Inhalt

LG München I, Endurteil v. 12.03.2021 – 8 O 12696/20
Titel:

Abschalteinrichtung, Kraftfahrt-Bundesamt, Unzulässigkeit, Sittenwidrigkeit, Greifbare Anhaltspunkte, Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Einholung eines Sachverständigengutachtens, Darlegungs- und Beweislast, Abgasskandal, Elektronischer Rechtsverkehr, Streitwertfestsetzung, Elektronisches Dokument, Zug-um-Zug, Vermögensvorteile, Klagepartei, Bestimmte Fahrzeuge, Unzulässige Ausforschung, Kostenentscheidung, Anderweitige Erledigung

Normenkette:
BGB § 823
Schlagworte:
Abschalteinrichtung, Kraftfahrt-Bundesamt, Unzulässigkeit, Sittenwidrigkeit, Greifbare Anhaltspunkte, Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Einholung eines Sachverständigengutachtens, Darlegungs- und Beweislast, Abgasskandal, Elektronischer Rechtsverkehr, Streitwertfestsetzung, Elektronisches Dokument, Zug-um-Zug, Vermögensvorteile, Klagepartei, Bestimmte Fahrzeuge, Unzulässige Ausforschung, Kostenentscheidung, Anderweitige Erledigung
Fundstelle:
BeckRS 2021, 56676

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 17.900,70 € festgesetzt.

Tatbestand

1
Der Kläger macht gegen die Beklagte Ansprüche unter Berufung auf den sog. „Diesel-Abgasskandal“ geltend.
2
Der Kläger erwarb am 10.12.2019 bei der in München einen gebrauchten Pkw der Marke Skoda Octavia III Combi 2.0 TDI mit der Fahrzeugidentifikationsnummer ... zum Preis von 19.700,00 € brutto bei einem Kilometerstand von 86.500 km (Rechnung vom 13.12.2019, Anlage K1). Das Fahrzeug ist mit einem von der Beklagten entwickelten und hergestellten Motor des Typs EA 288 ausgestattet, der der Abgasnorm EU6 unterliegt.
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Zu einem Rückruf des Kraftfahrt-Bundesamtes ist es in Bezug auf das streitgegenständliche Fahrzeug nicht gekommen. Die EG-Typengenehmigung ist bislang nicht entzogen worden. Messungen des Kraftfahrt-Bundesamts im Rahmen der Untersuchungskommission „Volkswagen“ hatten zum Ergebnis, dass alle dort untersuchten Fahrzeuge mit dem Motortyp EA 288 die gesetzlich vorgegebenen Abgasgrenzwerte unabhängig von einer Fahrkurvenerkennung einhielten.
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Sogenannte „Thermofenster“ werden in sämtlichen in der EU produzierten Dieselfahrzeugen mit Abgasrückführung eingesetzt.
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Mit Anwaltsschreiben vom 10.09.2020 (Anlage K14) forderte der Kläger die Beklagte zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 17.900,70 € Zug um Zug gegen Übereignung und Übergabe des streitgegenständlichen Pkw der Marke Skoda Octavia bis 24.09.2020 auf.
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Im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung am 01.03.2021 betrug der Kilometerstand des streitgegenständlichen Fahrzeugs 117.965 km.
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Der Kläger behauptet, dass in dem streitgegenständlichen Fahrzeug unzulässige Abschalteinrichtungen im Sinne der Verordnung (EG) 715/2007 verbaut seien. Der Kläger behauptet im Wesentlichen die Verwendung folgender unzulässiger Abschalteinrichtungen in dem streitgegenständlichen Fahrzeug: Unzulässiges Thermofenster, unzulässige Zykluserkennung nach dem Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ), Umschaltstrategie für den SCR-Katalysator, Umschaltstrategie für den NOx-Speicherkatalysator, „Strecke Zeit-Korridor“ zur Erkennung des Prüfstandes, unzulässige Fahrkurvenerkennung. Die Verwendung der unzulässigen Abschalteinrichtungen könne durch interne vertrauliche VW Dokumente, vorgelegt als Anlagen K4 bis Anlage K6, bewiesen werden. Das verwendete sog. Thermofenster habe zur Folge, dass die Abgasreinigung im streitgegenständlichen Fahrzeug nur bei Außentemperaturen von +10 Grad Celsius bis +30 Grad Celsius einsetze. Die Verwendung der unzulässigen Abschalteinrichtungen führe dazu, dass das Fahrzeug die geforderten Abgaswerte lediglich auf dem Prüfstand einhalte, nicht aber im regulären Betrieb. Schon die Typgenehmigung habe daher nicht erteilt werden dürfen. Es bestehe die Gefahr, dass die Zulassung des Fahrzeugs widerrufen werde. Die Manipulation der Motorsteuerung sei mit Wissen der Leitungsgremien der Beklagten und der leitenden Mitarbeiter der Beklagten erfolgt. Der Kläger ist der Auffassung, die Beklagte habe ihn vorsätzlich sittenwidrig geschädigt und sei ihm daher gemäß §§ 826, 31 BGB zum Schadensersatz verpflichtet. Er hätte bei Kenntnis der tatsächlichen Sachlage das Fahrzeug nicht erworben. Der Kaufvertrag stelle einen wirtschaftlich nachteiligen Vertrag dar. Ihm sei der Kaufpreis zu erstatten, denn er sei so zu stellen, wie er ohne das schädigende Ereignis stehen würde. Ein Nutzungsersatz sei gegenzurechnen. Die Beklagte habe ihn zudem betrogen und sei ihm daher gemäß §§ 823 Abs. 2, 31 BGB i.V.m. § 263 Abs. 1 StGB zum Schadensersatz verpflichtet. Weiter ergebe sich ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte aus §§ 823 Abs. 2, 31 BGB in Verbindung mit §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV sowie aus § 831 BGB.
