Inhalt

OLG München, Endurteil v. 13.04.2021 – 9 U 2715/20 Bau
Titel:

Leistungen, Berufung, Abtretung, Schadensersatz, Arbeitszeit, Beweislast, Mietausfallschaden, Leistungserbringung, Pflichtverletzung, Planung, Planungsfehler, Anlage, Haftung, Abnahme, Kosten des Rechtsstreits, wichtiger Grund, Zug um Zug

Schlagworte:
Leistungen, Berufung, Abtretung, Schadensersatz, Arbeitszeit, Beweislast, Mietausfallschaden, Leistungserbringung, Pflichtverletzung, Planung, Planungsfehler, Anlage, Haftung, Abnahme, Kosten des Rechtsstreits, wichtiger Grund, Zug um Zug
Vorinstanz:
LG München I, Endurteil vom 31.03.2020 – 11 O 15555/18
Fundstelle:
BeckRS 2021, 54496

Tenor

1. Auf die Berufungen der Klägerin und des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts München I vom 31.03.2020, Az. 11 O 15555/18, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin 213.064,70 € zu bezahlen zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 30.11.2018.
2. Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin einen weiteren Betrag in Höhe von 178.500,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 30.11.2018 zu bezahlen Zug um Zug gegen Abtretung etwaiger Rückzahlungsansprüche der Klägerin gegen die Firma TM A. GmbH wegen erfolgter Zahlung an diese in gleicher Höhe wegen Bauzeitverlängerung.
3. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtlichen weiteren Schaden zu ersetzen, der der Klägerin aus Anlass und im Zusammenhang mit der vom Beklagten verursachten Verzögerung der Fertigstellung des Um- und Erweiterungsbaus der …klinik H. in der N. Str. 43 in M. über den 20.06.2016 hinaus entstanden ist und noch entstehen wird dadurch, dass die Planung, die der Beklagte übergab, nicht ausführungsreif war.
4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
5. Von den Kosten des Rechtsstreits der ersten Instanz tragen die Klägerin 1/3 und der Beklagte 2/3. Von den außergerichtlichen Kosten der Streithelfer des Beklagten trägt die Klägerin 1/3; von den außergerichtlichen Kosten der Streithelfer der Klägerin trägt der Beklagte 2/3. Im Übrigen tragen die Streithelfer ihre Kosten selbst.
2. Im Übrigen werden die Berufungen der Klägerin und des Beklagten zurückgewiesen.
3. Von den Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin 10% und der Beklagte 90% zu tragen. Von den außergerichtlichen Kosten der Streithelfer der Klägerin hat der Beklagte 90% zu tragen. Die Klägerin trägt von den außergerichtlichen Kosten der Streithelfer des Beklagten 10%. Im Übrigen tragen die Streithelfer ihre Kosten selbst.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin und ihrer Streithelfer durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin oder ihre Streithelfer vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe geleistet haben. Die Klägerin kann ihrerseits die Vollstreckung des Beklagten und seiner Streithelfer durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte oder seine Streithelfer vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe geleistet haben.
5. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 450.755,15 € festgesetzt.

Entscheidungsgründe

I.
1
Die Klägerin beauftragte den Beklagten durch Ingenieurvertrag vom 07.12.2011 (Anlage K 1) mit Planung und Bauüberwachung der technischen Gebäudeausrüstung ohne Elektrotechnik. Den Auftrag gab der Beklagte vollständig an seine Subplanerin, die Ingenieurbüro P. GmbH weiter. Diese ist als Streithelferin des Beklagten dem Rechtsstreit beigetreten (künftig: Streithelferin P.).
2
Die Streithelferin P. begann im Jahr 2012 mit ihren Leistungen und ab Mitte 2014 mit der Ausführungsplanung. Im Mai 2015 übergab der Beklagte der Klägerin die Ausführungspläne. Bis Anfang Dezember schritt der Bau planmäßig voran, dann häuften sich die Behinderungsanzeigen der mit den Haustechnikgewerken beauftragten Firmen. Bei einer Besprechung vom 27.01.2016 besprachen der Beklagte und Herr P. die „Planung / Planungsfortschreibung bis 03.02.2016“ (Anlage K 7). Durch E-Mail vom 23.02.2016 (Anlage K 10) teilte der Beklagte dem Stiftungsvorsitzenden R. der Klägerin seine Bemühungen mit, dem Subplaner P. die „Ernsthaftigkeit und Dramatik der Situation“ und die Dringlichkeit einer Abhilfe klar zu machen und teilte abschließend mit: „Ich sehe mich im Moment außerstande unter diesen Umständen kurzfristig eine Lösung der Probleme bei laufendem Baubetrieb herbeizuführen bzw. eine ordentliche und zielführende Bauablaufsteuerung zu garantieren.“ Von Januar bis April 2016 plante der Subplaner P. umfangreich um, von Februar bis September 2016 kam es zu Rückbauten von Anlagenkomponenten und Leitungen. Durch Anwaltsschreiben vom 15.06.2016 ließ der Beklagte der Klägerin mitteilen, dass er „de facto nicht mehr weiter“ wisse (Anlage K 16). Nach dem Entdecken weiterer Planungsdefizite mit der Konsequenz der nachträglichen Öffnung von Decken und Wänden sowie von Kernbohrungen kündigte die Klägerin durch Anwaltsschreiben vom 23.06.2016 den Ingenieurvertrag aus wichtigem Grund mit Wirkung zum 09.07.2016 (Anlage K 17) und beauftragte sodann neue Fachplaner.
3
Die Klägerin lastet dem Beklagten eine Bauverzögerung von 9 Monaten an. Mit der vorliegenden Klage begehrt sie Ersatz für Mietausfall (182.626,60 €), zusätzliche Vergütung des Stiftungsvorstands (84.738 €), Mehrbeträge an Baufirmen für die verlängerte Bauzeit (229.153,45 €) und Rück- und Umbaukosten (100.610,10 €), zusammen 597.128,15 €.
4
Der Beklagte sieht Planungsdefizite, Schadenskausalität und Schadenshöhe durch die Klägerin nur unsubstantiiert dargelegt. Ein wichtiger Grund für die Kündigung vom 23.06.2016 bestehe nicht Das Landgericht hat einen Mietausfallschaden von 179.842 € zugesprochen und die Klage im Übrigen abgewiesen.
5
Hinsichtlich der weiteren Feststellungen wird Bezug genommen auf den Tatbestand des angefochtenen Endurteils des Landgerichts München I vom 31.03.2020, Az.: 11 O 15555/18, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.
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Mit der Berufung erstrebt der Beklagte die vollständige Klageabweisung. Entgegen der Ansicht des Landgerichts sei nicht unstreitig, dass die vom Beklagten übergebene Planung nicht ausführungsreif war. Das behauptete Ausmaß der Planungsfehler sei bestritten gewesen und die Notwendigkeit der Planüberarbeitung auch durch Pflichtverletzungen anderer Beteiligter verursacht gewesen. Das LG hätte zwischen den Verursachungsbeiträgen anderer Beteiligter und Verursachungsbeiträgen des Beklagten differenzieren müssen. Die Klägerin sei ihrer Darlegungs- und Beweislast nicht nachgekommen.
