Inhalt

VG Ansbach, Urteil v. 20.10.2021 – AN 3 K 20.02801
Titel:

Nachbarklage gegen Baugenehmigung wegen Verletzung des Rücksichtnahmegebots bei Einhaltung der Abstandsflächenvorschriften

Normenketten:
BayBO Art. 6 Abs. 1 S. 3
BauGB § 34
Leitsätze:
1. Eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme hinsichtlich Belichtung, Belüftung und Besonnung scheidet indes in aller Regel aus, wenn das streitgegenständliche Bauvorhaben den Abstandsflächenvorschriften entspricht. Das Gebot der nachbarlichen Rücksichtnahme ist insoweit vom Landesgesetzgeber mit diesen Belangen in den bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften konkretisiert worden. (Rn. 86) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine ausnahmsweise unzumutbare Beeinträchtigung, obwohl das Bauvorhaben den Abstandsflächenvorschriften entspricht, ist nicht zu erkennen, wenn sich das Bauvorhaben gegenüber dem klagenden Nachbar in der ohnehin dicht besiedelten Innenstadtlage ganz offensichtlich weder hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung und der Situierung des Gebäudes noch hinsichtlich eines damit verbundenen unzumutbaren einmauernden oder erdrückenden Effektes auf das klägerische Anwesen als rücksichtslos erweist. (Rn. 87) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Nachbarklage, zulässige Grenzbebauung, Unbestimmtheit Bauvorlagen, Rücksichtnahme, Verschattung Photovoltaikanlage, Innenstadtlage, Baugenehmigung, Einhaltung der Abstandsflächenvorschriften, Verletzung des Rücksichtnahmegebots, erdrückende Wirkung
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 20.06.2022 – 9 ZB 21.3053
Fundstelle:
BeckRS 2021, 54705

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht der Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Der Kläger wendet sich mit seiner Klage gegen den Bescheid des Beklagten vom 26. November 2020, mit welchem den Beigeladenen eine Baugenehmigung für den Neubau eines Wohnhauses mit zwei Wohneinheiten sowie den Umbau einer bestehenden Garage zu Doppelparkern erteilt wurde.
2
Der Kläger ist Eigentümer des Grundstückes FlNr. … der Gemarkung …, welches an die … anliegend mit einem nach Osten und Norden hin grenzständigen, zweigeschossigen Satteldachwohngebäude nebst zweigeschossigem Querbau nach Westen sowie einem hieran direkt anschließenden, nach Norden sowie Westen hin grenzständigen, eingeschossigen Anbau (wohngenutzt) und einem an der südlichen Grundstücksgrenze situierten Carport mit Verschalung auf der Südseite sowie weiteren Nebengebäuden bebaut ist. Ferner befinden sich auf der südlichen Dachseite des Querbaus und auf dem rückwärtigen, eingeschossigen Wohngebäude im Nordwesten Photovoltaikanlagen.
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Südlich des Klägergrundstückes befindet sich das im Eigentum der Beigeladenen stehende Grundstück FlNr. …, welches derzeit zur … im Osten hin mit einem zweigeschossigen Gebäude mit Satteldach nebst auf der Westseite mittig aufgesetzter Schleppgaube und aufgesetzter Satteldachgaube auf der Südostseite sowie einer westlich hiervon situierten, zu dem klägerischen Grundstück hin grenzständigen Doppelgarage bebaut ist. Der Kläger hat laut Vortrag der Beigeladenen ein im Grundbuch eingetragenes Wegerecht im Nordosten dieses Grundstückes.
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Beide Grundstücke liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. … „…“ der Stadt … vom 22. November 1996, welcher gemäß den zeichnerischen Festsetzungen in diesem Bereich ein Mischgebiet, die offene Bauweise, als Höchstgrenze zwei Vollgeschosse und einen möglichen Dachausbau als Vollgeschoss, Satteldach oder Walmdach, geneigte Dächer, eine Dachneigung von 36°- 52° sowie Baugrenzen, welche ganz überwiegend entlang der Bestandsgebäude verlaufen, festsetzt. Gemäß Ziffer 5.4 der textlichen Festsetzungen ist der Kniestock „jeweils entsprechend der Dachneigung des Gebäudes zulässig (z.B. Dachneigung 38 Kniestock max. 38 cm)“. Gemäß Ziffer 5.1 der textlichen Festsetzungen zur Dachform und -neigung können abweichende Dachformen zugelassen werden, wenn dies städtebaulich vertretbar ist und das Stadtbild nicht beeinträchtigt. Gemäß Ziffer 5.7 dürfen Garagen nur auf den im Planblatt ausgewiesenen Flächen (Planzeichen Nr. 15.3 der PlanZVO) errichtet werden. Werden Garagen und Carports auf zwei verschiedenen Baugrundstücken als Grenzgebäude errichtet, so sind sie hinsichtlich Höhe, Straßenabstand und äußerer Form einander anzupassen. Auf den im Plan festgesetzten Flächen für Garagen und Carports können, soweit die dafür ausgewiesene Fläche ausreicht, in Verbindung mit den Garagen auch Nebengebäude errichtet werden, wenn dadurch ein einheitlicher Baukörper entstehen. Carports dürfen seitlich nicht geschlossen werden, um ordnungsgemäße Sichtverhältnisse zu gewährleisten. Gemäß Ziffer 3 sind Garagen, Carports und Garagenanlagen innerhalb der überbauten Flächen (Baugrenzen) als Grenzbauten zulässig. Gemäß Ziffer 4 sind außerhalb der überbaubaren Grundstücksflächen Nebenanlagen und Garagen im Sinne des § 14 BauNVO sowie nicht genehmigungsbedürftige Bauten unzulässig. Garagen, Carports mit überdachtem Freisitz, Nebengebäude und Schwimmbäder sind gemäß § 31 Abs. 1 BauGB als Ausnahme zulässig, sofern sie in baulicher Verbindung zu dem Hauptgebäude stehen, sich architektonisch und städtebaulich angliedern, das Stadtbild nicht beeinträchtigen und eine überbaute Fläche von 60 m² nicht überschreiten.
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Der Bebauungsplanbegründung lassen sich hinsichtlich der festgesetzten offenen Bauweise keine Ausführungen entnehmen. Ausweislich dieser wurde der Bebauungsplan primär aufgrund der Standortverlagerung einer …fabrik sowie der Nutzungen des …Geländes aufgestellt. Auch im Hinblick auf die Bestandsbebauung enthält die Begründung des Bebauungsplanes keine Aussagen.
6
Die in dem Bebauungsplangebiet liegenden Grundstücke, darunter auch die an die … (FlNr. ...) angrenzenden Grundstücke, waren ausweislich der Schraffierungen auf dem Planblatt bei der Aufstellung des Bebauungsplanes bereits weitgehend bebaut. Die Bestandsgebäude wurden ausweislich des Planblattes sowie der vorliegenden Luftbilder und Flurkarten überwiegend in geschlossener sowie vereinzelt in offener Bauweise errichtet und sind teilweise komplett (etwa im Süden und Norden der ...), teilweise an ein, zwei oder drei Grundstücksseiten grenzständig. Des Weiteren befindet sich insbesondere im östlichen Teil des Plangebietes vereinzelt Bebauung in zweiter Reihe. Das Bestandsgebäude auf dem Beigeladenengrundstück war bei der Aufstellung des Bebauungsplanes einseitig grenzständig sowie nach Norden hin grenznah bebaut.
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Das Klägergrundstück sowie das Baugrundstück befinden sich ausweislich der Bayerischen Denkmalliste im Bereich des Bodendenkmals … „… …“ sowie des Ensembles … „…“.
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Mit Bauantrag vom 25. Mai 2020 beantragten die Beigeladenen die Erteilung einer Baugenehmigung für den „Neubau eines Wohnhauses mit 2 Wohneinheiten und Umbau der bestehenden Garage zu Doppelparkern“.
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Des Weiteren beantragten sie betreffend das Wohnhaus Abweichungen von den Abstandsflächen, der „Satzung über besondere Anforderungen an bauliche Anlagen und Werbeanlagen sowie deren äußere Gestaltung …“ bezüglich Kniestock, Dachflächenfenster und Fenstergestaltung sowie Befreiungen vom Bebauungsplan hinsichtlich der Baugrenzen und dem Kniestock. Zur Begründung wurde hinsichtlich der Abstandsflächen unter anderem ausgeführt, dass die dem … zugehörige … durch eine Bebauung geprägt sei, deren Abstandsflächen nicht in Gänze eingehalten würden. Aufgrund der beengten Situation seien diese auch auf den benachbarten Grundstücken nicht eingehalten. Das vorhandene Gebäude mit einer Gesamthöhe von 12,45 m werde abgerissen und der neue Baukörper in den Grenzen des Altbestands mit einer geringeren Höhe errichtet. Im Ostbereich werde das Gebäude um 1,35 m erweitert. Insgesamt sei eine Verbesserung zu erkennen.
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Hinsichtlich der Baugrenzen wurde vorgetragen, dass sich der Neubau nur geringfügig außerhalb der Baugrenzen befinde. Dies betreffe aufgrund des schrägen Baugrenzenverlaufs die östliche Außenwand um einen Meter sowie an der westlichen Seite das Treppenhaus einschließlich Windfang. Bezüglich der Abweichung von der Kniestockhöhe wurde geltend gemacht, dass die geplante Dachneigung 45° betrage, jedoch ein Kniestock von 62,5 cm als angemessen erscheine. Bei einem Ausbau des Dachgeschosses schlage jeder Zentimeter zu Buche.
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Laut Baubeschreibung zum Bauantrag sollen auf dem Baugrundstück drei Stellplätze errichtet werden. Ein Stellplatz sei bereits abgelöst worden. Die Wohnfläche betrage 230,68 m². Die Garage habe einen Bruttorauminhalt von 192,78 m².
