Inhalt

LG München I, Urteil v. 26.11.2021 – 1 Ks 123 Js 190303/20
Titel:

Zum Heimtückemord und Mord aus niedrigen Beweggründen

Normenkette:
StGB § 211 Abs. 2
Leitsätze:
1. Das Ausnutzungsbewusstsein beim Heimtückemord kann im Einzelfall bereits aus dem objektiven Bild des Geschehens abgeleitet werden, wenn dessen gedankliche Erfassung durch den Täter zur Tatzeit auf der Hand liegt. Das gilt in objektiv klaren Fällen selbst dann, wenn der Täter die Tat einer raschen Eingebung folgend begangen hat. (Rn. 814) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei erhaltener Fähigkeit zur Unrechtseinsicht ist auch die Fähigkeit des Täters, die Tatsituation in ihrem Bedeutungsgehalt für das Opfer realistisch wahrzunehmen und einzuschätzen, im Regelfall nicht beeinträchtigt. Anders kann es zwar bei heftigen Gemütsbewegungen liegen, jedoch sprechen auch eine Spontaneität des Tatentschlusses sowie eine affektive Erregung des Angeklagten nicht zwingend gegen ein bewusstes Ausnutzen der Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers. Maßgeblich sind die in der Tatsituation bestehenden tatsächlichen Auswirkungen des psychischen Zustands des Täters auf seine Erkenntnisfähigkeit. (Rn. 815) (redaktioneller Leitsatz)
3. Gefühlsregungen wie Wut, Zorn, Ärger, Hass und Rachsucht kommen nur dann als niedrige Beweggründe in Betracht, wenn sie nicht menschlich verständlich, sondern Ausdruck einer niedrigen Gesinnung des Täters sind. (Rn. 828) (redaktioneller Leitsatz)
4. Beim Vorliegen eines Motivbündels beruht die vorsätzliche Tötung auf niedrigen Beweggründen, wenn das Hauptmotiv, welches der Tat ihr Gepräge gibt, nach allgemeiner sittlicher Wertung auf tiefster Stufe steht und deshalb verwerflich ist. Die Beurteilung der Frage, welches Motiv handlungsleitend für die Tötung des Opfers war, setzt eine Gesamtwürdigung aller äußeren und inneren für die Handlungsantriebe des Täters maßgeblichen Faktoren voraus. (Rn. 829) (redaktioneller Leitsatz)
5. In subjektiver Hinsicht muss hinzukommen, dass der Täter die Umstände, die die Niedrigkeit seiner Beweggründe ausmachen, in ihrer Bedeutung für die Tatausführung ins Bewusstsein aufgenommen hat und, soweit gefühlsmäßige oder triebhafte Regungen in Betracht kommen, diese gedanklich beherrschen und willensmäßig steuern kann. (Rn. 830) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Heimtückemord, Ausnutzungsbewusstsein, objektives Bild, Unrechtseinsicht, Spontaneität, niedrige Beweggründe, Gefühlsregungen, Motivbündel
Rechtsmittelinstanz:
BGH Karlsruhe, Beschluss vom 05.04.2022 – 1 StR 81/22
Fundstelle:
BeckRS 2021, 53852

Tenor

I. folgendes Der Angeklagte R. L., geboren am ... 1984 in Pf. an der I., ist schuldig des Mordes.
II. Er wird deswegen zulebenslanger Freiheitsstrafeverurteilt.
III. Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Entscheidungsgründe

1
Am 12.10.2020 zwischen 20:30 Uhr und 20:50 Uhr stach der damals 36-jährige Angeklagte im Galeriebereich der gemeinsam mit seiner wohlhabenden Ehefrau bewohnten Wohnung im zweiten Obergeschoss des Anwesens B1. straße 6, … M1., in Tötungsabsicht mindestens 11 Mal mit der etwa 15 cm langen und bis zu 4 cm breiten, spitz zulaufenden, einseitig geschliffenen Klinge eines Küchenmessers auf den Oberkörper, vor allem den Brustbereich, sowie auf den Kopf- und Halsbereich seiner damals 38-jährigen Ehefrau E. M. L. ein und würgte sie anschließend mit beiden Händen am Hals so, dass ihre zu diesem Zeitpunkt ohnehin bereits stark eingeschränkte Atmung gänzlich aussetzte. Durch die Messerstiche fügte der Angeklagte seinem Opfer diverse stark blutende, lebensgefährliche Stichverletzungen unter anderem an Herz, Lunge und Leber sowie im Halsbereich zu.
2
E. M. L. verstarb am … 2020 zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt zwischen 20:30 Uhr und 21:15 Uhr infolge Verblutens nach außen und innen in Verbindung mit Ersticken bei Bluteinatmung.
3
Der Angriff des Angeklagten erfolgte, nachdem seine Ehefrau eine von ihm verlangte Aussprache über von ihr mit einem anderen Mann ausgetauschte Chat-Nachrichten sexuellen Inhalts lautstark abgelehnt und sinngemäß geäußert hatte, dass alles o.k. wäre, wenn sie ihn jetzt umbringe. Dieses Verhalten seiner Ehefrau empfand der Angeklagte als Geringschätzung seiner Person. Er interpretierte es als Beleg dafür, dass E. M. L. entgegen seiner Hoffnung auf zunehmendes Wohlwollen vielmehr sogar eine innerliche Distanz zu ihm aufgebaut hatte, weshalb er keine realistische Chance mehr sah, sein Ziel der Teilhabe an ihrem Vermögen im Rahmen der gemeinsamen Lebensführung in ihrer Ehe zu erreichen. Der Angeklagte sah nunmehr all seine Bemühungen, die er seit dem Beginn der gemeinsamen Beziehung im Interesse seines angestrebten Ziels auch unter Zurückstellung eigener Bedürfnisse unternommen hatte, als vergeblich und im Ergebnis endgültig gescheitert an.
4
Die Erkenntnis dieses Scheiterns führte beim Angeklagten ebenso wie die empfundene Geringschätzung seiner Person zu Wut und Verärgerung über seine Ehefrau, die er für sein Scheitern verantwortlich machte. Im Zuge dessen trat bei ihm nunmehr auch eine erhebliche, bis dahin angestaute Aggression zutage, zu deren Entstehung Kränkungen durch seine Ehefrau in der Vergangenheit ebenso beigetragen hatten wie insbesondere der Umstand, dass ihm im Verlauf des Jahres 2020 seine finanzielle Situation und auch zunehmend die partnerschaftliche Beziehung in seiner Ehe entglitten waren.
5
Als der Angeklagte, der im Galeriebereich der Wohnung frontal vor seiner etwa mittig auf dem Sofa sitzenden Ehefrau stand, nach deren sinngemäßer Äußerung, dass alles o.k. wäre, wenn sie ihn jetzt umbringe, eine Körperregung bei ihr wahrnahm, beschloss er, sie mit einem schon längere Zeit auf dem Beistelltisch neben dem Sofa liegenden Küchenmesser zu töten, um sie für das seiner Meinung nach von ihr zu verantwortende und aus seiner Sicht eingetretene endgültige Scheitern seines Vorhabens der Teilhabe an ihrem Vermögen mit dem Leben bezahlen zu lassen und hierdurch zugleich seine Wut und Verärgerung über sie sowie seine angestaute Aggression an ihr abzureagieren.
6
Dar Angeklagte ergriff mit seiner rechten Hand blitzschnell das Küchenmesser von dem aus seiner Sicht rechts neben dem Sofa stehenden Beistelltisch und streckte unterdessen seinen linken Arm in einer abwehrenden Bewegung nach vorn, um hierdurch von vornherein eine etwaige Bewegung seiner Ehefrau in Richtung des Messers zu unterbinden und dieses ungehindert ergreifen zu können. In Fortsetzung dieser Bewegung wandte sich der Angeklagte mit einer schnellen Körperdrehung nach links seiner Ehefrau zu, die gerade im Begriff war, vom Sofa aufzustehen, und versetzte ihr in einer schnellen Bewegung wortlos einen Stich mit dem Messer in den zentralen vorderen Rumpfbereich, um sie zu töten.
7
In dieser Situation rechnete E. M. L. weder mit einem lebensbedrohlichen noch mit einem gegen ihre körperliche Unversehrtheit gerichteten erheblichen Angriff. Ihr standen aufgrund des schnellen Vorgehens des Angeklagten keine effektiven Abwehrmöglichkeiten zur Verfügung, was dieser erkannte und sich für seine Tatausführung zunutze machte.
8
Nach der Tat beabsichtigte der Angeklagte zunächst, sämtliche Tatspuren einschließlich des Leichnams zu beseitigen und sich ein Alibi zu verschaffen, um sich der strafrechtlichen Verantwortung für die Tat zu entziehen. Zu diesem Zweck reinigte er den Tatort akribisch von Blutspuren und ergriff Vorbereitungsmaßnahmen zur Beseitigung des Tatmessers und weiterer Tatspuren. In Vorbereitung auf den beabsichtigten Abtransport der Leiche zu deren Beseitigung wickelte er den Leichnam seiner Ehefrau bäuchlings in einen Teppich ein und verbrachte diesen bis zu der in den unteren Wohnbereich führenden Treppe. Um den Anschein zu erwecken, erst gegen 21:30 Uhr nach Hause gekommen und somit zur Tatzeit nicht am Tatort gewesen zu sein, verfasste und versandte der Angeklagte um 21:31 Uhr eine WhatsApp-Nachricht mit dem Text „Bin schon zu Hause mache nicht so lange *Umarmungssmiley*“ an seine Ehefrau.
