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VG München, Beschluss v. 27.12.2021 – M 9 K9 21.2677
Titel:

Anhörungsrüge und Gegenvorstellung, Kosten des Beigeladenen, offensichtlicher Gehörsverstoß

Normenkette:
VwGO § 152a
Schlagworte:
Anhörungsrüge und Gegenvorstellung, Kosten des Beigeladenen, offensichtlicher Gehörsverstoß
Fundstelle:
BeckRS 2021, 56301

Tenor

I. Die Kostenentscheidung in Ziff. II des Beschlusses vom 29. April 2021 (M 9 K 20.847) wird aufgehoben und das Verfahren insoweit fortgeführt.
II. Die Kostenentscheidung in Ziff. II des Beschlusses vom 29.April 2021 (M 9 K 20.847) wird wie folgt gefasst:
„Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen“
III. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei.

Gründe

I.
1
Mit Beschluss von 29.April 2021 (M 9 K 20.857) wurde das Verfahren nach Klagerücknahme eingestellt (Ziff. I) und die Kosten des Verfahrens dem Kläger auferlegt (Ziff.II S.1). Verfügt wurde in Ziff.II S.2, dass die Beigeladene ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt. Der Beschluss wurde nach dem Antrag der Bevollmächtigten der Beigeladenen und ausweislich der Akten mit einer Terminsaufhebung am Montag, 3. Mai 2021 zugestellt.
2
Die Bevollmächtigte der Beigeladenen hatte mit Schriftsatz vom 23. März 2020 im Verfahren M 9 K 20.847 einen Antrag auf Klageabweisung gestellt.
3
Mit am Montag, 17.Mai 2021 beim Verwaltungsgericht eingegangenem Schriftsatz hat die Bevollmächtigte der Beigeladenen Gegenvorstellung und Anhörungsrüge gegen die Kostenentscheidung erhoben und beantragt, das eingestellte Verfahren fortzuführen mit dem Ziel, Ziff.II des Beschlusses vom 29. April 2021 dahingehend abzuändern, dass der Kläger verpflichtet ist, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.
4
Der Bevollmächtigte des Klägers ist dem entgegengetreten. Der Beklagte hat sich nicht geäußert.
5
Das Gericht hat die Beteiligten bereits mit der Erstzustellung darauf hingewiesen, dass die Einzelrichterin den Klageantrag der Bevollmächtigten der Beigeladenen übersehen habe.
6
Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Verfahren Bezug genommen.
II.
7
Der Antrag hat Erfolg.
8
Die Anhörungsrüge ist begründet und das Verfahren war fortzuführen, § 152 a Abs. 1, Abs. 5 VwGO.
9
Die Beigeladenen hat mit Schriftsatz vom 23.März 2020 einen Klageabweisungsantrag gestellt und sich somit einem Kostenrisiko ausgesetzt. Dies wurde bei Einstellung des Klageverfahrens M 9 K 20.847 schlicht übersehen.
10
Die offensichtlich aktenwidrige Bewertung der Prozesslage der Beigeladenen ist ein greifbar schwerer Gehörsverstoß, der insoweit offensichtlich ist, als er sich ohne weiteres aus den Akten ergibt (OVG Münster B. v. 11.7.2016 - 2 E 26/16). Die offensichtliche Verkennung der Prozesslage hat den Anspruch der Beigeladenen auf rechtliches Gehör bezogen auf die Kostenentscheidung in entscheidungsrelevanter Weise verletzt. Maßgeblich war auch, dass sich die Verkennung der Prozesslage durch das Gericht dem Einstellungsbeschluss nicht entnehmen ließ, da dieser keine Begründung enthielt und die Beteiligten nach Klagerücknahme keine weitere Gelegenheit zur Äußerung hatten. Ohne diesen Gehörsverstoß hätte das Gericht anders entschieden, so dass die Kausalität zweifelsfrei feststeht.
11
Im Hinblick auf die fristgerecht erhobene Anhörungsrüge und die Gegenvorstellung besteht hinsichtlich der unanfechtbaren Kostenentscheidung im Lichte des Art. 103 Abs. 1 GG eine Änderungsbefugnis in Anlehnung und entsprechend der Wertungen des § 152a Abs. 1 VwGO. Unter Aufhebung der alten Kostenentscheidung war deshalb eine neue zutreffende Kostenentscheidung zu treffen und entsprechend der ständigen Rechtsprechung der Kammer dem Kläger die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen. Es entspricht der Billigkeit und der ständigen Rechtspraxis der Kammer, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, § 154 Abs. 3 VwGO.
12
Eine Kostenentscheidung und Streitwertfestsetzung für das Rüge- und Abänderungsverfahren ist nicht erforderlich. Es wird keine Gerichtsgebühr erhoben, § 21 Abs. 1 S.1 GKG und eine Rechtsanwaltsgebühr fällt nicht an, § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Buchst. b RVG.
13
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152a Abs. 4 Satz 3 VwGO).