Inhalt

AG Regensburg, Endbeschluss v. 28.09.2021 – 201 F 1980/19
Titel:

Anwendbares Recht für eine Scheidung (Ägypten; Syrien; Deutschland)

Normenketten:
BGB § 1564, § 1565, § 1626
EGBGB § 17 Abs. 4 S. 2
FamFG § 97 Abs. 1
Leitsätze:
1. Gewährt das anzuwendende – hier: ägyptische Recht der Ehefrau aufgrund der Geschlechtszugehörigkeit keinen gleichberechtigten Zugang zur Ehescheidung, ist das Recht des Staates des angerufenen deutschen Gerichts anzuwenden, also deutsches Recht.  (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ägyptisches Recht erlaubt dem Ehemann, sich allein unter Wahrung formeller Anforderungen außergerichtlich und einseitig durch Verstoßung (talaq) von der Ehe zu lösen;  Scheidungsgründe muss er nicht darlegen. Dagegen braucht die Ehefrau nach ägyptischem Recht zur Scheidung durch Selbstloskauf die der Zustimmung des Ehemannes oder sie muss sich unter Darlegung von Scheidungsgründen oder unter Verzicht auf finanzielle Ansprüche durch ein Gericht scheiden lassen. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Ehescheidung, ägyptisches Recht, Talaq, ordre public, Verstoßung, syrische Staatsangehörigkeit, Zuständigkeit
Rechtsmittelinstanz:
OLG Nürnberg, Beschluss vom 15.02.2022 – 10 UF 976/21
Fundstelle:
BeckRS 2021, 54608

Tenor

1. Die am 20.12.2009 vor dem Sch. Gericht in Ta., Syrien … und eingetragen in das Register des Amtes für Personenstandsangelegenheiten des Innenministeriums der Arabischen Republik Ägypten … des Standesamtes … geschlossene Ehe der beteiligten Ehegatten wird geschieden.
2. Der Antrag des Antragsgegners in der Folgesache elterliche Sorge auf Übertragung des Sorgerechts, hilfsweise des Aufenthaltsbestimmungsrechts für die Kinder …, geb. am … geb. am und …, geb. am …, wird zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben, soweit es die Kosten der Ehesache betrifft. Soweit Kosten für die Folgesache elterliche Sorge entstanden sind, hat diese der Antragsgegner zu tragen.

Entscheidungsgründe

A. Scheidung
I)
1
Die Ehegatten haben am ... 2009 vor dem Sch. Gericht in Ta., Syrien die Ehe miteinander geschlossen. Die Eheschließung wurde in das …, eingetragen. Diese Ehe wurde dann noch beim Amt für Personenstandsangelegenheiten des Innenministeriums der Arabischen Republik Ägypten unter der Registernummer … registriert. Dies ergibt sich aus dem vom Antragsgegner in der mündlichen Verhandlung vom 07.09.21 vorgelegtem Auszug aus dem Ehebuch des Amtes für Personenstandsangelegenheiten des Innenministeriums der Arabischen Republik Ägypten. Anders als der Antragsgegner meint, ist hier ausweislich des Wortlautes keine neue Eheschließung, sondern die Registrierung der am 20.12.2009 geschlossenen Ehe im ägyptischen Personenstandsregister bescheinigt.
2
Die Antragstellerin hat mit Schreiben ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 02.10.2019 die Scheidung ihrer Ehe beantragt.
3
Der Antragsgegner widerspricht der Scheidung.
4
Der Scheidungsantrag wurde dem Antragsgegner über seinen Verfahrensbevollmächtigten am 12.06.2021 zugestellt.
5
Die Antragstellerin hat die syrische und die ägyptische Staatsangehörigkeit. Der Antragsgegner hat die ägyptische Staatsangehörigkeit. Beide Ehegatten haben den muslimischen Glauben.
6
Die Ehegatten haben für den Fall der Scheidung keine Rechtswahl getroffen.
7
Die Beteiligten sind die Eltern der Kinder …, geboren am …, geboren am …, und …, geboren am ….
8
Die Ehegatten leben seit Oktober 2018 getrennt. Die Mutter lebt mit den Kindern seit Oktober 2018 gegen den Willen des Vaters in Deutschland. Sie ist nach einem gemeinsamen Urlaub mit dem Antragsgegner und den gemeinsamen Kindern nicht wie vereinbart nach Ägypten zurückgekehrt. Sie hat für sich und die Kinder in Deutschland Asylantrag gestellt, der vom Bundesamt für Migration und Flüchtlingen abgelehnt wurde. Die Mutter hat gegen die ablehnenden Bescheide des Bundesamtes für Asyl und Flüchtlinge im eigenen Namen und im Namen der Kinder Klage vor dem Verwaltungsgericht Regensburg erhoben. Das verwaltungsgerichtliche Verfahren, das die Kinder betrifft, wird beim Verwaltungsgericht Regensburg unter dem Aktenzeichen RO 1 K 19.30288 geführt. Weder über die Klage der Mutter noch über die der Kinder ist bisher entschieden.
