Inhalt

VG Regensburg, Beschluss v. 11.11.2021 – RO 5 S 21.1755
Titel:

Bescheid, Vollziehung, Leistungen, Bewerber, Widerruf, Antragsteller, Zwangsgeld, Fahrlehrerlaubnis, Fahrschulerlaubnis, Vollziehbarkeit, Unanfechtbarkeit, Fahrerlaubnis, Sofortvollzug, Ausbildung, Interesse der Allgemeinheit, sofortige Vollziehbarkeit, aufschiebenden Wirkung

Schlagworte:
Bescheid, Vollziehung, Leistungen, Bewerber, Widerruf, Antragsteller, Zwangsgeld, Fahrlehrerlaubnis, Fahrschulerlaubnis, Vollziehbarkeit, Unanfechtbarkeit, Fahrerlaubnis, Sofortvollzug, Ausbildung, Interesse der Allgemeinheit, sofortige Vollziehbarkeit, aufschiebenden Wirkung
Fundstelle:
BeckRS 2021, 56958

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 3.750.- EUR festgesetzt.

Gründe

I.
1
Der Antragsteller begehrt einstweiligen Rechtsschutz in Bezug auf einen Bescheid des Antragsgegners vom 13.8.2021, mit dem seine Fahrlehrerlaubnis widerrufen wurde.
2
Dem 61-jährigen Antragsteller wurde mit Schreiben vom 1.12.1986 die Fahrlehrerlaubnis zur Ausübung des Fahrlehrerberufes erteilt. Mit Datum vom 18.11.2009 erhielt er darüber hinaus eine Fahrschulerlaubnis zum Betrieb einer Fahrschule. Mit Bescheid des Landratsamts Schwandorf vom 11.1.2016 wurde die Fahrschulerlaubnis des Antragstellers widerrufen, da dieser aufgrund anhaltender Steuerrückstände die erforderliche Zuverlässigkeit zum Führen einer Fahrschule verloren habe. Der Vollzug des Widerrufs der Fahrschulerlaubnis wurde bis zum 8.2.2019 ausgesetzt; seit dem 9.2.2019 darf der Antragsteller keine Fahrschule mehr betreiben.
3
Im April 2021 wurde der unteren Verkehrsbehörde des Landratsamts Schwandorf ein Fall angezeigt, in dem der Antragsteller theoretischen und praktischen Fahrschulunterricht erteilt haben soll, ohne im Besitz einer Fahrschulerlaubnis gewesen zu sein oder in einem Beschäftigungsverhältnis mit einer lizensierten Fahrschule gestanden zu haben. Der mitgeteilte Verdacht sei durch einen Ausbildungsnachweis bestätigt worden, welcher am 26.3.2020 vom Antragsteller unterzeichnet und der unteren Verkehrsbehörde am 2.6.2021 vorgelegt worden sei. Ausweislich dieses Ausbildungsnachweises habe der Antragsteller im Zeitraum vom 22.1.2020 bis zum 16.3.2020 dem Schüler … B1* …, der der Neffe des Antragstellers ist, 16 Doppelstunden theoretischen und 22 Stunden praktischen Fahrschulunterricht zur Erlangung der Fahrerlaubnisklasse A1 erteilt. Abgeschlossen wurde die Fahrschulausbildung des Schülers bei B2* … Fahrschule, einer lizensierten Fahrschule. Dazu absolvierte der Schüler noch 4 praktische Fahrstunden bei B2* … Fahrschule und wurde unter Vorlage der Ausbildungsnachweise, die vom Antragsteller unterzeichnet worden waren, zur theoretischen und praktischen Prüfung beim TÜV Süd in Weiden vorgestellt. Der Schüler bestand am 29.4.2021 die praktische Führerscheinprüfung der Klasse A1.
4
Gegen den Antragsteller ist außerdem derzeit ein Verfahren vor dem Amtsgericht Schwandorf wegen des Vorwurfs des Leistungsbetrugs in 31 Fällen anhängig. Das zugrunde liegende Ermittlungsverfahren wurde Ende Juli 2019 nach Anzeigeerstattung durch eine Fahrschülerin eingeleitet; das Landratsamt Schwandorf wurde über die Ermittlungsergebnisse mit Datum vom 18.11.2019 in Kenntnis gesetzt. Der Antragsteller sowie seine Ehefrau stehen demnach im Verdacht, gemeinsam in ihrer Eigenschaft als Fahrschullehrer/Inhaber einer Fahrschule bzw. als Ehefrau und gleichzeitig Bevollmächtigte zum Abschluss von Fahrschulverträgen in insgesamt 31 Fällen die Fahrschüler um das bezahlte Geld oder auch um die Leistungen betrogen zu haben. Aus den Ermittlungsakten geht hervor, dass der Antragsteller nach dem 8.2.2019 theoretischen und praktischen Fahrschulunterricht an mehrere Personen und über einen anhaltenden Zeitraum erteilt habe. Es gebe mehrere Dokumente und Zeugenaussagen, die dies nachweisen würden.
5
Mit Anhörungsschreiben vom 24.6.2021 wurde dem Antragsteller die Gelegenheit gegeben, sich zu diesem Sachverhalt und zum aufgrund dieses Sachverhalts beabsichtigten Widerruf seiner Fahrlehrerlaubnis zu äußern. Mit Schreiben vom 14.7.2021 nahm der Antragsteller zur Sach- und Rechtslage Stellung. Der Antragsteller führte aus, dass die bisher bekannten Fälle des unerlaubten Fahrschulbetriebs nicht verwertet werden dürften, da noch kein rechtskräftiges Urteil im Strafverfahren wegen Leistungsbetrugs vorliege. Gleichzeitig würden diese Vorgänge bereits mehr als ein Jahr zurückliegen und dürften deshalb nicht verwertet werden. Zwischen B2* … Fahrschule und dem Antragsteller habe ein Beschäftigungsverhältnis bestanden, welches die Ausbildung des Schülers … B1* … abgedeckt habe. Die Ausbildung des Schülers … B1* … in der Zeit vom 22.1.2020 und 16.3.2020 sei mit ausdrücklicher Zustimmung des Inhabers von B2* … Fahrschule erfolgt. Der Antrag auf Erteilung der Fahrerlaubnis sei für … B1* … durch … Fahrschule gestellt worden. Deren Inhaber, Herr … B2* …, habe darauf gedrängt, dass die Ausbildungsnachweise für den Schüler durch den Antragsteller unterschrieben werden müssten. Durch den Widerruf der Fahrlehrerlaubnis werde in unverhältnismäßiger Weise in die Berufsfreiheit des Antragstellers eingegriffen. Einzelne Verstöße gegen das Fahrlehrergesetz würden nicht ausreichen, um die Fahrlehrerlaubnis zu entziehen.