9
Noch in den ersten Stunden nach der Tat entschloss sich der Angeklagte in dem dann eingetretenen Bewusstsein, dass ihn der Versuch, die von ihm begangene Tat zu verschleiern, psychisch völlig überforderte, die strafrechtliche Verantwortung für die Tötung seiner Ehefrau zu übernehmen. Er stellte sich noch im Laufe der Nacht freiwillig selbst bei der Polizei, nachdem er unter anderem Wertgegenstände aus dem Eigentum der Geschädigten zu seiner Mutter verbracht hatte, um sich und seiner Herkunftsfamilie unberechtigt materielle Vorteile zu sichern.
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Die oben skizzierte Handlungsweise des Angeklagten wertete das Schwurgericht als heimtückisch im Sinne des § 211 Abs. 2 Var. 5 StGB.
11
Das Mordmerkmal der sonstigen niedrigen Beweggründe (§ 211 Abs. 2 Var. 4 StGB) sah die Strafkammer durch das oben skizzierte Tatmotiv hingegen nicht als erfüllt an.
12
Der Angeklagte legte bei seiner freiwilligen Selbststellung ein von Reue und Schuldeinsicht getragenes Geständnis hinsichtlich der Tat in objektiver Hinsicht sowie seiner Täterschaft ab, welches er in der Folge konstant aufrechterhielt und wiederholte. Allerdings machte er hinsichtlich der Vielzahl der von ihm ausgeführten Messerstiche bereits von Anfang an Erinnerungslücken geltend und behauptete in der Hauptverhandlung darüber hinaus, sich auch an das finale Würgen seiner Ehefrau, welches er in seiner ersten polizeilichen Beschuldigtenvernehmung noch unumwunden eingeräumt hatte, nicht mehr erinnern zu können.
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In subjektiver Hinsicht räumte der Angeklagte eine Tötungsabsicht nicht ein. Bezüglich seines Tatmotivs war er nur im Hinblick auf den Anlass für die Tat sowie die Umstände, die auf seine Kränkung durch das Verhalten seiner Ehefrau sowie seine damit einhergehende - menschlich nachvollziehbare - Wut und Verärgerung schließen lassen, geständig. Er bestritt hingegen denjenigen Teil seines Tatmotivs, der das aus seiner Sicht eingetretene endgültige Scheitern seiner - auch unter Zurückstellung eigener Bedürfnisse - unternommenen Bemühungen, sein Ziel der Teilhabe am Vermögen seiner Ehefrau im Rahmen der gemeinsamen Lebensführung in ihrer Ehe zu erreichen, betrifft.
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Insoweit stellte der Angeklagte bereits sein - durchaus menschlich nachvollziehbares - Ziel der Teilhabe am Vermögen seiner Ehefrau im Rahmen der gemeinsamen Lebensführung in ihrer Ehe sowie seine Hoffnung, das hierfür erforderliche Wohlwollen seiner Ehefrau dadurch gewinnen zu können, dass er alles daransetzte, damit diese sich mit ihm wohlfühlte, vehement in Abrede.
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In diesem Zusammenhang versuchte der Angeklagte über weite Strecken seine eigenen Vermögensverhältnisse nach den von ihm erlittenen Verlusten mit Aktienspekulationen in Höhe von rund 360.000,- Euro erheblich zu beschönigen.
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Darüber hinaus bestritt der Angeklagte bis zuletzt seine nach der Tat zunächst vorhandene Absicht, sämtliche Tatspuren einschließlich des Leichnams zu beseitigen und sich ein Alibi zu verschaffen, um sich der strafrechtlichen Verantwortung für die Tat zu entziehen.
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Ebenfalls nicht geständig war der Angeklagte hinsichtlich seiner Absicht, sich und seiner Herkunftsfamilie unberechtigt materielle Vorteile zu sichern, indem er nach der Tat Wertgegenstände aus dem Eigentum der Geschädigten zu seiner Mutter verbracht hatte. Insoweit behauptete er bis zuletzt, er habe hierdurch lediglich dem Willen der Geschädigten entsprochen und ihre Interessen vertreten.
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Die abweichende Überzeugung des Schwurgerichts gründet sich auf eine Gesamtwürdigung der festgestellten Umstände sowie die im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegten Beweismittel und Erwägungen.
19
Die Einsichts- und Steuerungsfähigkeit des Angeklagten war bei der Tat weder aufgehoben noch erheblich vermindert.
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Im Einzelnen hat das Schwurgericht Folgendes festgestellt:
A. Persönliche Verhältnisse
I. Lebenslauf und Werdegang
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1. Der heute 37-jährige Angeklagte kam am … 1984 in Pf. an der I. als zweites von zwei gemeinsamen Kindern der Eheleute B. und R. Z., letztere geborene Zi., mit dem Geburtsnamen Z. zur Welt. Die Eltern des Angeklagten sind inzwischen beide im Ruhestand. Sein im Jahr 1948 geborener Vater war von Beruf Elektroingenieur, seine im Jahr 1952 geborene Mutter Hausfrau. Der Angeklagte wuchs gemeinsam mit seiner eineinhalb Jahre älteren Schwester Si., die inzwischen den Familiennamen He. trägt, sowie seinem 13 Jahre älteren Halbbruder mütterlicherseits, An. Uh., in seinem Geburtsort auf.
22
Als der Angeklagte etwa 14 Jahre alt war, kam es zwischen seinen Eltern zunehmend zu Streitigkeiten, worunter der Angeklagte litt. Er hielt sich in dieser Phase besonders häufig außer Haus auf und blieb auch gelegentlich dem Schulunterricht fern. Als der Angeklagte etwa 17 Jahre alt war, vollzogen seine Eltern schließlich die Trennung und ließen sich scheiden. Der Angeklagte blieb noch kurzzeitig bei seiner Mutter wohnen, zog aber bald darauf zu seiner damaligen Freundin (vgl. 3., S. 8).
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Der Vater des Angeklagten zog einige Zeit später nach Neu-Ulm, heiratete erneut und adoptierte die von seiner Ehefrau mit in die Ehe gebrachte Tochter P1.. Zu ihr hatte der Angeklagte ebenso wie zu seinen Eltern, seiner Schwester und seinem Halbbruder stets ein sehr gutes Verhältnis, wobei sein Kontakt zu seinem Halbbruder und seiner Mutter bis zuletzt besonders eng war. Die Adoptivschwester des Angeklagten litt seit ihrer Jugend an einer Tumorerkrankung, an deren Folgen sie am … 2020 im Alter von 28 Jahren verstarb. Der Angeklagte war durch den fortschreitenden Krankheitsverlauf bei seiner Adoptivschwester im Jahr 2020 emotional belastet.
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2. Nach dem Besuch eines Kindergartens wurde der Angeklagte im Alter von sechs Jahren eingeschult. Er besuchte vier Jahre lang die Grundschule, ein Jahr lang die Hauptschule und anschließend fünf Jahre lang die Realschule, ohne eine Jahrgangsstufe wiederholen zu müssen. Im Jahr 2002 erlangte er die Mittlere Reife und absolvierte anschließend mit Lehrzeitverkürzung eine dreijährige Lehre zum Industriemechaniker, die er mit Auszeichnung abschloss. Danach besuchte er die Berufsoberschule und musste das zweite der beiden Schuljahre wiederholen, nachdem er die schulischen Anforderungen wegen zu vieler Nebentätigkeiten im beruflichen, privaten und insbesondere sportlichen Bereich (vgl. unten 5., S. 10) nicht erfüllt hatte.
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Im Jahr 2006 erlangte der Angeklagte die Fachhochschulreife sowie in der Folge ein Stipendium. Er bestand den Einstellungstest für den gehobenen Dienst in der Finanzverwaltung und arbeitete von 2007 bis 2010 beim Finanzamt In., was ihm jedoch nicht zusagte, weshalb er auf eigenen Wunsch wieder aus dem öffentlichen Dienst ausschied. Nach einem zweimonatigen Urlaub in Südostasien mit einem Freund war der Angeklagte vorübergehend bei einem Unternehmen beschäftigt, in welchem Prototypen von Spülmaschinen gebaut wurden, bevor er an der Hochschule In. den Studiengang Betriebswirtschaftslehre absolvierte, welchen er nach sieben Semestern im Jahr 2015 mit dem akademischen Grad „Bachelor of Arts“ erfolgreich abschloss. Der Angeklagte, der stets darauf bedacht war, seine Lebenshaltungskosten durch einen sparsamen Lebensstil gering zu halten, nahm zur Finanzierung seines Studiums einen Studienkredit auf und arbeitete daneben als Personal Fitness Coach.