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Der Kläger beantragt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei Schadensersatz in Höhe von 17.900,70 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 25.09.2020 zu zahlen Zug um Zug gegen Übereignung und Übergabe des Fahrzeugs Skoda Octavia mit der ...
2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeuges Skoda Octavia mit der ... seit dem 25.09.2020 im Annahmeverzug befindet.
3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei die durch die Beauftragung des Prozessbevollmächtigten entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 547,98 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 25.09.2020 zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen
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Die Beklagte bestreitet, dass in dem streitgegenständlichen Fahrzeug unzulässige Abschalteinrichtungen verbaut seien. Dies betreffe sowohl die haltlosen Behauptungen der Klagepartei zu unzulässigen Abschalteinrichtungen in der Form der Verwendung eines unzulässigen Thermofensters, einer unzulässigen Fahrkurvenerkennung bzw. Zykluserkennung sowie einer unzulässigen Lenkwinkelerkennung. Ein unzulässiges Thermofenster sei nicht verwendet worden. Aufgrund des sehr fortschrittlichen Abgasrückführungssystems beim streitgegenständlichen Fahrzeug sei die Abgasrückführung bei einer Außentemperatur zwischen - 24 Grad Celsius bis +70 Grad Celsius zu 100 % aktiv. Der Einsatz von Thermofenstern entspreche nach wie vor dem Stand der Technik und diene dem Bauteilschutz. Die Behauptungen des Klägers zu einer angeblichen Manipulation des SCR-Katalysators würden bereits daran scheitern, dass im streitgegenständlichen Fahrzeug kein SCR-Katalysator verbaut sei. Hervorzuheben sei auch, dass im streitgegenständlichen Fahrzeug keine Umschaltlogik im Sinne des vom Dieselskandal betroffenen EA 189 Motors verbaut sei. Den von der Klagepartei vorgelegten Dokumenten sei nichts Gegenteiliges zu entnehmen. Der Vortrag des Klägers zu den behaupteten unzulässigen Abschalteinrichtungen sei insgesamt unsubstantiiert. Es handele sich um reine Spekulationen und Behauptungen ins Blaue hinein. Insbesondere liege unstreitig kein Bescheid des Kraftfahrt-Bundesamts betreffend das streitgegenständliche Fahrzeug vor, welcher unzulässige Abschalteinrichtungen zum Gegenstand habe. Für sämtliche Fahrzeuge des hier streitgegenständlichen Motortyps EA 288 der Marken VW, Audi, Seat und Skoda gebe es vielmehr keinen amtlichen Rückrufbescheid des Kraftfahrt-Bundesamtes im Zusammenhang mit ihrem Emissionsverhalten, insbesondere nicht wegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung. Dies ergebe sich u.a. aus einem Ausdruck der Webseite des Kraftfahrt-Bundesamts, vorgelegt als Anlage B4. Das Kraftfahrbundesamt sei im Rahmen ausführlicher Untersuchungen zu dem Ergebnis gelangt, dass im EA 288 Motor keine unzulässigen Abschalteinrichtungen zum Einsatz kommen. Auf den Bericht der Untersuchungskommission „Volkswagen“, vorgelegt als Anlage B1, werde Bezug genommen. Das streitgegenständliche Fahrzeug verfüge über eine wirksame EG-Typgenehmigung.
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Ergänzend wird auf sämtliche Aktenbestandteile, insbesondere sämtliche Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 01.03.2021 (Bl. 116/118 d.A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist unbegründet.
I.
13
Die Klage ist zulässig. Die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts München I folgt aus § 32 ZPO, die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts München I ergibt sich aus §§ 23, 71 GVG.