6
Um den Sachverhalt aufzuklären wurde Herr B2* … vom Landratsamt Schwandorf um Stellungnahme zu den Äußerungen des Antragstellers gebeten. Mit Schreiben vom 30.7.2021 teilte dieser mit, dass zu keinem Zeitpunkt ein Beschäftigungsverhältnis zwischen seiner Fahrschule und dem Antragsteller bestanden habe und die Ausbildung des Schülers in der Zeit vom 22.1.2020 bis zum 16.3.2020 nicht mit seiner Fahrschule abgestimmt gewesen sei. Als Beleg wurde ein Ausbildungsvertrag zwischen der Fahrschule und dem Schüler vorgelegt, welcher erst am 3.3.2021 geschlossen worden sei. Bereits seit dem 24.11.2020 sei der Schüler ohne Wissen oder die Zustimmung von Herrn B2 als Prüfling von B2* … Fahrschule beim TÜV Süd in Weiden gelistet gewesen. Zudem sei am 4.11.2020 ohne die Kenntnis vom Inhaber von B2* …Fahrschule für den Schüler bei der Führerscheinstelle Schwandorf ein Führerscheinantrag unter Nennung seiner Fahrschule eingereicht worden. Er habe mehrfach die Beschäftigungsgesuche des Antragstellers abgelehnt.
7
Mit Bescheid vom 13.8.2021, laut Empfangsbekenntnis dem Bevollmächtigten des Antragstellers zugegangen am 17.8.2021, hat der Antragsgegner in Ziffer 1 des Bescheids die Fahrlehrerlaubnis des Antragstellers mit Wirkung ab Zustellung des Bescheids widerrufen und dem Antragsteller in Ziffer 2 aufgegeben, dem Landratsamt Schwandorf nach Erlöschen der Fahrlehrerlaubnis innerhalb von 14 Tagen nach Zustellung des Bescheids den Fahrlehrerschein zurückzugeben. In Ziffer 3 wurde die sofortige Vollziehung der Ziffern 1 und 2 angeordnet und in Ziffer 4 dem Antragsteller ein Zwangsgeld in Höhe von 500.- EUR angedroht, falls er seiner Verpflichtung nach Ziffer 2 des Bescheids nicht fristgemäß nachkomme. Die Kosten des Verfahrens habe der Antragsteller zu tragen (Ziffer 5). Für den Bescheid werde eine Gebühr in Höhe von 175,- EUR zur Zahlung fällig.
8
Zur Begründung führt das Landratsamt insbesondere aus, dass der Antragsteller nicht die erforderliche Zuverlässigkeit zur Ausübung des Fahrlehrerberufs besitze. Daher sei die ihm erteilte Fahrlehrerlaubnis gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, Satz 2 des Gesetzes über das Fahrlehrerwesen (FahrlG) zu widerrufen. Die Fahrlehrerlaubnis sei demnach zu widerrufen, wenn nachträglich eine der in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 3 und 4 FahrlG genannten Voraussetzungen weggefallen sei. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 FahrlG werde eine Fahrlehrerlaubnis erteilt, wenn gegen den Bewerber keine Tatsachen vorliegen, die ihn für den Fahrlehrerberuf als unzuverlässig erscheinen lassen. Unzuverlässig in diesem Sinne sei der Bewerber insbesondere dann, wenn er wiederholt die Pflichten gröblich verletzt habe, die ihm nach dem FahrlG oder den aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen obliegen. Fahrlehrer hätten die Fahrschüler gewissenhaft auszubilden, § 12 Abs. 1 Satz 1 FahrlG. Unzuverlässig sei ein Bewerber, von dem aufgrund der vorliegenden Tatsachen zu erwarten sei, dass er den spezifischen Anforderungen des Fahrlehrerberufs charakterlich nicht gewachsen sei und der nach dem Gesamtbild seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür biete, dass er den Fahrlehrerberuf ordnungsgemäß ausüben werde. Da die Zuverlässigkeit nicht absolut, sondern mit Blick auf den Fahrlehrerberuf zu beurteilen sei, müssten die Tatsachen einen Bezug zu diesem Beruf aufweisen. Ein Fahrlehrer sei unzuverlässig, wenn er mehrfach gegen § 1 Abs. 4 FahrlG verstoße, indem er Fahrschüler selbstständig und auf eigene Rechnung ausbilde, ohne im Besitz einer Fahrschulerlaubnis zu sein und die Ausbildung nicht im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses erfolge. Bei der Beurteilung der Zuverlässigkeit und Eignung dürften nicht nur rechtskräftig strafrechtlich geahndete Verstöße gegen die Rechtsordnung berücksichtigt werden. Vielmehr könnten auch andere Verstöße hierzu herangezogen werden, wenn sie zur Überzeugung der Behörde bzw. des Gerichts feststünden. Eine dem § 3 Abs. 4 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) vergleichbare Vorschrift gebe es im FahrlG nicht, sodass es nicht auf den Abschluss von Strafverfahren ankomme. Der Antragsteller habe seit dem Entzug seiner Fahrschulerlaubnis bzw. ab dem 9.2.2019 in mehreren Fällen und über einen längeren Zeitraum ohne eigene Fahrschulerlaubnis und ohne Beschäftigungsverhältnis bei einer lizensierten Fahrschule Fahrschüler auf eigene Rechnung ausgebildet, um sich einen finanziellen Vorteil zu verschaffen. Dabei seien mehrere Personen, welche auf die Integrität des Antragstellers als Fahrlehrer bzw. Fahrschulbetreiber vertraut haben, in monetärer und zeitlicher Hinsicht geschädigt worden. Diese Vorgänge, in denen der Antragsteller nach dem Widerruf seiner Fahrschulerlaubnis nachweislich Fahrschulunterricht erteilt habe, seien im aktuell anhängigen Verfahren wegen Leistungsbetrugs ermittelt worden. Dadurch seien durch den Antragsteller mehrere Verstöße gegen § 1 Abs. 4 und § 12 Abs. 1 Satz 1 FahrlG verwirklicht worden. Der Fall … B1* …, welcher der unteren Verkehrsbehörde erst im Jahr 2021 angezeigt worden sei, stelle einen besonders schwerwiegenden Verstoß dar. Wohl wissend, dass die Unterrichtsstunden nicht anerkannt werden dürften, sei es Herrn B1* … durch verschiedene Täuschungshandlungen ermöglicht worden, die Fahrerlaubnisklasse A1 bei B2* … Fahrschule unter Anerkennung der widerrechtlich erteilten Unterrichtsstunden abzuschließen. So seien B2* … Fahrschule die vom Antragsteller ausgestellten Ausbildungsnachweise vorgelegt worden, damit die Fahrstunden von B2* … Fahrschule anerkannt würden. Aufgrund der wiederholten und schweren Pflichtverstöße mit teils weitreichenden Folgen stehe die Unzuverlässigkeit des Antragstellers zur Ausübung des Fahrlehrerberufs zur Überzeugung der unteren Verkehrsbehörde fest. Der Antragsteller sei den Anforderungen des Fahrlehrerberuf charakterlich nicht gewachsen, da er nach dem Gesamtbild seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür biete, dass er den Fahrlehrerberuf ordnungsgemäß ausüben werde. Der Antragsteller stelle sein eigenes finanzielles Interesse über das Wohl der Fahrerlaubnisbewerber und den ordnungsgemäßen Vollzug des FahrlG. Der Antragsteller habe mehrfach die Regelungen des FahrlG umgangen, um einen finanziellen Vorteil zu erlangen. Dabei seien Fahrerlaubnisbewerber, Aufsichtsbehörden und andere Fahrschulen durch falsche Angaben oder das Verschweigen relevanter Informationen gezielt getäuscht worden. Im Laufe der letzten Jahre habe der Antragsteller gegenüber der unteren Verkehrsbehörde fortlaufend falsche Angaben gemacht. In Bezug auf den Fall … B1* … sei zum Beispiel angegeben worden, dass die Ausbildung durch den Antragsteller im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses bei B2* … Fahrschule erfolgt und mit B2* … Fahrschule abgestimmt worden sei. Den Ausführungen des Antragstellers sei seitens B2* … Fahrschule deutlich widersprochen worden. Es habe zu keiner Zeit ein Beschäftigungsverhältnis zwischen B2* … Fahrschule und dem Antragsteller bestanden und die Ausbildung von Herrn B1* … vom 22.1.2020 bis zum 16.3.2020 sei nicht im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses mit B2* … Fahrschule erfolgt. Der zwingende Widerruf der Fahrlehrerlaubnis bei Unzuverlässigkeit verletze