9
Die Antragstellerin trägt vor, die Ehe sei gescheitert. Sie beantragt, die Ehe der Beteiligten nach deutschem Recht zu scheiden.
10
Der Antragsgegner stimmt der Scheidung nicht zu. Er ist der Ansicht, dass auf die Scheidung ägyptisches Recht anwendbar ist.
11
Das Gericht hat mit Beweisbeschluss vom 19.04.21 ein Gutachten in Auftrag gegeben zu der Frage, unter welchen rechtlichen Voraussetzungen eine Ehe nach ägyptischem Recht zu scheiden ist. Das Gutachten wurde am 28.04.2021 von … vom Institut für Internationales Recht der Universität M. erstattet. Der Sachverständige stellt in Frage, inwiefern auf den vorliegenden Fall überhaupt ägyptisches Recht anwendbar ist. Er arbeitet in seinem Gutachten heraus, dass sich der Ehemann nach dem aktuell anwendbaren ägyptischen Recht allein unter Wahrung formeller Anforderungen außergerichtlich und einseitig durch Verstoßung (talaq) von der Ehe lösen könne. Scheidungsgründe müsse er nicht darlegen.
12
Dagegen bedürfe die Ehefrau nach ägyptischem Recht zur Scheidung der Mitwirkung des Ehemannes oder eines Gerichtes und müsse überdies noch das Vorliegen von Scheidungsgründen darlegen. So könne die Ehefrau sich mittels eines Vertrages vom Ehemann lösen (Selbstloskauf, khul’), was aber voraussetze, dass der Ehemann der Scheidung zustimmt. Komme es nicht zu einer Einigung zwischen den Ehegatten, so habe die Ehefrau die Möglichkeit, sich gegen den Willen des Mannes durch gerichtliche Ehescheidung scheiden zu lassen, wobei ein Versöhnungsversuch durchgeführt werden muss und die Frau die Brautgabe zurückerstatten und auf alle finanziellen Ansprüche verzichten muss. Schließlich könne die Ehefrau sich noch bei Vorliegen bestimmter Gründe auf ihre Klage hin gerichtlich scheiden lassen, so, wenn der Ehemann ihr beispielsweise den Unterhalt verweigere oder einer Erkrankung des Ehemannes, die nach der Eheschließung entstanden ist und sie schädige oder für den Fall eines ehelichen Zerwürfnisses und eines daraus für sie resultierenden Schadens.
13
Der Gutachter vertritt die Ansicht, dass das ägyptische Recht den Ehegatten keinen gleichen Zugang zur Scheidung gewähre. Daher sei nach Art. 10 der Verordnung (EU) Nr. 1259/2010 des Rates vom 20. Dezember 2010 zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich des auf die Ehescheidung und Trennung ohne Auflösung des Ehebandes anzuwendenden Rechts anwendbar, der für diesen Fall vorschreibe, dass dann das angerufene Gericht sein Recht, hier also deutsches Recht anwende. Der Gutachter argumentiert ausführlich und unter Bezugnahme auf die Argumentation des Generalanwalts am Gerichtshof der Europäischen Union, dass Art. 10 der Verordnung (EU) Nr. 1259/2010 des Rates vom 20. Dezember 2010 zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich des auf die Ehescheidung und Trennung ohne Auflösung des Ehebandes anzuwendenden Rechts nur eine rein abstrakte Kontrolle des ausländischen Rechts vorsehe. Es sei zur Anwendbarkeit dieser Norm im Gegensatz zu Art. 12 der Verordnung (EU) Nr. 1259/2010 des Rates vom 20. Dezember 2010 zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich des auf die Ehescheidung und Trennung ohne Auflösung des Ehebandes anzuwendenden Rechts gerade nicht erforderlich, dass die Anwendung des ausländischen Rechts im konkreten Einzelfall zu einer tatsächlichen Benachteiligung der Ehefrau führe.
14
Da somit über Art. 10 der Verordnung (EU) Nr. 1259/2010 des Rates vom 20. Dezember 2010 zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich des auf die Ehescheidung und Trennung ohne Auflösung des Ehebandes anzuwendenden Rechts im vorliegenden Fall deutsches Recht anwendbar sei, komme es auf die Frage, ob eventuell über Art. 8 lit. d) d er Verordnung (EU) Nr. 1259/2010 des Rates vom 20. Dezember 2010 zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich des auf die Ehescheidung und Trennung ohne Auflösung des Ehebandes anzuwendenden Rechts schon das Recht des angerufenen Gerichts anwendbar sein könnte, weil sich das auf die Ehefrau anwendbare Recht nicht aus ihrer (effektiven) Staatsangehörigkeit, sondern über §§ 2, 3, 4, 6 AsylG i.V.m. Art. 12 GFK über das Recht ihres gewöhnlichen Aufenthalts, also über deutsches Recht, bestimme, nicht an.
