Titel:
Besitz- und Erwerbsverbot für erlaubnisfreie Waffen - einstweiliger Rechtsschutz
Normenketten:
VwGO § 80 Abs. 5
WaffG § 5 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 5, § 41 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 52 Abs. 3
BayVwVfG Art. 28 Abs. 2 Nr. 1, Art. 37 Abs. 1
Leitsätze:
1. Eine sofortige Entscheidung ohne vorherige Anhörung ist im öffentlichen Interesse insbesondere dann notwendig, wenn durch die Anhörung das mit der Entscheidung verfolgte oder damit verbundene öffentliche Interesse ganz oder zu einem nicht unwesentlichen Teil vereitelt zu werden droht, ohne dass dem Zeitmoment ausschlaggebende Bedeutung zukommt. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
2. Zur Konkretisierung des Begriffs der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit darf auch im Rahmen des § 41 WaffG auf die allgemeine Vorschrift des § 5 WaffG zurückgegriffen werden, die für den gesamten Geltungsbereich des Waffengesetzes gilt (vgl. VGH München BeckRS 2021, 6107 Rn. 14). (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
3. Für die in der Regel aufgrund einer rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilung anzunehmende waffenrechtliche Unzuverlässigkeit darf die Behörde grundsätzlich von der Richtigkeit der strafgerichtlichen Verurteilung ausgehen und sich auf die Prüfung beschränken, ob das zugrundeliegende Verhalten im Zusammenhang mit den sonstigen Umständen diese Annahme rechtfertigt oder ob die Regelvermutung aufgrund besonderer Umstände ausnahmsweise ausgeräumt ist. Allenfalls in Sonderfällen darf die Behörde die strafgerichtlichen Feststellungen ihrer Entscheidung nicht oder nicht ohne weitere Ermittlungen zugrunde legen, etwa dann, wenn für sie ohne weiteres erkennbar ist, dass die Verurteilung auf einem Irrtum beruht oder wenn sie ausnahmsweise in der Lage ist, den Vorfall besser als die Strafverfolgungsorgane aufzuklären. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
4. Personen, die wiederholt oder gröblich gegen die Vorschriften eines der in § 5 Abs. 2 Nr. 1 lit. c WaffG genannten Gesetze - u.a. das Waffengesetz - verstoßen haben, besitzen die erforderliche waffenrechtliche Zuverlässigkeit in der Regel nicht. Verstöße, die vorsätzliche Straftaten darstellen, sind in aller Regel als gröblich einzustufen, so dass der nach § 52 Abs. 3 WaffG strafbare vorsätzliche Besitz verbotener Waffen prinzipiell zur Unzuverlässigkeit führt. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
5. Der Begriff der „erlaubnisfreien Waffen und Munition“ ist ausreichend bestimmbar und damit hinreichend bestimmt, denn der Gesetzgeber hat festgeschrieben, dass nur diejenigen Waffen im nichttechnischen Sinn auch vom Waffengesetz erfasst sind, die ausdrücklich im Waffengesetz benannt sind. (Rn. 34) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Waffenbesitzverbot bzgl. erlaubnisfreier Waffen, waffenrechtliche (Un-)Zuverlässigkeit, Anhörungserfordernis, Bestimmtheitsgebot, drohende Zweckvereitelung, allgemeine Vorschrift, Regelvermutung, gröblicher Verstoß, strafbarer vorsätzlicher Besitz verbotener Waffen, Begriff der „erlaubnisfreien Waffen und Munition“
Fundstelle:
BeckRS 2021, 56300
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 2.500 Euro festgesetzt.
Gründe
1
Der Antragsteller wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen ein mit Bescheid des Landratsamts … (im Folgenden: Landratsamt) vom 29. April 2021 erlassenes Besitz- und Erwerbsverbot für erlaubnisfreie Waffen und erlaubnisfreie Munition.
2
Mit Urteil des Amtsgerichts Neuburg a.d. Donau vom 14. Mai 2020 (…) - rechtskräftig seit 9. März 2021 - wurde der Antragsteller wegen Bedrohung und vorsätzlichen Besitzes von vier verbotenen Waffen mit vorsätzlichem Besitz von Munition gemäß §§ 52 Abs. 3 Nr. 1, Nr. 2 WaffG i.V.m. Anlage 2 Abschnitt 1 Nrn. 1.3.3 und 1.3.8 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 zum WaffG, §§ 241 Abs. 1, 52, 53 StGB zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 8 Monaten verurteilt. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Laut Urteil hat der Antragsteller am 16. Mai 2019 im Finanzamt S. … angerufen und gegenüber der stellvertretenden Behördenleiterin geäußert, er werde beim nächsten Mal Herrn S., einem Mitarbeiter des Finanzamts, einen Genickschuss verpassen. Zudem hat der Antragsteller am 29. Juli 2019 gegen 11.50 Uhr in seinem Wohnanwesen in der …str. 7 in … S. … die tatsächliche Gewalt über zwei Wurfsterne und zwei Nun-Chakus (Würgehölzer) ausgeübt. Hierbei handelt es sich - wie dem Antragsteller bewusst war - um verbotene Waffen. Gleichzeitig hat der Antragsteller dort insgesamt 39 Schuss Patronenmunition „Winchester Super X“ bzw. „Winchester Super Speed“, jeweils Kal.30-30, ohne - wie er gewusst hat - im Besitz der dazu erforderlichen Erlaubnis zu sein. Der Gesamtstrafenbildung wurden Einzelstrafen von 6 Monaten für die Waffendelikte und 6 Monaten für die Bedrohung zugrunde gelegt. Zuvor war der Antragsteller bereits mit Strafbefehl des Amtsgerichts Aichach vom 11. April 2019 (…) - rechtskräftig seit 1. Mai 2019 - wegen Beleidigung in drei tateinheitlichen Fällen zu einer Geldstrafe i.H.v. 30 Tagessätzen sowie mit Urteil des Amtsgerichts München vom 18. Juli 2019 (…) - rechtskräftig sei 23. Januar 2020 - wegen Bedrohung zu einer Geldstrafe i.H.v. 50 Tagessätzen verurteilt worden.