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Gemäß dem genehmigtem Eingabeplan „Grundrisse, Schnitte, Entwässerung“ vom Juni 2020 sind ein Satteldachgebäude mit zwei Vollgeschossen und einem ausgebauten Dachgeschoss mit 62,5 cm hohem Kniestock bei einer Dachneigung von 45° sowie ein Querhaus mit zwei Vollgeschossen und einem ausgebauten Satteldachgeschoss nebst Balkon geplant. Das Querhaus, in welchem sich der Eingang zu dem Wohngebäude nebst Treppenhaus und Zugang zu den einzelnen Geschossen befinden, schließt die bisherige Freifläche zu dem Garagengebäude im Nordwesten des Baugrundstückes. Als westliche Abschlusswand des Querbaus ist im Erdgeschoss die Garagenwand dargestellt, im Obergeschoss liegt die westliche Außenwand auf der Garagenwand auf. An der Ostseite endet das Querhaus mit der Traufseite des Hauptgebäudes. Das Garagengebäude ist mit „Doppelparker 1.-2. Stellplatz“ sowie „Doppelparker 3.-4. Stellplatz“ beschrieben. Ein fünfter Stellplatz ist vor der südlichen Außenwand des Wohngebäudes vorgesehen. Vor der östlichen Außenwand des Wohngebäudes sind des Weiteren „2 Parkplätze Bestand“ dargestellt.
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Ausweislich des genehmigten Ansichtenplans vom Juni 2019 (Maßstab 1:100) haben das nach Westen abgehende Querhaus und der straßenseitige, mittig situierte Zwerchgiebel ein Satteldach mit einer Dachneigung von jeweils 35° sowie die dargestellte „bestehende Garage“ ausweislich der Ansicht Nord (Blick vom klägerischen Grundstück) eine Höhe von 3 m. Letzteres ergibt sich auch aus dem Abstandsflächenplan vom Juni 2020 (Maßstab 1:200). Ausweislich dieses Planes sind das Hauptgebäude 11,28 m sowie der Querbau 10,30 m hoch. Nach Westen sei die Abstandsfläche von 0,5 H eingehalten. Nach Norden zu dem klägerischen Grundstück sei diese auch unter Berücksichtigung von 0,5 H nicht vollständig eingehalten. Gleiches gilt für die Abstandsflächen von 1 H zur … im Osten sowie nach Süden.
14
Die Stadt … erteilte ihr Einvernehmen zu dem Vorhaben nebst den hierfür erforderlichen Abweichungen und Befreiungen.
15
Das Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege stimmte dem Vorhaben unter Auflagen ebenfalls zu.
16
Der Kläger erteilte seine Unterschrift zu dem Vorhaben nicht.
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Mit E-Mail vom 6. August 2020 teilte der Entwurfsverfasser der Beigeladenen dem Beklagten mit, dass die bestehende Garage Doppelparkern umgebaut werden solle. Vorgelegt wurde hierzu die sog. „Beilage 1 zum Bauantrag/Änderung Garage“, wonach sich der Bauherr im Nachgang entschieden habe, die bestehende Garage mit zwei Stellplätzen zu einer „‘Doppelparker‘-Garage“ mit vier Stellplätzen umzubauen. Die vorhandenen Abmessungen würden gleichbleiben. Es werde lediglich ein Bodenaushub nach Angaben des Herstellers erfolgen.
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Auf der hierzu übermittelten, nicht mit einem Genehmigungsstempel versehenen Skizze ist der Schnitt einer Duplexgarage mit vereinzelten Maßangaben, jedoch ohne Gesamtmaße, Geländeoberkante oder Maßstabangabe, sowie dem Zusatz „Durchfahrtshöhe nach GaVo“ dargestellt (unter Zugrundelegung der aufgeführten Teilmaße ergibt sich eine Höhe des Garagengebäudes über der Geländeoberkante von etwa 3,50 m).
19
Die Stadt … teilte hierzu mit, dass nichts gegen Doppelparker spräche. Von den Abmessungen her sollten die Doppelparker jedoch für moderne Autos (z.B. SUV) geeignet sein.
20
Da nichts anderes dargestellt sei, sei davon auszugehen, dass sich an dem Garagengebäude ansonsten nichts ändere (insbesondere die Gebäudehöhe). Standard-Doppelparker seien indes für die Mehrzahl handelsüblicher Kombis, Mini-Vans oder SUV ungeeignet. Duplexparker für höhere Fahrzeuge bräuchten eine größere „Gebäudehülle“.
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Der Beklagte teilte den Beigeladenen mit Schreiben vom 3. September 2020 mit, dass die Stadt … grundsätzlich mit der Vorgehensweise, dass die vorhandene Doppelgarage zu Doppelparkern umgebaut wird und die dabei die äußere Gestalt unverändert bleibt, einverstanden sei.
22
Mit notariellem Kaufvertrag vom 12. November 2020 veräußerte die Stadt … den Beigeladenen von dem Grundstück FlNr. … ( …) eine Teilfläche von 6 m². Das in diesem Zusammenhang zunächst geschaffene Flurstück FlNr. … wurde mit dem Beigeladenengrundstück FlNr. … verschmolzen. Neben der alten Grundstücksgrenze war die neue Grundstücksgrenze bereits in den Bauvorlagen vom Juni 2020 eingezeichnet.
23
Mit Bescheid vom 26. November 2020 erteilte der Beklagte den Beigeladenen die mit mehreren denkmalschutzrechtlichen Nebenbestimmungen versehene Baugenehmigung für den „Neubau eines Wohnhauses mit zwei Wohneinheiten sowie Umbau einer bestehenden Garage zu Doppelparkern“ unter gleichzeitiger Gewährung von Befreiungen von den Festsetzungen des Bebauungsplanes über den Kniestock (62,5 cm statt 45 cm) und die Baugrenzen im Osten und Westen sowie Erteilung von Abweichungen für die Nichteinhaltung der Abstandsflächen nach Norden, Osten und Süden sowie von der „Satzung über besondere Anforderungen an bauliche Anlagen und Werbeanlagen sowie deren äußere Gestaltung …“ bezüglich des Kniestockes, den Dachflächenfenstern und der Fenstergestaltung.
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In den Bescheidgründen wird ausgeführt, dass die Voraussetzungen für die erteilten Befreiungen und Abweichungen vorliegend erfüllt seien.
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Eine Ausfertigung des Bescheides wurde dem Kläger am 2. Dezember 2020 gegen Postzustellungsurkunde zugestellt.
26
Am 18. Dezember 2020 ließ der Kläger gegen diesen Bescheid Klage erheben. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass das geplante Querhaus, welches zu einer durchgängigen Bebauung entlang der gemeinsamen Grundstücksgrenze führe, die Belichtung und die Besonnung des klägerischen Grundstückes massiv zum Nachteil verändere. Wie dies auch den zur Genehmigung gestellten Bauvorlagen betreffend die Nordansicht zu entnehmen sei, würden der rückwärtige Gebäudeteil sowie die Hoffläche des Klägers und damit die nach Süden hin ausgerichteten Fenster, die installierten Solaranlagen sowie die Hoffläche durch den beabsichtigten Querbau in der Übergangszeit sowie in den Wintermonaten von der direkten Sonneneinstrahlung weitestgehend abgeschirmt werden. Das Querhaus erzeuge ferner eine erdrückende und abriegelnde Wirkung, die sich gegenüber dem Kläger als rücksichtslos darstelle.
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Die zu dem klägerischen Grundstück hinweisende Giebelseite sei indes höher, nachdem der Kniestock 62,5 cm anstatt der bauleitplanerisch festgesetzten 45 cm hoch sei. Der Abstandsflächenplan nehme bezüglich des Gebäudes an der nördlichen sowie westlichen Seite das 16 mPrivileg in Anspruch. Gleichwohl sei die Abstandsfläche nach Norden hin nicht eingehalten. Die Abstandsfläche des Hauptgebäudes reiche etwa 3 m, die des Querhauses rund 2 m in das Klägergrundstück hinein. An der Südseite stelle der Abstandsflächenplan die volle Abstandsfläche dar, welche aber nicht ausschließlich auf dem Baugrundstück zu liegen komme. Auch an der Ostseite werde die volle Abstandsflächentiefe dargestellt, welche jedoch anscheinend über die Mitte der öffentlichen Straße hinausreiche. Eine nach dem vollen Maß ermittelte Abstandsflächentiefe liege im Bereich des Querhauses etwa 7 m auf dem Grundstück des Klägers sowie im Bereich des Haupthauses aufgrund des Geländeverlaufs zwischen 7 m bis 5,5 m.