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Der Beklagte beantragt daher zuletzt,
I. Das Urteil des LG München I vom 31.03.2020, Az.: 11 O 15555/18, wird in den Ziffern 1 und 2 des Tenors aufgehoben.
II. Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
III. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
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Die Klägerin erstrebt mit ihrer Berufung die weitere Verurteilung des Beklagten wegen der Vergütung für den Stiftungsvorstand RA W.(15.470 € brutto), wegen der Zahlung an die Streithelferin TM A. GmbH (178.500 € brutto) und wegen der bezahlten Regiestunden an die Firmen TM A. GmbH (22.585,15 €), ROM (34.200 €) und Liebelt (5.000 €), zusammen 255.755,15 €. Der Stiftungsvorstand W. habe von April 2016 bis März 2017 im Hinblick auf die um mindestens 13 Monate verlängerte Bauzeit ein um 1.000 € netto monatlich erhöhtes Honorar erhalten. An die TM A. GmbH habe die Klägerin nicht zuviel bezahlt, sondern habe deren erhobene Forderung von 454.850 € deutlich gekürzt. Insoweit habe die Klägerin das Privatgutachten U. für zutreffend halten dürfen (Anlage K 21). Allenfalls Zug um Zug gegen Zahlung müsse sie dem Beklagten nach § 255 BGB Überzahlungsansprüche abtreten. Die substantiierten Darlegungen der Klägerin zu den Regiestunden habe der Beklagte nur unzulässig pauschal bestritten.
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Die Klägerin beantragt daher zuletzt,
1.
Unter Abänderung der Ziffer 1.- des Urteils des Landgerichts München I vom 30.03.2020 wird die Beklagte verurteilt, an die Klägerin Euro 435.597,15 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klageerhebung zu bezahlen.
2.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
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Beide Parteien beantragen
die Zurückweisung der Berufung der Gegenseite. Die Nebenintervenienten schließen sich dem Antrag der unterstützten Partei an.
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Im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Hinweise des Senats in der mündlichen Verhandlung vom 09.02.2021 (Bl. 400).
II.
A. Berufung des Beklagten:
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Die Berufung des Beklagten hat nur in einem ganz geringen Umfang Erfolg, als sich bei der Berechnung des vom Landgericht München I zugesprochenen Mietausfallschadens ein Rechenfehler eingeschlichen hat, weil das Landgericht der unzutreffenden Berechnungsmethode der Klagepartei gefolgt ist und darauf verzichtet hat, das gefundene Ergebnis anhand einer einfachen Kontrollrechnung zu überprüfen.
I. Anspruchsgrund:
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Hinsichtlich der Anspruchsgrundlage, nämlich der Haftung des Beklagten aus § 280 Abs. 1 in Verbindung mit § 633 Abs. 2 BGB, macht sich der Senat die sehr überzeugenden und fundierten Ausführungen des Landgerichts (Seite 10 bis 14 LGU) zu eigen, die durch das Berufungsvorbringen des Beklagten nicht entkräftet werden. Der Beklagte haftet daher dem Grunde nach für alle durch seine Schlechtleistung verursachten Schäden gemäß § 280 Abs. 1 BGB.
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Anders als das Erstgericht sieht der Senat die Haftung des Beklagten nicht beschränkt auf die geltend gemachten Mietausfallschäden (Berufung des Beklagten), sondern sieht diese dem Grunde nach überwiegend auch im Hinblick auf die geltend gemachten Mehrbeträge an Baufirmen für die verlängerte Bauzeit und Rück- und Umbaukosten als begründet an (hierzu näher unter „B. Berufung der Klägerin“).
II. Mangelhafte Ausführungspläne und Bauüberwachung:
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Für den Senat besteht nicht der geringste Zweifel daran, dass die Leistungen des Beklagten, d.h. dessen Ausführungspläne und Bauüberwachung, mangelhaft waren und die aufgestellten Ampelpläne keinem anderen Zweck dienten, als der beklagten Partei die Möglichkeit einzuräumen, ihre defizitären und völlig untauglichen Haustechnikpläne nachzubessern, für die die Streithelferin, die Ingenieurbüro P. GmbH und der für sie als Projektleiter tätige Dipl. Ing. H. R. intern die Verantwortung trugen. Andere Ursachen für die Bauzeitverzögerung sind von der beklagten Partei nicht in ausreichender Weise substantiiert dargestellt, geschweige denn belegt worden. Hierfür ergeben sich nach dem Sachvortrag der Parteien, den vorgelegten Anlagen und dem zwischen den Baubeteiligten geführten Schriftverkehr auch keine ausreichenden Anhaltspunkte.
Zu den Einwänden des Beklagten im Einzelnen:
1. Anforderungen an Anspruch aus § 6 Abs. 6 VOB/B bzw. § 280 Abs. 1 BGB wegen Bauzeitverzögerung sei verkannt worden:
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Der Beklagte wirft dem Erstgericht vor, dass es bei dem zugesprochenen Mietausfallschaden - anders als bei den abgewiesenen Ansprüchen, bei welchen jeweils ein „Kausalnexus“ zwischen nachweisbarer Pflichtverletzung und eingetretenem Schaden verneint wurde - dieses Kausalitätserfordernis nicht konsequent angewendet hat. Dies ist jedoch nicht der Fall. Das Erstgericht belegt in schlüssiger und nachvollziehbarer Argumentation,“dass die Planung des Beklagten bei Ablieferung und Baubeginn nicht ausführungsreif war und jedenfalls nicht eher als neun Monate später ausführungsreif wurde, nämlich rund anderthalb Jahre nach Ablieferung und rund eineinviertel Jahre nach Baubeginn sowie rund ein Jahr nachdem die Mängel am Bau aufgefallen waren. Die somit jedenfalls auf nicht weniger als 9 Monate zu bemessende Verzögerung der vermietbaren Fertigstellung ist daher dem Beklagten schadensbegründend zuzurechnen“ (LGU S. 11).
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Diese Feststellungen halten ohne weiteres einer rechtlichen Überprüfung stand.
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Der hier vorliegende Fall unterscheidet sich erheblich von den gewöhnlichen Fällen einer Bauablaufstörung infolge mangelhafter oder unzureichender Leistungserbringung. Zum einen durch das Ausmaß der vorhandenen Planungsmängel und der langen Zeitdauer der vergeblichen Abhilfebemühungen im Zeitraum vom 28.01.2016 bis 23.06.2016 (“Stichwort: „Ampelpläne“) nebst anschließender mehrmonatiger Nachbesserung durch das Nachfolgeunternehmen Ingenieurbüro W.-Ingenieure GmbH. Zum anderen durch die Einstellung jeglicher Tätigkeit des Beklagten in dieser Situation mit dem gleichzeitigen Versuch, sich mit Schreiben vom 15.06.2016 (Anlage K 16) mittels Abtretung aller Ansprüche gegen die Subunternehmerin und Ausscheiden aus dem Vertragsverhältnis mit der Klägerin aus der Verantwortung zu ziehen, was von der Klägerin nachvollziehbar als „Bankrotterklärung“ gewertet wurde.
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Wer seinen Bauherrn in einer solch kritischen Situation sprichwörtlich „im Regen“ stehen lässt, muss sich nicht wundern, wenn daraus auf der Baustelle ein Chaos entsteht, das nicht nur erhebliche zeitliche Verzögerungen des Bauablaufs zur Folge hat, sondern, weil bereits nach völlig unzureichenden Plänen des Beklagten gebaut wurde, erhebliche Folgekosten durch umfangreiche Um- und Rückbauarbeiten ausgelöst werden.
