Inhalt

ArbG München, Beschluss v. 18.10.2021 – 29 BV 61/21
Titel:

Auskunftsanspruch des Betriebsrats betreffend Arbeitszeiten bei Vertrauensarbeitszeit

Normenkette:
BetrVG § 50 Abs. 1 S. 1, § 80
Leitsatz:
Dem örtlichen Betriebsrats steht kein Anspruch auf Auskunft über die Arbeitszeiten von Mitarbeitern im Vertriebsaußendienst zu, für die nach einer Gesamtbetriebsvereinbarung Vertrauensarbeitszeit gelten soll. Ein Anspruch des örtlichen Betriebsrats scheitert an der originären Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats für die Regelungen der Arbeitszeit solcher Mitarbeiter. (Rn. 51) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Gesamtbetriebsvereinbarung, örtlicher Betriebsrat, Gesamtbetriebsrat, Auskunftsanspruch, Vertrauensarbeitszeit, Zuständigkeit
Rechtsmittelinstanz:
LArbG München, Beschluss vom 11.07.2022 – 4 TaBV 9/22
Fundstelle:
BeckRS 2021, 57144

Tenor

Die Anträge werden abgewiesen.

Gründe

I.
1
Die Beteiligten streiten über Auskunftsansprüche des Beteiligten zu 1. über die Arbeitszeit der Arbeitnehmer im Vertriebsaußendienst nach § 80 Abs. 2 S. 1 sowie die Herausgabe von diesbezüglichen Unterlagen.
2
Der Beteiligte zu 1 (im Folgenden: Betriebsrat) ist der örtliche nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 b BetrVG gebildete Betriebsrat in dem Betrieb „Region Süd“ der Arbeitgeberin. Der Betriebsrat hat elf Mitglieder.
3
Die Arbeitgeberin (im Folgenden: Arbeitgeberin) betreibt ein Mobilfunk- und Telefonfestnetz. Der Betrieb „Region Süd“ beschäftigt derzeit ca. 545 Arbeitnehmer. In allen Betrieben der Arbeitgeberin, ausgenommen der Zentrale, sind Mitarbeiter im Vertriebsaußendienst beschäftigt.
4
Die betriebliche Organisation der Arbeitgeberin erfolgt auf der Grundlage eines Zuordnungstarifvertrages gem. § 3 BetrVG und sieht eine Unterteilung in Regionen vor (vgl. Anlage B2). Einige Regionen sind als sogenannte Doppelregionen ausgestaltet. Es bestehen insgesamt drei Doppelregionen: Südwest/Rhein Main, Nordost/Ost und West/Nordwest. In diesen Doppelregionen existiert eine betriebsübergreifende Leitungsstruktur in den Vertriebsorganisationen. Ein Vertriebsleiter führt die Außendienstmitarbeiter aller Betriebe der Doppelregion. Auch die übrigen Mitarbeiter im Vertriebsaußendienst können arbeitsvertraglich durch entsprechend vereinbarte Versetzungsklauseln neben ihrem gewöhnlichen Arbeitsort auch außerhalb fester örtlicher Strukturen eingesetzt werden (vgl. Entwurf eines Arbeitsvertrages für Mitarbeiter im Vertriebsaußendienst, Anlage B3). In allen Betrieben der Arbeitgeberin - mit Ausnahme der Zentrale - sind Mitarbeiter im Vertriebsaußendienst beschäftigt.
5
Die Vertriebsmitarbeiter der Region Süd sind ausschließlich in der Region Süd tätig.
6
Bei einer Vielzahl von Projekten arbeiten Mitarbeiter aus dem Vertriebsaußendienst zugleich über die eigentlichen Betriebsgrenzen hinaus während ihrer Arbeitszeit hinaus zusammen. So bestehen im Bereich Business Sales überregionale Verflechtungen.
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Seit ca. 12 Jahren wird die Arbeitszeit der Mitarbeiter im Vertriebsaußendienst bei der Arbeitgeberin durch die Gesamtbetriebsvereinbarung zwischen der C GmbH und dem Gesamtbetriebsrat der C GmbH über einheitliche Arbeitszeiten für Mitarbeiter im Vertriebsaußendienst vom 20.05.2009 geregelt (Im Folgenden GBV, vgl. Anlage B1, Bl. 62 ff. d.A.).
8
Die GBV regelt u.a.:
„1. Geltungsbereich
Diese Gesamtbetriebsvereinbarung gilt:
- räumlich: für alle Betriebe und Betriebsstätten der C GmbH
- persönlich: für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (ff. Mitarbeiter) der E GmbH, des Vertriebsaußendienstes. Ausgenommen sind leitende Angestellte gemäß § 5 Abs. 3 BetrVG.