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Die grenzständige Garage mit zwei Stellplätzen weise derzeit an der Grundstücksgrenze zum Kläger hin eine Wandhöhe von weniger als 3 m auf. Laut Bauantrag sei lediglich ein Bodenaushub nach Angaben des Herstellers geplant. Im Übrigen würden die vorhandenen Abmessungen unverändert bleiben. Die Genehmigungsplanung zeige jedoch nicht das Garagengebäude mit Maßangaben. Diese seien lediglich der „Beilage 1 zum Bauantrag/Änderung Garage“ zu entnehmen. Soweit beabsichtigt sei, die Garagentore mit einer „Durchfahrtshöhe nach GaVo“ zu versehen, müsse nach § 5 GaStellV eine lichte Durchfahrtshöhe von 2 m in Ansatz gebracht werden. Oberhalb der Durchfahrtshöhe sei eine Wandhöhe von deutlich mehr als 1 m erkennbar, so dass anzunehmen sei, dass die Abmessungen der umgebauten Garage entgegen der Angaben der Beigeladenen nicht unverändert blieben, sondern eine Erhöhung des derzeitigen Maßes von weniger als 3 m auf eine Höhe von 4 m stattfinden werde. Da für den „Umbau“ aufgrund der herzustellenden Grube der vollständige Abriss der vorhandenen Garage notwendig sei, sei nach Abriss und Neuerrichtung letztlich nicht mehr feststellbar, ob die vorhandenen Abmessungen tatsächlich eingehalten werden oder die Grenzwand erhöht wird. Eine Grenzgarage sei indes nur mit einer mittleren Wandhöhe von 3 m privilegiert. Es könne ferner nicht nachvollzogen werden, weshalb entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. Abs. 3 Nr. 1 BauVorlV hinsichtlich der Garage, bei welcher es sich um eine vollständige Neuerrichtung handele, keine Ansicht mit Maßangaben vorgelegt worden sei. Die Baugenehmigung weise hinsichtlich des Garagengebäudes mithin mangels eindeutiger Angabe der Maße des Neubaus nicht die erforderliche Bestimmtheit auf. Dass die vorhandenen Abmessungen bestehen bleiben, sei nicht nachvollziehbar sowie aus den vorgelegten Unterlagen ableitbar unrichtig. Eine Baugenehmigung sei nicht nur rechtswidrig, sondern auch nachbarrechtsverletzend, wenn die Unbestimmtheit des Bescheides ein nachbarrechtlich relevantes Merkmal betreffe oder wenn infolge der Unbestimmtheit nicht beurteilt werden könne, ob das Vorhaben den geprüften nachbarschützenden Vorschriften entspricht oder nicht. Vorliegend wäre das Abstandsflächenrecht zu prüfen gewesen. Im Hinblick auf das Wohngebäude liege eine massive Verletzung der Abstandsflächenvorschriften vor. Auf das 16 m-Privileg könne sich ein Bauherr nur dann für zwei Seiten seines Bauvorhabens berufen, wenn das Gebäude an den zwei übrigen Seiten den regulären Abstand einhält. Lediglich dann, wenn ein Bauwerk die landesrechtlichen Abstandsflächenvorschriften einhält, werde vermutet, dass dieses im Verhältnis zum benachbarten Grundstück nicht rücksichtslos sei. Vorliegend befinde sich das Vorhaben der Beigeladenen in einem dicht bebauten Innenbereich, in welchem die bereits vorhandenen Gebäude die sich aus der Bayerischen Bauordnung ergebenden Abstandsflächen nicht einhalten. Die enge Bestandsbebauung stelle sich als Vorbelastungssituation dar. Ein Vorhaben sei dann nicht rücksichtslos, wenn sich die Vorbelastungssituation durch dieses nicht verschlechtere, selbst wenn die an sich maßgeblichen Grenz- und Richtwerte noch immer vollständig eingehalten werden. Dies sei vorliegend jedoch nicht der Fall. Es solle zwar, in einer für den Kläger nicht überprüfbaren Weise dargestellt, eine geringfügige Verminderung der Firsthöhe stattfinden. Die Befreiung hinsichtlich der Höhe des Kniestocks sowie insbesondere das ausladende Querhaus würden jedoch zu einer einmauernden und rücksichtslosen Wirkung führen.
29
Der Kläger beantragt,
Der Baugenehmigungsbescheid vom 26. November 2020 wird aufgehoben.
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Der Beklagte beantragt
Klageabweisung und führt hierzu im Wesentlichen aus, dass die Neuerrichtung einer Garage nicht Antragsinhalt sei. Die angestellten Vermutungen über eine planabweichende Errichtung der Garage als Doppelparker seien reine Spekulation, ebenso wie die unterstellte Absicht, dass hierdurch die zulässige mittlere Wandhöhe nicht eingehalten werde. Geprüft und genehmigt sei lediglich der Umbau der bestehenden Garage.
31
Insgesamt könne eine Verletzung nachbarschützender Belange nicht erkannt werden.
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Bei der Aufstellung des inmitten stehenden Bebauungsplans seien augenscheinlich in dem hier betroffenen Bereich der bereits vorhandene Gebäudebestand überplant und die Baugrenzen entlang der vorhandenen Gebäudekanten festgesetzt worden. Den zur Genehmigung gestellten Bauvorlagen sei zu entnehmen, dass das noch bestehende Anwesen auf dem Baugrundstück teilweise abgebrochen und geringfügig erweitert wiedererrichtet werden solle. Hierzu sei von der Stadt … ein Teil der Verkehrsfläche … erworben worden, auf welchem eine Erweiterung des Gebäudes um circa 1,5 m² nach Osten beabsichtigt sei. An der Westwand sei ferner der Anbau eines Treppenhauses mit einer Grundfläche von unter 12 m² geplant, welcher zu der nördlichen Grundstücksgrenze einen Abstand von rund 2 m einhalte. Den zur Genehmigung gestellten Ansichten sei zu entnehmen, dass der Giebel des Treppenhauses rund 1 m tiefer als der des Hauptbaus ausgeführt und in das Hauptdach eingeschifft werden solle.
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Die nähere Umgebung des Baugrundstückes sei von Grundstücken geprägt, deren Bebauung die Abstandsflächen grundsätzlich nicht einhalte. Neben der Tatsache, dass im Bereich der … alle vorhandenen Gebäude bündig an die Straßenfläche angrenzen, könne anhand des Lageplans nachvollzogen werden, dass mindestens eine, in mehreren Fällen sogar zwei weitere Seiten direkt an der Grundstücksgrenze oder jedenfalls grenznah ausgeführt worden seien. Eine Regelmäßigkeit des Anbaus, etwa stets nach Norden oder Süden, sei indes nicht zu erkennen. Die bislang auf dem Beigeladenengrundstück vorhandene Bebauung schließe ebenfalls grenznah an die … im Osten sowie das Klägergrundstück im Norden an. Durch die Festsetzung der Baugrenzen, die entsprechend der Bestandsbebauung und damit grenznah oder grenzständig erfolgt sei, und der Tatsache, dass die Festsetzungen eine zweigeschossige Bebauung mit Dachgeschoss, Sattel- oder Walmdach mit einer Dachneigung von 36°- 52° ermöglichen und der Bebauungsplan keine weiteren Aussagen zu den Abstandsflächen treffe, könne geschlossen werden, dass das streitgegenständlichen Vorhaben nach planungsrechtlichen Vorschriften nach allen Seiten keine Abstandsflächen auslöse.
34
Ein Verstoß gegen das Abstandsflächenrecht liege hier letztlich nicht vor, da zu dem klägerischen Grundstück Abstandsflächen nach Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO nicht erforderlich seien. Hilfsweise seien die erteilten Abweichungen rechtmäßig, da es sich vorliegend um eine atypische Grundstückssituation handele. Das Baugrundstück befinde sich in einem dicht bebauten innerstädtischen Bereich mit historischer Bausubstanz, in welchem jedwede bauliche Veränderung der bestehenden Objekte geeignet sei, eine Abstandsflächenüberschreitung auszulösen. Soll auch in diesem Bereich eine Instandsetzung, Aufwertung oder Erneuerung der zum Teil überalterten Bausubstanz ermöglicht werden, so komme man nicht umhin, Ausnahmen vom generalisierenden Abstandsflächenrecht zuzulassen. Vorliegend gehe es den Beigeladenen darum, überwiegend für die eigene Familie Wohnraum zu schaffen. Die Errichtung eines Anwesens mit den Grundabmessungen von circa 10 m auf rund 9,75 m erscheine keineswegs überdimensioniert. Im Dachgeschoss sei eine Einzimmerwohnung geplant. Dies sei jedoch nur möglich, sofern die oberen Geschosse durch ein ausgelagertes Treppenhaus erreicht werden können. Die Interessen der Beigeladenen an einer Abweichungsentscheidung würden die des Klägers überwiegen. Das Interesse der Beigeladenen an der Wiederbelebung des Baugrundstückes sei rechtlich beachtlich. Es sei indes zweifelhaft, ob sich durch das geplante Vorhaben die Situation für die Kläger überhaupt verschlechtert. Gegenüber dem bisherigen Zustand würden sich hinsichtlich der Belichtung, Belüftung und Besonnung aufgrund der kaum veränderten Kubatur nur minimale, wohl kaum spürbare Änderungen und damit so gut wie keine Verschlechterung ergeben. Aus diesem Grund seien auch unzumutbare Beeinträchtigungen und damit eine Verletzung des nachbarlichen Rücksichtnahmegebotes nicht gegeben. Es sei insbesondere darauf hinzuweisen, dass der Giebel des bestehenden Gebäudes höher sei als der des streitgegenständlichen Vorhabens. Unter Einhaltung der laut Bebauungsplan maximal zulässigen Maße (52° Dachneigung mit 52 cm Kniestock und Lage der Kellerdeckenoberkante 40 cm über Gehsteigoberkante) würde ein deutlich höherer Giebel auf die Nachbarn einwirken als durch das streitgegenständliche Vorhaben. Dem sozialen Wohnfriede werde dadurch Rechnung getragen, dass auf der Nordseite des inmitten stehenden Vorhabens keine Fensteröffnungen vorgesehen seien. Hinsichtlich des Wunsches nach einer abriegelnden und einmauernden Wirkung hätten die Kläger selbst erst vor einigen Jahren ihren Carport an der südlichen Grundstücksgrenze errichtet und bis zum Dach verschalt, so dass aus südlicher Richtung keine Blickbeziehungen und kein Luftaustausch in Bodennähe mehr stattfinden könnten. Eine laut Bebauungsplan hierfür erforderliche isolierte Befreiung sei bei der Bauaufsichtsbehörde nicht gefunden worden. Das Klägergrundstück sei davon geprägt, dass die vorhandene Bebauung grenzständig situiert sei, und zwar sowohl nach Norden als auch nach Osten, Süden und Westen.