II.
14
Die Klage gegen die Beklagte ist vollumfänglich unbegründet.
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1. Die vom Kläger gegenüber der Beklagten beanspruchte Schadensersatzzahlung von 17.900,70 € Zug um Zug gegen Übereignung und Übergabe des streitgegenständlichen Fahrzeugs Skoda Octavia kommt aus keinem denkbaren Rechtsgrund in Betracht.
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a) Vertragliche Schadensersatzansprüche stehen dem Kläger gegen die Beklagte schon deshalb nicht zu, weil der Kläger das streitgegenständliche Fahrzeug nicht von der Beklagten gekauft hat. Vertragliche Ansprüche macht der Kläger gegen die Beklagte auch nicht geltend.
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b) Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV oder Art. 5 der Verordnung 715/2007/EG. Der Kläger stützt seinen Schadensersatzanspruch darauf, dass er von der Beklagten zur Eingehung einer ungewollten Verbindlichkeit veranlasst worden sei. Das Interesse, nicht zur Eingehung einer ungewollten Verbindlichkeit veranlasst zu werden, liegt jedoch weder im Aufgabenbereich des § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV noch im Aufgabenbereich von Art. 5 der Verordnung 715/2007/EG (vgl. BGH, Urteil vom 30.07.2020 – VI ZR 5/20, Rn. 10–16, zitiert nach juris).
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c) Der Kläger hat gegen die Beklagte auch keinen Anspruch auf Schadensersatz aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 Abs. 1 StGB, § 31 BGB. Ein Anspruch gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 Abs. 1 StGB würde voraussetzen, dass sämtliche objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale des Betrugstatbestands gemäß § 263 Abs. 1 StGB erfüllt sind. Der subjektive Tatbestand des § 263 Abs. 1 StGB setzt die Absicht voraus, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen. Dabei müssten der vom Täter erstrebte Vermögensvorteil und der verursachte Vermögensschaden einander „spiegelbildlich“ entsprechen. Dazu müssen erstrebter Vermögensvorteil und eingetretener Vermögensvorteil durch dieselbe Vermögensverfügung vermittelt sein. Dies ist hier nicht der Fall, vgl. BGH, Urteil vom 30.07.2020 – VI ZR 5/20, Rn. 17–26, zitiert nach juris.
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d) Dem Kläger steht gegen die Beklagte auch kein Schadensersatzanspruch aus §§ 826, 31 BGB wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung zu. Sittenwidrig ist ein Verhalten, das nach seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Hierbei ist das gesamte Verhalten des Schädigers bis zum Eintritt des Schadens beim konkret Geschädigten zugrunde zu legen.
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Dem Kläger ist vorliegend nicht der Nachweis des Vorliegens einer unzulässigen Abschalteinrichtung in Bezug auf das streitgegenständliche Fahrzeug gelungen.
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(1) Die Behauptungen des Klägers, die Beklagte habe unzulässige Abschalteinrichtungen im EA 288 Motor des streitgegenständlichen Fahrzeugs verwendet, sind Behauptungen des Klägers ins Blaue hinein. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens war daher nicht veranlasst. Der Kläger bezieht sich in Teilen seiner Schriftsätze pauschal auf den „Abgasskandal“ und macht Ausführungen zu anderen Fahrzeugen und Motoren. Ein konkreter Bezug zum streitgegenständlichen Fahrzeug und dessen Motor fehlt hingegen in weiten Teilen. Die Klage beruht nach Auffassung des Gerichts letztlich auf dem bloßen Verdacht, die Beklagte habe die Abgasreinigung „manipuliert“. Ein derartiger, letztlich pauschaler und einer General- und Vorverurteilung gleichkommender Vortrag wird den Anforderungen der ZPO an einen substantiierten Klagevortrag nicht gerecht. Die Behauptung des Klägers, der Motor EA 288 der Beklagten müsse als Nachfolgemodell des Motors EA 189 auch in Bezug auf das streitgegenständliche Fahrzeug manipuliert worden sein, ist reine Spekulation
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(2) Gegen die Vermutungen des Klägers spricht, dass es zu einem Rückruf des Kraftfahrt-Bundesamts in Bezug auf das streitgegenständliche Fahrzeug unstreitig nicht gekommen ist. Die Beklagte hat wiederholt darauf hingewiesen, dass vom Kraftfahrt-Bundesamt für den streitgegenständlichen Motortyp EA 288 keinerlei Bescheid des Kraftfahrt-Bundesamts vorliege, welcher unzulässige Abschalteinrichtungen zum Gegenstand habe. Der Beklagte hat insoweit u.a. auf einen Ausdruck der Webseite des Kraftfahrt-Bundesamts verwiesen, vorgelegt als Anlage B4, dem der Kläger nicht entgegengetreten ist. Die Beklagte hat zudem auf Messungen des Kraftfahrt-Bundesamts im Rahmen der Untersuchungskommission „Volkswagen“ verwiesen, die zum Ergebnis hatten, dass alle dort untersuchten Fahrzeuge mit dem Motortyp EA 288 die gesetzlich vorgegebenen Abgasgrenzwerte unabhängig von einer Fahrkurvenerkennung einhielten.
