Titel:
Sicherstellung von Bargeld (voraussichtlich rechtmäßig), konkrete Gefahr der Verwendung zur Begehung von Straftaten (Drogendelikte), Verstecke im Fahrzeug, szenetypische Stückelung, nicht plausibel erklärte Herkunft der Geldscheine, positive Drugwipe-Tests, Interessenabwägung
Normenketten:
VwGO § 80 Abs. 5
PAG Art. 25 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a
Schlagworte:
Sicherstellung von Bargeld (voraussichtlich rechtmäßig), konkrete Gefahr der Verwendung zur Begehung von Straftaten (Drogendelikte), Verstecke im Fahrzeug, szenetypische Stückelung, nicht plausibel erklärte Herkunft der Geldscheine, positive Drugwipe-Tests, Interessenabwägung
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 01.08.2022 – 10 CS 21.2223
Fundstelle:
BeckRS 2021, 56043
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 46.675,00 EUR festgesetzt.
Gründe
1
Der Antragsteller wendet sich im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Sicherstellung von Bargeld durch die Verkehrspolizeiinspektion (VPI) Schweinfurt-Werneck.
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1. Mit Bescheid vom 24. Juni 2021 traf die VPI Schweinfurt-Werneck gegenüber dem Antragsteller folgende Anordnung:
„1. Die in der Anlage (Verzeichnis über die sichergestellten Gegenstände) genau bezeichneten Gegenstände werden gem. Art. 25 Abs. 1 Nr. 1a PAG sichergestellt.
2. Die sofortige Vollziehung der Ziffer 1 liegt im besonderen öffentlichen Interesse und wird daher gemäß § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO angeordnet.
3. Dieser Bescheid ergeht kostenfrei.“
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Zur Begründung des Bescheids wurde im Wesentlichen ausgeführt, am 23. Juni 2021 gegen 10:30 Uhr sei das Fahrzeug der Marke P* …, Typ C* …, amtliches Kennzeichen … …, an der Rastanlage R* … W* … - O** einer Kontrolle durch Beamte der VPI Schweinfurt-Werneck unterzogen worden. Fahrzeugführer sei der Antragsteller gewesen, neben dem sich Herr B* … S* … im Fahrzeug befunden habe. Der Antragsteller habe angegeben, sich auf dem Rückweg von einem fünftägigen „Kurztrip“ in G* … befunden zu haben. Seinen Beifahrer, einen langjährigen Bekannten, habe er auf dem Rückweg in S* … mitgenommen, um mit diesem weiter nach D* … zu fahren. Im Rahmen einer Durchsuchung des Fahrzeugs hätten zunächst Manipulationsspuren an mehreren Schrauben im Bereich des Beifahrer-Fußraums sowie an der Airbag-Verkleidung unterhalb des Handschuhfachs festgestellt werden können. Die Beamten hätten sich daraufhin auf den Weg zu ihrem Dienstfahrzeug gemacht, um entsprechendes Werkzeug zum Lösen der auffälligen Schrauben zu holen. Dies habe der Antragsteller offenbar bemerkt und habe deshalb die Beamten angesprochen. Er habe gegenüber den Polizeibeamten geschildert, dass sich in mehreren Verstecken im Fahrzeug insgesamt ca. 89.000,00 EUR befänden. Im Anschluss seien insgesamt vier Verstecke (bauartbedingte Hohlräume) geöffnet und das darin befindliche Bargeld entnommen worden. Es habe sich um insgesamt 88.350,00 EUR gehandelt, aufgeteilt in 761 50 Euro-Scheine, 174.100 Euro-Scheine, 122.200 Euro-Scheine und 17.500 Euro-Scheine. Weitere 100 50 Euro-Scheine im Wert von 5.000,00 EUR habe der Antragsteller in einer Umhängetasche mit sich geführt. Der Gesamtwert des aufgefundenen Bargelds habe sich auf 93.350,00 EUR belaufen. Auf Nachfrage nach der Herkunft des Geldes habe der Antragsteller angegeben, am 17. Juni 2021 eine Steuerrückerstattung in Höhe von 265.000,00 EUR auf sein Postbankkonto bekommen zu haben. Dieses Geld habe er von seinem Postbankkonto am gleichen Tag auf sein Volksbankkonto per „Sofortüberweisung“ transferiert. Noch am selben Tag habe er davon wiederum 255.000,00 EUR von seinem Volksbankkonto in der Volksbankfiliale in der B* … … in D* … abgehoben. Diese Angaben habe der Antragsteller anhand der Verläufe mehrerer „Banking-Apps“ gegenüber den Beamten nachweisen können. Den Großteil des Geldes, 160.000,00 EUR, habe er in einen Safe in D* … verbracht. Die übrigen ca. 95.000,00 EUR des zuvor bei der Bank abgehobenen Bargeldes habe er sich von einem Bekannten in seinem Auto in den gezeigten Verstecken verbauen lassen. Als Grund hierfür habe der Antragsteller die Angst davor, im Ausland bestohlen zu werden, genannt. Auf nochmalige Nachfrage zum Grund der Reise nach G* … habe der Antragsteller nun angegeben, dass er in G* … mehrere Lkw habe kaufen wollen. Dies habe sich jedoch zerschlagen, weshalb er das Bargeld nicht benötigt habe und es sich deshalb noch in den jeweiligen Verstecken befunden habe. Entsprechendes Werkzeug zum Öffnen der beschriebenen Schrauben habe der Antragsteller nicht mitgeführt. Im weiteren Verlauf der Durchsuchung des Fahrzeugs sei sowohl am Lenkrad als auch in dem Versteck neben dem Batteriefach jeweils ein Schnelltest („Drug-Wipe“, Wischtest) zur Detektion von Kokain durchgeführt worden. Beide Tests seien dabei positiv verlaufen. Der Antragsteller habe zunächst angegeben, dass es sich bei dem gesamten, im Fahrzeug und in seiner Umhängetasche aufgefundenen Bargeld um eben jenes Bargeld handeln würde, welches er von der Volksbankfiliale in D* … ausgezahlt bekommen habe. Unter dem aufgefundenen Bargeld hätten sich 17.500 Euro-Scheine befunden. Die Deutsche Bundesbank habe jedoch letztmals am 26. April 2019 500 Euro-Scheine herausgegen. Somit hätten diese Scheine nicht aus einer Bargeldabhebung bei einer Bank stammen können. Des Weiteren hätten zahlreiche Geldscheine deutliche Gebrauchsspuren in Form von Beschädigungen durch starke Hitzeeinwirkung, deutlicher Verformung, Einrissen und Beschriftungen aufgewiesen. Nach Auskunft von Mitarbeitern der Deutschen Bundesbank in W* … würden Geldscheine mit eben jenen beschriebenen, deutlichen Gebrauchsspuren und Beschädigungen