35
Das klägerische Wohnhaus sei ebenfalls zweigeschossig und verfüge über einen wesentlich tieferen, rückwärtig eingeschifften Anbau mit ebenfalls zwei Geschossen und stehe sowohl zur … als auch zur Nordseite komplett auf der Grundstücksgrenze. Nach Süden zu dem Beigeladenengrundstück halte dieses lediglich einen Grenzabstand von 1,5 m ein. Der zweigeschossige, auf der südlichen Dachfläche mit einer Solaranlage versehene Anbau weise nach Süden hin wohl einen Grenzabstand von 3 m ein. Der gesamte Baukörper des Wohnhauses halte nach Norden, Osten und Süden die Abstandsflächen nicht ein. Daneben befinde sich auf dem klägerischen Grundstück entlang der gesamten nördlichen Grundstücksgrenze sowie entlang der Hälfte der westlichen Grenze wohl ein Nebengebäude, welches die Größe einer Doppelgarage übersteige. Mit einer abgeschlossenen Trennwand nach Süden hin zu dem Beigeladenengrundstück sei außerdem auf der südlichen Grundstücksgrenze ein Carport situiert. Dem Luftbild sei zu entnehmen, dass die verbleibende Hoffläche auf dem klägerischen Grundstück, die eine Größe von etwa 6 m auf 6 m aufweise, nahezu gänzlich mit weiteren Nebengebäuden bebaut worden sei. Gärtnerisch gestaltete Freiflächen seien nur schwerlich zu erkennen. Bezüglich der Belichtungssituation sei am 24. Februar 2021 in der Mittagszeit durch den Baukontrolleur des Beklagten eine Fotodokumentation angefertigt worden. Dieser sei zu entnehmen, dass durch das auf dem Baugrundstück vorhandene Wohngebäude, welches durch einen niedrigeren Neubau ersetzt werden solle, eine Verschattung in Teilbereichen auf dem rückwärtigen Wohnhausanbau und dem Nebengebäude zu erkennen sei. Nicht ersichtlich sei, dass auch die Solaranlage beschattet werde. Sollte diese zeitweise beschattet werden, habe dies der Kläger aufgrund der Bestandssituation bei der nachträglichen Montage wohl schon billigend in Kauf genommen.
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Die Beigeladenen stellen keinen Antrag und führen aus, dass das bestehende Gebäude auf ihrem Grundstück seit jeher in Familienbesitz sei, jedoch seit zehn Jahren aufgrund der schlechten Bausubstanz, fehlender Heizmöglichkeit, diverser Wasserschäden und Schimmelbefall nicht mehr bewohnt werde. Die Raumaufteilung sowie das extrem steile und enge Treppenhaus seien nicht mehr zeitgemäß und würden die modernen Sicherheitsstandards bei Weitem nicht erfüllen. Da ein Verkauf des Grundstückes für die Beigeladenen, die mit ihren zwei Kindern seit neun Jahren in dem Nachbargebäude auf dem Grundstück FlNr. … zur Miete wohnen würden, nicht infrage komme, sei der inmitten stehende Neubau geplant. Die zweite Wohneinheit sei vorsorglich für den Fall geplant, dass es innerhalb des engen Familienkreises etwa zu einem Pflegefall oder Ähnlichem komme. Es seien Gespräche mit allen Nachbarn vor Einreichung des Bauantrages geführt worden. Auf Bitten der Kläger hätten die Beigeladenen auf Badfenster auf der Nordseite gänzlich verzichtet, was zu einer merklich verschlechterten Raumaufteilung geführt habe. Sie hätten den Klägern außerdem angeboten, deren neuen Carport direkt an der neu zu errichtenden Hauswand des Anbaus zu situieren. Dieser Bereich zwischen Garage und Wohnhaus sei nunmehr toter Raum.
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Der geplante Neubau unterscheide sich von den Grundmaßen des Bestandsgebäudes nur geringfügig und erreiche eine deutlich geringere Höhe. Auf der Westseite sei eine Erweiterung des bereits im Bestandsgebäude vorhandenen Zwerchhauses mit Schleppdach beabsichtigt, um ein außenliegendes Treppenhaus, welches einen separaten Zugang zu allen Etagen ermögliche, zu schaffen. Ein innenliegendes Treppenhaus würde die Wohnfläche erheblich reduzieren. Das im Bestandsgebäude südöstlich liegende Zwerchhaus mit Satteldach solle nach Absprache mit der Stadt nunmehr zentriert werden, so dass analog der Anordnung der östlich liegenden Fenster ein vom öffentlichen Grund einsehbares harmonisches und symmetrischer Gesamtbild geschaffen werde. Im Übrigen wirke sich der Verzicht auf einen Keller positiv auf die niedrigere Gebäudehöhe aus, nachdem aktuell die Kellerdeckenoberkante über der Gehsteigoberkante liege.
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Hinsichtlich der festgesetzten Baugrenzen wird ausgeführt, dass sich die Grundfläche des geplanten Neubaus nur geringfügig ändere. Viel massivere Abweichungen habe es bereits in der unmittelbaren Nachbarschaft, etwa auf der FlNr. …, gegeben.
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Den übermittelten Lichtbildern sei zu entnehmen, dass das Bestandsgebäude sehr wenig Einfluss auf die Beschattung des rückwärtigen Gebäudeteils auf dem klägerischen Grundstück habe. Vielmehr sei es morgens den Häuserreihen entlang der … im Osten und entlang der … im Süden geschuldet, dass die Gebäude der Beigeladenen sowie des Klägers in der Übergangszeit und in den Wintermonaten aufgrund der tieferstehenden Sonne beschattet werden. Der geringfügig erweiterte Grundriss nehme auf die schon bestehende Belichtungssituation keinen wesentlich negativen Einfluss. Des Weiteren werde die Sonneneinstrahlung auf einen Großteil der Hoffläche des klägerischen Grundstückes durch die von diesem selbst errichteten Überdachungen und Einfriedungen eingeschränkt. Erst im November 2020 habe der Kläger ein bestehendes Carport erneuert und merklich vergrößert. Die damals vorhandene licht- und blickdurchlässige sowie begrünte Einfriedung entlang der südlichen Grundstücksgrenze sei entfernt und durch eine höhere und breitere Aluminiumkonstruktion mit licht- und blickundurchlässigen dunkelgrauen Kunststoffplatten ersetzt worden, welche die Belichtungs- und Belüftungssituation des klägerischen Innenhofs verursacht sowie eine erdrückende und abriegelnde Wirkung auf das Beigeladenengrundstück habe. Aufgrund der niedrigeren Dachneigung und Firsthöhe des Neubaus werde die Situation im Hinblick auf die vorhandene Solaranlage des Klägers sogar verbessert. Die westliche Erweiterung für das Treppenhaus halte den Mindestabstand zur Grundstücksgrenze indes ein.
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Der Kniestock in Höhe von 75 cm sei beantragt worden, um das Dachgeschoss besser nutz- und bewohnbar zu machen.
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Durch den Umbau der bestehenden Garage werde sich die angespannte Parkplatzsituation in der … zum Vorteil aller Anwohner verbessern.
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Der Klägervertreter replizierte hierzu, dass eine planerische Regelmäßigkeit oder eine Vorgabe des Bebauungsplanes, nach welcher Bauvorhaben nach allen Seiten hin keine Abstandsflächen einhalten sollen, vorliegend nicht angenommen werden könne. Vielmehr sei durch die Festsetzung von Baugrenzen entlang der Bestandsgebäude deutlich gemacht worden, dass die bestehende Bebauung auch zum Schutz der Nachbarn räumlich nicht erweitert werden solle. Die klägerischen Gebäude befänden sich innerhalb der bauplanungsrechtlich festgesetzten Baugrenzen, so dass sie, da das Planungsrecht dem Abstandsflächenrecht vorgehe, die gesetzlich geforderten Abstände einhielten. Es könne vorliegend nicht erkannt werden, dass planerisch außerhalb der festgesetzten Baugrenzen Hauptgebäude errichtet werden sollen, welche die Abstandsflächen der Bayerischen Bauordnung zu den Nachbargrundstücken nicht einhalten. Da es mit dem Bebauungsplan einen festgesetzten Planungswillen der Gemeinde gebe, könne es zur Bestimmung dessen, was außerhalb der Baugrenzen möglich sein soll, auf die tatsächliche Gestaltung nicht ankommen.
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Das Grundstück sei bereits mit einem Wohngebäude mit drei Stockwerken bebaut. Weshalb es notwendig sein solle, außerhalb der Baugrenze ein Treppenhaus zu errichten, um das Dachgeschoss zu erreichen, sei unklar. Jedenfalls werde dies nicht durch die Grundstückssituation bedingt. Die Wiederbelebung des Baugrundstückes könne auch innerhalb der Baugrenzen erfolgen. Allein der Wunsch nach noch mehr Fläche und Raum könne kein bei der Abwägung zugunsten des Bauherrn einzustellender Aspekt sein. Hingegen verschlechtere sich die Situation für den Kläger erheblich. Der klägerseits errichtete Carport trage, anders als der stark ausgedehnte Querbau des streitgegenständlichen Vorhabens, nicht zu einer abriegelnden und einmauernden Wirkung bei.
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Weiter wird ausgeführt, dass gemäß Ziffer 4 des Bebauungsplanes Nebenanlagen ausnahmsweise außerhalb der überbaubaren Grundstücksgrenzen zulässig seien, sofern diese in baulicher Verbindung zu dem Hauptgebäude stehen, sich architektonisch und städtebaulich angliedern, das Stadtbild nicht beeinträchtigen und eine überbaute Fläche von 60 m² nicht überschreiten. Die niedrigen Nebengebäude des Klägers würden sich im Schatten der baulichen Anlagen auf dem südlich angrenzenden Grundstück befinden und daher keinen Nachbarn beeinträchtigen. Diese seien mit dem hier inmitten stehenden dreistöckigen Querbau außerhalb der Baugrenze nicht vergleichbar. Im Übrigen sei dem Kläger hinsichtlich des Carports mit Bescheid der Stadt … vom 23. April 2020 eine Befreiung erteilt worden.
45
Von einer geringfügigen Überschreitung der Baugrenzen seitens der Beigeladenen könne nicht die Rede sein. Wie auch deren Eingabeplanung entnommen werden könne, handele es sich vielmehr um mehrere Meter. Der Umstand anderweitig erteilter Befreiungen führe indes nicht dazu, dass der Kläger ein abstandsflächenverletzendes und rücksichtsloses Gebäude hinnehmen muss. Trotz des etwas niedrigeren Firstes des streitgegenständlichen Vorhabens trete durch den Querbau eine zu einem starken Leistungsabfall der Solaranlage führende Verschattung ein.
46
Ein gemäß „Beilage 1 zum Bauantrag/Änderung Garage“ geplanter Bodenaushub unterhalb des Garagengebäudes sei nur bei Abriss des Gebäudes möglich. Demnach müsse davon ausgegangen werden, dass die Neuerrichtung einer Garage mit vier Stellplätzen beantragt worden sei.