3
Mit Bescheid vom 29. April 2021, dem Antragsteller zugestellt am 3. Mai 2021, untersagte das Landratsamt dem Antragsteller den Besitz und Erwerb von erlaubnisfreien Waffen und erlaubnisfreier Munition (Nr. 1) und ordnete hinsichtlich der Nr. 1 des Bescheids die sofortige Vollziehbarkeit an (Nr. 2). Dem Antragsteller wurden die Kosten des Verfahrens auferlegt und eine Gebühr i.H.v. 100,00 Euro nebst Auslagen i.H.v. 4,11 Euro wurde festgesetzt (Nr. 3).
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Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Antragsteller sei über die o.g. Verurteilung vom 14. Mai 2020 hinaus bereits mehrmals polizeilich in Erscheinung getreten, unter anderem aufgrund verschiedener Verkehrsdelikte, Gewalt gegen Personen und Beleidigung. Zudem sei er bereits 2018 aufgrund politisch motivierter Kriminalität zu 50 Tagessätzen und 2019 aufgrund eines Verkehrsdelikts mit einem Aggressionsdelikt zu 30 Tagessätzen verurteilt worden. Die zuständige Behörde könne gemäß § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WaffG jemandem den Besitz von Waffen oder Munition, deren Erwerb nicht der Erlaubnis bedürfe, und den Erwerb solcher Munition untersagen, wenn diesem für den Erwerb oder Besitz solcher Waffen oder Munition die erforderliche Zuverlässigkeit i.S.v. § 5 WaffG fehle. Die erforderliche Zuverlässigkeit besäßen Personen nicht, die wiederholt oder gröblich gegen Vorschriften eines der in § 5 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c WaffG genannten Gesetze, z.B. Waffengesetz, verstoßen hätten. Der vorsätzliche unerlaubte Besitz von vier verbotenen Waffen zusammen mit dem vorsätzlichen Besitz von erlaubnispflichtiger Munition stelle einen gröblichen Verstoß gegen das Waffengesetz dar. Da dem Antragsteller die erforderliche Zuverlässigkeit aufgrund des angeführten Vergehens fehle, werde unter Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ein Waffenbesitzverbot gemäß § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WaffG gegen den Antragsteller ausgesprochen. Die Regelunzuverlässigkeit sei gegeben. Es lägen keine besonderen Umstände vor, die die Regelunzuverlässigkeit ausnahmsweise widerlegen würden. Es ergäben sich aus der Straftat keine gewichtigen Gründe, dass der vorliegende Fall deutlich von den normalen Fällen abweiche. Verdeutlicht werde dies insbesondere durch die wiederholten strafgerichtlichen und polizeilichen Erscheinungen und Verurteilungen. Die sofortige Vollziehung der Ziffer 1 des Bescheids sei gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO anzuordnen. Es liege im Interesse der Allgemeinheit, dass nur solche Personen die tatsächliche Gewalt über Waffen und Munition ausübten, die diese Gegenstände nicht missbräuchlich, d.h. entgegen der gesetzlichen Bestimmungen verwenden würden. Die Anordnung des Sofortvollzugs sei somit die einzige Möglichkeit, eine weitere Verwendung dieser Gegenstände auszuschließen und damit eine mögliche Gefährdung von Dritten zu vermeiden. Da dem Antragsteller die erforderliche Zuverlässigkeit fehle, müsse sichergestellt werden, dass ihm ab sofort keine Möglichkeit mehr verbleibe, die tatsächliche Gewalt über erlaubnisfreie Waffen und Munition auszuüben. Dies sei nur durch Anordnung des Sofortvollzugs zu gewährleisten. Die Abwägung des öffentlichen Interesses an einem sofort wirksamen Waffenbesitzverbot gegenüber dem privaten Interesse des Antragstellers, erlaubnisfreie Waffen bis zur Unanfechtbarkeit des Bescheids zu erwerben und zu besitzen, ergebe einen eindeutigen Vorrang der öffentlichen Belange. Von einer Anhörung nach Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG sei abgesehen worden, da eine sofortige Entscheidung im öffentlichen Interesse notwendig erscheine. Die Kostenentscheidung beruhe auf den - im Einzelnen aufgeführten - einschlägigen Vorschriften des Kostenrechts.
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Hiergegen hat der Bevollmächtigte des Antragstellers am 2. Juni 2021 Klage erhoben (M 7 K 21.2936) und zugleich einen Antrag im einstweiligen Rechtsschutz gestellt.
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Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, der Bescheid sei offensichtlich fehlerhaft und nichtig, weil nicht zum Ausdruck gebracht werde, was dem Antragsteller eigentlich verboten sei. Erlaubnisfreie Waffen seien auch Messer, Küchenmesser, Schälmesser, Teppichmesser und sonstige Haushaltsgegenstände, die in jedem Besteckkasten für eine Haushaltsführung zu finden seien. Es bleibe im Dunkeln, ob dem Antragsteller aufgegeben werde, seinen Besteckkasten zu räumen und seiner Haushaltsführung zu entsagen. Die vorstehenden Erwägungen würden in gleicher Weise für „erlaubnisfreie Munition“ gelten. Es bleibe ebenfalls im Dunkeln, ob mit erlaubnisfreier Munition auch der Softball gemeint sei, der aus einer Vorrichtung abgeschossen werde, bzw. das Wasser zum Betrieb einer Wasserpistole. Die Liste lasse sich beliebig fortsetzen.
