Inhalt

VG Würzburg, Gerichtsbescheid v. 17.05.2021 – W 4 K 21.304
Titel:

Bescheidungspflicht der Behörde  

Normenketten:
BayVwVfG Art. 22, Art. 44 Abs. 5
VwGO § 84, § 93
Leitsatz:
Die Bescheidung eines Antrags kann nur dann unterbleiben, wenn es sich um offensichtlich nicht ernst gemeinte, offensichtlich querulatorische Anträge handelt oder solche, die einen offensichtlich sittenwidrigen Inhalt haben. Zudem zwingt völlig unsubstantiiertes Vorbringen eines Beteiligten die Behörde nicht zu einer Entscheidung. (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Anfechtungsklage gegen Nichtfeststellung der Nichtigkeit, Bescheidungspflicht der Behörde, querulatorische Anträge
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 29.06.2022 – 22 ZB 21.1826
Fundstelle:
BeckRS 2021, 54708

Tenor

I.Die Klage wird abgewiesen.
II.Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.Der Gerichtsbescheid ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.   

Tatbestand

1
Die Klägerin wendet sich gegen einen Bescheid des Beklagten, mit dem ihr Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit der Ausführungen im Schreiben des Landratsamtes Würzburg vom 23. Januar 2020 abgelehnt wurde.
2
1. Der Rechtsvorgängerin der Klägerin, der Firma …, war mit Bescheid vom 9. November 1993 durch das Landratsamt Würzburg eine Baugenehmigung zur Errichtung eines Lagerplatzes, einer Lkw-Unterstell-Halle mit Lagerraum und Werkstatt, eines Betriebsgebäudes mit Büro u.a. sowie eines Wohnhauses für den Betriebsinhaber auf dem Grundstück Fl.-Nr. … der Gemarkung E* …, Gemeinde G* …, erteilt worden. Diese enthielt im Anhang unter Ziffer A17.10 1. die Bestimmung, dass auf dem Lagerplatz nur Mutterboden, Sand, Kies, Schotter und Baustoffe zwischengelagert werden dürften; Erdaushub, Bauschutt oder Abfall dürften weder zwischengelagert noch sortiert werden. Leercontainer dürften abgestellt werden.
3
Mit Bescheid vom 7. November 1996 erteilte das Landratsamt Würzburg der Rechtsvorgängerin der Klägerin eine weitere Baugenehmigung zum Einbau von Lagerräumen in eine bestehende Werkstatt, zum Neubau einer Lagerhalle und einer Zwischenlagerfläche, eines Diesellagers und Waschplatzes auf dem gleichen Grundstück. In den Antragsunterlagen dazu hieß es, die Lagerhalle solle für die Lagerung von Baustoffen und Lkw-Reifen, der Zwischenlagerplatz im Freien für Baustoffe und Schrottautos genutzt werden. Der Zwischenlagerplatz sollte sich nach den der Baugenehmigung beigefügten Plänen auf einer begrenzten Fläche am Rand des Grundstücks befinden; von diesem Teil der Genehmigung wurde allerdings nach Angaben des Beklagten innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Frist (Art. 69 Abs. 1 BayBO) kein Gebrauch gemacht. Der Anhang des in den Bauakten des Landratsamts befindlichen Exemplars dieser Genehmigung enthält hinsichtlich der auf dem Gelände zu lagernden Stoffe keine über die ursprüngliche Genehmigung hinausgehende Aussage.