47
Hierzu erwidert der Beklagte, dass auf dem klägerischen Grundstück in dem im Bebauungsplan für Nebenanlagen festgesetzten Bereich eine Hauptnutzung erfolge, so dass auch auf diesem Grundstück die festgesetzten Baugrenzen nicht eingehalten seien. Ob im Übrigen bereits in dem Bebauungsplan an der südlichen Baugrenze auf diesem Grundstück ein Nebengebäude dargestellt worden sei, möge aufgrund der mangelnden Druckqualität dahingestellt bleiben. Bezüglich der für den Carport erteilten Befreiung sei darauf hinzuweisen, dass ausweislich der hierzu eingereichten Planunterlagen der erneuerte Carport eine Länge von 5,5 m sowie eine Breite von 3,7 m aufweisen solle. Augenscheinlich entspreche der tatsächlich errichtete Carport diesen Maßen nicht.
48
Von Seiten des Beklagten sei nicht zu bezweifeln, dass ein Umbau der Garage zu Doppelparkern durchgeführt werden könne, nachdem dies von einem vorlageberechtigten Entwurfsverfasser entsprechend dargestellt worden sei. Eine Neuerrichtung von Doppelparkern sei jedenfalls nicht vom Genehmigungsumfang der streitgegenständlichen Baugenehmigung abgedeckt.
49
Der Klägervertreter führt aus, dass sich die klägerischen Hauptgebäude innerhalb der festgesetzten Baugrenzen befänden. Die Nebengebäude seien indes nach dem inmitten stehenden Bebauungsplan außerhalb der überbaubaren Grundstücksflächen zulässig. Außerhalb der Baugrenzen habe der Kläger eine Terrassenüberdachung sowie einen Carport errichtet, welche die Festsetzungen des Bebauungsplans einhalten würden. Was der Beklagte mit einer Hauptnutzung meine, sei nicht nachvollziehbar. Die Katasterpläne von 1979 sowie 1971 würden an dieser Stelle deutlich ein Nebengebäude darstellen. Der Carport halte die Maße der der Befreiung zugrundeliegenden Planung exakt ein. An diesen schließe sich als getrennte bauliche Anlage eine bauplanungssowie bauordnungsrechtlich rechtmäßige Terrassenüberdachung an.
50
Auf dem von den Beigeladenen vorgelegten Bild Nr. 5 sei gut erkennbar, weshalb der Kläger sich durch das streitgegenständliche Bauvorhaben unzumutbar beeinträchtigt sehe. Auf diesem Bild sei die derzeit gut besonnte Photovoltaikanlage des Klägers zu sehen. Aufgrund einer Bewertung der Stadt … habe sich der Kläger für diese Positionierung entschieden. Hinsichtlich der Garage ergebe sich aus der Formulierung des Entwurfsverfassers zu der „‘Dopelparker‘ Garage mit 4 Stellplätzen“ in „Beilage 1 zum Bauantrag/Änderung Garage“ (S. 59 der Verwaltungsverfahrensakte), dass dieser lediglich eine Entscheidung der Beigeladenen mitteilte und keinen eigenen Bauentwurf eingereicht habe. Gleichwohl werde mit jedem Gegenstand des Bauantrages auch der Inhalt und Gegenstand der Baugenehmigung und damit des Vorhabens bestimmt. Von dem Beklagten sei mithin kein unspezifischer Umbau, sondern die in der „Beilage 1 zum Bauantrag/Änderung Garage“ textlich und bildlich beschriebene Änderung der Garage, die erkennbar keinen Umbau des Bestands unter Beibehaltung der äußeren Maße erfüllen könne, genehmigt worden.
51
Der Beklagte erwidert, dass es für die klägerseits errichtete Terrassenüberdachung einer Ausnahme mittels Bescheides bedürfe. Eine Terrassenüberdachung erweitere nutzungsbedingt als Aufenthaltsort im Freien den Wohnraum. Da diese vorliegend außerhalb der Baugrenzen verwirklicht worden sei, sei von dem Kläger ohne die erforderliche Zulassung eine Erweiterung des Wohnhauses und damit der Hauptnutzung in einem Bereich außerhalb der Baugrenzen vorgenommen worden.
52
Der Klägervertreter trägt hierzu vor, dass der Beklagte im Hinblick auf die Bebauung auf dem klägerischen Grundstück nicht dargelegt habe, weshalb eine qualitative Vergleichbarkeit zwischen den niedrigen Nebengebäuden des Klägers einerseits sowie einem abriegelnden, aus drei Wohnetagen bestehenden Bauwerk und einem wohl 4 m hohem Garagengebäude mit derzeit noch unbestimmten Maßangaben andererseits anzunehmen sei. Bei der überdachten Terrasse, welche über die Balkontür zu erreichen sei, handele es sich schlicht um einen Wetterschutz. Die Überdachung verletze keine nachbarlichen Abstandsflächen und sei materiell rechtmäßig.
53
In dem rückwärtigen Bereich des klägerischen Grundstückes habe sich früher eine Fabrikation … befunden. Die Annahme des Beklagten, dass es sich um ein Nebengebäude handele, gehe fehl. Nachdem die gewerbliche Nutzung aufgegeben worden sei, sei für die nunmehrige Wohnnutzung eine Nutzungsänderung beantragt und genehmigt worden. Eine Erweiterung des umbauten Raumes, wie vorliegend von den Beigeladenen beabsichtigt, sei hier gerade nicht erfolgt.
54
Der Beklagte erklärt, dass beabsichtigt sei, hinsichtlich der Terrassenüberdachung dem Kläger eine Aufforderung zur Einreichung von Planunterlagen zukommen zu lassen, um herauszufinden, ob und wenn ja, in welchem Maße diese das Abstandsflächenrecht verletzt. Ferner weist er auf die Neuregelung des Art. 63 Abs. 1 Satz 2 BayBO hin. Auch wenn das inmitten stehende Bauvorhaben insgesamt breiter werde, so bleibe es insgesamt niedriger. Nach dem Willen des Gesetzgebers diene diese Vorschrift der Schaffung von Wohnraum sowie der Wiedernutzbarmachung bereits vorhandene Anlagen. Mithin sei selbst bei Verneinung von Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO oder § 242 BGB die erteilte Abweichung jedenfalls rechtmäßig.
55
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten sowie auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 20. Oktober 2021 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

56
Die zulässige Klage ist unbegründet.
57
Der streitgegenständliche Bescheid vom 26. November 2020 verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
58
Einen Rechtsanspruch auf Aufhebung einer Baugenehmigung, die gemäß Art. 68 Abs. 1 BayBO zu erteilen ist, wenn dem Vorhaben keine öffentlichrechtlichen Vorschriften, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind, entgegenstehen, haben Nachbarn nicht schon dann, wenn die Baugenehmigung objektiv rechtswidrig ist. Vielmehr setzt die Aufhebung der Baugenehmigung weiter voraus, dass die Nachbarn durch die Genehmigung zugleich in ihren Rechten verletzt sind (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Dies ist nur dann der Fall, wenn die verletzte Norm zumindest auch dem Schutz der Nachbarn dient, also drittschützende Wirkung hat (vgl. etwa BVerwG, U.v. 6.10.1989 - 4 C 14.87 - juris).
59
Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben. Durch das inmitten stehende Vorhaben wird der Kläger nicht in Vorschriften des öffentlichen Baurechts, die dem Schutz seiner individuellen Interessen dienen, verletzt. Eine Verletzung der nach Art. 59 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b BayBO prüfpflichtigen, nachbarschützenden Abstandsflächenvorschriften liegt nicht vor. Das Vorhaben verstößt auch nicht gegen das Gebot der Rücksichtnahme (Art. 59 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a BayBO i.V.m. §§ 29 bis 38 BauGB).
60
1. Eine Rechtswidrigkeit und in Folge davon eine Rechtsverletzung des Klägers als Nachbar ergibt sich hier nicht aus dem Abstandsflächenrecht gemäß Art. 6 BayBO.
61
Grundsätzlich erfordert das streitgegenständliche Bauvorhaben eine Neubewertung der Abstandsflächen (vgl. hierzu etwa BayVGH, B.v. 30.3.2021 - 1 CS 20.2637 - juris Rn. 16).
62
Gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO ist die Einhaltung von Abstandsflächen jedoch nicht erforderlich vor Außenwänden, die an den Grundstücksgrenzen errichtet werden, wenn nach planungsrechtlichen Vorschriften an die Grenze gebaut werden muss oder gebaut werden darf.
63
a) Gegen das Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO spricht zunächst, dass in dem inmitten stehenden Bebauungsplan Nr. … der Stadt … in dem betreffenden Gebiet die offene Bauweise festgesetzt wurde. Diese Festsetzung ist jedoch unwirksam.
64
Ausweislich des Planblattes, in welchem die zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses vorhandenen Bestandsgebäude als solche gekennzeichnet wurden, waren - mit Ausnahme vereinzelter Flurstücke - die in dem Plangebiet befindlichen Grundstücke, insbesondere im Bereich des Mischgebietes, in welchem sich die streitgegenständlichen Grundstücke befinden, bei Erlass des Bebauungsplanes Nt. … vollständig mit - teilweise auf ein, zwei, drei oder vier Seiten - grenzständigen Gebäuden bebaut. Eine Regelmäßigkeit der grenzständigen/-nahen Bauten, etwa stets nach Norden oder Süden hin, ist nicht zu erkennen.
65
Der Bebauungsplanbegründung lassen sich im Hinblick auf die festgesetzte offene Bauweise sowie die vorhandene Bestandsbebauung keinerlei Anhaltspunkte entnehmen. Auch im Übrigen ist ein Wille des Plangebers für eine gelockerte Bebauung des Gebietes nicht erkennbar.