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Der Antragsteller beantragt,
unter Aufhebung des Sofortvollzuges die aufschiebende Wirkung wiederherzustellen.
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Der Antragsgegner beantragt,
Der Antrag wird abgelehnt.
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Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, der Antragsteller habe am 16. Mai 2019 im Finanzamt S. … angerufen, wobei er gegenüber der stellvertretenden Behördenleiterin geäußert habe, dass er beim nächsten Mal einem Mitarbeiter des Finanzamts einen Genickschuss verpassen werde. Bei einer anschließenden Durchsuchung der privaten Wohnräume des Antragstellers seien verschiedene erlaubnispflichtige Munition sowie diverse verbotene Waffen wie z.B. zwei Wurfsterne und zwei Nun-Chakus aufgefunden worden. Aufgrund einer Mitteilung dieses Vorfalls durch die Polizeiinspektion S. … sei eine Zuverlässigkeitsüberprüfung durchgeführt worden. Diese habe ergeben, dass der Antragsteller bereits mehrfach polizeilich in Erscheinung getreten sei. Nach Erlass des streitgegenständlichen Bescheids sei der Antragsteller bei einer telefonischen Rückfrage am 25. Mai 2021 nochmals über die Möglichkeit, Rechtsmittel einzulegen, aufgeklärt worden. Die waffenrechtliche Unzuverlässigkeit ergebe sich vorliegend aus § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG, wobei insbesondere auf die Bescheidsbegründung verwiesen werde. Hinsichtlich der durch die Zuverlässigkeitsüberprüfung bekannten Verurteilungen sei ein Verbot des Besitzes und des Erwerbs von erlaubnisfreien Waffen und Munition gemäß § 41 WaffG gegen den Antragsteller auszusprechen gewesen. Das Vorbringen des Bevollmächtigten des Antragstellers, dass der Antragsteller aufgrund des Waffenbesitzverbots für erlaubnisfreie Waffen nun nicht mehr im Besitz von Haushaltsgegenständen wie Küchenmesser, Schälmesser usw. sein dürfe, sei unbegründet, da das Verbot nur den Erwerb und Besitz von dem Waffengesetz unterliegenden und von der Waffenbesitzkartenpflicht freigestellten Gegenständen verbiete. Das Verbot zum Erwerb und Besitz von erlaubnisfreien Waffen und Munition beziehe sich dabei u.a. insbesondere auf erlaubnisfreie Waffen und Munition unter Nr. 1.1 bis 1.10 Abschnitt 2 Unterabschnitt 2 der Anlage 2 zum Waffengesetz. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei im öffentlichen Interesse dringend erforderlich. Das Interesse der Allgemeinheit überwiege hier das Interesse des Antragstellers auf den Erhalt der aufschiebenden Wirkung. Ansonsten wäre es dem Antragsteller weiterhin möglich, erlaubnisfreie Waffen und Munition zu erwerben und zu besitzen. Es bestehe ein dringendes öffentliches Interesse, dass entsprechende Maßnahmen getroffen würden, um die vorliegenden möglichen Gefahren schnellstmöglich zu unterbinden.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte in diesem Verfahren, im Verfahren M 7 K 21.2936, die vorgelegte Behördenakte sowie die beigezogene Strafakte (** … …*) Bezug genommen.
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Der auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage vom 2. Juni 2021 gerichtete Antrag ist zulässig, aber unbegründet.
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Der Antrag ist unbegründet, weil die behördliche Anordnung der sofortigen Vollziehung bzgl. der Nr. 1 des Bescheids formell rechtmäßig ist und eine gerichtliche Interessenabwägung einen Vorrang des öffentlichen Vollzugsinteresses ergibt.
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Die behördliche Sofortvollziehbarkeitsanordnung betreffend die Nr. 1 des Bescheids ist formell rechtmäßig. Insbesondere genügt die vom Landratsamt vorgebrachte Begründung - an die im Bereich des Waffenrechts ohnehin keine zu strengen Anforderungen zu stellen sind (vgl. Schmidt in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 80 Rn. 55, 46 m.w.N.) - formell den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO.
14
Der Antragsteller hat nach Abwägung seines privaten Interesses mit dem öffentlichen Interesse keinen Anspruch auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage.
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Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen, im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen. Das Gericht trifft dabei eine originäre Ermessensentscheidung. Es hat bei seiner Entscheidung über die Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abzuwägen zwischen dem kraft Gesetzes bestehenden beziehungsweise von der Behörde geltend gemachten Interesse an der sofortigen Vollziehung ihres Bescheids und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Bei dieser Abwägung sind auch die Erfolgsaussichten der Hauptsache als wesentliches, wenn auch nicht alleiniges Indiz für die vorzunehmende Interessenabwägung zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO allein mögliche, aber auch ausreichende summarische Prüfung, dass der Hauptsacherechtsbehelf offensichtlich bzw. mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei summarischer Prüfung als offensichtlich bzw. mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtswidrig, besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer (dann reinen) Interessenabwägung.