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Nach seinem Studium war der Angeklagte ab dem Jahr 2016 als Prozessberater bei einem Unternehmen in In. angestellt und übte eine Nebentätigkeit als selbstständiger Berater aus. Nachdem er Ende Dezember 2016 E. M. L., das spätere Tatopfer, kennengelernt hatte, mit ihr eine Beziehung eingegangen war und bereits nach kurzer Zeit faktisch in ihre Wohnung in M. miteingezogen war (vgl. hierzu näher unten B.I., S. 12 ff.), gab der Angeklagte A1. des Jahres 2017 seine Festanstellung bei dem Unternehmen in In. wieder auf, ohne sich in der Folge ernsthaft um einen neuen, seiner beruflichen Qualifikation entsprechenden Arbeitsplatz zu bemühen. Von Januar 2017 bis Februar 2019 übte er lediglich weiterhin seine Nebentätigkeit als selbstständiger Berater aus und ging ab Ende des Jahres 2017 zusätzlich einer Aushilfstätigkeit als Kundenberater in einem Einzelhandelsgeschäft nach. Von März 2019 bis zum 15.05.2020 war der Angeklagte als Personalberater im Bereich der Vermittlung von IT-Fachkräften für SAP-Software bei dem Unternehmen R1. C1. GmbH in M. in Vollzeit angestellt, wobei er lediglich bis Ende Februar 2020 tatsächlich arbeitete. Er war mit diesem Arbeitsverhältnis unzufrieden und fühlte sich erschöpft, weshalb er sich ärztlicherseits den gesamten März 2020 arbeitsunfähig krankschreiben ließ und mit seinem Arbeitgeber die einvernehmliche Aufhebung des Arbeitsvertrages zum 15.05.2020 sowie die Freistellung von der Arbeit unter Lohnfortzahlung bis dahin vereinbarte. Am 01.08.2020 trat der Angeklagte eine neue Vollzeitbeschäftigung im Angestelltenverhältnis mit im Wesentlichen demselben Stellenprofil bei dem Unternehmen M2. P2. GmbH in M. an, die er bis zu seiner Inhaftierung in diesem Strafverfahren ausübte.
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3. Der Angeklagte führte in seinem bisherigen Leben drei langjährige Beziehungen zu Frauen, mit denen er jeweils auch zusammenlebte. Im Alter von etwa 18 Jahren zog er zu seiner damaligen Freundin, mit der er insgesamt etwa acht Jahre lang eine Beziehung führte. Die Beziehung wurde von der Partnerin des Angeklagten beendet, nachdem diese einen anderen Mann kennengelernt hatte, mit dem sie anschließend eine Beziehung einging. Mit seiner zweiten langjährigen Partnerin lebte der Angeklagte in In. zusammen. Auch diese Beziehung wurde von der Partnerin des Angeklagten schließlich beendet, allerdings ein freundschaftlicher Kontakt aufrechterhalten. Ende Dezember 2016 lernte der Angeklagte über ein Online-Portal die am ... 1981 geborene spätere Geschädigte E1. M3. L. kennen und ging mit ihr eine Beziehung ein. Er heiratete sie schließlich am ... 2018 und nahm ihren Familiennamen an (vgl. hierzu näher B.I., S. 12 ff.).
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4. Der Angeklagte realisierte im Jahr 2020 bis zum 01.10.2020 einen Verlust aus Spekulationsgeschäften mit Aktien des mittlerweile insolventen U1. W1. AG in Höhe von 360.575,08 Euro, wobei das Geld von seiner Mutter Ra. Zi., seinem Halbbruder An. Uh. und seiner Schwester Si. He. stammte und die Investition des überlassenen Geldbetrags in Wirecard-Aktien nur von seinem Halbbruder beauftragt worden war. Im Fall der Mutter erfolgte diese Investition ohne deren Wissen, im Fall der Schwester nicht nur ohne deren Wissen, sondern auch gegen deren ausdrücklich erklärten Willen (vgl. zu alledem näher B.I., S. 12 ff.).
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Am 01.10.2020 besaß der Angeklagte ein Wertpapierdepot bei der C2. Bank AG im Wert von 113.117,50 Euro, dem allerdings negative Salden seines Wertpapierkreditkontos und seines Girokontos in Höhe von -76.992,96 Euro und -435,46 Euro gegenüberstanden, so dass sein positiver Gesamtsaldo bei der C2. Bank AG am 01.10.2020 lediglich 35.689,08 Euro betrug (vgl. B.I., S. 12 ff.).
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Diesem standen Verbindlichkeiten des Angeklagten in Höhe von mehr als 300.000,- Euro gegenüber:
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Er hatte Schulden in Höhe von etwa 20.000,- Euro aus einem früheren Studienkredit sowie in Höhe von 80.000,- Euro aus der zweckbestimmungswidrigen Geldanlage für seine Schwester, welche jeweils nach wie vor bestehen. Am 01.10.2020 hatte er ferner Verbindlichkeiten in Höhe von 12.000,- Euro gegenüber seinem Halbbruder aus dem für diesen abgewickelten Wertpapiergeschäft, welche inzwischen beglichen sind.
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Darüber hinaus hatte der Angeklagte V1. aus dem Kauf einer zum Bezug durch seine Mutter vorgesehenen Wohnung in Tr., wofür er im Februar 2020 zwei Immobilienkredite in Höhe von insgesamt 232.500,- Euro aufgenommen hatte. Diese Wohnung wurde inzwischen im Auftrag des Angeklagten wieder verkauft, so dass auch diese Kreditverbindlichkeiten mittlerweile nicht mehr bestehen.
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Allerdings hatte der Angeklagte zuvor für seine Mutter den Verkauf ihrer Eigentumswohnung in Pf. a der Il. abgewickelt und mit ihr vereinbart, dass von dem Verkaufserlös in Höhe von 282.000,- Euro letztlich eine neue Eigentumswohnung für seine Mutter erworben werden sollte. Ra. Zi., die dem Angeklagten uneingeschränkt vertraute, hatte ihm hinsichtlich der Umsetzung dieses vereinbarten Vorhabens völlig freie Hand gelassen und den gesamten Verkaufserlös überlassen. Diesen investierte der Angeklagte letztlich in Aktien der W1. AG. Er verlor schließlich den gesamten Gelbetrag im Zuge seiner Spekulationsgeschäfte mit diesen Aktien (vgl. zu alledem näher B.I., S. 12 ff.).
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Der Angeklagte sieht sich unabhängig von der Frage der konkreten rechtlichen Ausgestaltung des zwischen ihm und seiner Mutter bezüglich der Überlassung des Verkaufserlöses in Höhe von 282.000,- Euro zustande gekommenen Rechtsgeschäfts, mithin zumindest moralisch, zur Rückzahlung des - hiervon nach dem von seiner Mutter erhaltenen Erlös aus dem Verkauf der neu erworbenen Wohnung in Tr. noch offenen - Geldbetrags verpflichtet, wie er in der Hauptverhandlung letztlich ausdrücklich erklärte.
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5. Der Angeklagte ist seit seiner Kindheit sportlich sehr aktiv und auch erfolgreich. In seiner Kindheit und Jugend standen bei ihm zunächst Fußball und Leichtathletik im Vordergrund. In der Leichtathletik war er so erfolgreich, dass er in den B-Kader für die Olympischen Spiele aufgenommen wurde. Danach widmete er sich überwiegend dem Kraftsport und wurde im Jahr 2005 deutscher Meister im Kraftdreikampf. Bis zuletzt betrieb der Angeklagte regelmäßig Fitnesstraining. Darüber hinaus spielte der Angeklagte in seiner Freizeit gerne Computerspiele.
II. Gesundheitszustand und Suchtmittelkonsum
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1. Der Angeklagte hat im Laufe seines Lebens weder ernste Erkrankungen gehabt noch folgenschwere Unfälle - insbesondere unter Beteiligung des Kopfes - erlitten, durch die seine strafrechtliche Verantwortlichkeit im Sinne der §§ 20, 21 StGB berührt sein könnte. Er ist körperlich und psychisch gesund, äußerst durchtrainiert und sehr muskulös. In psychiatrische oder psychotherapeutische Behandlung hat er sich nie begeben.
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2. Der Angeklagte trinkt Alkohol im sozialüblichen Rahmen. In den letzten Jahren trank er durchschnittlich einen halben Liter Bier pro Tag und teilte sich mit seiner Ehefrau eine Flasche Wein pro Wochenende. Lediglich bei gelegentlichen festlichen Anlässen trank er etwas mehr Alkohol. Betrunken war der Angeklagte in den letzten Jahren lediglich zwei Mal, davon einmal bei einem Oktoberfestbesuch.
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Illegale Betäubungsmittel konsumierte der Angeklagte lediglich in geringem Umfang in seiner Jugend sowie während seines Studiums. In seiner Jugend rauchte er im Rahmen eines Probierkonsums gelegentlich Marihuana und während seines Studiums konsumierte er bis zu fünf Mal Kokain der Absicht, hierdurch seine Lernleistungsfähigkeit zu steigern. Ein Medikamentenmissbrauch hat beim Angeklagten nie vorgelegen. Er ist seit vielen Jahren Nichtraucher.
III. Intelligenz und Persönlichkeit
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1. Der Angeklagte verfügt über eine deutlich überdurchschnittliche Fähigkeit zum logischen, schlussfolgernden Denken. Bei einer entsprechenden Messung mittels der Standard Progressive Matrices (SPM) erzielte er einen Intelligenzquotienten (IQ) von 137. Seine mit dem Mehrfachwahl-Wortschatz-Intelligenz-Test (MWT-B) gemessene Verbalintelligenz (IQ 107) sowie seine mit dem Kurztest für allgemeine Basisgrößen der Informationsverarbeitung (KAI) gemessene fluide Intelligenz (IQ 103) liegen im mittleren Durchschnittsbereich. Der Angeklagte besitzt auch eine deutlich überdurchschnittliche Konzentrationsfähigkeit. Für kognitive Defizite oder eine hirnorganische Beeinträchtigung bestehen keinerlei Anhaltspunkte.