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Neben einer ordnungsgemäßen Planung und Bauüberwachung schuldet der beauftragte Architekt und Ingenieur seinem Bauherrn auch Transparenz, Übersicht und Organisation auf der Baustelle. Wer sich zur Unzeit, ohne seine Aufgaben erfüllt zu haben, von der Baustelle zurückzieht, sorgt dafür, dass sein Bauherr auf den genannten Feldern „blind“ ist. Dass daraus auf der Baustelle nur ein Chaos mit Bauzeitverzögerung und weiteren Folgeschäden entstehen kann, versteht sich von selbst. Insoweit handelt es sich hier um einen extremen Einzelfall.
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Den Mietausfallschaden hat das Landgericht tragfähig und nachvollziehbar begründet.
2. „Fehlende Ausführungsreife“ der Planung sei nicht unstreitig gewesen:
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Festzustellen ist zunächst, dass der Begriff „fehlende Ausführungsreife“ primär das Ergebnis einer rechtlichen Wertung ist und zwischen den Parteien zwar das Ausmaß der Planungsfehler und die behaupteten Auswirkungen bestritten waren, umgekehrt aber auch der Beklagte nicht bestritten hat, dass es Mängel der Planung gegeben hat und auch eine Nachbesserung der Pläne erforderlich war (Stichwort „Ampelpläne“).
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Mit dem Begriff der „fehlenden Ausführungsreife“ hat das Erstgericht lediglich treffend auf den Punkt gebracht, was die Klägerin in Bezug auf die Qualität bzw. den Zustand der Ausführungspläne des Beklagten - durch Benennung der gravierendsten und häufigsten Fehlertypen - vorgetragen hat (Klage vom 07.11.2018, S. 7/8, Bl. 7/8):
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Mehrere Firmen, die mit Haustechnikgewerken beauftragt waren, meldeten im Zeitraum Dezember 2015 bis Februar 2016 Behinderung an und hielten die Planung des Beklagten für nicht „baubar“, d.h. „Details seien aufgrund ausführungstechnischer Rahmenbedingungen nicht zu realisieren“; „der Abstand zwischen den Rohbetondecken und der Tragkonstruktion der abgehängten Decken sei für die dort unterzubringenden Anlagenteile (insbesondere Leitungen) und Geräte zu gering bemessen“; „notwendige Bestandteile der Anlagen, insbesondere Anschlüsse und Leitungen seien in den Plänen nicht dargestellt“; „die Planung der verschiedenen Technikgewerke sei nicht koordiniert und abgestimmt; Leitungstrassen, Wand- und Deckendurchführungen und Schächte seien mehrfach „über“belegt“; „Decken- und Wandöffnungen zur Durchführung der erforderlichen Leitungen fehlten; erforderliche Revisionsöffnungen in den Trockenbauwänden, -decken und -verkofferungen seien nicht eingeplant“. Unstreitig waren die genannten Mängel in den Plänen tatsächlich vorhanden. Zudem waren die Pläne nicht mit den Plänen anderer Planer, insbesondere den Plänen des Elektroplaners und des Medizintechnikplaners koordiniert und abgestimmt worden. In den Plänen fehlten Angaben zu notwendigen Leitungen und Anschlüssen. Leitungstrassen waren mehrfach „vergeben“. Hinsichtlich des örtlichen Leitungsverlaufs widersprachen sich verschiedene Pläne. Die Darstellung, wie Leitungen im Kreuzungsbereich geführt werden, fehlte etc.
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Der Senat geht davon aus, was zwischen den Parteien an sich unstreitig ist, dass die Ausführungspläne des Beklagten an gravierenden Mängeln und Lücken litt. Der Beklagte selbst hat die fehler- und lückenhafte Ausführungsplanung seiner Subunternehmerin als „erschreckend“ und als „unbeschreibliche Schlechtleistung“ (Email vom 22.02.2016, Anlage K 10) bezeichnet.
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Im Zivilprozess hat der Beklagte die von der Klägerin beschriebenen Planungsmängel nicht substantiiert bestritten, so dass diese als zugestanden gelten, § 138 Abs. 3 ZPO.
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Im Übrigen sind sie dadurch belegt, dass der Beklagte selbst am 28.01.2016 Abhilfe versprach und dann, nachdem diese in der zugesagten kurzen Zeit nicht bewerkstelligt werden konnte, das System der „Ampelpläne“ geschaffen wurde, mittels dessen der Beklagte bis zu seiner Kündigung am 23.06.2016 versuchte, taugliche Pläne zu erstellen, was ihm jedoch nicht glückte, da damit noch das von der Klägerin beauftragte Nachfolgeunternehmen mehrere Monate lang beschäftigt war.
3. Die Überarbeitung der Ausführungspläne in den sog. Ampelplänen beruhe nicht ausschließlich auf Mängeln dieser Pläne, sondern auch auf anderen Ursachen:
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Der Beklagte behauptet, die Umplanungen seien nicht nur Folge eigener Planungsmängel des Beklagten bzw. seiner Streithelferin gewesen, sondern auch Folge einer mangelhaften Koordinationsleistung der Architekten, insbesondere der Fachplanungen für die Elektroanlagen und für die Medizintechnik mit den in ihren Leistungs- und Verantwortungsbereich liegenden Fachplanungen.
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Hierfür gibt es aber schon nach dem damals zwischen den Baubeteiligten geführten Schriftverkehr keine ausreichenden Anhaltspunkte. Dies hat der Beklagte erstmals in der Klageerwiderung vorgetragen, ohne dies näher darzulegen.
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Dieser Einwand scheitert im Übrigen auch aus rechtlichen Gründen. Nach dem übernommenen Auftrag vom 07.12.2011 (Anlage K 1) hatte der Beklagte hinsichtlich der technischen Ausrüstung die Planung der Anlagengruppen „Abwasser-, Wasser- und Gasversorgung“, „Wärmeversorgungsanlagen“, „lufttechnische Anlagen (einschließlich OP Klimatechnikanlagen und Lüftungsdecken) „nutzungsspezifische Anlagen“ und „Gebäudeautomation“ übernommen. Ihm oblag damit - wie sich aus § 3, Ziffer 3.1, lit. b ergibt - selbst, bei der Planung die von ihm übernommenen wesentlichen Bereiche der technischen Ausrüstung an den Schnittstellen zu den anderen Fachplanungen zu koordinieren, so dass ihn der Vorwurf einer mangelnden Koordinierungsleistung in gleicher Weise träfe und keinesfalls entlasten würde. Zudem lagen die „internen“ Kontrollpflichten hinsichtlich der von dem Beklagten betreuten Gewerke (Sanitär, Kältetechnik, Lüftung), bei denen es sich neben der nicht vom Beklagten betreuten Medizintechnik und Elektrotechnik um die zentralen Gewerke des technischen Ausbaus der Klinik handelte, wohl in erster Linie beim Beklagten selbst. Hinzukommt, dass die wesentlichen Abstimmungen und Koordinationsleistungen in den Leistungsphasen 1 bis 4 vorzunehmen sind. Die Architekten F. + J. GmbH waren jedoch nur mit den Leistungsphasen ab 5 beauftragt.
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Soweit der Beklagte die Architekten (F. + J. Architekten GmbH) für die fehlende Koordination und Abstimmung mit in der Verantwortung sieht, haben diese zu Recht darauf hingewiesen, dass die Koordinierungsaufgabe primär in der anfänglichen Planungsphase stattfindet, in der sie nicht tätig waren.