aussortiert und nicht wieder über die Bankfilialen in Umlauf gebracht werden. Aufgrund der geschilderten Gesamtumstände habe zum Kontrollzeitpunkt am 23. Juni 2021 nach kriminalistischer Erfahrung der Verdacht bestanden, dass durch das Bargeld eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung bestanden habe, so dass dieses noch vor Ort durch die eingesetzten Polizeibeamten sichergestellt worden sei. Am 24. Juni 2021 habe durch PHK H* …, VPI Schweinfurt-Werneck, telefonischer Kontakt zu der Volksbankfiliale in der B* … … in D* … hergestellt werden können. Herr M* … K* …, stellvertretender Leiter der internen Revision genannter Bankfiliale, habe hierbei bestätigt, dass die beschriebene Bargeldabhebung am 17. Juni 2021 stattgefunden habe. Dabei seien dem Antragsteller jedoch ausschließlich neuwertige 200 Euro-Banknoten im Gesamtwert von 255.000,00 EUR ausgehändigt worden.
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Rechtsgrundlage für die Sicherstellung des Bargeldes sei Art. 25 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a PAG. Demzufolge könne die Polizei eine Sache sicherstellen, um eine gegenwärtige Gefahr für ein Schutzgut der öffentlichen Sicherheit und Ordnung abzuwehren. Die Indizien des gesamten Sachverhaltes sprächen hinreichend konkret dafür, dass es sich bei dem sichergestellten Bargeld um Bargeld aus einer begangenen Straftat handele. Dies begründe eine gegenwärtige Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, hier der Rechtsordnung. Zwar gehe vom Bargeld als solchem keine Gefahr aus, diese ergebe sich aber aus der möglichen Verwendungsabsicht des Besitzers. Die Eigentümerstellung hinsichtlich des Bargelds sei für die Sicherstellung nicht von Bedeutung. Für die polizeiliche Praxis sei insbesondere die Sicherstellung von Geld bedeutsam, das im Zusammenhang mit Drogengeschäften verwendet werden solle bzw. verwendet worden sei. Verschiedene Indizien könnten für die Prognose, ob das Geld zur Realisierung einer Gefahr verwendet werden solle, von Bedeutung sein. Zum Einen sei im vorliegenden Fall für die Gefahrenprognose auf den hohen Geldbetrag von 93.350,00 EUR abzustellen. Das aufgefundene Bargeld habe zwar nicht einer einzelnen, bevorstehenden oder erfolgten Straftat zugeordnet werden können. Die sichergestellte Summe liege aber deutlich oberhalb von Summen, die einer gewöhnlichen Lebensführung dienen könnten. Zwar solle diese Summe nach der Aussage des Antragstellers aus der Abhebung aus einer Steuerrückzahlung stammen, aufgrund der oben beschriebenen Stückelung der Geldscheine sei dies aber - insbesondere wegen der 500 Euro-Scheine, die von Kreditinstituten nicht mehr ausgegeben würden - nach kriminalistischer Erfahrung nicht wahrscheinlich gewesen. Für die Annahme, dass das Geld gerade nicht aus der vom Antragsteller getätigten Abhebung bei der Volksbankfiliale gestammt habe, habe auch die zu einem großen Teil szenetypische Stückelung der Geldscheine gesprochen; u.a. seien beim Antragsteller 861 50 Euro-Scheine, also 43.050,00 EUR, sichergestellt worden. Nach den kriminalistischen Erfahrungen der Polizeibeamten würden Drogen typischerweise portionsweise in Größenordnungen von 50,00 EUR an die Konsumenten verkauft. Der An- und Verkauf von Drogen finde regelmäßig in einem geschlossenen Kreislauf statt, so dass bei einer auffälligen Häufung von 50 Euro-Scheinen - diese machten nahezu die Hälfte der sichergestellten Geldsumme aus - von einer im Drogenhandel üblichen Stückelung auszugehen sei. Zum anderen spreche die Tatsache, dass das Geld an mehreren Verstecken im Fahrzeug des Antragstellers, u.a. im Fußraum auf der Beifahrerseite, aufbewahrt worden sei, für eine illegale Herkunft des Geldbetrages und eine entsprechende Verwendungsabsicht. In einem dieser Verstecke und am Lenkrad seien durchgeführte Drogenschnelltests positiv ausgefallen, so dass aus kriminalistischer Erfahrung darauf geschlossen werden könne, dass in diesen Hohlräumen zu einem anderen, nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt Kokain versteckt worden sei. Die Anordnung der Maßnahme sei geeignet, erforderlich und angemessen i.S. des Art. 4 PAG. Die Sicherstellung des in der Anlage genannten Bargelds sei geeignet, um die gegenwärtige Gefahr für die Rechtsordnung abzuwehren. Sie sei zudem erforderlich, da kein milderes, gleichgelagert erfolgversprechendes Mittel zur Verfügung stehe, um diese Gefahr abzuwehren. Die polizeiliche Maßnahme sei auch angemessen, da bei sorgfältiger Abwägung der wechselseitigen Interessen die Gefahr für den Bestand der Rechtsordnung - insbesondere wegen des Verdachts des Vorliegens einer Straftat - das Individualrechtsgut des unmittelbaren Besitzes des Antragstellers überwiege. Diese Abwägung lasse sich auf die Gesamtumstände und deren umfassende rechtliche Würdigung stützen. Die Anordnung des Sofortvollzugs in Ziffer 2 des Bescheids i.S. des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO werde im überwiegenden öffentlichen Interesse angeordnet, weil es sich hier um eine vorbeugende sicherheitsrechtliche Maßnahme handele. Da der begründete Verdacht bestehe, dass es sich bei dem sichergestellten Bargeld um Bargeld handele, welches aus einer Straftat stamme bzw. der Verwendung von bevorstehenden Straftaten diene, könne aufgrund der bestehenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung nicht bis zum rechtskräftigen Abschluss eines etwaigen Hauptsacheverfahrens mit der Durchführung der Sicherstellung zugewartet werden. Insoweit decke sich das allgemeine Vollzugsinteresse mit dem besonderen öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung. Da der Antragsteller durch sein Verhalten die Gefahr verursacht habe, seien die polizeilichen Maßnahmen gegen ihn als Verhaltensstörer gemäß Art. 7 Abs. 1 PAG zu richten.