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2. Die Persönlichkeit des Angeklagten ist durch dependente, zwanghafte und narzisstische Züge akzentuiert sowie durch Aggressionshemmung gekennzeichnet. Sein Aggressionspotential ist nach dem Ergebnis der testpsychologischen Untersuchung erhöht.
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Der Angeklagte ist in erhöhtem Maße empfindlich und kränkbar. Er ist stets darauf bedacht, Konflikte und direkte Konfrontationen zu vermeiden. Er verhält sich nicht offen aggressiv und setzt sich auch gegen verbale Angriffe und Kränkungen im Rahmen von Auseinandersetzungen nicht zur Wehr. Schwierigkeiten beklagt er zwar, möchte sich damit jedoch nicht auseinandersetzen und zeigt insoweit eine Tendenz zur Bagatellisierung.
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Der Angeklagte ist ferner sehr ziel- und erfolgsorientiert. Selbstwert schöpft er maßgeblich aus dem Erreichen selbst definierter Ziele und Erfolge. Von zentraler Bedeutung für sein Selbstwerterleben ist dabei das Empfinden der Selbstwirksamkeit, mithin die auf der Grundlage seiner biografischen Entwicklung bis zum Jahr 2020 entwickelte Überzeugung, auch schwierige Situationen und Herausforderungen aus eigener Kraft erfolgreich bewältigen zu können.
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Darüber hinaus neigt der Angeklagte dazu, sich im Sinne einer sozialen Erwünschtheit besonders positiv, moralisch einwandfrei sowie an Regeln und Normen orientiert darzustellen.
IV. Vorstrafen
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Der Angeklagte ist nicht vorbestraft. Der Auszug aus dem Bundeszentralregister vom 24.09.2021 weist für ihn keine Eintragung auf.
V. Haftsituation
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B. Der Angeklagte wurde am 13.10.2020 vorläufig festgenommen und befindet sich aufgrund Haftbefehls des Amtsgerichts München vom 14.10.2020 (Az.: ER VIII Gs 2830/20), der dem Angeklagten am selben Tag eröffnet wurde, seither ununterbrochen in dieser Sache in Untersuchungshaft. Sachverhalt
I. Vorgeschichte
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Der Angeklagte und das spätere Tatopfer E. M. L. lernten sich Ende Dezember 2016 über ein Online-Portal kennen und gingen eine Beziehung miteinander ein. Sie heirateten am ... 2018 und der Angeklagte nahm den Familiennamen seiner Ehefrau an.
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Der Angeklagte verfolgte seit langem das Ziel, mit möglichst geringem Aufwand möglichst frühzeitig finanziell unabhängig zu werden und keiner Erwerbstätigkeit mehr nachgehen zu müssen. Durch seine Beziehung und Ehe mit E. M. L., die aufgrund eines geerbten Vermögens von mehreren Millionen Euro finanziell unabhängig war und ihr Leben - dem Ideal des Angeklagten entsprechend - selbstbestimmt nach ihren persönlichen Vorlieben gestaltete, sah er sich seinem Ziel sehr nahe.
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Er zog bereits nach kurzer Zeit faktisch und später auch offiziell zu E. M. L. in die in ihrem Alleineigentum stehende Maisonette-Wohnung im zweiten Obergeschoss des Anwesens B1. straße 6, … M1., im Stadtteil Ny. und gab Anfang des Jahres 2017 seinen Arbeitsplatz als Prozessberater eines Unternehmens in In. auf, ohne sich ernsthaft um einen neuen, seiner beruflichen Qualifikation entsprechenden Arbeitsplatz zu bemühen.
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Von Januar 2017 bis Februar 2019 erzielte der Angeklagte lediglich unregelmäßige Erwerbseinkünfte - aus der Fortführung einer zuvor nebenberuflich ausgeübten, selbstständigen Beratertätigkeit sowie ab Ende des Jahres 2017 zusätzlich aus einer Aushilfstätigkeit als Kundenberater in dem Einzelhandelsgeschäft „American Heritage“, in welchem auch E. M. L. im Wesentlichen aus ideellen Gründen in geringem Umfang tätig war - in Höhe von durchschnittlich rund 835,- Euro pro Monat, während seine Ausgaben in diesem Zeitraum bei durchschnittlich rund 1.885,- Euro pro Monat lagen. Aufgrund dieser Differenz von monatlich rund 1.050,- Euro war der Angeklagte auf zusätzliche Einnahmen angewiesen, um einen negativen Saldo seines Girokontos bei der C2. Bank AG zu vermeiden oder wieder auszugleichen, und erlangte diese insbesondere durch wiederholte finanzielle Zuwendungen aus dem Kreis seiner Herkunftsfamilie.
50
Der Angeklagte hoffte darauf, im Rahmen der gemeinsamen Lebensführung am Vermögen seiner Ehefrau soweit teilhaben zu können, dass er nicht länger einer Erwerbstätigkeit würde nachgehen müssen. Allerdings war E. M. L. auch nach der Eheschließung darauf bedacht, die finanziellen Belange der Eheleute weitestgehend getrennt zu halten.
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Sie räumte dem Angeklagten keinerlei Zugriff auf ihr Bank- und Immobilienvermögen ein, hielt ihn aus dem Kreis ihrer Erben außen vor und schloss mit ihm einen notariellen Ehevertrag, der gegenseitige finanzielle Ansprüche überwiegend ausschloss. Demnach sollten der Zugewinnausgleich nur im Todesfall und der Versorgungsausgleich sowie die Zahlung nachehelichen Unterhalts nur im Fall von gemeinsamen Kindern durchgeführt werden. An einem rund zweieinhalb Jahre vor dem Kennenlernen des Angeklagten errichteten Testament, in welchem sie ausschließlich Angehörige ihrer Herkunftsfamilie als ihre Erben eingesetzt hatte, an deren Stelle nur gegebenenfalls eigene Nachfahren treten sollten, hielt E. M. L. auch nach der Eheschließung mit dem Angeklagten fest. Diesen informierte sie wahrheitsgemäß über das Vorhandensein des Testaments sowie darüber, dass er deshalb nicht unter ihren Erben sein würde. Über den Aufbewahrungsort ihres Testaments ließ sie ihn bis zuletzt in Unkenntnis. Zudem verlangte E. M. L. vom Angeklagten, zur gemeinsamen Lebensführung finanziell beizutragen und hierfür einer seiner Berufsausbildung entsprechenden Erwerbstätigkeit in Festanstellung nachzugehen.
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Dem Angeklagten war klar, dass er unter diesen Umständen für die von ihm erhoffte Teilhabe am Vermögen seiner Ehefrau auf deren Wohlwollen angewiesen war. Dieses hoffte er dadurch gewinnen zu können, dass er alles daransetzte, damit diese sich mit ihm wohlfühlte, indem er versuchte, in jeder Hinsicht ihren Ansprüchen zu genügen, und sich bei der Gestaltung der Paarbeziehung zwischen ihnen umfassend nach ihren Wünschen und Anforderungen richtete.
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Der Angeklagte zeigte sich generell sehr fürsorglich gegenüber seiner Ehefrau, verbrachte mit ihr so viel Zeit wie möglich und übernahm zahlreiche Tätigkeiten im Haushalt. Im Hinblick auf die Auswirkungen einer Angststörung, die E. M. L. nach dem Tod ihrer Eltern sowie ihrer Schwester in den Jahren 2007 bis 2014 entwickelt hatte, erwies sich der Angeklagte als verständnisvoll. Soweit seine Partnerin deshalb zum Beispiel größere Menschenmengen mied, respektierte er dies und übernahm bei Bedarf etwa das Einkaufen. Ihre hohen Anforderungen an Ordnung und Sauberkeit sowie an eine sorgfältige Planung und Organisation im Allgemeinen erfüllte der Angeklagte ebenso wie ihre Wünsche hinsichtlich der Gestaltung von gemeinsamen Urlauben.
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Bei Meinungsverschiedenheiten mit seiner Ehefrau gab der Angeklagte stets nach und setzte sich auch gegen deren zum Teil lautstarke, verbale Angriffe und Kränkungen im Rahmen von Auseinandersetzungen nicht zur Wehr. Er verhielt sich vielmehr stets konfliktscheu, wurde selbst nie laut und zog sich gegebenenfalls auch räumlich zurück. Auch wenn ihn seine Ehefrau in Gegenwart Dritter zurechtwies oder deutlich machte, dass sie aufgrund ihrer finanziellen Überlegenheit in der Partnerschaft allein das Sagen hatte, nahm der Angeklagte dies widerspruchslos und äußerlich reaktionslos hin. So kam er etwa ihrer Forderung, seinen geliebten Hund wegzugeben, ohne Einwände nach. Auch fügte er sich kommentarlos und äußerlich reaktionslos, als E. M. L. bei einem gemeinsamen Restaurantbesuch der Eheleute mit ihrer Nachbarin A. I.e-Fr. im Dezember 2019 seine begeisterten Äußerungen darüber, dass ihm das zuvor im Rahmen ihrer gemeinsamen Suche nach einer neuen, größeren Ehewohnung besichtigte Objekt sehr gut gefallen habe, dadurch beendete, dass sie ihm mit der Aufforderung, nunmehr zu essen, einen Klaps auf den Hinterkopf versetzte.
