Titel:
Hinausschieben des Eintritts in den Ruhestand, dienstliches Interesse (hier: verneint)
Normenketten:
VwGO § 123 Abs. 1
§ 2 BPolBG i.v.m. § 53 Abs. 1 BBG
Schlagworte:
Hinausschieben des Eintritts in den Ruhestand, dienstliches Interesse (hier: verneint)
Fundstelle:
BeckRS 2021, 56445
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 24.756,42 Euro festgesetzt.
Gründe
1
Der Antragsteller begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung das Hinausschieben seines Ruhestandseintritts.
2
Der Antragsteller, geboren am …10.1959, ist Angehöriger des Bundespolizeiaus- und fortbildungszentrums … (BPOLAFZ ...) im Polizeiärztlichen Dienst (PÄD) und dort als Bearbeiter, zugleich Lehrkraft, im mittleren Polizeivollzugsdienst tätig. Nach § 5 Abs. 2 des Bundespolizeibeamtengesetzes (BPolBG) wäre der Antragsteller ursprünglich mit Ablauf des 31.12.2020 in den Ruhestand getreten. Auf seinen Antrag vom 02.03.2020 hin wurde der Hinausschiebung seines Eintritts in den Ruhestand um zwölf Monate bis zum 31.12.2021 aus dienstlichen Gründen zugestimmt. Seit dem 01.03.2021 wird der Antragsteller im Personalüberhang geführt und ist zu 50 Prozent für Aufgaben im örtlichen Bundespolizeipersonalrat beim BPOLAFZ … freigestellt, sein ursprünglicher Dienstposten wurde bereits nachbesetzt.
3
Mit Schreiben vom 28.05.2021 beantragte der Antragsteller die weitere Hinausschiebung des Eintritts in den Ruhestand zum 31.12.2022 (um weitere zwölf Monate). Mit Schreiben vom 08.06.2021 befürwortete die Leiterin des Polizeiärztlichen Dienstes, …, den Antrag aus polizeiärztlicher Sicht. Innerhalb des PÄD zähle der Antragsteller mit seiner Erfahrung zu den Leistungsträgern. Eine Nachfolge sei mit einem erhöhten Aufwand an Einarbeitung verbunden, die noch nicht abgeschlossen sei. Auch das BPOLAFZ … befürwortete den Antrag mit Schreiben vom 25.06.2021. In der anhaltenden Auslastung des Polizeiärztlichen Dienstes, auch bedingt durch eine weltweite Pandemie, fungiere der Antragsteller als wichtige Unterstützungskraft. Zudem sei er als festes Mitglied des örtlichen Personalrates im BPOLAFZ … tätig.
4
Mit Bescheid vom 23.07.2021 lehnte die Bundespolizeiakademie den Antrag des Antragstellers ab, da kein dienstliches Interesse im Sinne des § 53 Abs. 1 des Bundesbeamtengesetzes (BBG) bestehe, den Eintritt in den Ruhestand erneut hinauszuschieben.
5
Mit Schreiben vom 24.08.2021 erhob der Antragsteller Widerspruch gegen den ablehnenden Bescheid vom 23.07.2021 und führte zur Begründung aus, dass bei objektiver Betrachtung der Personalsituation des PÄD beim BPOLAFZ … ein dienstliches Interesse für ein erneutes Hinausschieben seines Eintritts in den Ruhestand vorliege. Die kurativmedizinische Versorgung für heilfürsorgeberechtigte Kolleginnen und Kollegen könne derzeit am BPOLAFZ … nicht durchgängig sichergestellt werden. Der örtliche Personalrat (ÖPR) in … habe die Bundespolizeiakademie mit Schreiben vom 16.08.2021 aufgefordert, diesen Missstand zu beheben. Wegen der hohen Fluktuationsrate weise der PÄD … durchgängig ein Personalfehl bei den Polizeivollzugsbeamten/Lehrkräften auf, auch wenn der Dienstposten des Antragstellers schon nachbesetzt worden sei. Aktuell seien wieder mehrere Stellen ausgeschrieben. Sollten diese überhaupt im ersten Durchgang besetzt werden können, sei davon auszugehen, dass die Betreffenden zunächst qualifiziert werden müssten. Zugunsten seiner Tätigkeit im PÄD biete der Antragsteller an, seine halbe Freistellung für den ÖPR … an die Fraktion zurückzugeben.
6
Mit Bescheid vom 11.10.2021 wies die Bundespolizeiakademie den Widerspruch des Antragstellers zurück. Voraussetzung für eine erneute Bewilligung der Hinausschiebung des Eintritts in den Ruhestand sei das noch anhaltende Vorliegen eines dienstlichen Interesses. Die Einstellung von Nachwuchskräften bei der Bundespolizei sei auf das Ausscheiden der älteren Beamtinnen und Beamten mit Erreichen der Regelaltersgrenze abgestimmt. Durch Ruhestände vakant werdende Planstellen würden personalwirtschaftlich für die Übernahme von Beamtinnen und Beamten im Vorbereitungsdienst in das Beamtenverhältnis auf Probe sowie ggf. anderweitig geeignete Beschäftigung benötigt. Dieses könne nur dann realisiert werden, wenn diejenigen Beamtinnen und Beamten, welche die gesetzliche Altersgrenze erreichten, auch tatsächlich aus dem Beamtenverhältnis ausschieden. Lediglich in begründeten Einzelfällen könnten nicht benötigte Planstellen im dienstlichen Interesse zeitlich befristet für die Hinausschiebung von Ruheständen herangezogen werden. Für die Funktion des Antragstellers als Bearbeiter und zugleich Lehrkraft bestehe dieser Bedarf personalwirtschaftlich schon deshalb nicht mehr, weil sein Dienstposten bereits nachbesetzt worden sei. Der mit Schreiben vom 02.03.2020 bewilligten Verlängerung der Hinausschiebung des Ruhestandes habe seinerzeit die Erwägung zugrunde gelegen, dass das BPOLAFZ … erst zum 01.03.2019 den Höchststand seines Personalaufwuchses erreicht habe und im Rahmen des erfolgten Personalaufwuchses ein erhebliches Maß an Einarbeitung der neu eingestellten Beschäftigten, insbesondere im Bereich des polizeiärztlichen Dienstes, erforderlich gewesen sei, welcher zu diesem Zeitpunkt personell unterbesetzt gewesen sei. Die Einarbeitung der zu diesem Zeitpunkt eingestellten Beschäftigten im Bereich des PÄD dürfte spätestens zum Zeitpunkt des Ruhestandseintritts des Antragstellers abgeschlossen sein. Darüber hinaus habe das Bundespolizeipräsidiums durch Verfügung festgelegt, dass ein in der Verwendung verbleibender Beamter weiterhin auf dem Dienstposten zu führen sei. Dies sei zum Zeitpunkt der erstmaligen Bewilligung der Dienstverlängerung auf dem vormaligen Dienstposten des Antragstellers der Fall gewesen. Im Gegensatz dazu werde der Antragsteller nunmehr seit 01.03.2021 im Personalüberhang geführt.