nicht das Grundrecht auf Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG), denn die Zuverlässigkeit sei eine subjektive Voraussetzung der beruflichen Betätigung. Die Erfüllung dieser Bedingung, von der hier die Ausübung des Fahrlehrerberufs abhängig gemacht werde, stelle eine persönliche Qualifikation dar, deren Vorliegen im Wesentlichen vom Fahrlehrer selbst abhänge. Die damit an einen Fahrlehrer gestellten Anforderungen seien eine zulässige Beschränkung der Freiheit der Berufswahl, weil sie durch das große Interesse der Allgemeinheit an der Verkehrssicherheit gerechtfertigt und angesichts dieses Schutzzwecks auch nicht unverhältnismäßig seien. Der Antragsteller besitze nicht die erforderliche Zuverlässigkeit für den Beruf als Fahrlehrer, deshalb sei die Fahrlehrerlaubnis des Antragstellers zu widerrufen. Gemäß § 13 Abs. 5 FahrlG sei der Fahrlehrerschein bei Erlöschen der Fahrlehrerlaubnis unverzüglich der nach Landesrecht zuständigen Behörde zurückzugeben. Mit Ziffer 1 des Bescheids vom 13.8.2021 werde die Fahrlehrerlaubnis des Antragstellers widerrufen. Die Fahrlehrerlaubnis sei damit erloschen. Der Fahrlehrerschein sei der unteren Verkehrsbehörde des Landratsamts Schwandorf vorzulegen. Die sofortige Vollziehbarkeit der Ziffern 1 und 2 des Bescheids werde nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO im überwiegenden öffentlichen Interesse angeordnet. Es bestehe ein dringendes öffentliches Interesse daran, dass der Widerruf der Fahrlehrerlaubnis sofort durchgesetzt werde und dass nicht bis zum Abschluss eines Verwaltungsprozesses gewartet werde. Würde die sofortige Vollziehbarkeit nicht angeordnet werden, bestünde die Gefahr, dass sich der Antragsteller bis zur Bestandskraft des Bescheids weiterhin auf Kosten anderer finanziell bereichere. Das Verhalten des Antragstellers in den letzten Jahren habe gezeigt, dass er nicht davor zurückschrecke, Verstöße gegen das Fahrlehrergesetz oder auf ihm beruhender Vorschriften zu begehen, obwohl die Aufsichtsbehörden ein besonderes Augenmerk auf seine Tätigkeiten legten. Das Rechtsschutzinteresse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung einer Klage gegen diesen Bescheid müsse zum Schutz der Allgemeinheit vor einer monetären und zeitlichen Schädigung zurücktreten. Diese Gefährdung durch den Antragsteller könne von der Allgemeinheit nicht hingenommen werden. Das besondere öffentliche Interesse an der Ablieferung des Fahrlehrerschein vor Unanfechtbarkeit der Entscheidung nach Ziffer 2 des Bescheids bestehe darin, dass der Antragsteller keine Kontrollorgane oder Dritte täuschen könne. Die Androhung des Zwangsgelds für den Fall der Nichterfüllung der unter Ziffer 2 angesprochenen Verpflichtung beruhe auf den Art. 29, 30, 31 und 36 des Bayerischen Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes (VwZVG). Da die Anordnung einen Leistungsbescheid im Sinne des Art. 23 VwZVG enthalte, könne das Zwangsgeld im Wege der Zwangsvollstreckung betrieben werden, wenn die Zwangsgeldforderung fällig werde, ohne dass es eines neuen Verwaltungsakts bedürfe. Die Abgabe des Fahrlehrerscheins innerhalb von 14 Tagen sei zumutbar (Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG). Zwangsmittel könnten so lange und so oft angewendet werden, bis die Verpflichtung erfüllt sei (Art. 37 Abs. 1 Satz 2 VwZVG). Im Übrigen wird auf den Bescheid nebst Begründung Bezug genommen.
9
Der Antragsteller ließ mit Datum vom 3.9.2021 Hauptsacheklage erheben, die unter dem Aktenzeichen RO 5 K 21.1756 geführt wird. Mit gleichem Datum ließ er um vorläufigen Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO ersuchen.
10
Der Antragsteller beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen Ziffer 1 und Ziffer 2 des Bescheids des Antragsgegners vom 13.8.2021 wiederherzustellen, gegen Ziffer 4 und Ziffer 5 des Bescheids anzuordnen.
11
Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage sei nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO begründet. Ein überwiegendes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung des Widerrufs der Fahrlehrerlaubnis bestehe nicht, weil der Bescheid vom 13.8.2021 offensichtlich rechtsfehlerhaft sei. Der Antragsgegner habe im Bescheid vom 13.8.2021 die für und gegen eine Unzuverlässigkeit des Antragstellers sprechenden Umstände nicht hinreichend berücksichtigt. Insbesondere würden dem Antragsteller Vorhaltungen wegen eines Leistungsbetrugs gegenüber Fahrschülern gemacht, welcher noch nicht nachgewiesen sei und weswegen der Antragsteller auch noch nicht verurteilt worden sei. Im Bescheid vom 13.8.2021 seien die dem Antragsteller zum Vorwurf gemachten Taten, die für seine Unzuverlässigkeit sprechen würden, nicht ansatzweise konkretisiert und näher dargelegt. Soweit dem Antragsteller ein Fehlverhalten in der Angelegenheit des Fahrschülers B1* … vorgeworfen werde, so werde nicht berücksichtigt, dass dieser letztlich von B2* … Fahrschule zur Prüfung angemeldet worden sei und die entsprechenden und erforderlichen Unterlagen von B2* … Fahrschule eingereicht worden seien. Der Inhaber von B2* … Fahrschule habe die Situation des Antragstellers genau gekannt und habe diesem gegenüber auch zugesichert, dass der Antragsteller Herrn B1* … für B2* … Fahrschule unterrichten könne. Soweit der Antragsgegner im Bescheid vom 13.8.2021 ausführt, Herr B2* … habe diese Angaben nicht bestätigt, sondern diesen widersprochen, stehe letztendlich allenfalls Aussage gegen Aussage. Der Umstand, dass die Anmeldung des Herrn B1* … durch B2* … Fahrschule erfolgt sei, spreche dafür, dass die Angaben des Antragstellers zutreffend seien. Offenbar wolle Herr B2* … nunmehr von dieser Vereinbarung nichts mehr wissen. Für die sofortige Vollziehbarkeit der Ziffern 1 und 2 des Bescheids bestehe kein überwiegendes öffentliches Interesse. Der Antragsgegner habe dieses damit begründet, dass für den Fall, dass die sofortige Vollziehbarkeit nicht angeordnet werden würde, die Gefahr bestünde, dass sich der Antragsteller bis zur Bestandskraft des Bescheids weiterhin auf Kosten anderer finanziell bereichern würde. Dieser Vorwurf sei völlig unbegründet. Der Antragsteller habe sich in der Vergangenheit nicht auf Kosten seiner Fahrschüler bereichert. Eine Gefährdung der Allgemeinheit sei nicht ersichtlich. Es sei auch zu berücksichtigen, dass der Antragsgegner dem Antragsteller bereits die Fahrschulerlaubnis entzogen habe und der Antragsteller seit dem 9.2.2019 keine Fahrschule mehr betreiben dürfe. Der Antragsteller betreibe auch keine Fahrschule mehr. Der dem Bescheid vom 13.8.2021 zugrunde liegende Vorgang B1* … habe mit dem Betrieb einer Fahrschule durch den Antragsteller nichts zu tun. Der Widerruf der Fahrlehrerlaubnis sei für den Antragsteller dagegen unangemessen schwer. Die sofortige Vollziehung der Ziffern 1 und 2 würde dazu führen, dass der Antragsteller bis zur rechtskräftigen Entscheidung über seine Klage keine Möglichkeit mehr hätte, als angestellter Fahrlehrer tätig zu werden. Damit wäre die wirtschaftliche Existenz des Antragstellers endgültig ruiniert, da der Antragsteller aufgrund seines Alters eine andere Erwerbstätigkeit nicht ausüben werde können. In seiner eigentlichen Tätigkeit als Fahrlehrer, nämlich dem Erteilen von theoretischem und praktischem Unterricht, habe sich der Antragsteller bislang auch nichts zu Schulden kommen lassen.