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Der Angeklagte entsprach auch den Forderungen seiner Ehefrau hinsichtlich seines finanziellen Beitrags zur gemeinsamen Lebensführung und Aufnahme einer seiner Berufsausbildung entsprechenden Erwerbstätigkeit in Festanstellung. Am 20.02.2019 eröffneten die Eheleute ein gemeinschaftliches Haushaltskonto, auf welches sie monatlich jeweils 500,- Euro - rückwirkend seit der Eheschließung - einzahlten. Im März 2019 trat der Angeklagte eine Vollzeitbeschäftigung im Angestelltenverhältnis bei dem Unternehmen R1. C1. GmbH als Personalberater im Bereich der Vermittlung von ITFachkräften für SAP-Software an und erzielte fortan ein durchschnittliches Nettoeinkommen von rund 3.000,- Euro pro Monat. Nach einem Jahr Beschäftigungsdauer war der Angeklagte mit diesem Arbeitsverhältnis unzufrieden und fühlte sich erschöpft. Er ließ sich deshalb ärztlicherseits den gesamten März 2020 arbeitsunfähig krankschreiben und vereinbarte mit seinem Arbeitgeber die einvernehmliche Aufhebung des Arbeitsvertrages zum 15.05.2020 sowie die Freistellung von der Arbeit unter Lohnfortzahlung bis dahin.
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Da E. M. L. weiterhin vom Angeklagten forderte, dass dieser einer seiner Berufsausbildung entsprechenden Erwerbstätigkeit in Festanstellung nachgehen müsse, trat er am 01.08.2020 eine neue Vollzeitbeschäftigung im Angestelltenverhältnis mit im Wesentlichen demselben Stellenprofil bei dem Unternehmen M2. P2. GmbH an, was ihm ein Bruttojahresgehalt in Höhe von rund 45.000,- Euro bis 50.000,- Euro zuzüglich Prämien für erfolgreiche Personalvermittlungen versprach.
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All dies stand jedoch im Widerspruch zum Bestreben des Angeklagten, sein Ziel der möglichst frühzeitigen finanziellen Unabhängigkeit mit möglichst geringem Aufwand zu erreichen. Er versuchte deshalb daneben, seinem Ziel durch spekulative Investments in Aktien näherzukommen, und erhoffte sich dadurch zugleich, in finanzieller Hinsicht zu seiner Ehefrau aufschließen zu können. Einen wesentlichen Teil des für die Umsetzung seines Vorhabens benötigten Kapitals stellte der Erlös aus dem Verkauf der Eigentumswohnung seiner Mutter Ra. Zi. in Pf. a der Il. dar, den der Angeklagte für seine Mutter abwickelte. Er vereinbarte mit ihr, dass von dem Verkaufserlös in Höhe von 282.000,- Euro letztlich eine neue Eigentumswohnung für seine Mutter erworben werden sollte. Hinsichtlich der Umsetzung dieses vereinbarten Vorhabens vertraute Ra. Zi. dem Angeklagten uneingeschränkt und ließ ihm völlig freie Hand. Deshalb ging im Februar 2019 der gesamte Verkaufserlös in Höhe von 282.000,- Euro auf dem am 23.06.2009 errichteten Girokonto des Angeklagten bei der C2. Bank AG ein. Am 15.02.2019 - mithin in einem ganz engen zeitlichen Zusammenhang mit diesem Geldeingang - räumte der Angeklagte seiner Mutter eine Verfügungsberechtigung für sein Girokonto sowie für seine weiteren, zu diesem Zeitpunkt bei der C2. Bank AG vorhandenen Konten ein.
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Der Angeklagte investierte den gesamten Betrag aus dem erhaltenen Verkaufserlös letztlich in Aktien der W1. AG und hielt diese in seinem Depot bei der C2. Bank AG. Ra. Zi. bezog übergangsweise eine Mietwohnung in München, deren monatliche Miete in Höhe von 800,- Euro der Angeklagte ab 18.03.2019 durch Geldabgänge von seinem Girokonto zahlte.
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Mit Wirkung ab 15.06.2019 entzog der Angeklagte seiner Mutter die Verfügungsberechtigung für seine sämtlichen Konten bei der C2. Bank AG wieder und war fortan wieder alleiniger Verfügungsberechtigter.
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Im Januar 2020 fasste der Angeklagte den Entschluss, zum Preis von 264.000,- Euro eine Eigentumswohnung in der W2. Straße 12, … T1., zu erwerben, die er als Alleineigentümer an seine Mutter zu vermieten gedachte. Zur Finanzierung des Kaufpreises nahm der Angeklagte im Februar 2020 zwei Immobilienkredite in Höhe von insgesamt 232.500,- Euro auf, die durch eine Gesamtgrundschuld in dieser Höhe an dem Kaufobjekt besichert waren. Der Angeklagte schloss den Kaufvertrag über den Erwerb der Immobilie zum Preis von 264.000,- Euro am 06.03.2020 und leistete am 03.04.2020 eine Anzahlung auf den Kaufpreis in Höhe von 31.500,- Euro.
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Im Januar 2020 informierte der Angeklagte seine Ehefrau über den - zu diesem Zeitpunkt zwar noch nicht vollzogenen, jedoch von ihm ernsthaft beabsichtigten - Erwerb der zum Bezug durch seine Mutter vorgesehenen Wohnung in Tr..
62
Um sich seiner Ehefrau gegenüber als finanziell vermögender darzustellen als er tatsächlich war, ließ der Angeklagte sie dabei in dem Glauben, dass es sich bei der verkauften Eigentumswohnung in Pf. a der Il. um sein Eigentum gehandelt habe und der erzielte Verkaufserlös demnach sein eigenes Geld sei. Darüber hinaus spiegelte er seiner Ehefrau vor, dass er den notariellen Kaufvertrag über den Erwerb der Wohnung in Tr. bereits abgeschlossen und mit dem Erlös aus dem Verkauf der Wohnung in Pf. den Kaufpreis bezahlt habe, um auf diese Weise von vornherein zu verhindern, dass seine Ehefrau von ihm verlangen könnte, von dem beabsichtigten Wohnungskauf in Tr. noch Abstand zu nehmen und sich mit den hierfür vorgesehenen finanziellen Mitteln vielmehr an ihrem gemeinsam beabsichtigten Erwerb einer neuen, größeren Ehewohnung zu beteiligen.
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Da E. M. L. tatsächlich davon ausgegangen war, dass sich der Angeklagte mit dem erzielten Erlös aus dem Verkauf der vermeintlich ihm gehörenden Wohnung in Pf. an dem Erwerb einer neuen, größeren Ehewohnung beteiligen werde, war sie sowohl über die vermeintliche Verwendung der - vermeintlich dem Angeklagten gehörenden - finanziellen Mittel durch ihn als auch über den vermeintlich späten Zeitpunkt seiner Mitteilung, wodurch sie von ihm vermeintlich vor vollendete Tatsachen gestellt worden war, traurig und wütend. Beides beklagte sie gegenüber ihren Freundinnen Kr. R. und E.-Chr. W..
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Im Januar 2020 schloss der Angeklagte zudem mit der C2. Bank AG einen Wertpapierkreditvertrag über 100.000,- Euro mit einem Sollzinssatz von 3,9%. Das entsprechende Wertpapierkreditkonto nutzte der Angeklagte in der Folge überwiegend für seinen Handel mit Aktien sowie teilweise für den Ausgleich kurzfristiger finanzieller Engpässe auf seinem Girokonto.
65
Von seinem Halbbruder An. Uh. wurden dem Angeklagten im Juli 2019 und im Januar 2020 jeweils 50.000,- Euro auf sein Girokonto überwiesen sowie weitere 10.000,- Euro mit der Zweckbestimmung überlassen, den gesamten Geldbetrag für ihn ebenfalls in Aktien der W1. AG zu investieren. Der Angeklagte vereinbarte mit seinem Halbbruder eine Provision für sein Tätigwerden in Höhe von 10 Prozent von einem etwaigen erzielten Gewinn.
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Unter dem Datum vom 28.01.2020, der Auftragsnummer ... und der Kundennummer ... erstellte er mit dem Briefkopf „Unternehmensberatung R. L.“ eine Forderungsaufstellung über zwei Positionen für An. Uh. im Gesamtwert von 370.301,75 Euro. Die erste Forderungsposition resultiert demnach aus einem Auftrag zum Kauf von 759 Aktien der W1. AG, Wertpapierkennnummer ..., auf Provisionsbasis zum Einzelpreis von 140,06 Euro pro Aktie. Als Gesamtpreis dieser Position ist 106.301,75 Euro - und nicht mathematisch korrekt 106.305,54 Euro - ausgewiesen. Die zweite Forderungsposition beinhaltet den Kaufpreis in Höhe von 264.000,- Euro für die Eigentumswohnung in der W2. Straße 12, … T1., deren Erwerb durch den Angeklagten zum Zeitpunkt der Erstellung der Forderungsaufstellung am 28.01.2020 zwar noch nicht vollzogen, jedoch vom Angeklagten ernsthaft beabsichtigt war.