66
aa) § 1 Abs. 7 BauGB verpflichtet die Gemeinde, die für die Planung bedeutsamen öffentlichen und privaten Belange (Abwägungsmaterial) zu ermitteln und zu bewerten (§ 2 Abs. 3 BauGB) sowie sie gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen (vgl. BayVGH, U.v. 24.11.2017 - 15 N 16.2158 - juris Rn. 32 m.w.N.; BVerwG, B.v. 12.06.2018 - 4 B 71/17 - juris Rn. 5 m.w.N.). Maßgebend sind die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses (§ 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB). Mängel im Abwägungsvorgang sind dabei nur erheblich, wenn sie offensichtlich sind und Einfluss auf das Abwägungsergebnis hatten (§ 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB). Dabei muss sich die Abwägung bei der Überplanung bebauter Gebiete nach § 1 Abs. 6 Nr. 4 BauGB einerseits mit den Interessen an der Erhaltung der vorhandenen städtebaulichen Strukturen und andererseits mit den Interessen auf Veränderung dieser Strukturen auseinandersetzen. Des Weiteren müssen Festsetzungen in die Abwägung einbezogen werden, die es ermöglichen, betroffenen Belangen differenziert Rechnung zu tragen. Auch das Interesse an der Beibehaltung des bisherigen Zustandes ist von Bedeutung.
67
Gemessen daran sind im Hinblick auf die festgesetzte Bauweise im vorliegenden Fall die schutzwürdigen Interessen der Grundeigentümer im Plangebiet nicht fehlerfrei ermittelt und abgewogen worden. Denn es geht nicht nur darum, ob Bestandsschutz für die bestehenden Gebäude besteht. Vielmehr muss darüber hinaus auch eine künftige Entwicklung berücksichtigt werden, nämlich welche Neu-, Ersatz- und Erweiterungsbauten möglich sind (vgl. hierzu BayVGH, U.v. 29.1.2021 - 15 N 18.2488 - juris Rn. 23). Es existieren in dem inmitten stehenden Plangebiet und insbesondere in dem Mischgebiet, in welchem sich die streitgegenständlichen Grundstücke befinden, überwiegend Anwesen, bei welchen nicht ersichtlich ist, inwiefern dort eine Bebauung in offener Bauweise überhaupt sinnvollerweise verwirklicht werden könnte. In der Abwägung wäre es daher erforderlich gewesen, sich damit auseinanderzusetzen, aus welchen Gründen die Festsetzung der geschlossenen Bauweise in diesem Bereich nicht ebenso geeignet gewesen wäre, die Ziele der Planung umzusetzen. Dieser Mangel ist auch erheblich gemäß § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB, da er offensichtlich auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen ist. Hätte die Stadt … die Interessen der Grundstückseigentümer am Bestehenbleiben des Vorhandenen zutreffend ermittelt und abgewogen, hätte sie möglicherweise eine andere Bauweise gewählt. Jedoch ist der vorliegende Mangel gemäß § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB unbeachtlich geworden.
68
bb) Gleichwohl kann jedenfalls - in Anbetracht der auch derzeit tatsächlich vorhandenen Bebauung, welche ausweislich der vorliegenden Luftbildaufnahmen der Bestandsbebauung bei Erlass des Bebauungsplanes nahezu gleicht - von einer Funktionslosigkeit der Festsetzung über die offene Bauweise ausgegangen werden.
69
Eine bauplanerische Festsetzung tritt nach den strengen Anforderungen der Rechtsprechung wegen Funktionslosigkeit erst dann außer Kraft, wenn und soweit die Verhältnisse, auf die sie sich bezieht, in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der eine Verwirklichung der Festsetzung auf unabsehbare Zeit ausschließt und die Erkennbarkeit dieser Tatsache einen Grad erreicht hat, der einem etwa dennoch in die Fortgeltung der Festsetzung gesetzten Vertrauen die Schutzwürdigkeit nimmt (vgl. etwa BVerwG, U.v. 29.4.1977 - IV C 39.75 - juris Rn. 35; BVerwG, U.v. 3.8.1990 - 7 C 41-43/89 - juris Rn. 16; BVerwG, U.v. 3.12.1998 - 4 CN 3/97 - juris Rn. 22; BVerwG, U.v. 6.4.2016 - 4 CN 3/15 - juris Rn. 6; BayVGH, U.v. 11.9.2003 - 2 B 00.1400 - juris Rn. 13). Dabei ist nicht isoliert auf einzelne Grundstücke abzustellen und es spielt auch keine Rolle, ob über längere Zeit von dem Plan abgewichen wurde und mittlerweile Verhältnisse entstanden sind, die den Festsetzungen des Plans nicht entsprechen (vgl. BVerwG, U.v. 29.4.1977 - IV C 39.75 - juris Rn. 35; BVerwG, U.v. 3.8.1990 - 7 C 41-43/89 - juris Rn. 16; BayVGH, B.v. 20.5.2021 - 9 ZB 19.2504 - juris Rn. 9). Entscheidend für die Beurteilung einer Funktionslosigkeit ist vielmehr, ob eine Festsetzung noch geeignet ist, im Geltungsbereich des Bebauungsplans einen sinnvollen Beitrag zur städtebaulichen Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB zu leisten (vgl. BayVGH, U.v. 11.9.2003 - 2 B 00.1400 - juris Rn. 13; VGH BW, U.v. 10.6.2010 - 5 S 2986/08 - juris Rn. 31). Es muss offenkundig sein, dass der Bebauungsplan bzw. dessen Festsetzung als Instrument der städtebaulichen Steuerung nicht mehr tauglich ist (vgl. BayVGH, B.v. 20.5.2021 a.a.O. unter Verweis auf BayVGH, U.v. 27.2.2020 - 2 B 19.2199 - juris Rn. 13).
70
Unter Zugrundelegung dieser rechtlichen Maßstäbe ist angesichts der ganz überwiegend vorhandenen Grenzbebauung in dem inmitten stehenden Mischgebiet, in welchem sich das Beigeladenengrundstück befindet, von einer Funktionslosigkeit und damit Unwirksamkeit der bauleitplanerischen Festsetzung zur Bauweise auszugehen.
71
Nicht nur die tatsächlichen Verhältnisse in dem Gebiet schließen eine Verwirklichung der festgesetzten offene Bauweise aus, es ist auch im Übrigen nicht zu erkennen, dass seitens der Stadt … ein Interesse an einer Bebauung gemäß der Festsetzung über die offene Bauweise besteht oder eine solche überhaupt noch sinnvollerweise verwirklicht werden kann.
72
Die Unwirksamkeit der textlichen Festsetzung über die offene Bauweise führt indes nur zur teilweisen Unwirksamkeit, nicht jedoch zur Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans Nr. … der Stadt … (vgl. etwa U.v. 19.9.2001 - 4 CN 1/02 - BVerwGE 117, 58 ff.; B.v. 6.11.2007 - 4 BN 44/07 - juris; B.v. 25.2.1997 - 4 NB 30.96 - NVwZ 1997, 896; B.v. 20.8.1991 - 4 NB 3.91 - NVwZ 1992, 567; B.v. 24.4.2013 - 4 BN 22/13 - juris). Die übrigen Festsetzungen sind hiervon erkennbar unabhängig und werden daher von der unwirksamen Festsetzung betreffend die Bauweise nicht erfasst (vgl. etwa BayVGH. U.v. 27.2.2020 - 2 B 19.2199 - juris Rn. 15 unter Verweis auf BVerwG, B.v. 8.8.1989 - 4 NB 2.89 - juris).
73
b) Soweit der Klägervertreter schriftsätzlich ausgeführt hat, dass im Rahmen des Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO auch die vorliegend in dem Plangebiet festgesetzten Baugrenzen zu beachten sind, geht dieser Einwand fehl. Die Festsetzungen über Baugrenzen weisen einen unmittelbaren Bezug zu den Grundstücksgrenzen nicht auf. Sie betreffen vielmehr nur die überbaubaren Grundstücksflächen und lassen die Frage, ob an die Grundstücksgrenze gebaut werden darf oder muss, grundsätzlich offen (vgl. hierzu BayVGH, U.v. 7.4.1987 - 1 N 83 A.3262 - BayVBl. 1988, 275 sowie Busse/Kraus/Kraus, 142. EL Mai 2021, BayBO Art. 6 Rn. 67 m.w.N. - beckonline). Abweichend hiervon ist eine Anwendung des Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO geboten, wenn nach planungsrechtlichen Vorschriften zwar keine Baulinien festgesetzt sind, jedoch an die straßenseitige Grenze gebaut werden darf, weil im Bebauungsplan unmittelbar an der straßenseitigen Grundstücksgrenze eine Baugrenze nach § 23 Abs. 3 BauNVO festgesetzt ist (vgl. BayVGH, B.v. 10.12.2008 - 1 CS 08.2770 - juris Rn. 27 m.w.N.). Dies gilt des Weiteren auch, wenn aufgrund der festgesetzten Baugrenzen zwingend an die vordere Grundstücksgrenze gebaut werden muss, um das Grundstück überhaupt sinnvoll nutzen zu können und deshalb die Baugrenzen faktisch wie Baulinien wirken (VG Ansbach, U.v. 26.10.2017 - AN 3 K 16.02371). Baugrenzenfestsetzungen dieser Art sind vorliegend jedoch nicht erfolgt. Auch im Übrigen sind dem inmitten stehenden Bebauungsplan keine Festsetzungen zu entnehmen, die eine Grenzbebauung ausschließen.
74
c) Der Vorrang des Städtebaurechts gilt jedoch nicht nur für Festsetzungen in Bebauungsplänen, sondern auch der tatsächlich vorhandenen Bauweise kommt grundsätzlich der Vorrang vor dem Abstandsflächenrecht zu (vgl. BVerwG, B.v. 11.3.1994 - 4 B 53/94 - juris; BayVGH, U.v. 25.11.2013 - 9 B 09.952 - juris; U.v. 23.3.2010 - 1 BV 07.2363 - juris; VG Ansbach, U.v. 12.9.2012 - AN 9 K 11.01743 - juris). Eine geschlossene Bauweise, bei der die seitlichen Grundstücksgrenzen bebaut werden, kann sich also in den Fällen, in denen - wie hier - der planungsrechtliche Beurteilungsmaßstab für die Zulässigkeit eines Bauvorhabens die vorhandene Bebauung ist, auch aus dieser ergeben, mit der Folge, dass sie dann die verbindliche Bauweise ist (vgl. auch VG Würzburg, B.v. 30.5.2014 - W 4 S 14.472 - juris; VG Ansbach, B.v. 4.8.2014 - AN 9 S 14.00575 - juris).