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Mit E-Mail vom 14.11.2021 führte die Leiterin des polizeiärztlichen Dienstes in …, …, gegenüber der Antragsgegnerin aus, dass sich die Personalsituation im PÄD seit Antragstellung weiter verschlechtert habe und sich in den nächsten Monaten noch zuspitzen werde. So habe eine Bearbeiterin, zugleich Lehrkraft (ausgebildete Rettungssanitäterin, ausgebildete Ausbilderin Erste Hilfe), zum 01.09.2021 in den PÄD der AST Rothenburg an der Fulda gewechselt, ein Sachbearbeiter, zugleich Lehrkraft (ausgebildeter Rettungssanitäter, ausgebildeter Sachbearbeiter PÄD, ausgebildeter Ausbilder Erste Hilfe), zum 01.11.2021 in den Lehrbereich des BPOLAFZ BA (Erlangung PEKT-Baustein) gewechselt, eine Bearbeiterin zugleich Lehrkraft (ausgebildete Notfallsanitäterin, ausgebildete Bearbeiterin PÄD, ausgebildete Ausbilderin Erste Hilfe mit langjähriger Erfahrung in verschiedenen PÄD), werde zum 01.01.2022 zum PÄD OED wechseln und ein Bearbeiter zugleich Lehrkraft (ausgebildeter Rettungssanitäter, ausgebildeter Bearbeiter PÄD, ausgebildeter Ausbilder Erste Hilfe, ausgebildeter Desinfektor), werde voraussichtlich zum 27.12.2021 in den Lehrbereich des BPOLAFZ OED wechseln. Funktionen seien zwar bereits ausgeschrieben, auch seien offenbar ausreichend Bewerber vorhanden. Dabei handele es sich aber um Polizeimeisterinnen und Polizeimeister mit den verschiedensten medizinischen Kenntnissen. Alle hätten jedoch keinerlei Erfahrung als Bearbeiterin/Bearbeiter PÄD oder Ausbilderin/Ausbilder Erste Hilfe. Im Bereich der medizinischen Fachangestellten sei eine Mitarbeiterin schwanger und derzeit im Homeoffice tätig (bislang noch ohne IT-Ausstattung), eine Mitarbeiterin für drei Jahre in Elternzeit (die Stelle solle zum Januar 2022 ausgeschrieben werden), eine Vollzeit beschäftigte Mitarbeiterin arbeite während ihrer Elternzeit in Teilzeit 50 Prozent, eine Mitarbeiterin (Teilzeit) sei seit Januar 2021, eine weitere Mitarbeiterin (Vollzeit) seit Ende August 2020 erkrankt und eine Mitarbeiterin (Teilzeit) habe zum Dezember 2021 gekündigt. Daher werde gebeten zu prüfen, ob die Möglichkeit bestehe, die Dienstzeit des Antragstellers doch für ein weiteres Jahr zu verlängern. Er besitze eine langjährige Erfahrung in verschiedenen PÄD und könne in allen Bereichen (Aus- und Fortbildung, EAV, AMD, Kurativ/Therapie/Materialwirtschaft) eingesetzt werden.
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Mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 10.11.2021, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth am selben Tag eingegangen, hat der Antragsteller Klage gegen den Bescheid vom 23.07.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.10.2021 erhoben, die diesseits unter dem Az. B 5 K 21.1179 anhängig ist.
9
Mit weiterem Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 16.11.2021, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth am selben Tag eingegangen, beantragt der Antragsteller,
der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, den Eintritt des Antragstellers in den Ruhestand bis zu einem Monat nach Zustellung einer neuen, die Rechtsauffassung des Gerichts beachtenden Entscheidung über seinen Antrag vom 28.05.2021 hinauszuschieben, jedoch nicht länger als bis zum 31.12.2022 und längstens bis zu einer rechtkräftigen Entscheidung im Verfahren am Verwaltungsgericht Bayreuth B 5 K 21.1179 oder dessen anderweitiger Erledigung.
