Inhalt

VG München, Gerichtsbescheid v. 31.03.2021 – M 7 K 19.5989
Titel:

Widerruf waffenrechtlicher Erlaubnisse, Ungültigerklärung und Einziehung des Jagdscheins, Waffenrechtliche (Un-)Zuverlässigkeit, „Reichsbürgerbewegung“

Normenketten:
WaffG § 45 Abs. 2 S. 1
WaffG § 4 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 § 5 Abs. 1 Nr. 2
WaffG § 46 Abs. 2
BJagdG § 18 S. 1
BJagdG § 18 S. 3
Schlagworte:
Widerruf waffenrechtlicher Erlaubnisse, Ungültigerklärung und Einziehung des Jagdscheins, Waffenrechtliche (Un-)Zuverlässigkeit, „Reichsbürgerbewegung“
Fundstelle:
BeckRS 2021, 57068

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf seiner Waffenbesitzkarten und die Ungültigerklärung und Einziehung seines Jagdscheins sowie gegen die hierzu ergangenen Folgeanordnungen mit Bescheid des Landratsamts ... (im Folgenden: Landratsamt) vom 21. November 2019.
2
Der Kläger ist Besitzer eines Waldgrundstücks westlich von …, … …, das im südwestlichen Bereich nahe einer …anlage als Freizeitgrundstück genutzt wird. Anlässlich einer vom Bauamt mit dem Kläger und dessen Frau durchgeführten Ortsbesichtigung am 16. Juli 2018 wurde in dem hierzu gefertigten Aktenvermerk vom 23. Juli 2018 (Bl. 386 der Behördenakte) festgehalten: „Beim Eingangstor und auch am Weg innen waren einige Schilder mit Texten hinsichtlich „Reichsgebiet“ zu sehen.“
3
Bei einer unangemeldeten Vor-Ort-Kontrolle durch das Veterinäramt des Landratsamts am 8. November 2018 wegen der Meldung einer nichtangezeigten Tierhaltung durch das Bauamt wurde im hierzu gefertigten Aktenvermerk vom 8. November 2018 festgehalten: „In diesem Zusammenhang konnten jedoch direkt am Eingangstor und dem einsehbaren Bereich mehrere Schilder entdeckt werden. Diese liegen im Anhang bei. Diese Schilder erwecken den deutlichen Anschein einer Reichsbürgerzugehörigkeit. Das Grundstück wurde zu keiner Zeit von den Mitarbeitern vor Ort betreten, alle Schilder waren direkt einsehbar. Aufgrund dieser Schilder ist nach Auffassung des Unterzeichners eine Zugehörigkeit zur Reichsbürgerszene nicht auszuschließen. Insbesondere wird auf den Schildern von „Grenzen, Reichsgebiet und territorialer Selbstverwaltung durch die Familie …“ gesprochen. Auf dem Weg waren noch viele weitere Schilder angelegt, diese konnten aber nicht gesichtet werden, da hierfür ein Betreten des Grundstückes notwendig gewesen wäre.“ Dem Aktenvermerk beigefügt sind drei Lichtbilder mit digitalem Datumsstempel vom 8. November 2018 (vgl. Bl. 388 bis 390 der Behördenakte). Jedes Lichtbild zeigt jeweils ein in den Farben des Deutschen Reichs Schwarz-Weiß-Rot gehaltenes rechteckiges und in Frakturschrift bedrucktes Metallschild. Auf den Schildern heißt es: „Achtung Grenze I Beginn der territorialen Selbstverwaltung durch I Familie …“ (Schild 1) / „Deutsches Reichsgebiet I kommissarisch verwaltet durch: I Familie …“ (Schild 2) / „Kein Zutritt I für Vaterlandsverräter, Mitarbeiter von Anstalten des öffentl. Rechts und deren Erfüllungsgehilfen, und für Mitarbeiter und Vertreter der Gebühreneinzugszentrale. Bei Zuwiderhandlungen wird umgehend Strafanzeige wegen Haufriedensbruch gestellt. I … … I Der Hausherr“ (Schild 3). Auf Schild 1 und Schild 2 ist jeweils der Reichsadler des Deutschen Kaiserreichs großformatig abgebildet. Die Schilder sind jeweils an einem Holzpfahl befestigt aufgestellt. Auf dem Lichtbild von Schild 1 ist eine Stacheldrahtumfriedung erkennbar, die unmittelbar hinter dem Schild verläuft. Auf den Lichtbildern von Schild 2 und Schild 3 sind Latten einer Holzeinfriedung (Zaun oder Tor) erkennbar.
4
Mit Schreiben der Kriminalpolizeiinspektion … - K. vom 5. April 2019 an das Landratsamt wurde u.a. mitgeteilt, dass am 2. April 2019 das Grundstück bei der …anlage von zwei Beamten der PI … und der unterzeichnenden Kriminalhauptkommissarin A. aufgesucht worden sei. Der Kläger sei nicht anwesend gewesen. Die drei Metallschilder befänden sich nach wie vor auf dem Gelände des Klägers. Sie seien von außen nicht sichtbar und stünden seitlich zum Eingang. Man müsse das Grundstück betreten, um die Schilder lesen zu können.
5
Mit Schreiben des Landratsamts vom 29. Mai 2019 wurde dem Kläger mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, dessen Waffenbesitzkarten zu widerrufen und den Jagdschein für ungültig zu erklären und einzuziehen. Aufgrund des Inhalts der drei - im Einzelnen beschriebenen - vom Kläger aufgestellten Schilder müsse vermutet werden, dass dieser der Ideologie der sog. „Reichsbürger“ bzw. „Selbstverwalter“ nahestehe. Aus diesem Grund bestünden erhebliche Zweifel an seiner waffen- und jagdrechtlichen Zuverlässigkeit. Es wurde Gelegenheit zur Äußerung gegeben.
6
Mit Schreiben an das Landratsamt vom … Juni 2019 erwiderte der bereits im Verwaltungsverfahren Bevollmächtigte des Klägers, dass von den zahlreichen Schildern, die sich auf dem Grundstück des Klägers befänden, lediglich solche zitiert würden, die eventuell (bei viel Fantasie) eine Zuordnung zur „Reichsbürgerbewegung“ zulassen könnten. Außerdem werde unzutreffend zitiert, dass der Kläger mehrfach wegen Hausfriedensbruch, Bedrohung und Beleidigung in Erscheinung getreten sei. Um entsprechende Belege werde gebeten. Auf dem Grundstück des Klägers fänden sich Schilder mit folgenden Angaben: „Irrenanstalt, Betreten auf eigene Gefahr, Mit Belästigungen muss gerechnet werden“ / „Ein Tag hat 24 Stunden, ein Kasten Bier 24 Flaschen - kann das Zufall sein?“ / „Gute Frauen heiraten Feuerwehrmänner, der Rest nimmt Polizisten.“ / „Es gibt keine hässlichen Frauen, nur zu wenig Alkohol.“ Dies seien alles sog. Fun-Schilder, teilweise Mitbringsel und Gastgeschenke von Gästen. Noch im November 2018 sei die Aufbewahrung der Waffen beim Kläger überprüft und keinerlei Beanstandungen gefunden worden. Den Kläger der Ideologie der „Reichsbürger“ zuzuordnen, sei völlig abwegig. Seit … Jahren sei der Kläger Mitglied im Polizeiverein … Er sei Berufsfeuerwehrmann. Sein Großvater sei Gründungsmitglied der … Er (gemeint wohl: der Kläger) sei … in seiner damaligen Eigenschaft als Bereitschaftsführer des … mit einem Hilfsgütertransport in Rumänien gewesen. Er sei über Jahrzehnte für das Landratsamt als Helfer im Katastrophenschutz tätig gewesen. All das spreche gegen die Zuordnung zur Ideologie der „Reichsbürger“.