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2. Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller am 15. Juli 2021 Klage (Az. W 9 K 21.937) und b e a n t r a g t e im vorliegenden Verfahren,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid der VPI Schweinfurt-Werneck vom 24. Juni 2021 wiederherzustellen.
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Zur Begründung der Klage und des Eilantrags wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Antragsteller betreibe unter dem Namen … A* … …, D* … S* … …, … L* …, einen Kfz-Gebrauchtwagenhandel mit Gebrauchtfahrzeugen aller Art (u.a. Lkw, aber auch Luxusfahrzeuge aus dem Segment der „selektiven Ware“). Im Rahmen dieser Geschäftstätigkeit tätige der Antragsteller auch diverse Bargeldgeschäfte, auch in Größenordnungen zwischen 50.000,00 EUR und 200.000,00 EUR. Im Rahmen seiner Geschäftstätigkeit habe der Antragsteller in G* … bei der Fa. P* … T* …, P* … L* … …, … K* …, den Ankauf von ca. zehn Tiefkühl-Lkw, 7,5 Tonnen, zum Preis von ca. 9.000,00 EUR je Stück beabsichtigt. Die erforderlichen Finanzierungsmittel habe der Antragsteller als Bargeld bei sich geführt. Für den Ankauf habe er die Fahrzeuge höchstpersönlich bei der F* M* … in P* … besichtigt. Die Anreise sei im Pkw P* … C* … erfolgt mit dem amtlichen Kennzeichen … … Das Fahrzeug für die Anreise habe der Antragsteller in der KW 21 im Jahr 2021 bei der F*. P** C* …e in L* … erworben. Es sei am 14. Juni 2021 mit einer Laufleistung von ca. 26.000 km auf die … A* … …, D* … S* … …, … L* …, zugelassen worden. Vor Ort seien der Antragsteller und der Verkäufer der Tiefkühl-Lkw nicht handelseinig geworden, so dass der Antragsteller sich veranlasst gesehen habe, mit den mitgeführten Barmitteln den Rückweg zu seiner Geschäftsanschrift anzutreten. Für die Hinreise sowie die Rückreise habe der Antragsteller sechs Länder durchqueren müssen. Die Rückreise habe sich wie folgt gestaltet: Von K* … zur n* … Grenze, weiter durch N* …-M* … zur Grenze nach S* …, von dort nach N** in S* …, Aufnahme des Beifahrers B* … S* …, Weiterfahrt durch S* … zur Grenze nach K* …, weiter durch K* … zur Grenze von S* …, weiter durch S* … zur Grenze nach Ö* …, weiter durch Ö* … zur Grenze nach Deutschland. Innerhalb Deutschlands sei der Antragsteller an der Rastanlage R* … W* … - O** nach einer Fahrstrecke von ca. 1.850 km, Fahrzeit ca. 20 Stunden, abwechselnd mit dem Beifahrer, kontrolliert worden. Im Zeitpunkt der Fahrzeugkontrolle habe der P* … eine Gesamtlaufleistung von ca. 30.000 km bis 31.000 km gehabt. Die Kontrolle sei zunächst durch zwei zivile männliche Beamten mit zivilem Fahrzeug (BMW 5er Kombi grau) erfolgt. Die eingesetzten Zivilbeamten hätten die Kontrolle mit den ihnen zustehenden Rechten wegen Schleierfahndung begründet. In der Folge seien weitere zivile Einsatzkräfte hinzugezogen worden (schwarze BMW 5er Limousine besetzt mit einem männlichen Zivilbeamten, BMW X3 besetzt mit einem Beamten und einer Beamtin). Die dann aus fünf Personen bestehende Beamtengruppe habe die Identität des Antragstellers und des Beifahrers überprüft. Beide hätten sich ausweisen können und die Identitäten hätten anhand des Ausweises festgestellt werden können. In der Folge hätten die Beamten das Fahrzeug des Antragstellers durchsuchen wollen. Der Antragsteller habe einer Durchsuchung des Fahrzeugs widersprochen, weil keiner der eingesetzten Beamten dem Antragsteller oder seinem Beifahrer gegenüber die Durchsuchungsanordnung habe begründen können. Die Durchsuchung sei trotz des Widerspruchs des Antragstellers erfolgt. Im Rahmen der Durchsuchung hätten die Beamten festgestellt, dass die Schrauben der Verkleidung unter dem Handschuhfach Gebrauchsspuren aufgewiesen hätten. Der Antragsteller habe daraufhin mitgeteilt, dass sich im Fußraum des Pkw unter dem verbauten Teppich Bargeld befinde, welches er für betriebliche Zwecke mit sich führe. Er habe das Geld dort aus Sicherheitsgründen versteckt. Tatsächlich habe das Bargeld dort P* … M* …, K* … …, … K* …, versteckt. Nach Auffinden des Geldes hinter dem fest verbauten Teppich des Fahrzeuges hätten die eingesetzten Beamten gefragt, ob der Antragsteller einen freiwilligen Drogentest machen wolle. Dies habe der Antragsteller abgelehnt. Daraufhin habe der im BMW X3 erschienene männliche Beamte einen Drogenschnellwischtest im Fußraum der Beifahrerseite unter der Fußmatte auf dem Teppich, nicht jedoch im Batteriefach/Bargeldversteck bzw. der umliegenden Isolierung der Verstecke gemacht. Die im BMW X3 angereiste weibliche Zivilbeamtin habe selbigen Drogenschnellwischtest am Lenkrad des Fahrzeugs gemacht. Der Beifahrer S* … habe dabei mitbekommen, wie beide Beamte den namentlich nicht bekannten eingesetzten Zivilbeamten aus dem BMW 5er Kombi und der 5er Limousine sinngemäß mitgeteilt hätten, „Da ist nichts, was sollen wir machen?