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Zur Begründung wird ausgeführt, dass eine Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr rechtzeitig erwirkt werden könne. Gleichzeitig spreche ein überwiegender Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg in der Hauptsache. Es bestehe ein dienstliches Interesse am antragsgemäßen Hinausschieben des Ruhestandes. Die seitens der Antragsgegnerin vorgebrachten Gründe im Widerspruchsbescheid seien nicht zutreffend bzw. bereits nicht plausibel und nachprüfbar dargelegt. Zwar habe sich der Antragsteller mit Schreiben vom 11.02.2021 damit einverstanden erklärt, dass er ab 01.03.2021 im Personalüberhang geführt werde. Die Antragsgegnerin habe jedoch klargestellt, dass ihm hierdurch keine Nachteile entstünden. Soweit die Antragsgegnerin vortrage, dass die Einarbeitung neuer Beschäftigter im PÄD zum Zeitpunkt des Ruhestandseintritts des Antragstellers abgeschlossen sein werde, handele es sich dabei um eine bloße Mutmaßung. Nicht nachvollziehbar sei weiterhin das Argument der Antragsgegnerin, dass im PÄD … kein Personaldefizit bestehe. Aus dem Schreiben der Frau … gehe hervor, dass der polizeiärztliche Dienst noch immer unterbesetzt sei und der Antragsteller ein wesentlicher Bestandteil des polizeiärztlichen Dienstes des BPOLAFZ … sei. Auch das BPOLAFZ … habe mit Schreiben der Frau … vom 25.06.2021 das Hinausschieben des Ruhestandes des Antragstellers befürwortet. Wegen der unzureichenden Besetzung des PÄD … müssten Außenbegleitungen, Unterrichtsveranstaltungen und teilweise sogar kurativmedizinische Untersuchungen abgesagt werden. Wenn die Antragsgegnerin auf die personelle Situation beim BPOLAFZ … abstelle und vortrage, dass dort alle Dienstposten und Funktionsstellen vergeben seien, übersehe sie, dass es maßgeblich auf den Polizeiärztlichen Dienst am BPOLAFZ … ankomme. Zudem räume die Antragsgegnerin selbst ein, dass drei Stellen ausgeschrieben worden seien. Der Organisations- und Dienstpostenplan des BPOLAFZ … bemesse den Personalschlüssel des polizeiärztlichen Dienstes in … ausgehend von 1.064 Berufsanfängern bzw. Anwärtern. Tatsächlich würden am BPOLAFZ … jedoch mehr als 3.000 Anfänger/Anwärter ausgebildet. Die personelle Situation im PÄD … werde weiterhin dadurch verschärft, dass die pandemische Lage andauere. Allein für die Koordinierungsstelle, die coronabedingte Anrufe entgegennehme, würden zwischen ein und drei Mitarbeiter des PÄD abgestellt. Zudem würden die Coronaschutzimpfungen Personal in erheblicher Weise binden. Der durch die Pandemie bedingte „außerplanmäßige“ Personalbedarf sei im Organisations- und Dienstpostenplan nicht enthalten. Für die Beurteilung des dienstlichen Interesses müsse es ohne Belang sein, ob der Dienstposten des Antragstellers bereits nachbesetzt sei. Soweit die Antragsgegnerin auf Neueinstellungen verweise, verkenne sie die besondere Situation eines polizeiärztlichen Dienstes verbunden mit der Notwendigkeit und Erforderlichkeit von medizinischem Fachpersonal und dessen Qualifikation, deren Erwerb viel Zeit in Anspruch nehme. So dauere die Ausbildung zum Notfallsanitäter drei Jahre in Vollzeit, die Ausbildung zum Rettungssanitäter je nach Landesrecht mindestens 530 Stunden und auch die Ausbildung zur medizinischen Fachangestellten nehme drei Jahre in Anspruch. Weiter sei darauf hinzuweisen, dass es zur Qualifizierung der neuen Kollegen derzeit keine Lehrgänge beim BPOLAFZ … gebe. Der dafür zuständige Bearbeiter sei zur Bundespolizeidirektion nach Sankt Augustin gewechselt. Somit liege derzeit keine Anerkennung für eine Rettungsdienstschule bzw. Rettungsschule vor, die die Qualifikation für Rettungssanitäter etc. vermitteln dürfe. Eine Qualifikation könnten die Kollegen, die neu eingestellt würden, daher nur an Rettungsschulen in der „freien Wirtschaft“ erlangen. Zudem dauerten Stellenausschreibungen in der Regel drei Monate und im Idealfall einer Besetzung schließe sich grundsätzlich erst dann die Qualifikation an, die ihrerseits Monate oder Jahre dauere. Auch aus haushälterischer Sicht bestehe ein dienstliches Interesse der Antragsgegnerin an einem Hinausschieben des Ruhestandes des Antragstellers. So wohne der Antragsteller nahe seiner Dienststelle, d.h. es fielen kein Trennungsgeld, keine Reisekosten etc. an. Dass die tatbestandlichen Voraussetzungen für das antragsgemäße Hinausschieben des Ruhestandes des Antragstellers gegeben und seitens der Antragsgegnerin verkannt worden seien, folge aus einer weiteren aktuellen Stellungnahme des Personalratsvorsitzenden am BPOLAFZ …, Herrn …, vom 16.12.2021. Die Ausführungen des Personalrats bestätigten die mangelnde personelle Ausstattung des PÄD … So führe der Personalrat an, dass immer wieder Sprechstunden ausfallen müssten und eine kurative Versorgung der Polizeiangehörigen nicht sichergestellt sei.
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Mit Schriftsatz vom 22.11.2021 beantragt die Bundespolizeiakademie für die Antragsgegnerin, den Antrag abzulehnen.