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Soweit deren Bauüberwachung betroffen ist, gilt: Auch hier ist das Vorbringen unsubstantiiert, da nicht vorgetragen wird, welche der Fa. F. + J. Architekten GmbH obliegende Gesamtbauleitung und Gesamtkoordination nicht oder nur mangelhaft erbracht wurde.
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Im Übrigen vermag eine mangelhafte Bauüberwachung der Architekten den Verschuldensvorwurf gegen den Beklagten gemäß § 280 Abs. 1 BGB schon deshalb nicht zu entkräften, weil auch sonst der Unternehmer aus der mangelhaften Bauüberwachung des Architekten kein zulasten des Bauherrn gehendes mitwirkendes Mitverschulden herleiten kann (Werner/Pastor, Der Bauprozess, 17. Aufl. 2020, § 11, Rz. 2481). Denn der Architekt erfüllt mit der Ausübung der Bauüberwachung nicht eine dem Bauherrn obliegende Pflicht; der Unternehmer kann vom Bauherrn nicht verlangen, dass dieser ihn bei den Bauarbeiten überwacht und überwachen lässt (BGH, BauR 1997, 1021; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 17. Aufl. 2020, § 11, Rz. 2481 m.w.N.).
4. Nicht der gesamte Zeitraum, der für die Bearbeitung erforderlich war, könne dem Beklagten zur Last gelegt werden:
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Da der Senat wie das Erstgericht davon ausgeht, dass die in den Ampelplänen dargestellte Überarbeitung der Ausführungspläne ausschließlich auf Planungsfehlern des Beklagten beruht (s.o), lässt sich der hierfür erforderliche Zeitraum ohne inhaltliche Differenzierung dem Beklagten allein zuordnen. 9 U 2715/20 Bau - Seite 10 - 5. Das Landgericht hätte der Frage im Einzelnen nachgehen müssen, was im Einzelnen Ursache der Überarbeitung der Pläne gewesen ist:
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Darauf kommt es nicht an, da die Ursache hierfür allein in der Sphäre des Beklagten begründet war.
III. Bauzeitverzögerung:
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Der Senat geht in Übereinstimmung mit dem Erstgericht davon aus, dass diese Mängel dazu geführt haben, dass erst 9 Monate später als geplant die Pläne vorlagen und andere Ursachen für die zeitliche Verzögerung nicht erkennbar sind und deshalb auch nicht vom Landgericht in Erwägung zu ziehen waren.
IV. Kündigungsgrund:
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Die Planung des Beklagten war mangelhaft und begründete einen wichtigen Grund für die Kündigung der Klägerin, da es dem Beklagten trotz der aufgestellten Ampelpläne bis zuletzt nicht gelungen war, fristgerecht ausführungsreife taugliche Haustechnikpläne für alle Geschosse vorzulegen und der Klägerin wegen der bereits eingetretenen erheblichen zeitlichen Verzögerung ein weiteres Zuwarten nicht zumutbar war, zumal der Beklagte der Klägerin in keiner Weise begreiflich machen konnte, wie er dem durch die eigene Schlechtleistung seiner Subunternehmerin verursachten desaströsen Missstand auf der Baustelle effektiv (z.B. durch personelle Aufstockung etc.) begegnen und hiergegen Abhilfe schaffen wollte. Die Kündigung vom 23.06.2016 (Anlage K 17) war daher berechtigt. Eine vorhergehende Abmahnung war nicht erforderlich. Hierauf kommt es aber nicht an.
V. Beweislast:
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Mangels Abnahme der Planleistungen des Beklagten trägt dieser die Beweislast für die Mangelfreiheit. Auch die Beweislast hat das Landgericht zutreffend beurteilt; diese ist nicht so, wie der Beklagte sie sieht. Mangels Abnahme muss er die Mangelfreiheit darlegen und beweisen. Unstreitig war die Planungsleistung des Beklagten nicht im wesentlichen mangelfrei und abnahmereif und wurde daher auch von der Klägerin nicht abgenommen. Damit trägt der Beklagte die Beweislast für die Mangelfreiheit seiner Leistungen.
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Auswertung des Schriftverkehrs zwischen den Baubeteiligten: Die Auswertung des Schriftverkehrs zwischen den Baubeteiligten belegt ebenfalls Planungsund Bauüberwachungsmängel des Beklagten:
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Dafür spricht auch das Eingangsstatement der Nachfolgeplaner W.-Ingenieure GmbH vom 12.07.2016 (Anlage K 18): „Strangschema und Grundriss stimmen nicht miteinander überein. Der Grundriss wurde zuletzt am 15.04.2016 überarbeitet, das Schema am 6.10.2015!!“
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Dafür spricht vor allem das eigene Verhalten des Beklagten während der Bauzeit von Dezember 2015 bis Juni 2016: Er hätte die Richtigkeit seiner Planung verteidigen und bei den Handwerkern durchsetzen müssen. Dazu war er im Rahmen der Bauaufsicht vertraglich verpflichtet! Das konnte aber nicht geschehen, weil der Beklagte vielfach erhebliche Defizite der Planung seines Subplaners einräumen musste. Dies ergibt sich anschaulich aus der Anlage K 10: Email des Beklagten vom 23.02.2016 an den Stiftungsvorsitzenden der Klägerin Frieder R.:
„Sehr geehrter Herr R., anbei die Email von RA S. mit der Aktennotiz über unsere Besprechung mit Herrn P. und dessen „Berater“. Ich habe Herrn P. bei dieser Besprechung unmissverständlich klar gemacht, dass ich der Meinung bin er habe die Ernsthaftigkeit und Dramatik der Situation noch nicht erkannt. Ich habe das u.a. daran festgemacht, dass Herr R. immer noch vor Ort agiert, er sich persönlich zu wenig darum kümmert und erst seit gut einer Woche zusätzlich ein Ingenieur (Herr K.) aus seinem Büro vor Ort tätig ist. Ich habe ihm auch gesagt, dass das immer noch zu wenig ist und ich der Meinung bin, dass er mindestens noch zwei gute Leute vor Ort benötigt und er selbst, so wie ich auch, täglich das Projekt betreuen und koordinieren muss. Ich habe ihm diesbezüglich auf seine vertraglich geschuldete Leistung hingewiesen, welche 1:1 die selbe ist, die auch ich der Ak HCT schulde. (…) Darüber hinaus haben wir gestern im Beisien von Herrn P. wieder einen gravierenden Planungs- und Abstimmungsfehler von Herrn R. festgestellt. Ich hatte daraufhin gestern Abend noch ein längeres Telefonat mit Herrn P.. Dabei habe ich nochmals versucht Ihm die Brisanz der Situation zu erklären, Ihm aufgefordert Herrn R. endlich von der Bildfläche zu entfernen und sich endlich darum zu kümmern, dass hier kurzfristig die Grundlagen geschaffen werden, damit wieder ein geordneter Bauablauf stattfinden kann. Auch bei diesem Telefongespräch hatte ich den unzweifelhaften Eindruck, dass er die ganze Angelegenheit, entgegen seinen Lippenbekenntnissen, immer noch nicht ernst nimmt. (…) Ich sehe mich im Moment außerstande unter diesen Umständen kurzfristig eine Lösung der Probleme bei laufendem Baubetrieb herbeizuführen bzw. eine ordentliche und zielführende Bauablaufsteuerung zu garantieren. (…)“