12
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
13
Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung sei unbegründet. Der angefochtene Bescheid und der darin angeordnete Sofortvollzug seien formell und materiell rechtmäßig. Die Fahrlehrerlaubnis sei dem Antragsteller entzogen worden, da er nicht die erforderliche Zuverlässigkeit zur Ausübung des Fahrlehrerberufs besitze. Über die Begründung im Bescheid vom 13.8.2021 hinaus führte der Antragsgegner dazu aus, dass der Antragsteller mit Schreiben vom 8.9.2021 an das Verwaltungsgericht Regensburg eingeräumt habe, dass er sich seit dem Widerruf seiner Fahrschulerlaubnis bzw. seit dem 9.2.2019 nie in einem Angestelltenverhältnis als Fahrlehrer befunden habe. Selbst wenn es eine Absprache zwischen dem Antragsteller und Herrn B2* … gegeben habe, entspreche eine lose Absprache nicht der Qualität eines Beschäftigungsverhältnisses im Sinne des § 1 Abs. 4 FahrlG. Das Beschäftigungsverhältnis diene dazu, dass ein Fahrlehrer von einem zuverlässigen Fahrschulbetreiber überwacht und angeleitet werden könne, um die ordnungsgemäße Ausbildung der Fahrschule sicherzustellen (§ 29 Abs. 1 FahrlG). Der Antragsgegner habe erst im Frühjahr 2021 vom besonders schwerwiegenden Verstoß gegen das FahrlG im Fall des Herrn … B1* … Kenntnis erlangt. Dem Antragsgegner sei durch diesen Fall gezeigt worden, dass der Antragsteller selbst nach den umfassenden Ermittlungen wegen des Vorwurfs des Leistungsbetrugs weiterhin Fahrschulunterricht ohne Fahrschulerlaubnis oder ein Beschäftigungsverhältnis erteilt habe. Daher bestehe für den Antragsgegner kein Zweifel an der charakterlichen Unzuverlässigkeit. Der Widerruf der Fahrerlaubnis sei daher rechtmäßig. Bei der Entscheidung über den Sofortvollzug habe das Landratsamt Schwandorf vor allem das bisherige Verhalten des Antragstellers berücksichtigt. Obwohl der Antragsteller seit längerem im Fokus der Aufsichtsbehörden (Landratsamt Schwandorf und Polizei) stehe, habe sich sein Verhalten nicht gebessert. Es würden weiterhin Verstöße gegen das FahrlG begangen, um sich einen finanziellen Vorteil auf Kosten Dritter zu verschaffen. Weitere Schädigungen Dritter - nicht nur in finanzieller, sondern auch in zeitlicher Hinsicht - sollten vermieden werden. Der Schutz der potentiellen Fahrschüler vor einem nicht ordnungsgemäßen Fahrschulbetrieb und den damit einhergehenden negativen Begleiterscheinungen in monetärer und zeitlicher Hinsicht überwiegt die wirtschaftlichen Interessen des Antragstellers.
14
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorliegenden Gerichtsakten in diesem Verfahren sowie auf die Gerichtsakten im Hauptsacheverfahren (RO 5 K 21.1756) verwiesen. Dem Gericht lagen zudem die Verfahrensakten des Landratsamts Schwandorf vor. Das Gericht hat außerdem die Gerichts- und Verfahrensakten aus den Verfahren mit den Aktenzeichen RO 5 K 20.2788 und RO 5 E 20.2787, die die Wiedererteilung einer Fahrschulerlaubnis betreffen, beigezogen.
II.
15
Der Antrag hat keinen Erfolg. Er ist hinsichtlich Ziffer 5 schon unzulässig, darüber hinaus insgesamt unbegründet.
16
1. Statthafter Rechtsbehelf ist im Hinblick auf Ziffer 1 und Ziffer 2 des Bescheids vom 13.8.2021 der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage bzw. im Hinblick auf Ziffer 4 und Ziffer 5 der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Das Landratsamt hat gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 VwGO in Ziffer 3 des Bescheids die sofortige Vollziehbarkeit der Ziffer 1 und der Ziffer 2 angeordnet. Hinsichtlich Ziffer 4 des Bescheids ergibt sich die sofortige Vollziehbarkeit aus Art. 21a VwZVG, hinsichtlich Ziffer 5 aus § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Der Antragsteller hat zwar wörtlich beantragt, dass (nur) die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Widerruf der Fahrlehrerlaubnis durch Bescheid dem Antragsgegners vom 13.8.2021 wiederhergestellt werden solle; aus der Antragsbegründung ergibt sich aber, dass auch die weiteren Ziffern des Bescheids Gegenstand des Verfahrens sein sollen.
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2. Der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz betreffend Ziffer 5 des Bescheids des Antragsgegners vom 13.8.2021 (Gebührenfestsetzung) ist bereits unzulässig, weil die Voraussetzungen des § 80 Abs. 6 VwGO nicht vorliegen. Darüber hinaus bestehen keine Zweifel bzgl. der Rechtmäßigkeit der Gebührenfestsetzung.
18
3. Soweit das Landratsamt in Ziffer 3 bzgl. der Anordnungen in Ziffer 1 und Ziffer 2 den Sofortvollzug angeordnet hat, ist diese Anordnung formell ordnungsgemäß erfolgt (dazu a)). Im Übrigen hat das Gericht im Rahmen der Begründetheitsprüfung eine selbstständige und originäre Interessenabwägung durchzuführen. Die Interessenabwägung fällt vorliegend zulasten des Antragstellers aus (dazu b)).
