Inhalt

OLG München, Beschluss v. 08.12.2021 – 33 U 6609/21
Titel:

Isolierte Anfechtung der Kostenentscheidung des Schlussurteils bei vorangegangenen Teilurteilen

Normenkette:
ZPO § 99 Abs. 1
Leitsatz:
Die isolierte Anfechtung der Kostenentscheidung ist auch dann gem. § 99 Abs. 1 ZPO unzulässig, wenn dem Schlussurteil mehrere Teilurteile vorangegangen sind. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
isolierte Anfechtung, Kostenentscheidung, Teilurteil, Schlussurteil
Vorinstanz:
LG Traunstein vom 13.08.2021 – 5 O 2252/17
Fundstelle:
BeckRS 2021, 55248

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Anerkenntnis- und Schlussurteil des Landgerichts Traunstein vom 13.08.2021, Aktenzeichen 5 O 2252/17, wird als unzulässig verworfen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 4.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Parteien streiten um erbrechtliche Ansprüche.
2
Das Erstgericht hat zunächst rechtskräftig durch Teilurteil vom 09.11.2018 (Bl. 99/106, Bd. I) die Beklagte zur Auskunftserteilung verurteilt. Mit weiterem rechtskräftigem Teilurteil vom 29.06.2020 (Bl. 271 278. Bd. II) hat das Erstgericht im Wege der Klageerweiterung geltend gemachte Ansprüche auf Rückführung von Geldern in den Nachlass abgewiesen. Mit dem hier angefochtenen Anerkenntnis- und Schlussurteil vom 13.08.2021 (Bl. 824/825, Bd. IV) hat das Erstgericht die Beklagte zur Versicherung an Eides statt verurteilt und über die gesamten Kosten des Rechtsstreits entschieden, die das Erstgericht zu 33 % der Klägerin und zu 67 % der Beklagten auferlegt hat.
3
Hisichtlich der weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des Anerkenntnis- und Schlussurteils des Landgerichts Traunstein vom 13.08.2021 Bezug genommen.
4
Das Anerkenntnis- und Schlussurteil ist der Klägervertreterin am 19.08.2021 zugestellt worden Bl. 828, Bd. IV). Mit Berufungsschrift und Berufungsbegründung vom 15.09.2021 (Bl. 828/829, Bd. [xxx]) eingegangen am selben Tag, wendet sich die Klägerin gegen die Kostenentscheidung. Mit weiterem Schriftsatz vom 01.11.2021 (Bl. 844/846, Bd. IV), eingegangen am 02.11.2021, begehrt die Klägerin zudem die Feststellung, dass das Landgericht Traunstein zu einem Urteil nicht mehr berufen war.
5
Die Klägerin beantragt im Berufungsverfahren (Bl. 844, Bd. IV):
1.
Der Berufung ist stattzugeben.
2.
Durch das Oberlandesgericht München ist festzustellen, dass das Landgericht Traunstein zu einem „Anerkenntnis- und Schlussurteil“ nicht mehr berufen war und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 10.02.2021 (Gz: 2 BvL 8/19) durch das Gericht in verfassungswidriger Art und Weise nicht beachtet hat.
6
Die Beklagte beantragt (Bl. 832/833, Bd. IV):
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Traunstein vom 13.08.2021 wird zurückgewiesen.
7
Der Senat hat die Klägerin mit Verfügung vom 12.11.2021 (Bl. 848, Bd. IV) darauf hingewesen dass und warum er die Berufung sowohl für unzulässig als auch für unbegründet hält und dass eine Verwerfung der Berufung gemäß § 522 Abs. 1 ZPO beabsichtigt ist. Eine Stellungnahme der Klägerin hierzu ist innerhalb der gesetzten Frist nicht eingegangen.
II.
8
Die Berufung ist, nachdem eine am 03.12.2021 telefonisch gegenüber der Geschäftsstelle angekündgte Rücknahme der Berufung „noch heute“ nicht erfolgt ist, gemäß § 522 Abs. 1 ZPO zu verwerfen, da sie gemäß § 99 Abs. 1 ZPO unzulässig ist.
9
Die Klägerin wendet sich mit ihrer Berufungsbegründung vom 15.09.2021 lediglich gegen die Kostenentscheidung des angefochtenen Urteils. Nach § 99 Abs. 1 ZPO ist die Anfechtung der Kostenentscheidung aber unzulässig, wenn nicht gegen die Entscheidung in der Hauptsache ein Rechtsmittel eingelegt wird, was hier nicht der Fall ist. Die Tatsache, dass das Landgericht mit Teil- und Schlussurteilen über den Rechtsstreit entschieden hat, ändert an der Unzulässigkeit der [xxx] Kostenanfechtung nichts (vgl. BGH, Beschluss vom 09. November 1977 - VIII ZB 36/77, [xxx] MüKoZPO/Schulz, 6. Aufl. 2020, § 99 Rn. 9).