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Tags zuvor hat der Beklagte in einer Email vom 22.02.2016 an seinen Rechtsanwalt C. S. die Situation und das Versagen noch drastischer und anschaulicher geschildert:
„Sehr geehrter Herr S., (…) Herr R. meint ich drücke mich darum etwas zu schreiben. Das ist nicht so. Nur solange ich nichts konkretes und belastbares bekomme, kann ich auch nichts belastbares weitergeben. Das wäre unverantwortlich und unseriös. Gleichwohl ist es natürlich meine Pflicht meinen AG umgehend und allumfassend zu informieren. Ich bin da aber im Moment einfach machtlos und werde von Tag zu Tag sprachloser mit Bezug auf das, was ich da immer wieder neues und erschreckendes auf der Baustelle mitbekomme. Herrn P. muss man jetzt auch auf seine vertragliche Pflichten hinweisen und ihm eine Frist zur Nachbesserung seiner mangelhaften Planung und Bauleitung setzen. Ihm muss auch deutlich die Konsequenz und Verantwortlichkeit dieser umfangreichen Schlechtleistung aufgezeigt werden. (…) Herr P. hat immer noch nicht erkannt, dass sein Büro diese dramatische Situation verursacht hat. Solange wir ihm das nicht deutlich und unmissverständlich klar machen, ist Herr P. der Meinung, dass ich dafür verantwortlich bin seine Probleme zu lösen. Dazu sehe ich mich aufgrund der Fülle der Planungsfehler und Pflichtverletzungen aber derzeit vollkommen außerstande. Geschweige, dass in dieser Situation eine ordentliche und zielorientierte Bauüberwachung derzeit unmöglich ist. D.h., durch sein zögerliches Abarbeiten der bekannten Probleme wird die Situation für alle Beteiligten noch schlimmer und die Baustelle droht zum Stillstand zu kommen. Auch wenn Herr P. das so nicht sieht, es ist aber so. Alle sehen das, nur Herr P. nicht. Meine Geduld mit Ihm ist am Ende angekommen. Ich sehe es so, dass das Büro P. Geschoss für Geschoss seine Planung nachführen und mit den Architekten und anderen Planungsbeteiligten unter Berücksichtigung bereits vorhandener Installationen anpassen muss. Erst dann kann eine Terminplanung für die Weiterführung der Arbeiten vor Ort nach Dringlichkeit aufgestellt werden. (…) Zum Schluss noch ein Beispiel dafür, dass Herr P. meiner Meinung immer noch nicht erkannt hat, was die Uhr geschlagen hat: Ich habe ihm wiederholt gesagt, dass ich eine so unbeschreibliche Schlechtleistung wie die von Herrn R. noch nie gesehen habe. Antwort von Herrn P.: Ist ihm auch unbegereiflich, aber es hätten auch die anderen (er meint damit die Architekten und Elektroplaner aber auch die Firmen) sehen müssen und darauf hinweisen müssen, dass da was schief läuft! Da ist mir nichts mehr eingefallen. Muss ich Herrn P. erklären, was seine Aufgabe ist und wofür er bis dato auch anstandslos gutes Geld bekommen hat? (…).“
VI. Höhe des Mietausfallschäden:
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Der Mietausfallschaden setzt sich aus zwei Beträgen zusammen.
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Zum einen aus dem vom Landgericht so genannten „Mietentgang 1“, der Mietdifferenz für die zwei vermieteten Arztpraxen im Neubau, die während der Bauphase in Ausweichräume umziehen mussten und deshalb für den Zeitraum von 9 Monaten im Juni 2016 bis März 2017 insgesamt monatlich 3.063,90 € weniger Miete, nämlich 10.026,90 € statt 13.09,80 €, zahlten, bevor sie im März 2017 wieder in den Neubau zurückkehren konnten.
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Zum anderen aus dem vom Landgericht so genannten „Mietentgang 2“, den Mietausfall für die Ausweichräume, für die der Klägerin ab 01.08.2016 bis 31.03.2017 eine Mieterin zur Verfügung stand, die hierfür monatlich 17.780,00 € zu bezahlen bereit gewesen wäre.
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Obwohl das Landgericht zunächst völlig zutreffend feststellt (LGU S. 14 unten), dass die Klägerin für den hier interessierenden Neunmonatszeitraum eigentlich bloß einen Anspruch auf Ersatz der monatlichen Differenz zwischen der tatsächlichen (“niedrigeren“) Miete und der normalen vertraglichen Miete hätte, lässt es sich von der Berechnungsmethode der Klägerin fehlleiten und berechnet den Anspruch so, als wäre die Klägerin mit der Miete der Praxen 9 Monate lang „ausgefallen“ (9 x 13.09.80 € = 117.817,20 €) und hält dies für zulässig, weil die Klägerin beim „Mietentgang 2“ die tatsächlich eingenommene Miete als Vorteil selbst wieder abzieht (17.780,00 € - 10.026,90 € = 7.753,10 € x 8 = 62.024,80 €).
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Dies hält einer rechtlichen Überprüfung schon deshalb nicht stand, weil die Zeiträume, um die es hier geht, nicht deckungsgleich sind, und eine einfache Kontrollrechnung ergibt, dass die Rechnung falsch ist.
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An der Differenzmethode zur Schadensberechnung gemäß §§ 249 Abs. 1, 252 Satz 1 BGB ist festzuhalten.
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Danach ergibt sich für den „Mietentgang 1“ ein Schaden von 9 x 3.063,90 € = 27.575,10 €.
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Für den „Mietentgang 2“ ein Schaden von 8 x 17.780,00 € = 142.240,00 €.
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In der Summe ergibt dies einen Mietausfallschaden von 169.815,10 €
(statt 179,842,00 €, wie vom Landgericht angenommen).
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Die Differenz (10.026,90 €) entspricht betragsmäßig genau einer reduzierten Monatsmiete für die beiden Arztpraxen und zwar genau für den Juli 2016, für den es keine Überschneidung gibt. In dieser Höhe ist die Berufung des Beklagten erfolgreich.
VII. Feststellungsantrag:
53
Soweit auch der Feststellungsantrag angegriffen wurde, ist dieser in Verbindung mit der Klageabweisung hinreichend bestimmt formuliert und nicht zu beanstanden. Auch insoweit hat die Berufung des Beklagten keinen Erfolg.
B. Berufung der Klägerin:
54
Die zulässige Berufung der Klägerin ist überwiegend begründet.
I. Haftung dem Grunde nach §§ 280 Abs. 1, 633 Abs. 2 BGB:
55
Anders als das Erstgericht sieht der Senat mit Ausnahme der Vergütung für Herrn W. auf der Grundlage der vom Erstgericht festgestellten Tatsachen, § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, einen Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten aus §§ 280 Abs. 1, 633 Abs. 2 BGB als gegeben an, der hinsichtlich der Regiearbeiten für die Rückbau- und Umbauarbeiten der Höhe nach gemäß § 287 ZPO zu schätzen ist.
56
Der Senat verkennt dabei nicht, dass die Klägerin für die geltend gemachten Schadenersatzansprüche darlegungs- und beweisbelastet ist, d.h. nachweisen muss, dass die unzweifelhaft bestehenden Planungs- und Bauüberwachungsmängel des Beklagten adäquat kausal zu den Schäden im geltend gemachten Umfang geführt haben.