7
Mit weiteren Schreiben an das Landratsamt vom 29. August 2019 und vom 30. September 2019 vertiefte der Klägerbevollmächtigte seinen Vortrag und führte ergänzend insbesondere aus, dass die auf dem Grundstück des Klägers aufgestellten Schilder, die unter anderem auch völlig andere Inhalte hätten, Personen nur zur Kenntnis gelangt sein könnten, wenn diese widerrechtlich das Grundstück des Klägers betreten hätten. Insofern handele es sich um nicht verwertbare Beweismittel, die durch eine Straftat erlangt worden seien (Hausfriedensbruch).
8
Laut Aktenvermerk des Landratsamts vom 7. Oktober 2019 teilte Kriminalhauptkommissarin A. auf Nachfrage mit, dass weder sie noch die beiden sie begleitenden Polizeibeamten das Grundstück bei der Ortsbesichtigung am 2. April 2019 betreten hätten.
9
Mit Schreiben an das Landratsamt vom 30. September 2019 teilte das Polizeipräsidium Oberbayern Süd SG E 3 - Staatsschutz auf entsprechende Anfrage mit, dass aufgrund des vorliegenden Sachverhalts und der übermittelten Erkenntnisse unter Berücksichtigung der derzeit geltenden Definition „Reichsbürger“ nach polizeilicher Einschätzung beim Kläger eine Zugehörigkeit zur Ideologie der sog. „Reichsbürgerbewegung“ bzw. Staatsleugnung oder Selbstverwaltung in Ausformung der „Selbstverwalter“ eindeutig erkennbar sei, was näher ausgeführt wurde.
10
Mit Bescheid vom 21. November 2019 widerrief das Landratsamt die dem Kläger er teilten Waffenbesitzkarten Nrn. …, …, …, …, …, … und … (Nr. 1). Der dem Kläger erteilte Jagdschein Nr. …, zuletzt verlängert bis zum 31. März 2021, wurde für ungültig erklärt und eingezogen (Nr. 2). Der Kläger wurde verpflichtet, die unter Nr. 1 genannten Waffenbesitzkarten und den in Nr. 2 genannten Jagdschein dem Landratsamt binnen eines Monats nach Zustellung dieses Bescheids zurückzugeben (Nr. 3). Weiter wurde der Kläger verpflichtet, innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Bescheids die in den unter Nr. 1 genannten Waffenbesitzkarten eingetragenen Waffen und die gesamte Munition einem Berechtigten zu überlassen oder unbrauchbar machen zu lassen und dem Landratsamt unverzüglich, spätestens jedoch ebenfalls binnen einer Frist von einem Monat nach Zustellung dieses Bescheids hierüber einen Nachweis zukommen zu lassen (Nr. 4). Für den Fall, dass der Kläger der Verpflichtung in Nr. 3 des Bescheids nicht nachkomme, werde ein Zwangsgeld i.H.v. 100,- EUR je Erlaubnisurkunde zur Zahlung fällig (Nr. 5). Für den Fall, dass der Kläger der Verpflichtung in Nr. 4 innerhalb der gesetzten Frist nicht nachkomme, werde die kostenpflichtige Sicherstellung der Waffen und Munition angedroht (Nr. 6). Die sofortige Vollziehung der Nrn. 2, 3, 4 und 6 wurde angedroht (Nr. 7). Dem Kläger wurden die Kosten des Verfahrens auferlegt (Nr. 8) und für den Bescheid eine Gebühr von 555,- EUR nebst Auslagen i.H.v. 4,11 EUR festgesetzt (Nr. 9).
11
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, nach § 45 Abs. 2 WaffG sei eine Waffenbesitzkarte zu widerrufen, wenn nachträgliche Tatsachen eintreten würden, die zur Versagung hätten führen müssen. Gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG setze die Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis voraus, dass der Antragsteller die erforderliche Zuverlässigkeit besitze. Die nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG erforderlich Zuverlässigkeit sei hier im Hinblick auf § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b und c WaffG nicht anzunehmen. Das bisherige Verhalten des Klägers lasse befürchten, dass er sich nicht an die strengen Vorgaben des Waffengesetzes zum Umgang mit Waffen halten werde. Als Angehöriger bzw. Sympathisant der sog. „Reichsbürgerbewegung“ bestreite er die Verbindlichkeit der unter dem Grundgesetz geschaffenen Rechtsordnung, zu der auch das Waffengesetz zähle. Er negiere die Legitimation der Bundesrepublik Deutschland, Gesetze mit auch für ihn bindender Wirkung zu erlassen. Wer aber Bundes- und Landesgesetze generell nicht als für sich verbindlich anerkenne, sich deshalb auch nicht verpflichtet sehe, die darin enthaltenen, dem Schutz der Allgemeinheit dienenden Vorschriften im Einzelnen jederzeit zu beachten, gebe Anlass zu der Befürchtung, dass er auch die Regelungen des Waffengesetzes nicht strikt befolgen werde. Denn auch das Waffenrecht sei Teil der Rechtsordnung, die der Kläger nicht anerkenne bzw. von deren Ablehnung er sich nicht genügend distanziere. Diese negative Prognose werde hier nicht dadurch infrage gestellt, dass bisher die waffenrechtlichen bzw. jagdrechtlichen Vorgaben weitgehend eingehalten worden seien. Aufgrund des vorliegenden Sachverhalts sei beim Kläger unter Berücksichtigung der derzeit geltenden Definition „Reichsbürger“ nach polizeilicher Einschätzung eine Zugehörigkeit zur Ideologie der sog. „Reichsbürgerbewegung“ bzw. Staatsleugnung oder Selbstverwaltung in Ausformung der „Selbstverwaltung“ eindeutig erkennbar. Es werde nicht bestritten, dass der Kläger im Besitz mehrerer Schilder sei, seine Frau spreche sogar von einem „Spleen“ ihres Mannes. Jedoch sei dieser Einwand als Schutzbehauptung einzuordnen. Standort und Außenwirkung der Beschilderung seien fotografisch gesichert und dokumentiert. Die einzigen außerhalb des betreffenden Grundstücks lesbaren Schilder seien direkt an dessen verschlossenem Eingangstor bzw. an der Grundstücksgrenze angeschlagen gewesen. Auf einem der Fotos („Achtung Grenze“) seien sogar noch Teile vom Stacheldraht einer mutmaßlichen Einzäunung sichtbar. Während die nach dem Vortrag des Klägers ansonsten auf dem Grundstück aufgestellten sog. „Fun-Schilder“ in einer karikierten Logik eingebetteten Satzaussagen pauschaler humorvoller oder geschmackloser Lebensweisheiten folgten, seien die sichtbaren und gegenständlichen Schilder inhaltlich klar, ausnahmslos personalisiert und trügen neben einer unmissverständlichen Satzaussage deutlich den Familiennamen und in einem Fall Vor- und Zuname des Klägers. Dadurch entwickle der Inhalt zusammen mit dem Standort der Beschilderung den Charakter eines unmissverständlichen persönlichen Statements des Klägers. Hinsichtlich Inhalt und Ausgestaltung der betreffenden Schilder sei darauf hinzuweisen, dass viele sich dem Sammelbegriff „Reichsbürger“ zugehörig fühlende Personen das wilhelminische Kaiserreich als legitime und noch existierende Staats- bzw. Regierungsform begriffen, da sie bisher nicht wirksam für beendet erklärt