15
Wegen der näheren Einzelheiten wird auf das Gutachten des Sachverständigen vom 28.04.21 Bezug genommen.
16
Der Antragsgegner bestreitet die vom Sachverständigen vorgenommene Darlegung des Inhalts des ägyptischen Rechts an sich nicht, meint aber, die Darstellung sei unvollständig. Das Gutachten sei daher nicht verwertbar. Sein Verfahrensbevollmächtigter vertritt die Ansicht, dass eine rein abstrakte Prüfung des ausländischen Rechts über Art. 10 der Verordnung (EU) Nr. 1259/2010 des Rates vom 20. Dezember 2010 zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich des auf die Ehescheidung und Trennung ohne Auflösung des Ehebandes anzuwendenden Rechts schon deshalb fehl am Platze sei, weil sich die Antragstellerin ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland „erschlichen und ertrotzt“ habe. Es sei im übrigen keine Diskriminierung, wenn sich ein anderer Staat je nach Rollenverteilung das Recht vorbehalte, einen unterschiedlichen Zugang der Geschlechter zur Scheidung zu schaffen. Es sei zusätzlich zu berücksichtigen, dass sich die Ehefrau nach ägyptischem Recht im Ehevertrag das Recht vorbehalten könne, sich durch einfache Erklärung gegenüber einem Imam scheiden zu lassen.
17
In der mündlichen Verhandlung vom 07.09.2021 erläuterte der Antragsgegner, dass für den Fall, dass sich die Ehegatten nicht auf den von der Frau gewünschten Vorbehalt der Ehescheidung im Ehevertrag einigen können, eine Heirat nicht stattfinden kann.
18
Im Übrigen wird auf den Akteninhalt, insbesondere auf das weitere schriftliche Beteiligtenvorbringen und die Feststellungen zu gerichtlichem Protokoll, verwiesen.
II.
19
1. Der Scheidungsantrag ist zulässig.
20
Das Amtsgericht Regensburg ist international und örtlich zuständig (§ 97 Abs. 1 FamFG, Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000; § 122 FamFG). Die Antragstellerin lebt mit den gemeinsamen minderjährigen Kindern nunmehr seit Oktober 2018 in Deutschland. Die Kinder gehen hier zur Schule. Die Antragstellerin beabsichtigte von Anfang an, in Deutschland ihren Lebensmittelpunkt zu schaffen. Damit hat die Antragstellerin seit mehr als einem Jahr ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland.
21
2. Der Scheidungsantrag ist auch begründet.
a) Auf die Scheidung anwendbares Recht
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Das auf die Ehescheidung anzuwendende Recht bestimmt sich nach der Verordnung (EU) Nr. 1259/2010 des Rates vom 20. Dezember 2010 zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich des auf die Ehescheidung und Trennung ohne Auflösung des Ehebandes anzuwendenden Rechts, weil dieses Verfahren nach dem 20.06.2012 im Sinne der Anhängigkeit der Hauptsache bei Gericht eingeleitet worden ist (Artikel 1, 4, 18 der Verordnung (EU) Nr. 1259/2010).
23
Die Ehescheidung richtet sich nach deutschem Recht.
24
a) Die Ehegatten haben keine Rechtswahl nach Artikel 5 bis 7 der Verordnung (EU) Nr. 1259/2010 getroffen, aus der sich das anwendbare Recht vorrangig ergeben würde.
25
b) Da die Antragstellerin seit ihrer Heirat in Ägypten wohnte und dort ihren Lebensmittelpunkt hatte, wäre an sich aufgrund der gemeinsamen (effektiven) ägyptischen Staatsangehörigkeit der Ehegatten gemäß Artikel 8 lit. c) der Verordnung (EU) Nr. 1259/2010 auf die Scheidung ägyptisches Recht anwendbar.
26
Jedoch gewährt das anzuwendende ägyptische Recht der Ehefrau aufgrund der Geschlechtszugehörigkeit keinen gleichberechtigten Zugang zur Ehescheidung, wodurch das Recht des Staates des angerufenen deutschen Gerichts, somit deutsches Recht, anzuwenden ist (Artikel 10 der Verordnung (EU) Nr. 1259/2010 des Rates vom 20. Dezember 2010 zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich des auf die Ehescheidung und Trennung ohne Auflösung des Ehebandes anzuwendenden Rechts).
27
Das Gericht schließt sich den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen … zum Inhalt des ägyptischen Rechts an.