57
Insoweit sieht der Senat aber im Gegensatz zum Erstgericht keinen wesentlichen strukturellen Unterschied in der Begründung eines Schadenersatzanspruchs beim Mietausfallschaden infolge der Bauzeitverlängerung zu den übrigen hier geltend gemachten Schäden der übrigen Schadensgruppen.
58
Dass die Planungsmängel zwar zu einer Bauzeitverzögerung von 9 Monaten führen, jedoch, wie das Erstgericht meint, auf das Bauvorhaben im Übrigen keine (nachweisbaren) Auswirkungen haben sollen, weil nunmehr ein strenger, nicht nachgewiesener Kausalnexus im Gegensatz zu vorher gelten soll, erschließt sich dem Senat nicht.
59
Vielmehr ist es nahe liegender Weise so, dass die gravierenden Planungsmängel nicht nur zu einer erheblichen Bauzeitverzögerung geführt haben, sondern sich typischerweise auch sonst in irgendeiner Weise im Bau mit Schäden und Folgekosten niederschlagen und dies keinesfalls ungewöhnlich ist. Hier hat das Erstgericht überspannte Anforderungen an den Kausalitätsnachweis gestellt, die vom Senat zu korrigieren sind.
60
Denn Ausgangspunkt ist in beiden Fällen der gleiche, nämlich eine völlig untaugliche Planung. Diese hat einerseits durch die erhebliche Zeitdauer der Umplanung zu einer entsprechen Bauzeitverzögerung geführt. Diese hatte wiederum Mietausfallschäden und Mehrvergütungsansprüche der beteiligten Baufirmen zur Folge. Andererseits machten die Planungsmängel aber auch umfangreiche Rück- und Umbaumaßnahmen notwendig, was zwangsläufig wiederum zu erheblichen finanziellen Mehrkosten für die Klägerin führen musste.
II. Einzelne Schadenspositionen:
1. Vergütung W. in Höhe von 15.470 € im Zeitraum von April 2016 bis April 2017:
61
Die Klägerin macht für Herrn W., der Mitglied des klägerischen Vorstandes gewesen ist und zugleich Rechtsanwalt ist, für den Zeitraum von April 2016 bis April 2017 eine monatliche Zusatzvergütung von 1.000,00 € nebst Mehrwertsteuer „für den unvorhergesehenen Aufwand wegen der verlängerten Bauzeit“ geltend. Es soll sich dabei nicht um eine normale Vorstandsvergütung, sondern um eine Tätigkeitsvergütung „im Hinblick auf die von ihm zusätzlich erbrachte zusätzliche Geschäftsbesorgungs- und Betreuungsleistung für das streitgegenständliche Bauvorhaben über den ursprünglich vorgesehenen Fertigstellungszeitpunkt April 2016 hinaus bis einschließlich April 2017“. Der geltend gemachte Anspruch besteht aus Rechtsgründen nicht. In Übereinstimmung mit dem Erstgericht (LGU S. 16) ist der Senat der Auffassung, dass die Klägerin letztlich eigenen Aufwand abrechnet und eigene Arbeitszeit des Verletzten für die Bearbeitung des Schadensfalls grundsätzlich kein ersatzfähiger Schaden darstellt.
Ergebnis: 0 €
2. Erstattung Zahlung von 178.500,00 € an TM A. GmbH:
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Die Klägerin hat an die Firma TM A. GmbH „ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht und unter dem Vorbehalt der Rückforderung“ eine Zahlung von 150.000,00 € netto = 178.500,00 € brutto geleistet, um einen Abzug des Unternehmens von der Baustelle und einen Baustillstand zu vermeiden, nachdem die Firma TM A. GmbH gestützt auf ein Privatgutachten des Sachverständigen U. (Anlage K 22) eine Entschädigungsforderung von 382.000,00 € netto = 454.580,00 € brutto als Ausgleich für die Folgen der Bauzeitverlängerung bzw. als Entschädigungen für behinderungsbedingten Mehraufwendungen gefordert hatte.
63
Das Landgericht hat einen Anspruch der Klägerin mit der Begründung verneint, die Klägerin habe auf einen komplett unschlüssigen Anspruch der TM einen Teil bezahlt. Das sei kein kausaler Schaden, den der Beklagte verursacht hätte. Die Drohung der TM, andernfalls abzuziehen ändere hieran nichts, da die Klägerin als verständiger und besonnener Geschädigter sich einer solch ungerechtfertigten Drohung nicht beugen musste (LGU S. 19).
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Dies hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
65
Die geleistete Zahlung ist adäquat kausal auf die vom Beklagten verursachten Planungsmängel bzw. die darauf beruhende Bauzeitverlängerung zurückzuführen.
66
Die Klägerin durfte in dieser Drucksituation, um größeren Schaden von sich und ihrem Bauvorhaben abzuwenden, auch eine Forderung begleichen, die nicht in voller Höhe begründet oder schlüssig vorgerechnet war, wenn und soweit nur feststeht, dass ein Entschädigungsanspruch bzw. ein Mehrvergütungsanspruch des Unternehmers dem Grunde nach besteht und bei einer Abwägung zwischen der Angemessenheit der Zahlung und dem möglichen Schaden des Bauherrn bei Nichtzahlung, der ihm bei Abzug des Unternehmers von der Baustelle mit der Folge eines dadurch möglicherweise eintretenden Baustillstand bzw. einer längeren Bauunterbrechung mit ungewissem Baufortgang droht, ein überwiegendes Interesse des Bauherrn an der ungehinderten Fortsetzung des Bauvorhabens besteht. Unerheblich ist dabei, ob sich der Unternehmer dabei - wie regelmäßig - vertragswidrig verhält und der Bauherr bereits zu diesem Zeitpunkt anwaltlich beraten ist und daher möglicherweise die mangelnde Berechtigung der Forderung in der geltend gemachten Höhe (zutreffend) einzuschätzen vermag.
67
Der Streit über die berechtigte Höhe der Forderung muss in die Zeit nach der eigentlichen Bauphase verlagert werden und steht, soweit die Bezahlung erfolgt ist, der Geltendmachung als Schadenersatzforderung nicht entgegen. Die berechtigten Interessen des Schädigers werden dadurch berücksichtigt, dass dieser entsprechend der Vorschrift des § 255 BGB nur Zug um Zug gegen Abtretung etwaiger Rückforderungsansprüche gegen den Unternehmer an den Geschädigten leisten muss. Die Rückforderung zuviel geleisteter Beträge bleibt möglich, nachdem die Klägerin die Zahlungen „ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht und unter dem Vorbehalt der Rückforderung“ geleistet hat.
68
Aus diesem Umstand folgt im Übrigen keineswegs, wovon aber das Erstgericht rechtsfehlerhaft ausgeht, dass die Klägerin deshalb nicht schutzwürdig ist, weil sie auf einen komplett unschlüssigen Anspruch der TM bezahlt hat und dies infolgedessen kein Schaden sei, den der Beklagte kausal verursacht hätte. Das Gegenteil ist der Fall.
69
Ohne die gravierenden Planungsfehler wäre es nicht zu der 9-monatigen Bauzeitverzögerung gekommen und ohne diese hätten auch einzelne Unternehmen keinen darauf beruhenden Entschädigungs- bzw. Mehrvergütungsanspruch geltend gemacht. Nachdem die TM A. GmbH angedroht hatte, von der Baustelle abzuziehen und die Arbeiten einzustellen, falls auf die erhobene Forderung nicht wenigstens eine erhebliche Teilzahlung geleistet werde, hat die Klägerin - ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht und unter dem Vorbehalt der Rückforderung - eine Zahlung von knapp 40% der geltend gemachten Forderung geleistet.