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Zur Begründung wird ausgeführt, dass der Antragsteller jedenfalls das Vorliegen eines dienstlichen Interesses am weiteren Hinausschieben seines Ruhestandseintritts nicht glaubhaft gemacht habe. Auf seinem Dienstposten sei bereits ein Nachfolger installiert und eingearbeitet. Das Aufgabenfeld des Antragstellers sei damit anderweitig besetzt. Neue Posten und Stellen würden durch Neueinstellungen besetzt. Nicht ausreichend für das Vorliegen eines dienstlichen Interesses sei der bei jedem Eintritt eines Beamten in den Ruhestand gegebene Umstand, dass mit der Zurruhesetzung Wissen „verloren“ gehe und ein Nachfolger sich erst einarbeiten müsse. Die Einschätzung des Vorliegens des dienstlichen Interesses obliege ausschließlich dem Dienstherrn. Nur er könne die Gesamtsituation der Behörde, die verwaltungspolitischen und personalwirtschaftlichen Entscheidungen überblicken und beurteilen, was aus konkreten besonderen Gründen für eine sachgemäße und reibungslose Aufgabenerfüllung notwendig und sinnvoll erscheine. Auf die Sichtweise des Antragstellers, sonstiger Beschäftigter oder Gremien komme es nicht an. Alle Dienstposten und Funktionsstellen im BPOLAFZ … seien vergeben. Die Umsetzung eines Beamten zur Bundespolizeiausbildungsstätte Rothenburg a.d. Fulda (BPOLAST ROF) werde durch die Polizeikommissarin Fort kompensiert, die über medizinische Kenntnisse verfüge. Die Nachfolge von Polizeihauptmeister … werde zeitnah ausgeschrieben. Die Sache liege den Gremien zur Billigung vor. Zudem würden drei zusätzliche Funktionen zugunsten des PÄD … ausgeschrieben. Die Bewerber verfügten zum Teil über förderliche Vorkenntnisse. Auch im Rahmen des „anerkannten Mehrbedarfs“ seien grundsätzlich alle Funktionen besetzt. Die entsprechende Einarbeitung - die immer bei einer Neueinstellung notwendig sei - werde rechtzeitig erfolgen. Das Schreiben der Antragsgegnerin vom 15.02.2021 mit der Mitteilung, dass der Antragsteller ab dem 01.03.2021 im Personalüberhang geführt werde, sei so zu verstehen, dass dem Antragsteller in seinem zu diesem Zeitpunkt bestehenden Beschäftigungsverhältnis (bis zum 31.12.2021) keine Nachteile entstünden. Im Übrigen sei die Führung des Antragstellers im Personalüberhang nicht der Grund, sondern die Folge der Tatsache, dass kein dienstliches Interesse an dem weiteren Hinausschieben seines Eintritts in den Ruhestand bestehe.
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Der Personalbedarf der Antragsgegnerin sei berechnet worden und das Dienstpostensoll sei erfüllt. Die Antragsgegnerin sei an die Maßgaben der Bundeshaushaltsordnung und der ausführenden Vorschriften gebunden und dürfe nicht beliebig viele Stellen schaffen. Bei der Darstellung von Frau … handele es sich um eine subjektive Empfindung der Belastungssituation aufgrund von Organisationsdefiziten. Im Übrigen führe sie selbst aus, dass die Funktionen ausgeschrieben seien und dass eine hinreichende Anzahl von Bewerbern vorhanden sei. Nur auf diese Weise - durch Funktionsausschreibungen, Neueinstellungen, Verschiebungen - könne die Antragsgegnerin die Probleme langfristig und vernünftig lösen. Die wiederholte Verlängerung der Dienstzeit - wie vom Antragsteller beantragt - bedeute nur eine zeitliche Verlagerung derartiger Schwierigkeiten. Ein besonderer Grund, warum ausgerechnet ausschließlich der Antragsteller eine bestimmte Tätigkeit ausüben solle, sei weder ersichtlich noch vorgetragen. Der Antragsteller sei im Wesentlichen mit der Materialbeschaffung betraut (50 Prozent). Diese Tätigkeit könne auch durch andere Beschäftigte ausgeführt werden. Ausweislich der aktuellen Dienstpostenbesetzungsliste (Stand: 01.12.2021) sei lediglich der Dienstposten laufende Nr. 10 noch unbesetzt. Eine Nachfolge sei ausgeschrieben. Die Bewerbungsfrist ende am 17.12.2021. Eine Bewerberlage liege bereits vor. Die Nachbesetzung sei daher sichergestellt. Die Elternzeit einer Mitarbeiterin im Bereich der medizinischen Assistenzkräfte sei durch die Erhöhung der Zeitanteile anderer Mitarbeiterinnen kompensiert worden. Der anerkannte Mehrbedarf bei den Ärzten sei durch eine Neueinstellung gedeckt worden. Im Bereich der Polizeivollzugsbeamten seien drei zusätzliche Funktionen zugestanden worden. Auch dieser Bedarf könne durch qualifiziertes Personal gedeckt werden. Dies folge aus der Ausschreibung 271_2021. Unter anderem hätten sich gelernte/geschulte Rettungshelfer, Krankenpfleger o.ä. beworben. Die Auswahlentscheidungen befänden sich aktuell in der Gremienbeteiligung. Die geltend gemachten Krankheitsausfälle seien bei jedem Dienstherrn normal und von vorübergehender Natur. Die entsprechenden Vertretungen für diese, aber auch für Beschäftigte in Elternzeit seien mit der Leitung des BPOLAFZ … zu klären und intern zu regeln. Dem PÄD … stehe mehr als ausreichend Personal zur Verfügung. Es hätten sogar 26 Beamte zur Impfung abgestellt werden können. Dabei sei die Impfung ein freiwilliges, zusätzliches Angebot der Antragsgegnerin und gehöre nicht zu deren Kernaufgaben. Die größte Impfkampagne bei der BPOLAK sei abgeschlossen, die Impfstraßen seien weitgehend geschlossen worden bzw. blieben nicht mehr in der ursprünglichen Größenordnung erhalten. Auch das Verhalten des Antragstellers selbst widerspreche seinem jetzigen Vortrag. Denn er habe nach der Bewilligung des erstmaligen Hinausschiebens des Ruhestandseintritts seinen Arbeitsanteil auf 50 Prozent reduziert und eine hälftige Freistellung für die Mitarbeit beim örtlichen Personalrat beantragt. Dies belege, dass die einzige Motivation des Antragstellers, die Hinausschiebung des Ruhestandseintritts zu erreichen, seine rein persönlichen Interessen seien, wie der Erhalt von höheren Bezügen, die Erhöhung der Pensionsansprüche und eine Vermeidung der Langeweile im Ruhestand. Dies seien jedoch keine dienstlichen Interessen.