19
a) Hat die Behörde die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten angeordnet, so ist gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Die Begründungspflicht ist auch Ausdruck des aus Art. 19 Abs. 4 GG folgenden Gebots effektiven Rechtsschutzes gegen Akte der öffentlichen Gewalt. Die nach § 80 Abs. 1 VwGO für den Regelfall vorgesehene aufschiebende Wirkung ist eine adäquate Ausprägung der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG. Die Pflicht zur Begründung nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO soll der Behörde den Ausnahmecharakter der Vollziehungsanordnung vor Augen führen und sie veranlassen, mit Sorgfalt zu prüfen, ob tatsächlich ein überwiegendes öffentliches Interesse den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung erfordert. Diese vom Gesetzgeber beabsichtigte „Warnfunktion“ beruht letztlich auf dem besonderen Stellenwert, den die Verfassung der aufschiebenden Wirkung beimisst (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 26. Aufl. 2020, § 80 Rn. 84 m.w.N.). Art. 19 Abs. 4 GG ist deshalb verletzt, wenn die Anordnung überhaupt keine Begründung enthält. Der verfassungsrechtlichen Bedeutung der Begründungspflicht ist aber auch hinsichtlich der inhaltlichen Anforderungen an die Begründung Rechnung zu tragen. Dem Erfordernis einer schriftlichen Begründung ist nicht bereits genügt, wenn überhaupt eine solche gegeben wird. Es bedarf vielmehr einer schlüssigen, konkreten und substantiierten Darlegung der wesentlichen Erwägungen, warum aus Sicht der Behörde gerade im vorliegenden Einzelfall ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung gegeben ist und das Interesse des Betroffenen am Bestehen der aufschiebenden Wirkung ausnahmsweise zurückzutreten hat (so ausdrücklich: BVerwG, B.v. 18.9.2001 - 1 DB 26.01 - juris m.w.N. aus Rspr. und Lit).
20
Hier hat das Landratsamt die Anordnung des Sofortvollzugs im angegriffenen Bescheid zwar knapp, aber in ausreichender Weise begründet. Es hat dargelegt, dass die Gefahr bestehe, dass sich der Antragsteller bis zur Bestandskraft des Bescheids weiterhin auf Kosten anderer finanziell bereichere. Das Verhalten des Antragstellers in den letzten Jahren habe gezeigt, dass er nicht davor zurückschrecke, Verstöße gegen das FahrlG oder auf ihm beruhender Vorschriften zu begehen, obwohl die Aufsichtsbehörden ein besonderes Augenmerk auf seine Tätigkeiten legten. Das Rechtsschutzinteresse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung einer Klage müsse zum Schutz der Allgemeinheit vor einer monetären und zeitlichen Schädigung zurücktreten. Die Gefährdung durch den Antragsteller könne nicht hingenommen werden. Der Antragsgegner hat also insbesondere auch das private Interesse des Antragstellers, zumindest vorläufig von einem Widerruf seiner Fahrlehrerlaubnis verschont zu bleiben, nicht unberücksichtigt gelassen, indessen es als nachrangig bewertet. Diese Erwägungen sind ausreichend.
21
b) Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO kann das Gericht, sofern die sofortige Vollziehung eines Verwaltungsaktes angeordnet ist, die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs dagegen ganz oder teilweise wiederherstellen. Bei der Entscheidung sind die widerstreitenden Interessen gegeneinander abzuwägen. Im Rahmen dieser Abwägung spielen die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs der Hauptsache eine wesentliche Rolle. Bleibt dieser mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolglos, wird die Abwägung in der Regel zum Nachteil des Betroffenen ausfallen, da dann das von der Behörde geltend gemachte besondere öffentliche Interesse am Sofortvollzug überwiegt. Eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass die zugrunde liegende Verfügung rechtmäßig ist und das Hauptsacheverfahren zum Nachteil des Betroffenen ausgehen wird, reicht aber für die Anordnung der sofortigen Vollziehung nicht aus, wenn wie hier durch die Verfügung in die durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistete Freiheit der Berufsausübung und -wahl eingegriffen wird. Dann sind besondere Maßstäbe an die Entscheidung anzusetzen.
22
Die im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO gebotene, aber auch ausreichende summarische Überprüfung ergibt, dass der Widerruf der Fahrlehrerlaubnis des Antragstellers mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Recht erfolgt ist, da hinreichende Anhaltspunkte vorliegen, die den Antragsteller für den Fahrlehrerberuf als unzuverlässig erscheinen lassen. Die Interessenabwägung gebietet es, trotz des Eingriffs in Art. 12 Abs. 1 GG, den Antragsteller sofort von der Ausbildung von Fahrschülern auszuschließen.
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aa) Der Behörde kommt bei der Entscheidung über die Zuverlässigkeit kein Ermessen zu. Das Gericht kann vollinhaltlich nachprüfen, ob die Unzuverlässigkeit des Antragstellers zu bejahen ist. Das Gericht ist weder auf den von der Behörde ihrer Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhalt beschränkt, noch muss es diesen Sachverhalt umfassend würdigen und prüfen. Es kommt daher im Ergebnis nicht darauf an, ob der Antragsgegner die für und gegen eine Unzuverlässigkeit des Antragstellers sprechenden Umstände hinreichend berücksichtigt hat, was der Antragsteller bezweifelt.
24
bb) Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 FahrlG ist die Fahrlehrerlaubnis zu widerrufen, wenn nachträglich eine der in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 3 und 4 FahrlG genannten Voraussetzungen weggefallen ist. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 FahrlG wird die Fahrlehrerlaubnis erteilt, wenn der Bewerber geistig und körperlich (Nr. 2) sowie fachlich und pädagogisch geeignet ist (Nr. 3) und wenn gegen ihn keine Tatsachen vorliegen, die ihn für den Fahrlehrerberuf als unzuverlässig erscheinen lassen (Nr. 4). Maßgeblicher Zeitpunkt für die rechtliche Beurteilung ist der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (vgl. BVerwG, B.v. 30.10.1996 - 1 B 197/96 - juris; BayVGH, B.v. 30.5.2011 - 11 CS 11.982 - juris Rn. 25).
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(1) Unzuverlässig im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 FahrlG ist der Bewerber gem. § 2 Abs. 1 Satz 2 FahrlG insbesondere dann, wenn er wiederholt die Pflichten gröblich verletzt hat, die ihm nach dem FahrlG oder den aufgrund des FahrlG erlassenen Rechtsverordnungen obliegen. Zu den dem Fahrlehrer obliegenden Pflichten zählen zunächst solche, die dem Betroffenen als Fahrlehrer auferlegt sind. Das sind in erster Linie die in § 12 FahrlG genannten Pflichten. Maßgeblich ist, ob der Betroffene für den Fahrlehrerberuf als unzuverlässig anzusehen ist. Die Verfehlungen müssen also einen Bezug zur Tätigkeit als Fahrlehrer aufweisen. So ist z.B. die Verletzung der einem Fahrlehrer als Inhaber einer Fahrschule obliegenden Pflichten nicht ohne Weiteres auch eine gröbliche Pflichtverletzung i. S. des § 14 Abs. 2 i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, Satz 2 FahrlG, die zum Widerruf der Fahrlehrerlaubnis berechtigen würde. Der Fahrlehrer als Inhaber (nur) der Fahrlehrerlaubnis ist nicht selbständig tätig. Demgegenüber sind die Vorschriften über die an den Fahrschulinhaber (der selbst Fahrlehrer ist) zu stellenden Anforderungen gewerberechtlicher Art. Bei dieser gewerblichen Tätigkeit gelten die allgemeinen gewerberechtlichen Grundsätze, wobei die Regelungen des FahrlG als Spezialrecht vorrangig zu beachten sind.