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Unter Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt die summarische Prüfung, dass der Bescheid vom 29. April 2021 rechtmäßig sein und die Rechte des Antragstellers nicht verletzen dürfte (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
17
Der streitgegenständliche Bescheid dürfte formell rechtmäßig sein. Insbesondere dürfte das Landratsamt zurecht nach Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayVwVfG von einer vorherigen Anhörung des Antragstellers abgesehen haben. Zwar ist eine Anhörung gemäß Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG vor Erlass eines belastenden Verwaltungsaktes wie dem vorliegenden grundsätzlich erforderlich. Jedoch kann von der Anhörung abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalles nicht geboten ist, insbesondere wenn eine sofortige Entscheidung im öffentlichen Interesse notwendig erscheint. Die Vorschrift stellt einen Auffangtatbestand für alle Verwaltungsakte dar, die nicht unter die ausdrücklich geregelten Tatbestände Nr. 1 bis 5 fallen, bei denen jedoch ebenfalls aus ähnlichen Gründen des öffentlichen Interesses eine sofortige Entscheidung notwendig erscheint. Im Hinblick auf den Zweck der Vorschrift ist in Übereinstimmung mit dem bisherigen Recht die Notwendigkeit sofortiger Entscheidung nicht im Sinne zeitlicher Unaufschiebbarkeit, sondern allgemein im Sinne einer Entscheidung ohne vorherige Anhörung des Betroffenen zu verstehen; zumindest ist die Vorschrift analog auch auf Fälle anzuwenden, in dem gewichtige andere Gründe von vergleichbarer Bedeutung einer Anhörung entgegenstehen, ohne dass dem Zeitmoment ausschlaggebende Bedeutung zukommt. Im öffentlichen Interesse ist eine sofortige Entscheidung insbesondere dann notwendig, wenn durch die Anhörung das mit der Entscheidung verfolgte oder damit verbundene öffentliche Interesse ganz oder zu einem nicht unwesentlichen Teil vereitelt zu werden droht (vgl. VG Regensburg, B.v. 18.2.2000 - RO 7 S 00.261 - juris Rn. 37 m.w.N.). Angesichts des wiederholt aggressiven Verhaltens des Antragstellers, seiner Persönlichkeitsstruktur - vgl. insoweit auch den Beschluss des Landgerichts I. … v. 22. Februar 2021, mit dem die fachärztliche psychiatrische Untersuchung des Antragstellers zur Frage seiner Schuldfähigkeit angeordnet wurde, wonach sich der Antragsteller gegenüber Amtsbediensteten auffällig verhalte und in kurzen Abständen immer wieder wirre Briefe ans Gericht geschrieben habe (Bl. 220 ff. der beigezogenen Strafakte) -, seiner Drohung mit einem „Genickschuss“ sowie angesichts des Umstands, dass er sich in der Vergangenheit bereits gesetzeswidrig Zugang zu Waffen und Munition verschafft hat, wäre ein zeitlich verzögertes Einschreiten der Behörde nach der Mitteilung in Strafsachen vom 16. April 2021, mit dem die Behörde über die Rechtskraft der Verurteilung informiert wurde, angesichts der bedrohten Rechtsgüter Dritter und der Allgemeinheit wohl sachlich unangemessen. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Reaktion des Antragstellers, der gerade gegenüber Behörden in der Vergangenheit auffällig geworden ist und Gewalt angedroht hat, auf eine mit der Anhörung verbundene Provokation für die Behörde völlig unvorhersehbar gewesen sein und ein unzumutbares Sicherheitsrisiko dargestellt haben dürfte. Die unterlassene Anhörung dürfte daher unschädlich gewesen sein, behördliche Ermessensfehler sind nicht erkennbar. Daneben könnte eine eventuelle Verletzung der Anhörungspflicht jedenfalls auch gemäß Art. 45 Abs. 1 Nr. 3 BayVwVfG noch im gerichtlichen Verfahren durch Nachholung geheilt werden (vgl. Schemmer in BeckOK, VwVfG, Stand: 1.7.2021, § 45 Rn. 42.1).
18
In materieller Hinsicht begegnet der streitgegenständliche Bescheid bei summarischer Prüfung keinen Bedenken. Das in Nr. 1 des Bescheids angeordnete Verbot bzgl. Besitz und Erwerb erlaubnisfreier Waffen und Munition gemäß § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WaffG dürfte rechtmäßig sein.
19
Nach § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WaffG kann die zuständige Behörde jemandem den Besitz von Waffen oder Munition, deren Erwerb nicht der Erlaubnis bedarf, und den Erwerb solcher Waffen oder Munition u.a. dann untersagen, wenn Tatsachen bekannt werden, die die Annahme rechtfertigen, dass ihm die für den Erwerb oder Besitz solcher Waffen oder Munition erforderliche Zuverlässigkeit fehlt.
20
Mit dieser allgemeinen Bezugnahme auf die Zuverlässigkeit hat der Gesetzgeber zu erkennen gegeben, dass alle in § 5 WaffG genannten Fälle herangezogen werden können, ohne weitere Differenzierungen oder Einschränkungen machen zu müssen, um ein Waffenbesitzverbot nach § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WaffG aussprechen zu können (vgl. BayVGH, B.v. 10.8.2006 - 21 ZB 06.428 - juris Rn. 5 ff.). Es ist auch kein sachlicher Grund ersichtlich, bei nicht erlaubnispflichtigen Waffen einen weniger strengen Maßstab hinsichtlich der erforderlichen Zuverlässigkeit anzulegen als bei erlaubnispflichtigen Waffen (vgl. BayVGH, B.v. 10.8.2007 - 21 CS 07.1446 - juris Rn. 10; vgl. auch B.v. 19.3.2010 - 21 CS 10.59 - juris Rn. 7 ff.). Zur Konkretisierung des Begriffs der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit darf mithin auch im Rahmen des § 41 WaffG auf die allgemeine Vorschrift des § 5 WaffG zurückgegriffen werden, die für den gesamten Geltungsbereich des Waffengesetzes gilt (vgl. BayVGH, B.v. 4.3.2021 - 24 ZB 20.3095 - juris Rn. 14 m.w.N.).
21
Die waffenrechtliche Unzuverlässigkeit des Antragstellers dürfte sich vorliegend bereits aus § 5 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a WaffG ergeben.