14
Ergänzend wird entsprechend § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO auf die Gerichtsakte und die vorgelegte Behördenakte verwiesen.
15
Der zulässige Antrag hat in der Sache keinen Erfolg.
16
Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint (Regelungsanordnung). Im Hinblick auf die durch Art. 19 Abs. 4 GG, Art. 47 GR-Charta gewährleistete Garantie effektiven Rechtsschutzes ist der Antrag begründet, wenn der geltend gemachte Anspruch hinreichend wahrscheinlich ist (Anordnungsanspruch) und es dem Antragsteller schlechthin unzumutbar ist, das Ergebnis des Hauptsacheverfahrens abzuwarten (Anordnungsgrund). Diese Voraussetzungen sind gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO glaubhaft zu machen.
17
Der Antragsteller begehrt eine Regelungsanordnung im Sinne des § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO, denn sein Begehren ist auf die Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis und damit auf eine Änderung des Status Quo gerichtet (vgl. BayVGH, B.v. 17.9.2009 - 3 CE 09.1383 - juris Rn. 43), nämlich auf die Verpflichtung der Antragsgegnerin zum Hinausschieben des Ruhestandseintritts.
18
1. Dem Antragsteller steht der erforderliche Anordnungsgrund zur Seite, denn seinem Begehren auf Hinausschieben des Ruhestandseintritts kann nur bis zum Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze nach § 5 Abs. 2 BPolBG bzw. bis zum Ablauf der bereits gewährten Dienstzeitverlängerung gemäß § 2 BPolBG i.V.m. § 53 Abs. 1 BBG stattgegeben werden. Mit Erreichen der Altersgrenze bzw. Ablauf der gewährten Dienstzeitverlängerung wird das Beamtenverhältnis kraft Gesetzes in ein Ruhestandsverhältnis umgewandelt, ohne dass es dazu eines Verwaltungsaktes bedarf. Nach Eintritt des Ruhestandes ist somit das Hinausschieben nicht mehr möglich (st. Rspr., z.B. BayVGH, B.v. 9.8.2010 - 3 CE 10.928 - juris Rn. 24; B.v. 30.8.2007 - 3 CE 07.2028 - juris Rn. 14). Denn ein „Hinausschieben“ des Eintritts in den Ruhestand ist schon begrifflich nur möglich, solange dieser noch nicht begonnen hat (vgl. OVG RP, B.v. 22.82016 - 2 A 10453/16.OVG - NVwZ - RR 2017, 201 = juris Rn. 5). Die Reaktivierung von Beamten, die wegen des Erreichens der Altersgrenze in den Ruhestand getreten sind, ist - anders als bei Beamten, die einstweilig in den vorläufigen Ruhestand oder wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt worden sind - gesetzlich nicht vorgesehen (so auch HambOVG, B.v. 26.8.2011 - 1 Bs 104/11 - juris Rn. 6).
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Dem danach statthaften und auch sonst zulässigen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung kann nicht das in einstweiligen Rechtsschutzverfahren grundsätzlich zu berücksichtigende Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache entgegengehalten werden. Insofern ist zunächst festzuhalten, dass sowohl die Ablehnung der begehrten Anordnung als auch ihre Stattgabe eine tatsächliche Vorwegnahme der Hauptsache darstellen. Denn die Dauer des Hauptsacheverfahrens dürfte, zumal wenn mehrere Instanzen durchlaufen werden, den Zeitraum der vom Antragsteller begehrten Verlängerung seiner aktiven Dienstzeit überschreiten. Das ist jedoch grundsätzlich hinzunehmen, um einen effektiven Rechtsschutz des Antragstellers zu gewährleisten (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG). Allerdings kann in diesem Fall eine einstweilige Anordnung nur ergehen, wenn ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg in der Hauptsache besteht (vgl. BVerfG, B.v. 25.10.1988 - 2 BvR 745/88 -, BVerfGE 79, 69 [75]; BVerwG, U.v. 18.4.2013 - 10 C 9.12 -, BVerwGE 146, 189 [197], B.v. 14.12.1989 - 2 ER 301.89 -, juris Rn. 3 und v. 13.8.1999 - 2 VR 1.99 -, BVerwGE 109, 258 [262]; OVG RP, B.v. 19.4.2000 - 2 B 10642/00.OVG -, NVwZ-RR 2000, 680, und v. 22.8.2018 - 2 B 11007/18.OVG -, NVwZ-RR 2019, 42 [43]; VGH BW, B.v. 31.3.2015 - 4 S 630/15 -, juris Rn. 2; HessVGH, B.v. 27.9.2016 - 7 B 2379/16 -, NVwZ-RR 2017, 143 [144]; Schenke, in: Kopp/Schenke [Hrsg.], VwGO, 26. Aufl. 2020, § 123 Rn. 14 m.w.N.). Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall, wie nachfolgend aufgezeigt wird, nicht erfüllt.
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2. Für das Begehren des Antragstellers fehlt es an einem Anordnungsanspruch.
21
Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf ein weiteres Hinausschieben des Ruhestandseintritts nach § 2 BPolBG i.V.m. § 53 Abs. 1 BBG.
22
Nach § 2 BPolBG i.V.m. § 53 Abs. 1 Satz 1 BBG kann der Eintritt in den Ruhestand auf Antrag der Beamtin oder des Beamten bis zu drei Jahre hinausgeschoben werden, wenn (1.) dies im dienstlichen Interesse liegt und (2.) die Arbeitszeit mindestens die Hälfte der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit beträgt. Gemäß § 53 Abs. 1 Satz 2 BBG ist der Antrag spätestens sechs Monate vor dem Eintritt in den Ruhestand zu stellen.