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In diesem nur vom Angeklagten unterschriebenen Schriftstück dokumentierte er ferner, dass es sich um eine abschließende Forderungsaufstellung handle und eine Geltendmachung der Forderungen durch An. Uh. „nur [Ergänzung: bei] Einstimmigkeit der Parteien erfolgen [könne], also insofern Herr A2. U2. und R. L. dies gleichzeitig wollen. Im Falle des frühzeitigen Ablebens entfällt die Einstimmigkeit auf die überlebende Partei.“
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Am 03.02.2020 realisierte der Angeklagte erstmals einen Verlust durch den Verkauf von WirecardAktien in Höhe von 45.035,19 Euro. Darüber hinaus hatte er bis dahin von seinem Wertpapierkreditkonto 97.014,24 Euro in Anspruch genommen. Am 01.04.2020 war der vom Angeklagten realisierte Verlust aus Handelsgeschäften mit Wirecard-Aktien bereits auf 244.012,37 Euro angewachsen, betrug am 04.05.2020 283.564,- Euro und am 02.06.2020 293.153,09 Euro. Sein Wertpapierkreditkonto wies am 02.06.2020 einen negativen Saldo von -84.821,- Euro auf.
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Im Juni 2020 wurden dem Angeklagten von seiner Schwester Si. He. 80.000,- Euro auf sein Girokonto überwiesen mit der ausdrücklichen Zweckbestimmung, den Geldbetrag für sie sicher, mithin risikofrei, vorübergehend anzulegen und anschließend wieder an sie zurückzuführen. Obwohl dem Angeklagten die ausdrückliche Zweckbestimmung durch seine Schwester bewusst war, verwendete er den Geldbetrag zum Teil für die Rückführung seiner Verbindlichkeiten aus dem Wertpapierkredit und investierte den restlichen Betrag - trotz der erheblichen Verluste, die er durch seine Spekulationsgeschäfte mit Wirecard-Aktien bis dahin bereits erlitten hatte - ohne Wissen seiner Schwester ebenfalls wiederum vollständig in Wirecard-Aktien.
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Am 01.07.2020 betrug der gesamte, vom Angeklagten im Jahr 2020 realisierte Verlust aus Spekulationsgeschäften mit Wirecard-Aktien 359.658,23 Euro. Bis zum 03.08.2020 erhöhte sich sein im Jahr 2020 realisierter Verlust aus Wertpapiergeschäften auf 360.575,08 Euro und bestand in dieser Höhe auch noch am 01.10.2020 fort. Das Depot des Angeklagten hatte am 01.10.2020 einen Wert von 113.117,50 Euro, dem allerdings negative Salden seines Wertpapierkreditkontos und seines Girokontos in Höhe von -76.992,96 Euro und -435,46 Euro gegenüberstanden, so dass sein positiver Gesamtsaldo bei der C2. Bank AG am 01.10.2020 lediglich 35.689,08 Euro betrug.
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Diesem standen die Verbindlichkeiten des Angeklagten aus dem Wohnungskauf für seine Mutter sowie aus der zweckbestimmungswidrigen Geldanlage für seine Schwester in Höhe von insgesamt mehr als 300.000,- Euro gegenüber. Darüber hinaus hatte der Angeklagte noch Schulden in Höhe von etwa 20.000,- Euro aus einem früheren Studienkredit sowie Verbindlichkeiten in Höhe von 12.000,- Euro gegenüber seinem Halbbruder, da der Angeklagte den in dieser Höhe erzielten Erlös aus dem Verkauf der für seinen Halbbruder mit dem von diesem zur Verfügung gestellten Geld erworbenen Wirecard-Aktien bis dahin noch nicht an An. Uh. ausgekehrt hatte.
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Der Angeklagte war wegen der erheblichen finanziellen Verluste, die er durch seine Spekulationsgeschäfte mit Aktien erlitten hatte, zeitweise niedergeschlagen und depressiv verstimmt. In einem vorübergehenden Anflug von Verzweiflung dachte er im Juni 2020 während des gemeinsamen Urlaubs mit seiner Ehefrau in Italien - anlässlich des Bekanntwerdens der zur Insolvenz führenden Vorgänge beim U3. W1. AG sowie des daraus resultierenden Wertverfalls der Wirecard-Aktie - kurzzeitig über die Möglichkeit nach, sich der daraus entstandenen Situation eventuell durch einen Suizid im Mittelmeer zu entziehen. Er nahm hiervon jedoch sogleich wieder Abstand, ohne etwas unternommen zu haben, um die gedanklich in Betracht gezogene Möglichkeit in die Tat umzusetzen.
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Soweit der Angeklagte sein Umfeld über die durch sein Investment in Wirecard-Aktien erlittenen Verluste sowie zum Teil über deren Ausmaß von rund 360.000,- Euro zumindest der Größenordnung nach informierte, verschwieg er stets, dass es sich bei dem verlorenen Kapital um Geld handelte, das ihm von Mitgliedern seiner Herkunftsfamilie zur Durchführung der Finanzanlage für sie - im Fall der Mutter in Form des Erwerbs einer neuen Eigentumswohnung für sie - überlassen worden war. Seine Mutter ließ der Angeklagte über das erhebliche Ausmaß seiner Spekulationsverluste ebenso in Unkenntnis wie über die Tatsache, dass diese letztlich den gesamten Erlös aus dem Verkauf ihrer Eigentumswohnung umfassten.
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Nachdem sein Vorhaben, der von ihm angestrebten, möglichst frühzeitigen finanziellen Unabhängigkeit durch Spekulationen mit Aktien näherzukommen, auf ganzer Linie gescheitert war, hoffte der Angeklagte mehr denn je, doch noch das Wohlwollen seiner Ehefrau im Hinblick auf die von ihm erhoffte Teilhabe an ihrem Vermögen gewinnen zu können. Allerdings war ihm spätestens im Verlauf des Jahres 2020 nicht nur seine finanzielle Situation, sondern auch zunehmend die partnerschaftliche Beziehung in seiner Ehe entglitten.
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E. M. L. hatte bereits im Jahr 2019 gegenüber ihrer Freundin Kr. R. über aufgekommene L.eweile in ihrer Partnerschaft sowie über sexuelle Unzufriedenheit geklagt. Darüber hinaus fühlte sie sich in ihrer Ehe mit dem Angeklagten zunehmend eingeengt und beanspruchte immer mehr persönlichen Freiraum für sich. Auch ihre Haltung zu dem vom Angeklagten immer wieder geäußerten, dringenden Kinderwunsch hatte sich verändert. Nachdem sie zunächst ebenfalls einen Kinderwunsch bekundet und nicht zuletzt deshalb gemeinsam mit dem Angeklagten nach einer neuen, größeren Ehewohnung gesucht hatte, schwankte sie im weiteren Verlauf in ihrer Haltung zu diesem Thema. Ihrem Umfeld gegenüber äußerte sie sich insoweit zunehmend wechselhaft und widersprüchlich. Im Juli 2020 ließ sie sich zwar die bis dahin zur Empfängnisverhütung eingesetzte Spirale entfernen, setzte ihre Empfängnisverhütung jedoch nahtlos durch die orale Einnahme hormonhaltiger PillenPräparate fort.
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Im Jahr 2019 hatte E. M. L. zudem begonnen, immer mehr Zeit in sozialen Netzwerken sowie vor allem mit dem Online-Spiel „The Elder Scrolls Online“ zu verbringen, welches sie regelmäßig mehrere Stunden pro Tag mit ihrer Playstation am Fernseher im Galeriebereich ihrer Maisonette-Wohnung spielte. Hierbei bildete sie gemeinsam mit anderen Online-Spielern eine sogenannte Gilde und lernte im Zuge dessen unter anderem ihren Mitspieler Ph. Ta. aus K. kennen. Mit ihm und einer oder zwei - im Laufe der Zeit wechselnden - weiteren Personen bildete sie fortan eine sogenannte Party, mithin eine kleine Gruppe, die beim Online-Spielen überwiegend gemeinsam agierte.
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Nach dem anfänglichen Austausch von lediglich spielbezogenen Nachrichten kam es im Laufe der Zeit zwischen E. M. L. und Ph. Ta. zunehmend auch zum Austausch privater Nachrichten auf freundschaftlicher Ebene über die Messenger-Dienste „Di.“ und „WhatsApp“. Hierbei ging es häufig um die Themen Fitness und Sport, wofür beide sich neben dem Online-Spiel interessierten. Während E. M. L. vorrangig mit dem Ziel der Gewichtsabnahme regelmäßig ein Fitnessstudio aufsuchte, war Ph. Ta. - ähnlich wie der in seinem Leben sportlich sehr erfolgreiche, äußerst durchtrainierte und sehr muskulöse Angeklagte - generell sehr fitness- und sportbegeistert sowie gut trainiert. Ihm und den anderen Online-Mitspielern verschwieg E. M. L., dass sie verheiratet war. Da sich weder aus den Fotos von ihrer Wohnung, die sie immer wieder an OnlineMitspieler verschickte, noch aus etwaigen Hintergrundgeräuschen oder sonstigen Umständen für Ph. Ta. Anhaltspunkte dafür ergaben, dass E. M. L. verheiratet war und mit ihrem Ehemann zusammenlebte, ging er - ebenso wie zum Beispiel auch der weitere Online-Mitspieler M. Sch., mit dem sie bis zuletzt ausschließlich auf rein freundschaftlicher Ebene kommunizierte - davon aus, dass sie alleinstehend war und allein in ihrer Wohnung lebte.