4
2. Im Jahr 2010 übernahm der Schwiegersohn des früheren Firmeninhabers und jetzige Firmeninhaber, Herr … …, die Firma.
5
Mit Schreiben vom 10. November 2016 beantragte die Klägerin beim Landratsamt Würzburg eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für den Betrieb einer mobilen Brecheranlage vom Typ Mobilbrecher Zeppelin Z 110 auf dem verfahrensgegenständlichen Grundstück einschließlich der Zulassung des vorzeitigen Beginns. Das Landratsamt teilte der Klägerin mit E-Mail vom 14. November 2016 mit, in der Baugenehmigung für den Lagerplatz sei die Vorgabe enthalten, dass nur Mutterboden, Sand, Kies, Schotter und Baustoffe zwischengelagert werden dürften; Erdaushub, Bauschutt oder Abfall dürften weder zwischengelagert noch sortiert werden. Bei einer Zwischenlagerung von 100 t oder mehr an Bauschutt/Abfall sei eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung nach Nr. 8.12.2 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV erforderlich. Mit Schreiben vom 14. November 2016 beantragte die Klägerin eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Lagerung von unbelastetem Bauschutt, Steinabfällen, Schotter und Abbruchmaterial einschließlich der Zulassung des vorzeitigen Beginns. Mit Bescheid vom 17. November 2016 ließ das Landratsamt Würzburg jeweils nach Maßgabe der vorgelegten Antragsunterlagen und jeweils befristet den vorzeitigen Beginn für die Brecheranlage Mobilbrecher Zeppelin Z 110 auf dem Grundstück Fl.-Nr. … der Gemarkung E* …, Gemeinde G* …, sowie für die Zwischenlagerung von Bauschutt und Steinabfällen auf dem gleichen Grundstück zu. Nach den bisher vorliegenden Stellungnahmen sei von der Genehmigungsfähigkeit des Antrags auszugehen.
6
Mit Schreiben vom 6. Januar 2017 beantragte die Klägerin unter Vorlage weiterer Unterlagen beim Landratsamt (erneut) eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Erweiterung des Lagerplatzes für unbelastetes Recyclingmaterial und wiederverwertbare Baustoffe sowie zum Betrieb einer mobilen Brecheranlage.
7
In dem anschließenden Verwaltungsverfahren berief sich die Klägerin mit Schreiben vom 17. Juli 2017 auf die ihrer Rechtsvorgängerin unter dem 7. November 1996 erteilte Baugenehmigung, die sie in Kopie auszugsweise vorlegte. Die Kopie enthält nur die mit einem Eingangsstempel der Verwaltungsgemeinschaft G* … versehene S. 1 des Baugenehmigungsbescheids, der in der in der Akte des Landratsamts enthaltenen Fassung aus drei Seiten mit Unterschrift und Dienstsiegel auf S. 3 besteht, sowie einen Anhang zum Baugenehmigungsbescheid, der aus sechs Seiten besteht. Die S. 3 des Anhangs zum Baugenehmigungsbescheid in der Fassung dieser Fotokopie enthält unter Ziffer A17.10 Nr. 1 eine Bestimmung, wonach die Zwischenlagerfläche und der Lagerplatz nur für das Lagern von Mutterboden, Baumaterialien und Baustoffen zugelassen seien. Auf dem Lagerplatz dürften zusätzlich Bauschutt in Form von Beton, Mauerwerk, Mörtel, Putzen und anderen mineralischen Baustoffen zwischengelagert und Leercontainer abgestellt werden. Sonstiges Material dürfe nicht abgelagert werden. Insbesondere dürften Holz, Dämm- und Isolierplatten, Dachpappen, Kunststoffböden, Bitumen, Hausmüll usw. nicht abgelagert werden. Unter Nr. 4 ist bestimmt, dass die Bestimmungen der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA-Lärm) vom 16. Juli 1968 zu beachten seien; nach Nr. 5 dürfen die Beurteilungspegel der von allen Anlagen auf dem Betriebsgelände, einschließlich der vom Fahrverkehr und Ladebetrieb ausgehenden Geräusche, die in der TA-Lärm nicht überschreiten.
8
Das Landratsamt wies die Klägerin mit Schreiben vom 27. Juli 2017 darauf hin, ausweislich der den Genehmigungen von 1993 und 1996 beigefügten Pläne seien dort auf dem gleichen Grundstück verschiedene Lagerplätze genehmigt worden, für die unterschiedliche Auflagen und Einschränkungen gälten.
9
Mit Schreiben vom 7. September 2017 teilte das Landratsamt der Klägerin mit, dass der Betrieb der Brecheranlage nicht genehmigungsfähig sei, weil der Motor nicht die Grenzwerte der 28. BImSchV einhalte, es an einem Nachweis hinsichtlich der Eignung des Bedüsungssystems, den Staubgrenzwert nach der TA-Luft einzuhalten, fehle und der Betrieb der Brecheranlage aufgrund der Lärmentwicklung auch bauplanungsrechtlich nicht zulässig sei. Gegen den Betrieb des Zwischenlagerplatzes bestünden nach dem jetzigen Verfahrensstand keine Einwände. Es werde die Gelegenheit gegeben, den Antrag ganz oder nur in Bezug auf die Brecheranlage zurückzunehmen.