28
Der Inhalt des äyptischen Scheidungsrechts konnte vom Gericht auch aus den Unterlagen, die von der ägyptischen Botschaft übersandt und vom Antragsgegner übersetzt wurden, nachvollzogen werden. Demnach steht fest, dass das ägyptische Recht (ägyptische Gesetzesverordnung Nr. 25/1929, Art. 1 ff) dem Ehemann erlaubt, sich allein unter Wahrung formeller Anforderungen außergerichtlich und einseitig durch Verstoßung (talaq) von der Ehe lösen könne. Scheidungsgründe muss er nicht darlegen. Dagegen braucht die Ehefrau nach ägyptischem Recht zur Scheidung durch Selbstloskauf die der Zustimmung des Ehemannes oder sie muss sich unter Darlegung von Scheidungsgründen oder unter Verzicht auf finanzielle Ansprüche durch ein Gericht scheiden lassen.
29
Es kann kein Zweifel bestehen, dass dies auf dem Geschlecht beruhende unterschiedliche Zugangsmöglichkeiten zur Scheidung sind. Natürlich steht es dem ägyptischen Staat frei, sein Scheidungsrecht so zu regeln. Ebenso frei steht es aber auch der Europäischen Union zu regeln, dass ein derartig diskriminierendes Recht in der Europäischen Union nicht zur Anwendung kommt. Die Anwendung eines solchen Rechts soll mit Art. 10 der Verordnung (EU) Nr. 1259/2010 verhindert werden.
30
Etwas anderes folgt auch nicht aus der Möglichkeit, dass sich die Ehefrau im Ehevertrag das Recht vorbehalten könnte, sich (durch Erklärung gegenüber einem Imam) scheiden zu lassen. Für diese Möglichkeit benötigt die Ehefrau (schon zu Beginn der Ehe) die Zustimmung ihres Mannes, weil die Erklärung in den Ehevertrag aufgenommen werden muss. Auch dies stellt eine Hürde für die Möglichkeit der Ehescheidung durch die Frau dar, die der Mann nicht hat. Der Antragsgegner hat in der mündlichen Verhandlung vom 07.09.21 selbst angegeben, dass für den Fall, dass sich die Verlobten über dieses Recht der Ehefrau nicht einigen können, eine Ehe nicht stattfinden kann.
31
Zwar ist diese Möglichkeit der Ehescheidung im Gutachten des … nicht explizit erwähnt. Im Gutachten werden auch die vermögensrechtlichen Folgen einer Scheidung nicht vollumfänglich dargestellt. Das macht das Gutachten aber nicht unverwertbar. Die Rechtslage wird ausführlich genug dargestellt, damit das Gericht nachvollziehen kann, dass die Frau im ägyptischen Scheidungsverfahren schlechter gestellt ist als der Mann.
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Das Gericht schließt sich auch der überzeugenden Argumentation des Sachverständigen … an, dass Art. 10 der Verordnung (EU) Nr. 1259/2010 auf eine rein abstrakte Normenkontrolle abstellt. Dies folgt schon aus dem Wortlaut des Art. 12 der Verordnung (EU) Nr. 1259/2010, der überflüssig wäre, wenn schon die Folge des Art. 10 der Verordnung (EU) Nr. 1259/2010 von der Anwendung im Einzelfall abhängig wäre. Außerdem lässt sich dieses Ergebnis auch aus den Erwägungsgründen 24 und 25 der Verordnung (EU) Nr. 1259/2010 ableiten, die ebenfalls unverständlich wären, wenn sowohl Art. 10 als auch Art. 12 der Verordnung (EU) Nr. 1259/2010 eine konkrete Normenkontrolle vorsehen würden.
33
Ob sich die Antragstellerin den gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland „erschlichen und ertrotzt“ hat, ist nach dem klaren Wortlaut und der Systematik der Verordnung (EU) Nr. 1259/2010 unerheblich.
34
Damit ist nach Art. 10 der Verordnung (EU) Nr. 1259/2010 auf die Scheidung im vorliegenden Fall deutsches Recht anwendbar.
35
Auf die weitere Frage, ob sich die Anwendbarkeit deutschen Rechts über Art. 8 lit. d) der Verordnung (EU) Nr. 1259/2010 ergeben würde, weil bei der Antragstellerin über §§ 2, 3, 4, 6 AsylG i.V.m. Art. 12 GFK nicht das Recht der Staatsangehörigkeit sondern das Recht ihres gewöhnlichen Aufenthalts anwendbar wäre, kommt es für die Scheidung nicht an.
b) Vorliegen der Scheidungsvoraussetzungen nach deutschem Recht
36
Der Scheidungsantrag ist nach dem anwendbaren deutschen Recht begründet, weil die Ehe der Ehegatten gescheitert ist (§§ 1564 Satz 1 und 3, 1565 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB).