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Der Hinweis des Klägers, dass das Kraftfahrt-Bundesamt am 17.04.2019 einen Rückruf von über 80.000 VW T6 Fahrzeugen mit EA 288 Motor veröffentlicht habe (Anlage K8), führt ebenfalls nicht weiter. Die Beklagte hat hierzu überzeugend ausgeführt, dass es sich hierbei lediglich um eine sog. Konformitätsabweichung handele, die nichts mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung zu tun habe. Dem ist der darlegungs- und beweispflichtige Kläger in der Folge nicht mehr substantiiert entgegengetreten.
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Des Weiteren hat der Kläger sich auf freiwillige Servicemaßnahmen in Bezug auf VW T6 Fahrzeuge mit verbautem EA 288 Motor berufen. Aufgrund des Herstellercodes „23X4“ dieser freiwilligen Servicemaßnahmen folgerte der Kläger, dass hieraus die Betroffenheit des Motors EA 288 vom Abgasskandal deutlich werde, wobei der Kläger einräumen musste, dass ihm die Codierung der Servicemaßnahmen unbekannt sei. Die Beklagte ist auch diesem Vortrag entgegengetreten und hat überzeugend erläutert, dass es sich bei der Servicemaßnahme „23X4“ nicht um einen Rückruf, sondern um ein freiwilliges Software-Update zur Verringerung der Schadstoffemissionen bestimmter Fahrzeuge mit EA 288 Motor handele, das nicht im Zusammenhang mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung stünde. Dem ist der Kläger in der Folge nicht mehr substantiiert entgegengetreten. Dies deckt sich zudem im Ergebnis mit dem vorgelegten Ausdruck der Webseite des Kraftfahrt-Bundesamts, vorgelegt als Anlage B4, sowie mit dem vorgelegten Schreiben des Kraftfahrt-Bundesamts vom 16.03.2020 (Anlage B3), denen jeweils zu entnehmen ist, dass das Kraftfahrt-Bundesamt beim EA 288 Motor bislang gerade keinerlei unzulässige Abschalteinrichtungen festgestellt hat. Vor diesem Hintergrund hat die Beklagte nach Überzeugung des Gerichts zu Recht wiederholt hervorgehoben, dass bislang kein Rückruf wegen unzulässiger Abschalteinrichtungen im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Motortyp EA 288 verfügt wurde
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(3) Des Weiteren ist von dem Kläger bereits nicht schlüssig vorgetragen, dass im streitgegenständlichen Motor eine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut wäre. Erforderlich ist, dass klägerseits die Umstände zum Konstruktionsteil und zu der Abschaltung der Abgasreinigung in bestimmten Umwelt- oder Fahrsituationen voll dargelegt und gegebenenfalls auch nachgewiesen werden. Zur Abgrenzung vom grundsätzlich unbeachtlichen Vortrag ins Blaue hinein hat der Kläger insoweit auch greifbare Anhaltspunkte aufzuzeigen. Auch zur Notwendigkeit der gewählten Ausgestaltung ist zunächst von einer allgemeinen Darlegungslast des Klägers auszugehen, dass und warum die entsprechende Abschalteinrichtung nicht technisch notwendig sein soll. Auch insoweit wären zur Abgrenzung von einem unbeachtlichen Vortrag ins Blaue hinein entsprechende greifbare Anhaltspunkte aufzuzeigen. Erst dann kann die beklagte Autoherstellerin eine sekundäre Darlegungslast treffen, nämlich insbesondere soweit es um die Vorfrage geht, aus welchen technischen Gründen eine konkret dargelegte und gegebenenfalls nachgewiesene Abschalteinrichtung herstellerseits für notwendig gehalten wird. Diesen Anforderungen wird der Vortrag des Klägers nicht gerecht.