10
Mit an den Landrat gerichtetem Schreiben vom 7. Dezember 2017 teilte die Klägerin mit, auf dem Grundstück bestehe seit dem 7. November 1996 eine Baugenehmigung zum Betreiben von Anlagen. Seit 1996 sei dort u.a. Bauschutt gelagert worden. Die Klägerin wolle dies so fortsetzen. Der Landrat teilte daraufhin mit Schreiben vom 16. Februar 2018 mit, mit der Baugenehmigung sei nicht der Betrieb einer Abfallbehandlung bzw. eines Brechers bewilligt worden; vor allem beinhalte sie keinesfalls eine notwendige Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz. Der Betrieb der Abfallbehandlung mithilfe des Brechers sei nach derzeitigem Stand nicht genehmigungsfähig.
11
Mit Schreiben vom 6. März 2018 wandte sich die Klägerin wiederum an den Landrat. Ihr sei mit der Genehmigung vom 7. November 1996 das Lagern von Bauschutt in Form von Beton, Mauerwerk, Mörtel, Putzen und anderen mineralischen Baustoffen auf dem Lagerplatz gestattet worden. Dies betreffe die gesamte Lagerfläche des vorgenannten Grundstücks. Zudem sei in dem Bescheid das Betreiben von allen Anlagen unter Berücksichtigung der TA Lärm genehmigt worden. Der Inhaber der Klägerin habe bezüglich der Genehmigung am 6. Februar 2017 bei der Verwaltungsgemeinschaft G* … Akteneinsicht genommen. Bei erneuter Akteneinsicht am 21. Dezember 2017 sei der Bescheid dort teilweise nicht mehr vorhanden gewesen. Auf dem Grundstück sei zwischen 1993 und 2009 eine mobile Arbeitsmaschine (Steinbrecher) betrieben worden. Der zulässige Störgrad im Gewerbegebiet sei nicht erheblich belästigend; es handele sich um eine atypische Nutzung im Gewerbegebiet. Das Landratsamt beantwortete dies mit Schreiben vom 21. März 2018 dahingehend, dass nach der benannten Baugenehmigung die Zwischenlagerfläche und der Lagerplatz für das Lagern von Mutterboden, Baumaterialien und Baustoffen zugelassen seien. Zusätzlich dürften auf dem Lagerplatz Bauschutt in Form von Beton, Mauerwerk, Mörtel, Putzen und anderen mineralischen Baustoffen zwischengelagert und Leercontainer abgestellt werden. Da nur das Lagern bewilligt worden sei, ergebe sich aus der Baugenehmigung nicht die Berechtigung zu einer Abfallbehandlung bzw. zum Betrieb eines Brechers. Weiterhin beinhalte eine Baugenehmigung keinesfalls eine Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz. Für die Abfallbehandlung sei hier gemäß Nr. 8.11.2.4 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung erforderlich. Nr. 2.2 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV sei nicht einschlägig.
12
Die Klägerin widersprach erneut mit Schreiben vom 8. April 2018. Sie werde die mobile Arbeitsmaschine (Steinbrecher) vom Typ Zeppelin Z 110 „zur Bestandssicherung im Gewohnheitsrecht“ ohne Einschränkung des Unternehmens weiterbetreiben.
