Inhalt

VGH München, Beschluss v. 23.03.2021 – 20 NE 21.841
Titel:

Verhältnismäßigkeit einer nächtlichen Ausgangssperre bei hohen Inzidenzwerten

Normenketten:
IfSG § 28, § 28a Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 S. 1 Nr. 2, Abs. 5, Abs. 6, § 32
VwGO § 47 Abs. 6
12. BayIfSMV § 26
Leitsätze:
1. Die infektionsschutzrechtliche Gefährdungsprognose, die in Landkreisen mit einer PCR-Test-gestützten Inzidenz von über 100 eine nächtliche Ausgangssperre trägt, ist nicht rechtsfehlerhaft. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
2. Nächtliche Ausgangssperren sind mit Blick auf ihr Ziel, besonders infektionsgefährdende private nächtliche Zusammenkünfte zu reduzieren, eine geeignete Schutzmaßnahme zur Bekämpfung der Pandemie.  (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
3. Bei der eine nächtliche Ausgangssperre tragenden, infektiologische Erfordernisse und soziale, gesellschaftliche und wirtschaftliche Auswirkungen auf den Einzelnen und die Allgemeinheit berücksichtigenden Prognose kommt dem Verordnungsgeber ein Einschätzungsspielraum zu. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Ausgangssperre, Pandemie, PCR-Test, Inzidenz, Einschätzungsspielraum, Gefährdungsprognose, Schutzmaßnahmen, Verhältnismäßigkeit, Folgenabwägung, Normenkontrolle
Fundstelle:
BeckRS 2021, 5693

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 10.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
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1. Der Antragsteller, der in Bayern lebt, beantragt nach § 47 Abs. 6 VwGO die vorläufige Außervollzugsetzung des § 26 der Zwölften Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung vom 5. März 2020 (12. BayIfSMV; BayMBl. 2021 Nr. 171).
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2. Der Antragsgegner hat durch das Staatsministerium für Gesundheit und Pflege die o.g. Verordnung erlassen, die mit Ablauf des 28. März 2021 außer Kraft tritt (§ 30 12. BayIfSMV) und auszugsweise folgenden Wortlaut hat:
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„§ 26 Regelungen bei einer 7-Tage-Inzidenz über 100, nächtliche Ausgangssperre
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In Landkreisen und kreisfreien Städten, in denen eine 7-Tage-Inzidenz von 100 überschritten wird, ist von 22 Uhr bis 5 Uhr der Aufenthalt außerhalb einer Wohnung untersagt, es sei denn dies ist begründet aufgrund
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1. eines medizinischen oder veterinärmedizinischen Notfalls oder anderer medizinisch unaufschiebbarer Behandlungen,
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2. der Ausübung beruflicher oder dienstlicher Tätigkeiten oder unaufschiebbarer Ausbildungszwecke,
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3. der Wahrnehmung des Sorge- und Umgangsrechts,
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4. der unaufschiebbaren Betreuung unterstützungsbedürftiger Personen und Minderjähriger,
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5. der Begleitung Sterbender,
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6. von Handlungen zur Versorgung von Tieren oder
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7. von ähnlich gewichtigen und unabweisbaren Gründen.“
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3. Der Antragsteller, an dessen Wohnsitz derzeit eine 7-Tages-Inzidenz von 100 überschritten wird, trägt zur Begründung seines am 20. März 2021 erhobenen Eilantrags im Wesentlichen vor, die nächtliche Ausgangsbeschränkung sei unverhältnismäßig. Es sei durch nichts belegt, dass weniger Bewegung am Abend und in der Nacht auch gleichzeitig weniger Kontakte verursachten. Private Zusammenkünfte am Abend und nächtliche Partys seien nach den bisherigen Regelungen bereits verboten. Nach einer britischen Untersuchung und der Studie eines renommierten Professors der Stanford Universität könne ein Nutzen von nächtlichen Ausgangssperren nicht nachgewiesen werden. Ähnliche Reduzierungen des Fallwachstums könnten mit weniger restriktiven Interventionen erzielt werden. Die Effektivität der Maßnahmen sei zu überprüfen und zu hinterfragen. Ohne Berücksichtigung der Anzahl der negativen Tests lasse der Inzidenzwert keine Rückschlüsse auf das Pandemiegeschehen zu und sei somit kein geeigneter Richtwert. Die Verwendung des PCR-Tests sei zur Gewinnung der Inzidenzwerte ungeeignet. Dies ergebe sich aus zahlreichen Quellen, die der Antragsteller im Einzelnen anführt. Die durch die angefochtene Norm verhängte Absonderungspflicht sei für die Betroffenen mit einer erheblichen Beschränkung ihrer allgemeinen Handlungs- und (zumindest physischen) Bewegungsfreiheit für einen beachtlichen Zeitraum verbunden.