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Ab Anfang des Jahres 2020 steigerte E. M. L. den zeitlichen Umfang ihres Online-Spielens noch einmal erheblich und verbrachte noch mehr Zeit mit ihrem Mobiltelefon in sozialen Netzwerken und im Austausch mit Freunden und Bekannten. So tauschte sie im Zeitraum März bis Oktober 2020 allein mit Ph. Ta. knapp 3500 Nachrichten über den Messenger-Dienst „Di.“ und mehr als 100 Nachrichten über den Messenger-Dienst „WhatsApp“ aus. Zwischen ihr und M. Sch. kam es im Zeitraum von Ende August bis Mitte Oktober 2020 zum Austausch von mehr als 550 WhatsApp-Nachrichten. E. M. L. führte ihr Handy auch zu Hause stets bei sich, etwa auch beim Toilettengang, und reagierte auf eingehende Nachrichten nicht nur tagsüber, sondern auch nachts in aller Regel prompt, was den Angeklagten irritierte und störte.
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Angesichts des immensen zeitlichen Umfangs, den das Online-Spielen sowie die Handynutzung bei E. M. L. einnahmen, war der Angeklagte hierauf zunehmend eifersüchtig, da er von seiner Ehefrau nicht mehr die Aufmerksamkeit und Zuwendung erhielt, die er sich gewünscht hätte. Da er aber zum einen persönlichkeitsbedingt stets darauf bedacht ist, Konflikte und direkte Konfrontationen zu vermeiden, und zum anderen weiterhin hoffte, das Wohlwollen seiner Ehefrau in finanzieller Hinsicht unter anderem durch eine umfassend ihren Wünschen entsprechende Gestaltung der Paarbeziehung gewinnen zu können, nahm er diese Entwicklung hin, ohne seine daraus resultierende Unzufriedenheit gegenüber seiner Ehefrau deutlich zu machen.
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Er beschränkte sich vielmehr darauf, lediglich vereinzelt organisatorische Absprachen wie etwa die Einhaltung gemeinsamer Essenszeiten oder die vorherige zeitliche Festlegung von Spielzeiten zu erbitten, zumal E. M. L. bereits auf derartige Bitten häufig gereizt und verärgert reagierte. Auch hierbei verhielt sich der Angeklagte wie stets - seiner Persönlichkeit entsprechend - konfliktscheu und nachgiebig. Dies tat er auch, als er zuletzt etwa Ende September 2020 von seiner Ehefrau angeschrien wurde, nachdem er sie anlässlich einer an einem Tag praktizierten Spieldauer von etwa 10 Stunden auf ihr exzessives Online-Spielen angesprochen hatte.
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Etwa ab Ende März 2020 tauschten E. M. L. und Ph. Ta. ohne Wissen des Angeklagten nicht mehr nur rein freundschaftliche Chat-Nachrichten, sondern über den Messenger-Dienst „Di.“ mehr oder weniger regelmäßig auch intime, auf gegenseitige sexuelle Erregung gerichtete Nachrichten und Fotos von sich aus. Hierbei schrieben sie wechselseitig über ihre sexuellen Wünsche und Vorlieben sowie Nachrichten, in denen sie in ihrer Fantasie miteinander sexuell verkehrten.
82
E. M. L. bekundete wiederholt Interesse an einem persönlichen Treffen mit Ph. Ta., was dieser jedoch von Anfang an konsequent ablehnte. Sie bat ihn zunächst vergeblich, dass er sich im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit für Termine in München einteilen lassen solle, um sich dort mit ihr zu treffen. Als sie Ende August 2020 mit ihrer Freundin Kr. R. einige Tage in deren Heimatstadt K. verbrachte, wo auch Ph. Ta. lebte, kontaktierte sie ihn wiederholt vor Ort und versuchte vergeblich, ihn doch noch zu einem persönlichen Treffen mit ihr zu überreden, obwohl er dies bereits im Vorfeld weiterhin konsequent abgelehnt hatte. Ihren gegenüber Kr. R. gemachten Angaben zufolge habe sie hierbei zum einen herausfinden wollen, ob Ph. Ta. ihrer Vorstellung, die sie sich von ihm gemacht habe, auch tatsächlich entspreche. Zum anderen habe sie gehofft, sich bei einem persönlichen Treffen mit ihm darüber klar zu werden, ob sie wegen ihrer Unzufriedenheit in ihrer Ehe eine Trennung vom Angeklagten ernsthaft in Erwägung ziehen solle. Auf der Rückfahrt nach München kontaktierte sie ihren Online-Mitspieler M. Sch. und zeigte sich ihm gegenüber sehr verärgert und enttäuscht darüber, dass Ph. Ta. trotz ihrer Überredungsversuche bis zuletzt an seiner Ablehnung eines persönlichen Treffens mit ihr festgehalten hatte.
83
Ungeachtet dessen setzten E. M. L. und Ph. Ta. danach ihren Austausch intimer, auf gegenseitige sexuelle Erregung gerichteter Nachrichten und Fotos von sich fort und telefonierten auch zweimal, zuletzt kurz vor dem 09.10.2020, miteinander und hatten Telefonsex. Am Freitag, den 09.10.2020, tauschten sie vormittags und nachmittags über den Messenger-Dienst „Di.“ wieder auf gegenseitige sexuelle Erregung gerichtete Textnachrichten aus und nahmen am Vormittag unter anderem andeutungsweise Bezug auf den vorherigen Telefonsex zwischen ihnen.
84
Am Nachmittag des 09.10.2020 übersandte E. M. L., Inhaberin des Benutzerkontos „Ar.“, um 15:32 Uhr zusammen mit dem Text „Was denkst du was ich grad vielleicht tue…“ ein Foto, das allem Anschein nach ihren mit einer blauen Jeanshose bekleideten Unterleib sowie ihre linke Hand am geschlossenen Gürtel zeigt. Unmittelbar hierauf forderte Ph. Ta., Inhaber des Benutzerkontos „V.“, seine Chatpartnerin auf, sich auszuziehen, sich bequem hinzulegen und ihrer Fantasie freien Lauf zu lassen. Auf ihre Rückfrage, ob dies ein Befehl sei, bejahte er, woraufhin sie erwiderte, dass sie seiner Aufforderung nachkomme.
85
Um 15:37 Uhr schrieb Ph. Ta. „Zieh dein Oberteil aus… entferne den BH Lege dir einen deiner schwarzen Freunde bereit… lehne dich zurück, schau dich an, berühre dich“. Hierauf übersandte E. M. L. um 15:41 Uhr ein Foto - allem Anschein nach von sich selbst -, wobei der Bildausschnitt lediglich den Bereich vom rechten Mundwinkel über den rechten Kinnbereich einschließlich der Kopfhaare rechts bis zum entblößten Brust-Schulter-Bereich rechts zeigt und die rechte entblößte Brust von der rechten Hand verdeckt wird.
86
Im weiteren Verlauf schrieb Ph. Ta. an seine Chatpartnerin unter anderem, er wolle, dass ihre freie Hand langsam an ihr hinabgleite, und forderte sie auf, ihre Beine für ihn zu spreizen. Hierauf fragte E. M. L. „wie weit“, worauf Ph. Ta. schrieb „Ganz weit…so, dass ich jetzt vor dir knien könnte Ich würde ihn an ihr reiben … nur die Spitze, damit du es von ihm kosten kannst, während ich mich neben deinen Kopf knie Massiere sie für mich und sag mir was du jetzt gerade am meisten willst“.
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Um 15:53 Uhr übersandte E. M. L. ein Foto, bei dessen Aufnahme sie allem Anschein nach in ihrem Bett im Schlafzimmer lag. Als nächstes folgte um 18:16 Uhr eine Nachricht von ihr mit dem Wortlaut „Heiß … Ist hier nur eins“, bevor sich die Chatpartner in den nächsten Nachrichten um 23:06 Uhr und 23:37 Uhr gegenseitig eine gute Nacht wünschten, was E. M. L. um 23:39 Uhr mit dem Text „Sweet dreams“ ergänzte.
88
Im September 2020 war E. M. L. auf das von einem Immobilienmakler inserierte Verkaufsangebot einer Wohnung in R.-Eg. am T. aufmerksam geworden. Nach einer ersten Besichtigung der Wohnung gemeinsam mit dem Angeklagten sowie einem nachfolgenden Informationsaustausch mit dem inserierenden Makler war sie sehr daran interessiert, diese Wohnung als Zweitwohnsitz sowie zur phasenweisen Vermietung als Ferienwohnung zu erwerben. Am Samstag, den 10.10.2020, fand ein weiterer Besichtigungstermin zwischen dem Ehepaar L. und dem Immobilienmakler statt, an welchem auch der bisherige Wohnungseigentümer teilnahm. Hierbei wurden die jeweiligen Vorstellungen der Parteien bezüglich des Kaufpreises und der Verkaufsabwicklung erörtert und konkretisiert.
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Am Abend des 10.10.2020 zwischen 22:49 Uhr und 23:51 Uhr, als sich das Ehepaar L. bereits zu Bett begeben hatte, schrieb E. M. L. 23 Nachrichten über den Messenger-Dienst „WhatsApp“ an Ph. Ta. und erhielt im Gegenzug 17 Nachrichten von ihm, deren Eingang durch ein farbliches Blinken ihr Mobiltelefons optisch signalisiert wurde. Hierbei tauschten sie sich über das Thema Fitness aus und machten sich gegenseitig Komplimente. Der Angeklagte fühlte sich in seiner Einschlafphase insbesondere durch die optischen Signale der eingehenden Nachrichten gestört und war hierüber sehr irritiert, was er jedoch seiner Ehefrau gegenüber wiederum nicht ansprach. Diese sah sich allerdings veranlasst, an diesem Abend von sich aus dem Angeklagten gegenüber zu behaupten, dass sie soeben eine Chat-Nachricht ihrer Freundin E.-Chr. W. erhalten habe.