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Begründete Einwände gegen die Höhe der dem Grunde nach berechtigten Forderung der Fa. TM A. GmbH konnte die Klägerin schon deshalb nicht vorbringen, weil sie mangels notwendiger Information seitens des Beklagten, zu der er verpflichtet gewesen wäre, dem nichts entgegensetzen konnte. Auch ein Bautagebuch haben er und sein Streithelfer P. nicht geführt.
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Diese Teilzahlung durfte die Klägerin somit schon deshalb vornehmen. Erst recht aber deshalb, weil eine Abwägung nach den oben aufgestellten Kriterien ergibt, dass die Interessen der Klägerin überwiegen. Denn mit der Teilzahlung wollte die Klägerin vermeiden, dass die Fa. TM A. GmbH von der Baustelle abzieht und die Klägerin in einer Zeit der Hochkonjunktur am Bau ein anderes Trockenbauunternehmen suchen und mit der Fertigstellung der bereits zu großen Teilen ausgeführten Trockenbauarbeiten beauftragen muss. Dabei hätte die Klägerin, wie sie glaubhaft vorträgt, riskiert, dass der 1. Bauabschnitt sowie in der Folge das gesamte Bauvorhaben auf unabsehbare Zeit zum Stillstand kommt. Dies hätte zu Mehrvergütungs- und Entschädigungsansprüchen der Handwerker geführt, deren Leistungen von der Fertigstellung der Trockenbauarbeiten abhängig waren (Maler, Boden- und Fliesenleger, Endmontagen der Haustechnikunternehmen etc.) und darüber hinaus zu weiteren erheblichen Mietausfallschäden, die in der Summe den bezahlten Betrag erheblich überstiegen hätten.
72
Soweit das Erstgericht meint, dass die Klägerin als verständiger und besonnener Geschädigter sich einer solchen ungerechtfertigten Drohung nicht beugen musste, folgt der Senat dieser Einschätzung nicht. Vielmehr hat der Senat unter Zugrundelegung der maßgeblichen exante-Sicht der Bauherrin und des damaligen Baugeschehens Verständnis für die schwierige Situation der Klägerin und ihren damaligen eingeschränkten Handlungsspielraum und geht davon aus, dass die Klägerin mit dem Herunterhandeln der geltend gemachten Forderung und der anschließenden Teilzahlung einen weit größeren Schaden verhindert und somit ohnehin nur ihrer Schadensminderungspflicht Genüge getan hat.
73
Die Forderung ist daher begründet in Höhe von 178.500,00 €, jedoch nur Zug um Zug gegen Abtretung etwaiger Rückforderungsansprüche der Klägerin.
74
Der Rechtsgedanke des § 255 BGB ist hier entsprechend anzuwenden. Nach § 255 BGB sind alle Ansprüche, die dem Geschädigten aufgrund des Eigentums an der Sache oder aufgrund des Rechts zustehen, abzutreten. Darunter fallen alle abtretbaren Herausgabeansprüche, Schadenersatzansprüche sowie Bereicherungsansprüche. Nach dem Normzweck kann § 255 BGB auch auf Ansprüche analog anwendbar sein, die dem Geschädigten nicht aufgrund des Eigentums oder des Rechts zustehen, sondern damit nur im Zusammenhang stehen (Palandt, BGB, 80. Aufl. 2021, § 255 Rz. 8).
75
Die Rechtsprechung erweitert den Anwendungsbereich von § 255 durch dessen analoge Anwendung in Fällen konkurrierender Schadensersatzansprüche, in denen keine Pflicht zur Abtretung, kein gesetzlicher Forderungsübergang oder sonstiger Regress vorgesehen ist, „ein solcher aber angemessen wäre“. Die analoge Anwendung setzt weiterhin nach der herrschenden Ausgleichstheorie voraus, dass eine abgestufte Haftung zwischen den Ersatzverpflichteten besteht, wobei ein Ersatzverpflichteter in Vorlage tritt. Damit schließt § 255 BGB analog eine Lücke im Regresssystem, wobei auf die Anwendungsvoraussetzung der Verpflichtung des Schädigers zum Schadensersatz verzichtet und der Anwendungsbereich auch auf andere Verpflichtungen durch Analogie erweitert wird. Dem § 255 BGB kann nach der herrschenden Ausgleichstheorie das allgemeine Prinzip entnommen werden, dass der fernerstehende und in Vorlage tretende Haftende nur gegen Abtretung der Ansprüche gegen den näherstehenden Schädiger verpflichtet ist (vgl. BeckOGK/Röver, 15.3.2021, BGB § 255 Rn. 63, 64).
76
Hier erscheint es, obwohl die Klägerin in Vorleistung getreten ist, gerechtfertigt, dem Beklagten als Alleinverantwortlichen für die Bauzeitverzögerung das Risiko einer erfolglosen gerichtlichen Auseinandersetzung mit der Firma TM A. GmbH hinsichtlich eines etwaigen Rückforderungsanspruches aufzubürden und die Klägerin hiervon freizustellen.
3. Regiearbeiten für Rück- und Umbauarbeiten:
77
Durch die Planungsfehler des Beklagten kam es zu umfangreichen Rück- und Umbauarbeiten, für die zusätzliche Regiekosten anfielen.
78
Das Erstgericht hat insoweit zutreffend festgestellt (LGU S. 4/5): „Im Zeitraum Ende Februar bis September 2016 kam es zu Rückbauten von Anlagenkomponenten und Leitungen (…). Nur wenige Tage vor dem Eingang dieser Erklärung (Anlage K 16) des Beklagten hatte die Klägerin festgestellt, dass der Streithelfer des Beklagten vergessen hatte, in die Ausführungspläne für Räume im Untergeschoss des Anwesens, deren Ausstattung mit Wasserleitungen und Wasserzapfstellen bereits im Entwurf vorgesehen war, die erforderlichen Wasserver- und entsorgungsleitungen einzuzeichnen. Auch hierwegen mussten nachträglich Wände und Decken geöffnet und Kernbohrungen angebracht werden, um die fehlenden Leitungen nachzuziehen“.
79
Der Beklagte und sein Streithelfer P. haben selbst in erheblichem Umfang und über einen Zeitraum von 5 Monaten Rück- und Umbaumaßnahmen veranlasst und deren Durchführung durch Abzeichnung und durch die widerspruchslose Entgegennahme von Tagesberichten der ausführenden Unternehmen anerkannt. Es mussten insgesamt in 3 Geschossen des Neubaus, d.h. im UG, im EG und im 1.OG Wände und Decken wiedergeöffnet, neue Wand- und Deckendurchbrüche erstellt und Leitungen umverlegt oder neu eingebracht werden.
80
Das Erstgericht hat zu den dafür abgerechneten Regiestunden in einer umfangreichen Beweisaufnahme Zeugen vernommen und konnte sich für keinen der vorgelegten Regieberichte aufgrund der Zeugenaussagen die sichere Überzeugung verschaffen, „dass diese ohne Zweifel auf einem Planungsfehler des Beklagten beruhen und die dort angefallenen Stunden deshalb notwendig waren“.