5. Verteilung der Arbeitszeit
Die Mitarbeiter können unter Beachtung der betrieblichen Erfordernisse und der jeweiligen Kundenanforderungen (internextern) innerhalb des Arbeitszeitrahmens selbst bestimmen, wann sie die Arbeit aufnehmen und beenden. Dabei haben sie vorrangig die betrieblichen Belange zu beachten. Abweichungen von der Soll-Arbeitszeit sind durch die Mitarbeiter des Vertriebsaußendienstes eigenverantwortlich auszugleichen. Zeitguthaben ist unter Berücksichtigung der betrieblichen Belange, in Absprache mit dem Vorgesetzten abzubauen. Dabei ist abteilungsbezogen sicherzustellen, dass die Erledigung der Aufgaben und die Erreichbarkeit im Sinne der gesamtbetrieblichen Erfordernisse geregelt ist (…).
8. Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes und Nachweispflicht
8.1 Die Mitarbeiter des Vertriebsaußendienstes sind verpflichtet, die Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes einzuhalten. Diese lauten u.a.:
§ 3 Die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer darf acht Stunden nichtüberschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden.
§ 4 Die Arbeit ist durch im Voraus feststehende Ruhepausen von mindestens 30 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs bis zu neun Stunden und 45 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehrt als neun Stunden zu unterbrechen. Die Ruhepausen nach Satz 1 können in Zeitabschnitte von jeweils mindestens 15 Minuten aufgeteilt werden. Länger als sechs Stunden hintereinander dürfen Arbeitnehmer nicht ohne Ruhepause beschäftigt werden.
8.2 Die Mitarbeiter sind verpflichtet, alle Arbeitstage aufzuschreiben, an denen sie mehr als acht Stunden - exkl. Pausen - gearbeitet haben. Die Aufzeichnungen sind vom Arbeitgeber aufzubewahren.
8.3 Der Betriebsrat kann vom Arbeitgeber verlangen, dass der Arbeitgeber dem Betriebsrat die vom Arbeitnehmer zu führenden Aufzeichnungen zur Verfügung stellt.“
9
In dem Betrieb der Region Süd der Arbeitgeberin gilt seit 01.02.2021 zudem eine Betriebsvereinbarung über die Arbeitszeitgestaltung in der C. GmbH Region Süd vom 02.11.2020 (Im Folgenden BV, Anlage ASt 1, Bl. 7 d.A.), die im Rahmen eines Einigungsstellenverfahrens zwischen den Beteiligten beschlossen wurde.
10
Die BV bestimmt u.a.:
„§ 1 Geltungsbereich
Diese Betriebsvereinbarung gilt für alle Arbeitnehmer im Sinne von § 5 Absatz 1 BetrVG des Betriebs der C Region Süd in allen Bereichen/Abteilungen mit Ausnahme:
- der leitenden Angestellten im Sinne von § 5 Absatz 3 BetrVG Besondere Arbeitszeitregelungen gelten für:
- Arbeitnehmer, die der Filialkette zugehörig sind, Anlage A1
- Außertariflichte Arbeitnehmer, (…)
- Arbeitnehmer, die im Bereich Business Customer Operations (…) tätig sind (…)
- Arbeitnehmer in der Sales Service Line (AEL) (…)
- Auszubildende und Duale Studenten (…)
- Aushilfen/Werkstudenten, Praktikanten, Bacheloranden, Masteranden sowie Diplomanden (…)
§ 11 Nr. 2 Rechte des Betriebsrats
Der Betriebsrat erhält spätestens bis zum 15. jeden Monats eine Saldenliste aller Gleitzeitkonten des Vormonats in elektronischer Form.“
11
Im Sitzungsprotokoll des Einigungsstellenverfahrens zur Arbeitszeitgestaltung vom 23.09.2020 heißt es wie folgt:
„Die Mitglieder der Einigungsstelle stellen zunächst fest, dass die Regelung der Arbeitszeit für den Vertriebsaußendienst im Hinblick auf die „GBV über einheitliche Arbeitszeiten für die Mitarbeiter im Vertriebsaußendienst vom 20.5.2009“ nicht mehr Gegenstand des vorliegenden Einigungsstellenverfahrens ist.“
12
Bisher erteilte die Arbeitgeberin keine Auskünfte zu den Arbeitszeiten der Vertriebsaußendienstmitarbeiter. Zuletzt mit Email vom 24.02.2021 bat der Beteiligte zu 1 erfolglos von der Beteiligten zu 2 eine entsprechende Umsetzung von § 11 Nr. 2 der BV.
13
Der Betriebsrat meint, dass die Arbeitgeberin aufgrund der einseitig gewollten Vertrauensarbeitszeit die Arbeitszeiten der Vertriebsaußendienstmitarbeiter nicht erfassen wolle. Die Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes der im Betrieb der Region Süd tätigen Arbeitnehmer im Vertriebsaußendienst sei seit Jahren nicht erfasst oder kontrolliert worden.
14
Hinsichtlich der Verhandlungen in der Einigungsstelle zur Arbeitszeitgestaltungen seien die Beteiligten zu einer Regelung für Mitarbeiter des Vertriebsaußendienstes nur zunächst nicht bereit gewesen.