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4. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten Bezug genommen.
II.
A.
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Der zulässige Antrag hat keinen Erfolg.
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Die Voraussetzungen des § 47 Abs. 6 VwGO, wonach das Normenkontrollgericht eine einstweilige Anordnung erlassen kann, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist, liegen nicht vor. Der von dem Antragsteller in der Hauptsache erhobene Normenkontrollantrag gegen § 26 12. BayIfSMV hat unter Anwendung des Prüfungsmaßstabs im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO (1.) bei summarischer Prüfung voraussichtlich keinen Erfolg (2.). Auch eine Folgenabwägung fällt zulasten des Antragstellers aus (3.).
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1. Prüfungsmaßstab im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO sind in erster Linie die Erfolgsaussichten des in der Hauptsache anhängigen oder noch zu erhebenden Normenkontrollantrags, soweit sich diese im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bereits absehen lassen (vgl. BVerwG, B.v. 25.2.2015 ‒ 4 VR 5.14 u.a. ‒ ZfBR 2015, 381 - juris Rn. 12; zustimmend OVG NW, B.v. 25.4.2019 - 4 B 480/19.NE - NVwZ-RR 2019, 993 - juris Rn. 9). Dabei erlangen die Erfolgsaussichten des Normenkontrollantrags eine umso größere Bedeutung für die Entscheidung im Eilverfahren, je kürzer die Geltungsdauer der in der Hauptsache angegriffenen Normen befristet und je geringer damit die Wahrscheinlichkeit ist, dass eine Entscheidung über den Normenkontrollantrag noch vor dem Außerkrafttreten der Normen ergehen kann.
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Ergibt die Prüfung der Erfolgsaussichten der Hauptsache, dass der Normenkontrollantrag voraussichtlich unzulässig oder unbegründet sein wird, ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten. Erweist sich dagegen, dass der Antrag zulässig und (voraussichtlich) begründet sein wird, so ist dies ein wesentliches Indiz dafür, dass der Vollzug bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache suspendiert werden muss. In diesem Fall kann eine einstweilige Anordnung ergehen, wenn der (weitere) Vollzug vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Nachteile befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers, betroffener Dritter und/oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen Hauptsacheentscheidung unaufschiebbar ist (BVerwG, B.v. 25.2.2015 ‒ 4 VR 5.14 u.a. ‒ juris Rn. 12).
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Lassen sich die Erfolgsaussichten nicht absehen, ist im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden. Gegenüberzustellen sind die Folgen, die eintreten würden, wenn die begehrte Außervollzugsetzung nicht erginge, der Normenkontrollantrag aber später Erfolg hätte, und die Folgen, die entstünden, wenn die begehrte Außervollzugsetzung erlassen würde, der Normenkontrollantrag aber später erfolglos bliebe. Die für eine einstweilige Außervollzugsetzung sprechenden Erwägungen müssen die gegenläufigen Interessen dabei deutlich überwiegen, also so schwer wiegen, dass sie - trotz offener Erfolgsaussichten der Hauptsache - dringend geboten ist (vgl. BVerwG, B.v. 25.2.2015 - 4 VR 5.14 u.a. - juris Rn. 12; Ziekow in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 47 Rn. 395; Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 47 Rn. 106).