worden sei. Des Weiteren würden alle deutschen Staatsformen und gesetzlichen Regelungen, die nicht Ausfluss wilhelminischer Rechtsprechung seien, entsprechend abgelehnt. Beispiele als Folge dessen seien die behaupteten Selbstverwalter und Waffenbesitzer bzw. Jäger Wolfgang P. aus G.. … oder Andreas U. (Schusswechsel mit Polizei). Beide hätten seinerzeit ihr Eigentum als exterritoriales Gebiet sichtbar abgegrenzt. Die sog. Selbstverwalter seien nichthomogene Einzelpersonen, die meinten, sie seien als autonome Menschen nicht den Gesetzen der Bundesrepublik Deutschland unterworfen und so an keinerlei staatliche und kommunale Einschränkungen gebunden. Dadurch könnten sie nach eigenem Ermessen darüber entscheiden, Bescheide oder Verwaltungsakte anzuerkennen oder nicht. Am deutlichsten werde dies beim Kläger auf Bild 3 (Achtung Grenze - Beginn der territorialen Selbstbundesdeutschen Staatsgebiet und Staatsvolk aus. Auf Bild 2 werde sogar ein Zutrittsverbot kategorisch für einen Personenkreis, der im öffentlichen Auftrag tätig werde, im gleichen Atemzug mit sog. „Volksverrätern“ genannt, wobei allein dieses Wort in der Sprache des Nationalsozialismus häufig Verwendung gefunden habe. Allein der Inhalt der Schilder sende an den Betrachter unmissverständlich die Botschaft einer selbstbestimmten Exterritorialität der Familie … und somit auch des Klägers aus. Während in den beispielhaft genannten „Fun-Schildern“ jeweils thematisch ein einziges Exemplar präsentiert werde, handele es sich bei den vom Landratsamt … festgestellten Schildern um mehrere thematisch, inhaltlich und in Ausgestaltung (Reichsfarben schwarzweißrot, Reichsadler, Frakturschriftbild) gleichartige Exemplare. Die Behauptung, dass es sich bei den „Fun-Schildern“ auch um Geschenke von Gästen und Mitbringsel handele, könne jeweils bei einem Schild als Geschenk nachvollzogen, jedoch bei Vorliegen einer Reihe inhaltlich und in Ausgestaltung gleichartiger Schilder durchaus angezweifelt werden. Aber auch Einzelgeschenke/Gastgeschenke könnten aufgrund ihrer Ausgestaltung bzw. ihres Inhalts durchaus den Willen bzw. die Haltung des Beschenkten darlegen, sofern sie entsprechend in Öffentlichkeitswirkung drapiert ihre Verwendung fänden. Alles in allem wirke die Argumentationslinie, es handele sich bei der Beschilderung der Grundstücksgrenzen im Ergebnis nur um einen Scherz, bei objektiver Betrachtung nicht glaubhaft. Um die polizeiliche Einschätzung bezüglich der Zugehörigkeit zur sog. „Reichsbürgerszene“ zu entkräften, müsse der Betroffene plausibel und nachvollziehbar darlegen können, dass er kein Reichsbürger oder Selbstverwalter sei. Die bloße Behauptung, nichts mit einer „Reichsbürgerbewegung“ oder ähnlichem zu tun zu haben, sei keinesfalls ausreichend. Hier seien klar und unmissverständlich die Motivlage sowie - nicht pauschaliert - die Quellen zu benennen, welche zu den gegenständlichen irritierenden Verhaltensweisen und/oder Korrespondenzen bzw. Äußerungen geführt hätten. Dies sei in den vorliegenden Stellungnahmen nicht feststellbar. Es gebe keinen Hinweis darauf, warum gerade diese Art Schilder an eben dieser exponierten Position aufgestellt worden seien. Es werde kein Wort über die Herkunft bzw. den Bezug der Schilder und die Quelle der Inhalte verloren. Es werde lapidar von „Fun-Schildern“ gesprochen, die keinesfalls etwas mit der Ideologie der „Reichsbürger“ zu tun hätten. Diese sog. „Fun-Schilder“ entwickelten jedoch in dem vom Kläger dargebotenen Kontext nicht den Charakter eines großen Spaßes, sondern vielmehr eines persönlichen staatsnegierenden Statements bzw. einer persönlichen Einstellung oder Haltung. Die negative Zukunftsprognose werde im Übrigen auch dadurch gestützt, dass gegen den Kläger in der Vergangenheit bereits mehrfach Strafverfahren wegen Bedrohung bzw. Nötigung eingeleitet worden seien. Diese Verfahren seien zwar jeweils für sich gesehen nicht dazu geeignet, die waffenrechtliche Unzuverlässigkeit zu begründen. Im Rahmen der Zukunftsprognose könnten sie in der Gesamtschau jedoch durchaus Berücksichtigung finden, so, wenn der Waffenbesitzer leicht reizbar sei, unbeherrscht auf Provokation reagiere, in der Vergangenheit in Stresssituationen unangemessen reagiert oder in Konfliktsituationen ein mangelndes Potenzial für gewaltfreie Konfliktlösungen gezeigt habe. Auch wenn keine Verurteilung des Waffenbesitzers erfolgte, so könne zumindest die mehrmalige Auffälligkeit in Ermittlungsverfahren den Schluss auf eine aggressive Grundeinstellung und ein mangelndes Konfliktvermeidungspotenzial rechtfertigen. In diesen Fällen müsse davon ausgegangen werden, dass sich die in der Person des Waffenbesitzers liegenden Persönlichkeitsmerkmale gleichermaßen auf den Umgang mit Waffen auswirkten. Die Tatsache, dass der Kläger Mitglied im Polizeiverein und Feuerwehrmann sei, sei nicht dazu geeignet, zu beweisen, dass er der Ideologie der „Reichsbürger“ selbst weiter nicht nahestehe. Wie bereits aus der Presse zu entnehmen, habe diese Einstellung bereits bei allen Berufsgruppen, auch Polizisten und Soldaten, festgestellt werden können. Zudem könnten die Tätigkeiten des Großvaters weder auf den Kläger übertragen werden, noch seien sie generell und für sich gesehen eine geeignete Begründung dafür, dass eine Zugehörigkeit zu dieser Ideologie widerlegt werden könnte. Der Widerruf habe gemäß § 46 Abs. 1 WaffG zur Folge, dass die Waffenbesitzkarten zurückzugeben seien. Die hierfür gesetzte Frist von einem Monat nach Zustellung des Bescheids sei angesichts der Anzahl der Waffen und Munition angemessen. Die Ungültigerklärung und Einziehung des Jagdscheins beruhe auf § 18 BJagdG. Die Anordnung, Waffen und Munition einem Berechtigten zu überlassen oder dauerhaft unbrauchbar zu machen und hierüber einen Nachweis zu führen, stütze sich auf § 46 Abs. 2 Satz 1 WaffG. Die Zwangsgeldandrohung richte sich nach Art. 18 Abs. 1, 29, 30, 31 und 36 verwaltung durch Familie). Hier grenze sich die Familie demonstrativ vom Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz - VwZVG. Die sofortige Vollziehung der Nrn. 2, 3, 4 und 6 des Bescheids sei nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 i.V.m. Abs. 3 VwGO im überwiegenden öffentlichen Interesse, was weiter ausgeführt wurde, anzuordnen gewesen. Die Androhung der Sicherstellung stütze sich auf § 46 Abs. 2 Satz 2 WaffG. Die Kostenentscheidung beruhe auf den einschlägigen Vorschriften des Kostenrechts.
