“ erreichten sowohl die Antragstellerin als auch die Beigeladene 4 x das Prädikat BG und 1 x das Prädikat UB.
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cc) Sind danach mehrere Bewerber als im Wesentlichen gleich geeignet einzustufen, kann der Dienstherr die Auswahl nach weiteren sachgerechten Merkmalen treffen, wobei er deren besondere Bedeutung begründen muss. Nach erfolgter Binnendifferenzierung sind weitere leistungsbezogene Merkmale zu berücksichtigen, wenn die Binnendifferenzierung zu keiner Auflösung des Gleichstands geführt haben sollte (LT-Drs. 16/15832 vom 27.2.2013 Seite 10). Zunächst ist der Grundsatz einzuhalten, dass maßgeblich in erster Linie auf die jeweils aktuellen dienstlichen Beurteilungen abzustellen ist. Auch kann er der dienstlichen Erfahrung, der Verwendungsbreite oder der Leistungsentwicklung, wie sie sich aus dem Vergleich der aktuellen mit früheren Beurteilungen ergibt, Vorrang einräumen (BVerwG, B.v. 22.11.2012 - 2 VR 5/12 - juris Rn. 25 f.; BayVGH, B.v. 16.4.2015 - 3 CE 15.815 - juris Rn. 52).
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Gegen Methodik und Bewertung der (weiteren) „inhaltlichen Ausschöpfung“ der Beurteilungen der Bewerberinnen ist rechtlich nichts einzuwenden.
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Der Dienstherr hat nach dem Vergleich der sog. „Superkriterien“ auf weitere aktuelle Leistungskriterien abgestellt und einen Vergleich der Gesamtheit der Einzelprädikate angestellt. Hier ergab sich ein Leistungsvorsprung zu Gunsten der Beigeladenen, da diese insgesamt 7 x BG und 2 x UB im Vergleich zu 6 x BG und 3 x UB der Antragstellerin aufweist. Die Beigeladene ist somit im Einzelmerkmal „Wahrnehmung von übertragenen schulischen Funktionen“ als um eine Stufe besser beurteilt als die Antragstellerin.
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Entgegen der Auffassung der Antragstellerin konnte der Antragsgegner auch singulär auf dieses leistungsbezogene Merkmal abstellen und musste die Verwendungsbreite oder dienstlichen Vorbeurteilungen nicht zwingend in den Blick nehmen. Es ist rechtlich nichts dagegen zu erinnern, dass der Dienstherr zunächst maßgeblich auf die jeweils aktuellen dienstlichen Beurteilungen abstellt.
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Der dem Dienstherrn hierbei zustehende Bewertungsspielraum bei der Auswahl der Konkurrentinnen unter Anwendung des Leistungsprinzips (Art. 33 Abs. 2 GG) ist vorliegend in rechtlich relevanter Weise nicht verletzt. Das Gericht ist bei seiner Kontrolle darauf beschränkt, ob sich die Bewertung im Rahmen der Beurteilungsermächtigung gehalten und an deren Zweck ausgerichtet hat, sowie ob von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen wurde (vgl. hierzu allgemein: Rennert in Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, § 114 Rn. 78 ff.)
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Im Besetzungsvermerk vom … Juli 2021 führt der Antragsgegner explizit aus, dass die Beigeladene im Einzelmerkmal „Wahrnehmung von übertragenen schulischen Funktionen“ besser benotet sei, als die Antragstellerin.
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dd) Eine Prüfung dahingehend, ob die Antragstellerin aufgrund der Wertung des Art. 21 LlbG im Hinblick auf ihre Schwerbehinderung ein Vorrang hätte eingeräumt werden müssen, musste vorliegend nicht angestellt werden. Es handelt sich bei dem Umstand der Schwerbehinderung um ein Hilfskriterium. Hilfskriterien darf erst dann Bedeutung beigemessen werden, wenn sich aus dem Vergleich anhand unmittelbar leistungsbezogener Kriterien kein Vorsprung eines Bewerbers ergibt, da Hilfskriterien leistungsfremde Zwecke wie beispielsweise die Förderung bestimmter Gruppen oder der personalwirtschaftlichen Zweckmäßigkeit verfolgen (zum Ganzen: BVerwG, U.v. 30.6.2011 - 2 C 19/10 - BVerwGE 140, 83, juris Rn. 20; BayVGH, B.v. 12.5.2021 - 3 CE 21.141 - juris Rn. 3, OVG Bremen, B.v. 22.9.2016 - 2 B 123/16 - NVwZ-RR 2017, 294, juris Rn. 55, VG Bayreuth, B.v. 23.7.2018 - B 5 E 18.218 - juris Rn. 35).
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5. Die Antragstellerin hat als unterlegene Beteiligte nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten unter Billigkeitsgesichtspunkten selbst, da sie weder einen Antrag gestellt noch sonst das Verfahren gefördert hat (§ 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO).
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6. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 bis 4 Gerichtskostengesetz (GKG) - ein Viertel der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen. Nach der Auskunft des Antragsgegners würden sich die monatlichen Bezüge für die Antragstellerin in dem mit der Stelle verbundenen Amt A 12 auf 5.008,24 EUR belaufen. Die Jahresbezüge würden sich demnach auf 63.382,31 EUR (60.098,88 EUR sowie die jährliche Sonderzahlung 3.283,43 EUR) belaufen, hiervon ein Viertel (BayVGH, B.v. 3.7.2019 - 3 CE 19.1118 - juris).