15
Auch habe es keine Verständigung in der Güteverhandlung über einen Modellversuch gegeben. Das Angebot der Arbeitgeberin zu einem Modellversuch zeitlich auf sechs Monate sowie inhaltlich auf 10% der betroffenen Arbeitnehmer begrenzt, sei kein Angebot.
16
Hinsichtlich der streitrelevanten Mitarbeiter im Vertriebsaußendienst bestehe im Betrieb Region Süd weder eine besondere Arbeitszeitregelung nach § 1 Abs. 2 BV noch seien diese Mitarbeiter vom Geltungsbereich der V ausgeschlossen - soweit sie keine leitenden Angestellten nach § 5 Abs. 3 BetrVG seien.
17
Der Betriebsrat habe mehrfach erfolglos darauf hingewiesen, dass die Arbeitgeberin gem. § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG ihre Augen nicht vor den Regelungen des Arbeitszeitgesetzes verschließen dürfe. Die Arbeitgeberin sei daher nach § 11 Nr. 2 der Betriebsvereinbarung über die Arbeitszeitgestaltung vom 02.11.2020 dazu verpflichtet, bis zum 15. jeden Monats dem Betriebsrat eine Saldenliste aller Gleitzeitkonten des Vormonats in elektronischer Form zur Verfügung zu stellen.
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Der Anspruch für die Anträge zu Ziffer I und II ergäbe sich aus § 80 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG. Zu den Aufgaben des Betriebsrats i.S.v. § 80 Abs. 1 S. 1 BetrVG gehöre auch die Aufgabe nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG die Durchführung der zu Gunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen zu überwachen. Dies gelte auch im Falle einer im Betrieb bestehenden Vertrauensarbeitszeit. Die Nichterfassung von Arbeitszeiten widerspreche der RL 2003/88 EG (EuGH vom 14.05.2019 - C 55/18) und sei gem. § 80 Abs. 2 BetrVG betriebsverfassungswidrig (BAG 06.05.2003 - 1 ABR 13/02). Der Verzicht auf die Erfassung von Arbeitszeitdaten sei keine zu respektierende Ausübung betrieblicher Organisations- und Leitungsmacht der Arbeitgeberin.
19
Der Betriebsrat benötige die Informationen über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit, um die Einhaltung der gebotenen Ruhezeit des § 5 Abs. 1 ArbZG i.V.m. § 7 Abs. 1 Nr. 3 ArbZG überprüfen zu können. Der durch die Vertrauensarbeitszeit eingeräumte Spielraum fände seine Grenzen darin, dass gesetzliche und tarifliche Höchstarbeitszeiten beachten würden. Die Arbeitgeberin habe daher die Informationen auch dann zu beschaffen, wenn sie eigentlich meine, dass sie darauf verzichten könne. Andernfalls habe ein Arbeitgeber es in der Hand, die Aufgabenwahrnehmung des Betriebsrats zu verhindern.
20
Der Betriebsrat sei auch zuständig für Regelungsgegenstände des § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG, da grundsätzlich im Bereich der sozialen Angelegenheiten der Betriebsrat und nicht der Gesamtbetriebsrat zuständig sei. Der Gesamtbetriebsrat sei nur dann ausnahmsweise zuständig, wenn wegen produktionstechnischer Abhängigkeiten mehrerer Betriebe voneinander eine einheitliche Regelung zwingend aus sachlichen Gründen erforderlich sei und sonst zu technisch untragbaren Störungen kommen würde. Bloße Zweckmäßigkeit, Kosteninteressen oder Koordinierungsinteressen würden nicht genügen. Es bedürfe der Darlegung einer auf den einzelnen Betrieb bezogenen produktionstechnischen Abhängigkeit bzw. einer dortigen technisch untragbaren Störung.
21
Auch sei eine arbeitsvertragliche vereinbarte Versetzungsklausel unerheblich.
22
Der Anspruch des Betriebsrats für den Antrag Ziffer 3. ergebe sich aus § 77 Abs. 1 S. 1 BetrVG zu. Die Arbeitgeberin sei - für den Betriebsrat gerichtlich durchsetzbar - verpflichtet, Vereinbarungen zwischen dem Betriebsrat und dem Arbeitgeber entsprechend ihrem Regelungsgehalt im Betrieb anzuwenden und durchzuführen.
23
Der Betriebsrat beantragt zuletzt,
I. Der Beteiligten zu 2. wird aufgegeben, dem Beteiligten zu 1. bis zum 15. des Folgemonats die Auskünfte über die Arbeitszeit jedes der so genannten Arbeitnehmer im Vertriebsaußendienst des Betriebs der Region Süd - ausschließlich der leitenden Angestellten - zu erteilen:
- Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit an jedem Arbeitstag des Vormonats;
- Jede Über- bzw. Unterschreitung der regelmäßigen betrieblichen wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden, bezogen auf jede Woche, die im Vormonat endet;
- Jede an Sonn- und Feiertagen des Vormonats geleistete Arbeitsstunde;
II. Der Beteiligten zu 2. wird aufgegeben, dem Beteiligten zu 1. die zur Erteilung dieser Auskünfte vorhandenen Unterlagen gem. § 16 Abs. 2 S. 1 ArbZG erforderlichen Aufzeichnungen über die über acht Stunden pro Tag hinausgehende Arbeitszeit für jeden Monat bis spätestens zum 15. des Folgemonats zur Verfügung zu stellen.