12
Hiergegen hat der Bevollmächtigte des Klägers am ... Dezember 2019 Klage erhoben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger sei seit vielen Jahren Sportschütze und Jäger. Auf dem Grundstück befänden sich zahlreiche weitere Schilder, die jedoch keinerlei Bezug zur „Reichsbürgerbewegung“ hätten, sondern sog. „Fun-Schilder“ seien. Lediglich drei Schilder würden zitiert und sollten die Zugehörigkeit zu der Bewegung der „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“ belegen. Daraus leite der Beklagte ab, es sei aufgrund einer zuständigen Stelle (diese werde nicht genannt) und aufgrund des Sachverhalts von der Zugehörigkeit des Klägers zu dieser vorgenannten Bewegung auszugehen. Weiterhin werde auf frühere, über 10 Jahre zurückliegende Ermittlungsverfahren, die sämtlich für die Bewertung nicht einschlägig seien, Bezug genommen. Diese stammten aus 2003, 2006 und 2007 und beinhalteten den Vorwurf einer Nötigung. Andere strafrechtliche Verurteilungen im waffenrechtlich relevanten Sinn (über 60 Tagessätze) lägen nicht vor. Außerdem stelle der Beklagte in Zweifel, dass die Distanzierungen des Klägers wegen bestehender Zweifel an einer möglichen Zugehörigkeit zur „Reichsbürgerbewegung“ hinreichend glaubhaft seien, ohne dies allerdings näher zu begründen. Die hier vorgenommene Zuordnung zur „Reichsbürgerbewegung“ und zur „Selbstverwalterszene“ sei unzutreffend, selbst wenn durch einige der Schilder eventuell ein solcher Eindruck hervorgerufen werde. Es sei sowieso allgemein zu beobachten, dass ausgelöst durch die Vorfälle in Bayern die Zuordnung von Waffenbesitzern leichtfertig in diese Szene vorgenommen werde, etwa schon, wenn jemand einen sog. Staatsangehörigkeitsausweis beantrage, obwohl es sich dabei um ein offizielles Dokument, ausgestellt vom Bundesverwaltungsamt, handele. Anderweitige Merkmale, die insbesondere bei „Reichsbürgern“ anzutreffen seien, lägen hier auch nicht vor. Weder habe der Kläger seinen Personalausweis zurückgegeben, noch habe er den Staatsangehörigkeitsausweis beantragt, noch habe er nach außen hin die Existenz der Bundesrepublik Deutschland geleugnet oder im Rahmen seines Verhaltens gegenüber staatlichen und kommunalen Behörden ein Muster gezeigt, dass gegen den Staat gerichtet sei. An keiner Stelle habe er sich erkennbar zur „Reichsbürgerbewegung“ bekannt und sich deren Ideologie als für sich verbindlich zu eigen gemacht. Ein solches verbindliches Hinwenden zu dieser Ideologie könne beim Kläger nicht festgestellt werden. Außerdem sei es in der Rechtsprechung anerkannt, dass auch die nachträgliche wirksame Distanzierung von diesem Gedankengut ausreichend sei, um nicht weiter die Zuordnung vorzunehmen. Das Aufstellen der inkriminierten Schilder auf dem Grundstück des Klägers lasse diesen allenfalls zu einem sog. „Anscheinsreichsbürger“ werden. Eine verlässliche Zuordnung zum Begriff der „Reichsbürgerbewegung“ scheitere jedoch mangels anderer zurechenbarer Fakten wie sie sich sonst in der Umgebung von Reichsbürgern fänden. Das in welcher Form auch immer vorgenommene Äußern abstruser politischer Auffassungen bzw. Sympathiebekundungen für solche Auffassungen rechtfertige für sich genommen noch nicht den Schluss, dass ein Ignorieren der waffenrechtlichen Vorschriften oder eine eigenwillige Auslegung zu befürchten und damit die waffenrechtliche Unzuverlässigkeit zu bejahen wäre. Durch das Aufstellen der Schilder auf dem Grundstück könne nicht geschlossen werden, dass der Kläger die Existenz und Legitimation der Bundesrepublik Deutschland negiere und die auf dem Grundgesetz fußende Rechtsordnung generell nicht als für sich verbindlich anerkenne. Die aufgestellten Schilder ließen nicht zwingend den Schluss zu, der Kläger gehöre der „Reichsbürgerbewegung“ an oder habe eine entsprechende Grundhaltung. Weitere typische Verhaltensweisen sog. „Reichsbürger“ seien beim Kläger nicht festzustellen.
13
Mit Schreiben an das Landratsamt vom ... Dezember 2019 teilte der Klägerbevollmäch tigte u.a. noch mit, dass der Kläger anbiete, die auf seinem Grundstück stehenden Schilder, die Auslöser für dieses Verfahren gewesen seien, zu demontieren und zunächst in seinem Kellerbereich zu verwahren. Sollten hier weitergehende Maßnahmen durch das Landratsamt gefordert werden, wäre der Kläger auch bereit die Schilder zu vernichten. All dies stehe auf dem Hintergrund, dass der Kläger keineswegs der „Reichsbürgerszene“ zugeordnet werden wolle und könne. Er habe keinerlei Anknüpfungspunkte in diesem Bereich, was ihm lediglich aufgrund eines der Schilder unterstellt werde.
14
Der Kläger beantragt,
Der Bescheid des Landratsamts … vom 21.11.2019 wird aufgehoben.
15
Der Beklagte beantragt,
Die Klage wird abgewiesen.
16
Zur Begründung wird zunächst auf die Begründung des angefochtenen Bescheids verwiesen sowie auf die Stellungnahme des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd vom 30. September 2019. Ergänzend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe sich erkennbar nach außen als „Reichsbürger“ bzw. „Selbstverwalter“ betätigt. Er könne mit seiner pauschalen Schutzbehauptung, es handele sich um „Fun-Schilder“ nicht durchdringen. Bis dato fehlten jegliche Angaben zum Erwerb der Schilder. Es bleibe im Dunklen, ob diese ein Geschenk gewesen seien, wann, warum und woher der Kläger die im Bescheid angeführten Schilder erhalten habe und weshalb die Schilder so am Zaun angebraucht worden seien. Das Angebot der Demontage sei bezeichnenderweise erst nach Erlass des streitgegenständlichen Bescheids unterbreitet worden. Zudem sei der Kläger mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten.
17
Die Parteien wurden mit Schreiben vom 23. Oktober 2020 zu einer Entscheidung mittels Gerichtsbescheid angehört.