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(4) Auch unter Berücksichtigung der vom Kläger vorgelegten vertraulichen VW Dokumente, vorgelegt als Anlagen K4 bis Anlage K6 (wobei Anlage K5 von der Beklagten in vervollständigter Fassung als Anlage B7 vorgelegt wurde), ergeben sich keine tatsächlichen Anhaltspunkte für die Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung beim streitgegenständlichen Fahrzeug mit EA 288 Motor. Die Beklagte hat zu den vorgelegten VW Dokumente insbesondere darauf hingewiesen, dass die in der Applikationsrichtlinie (vgl. Anlage K5 bzw. Anlage B7) genannten Aspekte mit dem Kraftfahrt-Bundesamt abgestimmt seien. Dem ist der Kläger nicht entgegengetreten. Würden sich in der Applikationsrichtlinie tatsächlich Hinweise auf die Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung beim streitgegenständlichen Fahrzeugtyp finden, wäre zwingend ein Rückruf des Kraftfahrt-Bundesamts zu erwarten gewesen, der aber gerade nicht vorliegt. Dies deutet bereits darauf hin, dass in den vorgelegten Dokumenten sich keine Hinweise auf die Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung beim streitgegenständlichen Fahrzeugtyp finden. Eine nähere Prüfung der vorgelegten Dokumente bestätigt dies.
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In der Anlage K5 (dort Seitenzahl 4; ebenso Anlage B7, S. 4) heißt es bezogen auf den Motorentyp EA 288 NSK/EU 6 ab KW 47/2015 unstreitig:
„... Anwendungsbeschreibung:
- NSK: Bedatung, Aktivierung und Nutzung der Fahrkurven zur Erkennung des Precon und des NEFZ, um die Abgasnachbehandlungsevents (DeNOx-/DeSOx-Events) nur streckengesteuert zu platzieren. Im normalen Fahrbetrieb strecken- und beladungsgesteuerte Platzierung der Events; Beladungssteuerung als führende Größe.
Applikationsrichtlinie:
- SOP vor 22/16 (für SOP, Modellpflege und KD-Master): Die o.g. Umschaltungen anhand der Fahrkurven bleiben bestehen unter Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben für Roh- und Endrohremissionen. ...“
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Hierzu hat die Beklagte ausgeführt, dass NSK-Fahrzeuge als Abgasnachbehandlungssystem den NOx-Speicher-Katalysator (NSK) enthalten. Auf diesem würden die Stickstoffoxide (NOx) während des Fahrbetriebs in einem Speicher eingelagert, was wiederum eine daran anknüpfende regelmäßige Regeneration erforderlich mache. Die NSK-Regeneration werde als sog. „DeNOx-Event“ oder „DeNOx-Auslösung“ bezeichnet. Eine weitere Regeneration stelle die Entschwefelung, bezeichnet als „DeSOx“, dar. Bis zum Modelljahreswechsel in der 22. Kalenderwoche des Jahres 2016 (KW 22/16) sei diese regelmäßige Regeneration strecken- und beladungsgesteuert je nach Fahrprofil ca. alle 5 km erfolgt, so dass die Anzahl der Regenerationen während des 11 km langen Prüfzyklus des NEFZ davon abgehangen hätte, wie voll der NSK zu Beginn des Prüfzyklus gewesen sei. Wenn der NSK zu Beginn nahezu leer gewesen wäre, hätte dies zu nur zwei Regenerationen während des NEFZ geführt, andernfalls aber zu drei. Aus diesem Grund sei eine Vorkonditionierung erfolgt, als „Precon“ bezeichnet, damit gewährleistet gewesen sei, dass die NEFZ-Prüfung mit einem leeren NSK begonnen werde. Gegen diese technischen Erläuterungen zur Funktionsweise des NOx-Speicher-Katalysators wurden vom Kläger keine Einwendungen erhoben, sodass das Gericht diese technischen Zusammenhänge als unstreitig der Entscheidung zugrunde zu legen hat.
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Vorstehender Passus zur Anwendungsbeschreibung in der Anlage K5 (dort Seitenzahl 4; ebenso Anlage B7, S. 4) ist danach als tatsächlicher Anhaltspunkt für das Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung ungeeignet. Dass durch das sog. „Precon“ vermieden werden soll, dass im NOx-Speicher-Katalysator gespeicherte Schadstoffe, die aus vorangegangenen Fahrten herrühren, aufgrund einer (ersten) während des NEFZ-Zyklus erfolgenden Regeneration Eingang in die Test-Messung finden, ist ein legitimes Ziel des Herstellers und stellt keine Änderung des Abgasverhaltens im Vergleich zum Realbetrieb dar (so zutreffend OLG Stuttgart, Urteil vom 19.01.2021 – 16 a U 196/19, BeckRS 2021, 3447, Rn. 26).