81
Soweit das Erstgericht „für jede der Regiestunden einen Kausalnexus zu irgendeinem Planungsfehler des Beklagten“ fordert, überspannt es die Kausalitätsanforderungen erheblich. Es ist nicht Aufgabe der Zeugen anzugeben, welchen konkreten Planungsfehler der Beklagte begangen hat. Es ist klar, dass die Handwerker nur auf Anweisung gehandelt haben und das Wiederöffnen von Trockenbauwänden immer alle möglichen Gründe gehabt haben kann. Entscheidend ist nur, dass feststeht, dass es zu Rück- und Umbaumaßnahmen im erheblichen Umfang aufgrund von Planungsfehlern des Beklagten gekommen ist, nicht jedoch aufgrund welcher konkreter Planungsfehler.
82
Dass es infolge der Planungsfehler des Beklagten zu Rück- und Umbaumaßnahmen gekommen ist, ist zwischen den Parteien im Kern auch unstreitig. Dann aber müssen die hierfür angefallenen Kosten, wenn eine genaue Bestimmung nicht möglich und eine ausreichende Schätzgrundlage gegeben ist, nach § 287 ZPO geschätzt werden. Dies hat das Erstgericht im Kern auch erkannt, war aber der Meinung, schon ein Mindestvolumen nicht bilden zu können (LGU S. 26). Dies sieht der Senat anders.
83
Andererseits hat das Erstgericht bei seiner Beweiswürdigung, der der Senat insoweit folgt, bei einzelnen Zeugen jeweils festgestellt (LGU S.23, 24, 25): „Dass diese [gemeint: Regiestunden] durch einen Planungsfehler des Beklagten notwendig wurden, ist zwar abstrakt relativ wahrscheinlich (…)“; „Auch hier ist zwar eine Verursachung nach Gesamt-Sachlage abstrakt recht wahrscheinlich (…); „Auch hier ist zwar nach Gesamt-Sachlage abstrakt recht wahrscheinlich, dass etliche Stunden durch Planungsversäumnisse des Beklagten verursacht worden sind“.
84
Dieser Grad an Gewissheit genügt dem Senat für den Nachweis der Kausalität.
85
Dagegen führt der Umstand, dass der Beklagte entgegen seiner vertraglichen Verpflichtung in § 3 Ziffer 3.3 Leistungsphase 8 kein Bautagebuch geführt hat, nicht zu einer Umkehr der Beweislast oder einer Beweiserleichterung nach den Grundsätzen des ersten Anscheins oder der sekundären Darlegungslast.
86
Es ist nicht ersichtlich, dass die Rückbau- und Umbaumaßnahmen durch andere Umstände veranlasst gewesen wären als durch die Planänderungen des Beklagten. Das Erstgericht vermutet lediglich aufgrund der geschilderten Zustände auf der Baustelle, dass die Rückbauten „für sich genommen jeweils genauso „gut“ auf die Koordinationsversäumnisse des Architekten oder/und Ausführungsfehlern der Gewerke beruhen können“ (LGU S. 22).
87
Gegen die Annahme von Ausführungsfehlern der ausführenden Unternehmer (Montagefehler) spricht schon, dass derartige Leistungen nicht in Regie ausgeführt werden, da es sich dann um eigene Mängelbeseitigung gehandelt hätte. Was die angeblichen Koordinationsversäumnisse der Architekten anbelangt, wird auf die obigen Ausführungen verwiesen.
88
Der Senat ist der Auffassung, dass der dem Grunde nach bestehende Anspruch (s.o.) der Höhe nach gemäß § 287 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu schätzen ist.
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Es reicht bei der Entscheidung über die Schadenshöhe eine erhebliche, auf gesicherter Grundlage beruhende Wahrscheinlichkeit für die richterliche Überzeugungsbildung aus (BGH, Urteil vom 09.04.1992 - IX ZR 104/91 = NJW-RR 1992, 997; vom 29.05.2013, VIII ZR 174/12 = NJW 2013, 525; Hk-ZPO/Saenger, 5. Aufl., § 287 Rn. 15). Zwar ist es Sache des Klägers, diejenigen Umstände vorzutragen und gegebenenfalls zu beweisen, die seine Vorstellungen zur Schadenshöhe rechtfertigen sollen (vgl. BGH, Urteil vom 01.03.2007, - IX ZR 261/03, BGHZ 171, 261). Enthält der diesbezügliche Vortrag Lücken oder Unklarheiten, so ist es in der Regel jedoch nicht gerechtfertigt, dem jedenfalls in irgendeiner Höhe Geschädigten jeden Ersatz zu versagen; der Tatrichter muss vielmehr nach pflichtgemäßen Ermessen beurteilen, ob nach § 287 ZPO nicht wenigstens die Schätzung eines Mindestschadens möglich ist, und darf eine solche Schätzung erst dann gänzlich unterlassen, wenn sie mangels jeglicher konkreter Anhaltspunkte völlig in der Luft hinge und daher willkürlich wäre (BGH, Urteil vom 22.05.1984 - III ZR 18/83; BGHZ 91, 243; vom 08.05.2012 - VI ZR 37/11, NJW 2012, 2267; vom 06.12.2012 - VII ZR 84/10, NJW 2013, 525; vom 29.05.2013, VIII ZR 174/12 = NJW 2013, 525).
90
Dabei geht der Senat davon aus, dass die abgerechneten Stunden in voller Höhe angefallen und nachgewiesen sind, jedoch nicht auszuschließen ist, dass in einem geringen Umfang die Rück- oder Umbaumaßnahmen auch der Behebung anderer nicht durch die Planungsfehler des Beklagten verursachten Umstände geschuldet waren, die dabei gleich miterledigt wurden. Der Senat schätzt diesen Anteil aber lediglich auf 20% und geht davon aus, dass 80% der angefallenen Regiearbeiten auf die vom Beklagten verursachten Planungsmängel zurückzuführen sind. Um auf der sicheren Seite zu sein, nimmt der Senat einen weiteren Sicherheitsabschlag von 10% vor und hält somit letztlich 70% der geltend gemachten Regiekosten für erstattungsfähig.
91
Im Einzelnen ergeben sich aufgegliedert auf die einzelnen Firmen folgende Regiekosten:
TM A.: 22.585,15 €
Fa. R.: 34.200,00 €
Fa. L.: 5.000,00 €
61.785,15 € davon 70% =43.249,60 €
III.
92
Die Kostenentscheidung findet ihre Grundlage in §§ 92, 97, 101 ZPO.
93
Der Streitwert für das Berufungsverfahren (Summe beider Berufungen) beträgt 450.755,15 €, davon für die Berufung des Beklagten 195.000,00 € und für die Berufung der Klägerin 255.755,15 €.
94
Insgesamt ist die Klägerin nur mit folgenden Beträgen erfolglos geblieben:
10.026,90 € Mietausfallschaden
9 U 2715/20 Bau - Seite 21 - 15.470,00 € Vergütung W.
18.535,55 € Regiearbeiten (Differenz von 61.785,15 €./.43.249,60 €)
44.031,55 € insgesamt Bezogen auf den Gesamtstreitwert ergibt dies eine Unterliegensquote von 9,8% für die Klägerin, gerundet somit 10%.
IV.
95
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit fußt in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
V.
96
Die Streitwertfestsetzung gründet in den §§ 62 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1 Satz 1, 40, 48 GKG, 3 ff. ZPO.
VI.
97
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung ohne Abweichung von der ober- oder höchstrichterlichen Rechtsprechung.
Verkündet am 13.04.2021