18
Mit Schriftsatz vom ... November 2020 vertiefte der Klägerbevollmächtigte seinen Vortrag und führte ergänzend im Wesentlichen aus, dass die hier genannten Schilder, die angeblich eine „Reichsbürgereigenschaft“ des Klägers darstellen sollten, sich nicht am Zaun befunden hätten. Sie hätten sich auf dem Grundstück befunden. Das Grundstück sei mit einer dichten Hecke umschlossen, sodass sie von außen nicht sichtbar seien. Neben diesen Schildern befänden sich auch z.B. in unmittelbarer Nähe (3 Meter entfernt) weitere Schilder, die die Bezeichnung „Freistaat Bayern“ trügen und ein entsprechendes Wappen mit zwei Löwen aufwiesen. Eine Kopie sei beigefügt. Offensichtlich seien aber diese Schilder, da sie ja keinen belastenden Inhalt hätten, bewusst übersehen worden. Eine Zuordnung zur sog. „Reichsbürgerbewegung“ müsse ganz klar erkennen lassen, dass die jeweilige Person den Staat ablehne und sich nicht als Bürger der Bundesrepublik Deutschland fühle. Der Kläger habe keinen Staatsangehörigkeitsausweis beantragt. Der Kläger habe bisher immer mit den zuständigen Behörden kooperiert und sei als Waffenbesitzer bisher unbeanstandet im Besitz seiner Waffen und der entsprechenden Erlaubnisse für die Waffenbesitzkarte und Jagdschein geblieben.
19
Seitens des Beklagten wurde mit Schreiben vom 11. November 2020 mitgeteilt, dass Einverständnis mit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid bestehe. Der Klägerbevollmächtigte teilte mit Schreiben vom … November 2020 mit, dass der Kläger einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid zustimme, allerdings eine ergänzende Stellungnahme zur Sach- und Rechtslage noch abzuwarten sei.
20
Mit Schriftsatz vom … April 2021 vertiefte der Klägerbevollmächtigte in der Folge seinen Vortrag und führte im Wesentlichen aus, dass der Kläger Wert auf die Feststellung lege, dass das Betreten seines Grundstücks nicht durch befugte Personen erfolgt sei. Insofern seien Feststellungen, die durch diese Person getroffen worden seien, auch nicht rechtlich verwertbar. Darüber hinaus ließen die Schilder unterschiedlichster Art keineswegs den Rückschluss zu, dass der Kläger der Gruppierung der „Reichsbürger“ zuzuordnen sei. Es sei bereits darauf hingewiesen worden, dass der Kläger seit … Jahren Mitglied im Polizeisportverein … und Berufsfeuerwehrmann sei. Außerdem sei er über Jahrzehnte für das Landratsamt als Helfer im Katastrophenschutz tätig gewesen. Insofern sei es völlig abwegig, anzunehmen, dass der Kläger sich nicht an die Vorgaben des Waffengesetzes halten werde bzw. Bundes- oder Landesgesetze generell nicht als für sich verbindlich anerkenne. Aus dem Akteninhalt ergebe sich, dass die Betretung des Grundstücks jeweils ohne Genehmigung des Klägers erfolgt sei. Außerdem würden in der Begründung der Widerrufsverfügung die weiteren auf dem Grundstück befindlichen „Fun-Schilder“ schlicht negiert. Aus Sicht des Klägers sei hier eine Maßnahme „losgetreten“ worden, die durch die Leiterin des Amts für öffentliche Sicherheit und Ordnung eigenständig veranlasst und weiter durchgeführt werde. Hierfür spreche auch eine Strafanzeige eines Bekannten der Sachbearbeiterin - des Grundstücksnachbars des Klägers -, die dann zu einer Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht … geführt habe. Der Kläger sei freigesprochen worden. Auch dies zeige die aus Sicht des Klägers bestehende Verfolgungsmentalität der Sachbearbeiterin des Beklagten. Möglicherweise sei auch der besagte Grundstücksnachbar illegal in das Grundstück des Klägers eingedrungen und habe die Fotos von den Schildern gefertigt. Fraglich sei auch, warum in einer solchen Situation nicht der Staatsschutz eingeschaltet worden sei und eine Anhörung des Staatsschutzes erfolgt sei. Hier seien offensichtlich auch an dieser Stelle nur Informationen der Sachbearbeiterin verwertet worden, ohne dass diese überprüft worden seien. Der Kläger lege Wert auf die Feststellung, dass die vorgenannten Tatsachen und Unterstellungen nicht zum Gegenstand der Entscheidung im vorliegenden Verfahren gemacht werden dürften.
21
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

22
Die Entscheidung konnte ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid erge hen, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist, § 84 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Parteien wurden gemäß § 84 Abs. 1 Satz 2 VwGO angehört.
23
Die Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
24
Die Klage ist unbegründet, sodass offen bleiben kann, ob dem Kläger im Hinblick auf seine Klage gegen die Ungültigerklärung und Einziehung seines Jagdscheins in Nr. 2 des Bescheides vom 21. November 2019 das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis fehlt bzw. dieses mit dem Ablauf der Geltungsdauer des Jagdscheins zum 31. März 2021 nachträglich entfallen ist.
25
Der Bescheid des Landratsamts vom 21. November 2019 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
26
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung, vorliegend des Bescheidserlasses (vgl. BVerwG, U.v. 16.5.2007 - 6 C 24.06 - juris Rn. 35).
27
Der in Nr. 1 angeordnete Widerruf der Waffenbesitzkarten gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 i. V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG ist rechtmäßig.
28
Gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG ist eine waffenrechtliche Erlaubnis, vorliegend die Waffenbesitzkarten nach § 10 Abs. 1 WaffG, zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Eine waffenrechtliche Erlaubnis ist nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 WaffG zu versagen, wenn der Antragsteller nicht die erforderliche Zuverlässigkeit i.S.v. § 5 WaffG besitzt.
29
Nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG besitzen Personen die erforderliche Zuverlässigkeit nicht, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden werden (Buchst. a), mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren werden (Buchst. b) oder Waffen oder Munition Personen überlassen werden, die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese Gegenstände nicht berechtigt sind (Buchst. c).
30
Maßgeblich für die Beurteilung, ob die erforderliche waffenrechtliche Zuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG nicht gegeben ist, ist eine auf Tatsachen gestützte Prognose eines spezifisch waffenrechtlich bedenklichen Verhaltens, aus dem mit hoher Wahrscheinlichkeit der Eintritt von Schäden für hohe Rechtsgüter resultiert (vgl. BT-Drs 14/7758, S. 54). Diese Prognose ist auf der Grundlage der festgestellten Tatsachen zu erstellen. Dabei ist der allgemeine Zweck des Gesetzes nach § 1 Abs. 1 WaffG, beim Umgang mit Waffen und Munition die Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu wahren, zu berücksichtigen. Die Risiken, die mit jedem Waffenbesitz verbunden sind, sind nur bei solchen Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten das Vertrauen verdienen, mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umzugehen. In Anbetracht des vorbeugenden Charakters der gesetzlichen Regelungen und der erheblichen Gefahren, die von Waffen und Munition für hochrangige Rechtsgüter ausgehen, ist für die gerichtlich uneingeschränkt nachprüfbare Prognose nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG keine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit erforderlich. Vielmehr genügt eine hinreichende, auf der Lebenserfahrung beruhende Wahrscheinlichkeit, wobei ein Restrisiko nicht hingenommen werden muss (vgl. BayVGH, B.v. 22.12.2014 - 21 ZB 14.1512 - juris Rn. 12; B.v. 4.12.2013 - 21 CS 13.1969 - juris Rn. 14). Unter Berücksichtigung des strikt präventiven, auf die Umsetzung grundrechtlicher Schutzpflichten gerichteten Regelungskonzepts des Waffengesetzes ist die Prognose der Unzuverlässigkeit nur dann nicht gerechtfertigt, wenn die Tatsachen, auf die sie gestützt ist, nach aller Lebenserfahrung kein plausibles Risiko dafür begründen, dass der Betroffene künftig Verhaltensweisen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG begehen werde (vgl. BVerwG, U.v. 28.1.2015 - 6 C 1.14 - juris Rn. 17).