13
Mit Schreiben vom 28. Mai 2018 teilte das Landratsamt der Klägerin mit, es benötige in Bezug auf den Zwischenlagerplatz für Recycling-Material aufgrund einer zwischenzeitlich eingegangenen wasserrechtlichen Würdigung des Vorhabens zusätzliche Angaben. Aus den Antragsunterlagen sei nicht zweifelsfrei erkennbar, ob die Vorgaben des RC-Leitfadens eingehalten würden oder wie der Nachweis erbracht werde, dass dauerhaft nur RW 1-Material angenommen werde. Davon hänge aber ab, wie der Untergrund des Lagerplatzes beschaffen sein müsse. Wenn die Klägerin den Nachweis erbringe, dass die Vorgaben zur Qualitätssicherung nach dem RC-Leitfaden eingehalten würden und sichergestellt werde, dass nur RW 1-Material angenommen werde, könne auf eine wasserdichte Befestigung der Fläche verzichtet werden. Sofern die Klägerin nicht nachweisen könne, dass sie dauerhaft und ausschließlich nur RW 1-Material annehmen werde, müsse damit gerechnet werden, dass auch höherbelastetes Material angenommen werde, das den Begriff des wassergefährdenden Stoffes im Sinne des § 62 WHG erfülle. Die Anforderungen an eine dann notwendige Flächenversiegelung wären von Seiten des Landratsamtes, ggf. aufgrund weiterer Angaben der Klägerin, festzulegen. Die Klägerin werde gebeten mitzuteilen, welche der beiden Möglichkeiten für sie am sinnvollsten sei.
14
Nach Erinnerungen des Landratsamts an die Beantwortung des Schreibens vom 28. Mai 2018 mit Schreiben vom 10. September 2018 und 29. Oktober 2018 nahm die Klägerin mit Schreiben vom 18. November 2018 ihren „Gesamtantrag vom 14. November 2016“ zurück. Aufgrund der ihr zwischenzeitlich vorliegenden Informationen (Baugenehmigungsbescheid 1996, Schreiben LRA 1997) werde sie im geltenden Gewohnheitsrecht ohne Einschränkung ihr Unternehmen weiterbetreiben, womit sich der vorgenannte Sachverhalt erledigt habe. Mit Bescheid vom 11. Dezember 2019 stellte das Landratsamt das Genehmigungsverfahren hinsichtlich des Antrags auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb eines Brechers und eines Zwischenlagerplatzes auf dem Grundstück Fl.-Nr. … der Gemarkung E* … ein.
15
Aufgrund einer Ortseinsicht durch die Wasserschutzpolizei erhielt das Landratsamt am 20. Dezember 2019 die Mitteilung, dass auf dem Gelände der Klägerin große Mengen an Abbruchmaterial, Altholz und andere Abfälle gelagert sowie getrennt und sortiert würden. Vor diesem Hintergrund hörte das Landratsamt die Klägerin mit Schreiben vom 23. Dezember 2019 (fälschlich datiert auf den 23.11.2019) zu einer Betriebsuntersagung (§ 20 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 BImSchG) sowie zur Anordnung der Beseitigung (§ 20 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 BImSchG) an. In dem Schreiben ist ausgeführt, dass die Zwischenlagerfläche und der Lagerplatz nur für das Lagern von Mutterboden, Baumaterialien und Baustoffen zugelassen seien; zusätzlich dürften auf dem Lagerplatz Bauschutt in Form von Beton, Mauerwerk, Mörtel, Putzen und anderen mineralischen Baustoffen zwischengelagert sowie Leercontainer abgestellt werden. Aus der Baugenehmigung ergebe sich nicht die Berechtigung zum Betrieb einer Abfallbehandlungsanlage.
16
Die Klägerin berief sich mit Schreiben vom 2. Januar 2020 u.a. auf die Baugenehmigung vom 7. November 1996, mit der ihr auch das Lagern von Bauschutt in Form von Beton, Mauerwerk, Mörtel, Putzen und anderen mineralischen Baustoffen genehmigt worden sei. Auch aus einem Schreiben vom 14. April 1997 sei ersichtlich, dass das Landratsamt das Lagern von Bauschutt und das Betreiben von mobilen Schredderanlagen erlaubt habe. Angesichts der Beschränkung des Betriebs auf zehn Tage pro Jahr sei es zweifelhaft, ob die Brecheranlage einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bedürfe. Die Klägerin werde deshalb den Lagerplatz und die mobile Arbeitsmaschine (Steinbrecher) zur Bestandssicherung im Gewohnheitsrecht ohne Einschränkung ihres Unternehmens weiterbetreiben. In dem von der Klägerin in Bezug genommenen Schreiben des Landratsamts vom 14. April 1997 ist ausgeführt, dass die Baugenehmigung antragsgemäß für die Zwischenlagerung von Mutterboden, Baumaterialien, Bauschutt in Form von Beton, Mauerwerk, Putzen u.a. mineralischen Baustoffen und das Betreiben von Anlagen erteilt worden sei (Auflage Ziffer A17.10 der Baugenehmigung). Der Betrieb einer mobilen Schredderanlage und die Lagerung von sortiertem Bauschutt seien nach der Baugenehmigung zulässig. Das Sortieren von Bauschutt sei unzulässig.