37
Das Familiengericht ist aufgrund des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung davon überzeugt, dass die Ehegatten seit Oktober 2018 im Sinne von § 1567 BGB voneinander getrennt leben.
38
Die eheliche Lebensgemeinschaft der Ehegatten besteht somit seit mindestens einem Jahr nicht mehr.
39
Die Antragstellerin hat glaubhaft bekundet, dass sie an der Ehe nicht mehr festhalten will. Es gab mit Ausnahme von Kontakten wegen der gemeinsamen Kinder seit Oktober 2018 keinerlei Gemeinsamkeiten zwischen den Ehegatten. Es kann zur Überzeugung des Gerichts nicht erwartet werden, dass die Ehegatten die Lebensgemeinschaft wiederherstellen (§ 1565 Abs. 1 Satz 2 BGB).
B. Versorgungsausgleich
40
Ein Versorgungsausgleich ist weder von Amts wegen durchzuführen, noch wurde ein Antrag auf Durchführung des Versorgungsausgleichs durch einen der Beteiligten gestellt.
41
I) Der Versorgungsausgleich ist nicht von Amts wegen durchzuführen.
42
Nach Art. 17 Abs. 4 EGBGB unterliegt der Versorgungsausgleich grundsätzlich dem Recht, das nach der Verordnung (EU) Nr. 1259/2010 auf die Scheidung anzuwenden ist. Er ist nur dann (von Amts wegen) durchzuführen, wenn auf die Scheidung deutsches Recht anwendbar ist und ihn das Recht eines der Staaten kennt, dem die Ehegatten zum Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags angehören.
43
Wie oben ausgeführt ist auf die Scheidung hier deutsches Recht anzuwenden.
44
Zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags (12.06.21) war die Antragstellerin ägyptische und syrische Staatsangehörige und der Antragsgegner war ägyptischer Staatsangehöriger. Kein Recht dieser Staaten kennt den Versorgungsausgleich.
45
Am Tag der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags, 12.6.21 war die Antragstellerin auch noch nicht als Asylberechtigte in Deutschland anerkannt, so dass sich für sie das anwendbare Recht auch nicht bindend gemäß §§ 2, 6 AsylG i.V.m. Art. 12 GFK nach dem Recht des gewöhnlichen Aufenthalts, also nach deutschem Recht bestimmen würde.
46
Desweiteren ist die Antragstellerin nach Überzeugung des Gerichts nicht deshalb nach deutschem Recht zu behandeln, weil sie als Flüchtling gemäß § 3 AsylG i.V.m. Art. 12 GFK dem Recht des gewöhnlichen Aufenthalts unterliegen würde. „Flüchtling“ ist nach § 3 AsylG derjenige, der aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe sich außerhalb seines Landes befindet. Die Antragstellerin befindet sich in Deutschland, weil sie die Ehe mit dem Antragsgegner beenden und nicht mehr zu ihm nach Ägypten zurückkehren wollte. Damit dominieren persönliche Gründe ihren Wegzug von Ägypten und nicht Angst vor Verfolgung aus den in § 3 AsylG genannten Gründen.
47
Die Frage, ob Art. 12 GFK auch für subsidiär Schutzberechtigte i.S. des § 4 AsylG Anwendung findet, kann dahingestellt bleiben, da die Antragstellerin nach Überzeugung des Gerichts nicht subsidiär schutzberechtigt i.S.d. § 4 AsylG ist. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass ihr in ihrem letzten Herkunftsland Ägypten ein ernsthafter Schaden im Sinne der Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, der Folter oder unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts droht.
48
Da die Antragstellerin damit nicht als deutsche Staatsangehörige zu behandeln ist und sowohl das ägyptische als auch das syrische Recht den Versorgungsausgleich nicht kennen, ist der Versorgungsausgleich nicht von Amts wegen durchzuführen.
49
b) Im übrigen ist der Versorgungsausgleich gemäß § 17 Abs. 4 S. 2 EGBGB nur auf Antrag durchzuführen, wenn einer der Ehegatten im Inland Versorgungsanwartschaften erworben hat und die Durchführung des Versorgungsausgleichs der Billigkeit nicht widerspricht. Ein Antrag auf Durchführung des Versorgungsausgleichs wurde von keinem Beteiligten gestellt.
C. Elterliche Sorge
I)
50
Den Eltern stand ursprünglich nach ägyptischen Recht die gemeinsame elterliche Sorge für die Kinder zu.
51
Nachdem die Mutter mit den Kindern im Oktober 2018 entgegen ihrer Absprache mit dem Vater in Deutschland verbleiben und hier Asylantrag gestellt hatte, haben die Eltern vor dem Familiengericht Regensburg mehrere Umgangs- und Sorgerechtsverfahren geführt.