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Dieses Ergebnis ergibt sich nach Überzeugung des Gerichts auch aus Anlage K4 (dort Seitenzahl 28). Dort wird dargestellt, dass sowohl die im Testbetrieb aktive Regenerations-Strategie 1 (nur streckengesteuert) als auch die im Realbetrieb aktive Strategie 2 (beladungs- und streckengesteuert) (vgl. zur Differenzierung Anlage K4, Seitenzahl 22) jeweils keinen Einfluss auf die Emissionen haben (vgl. Anlage K4, Seitenzahl 28: „Umschaltung in der Software teilweise enthalten, jedoch ohne Einfluss auf Emissionen“). Die Anlagen K4 und K5 stellen bereits aus diesem Grund keinen tatsächlichen Anhaltspunkt für das Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung in Bezug auf das streitgegenständliche Fahrzeug dar. Soweit in den Anlagen K4 und K5 auch Ausführungen zum SCR-Katalysator enthalten sind, betreffen diese nach Überzeugung des Gerichts das streitgegenständliche Fahrzeug nicht, da dieses nach Vortrag der Beklagten in der Klageerwiderung, S. 30, Bl. 77 d.A., dem der darlegungs- und beweispflichtige Kläger nicht substantiiert entgegengetreten ist, über keinen SCR-Katalysator verfügt.
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Auch Anlage K6 beinhaltet keinen tatsächlichen Anhaltspunkt für das Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrìchtung in Bezug auf das streitgegenständliche Fahrzeug. Insbesondere bedeutet die dortige Erwähnung des EA 288 Motors im Zusammenhang mit dem EA 189 Motor keinen Hinweis auf die Existenz einer Umschaltlogik beim EA 288 Motor. Vielmehr geht es hier um die vorbeschriebene Zykluserkennung, die aus vorstehenden Gründen keine unzulässige Abschalteinrichtung darstellt.
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Soweit sich der Kläger schließlich unter Bezugnahme auf Anlage K5 (vgl. dort Seitenzahl 3) sowie u.a. unter Hinweis auf Messungen der Deutschen Umwelthilfe (Anlage K7), auf eine im Realbetrieb des Fahrzeugs angeblich deutliche Überschreitung der gesetzlichen Grenzwerte bezieht, um dadurch das Vorhandensein weiterer, von dem sog. Thermofenster unabhängiger unzulässiger Abschalteinrichtungen zu begründen, dringt er gleichfalls nicht durch. Denn das streitgegenständliche Fahrzeug unterliegt noch nicht dem strengeren, auch den Ausstoß im realen Fahrbetrieb berücksichtigenden Testregime WLTP (Worldwide harmonized Light vehicles Test Procedure) oder RDE (Real Driving Emissions), sondern dem alten NEFZ-Testzyklus. Erwägungsgrund 15 der Verordnung (EG) 715/2007 führt dazu aus:
„Die Kommission sollte prüfen, ob der Neue Europäische Fahrzyklus, der den Emissionsmessungen zugrunde liegt, angepasst werden muss. Die Anpassung oder Ersetzung des Prüfzyklus kann erforderlich sein, um Änderungen der Fahrzeugeigenschaften und des Fahrerverhaltens Rechnung zu tragen. Überprüfungen können erforderlich sein, um zu gewährleisten, dass die bei der Typgenehmigungsprüfung gemessenen Emissionen denen im praktischen Fahrbetrieb entsprechen. Der Einsatz transportabler Emissionsmesseinrichtungen und die Einführung des „not-to-exceed“-Regulierungskonzepts (der Hersteller muss gewährleisten, dass sein Fahrzeug in allen Betriebszuständen die Grenzwerte nicht überschreitet) sollten ebenfalls erwogen werden.“
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Den von dem Kläger postulierten Gleichlauf zwischen den im NEFZ-Prüfzyklus gemessenen und den auf der Straße erreichten Werten sieht der europäische Gesetzgeber für das streitgegenständliche Fahrzeug gerade noch nicht vor, sodass ein Rückschluss von einer etwaigen Grenzwertüberschreitung im Realbetrieb auf die Existenz von unzulässigen Abschalteinrichtungen nicht möglich ist (vgl. auch OLG Karlsruhe, Urteil vom 30.10.2020 – 17 U 296/19, BeckRS 2020, 29048, Rn. 53 ff).
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Und selbst wenn es sich bei der Zykluserkennung um eine unzulässige Abschalteinrichtung handeln würde (wie nicht), wäre ein vorsätzliches Handeln der Beklagten nicht festzustellen. Es fehlt hierzu bereits an ausreichendem Vortrag zu einem vorsätzlichen Handeln der Beklagten bezüglich der Zykluserkennung. Dazu wäre jedenfalls eine konkrete Darlegung und greifbare Anhaltspunkte dafür erforderlich gewesen, warum und wodurch Organe der Beklagten die Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung in der Form einer sog. „Zykluserkennung“ mindestens billigend in Kauf genommen haben sollen. Eine entsprechende Darlegung ist nicht erfolgt.