“. Danach hätten die eingesetzten Beamten die Mitfahrt des Antragstellers und des Beifahrers zur Wache verlangt. Der P* … sei verschlossen am Rastplatz geblieben. Die Schlüssel seien dem Antragsteller abgenommen worden. Auf der Wache habe sinngemäß der zweite Beamte aus dem BMW 5er Kombi-Fahrzeug seinen Mitfahrer PHM S* … gefragt, „Was ist mit dem Drogen-Urintest?“. Die Frage sei unbeantwortet geblieben. Nach geraumer Wartezeit habe der Antragsteller sodann den zweiten Beamten aus dem 5er Kombi-Dienstfahrzeug sinngemäß gefragt „Worauf warten wir?“, der Beamte habe sinngemäß geantwortet „Auf eine Antwort vom Staatsanwalt“. In der Folge habe dieser einen Anruf erhalten (vermutlich von der Staatsanwaltschaft). Nach Entgegennahme von Informationen habe der eingesetzte Beamte sinngemäß gefragt „Wie? Dann war ja alles umsonst!“. Dann habe der P* … abgeholt werden sollen, weswegen zwei Beamte und der Zeuge S* … mit einem Dienstfahrzeug zum Rastplatz gefahren seien. Im Rahmen dieser Dienstfahrt habe der Zeuge S* … Gelegenheit gehabt, ein Gespräch der beiden Beamten untereinander mit anzuhören, wobei diese sinngemäß ausgetauscht hätten „Laut Zoll soll das Geld herausgegeben werden“. Sodann sei der P* … zur Wache verbracht worden und der Zeuge S* … sei weggeschickt worden, damit eine zweite Kontrolle des P* … habe vorgenommen werden können. In der Folge sei dem Antragsteller mitgeteilt worden, dass das Geld sichergestellt werde. Ihm sei ein Sicherstellungsprotokoll übergeben worden und es sei ihm gestattet worden, die Rückreise fortzusetzen. In der Folge sei das Fahrzeug des Antragstellers, gesteuert durch Herrn E* H* …, Mitarbeiter des Antragstellers, auf einer dienstlichen Reise am 29. Juni 2021, 05:30 Uhr, durch Beamte der Polizeiinspektion Schweinfurt-Werneck unter Einsatz von fünf Fahrzeugen erneut kontrolliert und durchsucht worden. Es stehe zu vermuten, dass das vorgenannte Fahrzeug aus unbekannten Gründen (vielleicht auch videographisch) observiert werde.
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Der Antragsteller und der Beifahrer hätten sich durch Reisepässe ausweisen können. Damit sei die Eingriffsgrundlage der Schleierfahndung gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 PAG für weitere Maßnahmen verbraucht gewesen. Die nachfolgende Durchsuchung des Pkw P* … C* … … … sowie die nachfolgende Sicherstellung seien rechtswidrig gewesen. Die Tatbestandsvoraussetzungen der Art. 22 und 25 PAG seien nicht erfüllt gewesen. Gemäß Art. 22 Abs. 1 Nr. 3 PAG habe die Polizei die Befugnis, eine Sache zu durchsuchen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigten, dass sich Sachen in dem Durchsuchungsgegenstand befänden, die sichergestellt werden dürften. Voraussetzung hierfür sei, dass Tatsachen die Annahme rechtfertigten, dass sich in der Sache, die durchsucht werden solle, eine andere Sache befinde, die die Polizei sicherstellen wolle. Es müsse sich um konkrete Tatsachen handeln, die diese Annahme rechtfertigten. Bloße Vermutungen reichten für eine Durchsuchung nicht aus. Der vorgenannte Sachverhalt wie auch die Ereignismeldung erklärten nicht, dass die Polizei etwas am Ereignistag habe annehmen können, was die Durchsuchung rechtfertige, noch seien Tatsachen dargelegt, die eine solche Annahme rechtfertigten. Folglich sei die Durchsuchung rechtswidrig erfolgt. Auch die Sicherstellung zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr sei rechtswidrig. Der Antragsteller habe keines der typischen Fallbeispiele für eine rechtmäßige Sicherstellung verwirklicht. Er habe plausibel erklärt, dass das Risiko des Durchfahrens von sechs Balkanländern Motivation für das Verstecken der sichergestellten Bargeldsumme sei. Der Antragsteller habe die Herkunft des Bargelds nachgewiesen. Dabei komme es auf die Stückelung nicht an. Der Antragsteller mache umfangreiche Bargeschäfte und habe nicht erklärt, mit exakt der Stückelung gemäß Auszahlung vom 17. Juni 2021 unterwegs gewesen zu sein. Ausweislich der Bestätigung des Steuerbüros vom 6. Juli 2021 nebst Kassenbuchaufstellung habe der Antragsteller im Monat Juni 2021 über diverse Bareinnahmen verfügt und habe das ausgezahlte Geld und diese Bareinnahmen vermischt. Die aufschiebende Wirkung der Klage sei wiederherzustellen, weil der Antragsteller die sichergestellte Bargeldsumme für die Fortführung seines Geschäftsbetriebes dringend benötige. Er tätige umfangreiche Bargeschäfte. Im Übrigen sei er ausreichend liquide, so dass das Auszahlungsinteresse des Antragstellers das Sicherstellungsinteresse überwiege. Die Maßnahme sei unverhältnismäßig.