17
Auf Bitten des Landratsamtes übersandte die Verwaltungsgemeinschaft G* … dem Landratsamt mit E-Mail vom 10. Januar 2020 einen Scan der Fassung der dort vorhandenen Baugenehmigung der Rechtsvorgängerin der Klägerin vom 7. November 1996. Der Scan enthält die Seiten 1 bis 3 des Baugenehmigungsbescheids einschließlich einer Unterschrift und eines Dienstsiegels auf S. 3 sowie die Seiten 1 und 2 des Anhangs zum Baugenehmigungsbescheid. Auf Nachfrage teilte die Verwaltungsgemeinschaft mit, dass von dem Anhang zu dem Baugenehmigungsbescheid bei ihr nur noch die Seiten 1 und 2 vorlägen.
18
Mit Schreiben vom 23. Januar 2020 teilte das Landratsamt der Klägerin mit, die Genehmigungssituation für die Anlagen auf der Fl.-Nr. …, Gemarkung E* …, sei rechtlich überprüft worden mit dem Ergebnis, dass die seitens der Klägerin vorgelegte Version der Änderungsgenehmigung vom 7. November 1996 keine Außenwirkung erreicht habe, weil sowohl das Dienstsiegel als auch die erforderliche Unterschrift fehlten. Auch sei diese Version nie Teil der Bauakte geworden. Es sei somit nicht im Interesse des Landratsamtes gewesen, dass diese Version erlassen und bestandskräftig werde. Es handele sich nach dem Stand der Ermittlungen nur um einen nicht genehmigten Entwurf. Aus Sicht des Landratsamtes gelte die Baugenehmigung in der Version, die dem Schreiben beiliege. Demnach dürften gemäß der Baugenehmigung vom 9. November 1993, Nebenbestimmung Ziffer A17.10, auf dem Lagerplatz nur Mutterboden, Sand, Kies, Schotter und Baustoffe zwischengelagert werden. Erdaushub, Bauschutt oder Abfall dürften weder zwischengelagert noch sortiert werden. Zusätzlich dürften Leercontainer abgestellt werden. Die Änderungsgenehmigung vom 7. November 1996 ändere diesen Punkt nicht. Auch der Betrieb eines Brechers sei nicht durch eine gültige Genehmigung abgedeckt. Das Schreiben vom 14. April 1997, das zudem keine Unterschrift enthalte, entfalte keine Außenwirkung und keine Genehmigungswirkung. Der von der Klägerin eingesetzte Brecher entspreche nicht den Anforderungen der 28. BImSchV. Daher könne sich die Klägerin nicht auf die Regelung für besondere Ereignisse nach Punkt 7.2 der TA Lärm berufen. Die Anlage sei nach Nr. 8.11.2.4 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV genehmigungspflichtig. Aufgrund der fehlenden Genehmigungsfähigkeit sei beabsichtigt, den Betrieb der Lagerung sowie der Brecheranlage zu untersagen und in einem weiteren Schritt die Beseitigung der Anlage anzuordnen. Dazu werde Gelegenheit zur Äußerung gegeben.
19
Mit Schreiben vom 4. Februar 2020 teilte die Klägerin mit, bei dem auf dem Grundstück gelagerten Altholz handele es sich um unbelastetes Eichen-, Kiefern- und Fichtenholz und nicht um Altholz der Kategorie 3. Die Baugenehmigung vom 7. November 1996 sei offenbar manipuliert worden, indem die relevante Passage A17.10 herausgenommen worden sei. Mit Schreiben vom 20. Februar 2020 bekräftigte die Klägerin ihre Auffassung, dass es sich bei der in den Akten des Landratsamts enthaltenen Baugenehmigung vom 7. November 1996 um eine Fälschung handele. Das Landratsamt habe mit Schreiben vom 21. März 2018 sowie vom 23. November 2019 (gemeint wohl: 23.12.2019) den Punkt A17.10 der Genehmigung in der bei der Verwaltungsgemeinschaft G* … am 6. Februar 2017 vorhandenen Fassung bestätigt.
