Inhalt

LArbG Nürnberg, Beschluss v. 11.02.2021 – 2 Ta 10/21
Titel:

Beschwerde, Urlaubsabgeltung, Herausgabe, Feststellung, Streitwertkatalog, Vergleich, Frist, Festsetzung, Kostenerstattung, Zahlung, Verfahren, Beendigung, Bindungswirkung, Verfahrenswert, Gelegenheit zur Stellungnahme, Wert des Beschwerdegegenstandes, von Amts wegen

Normenkette:
GKG § 45, § 63
Schlagworte:
Beschwerde, Urlaubsabgeltung, Herausgabe, Feststellung, Streitwertkatalog, Vergleich, Frist, Festsetzung, Kostenerstattung, Zahlung, Verfahren, Beendigung, Bindungswirkung, Verfahrenswert, Gelegenheit zur Stellungnahme, Wert des Beschwerdegegenstandes, von Amts wegen
Vorinstanz:
ArbG Würzburg, Beschluss vom 07.01.2021 – 3 Ca 489/20
Fundstelle:
BeckRS 2021, 56862

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Klägervertreters wird der Streitwertbeschluss des Arbeitsgerichts Würzburg - Kammer Schweinfurt - vom 07.01.2021, Az. 3 Ca 489/20 abgeändert.
2. Der Streitwert wird für das Verfahren wird auf 40.423,- € und für den Vergleich auf 48.235,50 € festgesetzt.
3. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