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3. Das Polizeipräsidium Unterfranken b e a n t r a g t e für den Antragsgegner, den Antrag abzulehnen.
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Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, da die Deutsche Bundesbank letztmals am 26. April 2019 500 Euro-Scheine ausgegeben habe, hätten die 17 beim Antragsteller aufgefundenen 500 Euro-Scheine nicht aus der vom Antragsteller getätigten Bargeldabhebung vom 17. Juni 2021 in der Volksbankfiliale in der B* … … in D* … stammen können. Ohne Nachfrage habe der Antragsteller gegenüber den Beamten nach Auffinden dieser Scheine erklärt, dass es sich bei ihnen um einen „Notgroschen“ handeln würde, welchen er bislang bei seiner Mutter gelagert habe. Diese Scheine würden nicht aus der Abhebung vom 17. Juni 2021 stammen. Damit habe der Antragsteller der zuerst getätigten Aussage, dass das Bargeld aus der Steuerrückerstattung stammen würde, widersprochen. Zahlreiche Geldscheine hätten deutliche Gebrauchsspuren aufgewiesen. Geldscheine mit deutlichen Gebrauchsspuren und Beschädigungen würden nach Auskunft von Mitarbeitern der Deutschen Bundesbank in W* … aussortiert und nicht wieder über die Bankfilialen in den Umlauf gebracht. Aufgrund der geschilderten Gesamtumstände habe zum Kontrollzeitpunkt am 23. Juni 2021 nach kriminalistischer Erfahrung der Verdacht bestanden, dass durch das Bargeld eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung bestanden habe, so dass dieses noch vor Ort durch die eingesetzten Polizeibeamten sichergestellt worden sei. Am 24. Juni 2021 habe der Leiter der Internen Revision der Volksbankfiliale in der B* … … in D* … bestätigt, dass die beschriebene Bargeldabhebung am 17. Juni 2021 stattgefunden habe, dass dem Antragsteller jedoch ausschließlich neuwertige 200 Euro-Banknoten im Gesamtwert von 255.000,00 EUR ausgehändigt worden seien. Die Sicherstellung sei mit förmlichem Sicherstellungsbescheid vom 24. Juni 2021 bestätigt und dem Bevollmächtigten des Antragstellers zugestellt worden.
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Eine im Zuge des Eilrechtsschutzes durchzuführende summarische Prüfung hinsichtlich der Erfolgsaussichten der Klage gelange hier zu dem Ergebnis, dass das Vollzugsinteresse das Aussetzungsinteresse überwiege und somit eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung nicht angezeigt sei, da der Erlass des Sicherstellungsbescheids aufgrund der geschilderten Gesamtumstände rechtmäßig gewesen sei. Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alternative 2 VwGO sei unzulässig, da dem Antragsteller das Rechtsschutzbedürfnis fehle. Er habe in seiner Antragsbegründung nicht dargelegt, dass er ein eilrechtsschutzwürdiges Interesse an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung habe. Der Antragsteller behaupte, das sichergestellte Bargeld für die Fortführung seiner Geschäfte dringend zu benötigen, führe im nächsten Satz jedoch selbst an, dass er ausreichend liquide sei, damit sein Auszahlungsinteresse das Sicherstellungsinteresse überwiegen würde. Dieser widersprüchliche Vortrag des Antragstellers stehe dem Rechtsschutzbedürfnis im Rahmen des Eilrechtsschutzes entgegen, so dass der Antrag unzulässig sei. Jedenfalls sei der Antrag unbegründet. Zur Begründung werde vollumfänglich auf die Begründung des Sicherstellungsbescheids vom 24. Juni 2021 verwiesen.
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4. Im Übrigen wird auf den weiteren Vortrag der Beteiligten und die Verfahrensakte des Antragsgegners Bezug genommen. Die Akte W 9 K 21.937 wurde beigezogen.
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Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet.