III. Der Beteiligten zu 2. wird aufgegeben, dem Beteiligten zu 1., gem. § 11 Nr. 2 der Betriebsvereinbarung Arbeitszeit vom 02.11.2020, bezogen auf die Arbeitnehmer im Vertriebsaußendienst des Betriebs der Region Süd die Saldenliste aller Gleitzeitkonten des Vormonats bis zum 15. jeden Folgemonats in elektronischer Form zur Verfügung zu stellen.
24
Die Arbeitgeberin beantragt,
die Anträge des Beteiligten zu 1. zurückzuweisen.
25
Die Arbeitgeberin trägt vor, dass der Hintergrund der unternehmenseinheitlichen Arbeitszeiten für Mitarbeiter im Vertriebsaußendienst die betriebsverfassungsrechtliche Organisationsstruktur der Arbeitgeberin und der überbetriebliche Einsatzradius der Mitarbeiter im Vertriebsaußendienst sei. In diesen Doppelregionen existiere eine betriebsübergreifende Leitungsstruktur in den unternehmenseinheitlichen Vertriebsorganisationen. Ein Vertriebsleiter führe Außendienstmitarbeiter in mehreren Betrieben. Die Arbeitgeberin verfolge bei den Mitarbeitern im Vertriebsaußendienst einen ganzheitlichen und betriebsübergreifenden Führungsansatz, bei dem zentrale Leitungsentscheidungen - auch im arbeitszeitrechtlichen Kontextfaktisch in der Zentrale getroffen würden. Diesem überbetrieblichen Hintergrund trage die GBV über einheitliche Arbeitszeiten für Mitarbeiter im Vertriebsaußendienst vom 20.05.2009 Rechnung. Die Arbeitszeit der Mitarbeiter im Vertriebsaußendienst betreffe mehr als einen Betrieb der Arbeitgeberin.
26
Die Arbeitszeiten der Mitarbeiter im Vertriebsaußendienst würden sich individualisiert nach den speziellen Kundenbedürfnissen und der Eigenart der Außendiensttätigkeit richten. Daher sei die Erbringung der Arbeitsleistung und die Wahrnehmung der Arbeitszeit für die Arbeitgeberin nicht ohne weiteres objektiv feststellbar.
27
Bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden sehe die GBV auch ein sog. Vertrauensarbeitszeitmodell vor (§§ 2,5,8, GBV). Nach § 8 GBV seien die Mitarbeiter lediglich verpflichtet, alle die Arbeitstage aufzuschreiben, an denen sie mehr als acht Stunden gearbeitet haben.
28
Der Verweis auf das Urteil des EuGH in der Rechtssache CCOO sei ersichtlich vorgeschoben.
29
Die Vertriebsaußendienstmitarbeiter seinen ausdrücklich nicht Gegenstand der lokalen BV über die Arbeitszeitgestaltung in der Region Süd gewesen. Innerhalb des Einigungsstellenverfahrens zur BV sei zwischen den Beteiligten unstreitig gewesen, dass die Arbeitszeiten der Mitarbeiter im Vertriebsaußendienst nicht Gegenstand des Einigungsstellenverfahrens seien. Dies würde sich aus der Protokollnotiz vom 23.09.2020 eindeutig ergeben. Die Arbeitgeberin hätte mehrfach erklärt, dass sie aufgrund der geltenden Gesamtbetriebsvereinbarung zu einer Einigung zu Fragen der Arbeitszeit für den Vertriebsaußendienst aufgrund der originären Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats nicht befugt sei.
30
Die Arbeitgeberin ist der Ansicht, dass der Antrag zu I. unzulässig sei. Der Antrag auf eine zukünftige Leistung nach § 259 ZPO sei nur ausnahmsweise zulässig, wenn die Umstände des Einzelfalls die Besorgnis rechtfertigen, der Schuldner werde sich der rechtzeitigen Leistung auch in Zukunft entziehen. Eine solche Prognose sei vorliegend jedoch nicht gerechtfertigt.
31
Vor Beginn des Beschlussverfahrens habe die Arbeitgeberin die Auskunft an den Betriebsrat anlassbedingt temporär verweigert, weil im Hinblick auf die unterschiedlichen Regelungsgegenstände der Arbeitszeit die Zuständigkeiten innerhalb des Unternehmens vorübergehend ungeklärt gewesen wären. Dieser Zustand habe geendet, als die Arbeitszeit der Mitarbeiter des Vertriebsaußendienstes aus dem Einigungsstellenverfahren des lokalen Betriebsrats Süd ausgeklammert worden sei.