22
Nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a WaffG besitzen die erforderliche Zuverlässigkeit in der Regel u.a. solche Personen nicht, die wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden sind, wenn seit dem Eintritt der Rechtskraft der letzten Verurteilung fünf Jahre noch nicht verstrichen sind.
23
Das Gesetz stellt für die in der Regel anzunehmende Unzuverlässigkeit in § 5 Abs. 2 Nr. 1 WaffG auf die rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung wegen bestimmter Straftaten ab. Nach Sinn und Zweck des § 5 Abs. 2 WaffG soll das mit jedem Waffenbesitz vorhandene Sicherheitsrisiko möglichst gering gehalten werden. Es soll nur bei Personen hingenommen werden, die nach ihrem Verhalten Vertrauen darin verdienen, dass sie mit der Waffe jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen (vgl. BT-Drs. 14/7758, S. 54). Die Behörde darf dabei grundsätzlich von der Richtigkeit der strafgerichtlichen Verurteilung ausgehen und sich auf die Prüfung beschränken, ob das die Verurteilung begründende Verhalten im Zusammenhang mit den sonstigen Umständen die Annahme waffenrechtlicher Unzuverlässigkeit rechtfertigt oder ob die Regelvermutung des § 5 Abs. 2 Nr. 1 WaffG aufgrund besonderer Umstände ausnahmsweise ausgeräumt ist. Sinn und Zweck des Gesetzes ergeben danach, dass die Behörde allenfalls in Sonderfällen die strafgerichtlichen Feststellungen ihrer Entscheidung nicht oder nicht ohne weitere Ermittlungen zugrunde legen darf, etwa dann, wenn für sie ohne weiteres erkennbar ist, dass die Verurteilung auf einem Irrtum beruht oder wenn sie ausnahmsweise in der Lage ist, den Vorfall besser als die Strafverfolgungsorgane aufzuklären (vgl. BVerwG, B.v. 22.4.1992 - 1 B 61/92 - juris Rn. 6). Dabei ist bereits eine einzige Verurteilung wegen einer gemeingefährlichen Straftat im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b WaffG ausreichend, die Regelvermutung zu begründen. Diese ist demnach grundsätzlich nicht schon dann entkräftet, wenn der Betroffene sonst strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten ist. Die Vermutungsregelung setzt zudem nicht voraus, dass außer der Verurteilung weitere nachteilige Umstände über den Waffenbesitzer bekannt geworden sind (vgl. BVerwG, B.v. 19.9.1991 - 1 CB 24/91 - juris Rn. 7 m.w.N.). Ebenso wenig kommt es auf einen Bezug zum Umgang mit Waffen an. Wann die Regelvermutung der Unzuverlässigkeit eingreift, wird nicht vorrangig nach der Art der begangenen Straftat bestimmt, sondern es wird allgemein auf die Rechtsfolgenseite, nämlich auf die Höhe der verhängten Strafe, abgestellt (vgl. BVerwG, B.v. 21.7.2008 - 3 B 12/08 - juris Rn. 5 unter Verweis auf BT-Drs 14/7758 S. 128).
24
Da der Antragsteller mit seit 9. März 2021 rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts Neuburg a.d. Donau vom 14. Mai 2020 (…) zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten verurteilt wurde, ist die die Regelvermutung der Unzuverlässigkeit begründende Strafhöhe nach § 5 Abs. 2 WaffG erreicht.
25
Ein Ausnahmefall, der vorliegend ein Absehen von der Regelvermutung rechtfertigen könnte, dürfte vorliegend nicht gegeben sein.
26
Zunächst ist bei einer rechtskräftigen Verurteilung ohnehin von der Richtigkeit der Verurteilung auszugehen und die Prüfung dahingehend zu beschränken, ob die Regelvermutung des § 5 Abs. 2 Nr. 1 WaffG aufgrund besonderer Umstände im Einzelfall ausgeräumt ist (vgl. BayVGH, B.v. 8.2.2007 - 21 ZB 06.2540 - Rn. 5 mit Verweis auf BVerwG, B.v. 22.4.1992 - 1 B 61/92 - zum früheren § 5 Abs. 2 Satz 1 WaffG 1976). Dies betrifft nicht nur die materiell-rechtliche Richtigkeit des Urteils bzw. Strafbefehls, sondern auch die Strafzumessung. Nur in besonderen Ausnahmefällen, wenn ohne weiteres erkennbar ist, dass die strafrechtliche Beurteilung auf einem Irrtum beruht oder die Verwaltungsbehörde und das Verwaltungsgericht im Stande sind, den Vorfall ausnahmsweise besser und richtiger zu beurteilen, kommt eine Abweichung von einem rechtskräftigen Urteil bzw. Strafbefehl in Betracht (vgl. BVerwG, B.v. 22.4.1992 - 1 B 61/92 - juris Rn. 6). Vorliegend besteht keinerlei Anlass, an der Richtigkeit der strafgerichtlichen Verurteilung, insbesondere der ausgeurteilten Strafhöhe, zu zweifeln.