A.
1
Die Parteien stritten um die Beendigung des Vertragsverhältnisses, Entgelt, Urlaubsabgeltung und Zeugniserteilung. Das monatliche Bruttoeinkommen des Klägers betrug 6.700,- €. Die Beklagte betreibt ein Fitnessstudio, dessen Geschäftsführer der Kläger gewesen war.
2
Das Verfahren endete durch Feststellung eines gerichtlichen Vergleichs, in dem sich die Parteien u.a. über den Verbleib von dem Kläger gehörenden Gegenständen, insbesondere Gewichten, einigten. Wegen der Einzelheiten des Vergleichs wird auf Blatt 84 f der Akten verwiesen.
3
Mit Beschluss vom 07.01.2021 setzte das Gericht den Streitwert für das Verfahren auf 33.500,- € und den Vergleichswert auf 45.423,- € fest. Der Verfahrenswert setzt sich zusammen aus drei Monatsgehältern für den Bestandsstreit, einem Monatsgehalt für das eingeklagte Gehalt für Mai 2020 und ein Monatsgehalt für den Zeugnisanspruch. Der hilfsweise Urlaubsabgeltungsanspruch von 6.923,- € ist im Vergleichswert berücksichtigt. Die Einigung über den Verbleib der dem Kläger gehörenden Gegenstände (Ziff. 5 des Vergleichs) ist mit 5.000,- € bewertet.
4
Mit Schriftsatz vom 07.01.2021 legten die Klägervertreter hiergegen Beschwerde ein, da Ziffer 5 des Vergleichs mit 27.500,- € zu bewerten sei. Der Kläger habe die Gegenstände im Jahre 2005 zu diesem Preis gekauft. Ein Wertverlust sei kaum eingetreten. Soweit man sich auf die Herausgabe geeinigt habe, sie diese schon vor der Protokollierung des Vergleichs erfolgt. Nur die Gewichte sollten nicht herausgegeben werden, für diese habe man sich auf eine Zahlung von 5.000,- € geeinigt.
5
Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 14.01.2021 nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Soweit die Gegenstände schon herausgegeben worden seien und dies im Vergleichstext so festgehalten worden sei, habe kein Regelungsbedürfnis mehr bestanden. Im Übrigen hätte der Zeitwert der Gegenstände allenfalls 10% des Anschaffungswertes betragen.
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Das Landesarbeitsgericht gab den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme bis 10.02.2020. Der Klägervertreter teilte unter Vorlage des Schriftverkehrs mit, dass man sich im Zuge der Vergleichsverhandlungen auf die herauszugebenden Gegenstände geeinigt habe. Die Herausgabe sei dann aber schon vor der Protokollierung erfolgt, so dass dies im Vergleich so festgehalten worden sei. Die übrigen Beteiligten gaben keine Stellungnahme ab.
B.
7
I. Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist statthaft, § 68 Abs. 1 GKG, denn sie richtet sich gegen einen Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühr gemäß § 63 Abs. 2 GKG festgesetzt worden ist. Dies gilt auch für die Festsetzung eines Vergleichsmehrwerts (LAG Nürnberg 28.05.2020 - 2 Ta 76/20 juris; 24.02.2016 - 4 Ta 16/16 juris mwN). Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 200,- €. Die Beschwerde ist innerhalb der in § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG bestimmten Frist eingelegt worden, § 68 Abs. 1 Satz 3 GKG. Der Klägervertreter kann aus eigenem Recht Beschwerde einlegen, § 32 Abs. 2 RVG.
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II. Soweit sich die Beschwerde gegen die Festsetzung des Vergleichswerts richtet, ist sie zum Teil begründet. Der Streitwert für das Verfahren war auch ohne Rüge von Amts wegen zu erhöhen.
9
1. Die seit 01.01.2020 für Streitwertbeschwerden allein zuständige Kammer 2 des Landesarbeitsgerichts Nürnberg folgt grundsätzlich den Vorschlägen der auf Ebene der Landesarbeitsgerichte eingerichteten Streitwertkommission. Diese sind im jeweils aktuellen Streitwertkatalog für die Arbeitsgerichtsbarkeit niedergelegt (derzeitige Fassung vom 09.02.2018, NZA 2018, 498). Der Streitwertkatalog entfaltet zwar keine Bindungswirkung. Er stellt aber aus Sicht des erkennenden Gerichts eine ausgewogene mit den gesetzlichen Vorgaben übereinstimmende Orientierung für die Arbeitsgerichte dar.
10
2. Der Streitwert für das Verfahren war von Amts wegen um den hilfsweise eingeklagten Betrag der Urlaubsabgeltung von 6.923,- € zu erhöhen.
11
a. Die Erhöhung von Amts wegen ist nach § 63 Abs. 3 Nr. 2 GKG durch das Beschwerdegericht möglich.
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b. Der Hilfsantrag des Klägers, im Falle der Erfolglosigkeit der Bestandsschutzklage den Resturlaub abgegolten zu erhalten, ist ebenfalls mit dem eingeklagten Betrag zu bewerten. Zwar fehlt es im Falle eines Vergleiches an einer Entscheidung des Arbeitsgerichts über den Bestandsstreit. Die Parteien haben jedoch in Ziffer 1 des abgeschlossenen Vergleichs die wirksame Beendigung des Vertragsverhältnisses vereinbart. Dies steht im Rahmen des § 45 Abs. 4 GKG einer negativen gerichtlichen Entscheidung gem. § 45 Abs. 1 Satz 2 GKG gleich. Damit fällt der Anspruch auf Urlaubsabgeltung in dem Verfahren an. Er bedurfte einer Befassung der Parteien bei den Vergleichsverhandlungen und floss in die gefundene Lösung in die Ziffer 3 des Vergleiches ein.
13
3. Der Vergleichswert war auf die Beschwerde um 2.812,50,- € auf 48.235,50 € zu erhöhen wegen der Einigung über die Gegenstände in Ziffer 5 des Vergleichs.
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a. Ausgehend vom Verfahrenswert von 40.423,- € ist in Übereinstimmung mit dem Arbeitsgericht für Ziffer 5 des Vergleichs der Wert der bei der Beklagten verbliebenen Gewichte (Ziffer 4 der Anlage zum Vergleich) mit 5.000,- € anzusetzen.
15
b. Wie der nunmehr in der Beschwerde vorliegende Schriftverkehr zeigt, ist die Einigung über den Verbleib und die Eigentumsverhältnisse auch der übrigen Gegenstände im Rahmen der außergerichtlichen Vergleichsverhandlungen im Zusammenhang mit der Erledigung des Rechtsstreits erfolgt. Der letztlich protokollierte Vergleichstext gibt nur wieder, dass die Herausgabe mittlerweile in Erfüllung der Einigung vollzogen wurde. Es ist nicht ersichtlich, dass der Vergleich ohne die Einigung über die Gegenstände abgeschlossen worden wäre.
16
c. Der Wertansatz der Klägervertreter mit 27.500,- € ist allerdings nicht nachvollziehbar. Der Kläger gibt an, dass er die komplette Gerätschaft „von Stettner“ im Jahre 2005 für 27.840,- € gekauft habe. Von diesen Gegenständen habe er „einige Sachen“ nicht verkauft, sondern der Beklagten zu Verfügung gestellt. Zu diesen einigen Sachen gehören auch die bereits mit 5.000,- € bewerteten Gewichte (Ziffer 4 der Anlage zum Vergleich). Da offenbar nur ein Teil der ursprünglich gekauften Gegenstände noch Teil der Verhandlungen waren (ein Teil war ja verkauft), nimmt das Gericht insoweit einen geschätzten Wert von der Hälfte an = 11.250,- €. Unter Anwendung der Afa-Tabelle für „Heil-, Kur-, Sport- und Freizeitbäder (BStBl I 1995, 326), die auch für Sporteinrichtungen gilt, sind Fitness- und Gymnastikgeräte linear über 20 Jahre abzuschreiben. Sie hätten also steuerlich ¾ ihres Anschaffungswertes verloren - unterstellt, sie wären beim Erwerb neu gewesen. Vor diesem Hintergrund ist die bloße Behauptung, die Gegenstände hätten keinen Wertverlust erlitten, nicht nachvollziehbar. Die Einigung hinsichtlich der übrigen Gegenstände ist daher mit maximal ¼ von 11.250,- € zu bewerten, also mit 2.812,50 €.
C.
17
Die Entscheidung konnte ohne mündliche Verhandlung durch den Vorsitzenden alleine ergehen, § 78 Satz 3 ArbGG.
18
Für eine Kostenentscheidung bestand kein Anlass, da das Beschwerdeverfahren gebührenfrei ist und eine Kostenerstattung nicht stattfindet, § 68 Abs. 3 GKG.