32
Hinsichtlich der Vertriebsaußendienstmitarbeiter würde zudem nach §§ 5, 8 der Gesamtbetriebsvereinbarung ein spezielles Vertrauensarbeitszeitmodell gelten, sodass die Arbeitgeberin die Arbeitszeiten dieser Mitarbeiter, im Einklang mit § 16 Abs. 2 ArbZG und der Gesamtbetriebsvereinbarung, bisher nicht vollumfänglich erfasse. Dies würde die Erteilung von Auskünften an den Antragsteller zudem bereits objektiv unmöglich machen.
33
Auch habe die Verständigung über den Modellversuch, um zu einer vertrauensvollen Lösung der bestehenden Konflikte zu gelangen und zu prüfen, inwieweit die objektive Möglichkeit einer Zeiterfassung für Mitarbeiter im Außendienst bestehe, gerade gezeigt, dass sich die Arbeitgeberin zum Dialog und zur kooperativen Zusammenarbeit bereit sei. Es sei jedenfalls zum bisher keine Prognose erkennbar, dass sich die Arbeitgeberin ihrer Pflicht entziehen würde. Die Voraussetzungen des § 259 ZPO lägen daher nicht vor.
34
Der Antrag zu I. sei zudem unbegründet, da dem Betriebsrat der geltend gemachte Auskunftsanspruch nicht zustehe. Zunächst beziehe sich Antrag zu I. auf jeden sog. Mitarbeiter im Außendienst. Der Betriebsrat habe jedoch keine Aufgabe zur Überwachung der Arbeitszeiten i.S.d. § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG für Mitarbeiter im Vertriebsaußendienst außerhalb der Region Süd.
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Der Gesamtbetriebsrat sei kraft originärer Zuständigkeit entsprechend der Gesamtbetriebsvereinbarung zuständig.
36
Da, ausgenommen der Zentrale, in allen Betrieben der Arbeitgeberin Mitarbeiter im Vertriebsaußendienst beschäftigt sind, würde die Arbeitszeit der Mitarbeiter im Vertriebsaußendienst mehr als einen Betrieb der Arbeitgeberin betreffen. Daher seien von der Gesamtbetriebsvereinbarung über einheitliche Arbeitszeiten für Mitarbeiter im Vertriebsaußendienst vom 20.05.2009 auch Mitarbeiter erfasst, die betriebsübergreifend in mehreren Betrieben tätig und zugleich betriebsübergreifend eingegliedert seien. Auch darüber hinaus werde bei den Mitarbeitern im Vertriebsaußendienst ein ganzheitlicher und betriebsübergreifender Führungsansatz verfolgt, bei dem zentrale Leistungsentscheidungen, auch im arbeitszeitrechtlichen Kontext, faktisch aus der Zentrale getroffen würden.
37
Soweit die Arbeitgeberin zukünftig die Arbeitszeiten aller Mitarbeiter im Vertriebsaußendienst mitteilen müsste, wäre sie systemwidrig dazu gezwungen, entgegen § 77 Abs. 1 S. 1 BetrVG von §§ 5, 8 der Gesamtbetriebsvereinbarung abzuweichen. Der Betriebsrat würde einen angeblich bestehenden Auskunftsanspruch nutzen, um faktisch eine betriebliche Regelung zur Arbeitszeiterfassung zu erzwingen für die er nicht zuständig sei. Der Auskunftsanspruch des örtlichen Betriebsrats könne jedoch keine weitergehenden Verpflichtungen begründen, als dies in der Gesamtbetriebsvereinbarung vorgesehen sei.
38
Auch müsse der Arbeitgeber dem Betriebsrat nur solche Informationen mitteilen, über die er selbst verfüge. Diese habe die Arbeitgeberin hinsichtlich der Vertrauensarbeitszeit der Mitarbeiter im Vertriebsaußendienst nicht. Die Mitteilung dieser Information sei daher unmöglich. Ein Auskunftsanspruch im Hinblick auf die Arbeitszeit würde nur insoweit bestehen, wenn der Arbeitgeber sich die nicht vorhandenen Daten nicht von dritter Seite erst beschaffen, sondern er lediglich auf geeignete Weise dafür sorgen müsse, dass die objektiv vorhandenen Daten im Betriebs zur Kenntnis genommen und mitteilbar gemacht würden.
39
Die Erbringung der Arbeitsleistung und die Wahrnehmung der Arbeitszeit durch den Vertriebsmitarbeiter ist für die Arbeitgeberin nicht ohne weiteres erkennbar. Die Arbeitgeberin habe aber nicht auf die Erfassung der Arbeitszeit der Mitarbeiter im Vertriebsaußendienst verzichtet, sondern im Gegenteil gemeinsam mit Gesamtbetriebsrat eine Regelung getroffen, die den Besonderheiten der Arbeitszeitgestaltung bei einer individuellen Tätigkeit außerhalb fester räumlicher Strukturen in mitbestimmter Art und Weise gerecht wird.