27
Des Weiteren kommt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, B.v. 21.7.2008 - 3 B 12/08 - juris Rn. 5 m.w.N.; vgl. auch BayVGH in st. Rspr., z.B. B.v. 4.3.2016 - 21 CS 15.2718 - juris Rn. 13) eine Abweichung von der Vermutung nur dann in Betracht, wenn die Umstände der abgeurteilten Tat die Verfehlung ausnahmsweise derart in einem milden Licht erscheinen lassen, dass die nach der Wertung des Gesetzgebers in der Regel durch eine solche Straftat begründeten Zweifel an der Vertrauenswürdigkeit des Betroffenen bezüglich des Umgangs mit Waffen und Munition nicht gerechtfertigt sind. Maßstab für das Vorliegen eines Ausnahmefalls, der die Verfehlung des Betroffenen in einem milderen, von der waffenrechtlichen Regelwertung abweichenden Licht erscheinen lassen kann, ist allein die Würdigung der Schwere der konkreten Verfehlung und der Persönlichkeit des Betroffenen wie sie in seinem damaligen Verhalten zum Ausdruck kommt (vgl. BVerwG, B.v. 18.9.1991 - 1 CB 24.91 - juris Rn. 5). Dabei ist auch die Schwere der konkreten Verfehlung zu würdigen, zum Beispiel dahin, ob sie lediglich Bagatellcharakter hat sowie die Persönlichkeit des Betroffenen, wie sie in seinem Verhalten zum Ausdruck kommt (vgl. BayVGH, B.v. 11.5.2009 - 21 CS 09.520 juris - Rn. 4 m.w.N.). Vorliegend hat die Tat jedoch weder Bagatellcharakter noch erscheint sie aufgrund von Besonderheiten im Verhalten des Antragstellers in einem milderen Licht. Das erkennende Strafgericht hat in Bezug auf die waffenrechtlichen Delikte eine Freiheitsstrafe von 6 Monaten für tat- und schuldangemessen befunden. Allein angesichts der Strafhöhe handelt es sich bei den vorliegenden Verstößen des Antragstellers gegen das Waffengesetz nicht um solche mit Bagatellcharakter. Auch die Persönlichkeit des Antragstellers rechtfertigt vor dem Hintergrund des wiederholt amtlich festgestellten aggressiven Verhaltens des Antragstellers kein anderes Ergebnis. Im Gegenteil wiegt die vorliegende Verfehlung des Antragstellers durch die Verurteilung wegen Bedrohung aufgrund der Androhung eines „Genickschusses“ wegen dem damit einhergehenden expliziten waffenrechtlichen Bezug gerade besonders schwer. Sonstige Anhaltspunkte, die die Verfehlung des Antragstellers in einem milderen Licht erscheinen lassen könnten, sind weder ersichtlich noch vorgetragen.
28
Die waffenrechtliche Unzuverlässigkeit des Antragstellers dürfte sich vorliegend zudem auch auf § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG stützen lassen.
29
Nach § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG besitzen Personen die erforderliche Zuverlässigkeit in der Regel nicht, die wiederholt oder gröblich gegen die Vorschriften eines der in Nr. 1 Buchst. c genannten Gesetze - u.a. das Waffengesetz - verstoßen haben. Gröblich ist eine vorsätzliche oder fahrlässige Zuwiderhandlung, die nach ihrem objektiven Gewicht und ihrer Vorwerfbarkeit als schwerwiegend zu beurteilen ist (vgl. Heinrich in Steindorf, Waffenrecht, 10. Aufl. 2015, § 5 Rn. 25). Verstöße, die vorsätzliche Straftaten darstellen, sind in aller Regel als gröblich einzustufen (vgl. BVerwG, U.v. 26.3.1996 - 1 C 12.95 - juris Rn. 25; BayVGH, B.v. 4.3.2021 - 24 ZB 20.3095 - juris Rn. 17; B.v. 4.3.2016 - 21 CS 15.2718 - juris Rn. 11). Der nach § 52 Abs. 3 WaffG strafbare vorsätzliche Besitz verbotener Waffen führt daher prinzipiell zur Unzuverlässigkeit (vgl. VG Köln, B.v. 6.5.2009 - 20 L 183/09 - juris Rn. 9; VG Münster, U.v. 29.11.2019 - 1 K 1385/17 - juris Rn. 31 ff.). Dabei kann auch schon eine verhängte Geldstrafe, auch wenn sie unterhalb der von § 5 Abs. 2 Nr. 1 WaffG verlangten Mindesthöhe von 60 Tagessätzen bleibt, durchaus eine Unzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 2 Nr. 5 begründen (vgl. BayVGH, B.v. 4.3.2021 - 24 ZB 20.3095 - juris Rn. 17 m.w.N.).
30
Vorliegend dürfte der Antragsteller durch den Besitz von zwei Wurfsternen und zwei Nun-Chakus sowie von erlaubnispflichtiger Munition ohne die erforderliche Erlaubnis gröblich gegen § 2 Abs. 2 und Abs. 3 WaffG verstoßen haben. Sowohl die Wurfsterne als auch die Würgehölzer sind gem. § 2 Abs. 3 WaffG i.V.m. dessen Anlage 2 Abschnitt 1 Nr. 1.3.3. bzw. Nr. 1.3.8 als verbotene Waffen einzustufen. Zudem wurden im Rahmen der Durchsuchung der Wohnung des Antragstellers zwei Kartons erlaubnispflichtiger Gewehrmunition Winchester, Typ Super X, Kaliber 30-30 bzw. Typ Super Speed Kaliber 30-30 (vgl. Bl. 9 der Behördenakte) aufgefunden, obwohl der Antragsteller nicht über die hierfür erforderliche Erlaubnis verfügt. Entsprechend wurde der Antragsteller auch mit rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts Neuburg a.d. Donau vom 14. Mai 2020 (… u.a. wegen des vorsätzlichen Besitzes von vier verbotenen Waffen mit unerlaubtem Besitz von Munition gemäß § 52 Abs. 3 Nr. 1, Nr. 2 Buchst. b WaffG verurteilt. Dies begründet die Regelunzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG.
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Ein Ausnahmefall, der vorliegend ein Absehen von der Regelvermutung rechtfertigen könnte, dürfte - wie ausgeführt - vorliegend nicht gegeben sein.