31
Der Kläger ist unzuverlässig im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG. Denn Personen, die der sog. „Reichsbürgerbewegung“ zugehörig sind oder sich deren Ideologie als für sich verbindlich zu eigen gemacht haben, besitzen nicht die erforderliche Zuverlässigkeit i.S.v. § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG (vgl. BayVGH, B.v. 5.10.2017 - 21 CS 17.1300; B.v. 12.12.2017 - 21 CS 17.1332; B.v. 10.1.2018 - 21 CS 17.1339; B.v. 15.1.2018 - 21 CS 17.1519; B.v. 12.3.2018 - 21 CS 17.1678; B.v. 16.1.2019 - 21 C 18.578 - alle juris).
32
Der Verfassungsschutzbericht 2018 des Bundes (S. 94) beschreibt die Szene der „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“ als personell, organisatorisch und ideologisch heterogen. Sie setzt sich aus Einzelpersonen ohne Organisationsanbindung, Kleinstund Kleingruppierungen, länderübergreifend aktiven Personenzusammenschlüssen und virtuellen Netzwerken zusammen. Verbindendes Element der Szeneangehörigen ist die fundamentale Ablehnung der Legitimität und Souveränität der Bundesrepublik Deutschland sowie deren bestehender Rechtsordnung. „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“ lassen sich dabei kaum unterscheiden. Sie alle bedienen sich meist nahezu identischer Argumentationsmuster: Während „Reichsbürger“ sich dabei auf die Fortexistenz eines wie auch immer gearteten „Deutschen Reiches“ fokussieren und deswegen die Bundesrepublik Deutschland ablehnen, verstehen sich „Selbstverwalter“ hingegen dem Staat als nicht zugehörig und erklären sich mitunter für unabhängig oder ausdrücklich ihren „Austritt“ aus der Bundesrepublik Deutschland. Oftmals berufen sie sich auf eine UN-Resolution, die es angeblich ermöglichen soll, sich zum „Selbstverwalter“ zu erklären. Gelegentlich markieren sie ihr Wohnanwesen durch „Grenzziehungen“, „Schilder“, „Wappen“ oder andere Kennzeichen, aus denen die „Selbstverwaltung“ hervorgehen soll. Mitunter wird der eigens erschaffene „Verwaltungsraum“ auch gewalttätig verteidigt. Nach dem Verfassungsschutzbericht Bayern 2018 (S. 175) sind „Reichsbürger“ Gruppierungen und Einzelpersonen, die aus unterschiedlichen Motiven und mit unterschiedlichen Begründungen die Existenz der Bundesrepublik Deutschland und deren Rechtssystem ablehnen. Dabei berufen sie sich unter anderem auf das historische Deutsche Reich, verschwörungstheoretische Argumentationsmuster oder ein selbst definiertes Naturrecht. Den Vertretern des Staates sprechen sie die Legitimation ab oder definieren sich gar in Gänze als außerhalb der Rechtsordnung stehend. Sie berufen sich in unterschiedlichster Form auf den Fortbestand des Deutschen Reiches. Dabei werden z.B. der Rechtsstand von 1937, 1914 zwei Tage vor dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges oder auch 1871 genannt. Reichsbürger behaupten, Deutschland habe keine gültige Verfassung und sei damit als Staat nicht existent, oder das Grundgesetz habe mit der Wiedervereinigung seine Gültigkeit verloren. Daher fühlen sich Reichsbürger auch nicht verpflichtet, den in der Bundesrepublik geltenden Gesetzen Folge zu leisten. In ihrer Gesamtheit ist die Szene der „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“ als staatsfeindlich einzustufen (vgl. Verfassungsschutzbericht 2018 des Bundes (S. 95). Die Reichsbürgerideologie insgesamt ist geeignet, Personen in ein geschlossenes verschwörungstheoretisches Weltbild zu verstricken, in dem aus Staatsverdrossenheit Staatshass werden kann. Dies kann Grundlage für Radikalisierungsprozesse sein bis hin zur Gewaltanwendung (vgl. Verfassungsschutzbericht Bayern 2018, S. 176).
33
Wer der Ideologie der „Reichsbürgerbewegung“ folgend die Existenz und Legitimation der Bundesrepublik Deutschland negiert und die auf dem Grundgesetz fußende Rechtsordnung generell nicht als für sich verbindlich anerkennt, gibt Anlass zu der Befürchtung, dass er auch die Regelungen des Waffengesetzes nicht strikt befolgen wird. Dies gilt für den Umgang mit Waffen ebenso wie für die Pflicht zur sicheren Waffenaufbewahrung, die Pflicht zur getrennten Aufbewahrung von Waffen und Munition, die Pflicht zu gewährleisten, dass andere Personen keinen Zugriff haben können, sowie die strikten Vorgaben zum Schießen mit Waffen im Besonderen (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a bis c WaffG). Ausgehend von dem Grundsatz, dass nur derjenige im Besitz von Waffen sein soll, der nach seinem Verhalten das Vertrauen darin verdient, dass er mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen wird, muss einer der sog. „Reichsbürgerbewegung“ zuzuordnenden Person anknüpfend an die Tatsache, dass sie die waffenrechtlichen Normen gerade nicht als für sich verbindlich ansieht, die nach § 5 WaffG erforderliche Zuverlässigkeit abgesprochen werden (vgl. BayVGH, B.v. 9.2.2018 - 21 CS 17.1964 - juris Rn. 15 m.w.N.). Keine andere Beurteilung ist gerechtfertigt, wenn sich jemand (glaubhaft) selbst nicht als diesem Spektrum zugehörig betrachtet oder in einzelnen - auch wesentlichen - Bereichen von dort anzutreffenden Thesen nachvollziehbar und glaubhaft distanziert. Auch jenseits der Nähe zum eigentlichen „Reichsbürger“-Spektrum rechtfertigt eine Einstellung, die die Existenz und die Legitimation der Bundesrepublik Deutschland negiert und die auf dem Grundgesetz fußende Rechtsordnung nicht als für sich verbindlich betrachtet, die Annahme der waffenrechtlichen absoluten Unzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG (vgl. OVG RhPf, B.v. 3.12.2018 - 7 B 11152/18 - juris Rn. 23).
34
Im konkreten Fall rechtfertigen die Tatsachen, die dem Gericht vorliegen, eine Annahme bzw. Prognose, dass der Kläger mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein in § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG beschriebenes Verhalten zeigen wird und somit nicht über die erforderliche Zuverlässigkeit verfügt. Der Kläger hat vorliegend durch sein Verhalten Tatsachen geschaffen, die die Annahme rechtfertigen, dass er als „Selbstverwalter“ der sog. „Reichsbürgerbewegung“ zugehörig ist bzw. sich deren Ideologie für sich bindend zu eigen gemacht hat.