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Die Entscheidung über den Antrag eines Beamten auf Hinausschieben des Ruhestandseintritts ist damit in das Ermessen des Dienstherrn gestellt. Ein Rechtsanspruch des Beamten auf das Hinausschieben besteht nicht bzw. auf der Grundlage des als Ermessenvorschrift formulierten § 53 Abs. 1 Satz 1 BBG nur, wenn das Ermessen im Einzelfall ausnahmsweise auf Null reduziert ist, weil die Tatbestandsvoraussetzungen der Norm vorliegen und aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalles nur eine Ermessensausübung in einer bestimmten Richtung, nämlich zugunsten des Hinausschiebens, rechtmäßig erscheint. Anderenfalls besitzt der Beamte auch bei Vorliegen aller Tatbestandsvoraussetzungen der Norm lediglich einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über seinen Antrag.
24
Im vorliegenden Fall hat die Antragsgegnerin ein dienstliches Interesse an der Fortführung der Dienstgeschäfte durch den Antragsteller zu Recht verneint. Es fehlt daher bereits an der Tatbestandsvoraussetzung des dienstlichen Interesses am Hinausschieben des Ruhestandseintritts nach § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BBG, so dass der Ermessensrahmen der Vorschrift nicht eröffnet ist (vgl. BayVGH, B.v. 25.9.2008 - 3 AE 08.2500 - juris, Rn. 17).
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Ein dienstliches Interesse am Hinausschieben des Ruhestandseintritts setzt einen Personalbedarf der Verwaltung sowie die persönliche Eignung des Beamten für das Hinausschieben des Ruhestandseintritts voraus (st. Rspr., z.B. BayVGH, B.v. 25.9.2008 - 3 AE 08.2500 - juris, Rn. 17).
26
Es kann offenbleiben, ob der unbestimmte Rechtsbegriff des „dienstlichen Interesses“ der zuständigen Behörde einen Beurteilungsspielraum eröffnet und damit gerichtlich nur eingeschränkt nachprüfbar ist (vgl. BayVGH, B.v. 25.9.2008 - 3 AE 08.2500 - juris Rn. 17) oder ob es sich zwar um einen gerichtlich voll nachprüfbaren Rechtsbegriff handelt, dieser aber durch personalwirtschaftliche und organisatorische Entscheidungen vorgeprägt ist, die ihrerseits im Organisationsermessen des Dienstherrn liegen und daher nur eingeschränkt gerichtlich nachprüfbar sind (vgl. z.B. VGH BW, B.v. 15.1.2013 - 4 S 1519/12 - juris Rn. 12; OVG NW, B.v. 28.10.2013 - 6 B 1181/13 - juris Rn. 4). Es besteht jedenfalls darin Einigkeit, dass die Entscheidung des Dienstherrn über das Vorliegen eines dienstlichen Interesses an der Fortführung der Dienstgeschäfte vom Verwaltungsgericht lediglich eingeschränkt überprüft werden kann, nämlich auf das Vorliegen sachfremder Erwägungen bzw. Willkür und auf Abweichungen von der allgemeinen Verwaltungspraxis zum Nachteil des Beamten.
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Zu Recht weist die Antragsgegnerin in der Antragserwiderung darauf hin, dass sich das dienstliche Interesse in dem vorgenannten Sinne nach dem gesetzlichen Auftrag der Behörde richtet. Es bezeichnet das Interesse des Dienstherrn an einer sachgemäßen und reibungslosen Aufgabenerfüllung. Dabei ist das dienstliche Interesse maßgebend durch verwaltungspolitische Entscheidungen des Dienstherrn vorgeprägt, die ihrerseits gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar sind. Es obliegt dem Dienstherrn, in Ausübung der ihm zugewiesenen Personal- und Organisationshoheit zur Umsetzung gesetzlicher und politischer Ziele die Aufgaben der Verwaltung festzulegen, ihre Prioritäten zu bestimmen, sie auf einzelne Organisationseinheiten zu verteilen und ihre Erfüllung durch bestmöglichen Einsatz von Personal sowie von Sachmitteln sicherzustellen. Angesichts der dem Dienstherrn insoweit zukommenden Einschätzungsprärogative und Gestaltungsfreiheit ist die gerichtliche Kontrolle dieser Entscheidungen auf die Prüfung beschränkt, ob die gesetzlichen Grenzen des Organisationsermessens überschritten sind oder von diesen in unsachlicher Weise Gebrauch gemacht worden ist (vgl. dazu VG Magdeburg, B.v. 7.2.2008 - 5 B 18/08 - juris; VG Gießen, B.v. 22.4.2008 - 5 L 729/08.Gi - juris und VG Saarlouis, GB v. 27.10.2009 - 2 L 1751/09 - juris, Rn. 9).