20
Mit Bescheid vom 24. Februar 2020 ordnete das Landratsamt gegenüber der Klägerin an, dass diese ihre Anlage zur zeitweiligen Lagerung von Abfällen unverzüglich, spätestens einen Tag nach Zustellung des Bescheids, stillzulegen habe (Ziffer 1. des Bescheids), ein Entsorgungskonzept zu erarbeiten und mit dem Landratsamt Würzburg bis zum 18. März 2020 abzustimmen habe (Ziffer 4. des Bescheids) und die Anlage zum Brechen von Natursteinen und mineralischen Abfällen unverzüglich, spätestens einen Tag nach Zustellung des Bescheids, stillzulegen habe (Ziffer 6. des Bescheids). Die sofortige Vollziehung der Ziffern 1., 4. und 6. (im Bescheid fälschlich bezeichnet als 5., berichtigt mit Schreiben vom 16.3.2020 an das Verwaltungsgericht Würzburg) wurde angeordnet. In Bezug auf die Verpflichtungen unter Ziffern 1. und 6. (im Bescheid fälschlich bezeichnet als 5., berichtigt mit Schreiben vom 16.3.2020 an das Verwaltungsgericht Würzburg) wurde zudem jeweils ein Zwangsgeld für den Fall der Zuwiderhandlung angedroht.
21
Die hiergegen erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Würzburg mit Gerichtsbescheid vom 17. Mai 2021 im Verfahren W 4 K 20. … abgewiesen. Im Rahmen des eben genannten Verfahrens hat sich die Klägerin auch gegen das Schreiben des Landratsamts Würzburg vom 23. Januar 2020 gewendet und dessen Aufhebung begehrt, hilfsweise die Feststellung, dass diese Mitteilung rechtswidrig sei.
22
Mit weiterem Schreiben vom 8. September 2020 an das Landratsamt Würzburg beantragte der Klägervertreter die Feststellung der Unwirksamkeit der Ausführungen des Landratsamtes Würzburg/Bündel im Schriftsatz vom 23. Januar 2020 bezüglich der Reichweite und Gültigkeit der an die Fa. S* … erteilten Baugenehmigungen in den Jahren 1993 und 1996. In der Begründung wurde auf Art. 44 Abs. 5 2. Halbsatz BayVwVfG hingewiesen und dem Beklagten Gelegenheit gegeben, die Feststellung der Unwirksamkeit bzw. Nichtigkeit der rechtswidrigen Ausführungen bis Freitag, den 16. Oktober 2020 zu korrigieren bzw. auszusprechen.
23
Mit Bescheid vom 26. Januar 2021 lehnte der Beklagte den Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit der Ausführungen im Schreiben des Landratsamts Würzburg vom 23. Januar 2020 zur Einstimmigkeit ab (Ziffer 1) und entschied, dass die Klägerin die Kosten des Verfahrens zu tragen habe (Ziffer 2). Für den Bescheid werde eine Gebühr in Höhe von 514,00 EUR festgesetzt (Ziffer 3).
24
Unter dem 1. März 2021 ließ die Klägerin hiergegen Klage erheben und beantragte,
Der Bescheid des Landratsamtes Würzburg vom 26. Januar 2021 wird aufgehoben.
25
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses gar keine Veranlassung mehr bestanden habe, über den Nichtigkeitsantrag zu entscheiden, nachdem die Klägerin bereits im Verfahren W 4 K 20. … den Antrag gestellt habe, dass das Schreiben des Landratsamts Würzburg aufgehoben werde, hilfsweise festgestellt werde, dass die Mitteilung rechtswidrig sei.
26
Der Beklagte beantragte mit Schreiben vom 29. März 2021 die Klage abzuweisen.