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Fahrlehrer haben gem. § 12 Satz 1 FahrlG die Fahrschüler insbesondere gewissenhaft auszubilden. Die Forderung des Gesetzgebers, die Fahrschüler gewissenhaft auszubilden, bedeutet, dass die Ausbildung gründlich, umfassend, in jeder Hinsicht korrekt, sorgfältig und verantwortungsbewusst zu erfolgen hat (vgl. Dauer, Fahrlehrerrecht, § 6 FahrlG Nr. 2). An den Fahrlehrer müssen diesbezüglich, nicht zuletzt aufgrund seiner Vorbildfunktion, hohe Anforderungen gestellt werden (vgl. hierzu auch VG Augsburg, U.v. 5.7.2005 - Au K 05.310 - juris Rn. 21).
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Aus den zugrunde liegenden Unterlagen ergibt sich, dass der Antragsteller die Fahrschüler im Wesentlichen gewissenhaft und ordnungsgemäß ausgebildet hat, soweit es um die Qualität der theoretischen und praktischen Fahrausbildung durch den Antragsteller als Fahrlehrer geht. Dies ist zugunsten des Antragstellers zu berücksichtigen. Allerdings wurden ausweislich der Ermittlungsakten der Polizeiinspektion Nabburg die gem. § 5 der Fahrerlaubnisverordnung verpflichtenden praktischen Doppelstunden mit Fahrschülern, die die Mofaprüfbescheinigung erlangen wollten, in mindestens sechs Fällen nicht durchgeführt (siehe Bl. 95 der Ermittlungsakten der Polizeiinspektion Nabburg, vorgelegt im Verfahren RO 5 E 20.2787). Dieser Verstoß ist als gravierend anzusehen, da die Schüler ohne jemals praktischen Unterricht gehabt zu haben, die Mofaprüfbescheinigung erhalten haben oder hätten erhalten können. Eine Schülerin schilderte im Rahmen des Ermittlungsverfahrens ihre enorme Unsicherheit bei den ersten Fahrversuchen nach Erlangen der Mofaprüfbescheinigung ohne zuvor die verpflichtenden praktischen Fahrstunden vom Antragsteller erhalten zu haben. Dies stellt eine nicht unwesentliche Gefahr für den Fahrer selbst ebenso wie für den Straßenverkehr dar. Ob diese Verstöße für den Widerruf der Fahrlehrerlaubnis ausreichen würden, kann im Ergebnis offenbleiben.
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(2) Das FahrlG normiert über § 12 FahrlG hinaus nämlich noch weitere den Fahrlehrer treffende Pflichten. Eine solche Verpflichtung ergibt sich aus § 1 Abs. 4 Satz 1 FahrlG. Demnach darf von der Fahrlehrerlaubnis nur zusammen mit einer Fahrschulerlaubnis oder im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses mit dem Inhaber einer Fahrschule Gebrauch gemacht werden. Es kommt im Ergebnis im vorliegenden Verfahren nicht darauf an, ob der Antragsteller bei der Ausbildung von … B1* … von einem bestehenden Beschäftigungsverhältnis mit B2* … Fahrschule ausgegangen ist; denn ausweislich der Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft Amberg wird deutlich, dass der Antragsteller in weiteren Fällen Fahrschulunterricht erteilt hat, obwohl er wusste, dass er dazu nicht berechtigt war. Dies musste ihm aufgrund seiner Ausbildung bekannt sein; außerdem wurde er mehrmals vom Antragsgegner hierauf hingewiesen, was in den Verfahrensakten dokumentiert ist. In den weiteren Fällen, insbesondere im Jahr 2019, lag jedenfalls kein Beschäftigungsverhältnis mit einer Fahrschule vor und der Antragsteller konnte hiervon auch nicht ausgehen. Darüber hinaus hat er dies auch nicht vorgetragen. Es wird nicht bestritten, dass sich der Antragsteller zumindest im Jahr 2020 um ein Beschäftigungsverhältnis bemüht hat. Da dies aber nicht erfolgreich war, hätte er die Ausbildung von … B1* … nicht aufnehmen und nicht fortsetzen dürfen. Ausweislich eines Ausbildungsnachweises vom 26.3 2020 hat der Antragsteller aber im Zeitraum vom 22.1.2020 bis zum 16.3.2020 Herrn B1* … 16 Doppelstunden theoretischen und 22 Stunden praktischen Fahrschulunterricht erteilt. Die Ausbildungsnachweise tragen die Unterschrift des Antragstellers und stammen laut Adressfeld von der Fahrschule S* … Die Ausbildung einer nicht unerheblichen Anzahl von Fahrschülern durch den Antragsteller in den Jahren 2019 und 2020, nach Entzug der Fahrschulerlaubnis und ohne Beschäftigungsverhältnis mit einer Fahrschule, steht zur Überzeugung des Gerichts fest. Die Ermittlungsakten, insbesondere die sich darin befindlichen Aussagen der Fahrschüler des Antragstellers und What‘s-App-Chatverläufe ebenso wie die vorgelegten Dokumente wie Ausbildungsnachweise und Rechnungen/Quittungen, die vom Antragsteller unterzeichnet bzw. ausgestellt wurden, lassen keinen anderen Schluss zu.
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Anders als vom Antragsteller bis zuletzt vorgetragen handelt es sich nicht nur um Verstöße im Zeitraum zwischen dem 9.2.2019 und dem 28.2.2019, in der Zeit also, als die Fahrschulerlaubnis widerrufen, aber noch nicht an das Landratsamt zurückgegeben war; vielmehr wurde jedenfalls im Jahr 2019, insbesondere ab Mai 2019 in mehreren Fällen theoretischer und praktischer Unterricht an Fahrschüler erteilt bzw. wurden Ausbildungsverträge abgeschlossen, Zahlungen entgegengenommen und Rechnungen und Nachweise ausgestellt (siehe u.a. Bl. 117 der Ermittlungsakte: Ausbildungsvertragsschluss am 24.6.2019 und Entgegennahme einer Anzahlung; Bl. 157/163: Rechnung über Fahrstunden in Mai und Juni 2019; Bl. 172/181: Rechnung über Fahrstunden in Mai und Juni 2019; Bl. 184/190: Termine für Unterricht in Juni und August 2019; Bl. 232/238: Übungsfahrt am 1.3.2019; Bl. 245: Theoretische Ausbildung bis 7.5.2019; Bl. 254: Theorieunterricht bis Ostern 2019; Bl. 259: Praktischer Unterricht am 29.6.2019; Bl. 265: Letzte Fahrstunde im Mai/Juni 2019; Bl. 281: Drei Fahrstunden im März 2019, zwei weitere am 28.5.2019; Bl. 294: Theoriestunden im April/Mai 2019; Bl. 314: Unterricht in April/Mai/Juni 2019; Bl. 325/328: Ausbildungsvertragsschluss Anfang März 2019, Theoriestunden in der Folgezeit, praktischer Unterricht in Mai und Juni 2019; Bl. 351: Praktische Fahrstunde Anfang Juli 2019; Bl. 357: Praktischer Unterricht in Mai und Juni 2019; Bl. 385/386: Ausbildungsvertragsschluss im März 2019, Quittung über Anzahlung vom 25.3.2019). Auch die Fälle der Unterrichtserteilung in der Zeit vom 9.2.2019 bis 28.2.2019 stellen überdies Verstöße gegen § 1 Abs. 4 Satz 1 FahrlG dar. Es ist dem Antragsteller insofern auch anzulasten, dass er Ausbildungsverträge abgeschlossen hat, obwohl er wusste, dass er die Ausbildung dieser Schüler nicht mehr ordnungsgemäß durchführen würde können. Dass die dokumentierten Verstöße zuletzt im Jahr 2020 vorgekommen sind, stellt voraussichtlich keinen Grund dar, den Widerruf vom 13.8.2021 als rechtswidrig anzusehen; denn es kann dem Antragsteller nicht positiv angerechnet werden, dass er sich während eines gegen ihn eingeleiteten polizeilichen Ermittlungsverfahren doch davon abbringen hat lassen, weiterhin Unterricht zu geben. Es ist eher bedenklich, dass er trotz der strafrechtlichen Ermittlungen im Jahr 2020 nochmals bzgl. der Ausbildung seines Neffen … B1* … auffällig in Erscheinung getreten ist.