52
Der Vater strebte durchgängig an, die Kinder wieder nach Ägypten zurückzuführen. Die Mutter wollte seit Oktober 2018 mit den Kindern in Deutschland bleiben.
53
Im Sorgerechtsstreit hat das Oberlandesgericht Nürnberg letztinstanzlich mit Beschluss vom 15.10.2020, Aktenzeichen 10 UF 651/20, in Abänderung des Beschlusses des Familiengerichts Regensburg vom 09.07.2020, Aktenzeichen 201 F 2404/19, entschieden, dass der Mutter in Abänderung eines in Ägypten ergangenen Sorgerechtsurteils vom 29.01.2020, das Aufenthaltsbestimmungsrecht, das Recht zur Gesundheitsfürsorge, das Recht zur Regelung der schulischen Angelegenheiten und das Recht zur Beantragung von Sozialleistungen für die Kinder … und … übertragen wird. Im übrigen hat das OLG Nürnberg entschieden, dass den Eltern das gemeinsame Sorgerecht zusteht.
54
Gleichzeitig hat das Oberlandesgericht Nürnberg im Beschluss vom 15.10.20 der Mutter untersagt, die Kinder ohne Zustimmung des Vaters in ein Gebiet außerhalb der Bundesrepublik Deutschland zu bringen.
55
Diese Entscheidung des Oberlandesgerichts ist bis heute nicht abgeändert.
56
Hintergrund der Entscheidung des Oberlandesgerichts Nürnberg war in erster Linie, dass der Vater nach Erlass des Beschlusses des Familiengerichts Regensburg vom 09.07.2020 im Verfahren 201 F 2404/19, die Kinder nach dem Umgang am 12.07.2020 nicht zur Mutter zurückgebracht hat. Die Kinder wurden mit dem Vater am 17.07.2020 von der Grenzpolizei am Flughafen in Frankfurt aufgegriffen. Der Vater wollte mit den Kindern ohne Rücksprache mit der Mutter und Vorbereitung der Kinder nach Ägypten ausreisen, wobei er den Kindern erzählte, er fahren mit ihnen nach Sharm el Sheikh in „die Nähe von Regensburg“. Die Kinder reagierten auf diese Trennung von der Mutter nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts erheblich verunsichert und belastet. Das Oberlandesgericht sah das Wohl der Kinder angesichts ihrer Bindungen an die Mutter, ihrer hier bereits beginnenden Integration und letztlich durch das Verhalten des Vaters als gefährdet an und änderte die in Ägypten ergangene Sorgerechtsentscheidung, die das der Mutter zustehende Sorgerecht auf eine Schwester des Kindsvaters übertrage hatte, ab.
57
Der Umgang des Vaters mit den Kindern wurde vom Familiengericht Regensburg zuletzt im Verfahren 201 F 2234/20 mit Beschluss vom 14.12.2020 geregelt. Zwischenzeitlich übernachten die Kinder auch schon beim Vater, wenn dieser in Deutschland ist.
58
Der Antragsgegner beantragt mit Schreiben seines Verfahrensbevoilmächtigten vom 08.06.21 im Scheidungsverbund,
ihm die elterliche Sorge für alle drei Kinder zu übertragen, hilfsweise das Aufenthaltsbestimmungsrecht.
59
Die Antragstellerin beantragt,
den Antrag abzuweisen.
60
Der Antragsgegner ist der Ansicht, dass der Beschluss des OLG Nürnberg vom 15.10.20 nach Eintritt der Scheidung nicht mehr Bestand haben könne. Es bestehe keine Gefahr mehr für das Kindeswohl bestehe. Die von der Mutter ertrotzte Kontinuität könne nicht als triftige das Wohl der Kinder nachhaltig berührende Gründe angesehen werden. Der Antragsgegner wolle die Kinder nach Ägypten in das Heimatland der Kinder zurückbringen. Mit der Scheidung sei eine Änderung der Betreuungsituation möglich. Der Verlust der Wurzeln sei für die Kinder schädlicher als der Verlust der Mutter. Von entscheidender Bedeutung sei, dass die Mutter den Kindern einen Ferienumgang in Ägypten verbiete. Er dagegen würde die Kinder zur Mutter nach Deutschland bringen, wenn sich diese entscheide in Deutschland zu bleiben. Der Kindeswille sei von den Verteufelungen der Heimat durch die Mutter beeinflusst und nicht beachtlich.
61
Wegen der näheren Einzelheiten der Argumentation des Antragsgegners wird auf den Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 08.06.21 und die Ausführungen in der mündlichen Verhandlung vom 13.07.21 und 07.09.21 Bezug genommen. In der mündlichen Verhandlung vom 13.07.21 erklärte der Verfahrensbevollmächtigie des Antragsgegners, dass der Antrag für den Fall der Ablehnung des Asylverfahrens gestellt worden sei.