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2. Nach diesen Maßstäben sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache bei der nur möglichen, aber ausreichenden summarischen Prüfung (vgl. BVerwG, B.v. 25.2.2015 - 4 VR 5.14 - ZfBR 2015, 381 - juris Rn. 14) voraussichtlich nicht gegeben.
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a) Der Senat geht im einstweiligen Rechtsschutzverfahren davon aus, dass die angegriffene Maßnahme nach § 26 12. BayIfSMV mit § 32 Satz 1 i.V.m. § 28 Abs. 1 Satz 1, § 28a Abs. 1 Nr. 3 IfSG eine verfassungsgemäße Rechtsgrundlage hat (vgl. BayVGH, B.v. 8.12.2020 - 20 NE 20.2461 - juris Rn. 22 ff.).
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b) § 26 12. BayIfSMV ist voraussichtlich materiell rechtmäßig, weil er sich bei summarischer Prüfung an die Vorgaben in § 28a IfSG hält. Zur Begründung wird zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst auf die Senatsentscheidungen vom 12. Januar 2021 (Az. 20 NE 20.2933 - juris Rn. 37 ff.) und 19. Januar 2021 (Az. 20 NE 21.129 - juris Rn. 11 ff.) verwiesen.
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aa) Sowohl zum Zeitpunkt der Bekanntmachung 12. BayIfSMV am 5. März 2021 als auch zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats liegen die Voraussetzungen des § 28a Abs. 3 Satz 4, 5 und 10 IfSG vor. Die Anzahl der Neuinfektionen je 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen (Inzidenz) betrug am 22. März 2021 bundesweit 107, in Bayern 111 und am Wohnort des Antragstellers 188. Wegen der Überschreitung des Schwellenwertes von 50 sind nach § 28a Abs. 3 Satz 4 und 5 IfSG umfassende Schutzmaßnahmen zu ergreifen, die eine effektive Eindämmung des Infektionsgeschehens erwarten lassen.
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bb) Auch einen Verstoß gegen § 28a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 IfSG vermag der Senat nicht zu erkennen. Die diesbezüglichen Ausführungen im Senatsbeschluss vom 12. Januar 2021 (20 NE 20.2933 - juris Rn. 39 ff.) gelten gegenwärtig weiter. Die Gefährdungsprognose des Verordnungsgebers, dass eine wirksame Eindämmung der Verbreitung von COVID-19 ohne die Ausgangsbeschränkungen in Landkreisen und kreisfreien Städten mit einer 7-Tage-Inzidenz von über 100 erheblich gefährdet wäre, erweist sich voraussichtlich nicht als rechtsfehlerhaft.
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Das Beschwerdevorbringen, PCR-Tests könnten Infektionen nicht zuverlässig nachweisen, greift nicht durch. PCR-Tests sind grundsätzlich nicht ungeeignet, um die Infektionsgefahr von SARS-CoV-2 abzubilden. Solange keine zuverlässigere Testmethode vorhanden und anerkannt ist, stellt der PCR-Test ein geeignetes Instrument zur Einschätzung der Übertragungsgefahr von SARS-CoV-2 dar (BayVGH, B.v. 8.12.2020 - 20 CE 20.2875 - juris Rn. 9; B.v. 8.9.2020 - 20 NE 20.2001 - juris Rn. 28; OVG NW - B.v. 30.11.2020 - 13 B 1658/20.NE - juris Rn. 32 f.).
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c) Die Ausgangsbeschränkungen nach § 26 12. BayIfSMV dürften gegenwärtig verhältnismäßig, also geeignet, erforderlich und angemessen sein.