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Der Widerruf der Fahrlehrerlaubnis ist durch diese wiederholten, gröblichen Verstöße gegen § 1 Abs. 4 Satz 1 FahrlG gerechtfertigt.
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(3) Zusätzlich kommt für die Annahme einer Unzuverlässigkeit für den Fahrlehrerberuf die Verletzung sonstiger, sich nicht unmittelbar aus dem FahrlG ergebender Pflichten in Betracht, die den Betroffenen als Fahrlehrer treffen. Unzuverlässig ist daher auch, wer Anlass zu der Befürchtung bietet, dass er sich im Rahmen seiner Tätigkeit als Fahrlehrer über die zum Schutz der Allgemeinheit oder Einzelner vor Schäden oder Gefahren erlassenen Vorschriften hinwegsetzen wird. Hierzu ist auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände des Einzelfalls eine Zukunftsprognose zu erstellen. Es ist zu prüfen, ob sich aus dem bisherigen Verhalten des Betroffenen nachteilige Folgerungen für die Zukunft ergeben. Auch für denjenigen, der einen Hang zur Missachtung der Rechtsordnung an den Tag legt oder durch ein einmaliges Fehlverhalten von entsprechender Schwere einen ausreichend eindeutigen Hinweis auf eine entsprechende Fehlhaltung, die eine ordnungsgemäße Ausübung des zu beurteilenden Berufes nicht erwarten lässt, liefert, ist prognostisch als unzuverlässig zu betrachten. Der Antragsteller steht als Fahrlehrer in einem besonderen Vertrauens- und Autoritätsverhältnis zu seinen Fahrschülern. Kraft dieses Verhältnisses müssen sich seine Fahrschüler bei der Ausbildung in seine Obhut begeben. Dieses Verhältnis ist davon geprägt, dass sich die Schüler der fachlichen und persönlichen Autorität des Lehrers soweit unterwerfen muss, als dies zur Erzielung eines Lernerfolges geboten ist. Der Fahrlehrer nimmt dabei auch die Rolle eines Vorbilds ein. Er ist erwachsener Ansprechpartner während der Zeit des Erwerbs der Fahrerlaubnis und befindet sich insbesondere während der praktischen Fahrstunden gemeinsam mit dem Schüler auf engstem Raum, typischerweise ohne die Anwesenheit weiterer Personen. Um seiner Vorbildfunktion gerecht zu werden, ist es für einen Fahrlehrer eine wichtige Kompetenz, charakterlich einwandfrei zu sein.
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Das Verhalten des Antragstellers zeigt, dass er nicht in der Lage ist und auch prognostisch zukünftig nicht sein wird, diese Rolle entsprechend auszufüllen. Er hat theoretischen und praktischen Fahrschulunterricht erteilt, obwohl er wusste, dass er dies ohne Fahrschulerlaubnis oder Beschäftigungsverhältnis nicht durfte. Er hat dabei seinen Fahrschülern ebenso wie Behörden gegenüber unwahre Angaben gemacht bzw. Tatsachen verschwiegen. Er hat seine Schüler des Weiteren immer wieder hingehalten und sie so im zeitlichen Ablauf des Führerscheinerwerbs beeinträchtigt. Insbesondere vorzuwerfen ist ihm, dass er in dem Bewusstsein, dass die von ihm ausgestellten Ausbildungsnachweise gegebenenfalls nicht anerkannt werden, Unterricht erteilt hat (siehe Mail der Führerscheinstelle des Landratsamtes Schwandorf vom 8.2.2019, mit dem Inhalt, dass ab heute keine Ausbildungsbescheinigungen der Fahrschule S* … mehr angenommen würden). Das Gericht hält im Hinblick auf die charakterliche Geeignetheit des Antragstellers für die Tätigkeit des Fahrlehrers zudem für besonders gravierend, dass er in jedenfalls einem Fall einen Fahrschüler dazu angehalten hat, rückdatierte Rechnungen und Nachweise zur Erlangung der Fahrerlaubnis zu verwenden (siehe Bl. 325/326, 345/346 der Ermittlungsakte). Der Antragsteller hat bei seiner Tätigkeit Umgang mit jungen Menschen; hierbei ist es angesichts seiner Vorbildfunktion als Lehrer besonders wichtig, dass er Rechtstreue, Ehrlichkeit und Integrität an diese weitergibt. In einer Gesamtschau ist festzustellen, dass zu befürchten ist, dass der Antragsteller auch zukünftig kein gutes Vorbild für seine Fahrschüler sein kann. Durch sein Verhalten hat er außerdem die Vermögensinteressen der ihm anvertrauten Fahrschüler zumindest gefährdet und das in ihn gesetzte Vertrauen gröblich verletzt.
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Das Gericht verkennt nicht, dass der Antragsteller sich in einer schwierigen Situation befunden hat und befindet. Der Antragsteller mag gehofft haben, dass er zeitnah wieder eine Fahrschulerlaubnis bekommen würde; ernstlich davon ausgehen konnte er angesichts seines Verhaltens und der Gespräche mit dem Landratsamt aber nicht. Es wird auch nicht bestritten, dass der Antragsteller versucht hat, zumindest im Jahr 2020 ein Beschäftigungsverhältnis zu gelangen, damit er seinen Neffen … B1* … als Fahrlehrer und dem FahrlG entsprechend unterrichten kann. Es fehlt dem Antragsteller nach der Aktenlage offenbar aber an Einsehen bzgl. eigenen Fehlverhaltens, wenn er die Verantwortlichkeit für die Vorgänge der Vergangenheit insbesondere bei andere Akteuren wie seinem früheren steuerlichen Berater, dem Finanzamt oder dem zuständigen Sachbearbeiter des Landratsamts sieht.