40
Die Arbeitgeberin habe sich trotz ihrer begrenzten Handlungsmöglichkeiten aufgrund der geltenden GBV bemüht eine gütliche Einigung mit dem Betriebsrat herbeizuführen. Im Rahmen der öffentlichen Anhörung am 26.04.2021 habe sich die Arbeitgeberin daher einem Modellversuch bereit erklärt, anhand dessen bezogen auf Vertriebsmitarbeiter eines oder zweier Segmentbereiche in etwa für die Zeit vom 01.06. bis 31.12.2021 die Erfassung der Arbeitszeit der Vertriebsaußendienstmitarbeiter auszuprobieren und zu regeln ist. Der Betriebsrat habe aber die Fortführung des vorliegenden Verfahrens beantragt.
41
Der Antrag Ziffer II. sei unzulässig, da nicht ersichtlich sei woraus sich speziell für den Antrag Ziffer II. die für § 259 ZPO erforderliche Besorgnis ergebe, dass sich die Arbeitgeberin zukünftig einer Rechtspflicht entziehen werde. Der Antrag sei unbegründet, da der Betriebsrat mithilfe der Anträge Ziffer I. und II. über den Auskunftsanspruch Zugriff auf den Regelungsbereich der Mitarbeiter im Vertriebsaußendienst erlangen wolle, dies aber dem Betriebsrat ausgehend von der hierzu bestehenden Gesamtbetriebsvereinbarung nicht zustehen.
42
Der Antrag Ziffer III. sei ebenfalls unzulässig und unbegründet, da er sich auf einen Durchführungsanspruch nach § 11 Nr. 2 BV beziehe, die jedoch auf die Mitarbeiter der Arbeitgeberin im Vertriebsaußendienst nicht anwendbar sei.
43
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze vom 08.03.2021, 17.05.2021, 23.06.2021, 21.07.2021, 20.08.2021 und 01.09.2021 - jeweils nebst Anlagen - sowie die Protokolle der Anhörungen vom 26.04.2021, 06.09.2021 und 18.10.2021 Bezug genommen, §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 495, 313 Abs. 2 ZPO.
II.
44
Die Anträge sind zulässig, aber unbegründet.
45
1. Die Anträge sind zulässig.
46
1.1. Der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten ist gem. §§ 2a Abs. 1 Nr. 1, 80, 46, 48 ArbGG i.V.m. §§ 17 ff. GVG eröffnet. Das Arbeitsgericht München ist zur Entscheidung des Rechtsstreits gem. §§ 80 Abs. 2, 46 Abs. 2 S. 1, 82 Abs. 1 S. 1 ArbGG örtlich zuständig. Das Arbeitsgericht entscheidet gemäß §§ 2a Abs. 2, 80 ArbGG im Beschlussverfahren.
47
1.2. Die Anträge erfüllen die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 259 ZPO. Ein auf die Vornahme einer künftigen Leistung gerichteter Antrag ist nach § 259 ZPO zulässig, wenn den Umständen nach die Besorgnis gerechtfertigt ist, der Schuldner werde sich der rechtzeitigen Leistung entziehen (vgl. BAG, Beschluss v. 06.05.2003 - 1 ABR 13/02, NZA 2003, 1348). Diese Voraussetzung ist bereits dann erfüllt, wenn die Antragsgegnerin ihre Leistungspflicht leugnet.
48
Die Arbeitgeberin hat die Auskunft gegenüber dem Antragsteller mehrfach mit dem Hinweis auf die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats verweigert. Daher besteht die Besorgnis, dass der Betriebsrat zukünftig weiterhin keine Auskunft durch die Beklagte zu 2. erhält. Die Verständigung zu einem sechsmonatigen Modellversuch kann diese Besorgnis auch nicht allein entkräften. Der Modellversuch ist an sich ein positives Zeichen von beiden Seiten, kann jedoch allein nicht genügen soweit der Rechtsstreit dadurch nicht beendet wird. Insofern bleibt die Besorgnis des Betriebsrats bestehen, dass sich die Antragsgegnerin auch zukünftig einer rechtzeitigen Leistung i.S.d. § 259 ZPO entziehen würde.
49
1.3. Die Anträge II. und III. sind als Leistungsklagen auf Herausgabe von Unterlagen bzw. Saldenlisten bestimmt genug und zulässig.
50
2. Die Anträge sind unbegründet.
51
2.1. Der Betriebsrat hat keinen Anspruch gegen die Arbeitgeberin aus § 80 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG hinsichtlich der Arbeitszeiten jedes der sog. Arbeitnehmer im Vertriebsaußendienst. Entgegen der Ansicht des Betriebsrats ist nicht der örtliche Betriebsrat, sondern der Gesamtbetriebsrat für etwaige Auskunftsansprüche hinsichtlich der streitgegenständlichen Mitarbeiter im Vertriebsaußendienst zuständig.