62
Die Antragstellerin verweist dagegen darauf, dass die Voraussetzung der Abänderung der Entscheidung des OLG Nürnberg nach § 1696 BGB nicht vorlägen. Die Verhältnisse der Kinder hätten sich gerade nicht so geändert, dass sie nun ihren Aufenthalt beim Vater haben müssten. Die Kinder hätten sich weiter in Deutschland integriert, gingen alle 3 in die Schule, hätten im privaten Bereich Freundschaften geschlossen und sprächen alle gut deutsch. Der Wille der Kinder sei nicht beeinflusst. Ihr Wille, bei der Mutter bleiben zu wollen, sei ernst zu nehmen. Der Antragsgegner stelle die Antragstellerin ständig als „schlechte Frau“ dar, ihm fehle die Empathie für die Kinder und die Bindungstoleranz.
63
Wegen der näheren Einzelheiten der Argumentation der Antragstellerin wird auf den Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 17.06.21 und die Ausführungen in der mündlichen Verhandlung vom 13.07.21 Bezug genommen.
64
Das Jugendamt stellte im Bericht vom 17.06.21 fest, dass die Scheidung nichts an der Betreuungssituation der Kinder ändere. Die Ansicht des Vaters, eine Entwurzelung der Kinder sei für diese schädlicher als eine Trennung von der Mutter, entspreche nicht der Bedürfnislage der Kinder. Es bestehe keine Notwendigkeit, an der Sorgerechtslage etwas zu ändern. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf den Bericht vom 17.06.21 Bezug genommen.
65
Die Beteiligten haben zuletzt vor dem Familiengericht Regensburg ein Verfahren zur Klärung der Frage geführt, wer die Kinder im noch laufenden Asylverfahren vor dem Verwaltungsgericht Regensburg vertritt. Das Verfahren wurde unter dem Aktenzeichen 201 F 617/21 geführt. Beide Eltern beanspruchten das Recht auf Vertretung der Kinder im Asylverfahren. Das Verfahren wurde von den Eltern auf den Hinweis des Verwaltungsgerichts auf den Vorrang einer familiengerichtlichen Regelung bezüglich des Rechts auf Vertretung der Kinder im verwaltungsgerichtilchen Verfahren eingeleitet.
66
Das Gericht hat in diesem Verfahren einen Verfahrensbeistand bestellt und die Kinder am 09.06.21 angehört.
67
Der in diesem Verfahren bestellte Verfahrensbeistand teilte mit Bericht vom 20.04.21 mit, dass … bei den Gesprächen keinen Dolmetscher mehr benötige und … und … nur noch ab und zu. Die Kinder hätten (erneut) berichtet, dass der Vater ihnen bezüglich ihrer Aussagen vor Gericht Vorhaltungen mache. Für die Kinder seien diese „ernsten Worte“ des Vaters belastend. Die Kinder hätten sich dafür ausgesprochen, dass die Mutter für sie entscheiden solle, wobei v.a. … auch verstanden habe, um was es im Verfahren geht. … habe deutlich gemacht, dass er in Deutschland bei seiner Mutter bleiben wolle. Mit Bericht vom 28.04.21 erklärte der Verfahrensbeistand nach dem Gespräch mit beiden Eltern, dass der Antrag des Kindsvaters dem geäußerten Kindeswillen widerspreche. Die Kinder fürchteten weiter, von der Mutter getrennt zu werden, wenn der Vater etwas entscheide. Wegen der Einzelheiten wird auf die Berichte des Verfahrensbeisands vom 20.04.21 und 28.04.21 aus dem Verfahren 201 F 617/21 Bezug genommen.
68
Das Gericht hat die Kinder im Verfahren 201 F 617/21 am 09.06.21 angehört. Alle Kinder erklärten, dass sie in Deutschland bleiben wollen und die Mama das entscheiden solle. Die Kinder gaben an, schon Freunde gefunden zu haben. Bei der Anhörung war festzustellen, dass … und … inzwischen sehr gut deutsch sprechen und auch bei … relativ gute Deutschkenntnisse vorhanden sind. Wegen der Einzelheiten wird auf den Vermerk der Anhörung vom 09.06.21 aus dem Verfahren 201 F 617/21 Bezug genommen.
69
Das Gericht hat im Verfahren 201 F 617/21 mit Beschluss vom 11.06.2021 die wechselseitigen Anträge der Eltern auf Übertragung des Rechts zur Vertretung der Kinder im Asylverfahren zurückgewiesen. Es wurde festgestellt, dass die Entscheidung des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 15.10.2020, 10 UF 651/20, keiner Abänderung bedarf und aufrechtzuerhalten ist. Außerdem wurde festgestellt, dass der Mutter … gemäß der Entscheidung des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 15.10.2020, 10 UF 651/20, das Aufenthaltsbestimmungsrecht, das Recht zur Gesundheitsfürsorge, das Recht zur Regelung der schulischen Angelegenheiten und das Recht zur Beantragung von Sozialleistungen für die Kinder …, geboren am … geboren am … und …, geboren am …, zusteht und sie somit die Befugnis hat, die genannten Kinder auch im Asylverfahren vor dem Verwaltungsgericht Regensburg mit dem Aktenzeichen RO 1 K 19.30288, zu vertreten.