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1. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist zulässig. Insbesondere ist er statthaft, da die Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 24. Juni 2021 in der Hauptsache die richtige Klageart ist. Diese hat gem. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO hinsichtlich der Ziffer 1 aufgrund der behördlichen Anordnung der sofortigen Vollziehung in Ziffer 2 keine aufschiebende Wirkung. Darüber hinaus fehlt dem Antrag - entgegen der Ansicht des Antragsgegners - auch nicht das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Ein Rechtsschutzbedürfnis ist dann nicht gegeben, wenn kein Bedürfnis für die Anrufung des Gerichts besteht oder die gerichtliche Entscheidung von vorneherein nutzlos wäre. Hingegen stellt sich im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO im Rahmen des Rechtsschutzbedürfnisses unter keinen Umständen die Frage einer tatsächlichen oder rechtlichen Dringlichkeit. Vielmehr führt der Wegfall des Suspensiveffekts grundsätzlich unmittelbar auf ein Rechtsschutzinteresse (vgl. Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 80 Rn. 82 f.). Im Hinblick auf die Möglichkeit der Folgenbeseitigung nach § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO hat grundsätzlich auch der Vollzug des Verwaltungsakts nicht den Wegfall des Rechtsschutzinteresses zur Folge (vgl. Hoppe in Eyermann, a.a.O., § 80 Rn. 83).
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2. Der Antrag ist aber in der Sache unbegründet.
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Im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO prüft das Gericht, ob die formellen Voraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung gegeben sind. Im Übrigen trifft es eine eigene Abwägungsentscheidung anhand der in § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO normierten Kriterien. Hierbei ist das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung gegen das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seiner Klage bzw. des Widerspruchs abzuwägen. Bei dieser Abwägung sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache dann von maßgeblicher Bedeutung, wenn nach summarischer Prüfung von der offensichtlichen Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit des verfahrensgegenständlichen Verwaltungsakts und der Rechtsverletzung des Antragstellers auszugehen ist. Jedenfalls hat das Gericht die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs bei seiner Entscheidung mit zu berücksichtigen, soweit diese sich bereits übersehen lassen (vgl. BVerfG, B.v. 24.2.2009 - 1 BvR 165/09 - NVwZ 2009, 581; BayVGH, B.v. 17.9.1987 - 26 CS 87.01144 - BayVBl. 1988, 369). Sind diese im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vollkommen offen, ist eine reine Interessenabwägung vorzunehmen.
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2.1. Es bestehen keine Zweifel an der formellen Rechtmäßigkeit der Anordnung des Sofortvollzugs. Insbesondere hat der Antragsgegner die Anordnung der sofortigen Vollziehung in ausreichender Weise gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO begründet. Zwar setzt die Anordnung der sofortigen Vollziehung regelmäßig die Darlegung besonderer Gründe voraus, die über die Gesichtspunkte hinausgehen, die den Verwaltungsakt selbst rechtfertigen. Ausnahmsweise kann sich die Behörde aber auch auf die den Verwaltungsakt selbst tragenden Erwägungen stützen, wenn die den Erlass des Verwaltungsakts rechtfertigenden Gründe zugleich die Dringlichkeit der Vollziehung belegen (vgl. Hoppe in Eyermann, a.a.O., § 80 Rn. 46). Dies ist insbesondere im Bereich des Sicherheitsrechts der Fall. Denn es liegt auf der Hand, dass bei Vorliegen einer gegenwärtigen Gefahr für Rechtsgüter der Allgemeinheit diese Gefahr verhindert werden muss.
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2.2. Eine summarische Prüfung der Hauptsache, wie sie im Sofortverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO erforderlich aber auch ausreichend ist, ergibt vorliegend, dass die Klage gegen die Sicherstellung im Bescheid der VPI Schweinfurt-Werneck vom 24. Juni 2021 mit hoher Wahrscheinlichkeit in der Sache keinen Erfolg haben wird. Die Klage wird sich voraussichtlich als unbegründet erweisen, weil der verfahrensgegenständliche Bescheid rechtmäßig ist und den Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Unabhängig davon ist ein überwiegendes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung zu erkennen. Da sich die Sicherstellung des Bargeldes nach der hier durchgeführten Prüfung voraussichtlich als rechtmäßig erweist bzw. eine Interessenabwägung zu Lasten des Antragstellers ausfällt, steht dem Antragsteller auch kein Anspruch auf Herausgabe des sichergestellten Geldes nach § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO zu.
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Die Polizei kann nach Art. 25 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a PAG eine Sache sicherstellen, um eine gegenwärtige Gefahr abzuwehren. Der Begriff der „gegenwärtigen“ Gefahr betrifft die zeitliche Dimension der Gefahrenprognose (hinsichtlich des Schadenseintritts). Eine solche Gefahr liegt nach Nr. 25.3 VollzBek PAG und Nr. 10.2 VollzBek PAG vor, wenn die Einwirkung des schädigenden Ereignisses bereits begonnen hat oder unmittelbar oder in allernächster Zeit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bevorsteht. Diese Gefahr kann dabei von der Sache selbst oder von ihrem Besitzer (durch dessen Zustand oder Verhalten) ausgehen. Es muss eine konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit (oder Ordnung) vorliegen. Maßgeblich für die danach anzustellende Gefahrenprognose sind die konkreten Verhältnisse bzw. Gegebenheiten zum Zeitpunkt der angefochtenen Maßnahme (ex-ante Betrachtung); die Annahme einer entsprechenden Gefährdungslage zu diesem Zeitpunkt muss sich auf hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte und Erkenntnisse der Behörde stützen können. Auch hier gilt ein mit zunehmendem Ausmaß des möglichen Schadens abgesenkter Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts (sog. differenzierender Wahrscheinlichkeitsmaßstab; zum Ganzen vgl. Senftl in BeckOK Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern, Möstl/Schwabenbauer, Stand 15.3.2021, PAG Art. 25 Rn. 16 ff. m.w.N.).