75
Vorliegend befindet sich in der näheren Umgebung des Beigeladenengrundstückes, insbesondere in dem in diesem Bereich festgesetzten Mischgebiet, auf zahlreichen Grundstücken Bebauung (straßenseitig oder als Hinterlieger) ohne oder nur mit geringem seitlichen und vorderen Grenzabstand (geschlossene Bauweise), welche vereinzelt komplett, überwiegend jedoch an zwei oder drei Grundstücksseiten grenzständig ist. Eine Regelmäßigkeit der grenzständigen/- nahen Bauten, etwa stets im rückwärtigen Bereich oder straßenseitig, ist nicht zu erkennen.
76
Nach alledem darf das streitgegenständliche Bauvorhaben gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO ohne Einhaltung von Abstandsflächen verwirklicht werden.
77
2. Soweit klägerseits betreffend die Duplexgarage auf die unzureichenden Maßangaben (vgl. § 8 A Abs. 3 Nr. 1 BauVorlV), insbesondere betreffend die Höhe, in der übermittelten Zeichnung in der „Beilage 1 zum Bauantrag/Änderung Garage“ hingewiesen wird, ist Folgendes auszuführen:
78
Eine Baugenehmigung muss Inhalt, Reichweite und Umfang der genehmigten Nutzung eindeutig erkennen lassen, damit die mit dem Bescheid getroffene Regelung für die Beteiligten des Verfahrens nachvollziehbar und eindeutig ist. Nachbarn müssen zweifelsfrei feststellen können, ob und in welchem Umfang sie betroffen sind (vgl. etwa BayVGH, B.v. 31.10.2016 - 15 B 16.1001 - juris Rn. 4 m.w.N.).
79
Grundsätzlich bestimmt der Bauherr durch die Bezeichnung seines Bauvorhabens das zur Genehmigung gestellte Vorhaben. Mit dem Bauantrag bestimmt er den Inhalt und Gegenstand des Baugenehmigungsverfahrens und legt das Bauvorhaben fest (BVerwG, B.v. 6.3.1992 - 4 C 32.91 - juris; B.v. 21.8.1991 - 4 B 20/91 - juris; B.v. 21.7.2020 - 2 ZB 17.1309 - juris Rn. 4). Doch nicht nur die Bezeichnung des Bauvorhabens im Bauantrag, sondern auch die nach der Bauvorlagenverordnung in Vorlage zu bringenden Pläne bestimmen das zur Genehmigung gebrachte Bauvorhaben (Simon/Busse, BayBO, 137. EL Juli 2020, Art. 64 Rn. 21 ff.).
80
Ausweislich der genehmigten Pläne betreffend die Abstandsflächen und Ansichten hat die als „bestehende Garage“ dargestellte Garage, deren „Umbau“ beantragt sowie genehmigt wurde, eine Höhe von 3 m. In Widerspruch zu diesen genehmigten Plänen sowie der Aussage des Planers der Beigeladenen, dass die Abmessungen des Garagengebäudes gleichbleiben, steht die in der „Beilage 1 zum Bauantrag/Änderung Garage“ dargestellte Zeichnung, welcher unter Zugrundelegung der dort aufgeführten Teilmaße letztlich eine Höhe der Garage von etwa 3,50 m zu entnehmen ist. Nachdem die offenbar nur exemplarisch gewählte Zeichnung nicht mit einem Genehmigungsstempel versehen ist, handelt es sich jedoch nicht um eine genehmigte Bauvorlage, mithin sind die dort aufgezeigte Garage auch nicht vom Umfang der streitgegenständlichen Baugenehmigung erfasst und damit die genehmigten Bauvorlagen und entsprechend die Baugenehmigung nicht unbestimmt.
81
Soweit die streitgegenständliche Garage und infolgedessen die Westseite des im Erdgeschoss angrenzenden bzw. im Obergeschoss aufbauenden Querhauses abweichend von den genehmigten Bauvorlagen ohne Tekturgenehmigung baugenehmigungswidrig errichtet werden sollten, hätte der Kläger insoweit allenfalls einen - hier nicht streitgegenständlichen - Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung hinsichtlich eines eventuellen bauaufsichtlichen Einschreitens, welcher in einem gesonderten Verfahren geltend zu machen wäre.
82
Selbst wenn eine zur Unbestimmtheit der Bauvorlagen und damit der Baugenehmigung führende Widersprüchlichkeit zwischen den genehmigten Bauvorlagen und ohne Genehmigungsstempel versehenen Zeichnung anzunehmen wäre, steht allein wegen dieses Mangels dem Kläger indes kein Abwehrrecht gegen die Baugenehmigung zu. Die Anforderungen an Bauvorlagen haben nicht den Zweck, die Rechte der Nachbarn zu schützen (BayVGH, B.v. 6.11.2006 - 1 CS 06.2847 - juris Rn. 23).
83
Eine unter Verstoß gegen diese Anforderungen erteilte Baugenehmigung kann vom Nachbarn vielmehr nur dann mit Erfolg angegriffen werden, wenn die Bauvorlagen und entsprechend die Baugenehmigung unter Missachtung von Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG hinsichtlich nachbarrechtsrelevanter Merkmale nicht hinreichend bestimmt sind und darüber hinaus infolge dessen eine Verletzung von Nachbarrechten bei der Ausführung des Bauvorhabens nicht ausgeschlossen werden kann (vgl. etwa BayVGH, B.v. 6.11.2006 a.a.O.; B.v. 10.7.2006 Az. 1 CS 06.407 - juris, B.v. 20.3.2018 - 15 CS 17.2523 - juris Rn. 30; B.v. 21.7.2020 - 2 ZB 17.1309 - juris Rn. 4f.; B.v. 7.10.2020 - 9 CS 20.976 - juris Rn. 15f.; B.v. 30.3.2021 - 1 CS 20.2637 - juris Rn. 17).
84
Dies ist hier nicht der Fall. Nachdem Abstandsflächen gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO vorliegend nicht einzuhalten sind, scheidet ein nachbarschutzrechtlich relevanter Verstoß insoweit aus. Darüber erweist sich ist das streitgegenständliche Vorhaben erkennbar auch nicht als rücksichtslos, wie sich aus Folgendem ergibt: 3.
85
Das Gebot der Rücksichtnahme gibt dem Nachbarn nicht das Recht‚ von jeglicher Beeinträchtigung der Belichtung und Besonnung verschont zu bleiben. Eine Rechtsverletzung ist erst zu bejahen‚ wenn von dem Vorhaben eine unzumutbare Beeinträchtigung ausgeht. Entscheidend sind die tatsächlichen Verhältnisse des Einzelfalls (BayVGH, B.v. 20.3.2018 a.a.O. juris Rn. 26). Eine abriegelnde oder erdrückende Wirkung in Folge des Nutzungsmaßes eines Bauvorhabens kann ungeachtet des grundsätzlich fehlenden Nachbarschutzes bezüglich des Maßes der baulichen Nutzung als unzumutbare Beeinträchtigung nur bei nach Höhe und Volumen übergroßen Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden in Betracht kommen. Hauptkriterien bei der Beurteilung einer erdrückenden oder abriegelnden Wirkung sind mithin - neben der bloßen Distanz - insbesondere die besonderen Belastungswirkungen aufgrund der Höhe und der Länge des Bauvorhabens auf das benachbarte Wohngebäude (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 13.3.1981 - 4 C 1.78 - DVBl. 1981, 928 = juris Rn. 32 ff.: elf- bzw. zwölfgeschossiges Gebäude in naher Entfernung zu zweieinhalb geschossigem Wohnhaus; U.v. 23.5.1986 - 4 C 34.85 - juris Rn. 15: grenznahe 11,5 m hohe und 13,31 m lange, wie eine „riesenhafte metallische Mauer“ wirkende Siloanlage bei einem sieben Meter breiten Nachbargrundstück; BayVGH, B.v. 20.3.2018 a.a.O. Rn. 27 m.w.N.).
86
Eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme hinsichtlich Belichtung, Belüftung und Besonnung scheidet indes in aller Regel aus, wenn das streitgegenständliche Bauvorhaben den Abstandsflächenvorschriften entspricht (vgl. BayVGH, B.v. 3.6.2016 - 1 CS 16.747 - juris Rn. 7; B.v. 25.3.2013 - 1 CE 13.332 - juris Rn. 5; B.v. 22.6.2011 - 15 CS 11.1101 - juris Rn. 17; vgl. auch BVerwG, B.v. 11.1.1999 - 4 B 128.98 - NVwZ 1999, 879). Das Gebot der nachbarlichen Rücksichtnahme ist insoweit vom Landesgesetzgeber mit diesen Belangen in den bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften konkretisiert worden.