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Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluss vom 11.6.21 aus dem Verfahren 201 F 617/21 Bezug genommen. Die Entscheidung ist bestandskräftig. Es wurde keine Beschwerde eingelegt.
II)
71
Der Antrag des Antragsgegners in der Folgesache elterliche Sorge auf Übertragung des Sorgerechts, hilfsweise des Aufenthaltsbestimmungsrechts für die Kinder …, geb. am …, geb. am … und …, geb. am …, war zurückgewiesen.
72
Durch die Entscheidung des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 15.10.2020, Az. 10 UF 651/20, wurde der Mutter … gemäß § 1671 BGB das Aufenthaltsbestimmungsrecht, das Recht zur Gesundheitsfürsorge, das Recht zur Regelung der schulischen Angelegenheiten und das Recht zur Beantragung von Sozialleistungen für die Kinder … und …, übertragen.
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Eine Abänderung dieser Sorgerechtsentscheidung, die nach § 1696 BGB nur aus triftigen, das Kindeswohl nachhaltig berührenden Gründen, möglich wäre, ist weiter nicht veranlasst.
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Derartige Gründe liegen weiter offensichtlich nicht vor. Die Kinder wollen gemäß ihren Angaben gegenüber dem Verfahrensbeistand und dem Gericht im Verfahren 201 F 617/21 weiter bei ihrer Mutter in Deutschland leben. Sie haben sich seit Erlass der Entscheidung des Oberlandesgerichts weiter in Deutschland integriert, sie haben Freunde gefunden und sprechen mittlerweile alle drei recht gut deutsch. Dass der Wille der Kinder anfangs durch die Mutter beeinflusst wurde, ist nicht ausgeschlossen. Allerdings ist zu sehen, dass das Leben in Deutschland bei der Mutter als Hauptbezugsperson für die Kinder seit nunmehr 2 1/2 Jahren Realität ist. Die Kinder gehen hier zur Schule und haben aufgrund ihres Alters eine eigene Vorstellung vom Leben in Deutschland entwickelt. Ihr Wille ist ernst zu nehmen.
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Der Vater verfolgt gemäß seinen eigenen Angaben weiter das Ziel, die Kinder zurück nach Ägypten zu führen, er missbilligt weiter das Verhalten seiner Frau und möchte die Kinder von der Mutter trennen. Dass er dies ohne Rücksicht auf die Gefühle der Kinder und ohne ihnen die Angelegenheit ehrlich zu erklären und sie auf die Trennung von der Mutter vorzubereiten, durchsetzt, hat er im Juli 2020 bewiesen.
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Vor diesem Hintergrund liegen keinerlei Gründe dafür vor, warum es jetzt dem Wohl der Kinder besser entsprechen würde, das Aufenthaltsbestimmungsrecht oder die übrigen vom Oberlandesgericht auf die Mutter übertragenen Rechte der elterlichen Sorge auf den Vater zu übertragen. Die Frage, welchen Einfluss das Asylverfahren auf das Wohl der Kinder haben kann, wurde bereits im Ausgangsverfahren erörtert und war damit auch Teil der Entscheidung des OLG Nürnberg vom 15.10.2020.
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Das Gericht kann die Frage, ob triftige, das Kindeswohl nachhaltig berührende Gründe für eine Abänderung der Entscheidung des OLG Nürnberg vom 15.10.2020 vorliegen, selbst beurteilen. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens ist auch in diesem Verfahren nicht veranlasst.
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Von der Bestellung eines Verfahrensbeistands und einer erneuten Kindesanhörung hat das Gericht abgesehen, da das Verfahren 201 F 617/21 erst mit Beschluss vom 11.06.21 endete und dort ein Verfahrensbeistand bestellt und die Kinder angehört wurden. Anhaltspunkte dafür, dass sich der Wille der Kinder zwischenzeitlich geändert haben sollte, bestehen in keinster Weise.
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Das Gericht schließt sich der Einschätzung des Jugendamtes in vollem Umfang an.
4. Kosten und Nebenentscheidungen
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 150 Abs. 1 FamFG. Soweit es die Ehesache betrifft, entspricht die Kostenaufhebung der Billigkeit. Bezüglich der Folgesache elterliche Sorge ist die Kostenaufhebung unbillig, da der Antrag offensichtlich erfolglos ist. Hier musste der Antragsgegner die Kosten tragen.