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Ein dienstliches Interesse wird insbesondere dann vorliegen, wenn das Hinausschieben des Ruhestandseintritts nach der Einschätzung des Dienstherrn - nicht aus der Sicht des Betroffenen oder sonstiger Beschäftigter wie etwa der Mitglieder des örtlichen Personalrats - aus konkreten besonderen Gründen für eine sachgemäße und reibungslose Aufgabenerfüllung notwendig oder sinnvoll erscheint. Dies mag etwa dann der Fall sein, wenn die Bearbeitung der dem betroffenen Beamten übertragenen (komplexen und schwierigen) Aufgaben gerade durch diesen auch noch zu einem nach seinem regulären Eintritt in den Ruhestand gelegenen Zeitpunkt geboten oder sinnvoll erscheint. Dies kann z.B. bei von dem Beamten (mit -)betreuten Projekten der Fall sein, welche erst nach der für ihn geltenden Regelaltersgrenze abgeschlossen werden können. Im Einzelfall mag sich ein dienstliches Interesse auch daraus ergeben, dass der längere Verbleib des betroffenen Beamten in seiner Behörde deshalb notwendig oder sinnvoll erscheint, weil eine effektive Einarbeitung eines Nachfolgers dies in zeitlicher Hinsicht verlangt. Schließlich wird ein Hinausschieben der Altersgrenze auch etwa dann im dienstlichen Interesse liegen können, wenn noch kein geeigneter Nachfolger zur Verfügung steht und die Wahrnehmung der gesetzlichen Aufgaben durch die Behörde ausnahmsweise einstweilen nur durch eine Weiterbeschäftigung des betroffenen Beamten sichergestellt werden kann oder dies dem Dienstherrn aus anderen, hier nicht näher zu spezifizierenden Gründen als sinnvoll erscheint (OVG BB, B.v. 25.11.2014 - OVG 4 S 32.14; v. 16.2.2017 - OVG 10 S 6.17 - juris Rn. 4; B.v. 24.7.2019 - OVG 4 S 26.19 - juris Rn. 13 vgl. OVG RP, B.v. 17.7.2017 - 2 B 11273/17 - juris Rn.13; OVG NW, B.v. 9.10.2019 1 B 1058/19 - juris Rn. 12 m.w.N.).
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Es besteht auch kein Bedürfnis, die Fälle des § 53 Abs. 1b BBG in den von § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BBG verwendeten Begriff des dienstlichen Interesses hineinzulesen. § 53 Abs. 1b BBG benennt nämlich beispielhaft („insbesondere“) Fallgestaltungen, in denen ein Hinausschieben des Eintritts in den Ruhestand gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BBG offensichtlich nicht im dienstlichen Interesse liegt. Dies wird in den Fällen besonders deutlich, in denen die von der Beamtin oder von dem Beamten bisher wahrgenommenen Aufgaben wegfallen, bestimmte personalwirtschaftliche Gründe (sogar) gegen eine Weiterbeschäftigung sprechen oder zu erwarten ist, dass die Beamtin oder der Beamte den Anforderungen des Dienstes nicht mehr gewachsen ist (§ 53 Abs. 1b Nr. 1, 5 und 6 BBG). Der Umstand, dass keine dienstlichen Belange entgegenstehen, begründet aber für sich allein noch kein dienstliches Interesse an dem Hinausschieben des Eintritts in den Ruhestand. Der Beamte oder die Beamtin muss vielmehr auch dann, wenn keine dienstlichen Belange im Sinne des § 53 Abs. 1b BBG entgegenstehen, darlegen bzw. beweisen, dass das begehrte Hinausschieben im dienstlichen Interesse liegt. Dies gilt auch für den Antragsteller (vgl. OVG NW, B.v. 9.10.2019 1 B 1058/19 - juris Rn. 27).
30
Der Begriff des dienstlichen Interesses ist objektiv-rechtlicher Natur und wird nicht durch subjektive Interessen der Antragstellenden - etwa im Wege einer Interessenabwägung - (mit) bestimmt (vgl. OVG BB, B.v. 25.11.2014 - OVG 4 S 32.14 - BA S. 7; Gaenslen, ZBR 2014, 370 <374>). Insbesondere auch die steigende Lebenserwartung und das damit einhergehende Interesse nach individueller Bestimmung der persönlichen Lebensarbeitszeit, spielt bei der Bestimmung des dienstlichen Interesses keine Rolle (vgl. OVG RP, B.v. 17.7.2017 - 2 B 11273/17 - juris Rn. 14). Etwas Anderes folgt nicht daraus, dass der Gesetzgeber dem Beamten ein Antragsrecht einräumt. Die Vorschrift vermittelt dem Beamten hiermit ein subjektives Recht auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen gegeben sind (Günther, NWVBl. 2014, 325 m.w.N.), wirkt aber nicht auf deren Auslegung ein (OVG BB, B.v. 24.7.2019 - OVG 4 S 26.19 - juris Rn. 14).
31
Wird das dienstliche Interesse am Hinausschieben des Ruhestandes eines Beamten danach durch das öffentliche Interesse an der Aufgabenerfüllung der Verwaltung bestimmt, deren Gewährleistung im weiten Organisationsermessen des Dienstherrn steht, wird ein Antragsteller dann, wenn der Dienstherr ein dienstliches Interesse an seiner Weiterbeschäftigung in Abrede stellt, nur in seltenen Fällen ein dienstliches Interesse am Hinausschieben seines Ruhestandes darlegen können. Dies begründet keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. OVG NW, B.v. 28.10.2013 - 6 B 1181/13 - juris Rn. 6). Auch gebietet dieser Befund nicht, den Beamten von seiner nach allgemeinen Regeln bestehenden Darlegungslast zu entbinden (OVG BB, B.v. 24.7.2019 - OVG 4 S 26.19 - juris Rn. 16).
32
Gemessen an diesen Grundsätzen ist die Entscheidung der Bundespolizeiakademie in den angegriffenen Bescheiden, den Ruhestandseintritt des Antragstellers nicht nochmals hinauszuschieben, im Ergebnis nicht zu beanstanden. Der Antragsteller hat nicht glaubhaft gemacht, dass auf der Grundlage der von der Antragsgegnerin getroffenen Organisationsgrundentscheidungen ein dienstliches Interesse besteht bzw. die Antragsgegnerin ihr Organisationsermessen fehlerhaft ausgeübt hat und bei fehlerfreier Ermessensbetätigung dieses dienstliche Interesse zu bejahen wäre. Dies gilt sowohl für eine auf den vormaligen Dienstposten des Antragstellers bezogene als auch für eine den gesamten PÄD … in den Blick nehmende Betrachtung.