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Eine ausnahmsweise unzumutbare Beeinträchtigung, obwohl das Bauvorhaben den Abstandsflächenvorschriften entspricht (vgl. hierzu etwa BayVGH, B.v. 9.2.2015 - 1 CS 14.2763 - juris; B.v. 3.6.2016 - 1 CS 16.747 - juris; B.v. 16.8.2012 - 1 CS 12.1498 - juris; BVerwG, B.v. 22.11.1984 - 4 B 244.84 - juris; B.v. 11.1.1999 - 4 B 128.98 - juris), ist hier nicht zu erkennen. Das Vorhaben der Beigeladenen erweist sich gegenüber dem Kläger in der ohnehin dicht besiedelten Innenstadtlage von … ganz offensichtlich weder hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung und der Situierung des Gebäudes noch hinsichtlich eines damit verbundenen unzumutbaren einmauernden oder erdrückenden Effektes auf das klägerische Anwesen als rücksichtslos. Es wurde nicht in substantiierter Weise vorgetragen, woraus konkret geschlossen werden könnte, dass die streitgegenständliche bauliche Anlage der Beigeladenen derartig übermächtig wäre, dass die Gebäude auf dem Klägergrundstück nur noch oder überwiegend wie von einem „herrschenden“ Gebäude dominiert und ohne eigene Charakteristik wahrgenommen würden (vgl. hierzu auch BayVGH, B.v. 20.3.2018 a.a.O. Rn. 27 m.w.N.). Und auch wenn vorliegend kein Fall des § 242 BGB - wonach ein Nachbar sich nach Treu und Glauben gegenüber einer Baugenehmigung in der Regel nicht mit Erfolg auf die Verletzung einer nachbarschützenden Vorschrift berufen kann, wenn auch die Bebauung auf seinem Grundstück den Anforderungen dieser Vorschrift nicht entspricht und wenn die beidseitigen Abweichungen etwa gleichgewichtig sind und nicht zu - gemessen am Schutzzweck der Vorschrift - schlechthin untragbaren, als Missstand zu qualifizierenden Verhältnissen führen (vgl. BayVGH, U.v. 4.2.2011 - 1 BV 08.131 - juris) - angenommen werden kann, so ist im Rahmen des Rücksichtnahmegebotes gleichwohl die auf dem klägerischen Anwesen vorhandene Bebauung mit zu berücksichtigen. Eine Ausnahmesituation ergibt sich vorliegenden Fall auch nicht wegen der auf den klägerischen Gebäuden befindlichen Photovoltaikanlagen. Der Kläger hat bereits nicht dargelegt, in welchem Umfang aufgrund des südlich seines Anwesens situierten Vorhabens der Beigeladenen mit einer Verschattung und insbesondere einer Einbuße bei der Stromerzeugung der auf dem Satteldach des straßenseitigen Wohnhauses sowie auf dem Flachdach des rückwärtigen Gebäudes befindlichen Photovoltaikanlagen zu rechnen ist. Die Behauptung, die Funktion der Photovoltaikanlagen sei aufgehoben, ist weder belegt noch nachvollziehbar. Im Hinblick auf die Maße und Situierung des streitgegenständlichen Vorhabens, bestehend aus einer Doppelgarage (3 m Höhe) sowie Wohnhaus (11,28 m Höhe) nebst Querbau (10,30 m Höhe), ist nicht zu erkennen, dass - insbesondere aufgrund des hinzukommenden Querbaus - eine ausreichende Besonnung der Photovoltaikanlagen ausgeschlossen ist. Selbst wenn man von einer gewissen Verschattung und damit einhergehenden finanziellen Einbuße bei der Stromerzeugung ausgeht, führt dies nicht zur Rücksichtslosigkeit des Vorhabens. Mögliche Verringerungen des Lichteinfalls bzw. eine weiter zunehmende Verschattung sind in aller Regel und insbesondere - wie hier - in dicht bebauten innerstädtischen Bereichen grundsätzlich nicht rücksichtslos und daher hinzunehmen. Dies gilt auch, soweit es zu finanziellen Einbußen hinsichtlich der Energiegewinnung durch Photovoltaikanlagen des Nachbarn kommen sollte (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 20.3.2018 a.a.O Rn. 28 m.w.N.). Solche mit der Situationsänderung verbundenen Einbußen können eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots nicht begründen, da ein Anspruch des Einzelnen darauf, vor jeglicher Wertminderung bewahrt zu bleiben, nicht besteht. Indem der Kläger die Photovoltaikanlagen auf seinem Anwesen in dem innerstädtisch eng bebauten Gebiet angebracht hat, hat er sich letztlich dem Risiko ausgesetzt, dass die Funktion derselben durch bauliche Anlagen auf den Nachbargrundstücken beeinträchtigt werden (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 18.6.2018 - 1 ZB 18.696 - juris Rn. 9 unter Verweis auf BVerwG, B.v. 13.11.1997 - 4 B 195.97 - NVwZ-RR 1998, 540; BayVGH, B.v. 12.12.2013 - 15 CS 13.1561 - juris Rn.15). Der Kläger hat insbesondere keinen Anspruch auf eine unveränderte Besonnungssituation und das Vorhalten eines Freiraums auf den nachbarlichen Grundstücken. Besonderheiten, aus denen sich im vorliegenden Fall eine besondere Belastungswirkung ergeben könnten, hat er nicht substantiiert dargelegt.
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Zu dem klägerischen Grundstück hin werden des Weiteren auch keine neuen Einblickmöglichkeiten in Räumlichkeiten oder einen besonders schützenswerten Garten- oder Hofbereich geschaffen. Mithin ergeben sich auch insofern keine Verschlechterungen für den Kläger.
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4. Nachdem die den Beigeladenen erteilten Befreiungen von den Festsetzungen des Bebauungsplanes über den Kniestock (62,5 cm statt 45 cm) und die Baugrenzen im Osten und Westen sowie Abweichungen bezüglich des Kniestockes, den Dachflächenfenstern sowie der Fenstergestaltung von der „Satzung über besondere Anforderungen an bauliche Anlagen und Werbeanlagen sowie deren äußere Gestaltung …“ keine nachbarschutzrechtlich relevanten Aspekte betreffen, scheidet auch insoweit eine Verletzung nachbarlicher Rechte des Klägers aus.
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5. Ohne dass es darauf noch ankommt, ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger auch bei Verneinung der Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO nicht durch einen Verstoß gegen die Abstandsflächenvorschriften in seinen nachbarlichen Rechten verletzt wäre. Denn in diesem Fall würden betreffend die Garage wohl die Voraussetzungen gemäß Art. 6 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 BayBO sowie betreffend das Wohngebäude einschließlich Querbau die Voraussetzungen für die erteilte Abweichung von den Abstandsflächenvorschriften gemäß Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO vorliegen.
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Nach dieser Vorschrift können die Bauaufsichtsbehörden Abweichungen von den Anforderungen der Bayerischen Bauordnung zulassen, wenn sie unter Berücksichtigung des Zwecks der jeweiligen Anforderung und unter Würdigung der öffentlichrechtlich geschützten nachbarlichen Belange mit den öffentlichen Belangen, insbesondere den Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 BayBO, vereinbar sind.
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Zwar liegt vorliegend - trotz der geringeren Höhe des neu zu errichtenden Wohnhauses - kein Fall des Art. 63 Abs. 1 Satz 2 BayBO, wonach von den Anforderungen des Art. 6 Abweichungen insbesondere zugelassen werden sollen, wenn ein rechtmäßig errichtetes Gebäude durch ein Wohngebäude höchstens gleicher Abmessung und Gestalt ersetzt wird, vor. Gleichwohl liegen die Voraussetzungen des Art. 63 BayBO vor.
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Die nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs bei der Zulassung einer Abweichung von der vorgeschriebenen Tiefe der Abstandsflächen zu fordernde atypische Situation (vgl. etwa BayVGH, B.v. 15.11.2005 - 2 CS 05.2817 - juris) liegt in dem hier zu entscheidenden Fall in der Lage des Baugrundstücks im dicht bebauten innerstädtischen Bereich, in dem historische Bausubstanz vorhanden ist. Jedwede bauliche Veränderung der bestehenden Anwesen ist in solchen Lagen geeignet, eine Abstandsflächenüberschreitung auszulösen. Soll auch in diesem Bereich Instandsetzung, Aufwertung oder Erneuerung der zum Teil überalterten Bausubstanz ermöglicht werden, so kommt man nicht umhin, Ausnahmen vom generalisierenden Abstandsflächenrecht zuzulassen. Dies gilt auch insbesondere deshalb, weil im dicht bebauten innerstädtischen Bereich kaum ein Anwesen die Abstandsflächen wahrt (vgl. BayVGH, U.v. 7.10.2010 - 2 B 09.328 - juris). Dass es in der Stadt … weitere Grundstücke wie das der Beigeladenen gibt, schließt das Vorliegen einer Atypik nicht aus. Entscheidend ist, ob sich ein Vorhaben vom normativen Regelfall unterscheidet. Dies ist hier der Fall.
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Eine Abweichung kann des Weiteren nur zugelassen werden, wenn sie „unter Würdigung der öffentlichrechtlich geschützten nachbarlichen Belange“ mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Damit verlangt das Gesetz eine Abwägung zwischen den für das Vorhaben sprechenden Gründen und den Belangen des Nachbarn. Werden die nachbarlichen Belange nicht mit dem ihnen zukommenden Gewicht berücksichtigt, wird der Nachbar auch dann in seinen Rechten verletzt, wenn die Vorschrift, von der die Abweichung zugelassen wird, nicht dem Nachbarschutz dient. Bei der Zulassung einer Abweichung von nachbarschützenden Vorschriften, wie den Abstandsflächenvorschriften, kann der Nachbar hingegen nicht nur eine ausreichende Berücksichtigung seiner Interessen beanspruchen. Er ist auch dann in seinen Rechten verletzt, wenn die Abweichung aus einem anderen Grund, etwa weil sie nicht mit im konkreten Fall zu erwägenden öffentlichen Belangen zu vereinbaren ist, (objektiv) rechtswidrig ist (vgl. etwa BayVGH, B.v. 16.7.2007 - 1 CS 07.1340 - juris).
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Aus den bereits betreffend das klägerische Rücksichtnahmegebot aufgeführten Gründen ist das streitgegenständliche Bauvorhaben mit nachbarlichen Rechten vereinbar. Vorliegend überwiegen die Interessen der Beigeladenen hinsichtlich einer Abweichungsentscheidung. Das hinter dem Vorhaben stehende Interesse der Beigeladenen, durch eine Generalsanierung ihres Anwesens zeitgemäßen sowie energieeffizienten Wohnraum zu schaffen, ist rechtlich beachtlich. Äußerst zweifelhaft ist hingegen, ob sich durch das streitgegenständliche Bauvorhaben, speziell den neu hinzukommenden Querbau, die Situation für den Kläger in beachtlicher Weise verschlechtert.
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Nach alldem war die Klage abzuweisen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Nachdem die Beigeladenen keinen Antrag gestellt und sich damit keinem Kostenrisiko ausgesetzt haben (§ 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO), tragen sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst (vgl. hierzu etwa BayVGH, U.v. 4.8.2017 - 15 N 15.1713 - juris Rn. 50).