10
Die Erweiterung der Berufungsanträge durch Schriftsatz vom 01.11.2021, die nicht durch die bisherige Berufungsbegründung gedeckt ist, kann die Unzulässigkeit der Berufung nicht beheben, da der Schriftsatz erst nach Ablauf der zweimonatigen Berufungsbegründungsfrist (§ 520 Abs. 2 S. ZPO) beim Oberlandesgericht einging.
11
Die Berufung war daher - wie angekündigt - als unzulässig zu verwerfen.
III.
12
Ungeachtet der fehlenden Zulässigkeit der Berufung ist diese auch unbegründet.
13
Der Senat verkennt dabei nicht, dass soweit er nachfolgend hilfsweise hierzu ausführt, dieser Teil seiner Entscheidung nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs als nicht geschrieben [xxx] (vgl. BGH, Beschluss vom 16. August 2016 - VI ZB 17/16, juris). Das Revisionsgericht [xxx] aber in diesen Fällen von der grundsätzlich gebotenen Aufhebung und Zurückverweisung absehen und sachlich entscheiden, wenn die Berufungsentscheidung einen Sachverhalt ergibt, der für die rechtliche Beurteilung eine verwertbare tatsächliche Grundlage bietet, und wenn bei Zurückverweisung ein anderes Ergebnis nicht möglich erscheint (BGH, Beschluss vom 08. Mai 2018 - XI ZR 538/17, juris Rn. 20).
14
Dies ist hier nach Auffassung des Senats der Fall. Denn die angefochtene Entscheidung des Erstgerichts ist richtig. Das Ersturteil beruht nicht auf einer Rechtsverletzung (§§ 513 Abs. 1, 546 ZPO). Vielmehr rechtfertigen die Tatsachen, die der Senat im Rahmen des durch § 529 ZPO festgelegten Prüfungsumfangs der Beurteilung des Streitstoffes zugrunde zu legen hat, keine andere Entscheidung. Die Ausführungen der Klägerin in der Berufungsinstanz vermögen dem Rechtsmittel nicht zum Erfolg zu verhelfen, da sie das Ersturteil nicht erschüttern. Zur Begründung nimmt der Senat zunächst Bezug auf die Ausführungen des Erstgerichts. Zu ergänzen ist unter Berücksichtigung der Berufungsrügen der Klägerin Folgendes:
15
Die Kostenentscheidung des Landgerichts ist zutreffend. Zu Recht hat das Landgericht für den Verfahrensanteil, der die Auskunftserteilung und die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung be[xxx] einen Teilstreitwert von 37.500,00 € angesetzt (vgl. bereits den Beschluss des Landgerichts vom 09.11.2018, Bl. 107/108, Bd. I). Im Hinblick auf die Auskunftsklage, die nach Auffassung der Klägerin unzutreffend bewertet ist, hat das Landgericht bereits mit Teilurteil vom 09.11.2018 entscheiden und nunmehr für den Streitwert den damaligen Parteivortrag zutreffend zugrunde ge[xxx] Nachträgliche Ausführungen der Klägerin, etwa im Schriftsatz vom 03.09.2020, waren daher [xxx] mehr zu berücksichtigen. Die Klage auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung erhöht der Streitwert nicht, § 44 GKG.
16
Auch der Berufungsantrag im Schriftsatz vom 01.11.2021 ist unbegründet. Weshalb das Landgericht Traunstein zu einem Anerkenntnis- und Schlussurteil nicht mehr berufen gewesen sein soll, erschließt sich dem Senat nicht und ergibt sich auch nicht aus der Begründung des Antrags. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 10.02.2021 - 2 BvL 8/19 - betrifft ohnehin nicht dieses Verfahren, sondern die strafrechtliche Vermögensabschöpfung.
IV.
17
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
18
Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich bereits aus § 794 Abs. 1 Nr. 3 ZPO (vgl. Zöller/Heßler, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 522 Rn. 28 m.w.N.).
19
Die Streitwertfestsetzung für das Berufungsverfahren basiert auf §§ 47, 48 GKG, 3 ZPO. Die Klägerin wendet sich insbesondere mit ihrem Antrag vom 01.11.2021 gegen das Ersturteil insgesamt. Beschwert ist sie durch das Ersturteil durch die Kostenentscheidung, wonach sie 33 % der Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat. Unter Berücksichtigung der angefallenen Gerichts- und außergerichtlichen Kosten ist daher der Streitwert in der Gebührenstufe bis zu 4.000,00 € festzusetzen.