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(1) Zur Geeignetheit der Maßnahmen kann auf die Ausführungen des Senats im Beschluss vom 12. Januar 2021 verwiesen werden (Az. 20 NE 20.2933 - juris Rn. 46). Soweit der Antragsteller - insbesondere unter Verweis auf eine Studie der Universität Stanford - die Eignung von Ausgangsbeschränkungen zur Verringerung des Infektionsgeschehens anzweifelt, kann er nicht durchdringen. Verfassungsrechtlich genügt für die Eignung, dass der erstrebte Erfolg gefördert werden kann, dass also die Möglichkeit der Zweckerreichung besteht (vgl. BVerfG, B.v. 18.7.2019 - 1 BvL 1/18 u.a. - NJW 2019, 3054 - juris Rn. 61 m.w.N.). Dies ist bei Ausgangsbeschränkungen der Fall, auch wenn sie wie bei einer Ausgangsbeschränkung während der Nachtzeit deutlich weniger Menschen betreffen. Die Erwartung des Verordnungsgebers, damit vor allem besonders infektionsgefährdende private Zusammenkünfte zu reduzieren (vgl. Begründung der 11. BayIfSMV vom 15.12.2020, BayMBl. 2020 Nr. 738 S. 3, auf die die Begründung der 12. BayIfSMV verweist, BayMBl. 2021 Nr. 172 S. 3 und 6), ist insbesondere im Hinblick auf den erheblichen Beitrag privater Zusammenkünfte zum Infektionsgeschehen plausibel.
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(2) Die streitgegenständliche Regelung ist zur Erreichung der vom Verordnungsgeber verfolgten legitimen Ziele auch aller Voraussicht nach im Rechtssinne erforderlich. Eine Norm ist erforderlich, wenn der Gesetzgeber nicht ein anderes, gleich wirksames, aber das Grundrecht nicht oder weniger stark einschränkendes Mittel hätte wählen können. Mittel, die die Normadressaten weniger beeinträchtigen würden, aber zur Erreichung der genannten Ziele wenigstens ebenso wirksam wären, hat der Antragsteller nicht aufgezeigt und sind auch sonst nicht erkennbar. Insbesondere würde eine Regelung, die auf Ausgangsbeschränkungen generell oder in den Nachtstunden verzichten oder weitere Ausnahmetatbestände enthalten würde, nicht in gleichem Maße zu einer Reduzierung der Sozialkontakte und damit des Infektionsgeschehens beitragen, wie die vom Antragsgegner in § 26 12. BayIfSMV normierte Vorschrift.
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(3) Angesichts des inzwischen wieder deutlich verstärkten Infektionsgeschehens sowie der gravierenden Auswirkungen im Fall einer (konkret drohenden) Überlastung des Gesundheitssystems stehen die mit den Maßnahmen verbundenen Einschränkungen für die Grundrechte der Normadressaten, auf die sich der Antragsteller beruft, derzeit noch nicht außer Verhältnis zu Gewicht und Dringlichkeit der die Maßnahmen rechtfertigenden Gründe.