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Die Ermessensausübung bzgl. des Waffenbesitz-/-erwerbsverbots durch das Landratsamt ist im Rahmen des gerichtlichen Prüfungsumfangs (§ 114 Satz 1 VwGO) ebenfalls nicht zu beanstanden. Das Landratsamt hat - wie sich aus den Gründen des streitgegenständlichen Bescheids ergibt - das ihm zustehende Ermessen erkannt und zweckgerecht sowie im Rahmen der gesetzlichen Grenzen ausgeübt (Art. 40 BayVwVfG). Auch dürften die Ausführungen der Behörde dem Begründungserfordernis des Art. 39 BayVwVfG noch genügen. So kann zwar grundsätzlich ein beachtlicher Ermessensfehler vorliegen, wenn die Behörde das ihr eingeräumte Ermessen nicht (erkennbar) betätigt. Denn der nach Art. 19 Abs. 4 GG verfassungsrechtlich garantierte gerichtliche Rechtsschutz setzt nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung voraus, dass die Behörde offenbart, von welchen Gesichtspunkten sie sich bei der Ausübung des Ermessens hat leiten lassen (vgl. BayVGH, B.v. 15.2.2019 - 8 CS 18.2364 - juris Rn. 29 m.w.N.). Art. 39 BayVwVfG verlangt jedoch nicht, schriftliche Verwaltungsakte in allen Einzelheiten zu begründen. Welchen Inhalt und Umfang die Begründung eines Bescheids haben muss, richtet sich nach den Besonderheiten des jeweiligen Rechtsgebietes und nach den Umständen des Einzelfalls (vgl. BVerwG in stRspr, z.B. U.v. 27.11.2014 - 4 C 31/13 - juris Rn. 8). Bei einem Einschreiten gegen rechtswidrige oder auch nur ordnungswidrige Zustände etwa stehen sich nicht in dem Sinne eines „Für und Wider“ gegenüber, dass es der zuständigen Behörde ohne gesetzliche Intention freigegeben wäre, zwischen dem Einschreiten und dem Nichteinschreiten zu wählen. Bei der Ermessensentscheidung über das Einschreiten gegen rechtswidrige und ordnungswidrige Zustände geht es vielmehr darum, dass die zuständige Behörde in die Lage versetzt werden soll, von dem an sich aus der Natur der Sache gerechtfertigten, ja, gebotenen Einschreiten (ausnahmsweise) absehen zu dürfen, wenn sie dies für nach den konkreten Umständen opportun hält. Angesichts dessen braucht bei der (Ermessens-) Entscheidung über das Einschreiten das „Für und Wider“ nur dann abgewogen zu werden, wenn der Fall so gelagert ist, dass ganz bestimmte konkrete Anhaltspunkte für die Angemessenheit einer Ausnahme, d.h. der hier (ausnahmsweise) in Kauf zu nehmenden Duldung eines rechtswidrigen oder ordnungswidrigen Zustandes, bestehen. Kommt die zuständige Behörde zu dem Ergebnis, dass es daran fehlt, enthält sie sich dementsprechend einer besonderen „Abwägung des Für und Wider“ und schweigt sich infolgedessen dazu auch die ihrer Anordnung beigefügte Begründung aus, so kann allenfalls - dann nämlich, wenn die Behörde zu Unrecht zu diesem Ergebnis gekommen ist - ein Ermessensfehler, nicht aber eine mangelhafte Begründung vorliegen. Mit Rücksicht darauf ist bei einem Einschreiten gegen rechtswidrige und ordnungswidrige Zustände der Begründungspflicht regelmäßig damit genügt, dass die Behörde zum Ausdruck bringt, der beanstandete Zustand müsse wegen seiner Rechtswidrigkeit oder Ordnungswidrigkeit beseitigt werden (vgl. BVerwG, B.v. 28.8.1980 - 4 B 67/80 - juris Rn. 6). Daran gemessen dürfte der streitgegenständliche Bescheid dem Begründungserfordernis noch genügen. Denn die Behörde hat in den Bescheidsgründen jedenfalls hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass mangels waffenrechtlicher Zuverlässigkeit des Antragstellers sichergestellt werden müsse, dass ihm keine (legale) Möglichkeit mehr verbleibt, die tatsächliche Gewalt über erlaubnisfreie Waffen und Munition auszuüben, der gesetzeswidrige Zustand - Waffen und Munition in den Händen eines waffenrechtlich Unzuverlässigen - mithin durch das Besitz- und Erwerbsverbot beseitigt werden soll.
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Im Übrigen sind durchgreifende Ermessensfehler weder ersichtlich noch vorgetragen. Das Waffenbesitzverbot dürfte insbesondere auch nicht unverhältnismäßig sein. Ein besonderes Bedürfnis für den Waffenbesitz ist beim Antragsteller nicht erkennbar. Auch der Umstand, dass es sich bei dem Verbot um einen Dauerverwaltungsakt handelt, dessen unbefristete Anordnung die Eintragung in das Bundeszentralregister sowie die Unterrichtung der örtlichen Polizeidienststelle zwecks künftiger Überwachung des Verbots nach sich zieht, führt nicht zu dessen Unverhältnismäßigkeit, da dies aus der Eigenart der Maßnahme selbst folgt. Der Antragsteller hat zudem die Möglichkeit, zu einem späteren Zeitpunkt einen Antrag auf Aufhebung des Verbots zu stellen.