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Dem Gericht ist bewusst, dass der Widerruf der Fahrlehrerlaubnis und die sofortige Vollziehung dieses Widerrufs für den Antragsteller existenzbedrohend ist, dies auch vor dem Hintergrund seines Alters. Dennoch überwiegen die Gründe des öffentlichen Interesses daran, dass der Antragsteller nicht mehr als Fahrlehrer tätig wird, das Aussetzungsinteresse des Antragstellers. Das Verhalten des Antragstellers zeigt, dass er nicht bereit oder in der Lage ist, sich an die maßgeblichen rechtlichen Vorgaben zu halten. Er selbst kann offensichtlich sein Fehlverhalten nicht im vollen Umfang erkennen, so dass auch nicht davon ausgegangen werden kann, dass er in Zukunft die maßgeblichen Rechtsvorschriften zuverlässig einhalten würde. Wer, wie der Antragsteller, durch wiederholtes erhebliches Fehlverhalten zeigt, dass er sich selbst nicht in gebotenem Maß an die Rechtsordnung, insbesondere nicht strikt an die berufsbezogenen Regelungen hält, kann die von ihm geforderte Vorbildfunktion als Fahrlehrer nicht verlässlich erfüllen (VG Augsburg, U.v. 5.7.2005 - Au 3 K 05.310 - juris Rn. 21).
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Der Antragsteller hat in der Gesamtschau durch sein Verhalten eine beachtliche charakterliche Fehlhaltung gezeigt, die ihn als für den Fahrlehrerberuf unzuverlässig erscheinen lässt.
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(4) Der Einwand, dass noch keine strafrechtliche Verurteilung erfolgt sei, greift nicht durch. Es dürfen nicht nur rechtskräftig strafrechtlich geahndete Verstöße gegen die Rechtsordnung bei der Beurteilung der Zuverlässigkeit eines Fahrlehrers berücksichtigt werden. Vielmehr können auch andere Verstöße herangezogen werden, sofern sie zur Überzeugung des Gerichts feststehen. Insbesondere ist das Gericht berechtigt, sich aus den Behördenakten selbst eine Überzeugung zu bilden. Eine dem § 3 Abs. 4 StVG vergleichbare Vorschrift gibt es im Fahrlehrergesetz nicht, so dass es nicht auf den Abschluss von Strafverfahren ankommt (BayVGH, B.v. 5.10.2006 - 11 CS 05.2748 - juris). Ein Verstoß gegen die Unschuldsvermutung liegt darin nicht. Die Unschuldsvermutung gilt nur im Bereich der straf-, ordnungswidrigkeits- oder disziplinarrechtlichen Ahndung.
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(5) Darüber hinaus fällt auch eine die Erfolgsaussichten der Klage außer Betracht lassende Interessenabwägung zulasten des Antragstellers aus. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Widerrufsbescheides ist als Eingriff in die durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistete Freiheit der Berufsausübung und -wahl zu beurteilen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts lässt Art. 12 Abs. 1 GG einen Eingriff in die Freiheit der Berufswahl schon vor Rechtskraft des Hauptsacheverfahrens als Präventivmaßnahme zur Abwehr konkreter Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter zu (vgl. BVerfG, B.v. 16.1.1991, 1 BvR 1326/90 - juris m. w. N.). Überwiegende öffentliche Belange können es ausnahmsweise rechtfertigen, den Rechtsschutzanspruch des Grundrechtsträgers einstweilen zurückzustellen, um unaufschiebbare Maßnahmen im Interesse des allgemeinen Wohls rechtzeitig in die Wege zu leiten (vgl. BVerfG, a. a. O.). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Mit der sofort vollziehbaren Anordnung wird sichergestellt, dass es zu keiner Gefährdung Dritter durch die weitere Tätigkeit des Antragstellers als Fahrlehrer kommt. Zwar mag zugunsten des Antragstellers insoweit sprechen, dass er als angestellter Fahrlehrer viele der Verstöße nicht wiederholen wird können. Es kann allerdings insbesondere vor dem Hintergrund der Ausbildung des Neffen … B1* … nicht ausgeschlossen werden, dass er weiterhin Verstöße gegen das FahrlG oder auf diesem beruhender Vorschriften begehen wird. Darüber hinaus ist er selbst nach Einleitung eines Ermittlungsverfahrens als Fahrlehrer tätig geworden. Es ist nicht auszuschließen, dass er dies wieder tun wird, ggf. in einer anderen Stadt oder einem anderen Landkreis. Im Ergebnis ist nicht auszuschließen, dass er weiter die Vermögensinteressen Dritter beeinträchtigen könnte und einen negativen Einfluss auf junge Menschen haben wird, mit denen er sich insbesondere während der praktischen Fahrstunden alleine auf engem Raum aufhalten würde. Auch der Inhaber einer Fahrschule, bei der der Antragsteller angestellt ist, könnte während dieser praktischen Ausbildung nicht umfassend kontrollieren, wie der Antragsteller mit den ihm anvertrauten Personen kommuniziert. Darüber hinaus rechtfertigt das Interesse der Allgemeinheit an der Sicherheit im Straßenverkehr den Widerruf der Fahrlehrerlaubnis; denn in mindestens 6 Fällen hat der Antragsteller die praktische Ausbildung der Schüler, die die Mofaprüfbescheinigung erlangen wollten, nicht ordnungsgemäß ausgeführt und dadurch die Sicherheit im Straßenverkehr gefährdet. Schließlich ist auch ein Einfluss einer nachlässigen Einstellung zur Rechtsordnung, die Schülern ggf. vermittelt wird, geeignet, Gefahren im Straßenverkehr zu begründen, wenn als Folge auch hier auf die Einhaltung der Rechtsordnung nicht in notwendigem Maße geachtet wird. Es ist dem Antragsteller daher vorübergehend zuzumuten, den ihm auferlegten Anordnungen nachzukommen, auch wenn sich im Klageverfahren entgegen der aktuellen summarischen Bewertung seine Zuverlässigkeit herausstellen sollte.
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4. Soweit der Antragsteller sich gegen die ebenfalls verfügte Herausgabe seines Fahrlehrerscheines wendet, ist der Antrag zulässig, wobei dahinstehen kann, ob die Herausgabeverfügung als feststellender Verwaltungsakt bezüglich der gesetzlich bereits ausdrücklich geregelten Herausgabepflicht (§ 14 Abs. 4 FahrlG) oder als „echter“ regelnder Verwaltungsakt anzusehen ist. Der Antrag ist jedoch unbegründet. Die Anordnung des Sofortvollzugs genügt den formellen Anforderungen und der Bescheid ist auch insoweit voraussichtlich rechtmäßig. Die Pflicht zur Rückgabe des Fahrlehrerscheins ergibt sich als Folge des Widerrufs aus § 14 Abs. 4 FahrlG.
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5. Die Androhung eines Zwangsgelds in Höhe von 500,- EUR in Ziffer 4 des Bescheids vom 13.8.2021 für den nicht fristgerecht zurückgegebenen Fahrlehrerschein beruht auf Art. 29, 30, 31 und 36 des Bayerischen Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes (VwZVG) und begegnet keinen rechtlichen Bedenken; sie ist insbesondere zur Erreichung des angestrebten Zweckes geeignet und verhältnismäßig.
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Nach alledem war der Antrag mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen
III.
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Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 und 2 GKG i.V.m. Nr. 1.5 und Nr. 54.3.3 analog des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Der Widerruf der Fahrlehrerlaubnis ist wie eine Gesellenprüfung zu bewerten, die mit 7.500,- Euro zu veranschlagen ist. Da es sich um ein Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes handelt, wurde der Betrag halbiert.