52
2.1.1. Der Betriebsrat hat grundsätzlich einen Anspruch auf rechtzeitige und umfassende Unterrichtung aus § 80 Abs. 2 S. 1 BetrVG zur Durchführung seiner gesetzlichen Aufgaben. Dazu gehört auch die Überprüfung, ob die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen eingehalten werden entsprechend § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG. Die Unterrichtung soll es dem Betriebsrat ermöglichen, in eigener Verantwortung zu prüfen, ob sich Aufgaben i.S.d. BetrVG ergeben und er zu ihrer Wahrnehmung tätig werden muss.
53
2.1.2. Voraussetzung für die Wahrnehmung der Rechte des Betriebsrats ist jedoch zunächst, ob der Betriebsrat überhaupt zuständiges Organ zur Kontrolle der Rechte aus § 80 BetrVG ist oder sich eine Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats ergibt.
54
2.1.2.1. Gemäß § 50 Abs. 1 S. 1 BetrVG ist der Gesamtbetriebsrat zuständig für die Behandlung von Angelegenheiten, die das Gesamtunternehmen oder mehrere Betriebe betreffen und nicht durch die einzelnen Betriebsräte innerhalb ihrer Betriebe geregelt werden können.
55
Die Vorschrift des § 50 Abs. 1 BetrVG grenzt die Zuständigkeit des örtlichen Betriebsrats zwingend von der des Gesamtbetriebsrats ab. Der Gesamtbetriebsrat ist ein selbstständiges Organ, welches dem örtlichen Betriebsrat weder unter- noch übergeordnet ist (vgl. Koch in: ErfK, 21. Aufl., 2021, § 50 BetrVG Rn. 1).
56
Voraussetzung für die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats ist zum einen, dass mehrere Betriebe von der Angelegenheit betroffen sind und zum anderen objektiv ein zwingendes Erfordernis für eine unternehmenseinheitliche oder betriebsübergreifende Regelung besteht.
57
2.1.2.2. Bei der Arbeitszeit von Mitarbeitern im Vertriebsaußendienst handelt es sich um eine überbetriebliche Angelegenheit, die mehrere Betriebe der Arbeitgeberin betrifft. Mit Ausnahme der Zentrale sind in allen Betrieben der Antragsgegnerin Mitarbeiter im Vertriebsaußendienst beschäftigt.
58
2.1.2.3. Die Umstände der Arbeitszeit für Mitarbeiter im Vertriebsaußendienst kann objek tiv nicht durch die örtlichen Betriebsräte geregelt werden.
59
Voraussetzung für die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats ist das „Nichtregelnkönnen“ einer Angelegenheit durch den örtlichen Betriebsrat. Dieser unbestimmte Rechtsbegriff ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten. Die Rechtsprechung sowie das überwiegende Schrifttum teilen die Ansicht, dass es der Notwendigkeit einer einheitlichen Regelung durch den Gesamtbetriebsrat aus der Natur der Sache bedarf. Der Begriff „Natur der Sache“ ist nach Bundesarbeitsgericht dahingehend zu verstehen, dass der Einzelbetriebsrat solange zuständig ist, wie er die vom Unternehmer zentral gelenkte Entscheidung zu beeinflussen vermag. Sobald der einzelne Betriebsrat Entscheidungen auf Unternehmensebene nicht mehr nachvollziehen kann und dadurch seine Urteilsfähigkeit sinkt, tritt die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats ein. Je zentralistischer ein Unternehmen geführt ist, umso abhängiger wird der Einzelbetriebsrat sein mit der Folge, dass dem Gesamtbetriebsrat mehr Kompetenzen eingeräumt werden müssen. Es muss also ein zwingendes Erfordernis für die Regelungsmaterie bestehen (vgl. BAG, Beschluss v. 23.09.1975 - 1 ABR 122/73, AP BetrVG 1972 § 50 Nr. 1).
60
Dabei ist auf die Verhältnisse des einzelnen Unternehmens und seiner Betriebe abzustellen (vgl. BAG, Beschluss v. 19.06.2012 - 1 ABR 19/11, NZA 2012, 1237).
61
Das Vorliegen eines zwingenden Erfordernisses bestimmt sich nach Inhalt und Zweck des Mitbestimmungstatbestands, der einer zu regelnden Angelegenheit zu Grunde liegt. Eine betriebliche Regelungsmöglichkeit entfällt, wenn von den Betriebsparteien zu berücksichtigende betriebliche Belange mehrere Betriebe von Organisationsentscheidungen des Arbeitgebers betroffen sind. Für die Regelung der Arbeitszeitfragen nach dieser Vorschrift ist dann der Gesamtbetriebsrat nach § 50 I BetrVG zuständig (vgl. BAG, Beschluss v. 19.06.2012 - 1 ABR 19/11, NZA 2012, 1237).