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(5) Dem Kläger steht gegen die Beklagte auch kein Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB in Bezug auf das Vorbringen zum sog „Thermofenster“ zu. Ob das sog. „Thermofenster“ eine unzulässige Abschalteinrichtung enthält, kann dahinstehen (OLG München, Beschluss vom 29.09.2020 – 8 U 201/20, Rn. 24, zitiert nach juris; vgl. jetzt auch BGH, Beschluss vom 19.01.2021 – VI ZR 433/19, BeckRS 2021, 847 zum Daimler-Thermofenster). Jedenfalls ist der Einsatz des sog. „Thermofensters“ nicht sittenwidrig. Es liegt kein Verstoß gegen „das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden“ vor. Auf die zutreffenden Ausführungen des Oberlandesgerichts München, Beschluss vom 29.09.2020 – 8 U 201/20, Rn. 25–34, wird Bezug genommen. Demnach sprechen Experten von einem „Thermofenster“, wenn die Abgasreinigung abhängig von der Außentemperatur gesteuert wird. Grund sind Kohlenwasserstoffe und Ruß im Abgas.
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Wenn die unverbrannten Rückstände in den kalten Rohrleitungen kondensieren, setzen sie die abgasführenden Bauteile zu. Unter Hinweis auf den gesetzlich zulässigen Bauteilschutz reduzieren die Hersteller die Abgasrückführung bei deutschen Durchschnittstemperaturen. Die vom Bundesverkehrsminister eingesetzte „Untersuchungskommission“ hat dazu festgestellt: „Alle Hersteller nutzen Abschalteinrichtungen ...“ (vgl. Anlage B1, S. 119). Die Automobilindustrie und ihr folgend der Bundesverkehrsminister gehen davon aus, ein „Thermofenster“ sei zulässig (Führ, NVwZ 2017, 265). Bei dieser Sachlage ist in dem Inverkehrbringen von Fahrzeugen, die mit einem Thermofenster ausgerüstet sind, kein sittenwidriges Verhalten zu sehen. Denn selbst wenn man der Auffassung der Klagepartei folgen würde, dass das Thermofenster eine unzulässige Abschalteinrichtung darstelle, könnte nicht festgestellt werden, dass die Beklagte gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstoßen hätte. Thermofenster sind bei der Regelung der Abgasrückführung in Dieselmotoren weit verbreitet, von den Zulassungsbehörden anerkannt und selbst noch im Untersuchungsbericht als offenbar zulässig und sinnvoll angesehen worden. Auch ein vorsätzliches Handeln der Beklagten ließe sich insoweit nicht feststellen. Es fehlt hierzu bereits an ausreichendem Vortrag zu einem vorsätzlichen Handeln der Beklagten bezüglich der angeblich mit dem sog. „Thermofenster“ einhergehenden weiteren Mängel sowie auch an greifbaren Anhaltspunkten hierfür. Dazu wäre jedenfalls eine konkrete Darlegung und greifbare Anhaltspunkte dafür erforderlich gewesen, warum und wodurch Organe der Beklagten die Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung in der Form eines sog. „Thermofensters“ mindestens billigend in Kauf genommen haben sollen. Eine entsprechende Darlegung ist nicht erfolgt.
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Zudem erschöpft sich der Klagevortrag zum sog. Thermofenster im Wesentlichen in der Darstellung, dass bei dem streitgegenständlichen Motor ein sog. „Thermofenster“ bei der Abgasregulierung zur Anwendung komme. Das sog. Thermofenster habe zur Folge, dass die Abgasreinigung im streitgegenständlichen Fahrzeug nur bei Außentemperaturen von +10 Grad Celsius bis +30 Grad Celsius erfolge. Demgegenüber bringt die Beklagte vor, dass in dem Fahrzeug keine unzulässige temperaturgesteuerte Emissionsreduktion in der Form eines unzulässigen sog. Thermofensters stattfinde. Aufgrund des sehr fortschrittlichen Abgasrückführungssystems beim streitgegenständlichen Fahrzeug sei die Abgasrückführung bei einer Außentemperatur zwischen - 24 Grad Celsius bis +70 Grad Celsius zu 100 % aktiv. Der Einsatz von Thermofenstern entspreche dem Stand der Technik und diene dem Bauteilschutz. Der klägerische Vortrag ist nicht ausreichend substantiiert. Der Kläger stellt weder Konstruktionsteile oder spezielle Umwelt- und Fahrsituationen gerade in Bezug auf das streitgegenständliche Fahrzeug näher dar noch setzt sie sich mit der Notwendigkeit der gewählten Ausgestaltung auseinander. Sie behauptet im Wesentlichen, dass eine Abgasreinigung vor allen Dingen bei Außentemperaturen von +10 Grad Celsius bis +30 Grad Celsius erfolge. Dies sei eine unzulässige Abschaltvorrichtung. Eine nähere Darlegung zum streitgegenständlichen Fahrzeugtyp Skoda Octavia III Combi 2.0 TDI wird nicht vorgebracht und unter Beweis gestellt. Letztlich