27
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

28
1. Das Gericht konnte über die Klage ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten rechtlicher oder tatsächlicher Art aufweist, der Sachverhalt aufgeklärt ist und den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wurde, § 84 VwGO. Entgegen der Auffassung des Klägervertreters besteht in der obergerichtlichen Rechtsprechung auch einhellig die Auffassung, dass § 84 VwGO mit dem Grundgesetz und der EMRK vereinbar ist (vgl. die Nachweise bei Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, Kommentar, 15. Aufl. 2019, § 84 Rn. 2). Wegen der Entbehrlichkeit einer mündlichen Verhandlung und damit der Reduzierung des Infektionsrisikos in Pandemiezeiten bietet sich der Rückgriff auf den Gerichtsbescheid vorliegend besonders an (vgl. Kroiß, Rechtsprobleme Covid-19/Koehl, Teil 2 § 4 Rn. 10).
29
2. Streitgegenstand im vorliegenden Verfahren ist der Bescheid des Beklagten vom 26. Januar 2021, mit dem der Antrag der Klägerin vom 8. September 2020 auf Feststellung der Unwirksamkeit der Ausführungen des Mitarbeiters des Landratsamtes Würzburg G* … im Schriftsatz des Landratsamtes vom 23. Januar 2020 abgelehnt wurde. Die Klägerin begehrt die Aufhebung dieses Bescheids im Wesentlichen mit der Begründung, es hätte keine Veranlassung mehr bestanden, über den Nichtigkeitsfeststellungsantrag zu entscheiden, da bereits mit Schriftsatz vom 15. Januar 2021 im Verfahren W 4 K 20.376 die dort erhobene Klage erweitert worden sei um den Antrag, dass die Klägerin die Aufhebung des Schreibens des Landratsamts Würzburg vom 23. Januar 2020 begehre, hilfsweise die Feststellung, dass diese Mitteilung rechtswidrig sei.
30
3. Entgegen der Anregung des Klägervertreters kommt für die Kammer eine Verbindung des vorliegenden Verfahrens mit dem Verfahren W 4 K 20. … nicht in Betracht, da es sich hierbei um eine Ermessensentscheidung des Gerichts handelt und das Gericht vorliegend zu der Auffassung gelangt ist, dass die Voraussetzungen des § 93 VwGO nicht gegeben sind. Sie werden vom Klägervertreter auch nicht substantiiert dargelegt. Nach § 93 VwGO kann das Gericht durch Beschluss mehrere bei ihm anhängige Verfahren über den gleichen Gegenstand zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbinden. Das vorliegende Verfahren und das Verfahren im Rahmen der Verwaltungsstreitsache W 4 K 20. … betreffen jedoch nicht den gleichen Gegenstand. Streitgegenstand im Verfahren W 4 K 20. … ist, wie der Klägervertreter in seinem Antrag selbst formuliert hat, die Anfechtung des Schreibens des Beklagten vom 23. Januar 2020 zur Einstimmigkeit. Hilfsweise begehrt er die Feststellung, dass dieses Schreiben rechtswidrig sei.
31
Streitgegenstand im vorliegenden Verfahren ist hingegen die Frage, ob überhaupt noch Veranlassung für den Beklagten bestand, den Nichtigkeitsfeststellungsantrag der Klägerin zu verbescheiden. Deshalb hat der Klägervertreter, wie er selbst ausgeführt hat, bewusst auch keine Verpflichtungsklage auf Feststellung durch den Beklagten erhoben, sondern lediglich eine Anfechtungsklage.
32
4. Es kann dahingestellt bleiben, ob diese Anfechtungsklage überhaupt zulässig ist, jedenfalls ist sie unbegründet. Die Kammer hat schon im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gegen die unter Ziffer 3 des Bescheids normierte Gebührenfestsetzung in Höhe von 514,00 EUR ausgeführt, dass gemäß dem im Verwaltungsverfahrensrecht herrschenden Grundsatz der Bescheidungspflicht (vgl. hierzu Kopp/Ramsauer, VwVfG, Kommentar, 21. Aufl. 2020, § 22, 43a) der Beklagte grundsätzlich verpflichtet ist, über einen Antrag in der Sache zu entscheiden, was vorliegend auch mit dem streitgegenständlichen Bescheid geschehen ist.