35
Der Kläger hat unstreitig auf seinem Freizeitgrundstück drei Schilder mit eindeutig reichsbürger- bzw. selbstverwaltertypischem Inhalt aufgestellt. Die Schilder weisen nach Farbgebung, Schriftbild und verwendetem Reichsadler einen unverkennbaren Bezug zum historischen Deutschen Reich auf. Ihrem Inhalt nach weisen die Schilder einen durch die Familie des Klägers bzw. den Kläger verwalteten „Selbstverwaltungsbereich“ aus. Dies wird insbesondere dadurch unterstrichen, dass alle drei Schilder in Nähe der Umfriedung des Freizeitgrundstücks des Klägers aufgestellt sind, mithin durch den Kläger auch in den konkreten Kontext einer Grenzmarkierung gesetzt wurden. Insbesondere Schild 1 („Achtung Grenze“) steht erkennbar vor einem Stacheldrahtzaun und soll seinem Erklärungsgehalt nach die Grenze zwischen staatlichem Hoheitsgebiet und dem „Gebiet der territorialen Selbstverwaltung“ markieren. Unabhängig davon, ob die Schilder von außen einsehbar sind oder zur unmittelbaren Wahrnehmung ein Betreten des Grundstücks erforderlich ist, hat der Kläger die Schilder jedenfalls in der Nähe des Grundstückszugangs erkennbar im Kontext einer Grenz- bzw. Zugangsmarkierung platziert. Damit nimmt er in Kauf, dass die Inhalte Dritten - wie etwa bei der Ortsbesichtigung mit Mitarbeitern des Bauamts am 16. Juli 2018, die das Grundstück unstreitig mit Zustimmung und in Begleitung des Klägers betreten haben - zur Kenntnis gelangen und bei diesen den Eindruck einer exterritorialen Selbstverwaltungszone erwecken. Durch das Aufstellen der Schilder hat der Kläger seine innere Einstellung - insbesondere die Billigung der auf den Schildern getroffenen Aussagen - offen zur Schau gestellt. Dass es sich hierbei um eine gefestigte innere Einstellung und nicht bloß um eine Art einmaliges „Momentversagen“ handelt, verdeutlicht auch die Tatsache, dass der Kläger überhaupt über mehrere derartig personalisierte Schilder verfügt. Allein schon in der kumulierten Verwendung einer Mehrzahl von Schildern mit reichsbürger- bzw. selbstverwaltertypischem Inhalt gerade im Eingangsbereich eines flächenmäßig großen Wald- und Freizeitgrundstücks zeigt sich deutlich, dass der Kläger den Schildern selbst eine besondere Bedeutung beimisst, diese im Kontext ihres abgrenzenden Inhaltes verstanden wissen will und es aufgrund der eindeutigen Gestaltung der Schilder in Kauf nimmt, von außen als Vertreter der Ideologie der „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“ wahrgenommen zu werden. Anders als die zitierten sog. Fun-Schilder, die in vielfacher Ausführung auch in herkömmlichen Schilder- oder Scherzartikelläden erhältlich sind, handelt es sich bei den drei reichsbürger- bzw. selbstverwaltertypischen Schildern um individuell für den Kläger angefertigte Produkte, deren konkrete Gestaltung der Kläger entweder selbst in Auftrag gegeben hat oder die von einem Dritten eigens für den Kläger - wie angeführt etwa als Gastgeschenk - angefertigt wurden. Indem der Kläger sich bewusst dazu entschlossen hat, diese Schilder - in der beschriebenen Weise - auf seinem Grundstück aufzustellen, hat er sich deren Inhalt und die durch die Gestaltung vermittelten Bezüge zur Szene der „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“ zu eigen gemacht.
36
Anhaltspunkte dafür, dass hinsichtlich der Lichtbilder in der Behördenakte ein Verwer tungsverbot vorliegen könnte, bestehen nicht. So wurde seitens des Veterinäramts im gefertigten Aktenvermerk explizit angegeben, dass bei der unangemeldeten Vor-OrtKontrolle am 8. November 2018, bei der die in der Behördenakte befindlichen und mit Datumsstempel vom 8. November 2018 versehenen Lichtbilder gefertigt wurden, die drei Schilder ohne Betreten des Grundstücks direkt einsehbar gewesen seien. Die vielen weiteren auf dem Weg angelegten Schilder hätten hingegen nicht gesichtet werden können, weil hierfür ein Betreten des Grundstücks notwendig gewesen wäre. Ungeachtet dessen, ob daraus vorliegend ein Verwertungsverbot überhaupt folgen könnte, sind belastbare Anhaltspunkte dafür, dass die Lichtbilder entgegen dieser Angaben unter Betreten des Grundstücks gefertigt wurden und die Schilder am 8. November 2018 unter keinen Umständen von außen einsehbar waren, weder erkennbar noch substantiiert vorgetragen. Der Vortrag des Klägers, sein Grundstücksnachbar sei möglicherweise illegal in das Grundstück des Klägers eingedrungen und habe die Fotos von den Schildern gefertigt, entbehrt insoweit jeglicher Grundlage.
37
Die Einlassungen des Klägers sowohl im Verwaltungs- als auch Gerichtsverfahren, vermögen vor diesem Hintergrund an der Einschätzung des Gerichts nichts zu ändern. Der Kläger konnte nicht plausibel und nachvollziehbar erklären, wieso er trotz der eben erläuterten, von ihm geschaffenen und nach außen getragenen Tatsachen nicht als „Selbstverwalter“ der Anhängerschaft der sog. „Reichsbürgerbewegung“ bzw. deren Ideologie zuzuordnen sein sollte.
38
So konnte der Kläger etwa nicht plausibel erklären, warum er überhaupt über solche reichsbürger- bzw. selbstverwaltertypischen Schilder verfügt, weshalb er sie auf seinem Grundstück an exponierter Stelle aufgestellt hat und warum gleichwohl die darauf getroffenen Aussagen nicht seine innere Einstellung widerspiegeln sollten.
39
Insbesondere ergibt sich vorliegend kein anderes Bild vor dem Hintergrund, dass der Kläger auf seinem Grundstück auch zahlreiche andere Schilder aufgestellt hat. Denn die drei reichsbürger- bzw. selbstverwaltertypischen Schilder sind/waren - anders als die weiteren Schilder - an exponierter Stelle im Eingangsbereich des Grundstücks aufgestellt, sodass sie - sei es von außen, sei es unmittelbar nach Betreten des Grundstücks, als erstes und im Zusammenhang auffallen. So wurde - wie bereits ausgeführt - seitens des Veterinäramts angegeben, dass bei der unangemeldeten Vor-Ort-Kontrolle am 8. November 2018 die drei Schilder ohne Betreten des Grundstücks direkt einsehbar gewesen seien. Die vielen weiteren auf dem Weg angelegten Schilder hätten hingegen nicht gesichtet werden können, weil hierfür ein Betreten des Grundstücks notwendig gewesen wäre. Der Kläger hat die drei Schilder zudem kontextspezifisch als „Grenzmarkierung“ angebracht und nicht etwa bloß kontext- und zusammenhangslos zwischen anderweitigen sog. Fun-Schildern aufgestellt. Auch die Tatsache, dass der Kläger vorträgt, u.a. ein Schild des mit Freistaat Bayern umschriebenen Bayerischen Staatswappens auf seinem Grundstück aufgestellt zu haben, vermag ein anderes Ergebnis nicht zu begründen. Weder ist dieses Schild in ähnlicher Weise wie die drei reichsbürger- bzw. selbstverwaltertypischen Schilder personalisiert noch ist es an einer ähnlich hervorgehobenen Stelle konkret in Kontext gesetzt. Es gibt daher keine Anhaltspunkte dafür, dass mit Aufstellung dieses einzelnen Schildes inmitten zahlreicher anderer sog. Fun-Schilder eine besondere innere Einstellung des Klägers zur Schau gestellt werden soll. Schließlich ist auch nicht substantiiert vorgetragen, dass dieses Schild, das erstmals im Schriftsatz vom 3. November 2020 Erwähnung fand, bereits bei Bescheidserlass auf dem Grundstück aufgestellt war.