erschöpft sich der Vortrag des Klägers zum sog Thermofenster in weiten Teilen aus einkopierten Zitaten aus Gutachten und Berichten betreffend andere Fahrzeugtypen. Die Aneinanderreihung von Zitaten aus Gutachten und Berichten vermag insoweit nicht den notwendigen, auf den konkreten Einzelfall bezogenen Sachvortrag zu ersetzen. Die Ausführungen des Klägers genügen den Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast der Klagepartei nicht. Der Kläger trägt ins Blaue hinein vor, ohne zumindest greifbare Anhaltspunkte aufzeigen. Konkrete Anknüpfungstatsachen, weshalb das konkret beim streitgegenständlichen Fahrzeug Skoda Octavia III Combi 2.0 TDI eingesetzte Thermofenster nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechen sollte, trägt die Klagepartei nicht vor. Zudem wäre bei Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung beim streitgegenständlichen Fahrzeugtyp, ein Rückruf des Kraftfahrt-Bundesamts zu erwarten, der aber nicht einmal von der Klagepartei behauptet wird. Die Erholung des angebotenen Beweises eines Sachverständigengutachtens wäre unter diesen Voraussetzungen eine unzulässige Ausforschung. Ein Anspruch aus § 826 BGB in Bezug auf das sog. Thermofenster scheidet auch aus diesem Grund aus.
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(6) Entsprechendes gilt für alle weiteren behaupteten unzulässigen Abschalteinrichtungen (insbesondere unzulässige Zykluserkennung, Umschaltstrategie für den SCR-Katalysator, Umschaltstrategie für den NOx-Speicherkatalysator, „Strecke Zeit-Korridor“ zur Erkennung des Prüfstandes, unzulässige Fahrkurvenerkennung). Auch insoweit stellt der Kläger weder Konstruktionsteile oder spezielle Umwelt- und Fahrsituationen gerade in Bezug auf das streitgegenständliche Fahrzeug näher dar noch setzt er sich mit der Notwendigkeit der gewählten Ausgestaltung auseinander. Eine nähere Darlegung zum streitgegenständlichen Fahrzeugtyp wird nicht vorgebracht und unter Beweis gestellt. Die Ausführungen des Klägers genügen den Anforderungen an die Darlegung und Beweislast der Klagepartei nicht. Der Kläger trägt ins Blaue hinein vor, ohne zumindest greifbare Anhaltspunkte aufzeigen. Zudem wäre bei Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung beim streitgegenständlichen Fahrzeugtyp, der bereits seit mehreren Jahren auf dem Markt ist, ein Rückruf des Kraftfahrt-Bundesamts zu erwarten, der aber gerade nicht vorliegt. Die Erholung des angebotenen Beweises eines Sachverständigengutachtens wäre unter diesen Voraussetzungen eine unzulässige Ausforschung.
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(7) Der Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 28.01.2020, Az. VIII ZR 57/19, ändert nichts an den vorstehenden Ausführungen. Keineswegs sollte diese höchstrichterliche Entscheidung den Kläger von jeglichen Anforderungen an einen substantiierten Vortrag befreien. Der Bundesgerichtshof zeigte hier lediglich für den Einzelfall eine Grenze auf, jenseits derer er eine Überspannung der Substantiierungsanforderungen sah. In dem Beschluss heißt es aber auch: „Vielmehr ist von ihm nur zu fordern, dass er greifbare Umstände anführt, auf die er den Verdacht gründet, sein Fahrzeug weise eine oder mehrere unzulässige Abschalteinrichtungen auf.“ An solchen greifbaren Umständen fehlt es jedoch im Vortrag des Klägers im hiesigen Verfahren.
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e) Auch aus § 831 Abs. 1 BGB folgt kein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte. Gemäß den vorstehenden Ausführungen ist den Verrichtungsgehilfen der Beklagten hier insbesondere keine unerlaubte Handlung im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 Abs. 1 StGB bzw. im Sinne von § 826 BGB zur Last zu legen. Damit scheidet auch ein Anspruch aus § 831 Abs. 1 BGB aus.
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2. Mangels Hauptforderung bestehen auch keine Ansprüche auf Zinsen, Feststellung eines Annahmeverzugs oder Erstattung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten gegen die Beklagte.
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Die Klage war im Ergebnis insgesamt unbegründet und daher vollumfänglich abzuweisen.
III.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 S. ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1, S. 2 ZPO.
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Die Streitwertfestsetzung war gemäß §§ 63 Abs. 2, 48 Abs. 1 S. 1 GKG, § 3 ZPO vorzunehmen.