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Der Befugnistatbestand des Art. 25 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a PAG kommt im Rahmen der Sicherstellung von Bargeld (Banknoten, Münzen) insbesondere in Betracht, wenn das Bargeld zur Begehung von Straftaten (z.B. Drogengeschäften) verwendet werden soll. Erforderlich ist jedoch auch hier eine „gegenwärtige“ Gefahr und damit sowohl die besondere zeitliche Nähe als auch ein besonders hoher Grad an Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts. Dies bedingt eine entsprechend abgesicherte Prognose, d.h., es müssen hinreichend konkrete und nachvollziehbare tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass das Geld unmittelbar oder in allernächster Zeit zur Vorbereitung oder Begehung von Straftaten verwendet werden wird; ein bloßer Gefahrenverdacht oder bloße Vermutungen reichen nicht. Auch hier gilt, dass die tatrichterliche Prognose auf die eigene Sachkunde gestützt werden kann. Ebenso gilt allerdings ein sog. differenzierender Wahrscheinlichkeitsmaßstab. Anhalts-/Gesichtspunkte für die Herkunft eines Bargeldbetrages aus dem Drogenhandel können insbesondere sein: hoher Geldbetrag, Versteckthalten oder zumindest Aufbewahrung an einem ungewöhnlichen Ort (z.B. im Kfz extra dafür geschaffener Hohlraum zum Transport), szenetypische Stückelung der Geldscheine (z.B. Häufung von 50 Euro-Scheinen), nicht plausibel erklärte Herkunft des Geldes, positiv ausgefallener sog. Drugwipe-Test an den sichergestellten Geldscheinen, Verdachtsmomente aus der organisierten Kriminalität, einschlägige strafrechtliche Ermittlungsverfahren/Verurteilungen. Zudem kann berücksichtigt werden, dass „es kriminalistischer Erfahrung entspricht, dass das aus Drogengeschäften gewonnene Geld in der Regel zumindest teilweise wieder in die Beschaffung von Betäubungsmitteln investiert wird“ (vgl. Senftl in BeckOK Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern, a.a.O., Art. 25 Rn. 52 ff. m.w.N.).
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Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben hat der Antragsgegner bei dem Erlass der Sicherstellungsanordnung voraussichtlich zu Recht angenommen, es bestehe die gegenwärtige Gefahr, der Antragsteller werde das sichergestellte Geld im Fall einer Herausgabe unmittelbar zur Begehung von Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz verwenden.
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Vorliegend sprechen die bei der Kontrolle am 23. Juni 2021 vorgefundenen Umstände nach vorläufiger Beurteilung dafür, dass das sichergestellte Geld aus dem Drogenhandel stammt und dafür auch wieder eingesetzt werden sollte. Die gegenwärtige Gefahr des Drogenhandels bestand auch noch nach Durchführung weiterer polizeilicher Ermittlungen im Zeitpunkt des Erlasses der streitgegenständlichen Sicherstellungsverfügung am 24. Juni 2021. Es ist nach summarischer Prüfung nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner aufgrund der Gesamtschau des vorliegenden Tatsachenmaterials zu der Einschätzung gelangt ist, die Sicherstellung des Bargeldbetrages sei zur Abwendung einer gegenwärtigen Gefahr erforderlich. Hinsichtlich der vom Antragsgegner zur Begründung der Sicherstellung des Bargeldes herangezogenen Gesamtumstände folgt das Gericht der zutreffenden Begründung des Bescheids vom 24. Juni 2021 und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 117 Abs. 5 VwGO).
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Der Vortrag des Antragstellers im Eilverfahren führt nicht zu einer anderen Beurteilung.
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Mit seiner Einwendung, die Durchsuchung des Fahrzeugs am 23. Juni 2021 sei rechtswidrig gewesen, kann der Antragsteller vorliegend nicht durchdringen. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Voraussetzungen des Art. 22 PAG vorlagen. Die Rechtmäßigkeit der Sicherstellung des Bargelds nach Art. 25 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a PAG hängt nicht von der Rechtmäßigkeit der zum Auffinden des Bargelds führenden Durchsuchung ab.
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Es bestehen nach vorläufiger Prüfung keine Zweifel an einer für das Drogenmilieu typischen Stückelung des aufgefundenen Bargeldes. Dealer verkaufen Drogen typischerweise portionsweise in Größenordnungen von 50,00 EUR an die Konsumenten und bezahlen mit dem erhaltenen Geld die Importeure, die das Geld ihrerseits zum Kauf weiterer Drogen verwenden. An- und Verkauf von Drogen finden regelmäßig in einem geschlossenen Kreislauf statt, so dass bei einer auffälligen Häufung von 50 Euro-Scheinen von einer im Drogenhandel üblichen Stückelung auszugehen ist (vgl. OVG Lüneburg, U.v. 2.7.2009 - 11 LC 4/08 - juris Rn. 43). So liegt der Fall hier: Die beim Antragsteller sichergestellten Bargeldbeträge begründen aufgrund der auffälligen Häufung von 50 Euro-Scheinen - es wurden 861 Scheine à 50,00 EUR und damit 43.050,00 EUR in dieser Stückelung gefunden - und der Höhe des Gesamtbetrags den dringenden Verdacht der Herkunft aus Drogenhandel.
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Auch der Transport eines Großteils des Bargeldes in Verstecken im Fahrzeug spricht für dessen illegale Herkunft. Der Antragsteller konnte keine glaubhafte Begründung für das Mitführen und Verstecken des hohen Bargelds geben. Er hat unterschiedliche Angaben dazu gemacht, wann das Bargeld im Fahrzeug verbaut worden sein soll. Mit seiner Behauptung im Eilverfahren, ein Herr M* … aus K* … habe das Bargeld in den Hohlräumen des Kfz versteckt, setzt der Antragsteller sich in Widerspruch zu seinen laut Ereignismeldung der VPI Schweinfurt-Werneck bei der Durchsuchung vor Ort gemachten Angaben, die ca. 89.000,00 EUR habe er von einem Bekannten in D* … im Fahrzeug verbauen lassen, um damit nach G* … zu fahren, und habe das Geld dort auch nicht ausgebaut, da es nicht zu dem geplanten Ankauf der Lkw gekommen sei. Darüber hinaus ist die Verwendungsabsicht des Bargeldbetrags für den Ankauf von Lkw bislang durch keinerlei Tatsachen belegt.