33
Unterbleiben kann eine solche Bescheidung des Antrags nur dann, wenn es sich um offensichtlich nicht ernst gemeinte, offensichtlich querulatorische Anträge handelt oder solche, die einen offensichtlich sittenwidrigen Inhalt haben. Ebenso zwingt völlig unsubstantiiertes Vorbringen eines Beteiligten die Behörde nicht zu einer Entscheidung.
34
Da vorliegend nicht erkennbar ist, dass ein solcher geschilderter Ausnahmefall gegeben ist, war der Beklagte somit verpflichtet, über den Antrag der Klägerin zu entscheiden.
35
Die Klägerin kann auch nicht mit dem Vortrag gehört werden, aufgrund der im Verfahren W 4 K 20. … erweiterten Klageanträge habe überhaupt keine Veranlassung mehr für den Beklagten bestanden für eine Entscheidung in der Sache. Mit diesem Argument verkennt sie nicht nur die eben angesprochene Entscheidungsverpflichtung der Behörde, sondern auch das Verhältnis des Verwaltungsverfahren zum verwaltungsgerichtlichen Verfahren. Solange die Behörde nicht entschieden hat, ist das Verwaltungsverfahren nicht beendet (Art. 9 BayVwVfG).
36
5. Aber auch inhaltlich ist der streitgegenständliche Bescheid vom 26. Januar 2021 nicht zu beanstanden.
37
Ausgangspunkt der rechtlichen Beurteilung ist Art. 44 Abs. 5 BayVwVfG, auf den der Klägervertreter selbst hinweist. Nach dieser Vorschrift kann die Behörde jederzeit von Amts wegen die Nichtigkeit feststellen; auf Antrag ist sie festzustellen, wenn der Antragsteller hieran ein berechtigtes Interesse hat. Ein solches berechtigtes Interesse wurde allerdings vom Klägervertreter in seinem Schreiben an den Beklagten vom 8. September 2020 mit keinem Wort substantiiert dargelegt. In keinster Weise substantiiert wurde auch, warum das Schreiben des Landratsamts Würzburg vom 23. Januar 2020 nichtig i.S.v. Art. 44 BayVwVfG sein soll. Weder wurde Art. 44 Abs. 2 BayVwVfG geprüft und erwähnt, noch Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG. Schon allein aufgrund dieser substanzlosen Ausführungen hat die Kammer keine Bedenken im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit des Bescheids des Beklagten vom 26. Januar 2021.
38
Letztendlich kann die Kammer auch nicht erkennen, inwiefern das Schreiben des Landratsamts Würzburg vom 23. Januar 2020, sollte es sich um einen feststellenden Verwaltungsakt handeln, an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet. Jedenfalls fehlt es an der Offenkundigkeit des Fehlers, denn einem nichtigen Verwaltungsakt muss die Fehlerhaftigkeit auf die Stirn geschrieben sein, d.h. es darf die ernsthafte Möglichkeit, dass der Verwaltungsakt doch rechtmäßig sein könnte, nach Lage der Dinge, für eine unvoreingenommenen urteilsfähigen, weder besonders sach-, noch rechtskundigen, aber aufgeschlossenen Durchschnittsbetrachter nicht bestehen (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, Kommentar, 21. Aufl. 2020, § 44 Rn. 12). Dass dies vorliegend der Fall sein könnte, behauptet die Klägerin selbst nicht.
39
6. Etwas anderes ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung des Schriftsatzes des Klägervertreters vom 5. Mai 2021, wobei die Kammer davon ausgeht, dass dieses Schreiben, welches an den Vizepräsidenten persönlich gerichtet ist, im Verfahren W 4 K 21. … Berücksichtigung finden soll. Nicht nachvollziehbar sind insbesondere im Hinblick auf den Streitgegenstand die vom Klägervertreter gestellten Beweisanträge. Sie sind jedenfalls als ungeeignet abzulehnen, da sich hieraus nichts Sachdienliches für das vorliegende Verfahren ergibt. Im Übrigen handelt es sich um untaugliche Ausforschungsbeweisanträge.
40
7. Da die Kammer schließlich keinen rechtlichen Bedenken im Hinblick auf die Gebührenhöhe hat, sie wird vom Klägervertreter auch nicht substantiiert angegriffen, war die Klage abzuweisen.
41
8. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 Abs. 2 und Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.