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Ob und in welcher Form Ausgangsbeschränkungen im entscheidungserheblichen Zeitpunkt eine angemessene Schutzmaßnahme darstellen, hat der Verordnungsgeber nach § 32 IfSG zu entscheiden. Dieser hat in einer dokumentierten Entscheidung die besonders gewichtigen infektiologischen Erfordernisse mit sozialen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen auf den Einzelnen und die Allgemeinheit nach § 28a Abs. 6 IfSG abzuwägen. Dabei dürfte es sich um eine prognostische Abwägungsentscheidung handeln, welche dem Verordnungsgeber einen Beurteilungsspielraum eröffnet, der gerichtlich nur begrenzt überprüfbar ist (BayVGH, B. v. 8.12.2020 - 20 NE 20.2461 - juris Rn. 25). Der gerichtlichen Kontrolle unterliegt allerdings die Frage, ob der Verordnungsgeber von sachlichen Erwägungen ausgegangen ist. Hierbei kommt der Begründung der Verordnung nach § 28a Abs. 5 IfSG besondere Bedeutung zu. Die angegriffene Vorschrift zur nächtlichen Ausgangssperre in Landkreisen und kreisfreien Städten, in denen eine 7-Tages-Inzidenz von 100 überschritten wird (§ 26 12. BayIfSMV) entspricht der Vorgängerregelung in § 3 11. BayIfSMV. Die Entscheidung, diese Regelung noch einmal zu verlängern, wurde mit dem aktuellen Infektionsgeschehen - einschließlich der Unwägbarkeiten im Zusammenhang mit neuen besorgniserregenden Virusvarianten mit mutmaßlich höherer Übertragungsgefahr und gegebenenfalls schweren Krankheitsverläufen - begründet (vgl. BayMBl. 2021 Nr. 172; BayMBl. 2021 Nr. 113). Diese Einschätzung ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht rechtlich zu beanstanden (vgl. auch BayVerfGH, E.v. 1.2.2021 - Vf. 98-VII-20 - juris Rn. 20).
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3. Selbst wenn man von offenen Erfolgsaussichten in der Hauptsache ausgeht, ergibt eine Folgenabwägung, dass die Interessen der Gesamtbevölkerung am Schutz von Leib und Leben (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) die Interessen des Antragstellers, sich von 22 Uhr bis 5 Uhr ohne einen in § 26 Nr. 1 bis 7 12. BayIfSMV angegebenen Grund außerhalb einer Wohnung aufzuhalten, in der gegenwärtigen Pandemiesituation überwiegen.
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Das pandemische Geschehen nimmt deutlich zu. Nach dem Situationsbericht des Robert-Koch-Instituts (RKI) vom 22. März 2021 (abrufbar unter https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Maerz_2021/2021-03-22-de.pdf? blob=publicationFile) ist nach wie vor eine hohe Anzahl an Übertragungen in der Bevölkerung in Deutschland zu beobachten. Das RKI schätzt die Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland insgesamt als sehr hoch ein. Nach der aktuellen Risikobewertung des RKI (Stand 15.3.2021, vgl. https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikobewertung.html) ist die Dynamik der Verbreitung einiger neuer Varianten (VOC) von SARS-CoV-2 besorgniserregend. Aufgrund der vorliegenden Daten hinsichtlich einer erhöhten Übertragbarkeit der Varianten und potenziell schwererer Krankheitsverläufe trägt dies zu einer schnellen Zunahme der Fallzahlen und der Verschlechterung der Lage bei. Das Robert Koch-Institut schätzt die Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland insgesamt als sehr hoch ein. Das individuelle Risiko, schwer zu erkranken, kann anhand der epidemiologischen bzw. statistischen Daten nicht abgeleitet werden. Auch ohne bekannte Vorerkrankungen und bei jungen Menschen kann es zu schweren bis hin zu lebensbedrohlichen Krankheitsverläufen kommen. Langzeitfolgen können auch nach leichten Verläufen auftreten.
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In dieser Situation ergibt die Folgenabwägung, dass die zu erwartenden Folgen einer Außervollzugsetzung der angegriffenen Normen - im Hinblick auf die damit einhergehende mögliche Eröffnung weiterer Infektionsketten - schwerer ins Gewicht fallen als die Folgen ihres weiteren Vollzugs für die Grundrechte des Antragstellers.
B.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Gegenstandswertes ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG. Da die angegriffene Verordnung bereits mit Ablauf des 28. März 2021 außer Kraft tritt (§ 30 12. BayIfSMV), zielt der Eilantrag inhaltlich auf eine Vorwegnahme der Hauptsache, weshalb eine Reduzierung des Gegenstandswertes für das Eilverfahren nach Ziff. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 nicht angebracht ist.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).