40
Soweit der Kläger geltend macht, er besitze einen Personalausweis und zeige ansonsten keinerlei reichsbürgertypisches Verhalten, kooperiere stets mit den Behörden und sei beruflich wie ehrenamtlich für die Gesellschaft engagiert, ergibt sich daraus nichts Anderes. Der Umstand allein, dass sich eine Person in bestimmten, ihr opportun erscheinenden Situationen in Übereinstimmung mit gesetzlichen Vorgaben verhält, begründet keine waffenrechtliche Zuverlässigkeit, wenn sie ihre Bindung an die Rechtsordnung, wie hier, durch Wort und Tat unter Vorbehalt stellt und auf diese Weise Zweifel weckt, ob sie waffenrechtliche Vorschriften auch dann noch einhält, wenn sie ihr nicht (mehr) opportun erscheinen (vgl. VGH BW, B.v. 10.10.2017 - 1 S 1470/17). Dies aber hat der Kläger - wie ausgeführt - durch die konkrete Aufstellung der drei reichsbürger- bzw. selbstverwaltertypischen Schilder getan.
41
Ebenso wenig ist eine glaubhafte Distanzierung von der Ideologie der sog. „Reichsbürgerbewegung“ im Fall des Klägers festzustellen. Hinsichtlich der Anforderungen an eine glaubhafte Distanzierung kann aufgrund der identischen sicherheitsrechtlichen Schutzrichtung - Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung - die ausländerrechtliche Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zu § 54 Abs. 1 Nr. 2 des Aufenthaltsgesetzes - AufenthG - entsprechend herangezogen werden (vgl. VG München, Gerichtsbescheid v. 17.10.2018 - M 7 K 17.750 - juris Rn. 39). Dementsprechend ist für eine glaubhafte Distanzierung zu verlangen, dass äußerlich feststellbare Umstände vorliegen, die es wahrscheinlich erscheinen lassen, dass der Betroffene seine innere Einstellung verändert hat (vgl. BVerwG, B.v. 25.4.2018 - 1 B 11/18 - juris Rn. 12). Das Erfordernis der Veränderung der inneren Einstellung bedingt es, dass der Betroffene in jedem Fall einräumen muss oder zumindest nicht bestreiten darf, in der Vergangenheit den einschlägigen sicherheitsrechtlichen Tatbestand erfüllt zu haben. Ohne Einsicht des Betroffenen in die Unrichtigkeit des ihm vorgeworfenen Handelns hat die Ankündigung einer Verhaltensänderung keine glaubwürdige Grundlage (vgl. BayVGH, U.v. 27.10.2017 - 10 B 16.1252 - juris Rn. 53). Eine diesen Anforderungen genügende, glaubhafte Distanzierung des Klägers von der Ideologie der sog. „Reichsbürgerbewegung“ lässt sich nicht, jedenfalls aber nicht bis zum hier maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheidserlasses feststellen. Hinreichende äußerlich feststellbare Umstände, die es wahrscheinlich erscheinen lassen, dass der Kläger seine in der konkreten Aufstellung reichsbürger- bzw. selbstverwaltertypischer Schilder zutage getretene innere Einstellung verändert hat, sind nicht erkennbar, zumal der Kläger nach wie vor bestreitet, jemals der Ideologie nahegestanden bzw. diese als für sich verbindlich angesehen zu haben. Insoweit wurde beharrlich vorgetragen, eine Zuordnung des Klägers zur Reichsbürgerbewegung sei völlig abwegig. Auch soweit der Kläger nach Bescheidserlass dem Landratsamt angeboten hat, die drei Schilder vorerst in seinen Keller zu verbringen oder ggf. auch zu vernichten, ist darin keine glaubhafte Distanzierung von der Ideologie der sog. Reichsbürgerbewegung zu sehen. Vielmehr erscheint dieses Vorgehen des Klägers verfahrenstaktisch motiviert, um einen Verlust seiner waffen- und jagdrechtlichen Erlaubnisse zu verhindern.
42
Da der Kläger somit vorliegend bereits nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG als waffenrechtlich unzuverlässig anzusehen ist, kann es dahinstehen, ob sich die waffenrechtliche Unzuverlässigkeit des Klägers darüber hinaus ergänzend auch auf die beklagtenseits vorgebrachten Straf- und Ermittlungsverfahren stützen ließe.
43
Die in Nr. 2 des Bescheids vom 21. November 2019 angeordnete Ungültigerklärung und Einziehung des Jagdscheins gemäß § 18 Satz 1 BJagdG i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 2 BJagdG i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG ist ebenfalls rechtmäßig. Denn nach § 18 Satz 1 BJagdG ist die zuständige Behörde in Fällen des § 17 Abs. 1 BJagdG verpflichtet, den Jagdschein für ungültig zu erklären, wenn Tatsachen, welche die Versagung des Jagdscheins begründen, erst nach Erteilung des Jagdscheins eintreten oder der Behörde, die den Jagdschein erteilt hat, bekannt werden. Nach § 17 Abs. 1 Satz 2 BJagdG darf nur ein Jagdschein nach § 15 Abs. 7 BJagdG (Falknerjagdschein) erteilt werden, wenn die Zuverlässigkeit oder die persönliche Eignung i.S.d. §§ 5 und 6 WaffG fehlen. Entsprechend den obigen Ausführungen verfügt der Kläger jedoch nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG nicht über die erforderliche Zuverlässigkeit.
44
Schließlich bestehen auch gegen die mit dem Widerruf der waffen- und jagdrechtlichen Erlaubnisse verbundenen notwendigen Anordnungen in Nr. 3 (Verpflichtung zur Rückgabe der Erlaubnisdokumente im Original), Nr. 4 (Verpflichtung zur Überlassung bzw. Unbrauchbarmachung der Waffen und Munition), Nr. 5 (Zwangsgeldandrohung) und Nr. 6 (Androhung der Sicherstellung von Waffen und Munition) des Bescheids vom 21. November 2019 keine rechtlichen Bedenken. Die Folgeentscheidungen dienen der Umsetzung des Widerrufs der waffenrechtlichen Erlaubnisse bzw. der Ungültigerklärung des Jagdscheins und stellen die tatsächliche Umsetzung des Entzugs der formellen Erlaubnisberechtigung durch sofortige Abgabe der Erlaubnisurkunden sicher. Soweit dem Landratsamt dabei Ermessen eingeräumt ist, sind Ermessensfehler nicht ersichtlich. Insbesondere erscheint die in Nrn. 3 und 4 jeweils eingeräumte Frist von einem Monat nach Zustellung des Bescheids als angemessen. Auch hinsichtlich der Kostenentscheidung sind rechtliche Bedenken weder vorgetragen noch ersichtlich.
45
Daher war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
46
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.