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Dem Antragsteller ist es im Eilverfahren auch nicht gelungen, die Herkunft des aufgefundenen Bargelds nachzuweisen, wie er behauptet. Zwar steht aufgrund der vorgelegten Unterlagen des Antragstellers nach vorläufiger Bewertung der aufgefundene hohe Bargeldbetrag nicht von vorneherein in einem auffälligen Missverhältnis zu seiner (legalen) Einkommenssituation. Zur Herkunft der konkret aufgefundenen Geldscheine existieren jedoch mehrere abgewandelte Versionen des Antragstellers. Von seiner Angabe bei der Kontrolle, bei dem aufgefundenen Bargeld handele es sich (ausschließlich) um einen Teil einer Bargeldabhebung von 255.000,00 EUR, die er in D* … getätigt habe, ist der Antragsteller bereits vor Ort und dann im Eilverfahren immer weiter abgerückt, nachdem die 500 Euro-Scheine nicht aus einer kürzlich vorgenommenen Bankabhebung stammen konnten bzw. ihm von der Volksbank-Filiale in D* … nach deren Angaben nur neuwertige 200 Euro-Scheine ausgezahlt worden sind. Zunächst hatte der Antragsteller bei der Kontrolle behauptet, die 500 Euro-Scheine stammten aus seinem „Notgroschen“, den er dazu gepackt habe. Im Eilverfahren machte er dann geltend, auf die Stückelung komme es nicht an, da er umfangreiche Bargeschäfte mache und das ausgezahlte Geld mit diversen Bareinnahmen vermischt habe. Hierzu legte er eine Kassenbuchaufstellung und eine Bestätigung eines Steuerbüros vom 6. Juli 2021 vor. Hierbei fällt jedoch auf, dass das Kassenbuch zwar diverse, auch höhere Einnahmen enthält, diese jedoch vor der Abhebung der 255.000,00 EUR bei der Volksbank liegen, der Antragsteller seinen Kassenbestand immer wieder durch Einzahlungen bei der Volksbank reduziert hat und der Bestand unmittelbar vor dieser Abhebung bei nur 6.379,18 EUR lag. Laut Kassenbuch gab es auch zwischen der Abhebung der 255.000,00 EUR am 17. Juni 2021 und der Fahrzeugkontrolle am 23. Juni 2021 keine Einnahmen in relevanter Höhe, zumal der Antragsteller vor der Kontrolle mehrere Tage mit dem Fahrzeug unterwegs gewesen sein will. Weiterhin äußerte sich der Antragsteller bei seiner zuletzt gewählten Version der Herkunft der Geldscheine im Antragsschriftsatz nicht dazu, wo der angeblich nicht mitgeführte Anteil der ca. 95.000,00 EUR, die er nach seiner zunächst gewählten Darstellung vom Volksbankkonto abgehoben und nicht in den Safe in D* … gebracht hat, verblieben sein soll.
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Nach der Ereignismeldung der VPI Schweinfurt-Werneck vom 24. Juni 2021 ist die Behauptung des Antragstellers, die Drogenwischtests seien negativ verlaufen, nicht zutreffend. Wenn der Drogenwischtest auch Fehlerquoten aufweist und nicht den vollen Beweis eines Drogenkontakts erbringen mag (vgl. OVG Lüneburg, a.a.O., Rn. 49), weisen die festgestellten Drogenanhaftungen am Lenkrad und an dem Versteck neben dem Batteriefach jedoch als weiteres Indiz ebenfalls auf die Herkunft des Bargeldes aus dem Drogenmilieu hin. Dass sich zum Zeitpunkt der Kontrolle keine Drogen im Fahrzeug befunden haben, rechtfertigt nicht die Annahme, das sichergestellte Bargeld stamme nicht aus Drogengeschäften.
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Bei dieser Sachlage erweist sich die Sicherstellungsanordnung nach summarischer Prüfung auch nicht als ermessensfehlerhaft. Die Maßnahme war geeignet und erforderlich zur Gefahrenabwehr. Ein milderes Mittel stand nicht zur Verfügung, um die Gefahr der Verwendung des Bargelds zur Begehung von Drogenstraftaten abzuwenden.
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Abgesehen davon spricht auch eine reine Interessenabwägung für die Aufrechterhaltung des Sofortvollzugs. Im Rahmen der Interessenabwägung überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Sicherstellungsanordnung das private Interesse des Antragstellers an der sofortigen „Freigabe“ des sichergestellten Geldes. Den Interessen des Antragsgegners ist insoweit der Vorrang einzuräumen, weil die Folgen, die sich für die mit der Sicherstellung bezweckte Absicht ergeben würden, wenn dem Rechtsschutzbegehren des Antragstellers stattgegeben und der Geldbetrag ausgezahlt würde, gravierender sind, als die eventuell bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache durch den sofortigen Vollzug der angefochtenen Verfügung für den Antragsteller eintretenden Nachteile, die insbesondere darin bestehen, über den Geldbetrag nicht verfügen und damit keine Erträge erzielen zu können. Würde ihm das Geld heute ausgezahlt, wäre ein erneuter präventiv-polizeilicher Zugriff trotz Abweisung der Anfechtungsklage praktisch nicht mehr möglich.
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3. Nach § 154 Abs. 1 VwGO trägt der Antragsteller als unterlegener Teil die Kosten des Verfahrens.
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4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 GKG, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1, 3 GKG i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (vgl. BayVGH, B.v. 27.6.2016 - 10 CS 16.895 - juris Rn. 18).