33
Entgegen der Auffassung des Antragstellers liegt ein Personalbedarf, der durch das Hinausschieben seines Ruhestandseintritts bis zum 31.12.2022 gedeckt werden könnte, beim polizeiärztlichen Dienst des BPOLAFZ … nicht vor. Dies hat die Antragsgegnerin im Rahmen ihres Widerspruchsbescheides vom 11.10.2021 sowie im gerichtlichen Verfahren unter Vorlage ihres Dienstpostenbesetzungsplanes nachvollziehbar dargelegt. Der Antragsteller kritisiert zwar, bestreitet aber nicht die personalpolitische Grundentscheidung der Antragsgegnerin, dem Personalbedarf beim PÄD … mit Neueinstellungen und Nachbesetzung freier Stellen zu begegnen sowie deren Einschätzung, dass dem regelmäßig mit der Pensionierung eines erfahrenen Mitarbeiters einhergehenden Verlust von Erfahrung und Spezialwissen mit vorhandenem Personal begegnet werden kann, ohne dass die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung in Frage stünde. Auch mit der Darlegung der beim PÄD … aktuell bestehenden und prognostisch eintretenden Vakanzen macht der Antragsteller nicht glaubhaft, dass die Einschätzung der Antragsgegnerin, die Arbeit könne auch ohne den Antragsteller geschafft werden, fehlerbehaftet ist. Das Auftreten von Vakanzen in einem größeren Personalkörper stellt noch nicht dessen Funktionsfähigkeit in Frage. Die Beurteilung, ob die Erhöhung der Arbeitsbelastung durch die Übernahme von Vertretungsaufgaben und die Einarbeitung neuer Kolleginnen und Kollegen zu bewältigen ist, ohne dass die ordnungsgemäße Aufgabenwahrnehmung insgesamt in Frage gestellt wird, fällt in die Einschätzungsprärogative des Dienstherrn. Es liegt in seinem Organisationsermessen, wenn er auch mit Blick auf die Dauer von Stellenbesetzungsverfahren von der vom Antragsteller für sinnvoll erachteten Möglichkeit einer befristeten Entlastung durch das Hinausschieben seines Ruhestandes keinen Gebrauch machen will (vgl. OVG BB, B.v. 24.7.2019 - OVG 4 S 26.19 - juris Rn. 21). Vor diesem Hintergrund ist auch nicht maßgebend, dass die Leiterin des PÄD … in mehreren Schreiben sowie der örtliche Personalrat auf Personalengpässe im polizeiärztlichen Dienst verweisen und auch die örtliche Personalstelle des BPOLAFZ … ein Hinausschieben des Ruhestandseintritts des Antragstellers befürwortet. Ausweislich der Darlegungen der Antragsgegnerin sind derzeit alle Stellen und Funktionen im polizeiärztlichen Dienst besetzt bzw. ausgeschrieben. Dass die Bundespolizeiakademie ihrem Dienstpostenbesetzungsplan eine geringere Zahl von Polizeimeisteranwärter/innen zugrunde gelegt hätte als tatsächlich am BPOLAFZ … vorhanden, wird aus der vorgelegten Verwaltungsakte nicht ersichtlich.
34
Abweichendes folgt auch nicht aus der noch immer vorherrschenden Coronapandemie. Die Frage, ob etwaige Mehrbelastungen infolge der pandemischen Lage mit dem vorhandenen Personal geschultert werden können, unterliegt ebenfalls der Einschätzungsprärogative des Dienstherrn. Im Übrigen führte die Bundespolizeiakademie diesbezüglich im gerichtlichen Verfahren aus, dass die Mehrzahl der bundespolizeieigenen Impfzentren inzwischen geschlossen worden seien und die Pandemie auch in Zeiten der Maximalbelastung mit dem vorhandenen Personal habe bewältigt werden können; es hätten sogar 26 Beamte zur Impfung abgestellt werden können.
35
Auch bezogen auf seinen konkreten Aufgabenbereich legt der Antragsteller nicht dar, dass die Einschätzung der Antragsgegnerin, die ordnungsgemäße Erfüllung der von ihm wahrgenommenen Aufgaben sei auch im Falle seines Ruhestandseintritts zum 01.01.2022 sichergestellt, fehlerbehaftet ist. Zumal nach den unbestrittenen Ausführungen der Bundespolizeiakademie auf dem vormaligen Dienstposten des Antragsstellers bereits ein Nachfolger installiert und eingearbeitet wurde, weswegen der Antragsteller seit 01.03.2021 im Personalüberhang geführt wird.
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Zudem bezweckt die Antragsgegnerin mit der Ablehnung des Hinausschiebens des Ruhestandseintritts, Neueinstellungen von Polizeivollzugsbeamten in einem Umfang zu ermöglichen, der einen ausgewogenen Altersaufbau und damit eine vorausschauende und nachhaltige Personalplanung sowie die Erhaltung der Leistungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes gewährleistet. Angesichts dieser Situation ist es nicht zu beanstanden, das Hinausschieben des Ruhestandseintritts des Antragstellers zu versagen. Den Antragsteller trifft damit auch keine besondere Härte, sondern lediglich die vom Gesetzgeber vorgesehene Rechtsfolge des Erreichens der gesetzlichen Altersgrenze.
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Nach alledem war der Antrag abzulehnen.
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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4. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 52 Abs. 6 Satz 4 i.V.m. Satz 1 bis 3 des Gerichtskostengesetzes (GKG). Anzusetzen ist demnach die Hälfte der Summe der für ein Kalenderjahr zu bezahlenden Bezüge. Eine weitere Reduktion des Streitwerts im Hinblick auf Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs der Verwaltungsgerichtsbarkeit ist wegen der angestrebten Vorwegnahme der Hauptsache nicht anzeigt. Unter Zugrundelegung der Besoldung nach A9 in der Endstufe in Höhe von 3.799,32 Euro zuzüglich der Amtszulage in Höhe von 326,75 Euro ergibt sich ein Streitwert von 24.756,42 Euro.