62
Nicht ausreichend bei Angelegenheiten der zwingenden Mitbestimmung sind Gründe, die auf bloßer Zweckmäßigkeit einer unternehmenseinheitlichen oder betriebsübergreifenden Regelung beruhen sowie auf Kosteninteressen des Arbeitgebers (vgl. BAG, Beschluss v. 09.12.2003 - 1 ABR 49/02, NZA 2005, 234).
63
Der Antragsgegner verfolgt hinsichtlich der Mitarbeiter im Vertriebsaußendienst einen betriebsübergreifenden Führungsansatz. Dabei werden in fast allen Betrieben, ausgenommen der Zentrale, Mitarbeiter im Vertriebsaußendienst beschäftigt, die auch betriebsübergreifend in mehreren Betrieben tätig werden und betriebsübergreifend eingegliedert sind. Die Vertriebsmitarbeiter unterliegen zudem einer faktischen einheitlichen Steuerung durch die Zentrale des Unternehmens der Arbeitgeberin. Die gesamte Struktur der Vertriebsaußendienstmitarbeiter ist damit auf Unternehmensebene aufgebaut. Dadurch ergibt sich ein erzwungenes Erfordernis der Regelung auf Unternehmensebene durch den Gesamtbetriebsrat.
64
Auch die Tatsache, dass die Mitarbeiter des Vertriebsaußendienstes der Region Süd lediglich in dieser Region eingesetzt werden, ändert an der Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats nichts. Das betriebsübergreifende Arbeitskonzept der Arbeitgeberin wird durch die zentralistische Arbeitsstruktur der Mitarbeiter im Vertriebsaußendienst gestärkt und auch im Betrieb der Region Süd aktiv angewandt.
65
2.1.2.4. Eine Zuständigkeit des örtlichen Betriebsrats ergibt sich auch nicht aus der Betriebsvereinbarung vom 02.11.2020. Zwar schließt die Betriebsvereinbarung Mitarbeiter des Vertriebsaußendienstes nicht explizit aus, jedoch gilt für die Arbeitszeit der Mitarbeiter im Vertriebsaußendienst weiterhin die Gesamtbetriebsvereinbarung über einheitliche Arbeitszeiten für Mitarbeiter im Vertriebsaußendienst vom 20.05.2009. Diese Gesamtbetriebsvereinbarung sollte von der Betriebsvereinbarung nicht ersetzt werden. Vielmehr ergibt sich aus dem Protokoll der Einigungsstelle zur Betriebsvereinbarung deutlich, dass sich die Beteiligten darüber einig waren, dass die Betriebsvereinbarung für die Mitarbeiter im Vertriebsaußendienst nicht gelten soll. Ob dies wie vom Antragsteller behauptet nur zunächst der Fall sein sollte, ändert dagegen nichts an der Unanwendbarkeit auf diese Mitarbeiter. Darüber hinaus gilt für diese Mitarbeiter die Gesamtbetriebsvereinbarung.
66
Nicht relevant für die nach § 50 Abs. 1 S. 1 BetrVG erforderliche Überbetrieblichkeit ist die arbeitsvertraglich geregelte Vereinbarung von Versetzungsklauseln. Die alleinige Möglichkeit des Arbeitgebers den Arbeitnehmer innerhalb seines Weisungsrechts aus § 106 GewO in einem anderen Betrieb einsetzen zu können, begründet noch kein zwingendes Erfordernis für eine unternehmenseinheitliche oder betriebsübergreifende Regelung. Sogenannte Versetzungsklauseln sind mittlerweile üblicher Bestandteil von Arbeitsverträgen. Sie führen jedoch nicht unmittelbar zu einer organisatorischen Verflechtung von Betrieben.
67
2.2. Ob die Regelungen der GBV hinsichtlich der Erfassung der Arbeitszeit der Mitarbeiter der Arbeitgeberin im Vertriebsaußendienst im Lichte des EuGH-Urteils vom 14.05.2019 - C 55/18-CCOO noch Bestand hat oder die Nichterfassung von Arbeitszeiten der RL 2003/88 EH widerspricht, ist vorliegend nicht zu entscheiden. Jedenfalls ist im Hinblick auf Art. 17 AZRL Vertrauensarbeitszeit auch weiterhin möglich (EuGH a.a.O., Erfurter Kommentar, § 16 ArbZG Rdnr 9-17)).
68
2.2. Die Unbegründetheit der Anträge aus Ziffer II. und III. beruhen ebenfalls auf der Unzuständigkeit des Betriebsrates. Insoweit ist auf die obigen Ausführungen Bezug zu nehmen.
III.
69
Einer Kostenentscheidung bedurfte es nicht, da das Beschlussverfahren nach § 2 Abs. 2 GKG kostenfrei ist.
IV.
70
Gegen diesen Beschluss kann der Betriebsrat Beschwerde zum Landesarbeitsgericht München nach Maßgabe nachfolgender Rechtsmittelbelehrungeinlegen.