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Schließlich dürfte das Waffenbesitz- und -erwerbsverbot - entgegen den Ausführungen des Bevollmächtigten des Antragstellers - auch hinreichend bestimmt sein. Hinreichend bestimmt i.S.d. Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG ist ein Verwaltungsakt dann, wenn der Adressat erkennen kann, was von ihm gefordert wird und der Verwaltungsakt zudem geeignete Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung sein kann. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit eines Verwaltungsakts nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts (vgl. BVerwG in stRspr, z.B. BVerwG, U.v. 26.10.2017 - 8 C 18/16 - juris Rn. 13 m.w.N.). Der Regelungsgehalt eines Verwaltungsakts ist dabei durch Auslegung nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung des Empfängerhorizontes und der speziellen Sachkunde des adressierten Fachkreises in entsprechender Anwendung der §§ 133, 157 BGB zu ermitteln. Hinreichende Bestimmtheit liegt vor, wenn sich die Regelung aus dem gesamten Inhalt des Bescheides, insbesondere seiner Begründung, sowie den weiteren, den Beteiligten bekannten oder ohne Weiteres erkennbaren Umständen unzweifelhaft erkennen lässt (vgl. BVerwG, a.a.O. Rn. 14; BayVGH, B.v. 8.12.2016 - 20 CS 16.1609 - juris Rn. 23). Insbesondere genügt eine Regelung auch dann dem Bestimmtheitsgebot des Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG, soweit unbestimmte und generalisierende Begriffe verwendet werden, wenn deren Bestimmbarkeit im konkreten Fall nicht ausgeschlossen ist (vgl. Schwarz in Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, 4. Aufl. 2016, § 37 VwVfG Rn. 18). So ist es nicht nur ausreichend, wenn der Bedeutungsgehalt eines Begriffs gesetzlich festgelegt oder durch die Rechtsprechung im Einzelnen geklärt ist. Vielmehr genügt es bereits, wenn sich der Begriffsinhalt aus dem üblicherweise mit dem Begriff verbundenen Bedeutungsgehalt und der für den Adressaten ohne Weiteres erkennbaren Intention der Erlassbehörde unzweifelhaft ergibt (vgl. BVerwG, U.v. 26.10.2017 - 8 C 18/16 - juris Rn. 18). Das Gericht hat keine Zweifel daran, dass der Regelungsgehalt des streitgegenständlichen Bescheids für jedermann - auch für den Antragsteller - hinreichend klar erkennbar ist. Denn der Begriff der „erlaubnisfreien Waffen und Munition“ ist jedenfalls ausreichend bestimmbar. Hierher zählen zunächst alle vollumfänglich erlaubnisfreien Waffen. Insbesondere sind hier sämtliche Waffen im technischen Sinne nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a WaffG (namentlich alle Hieb- und Stoßwaffen) gemeint, soweit sie nicht den verbotenen Waffen nach Anlage 2 Abschnitt 1 unterfallen. Aber auch Waffen nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b WaffG i.V.m. Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 2 Nr. 2 zählen hierher, soweit sie nicht den verbotenen Waffen nach Anlage 2 Abschnitt 1 unterfallen (vgl. Gade in Gade, WaffG, 2. Aufl. 2018, § 41 Rn. 5). Insbesondere dürften insoweit auch die antragstellerseits geäußerten Bedenken hinsichtlich der weiteren Verwendung von Alltagsgegenständen wie namentlich Küchenmesser oder Wasserpistolen unbegründet sein. Um eine sozial unangemessene Ausweitung des Geltungsbereichs des Waffengesetzes auf bloße Alltagsgegenstände zu verhindern, hat der Gesetzgeber nicht jede Waffe im nichttechnischen Sinn auch gleichzeitig als Waffe i.S.d. Waffengesetzes eingestuft. Denn die bloße Möglichkeit, einen Alltagsgegenstand missbräuchlich als Waffe zu benutzen, darf nicht dazu führen, dass dieser automatisch den strengen Reglementierungen des Waffengesetzes unterliegt. Zudem entspricht es nicht dem Sinn und Zweck des Waffengesetzes, den Missbrauch von Alltagsgegenständen zu regulieren. Von daher hat der Gesetzgeber festgeschrieben, dass nur diejenigen Waffen im nichttechnischen Sinn auch vom Waffengesetz erfasst sind, die ausdrücklich im Waffengesetz benannt sind. Eine Aufzählung der Waffen im nichttechnischen Sinn erfolgt in Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 2 Nr. 2. Diese ist abschließend. Soweit ein Gegenstand also als Waffe im nichttechnischen Sinn zu qualifizieren ist, aber nicht in der Anlage zum Waffengesetz explizit aufgeführt ist, fällt er nicht in den Anwendungsbereich des Waffengesetzes und damit des nach § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WaffG erlassenen Besitz- und Erwerbsverbots und darf vom Antragsteller unzweifelhaft auch künftig verwendet werden (vgl. Gade in Gade, WaffG, 2. Aufl. 2018, § 1 Rn. 17). Soweit für den Antragsteller im Einzelfall gleichwohl Zweifel bestehen sollten, inwieweit vom ihm benötigte Alltagsgegenstände unter das Besitzverbot fallen, bleibt es dem Antragsteller unbenommen, sich beim Landratsamt diesbezüglich zu erkundigen.
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Im Übrigen würde auch unabhängig von den Erfolgsaussichten der Klage bei einer reinen Interessenabwägung das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit der Verfügungen das Interesse des Antragstellers überwiegen. Der Antragsteller hat keine Gründe vorgetragen, aufgrund derer die Abwägung zugunsten seiner privaten Interessen ausfallen müsste. Solche Gründe sind auch nicht ersichtlich. Das verfügte Waffenbesitz- und -erwerbsverbot dient dem besonderen Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit an einem sicheren und zulässigen Umgang mit Waffen und Munition und daher dem Schutz überragender Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit der Bevölkerung. Gegenüber diesem gewichtigen öffentlichen Interesse hat das rein private Interesse des Antragstellers an einer Aussetzung der Vollziehung weniger Gewicht. Insbesondere ist schon kein besonderes Bedürfnis zum Waffenbesitz ersichtlich.
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Bedenken gegen die Kostenentscheidung sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 1 Abs. 2 Nr. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG in Verbindung mit Nr. 1.5 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs der Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.