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Am Sonntag, den 11.10.2020, fand am Vormittag zwischen den Eheleuten L. vaginaler Geschlechtsverkehr statt. Im weiteren Tagesverlauf besuchte der Angeklagte zunächst seinen Halbbruder An. Uh. und danach seine schwerkranke Adoptivschwester Pa. in N.-Ul..
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Am Montag, den 12.10.2020, begab sich der Angeklagte wie üblich gegen 09:00 Uhr an seinen Arbeitsplatz in den Büroräumen der M2. P2. GmbH in Mü. und ging dort tagsüber seiner Arbeit nach. Für 17:30 Uhr vereinbarte er einen Termin zu einem Geschäftsessen mit einem Mitarbeiter des Unternehmens ARS Al. in der Gaststätte „Au.“. Vor diesem Hintergrund schrieb der Angeklagte um 14:49 Uhr an seine Ehefrau eine WhatsApp-Nachricht mit dem Wortlaut „18:30 Uhr schaffe ich. Konnte schieben. Gegessen habe ich dann aber trotzdem schon *KussSmiley*“, die ebenfalls um 14:49 Uhr auf ihrem Handy einging und in der Folge von ihr gelesen wurde.
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Allerdings wurde das Geschäftsessen von dem vorgesehenen Gesprächspartner des Angeklagten aus privaten Gründen kurzfristig abgesagt und auf den nächsten Tag verschoben, weshalb der Angeklagte gegen 17:30 Uhr sein Büro verließ, um sich auf den Heimweg zu machen. Auf dem Weg zu seinem Fahrrad öffnete er um 17:35 Uhr den WhatsApp-Chatverlauf mit seiner Ehefrau auf seinem Mobiltelefon, um ihr seine frühere als in der WhatsApp-Nachricht von 14:49 Uhr avisierte Rückkehr anzukündigen. Allerdings wurde der Angeklagte durch die zufällige Begegnung und das nachfolgende Gespräch mit einem Arbeitskollegen von seinem Vorhaben abgelenkt und schloss letztlich die WhatsApp-Applikation auf seinem Mobiltelefon wieder, ohne eine Nachricht an seine Ehefrau getippt und abgeschickt zu haben. Innerhalb der WhatsApp-Applikation war weiterhin der Chat zwischen dem Angeklagten und seiner Ehefrau geöffnet.
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Gegen 17:55 Uhr traf der Angeklagte zu Hause in der Wohnung im zweiten Obergeschoss des Anwesens B1. straße 6 in Mü. ein und rief seiner Ehefrau, die sich im Galeriebereich aufhielt, zur Begrüßung „Hallo“ zu. Da sie ihn wegen der um 14:49 Uhr erhaltenen WhatsApp-Nachricht erst gegen 18:30 Uhr zurückerwartet hatte, reagierte sie auf seine Begrüßung mit der verwunderten Frage, ob er schon da sei.
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Im weiteren Verlauf des Abends schenkte sich der Angeklagte gegen 19:00 Uhr in der Küche ein 0,2- Liter-Glas Rotwein ein, begab sich mit diesem ebenfalls in den Galeriebereich und setzte sich dort zu seiner Ehefrau auf das Sofa. Hierbei nahm er wahr, dass auf dem Beistelltisch neben dem Sofa ein Küchenmesser aus ihrem Haushalt lag, welches üblicherweise in der Küche aufbewahrt wurde und eine etwa 15 cm lange und bis zu 4 cm breite, spitz zulaufende, einseitig geschliffene Klinge aufwies. Der Angeklagte ließ seine Ehefrau aus dem mitgebrachten Glas Wein einen Schluck trinken und trank selbst den restlichen Wein, während sie gemeinsam vor dem Fernseher saßen und sich über die Ereignisse des Tages austauschten.
II. Tatgeschehen
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Gegen 20:28 Uhr begab sich E. M. L. in den unteren Bereich ihrer Wohnung, um die Toilette aufzusuchen und anschließend an der geöffneten Balkontür eine Zigarette zu rauchen. Entgegen ihrer sonstigen Gewohnheit ließ sie hierbei ihr Mobiltelefon im Galeriebereich zurück. Dies bemerkte der Angeklagte und sah dies als günstige Gelegenheit an, sich anhand der Chatverläufe im Handy seiner Ehefrau - nicht zuletzt vor dem Hintergrund der zahlreichen Chat-Nachrichten am späten Abend zwei Tage zuvor - einen Eindruck davon zu verschaffen, mit wem sie Nachrichten austauschte und welchen Inhalt diese hatten. Er entsperrte um 20:28 Uhr das Mobiltelefon durch die Eingabe der ihm bekannten PIN und las in der Applikation des Messenger-Dienstes „Di.“ die zwischen seiner Ehefrau und Ph. Ta. am 09.10.2020 ausgetauschten Nachrichten sexuellen Inhalts.
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Aufgrund dieser Nachrichten sah der Angeklagte den Fortbestand seiner Ehe konkret in Gefahr. Er begab sich deshalb nach unten zu seiner Ehefrau und stellte sie deswegen zur Rede. Hierbei hoffte er, dass sie das von ihm Gelesene relativieren und jedenfalls den Fortbestand ihrer Ehe nicht in Frage stellen würde.
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E. M. L. lehnte jedoch jegliche Aussprache hierüber lautstark ab und ging wieder nach oben in den Galeriebereich, wohin ihr der Angeklagte folgte. Er betonte, dass er wissen müsse, woran er sei, und fügte hinzu, dass er ihr doch zumindest eine klärende Antwort wert sein müsse. Als seine Ehefrau ihn stattdessen aufforderte zu verschwinden, insistierte der Angeklagte, dass ihm aber an einer sofortigen Klärung gelegen sei. E. M. L. verweigerte diese jedoch weiterhin und äußerte schließlich sinngemäß, dass alles o.k. wäre, wenn sie ihn jetzt umbringe.
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Dieses Verhalten seiner Ehefrau empfand der Angeklagte, der aufgrund seiner unter anderem durch narzisstische Züge akzentuierten Persönlichkeit ohnehin in erhöhtem Maße empfindlich und kränkbar ist, als Geringschätzung seiner Person. Er interpretierte es als Beleg dafür, dass E. M. L. entgegen seiner Hoffnung auf zunehmendes Wohlwollen vielmehr sogar eine innerliche Distanz zu ihm aufgebaut hatte, weshalb er keine realistische Chance mehr sah, sein Ziel der Teilhabe an ihrem Vermögen im Rahmen der gemeinsamen Lebensführung in ihrer Ehe zu erreichen. Der Angeklagte sah nunmehr all seine Bemühungen, die er seit dem Beginn der gemeinsamen Beziehung im Interesse seines angestrebten Ziels auch unter Zurückstellung eigener Bedürfnisse unternommen hatte, als vergeblich und im Ergebnis endgültig gescheitert an.
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Die Erkenntnis dieses Scheiterns führte beim Angeklagten, der Selbstwert maßgeblich aus dem Erreichen selbst definierter Ziele und Erfolge schöpft, zu einer Erschütterung seines Selbstwerterlebens und - ebenso wie die empfundene Geringschätzung seiner Person - zu einer Schwächung seines Selbstwertgefühls sowie damit einhergehend zu Wut und Verärgerung über seine Ehefrau, die er für sein Scheitern verantwortlich machte. Im Zuge dessen trat bei ihm nunmehr auch eine erhebliche, bis dahin angestaute Aggression zutage, zu deren Entstehung Kränkungen durch seine Ehefrau in der Vergangenheit ebenso beigetragen hatten wie insbesondere der Umstand, dass ihm im Verlauf des Jahres 2020 seine finanzielle Situation und auch zunehmend die partnerschaftliche Beziehung in seiner Ehe entglitten waren.
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Denn schon das Entgleiten seiner finanziellen und partnerschaftlichen Situation hatte - ebenso wie erst recht seine am Abend des 12.10.2020 gewonnene Erkenntnis hinsichtlich des aus seiner Sicht erfolgten endgültigen Scheiterns seiner im Interesse seines angestrebten Ziels unternommenen Bemühungen - zur Folge, dass sich der Angeklagte nicht mehr als selbstwirksam empfand, also nicht mehr von seiner Fähigkeit überzeugt war, auch schwierige Situationen und Herausforderungen stets aus eigener Kraft erfolgreich bewältigen zu können. Da das Empfinden von Selbstwirksamkeit, welches der Angeklagte auf der Grundlage seiner biografischen Entwicklung bis zum Jahr 2020 entwickelt hatte, von zentraler Bedeutung für sein Selbstwerterleben ist, führte der Verlust dieses Empfindens zu einer Erschütterung seines Selbstwerterlebens und Schwächung seines Selbstwertgefühls, was mit der Entstehung von Aggression einherging.
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Diese im Laufe der Zeit entstandene Aggression wurde vom Angeklagten, dessen Aggressionspotential erhöht ist, aufgrund seiner aggressionsgehemmten Persönlichkeit zunächst stets angestaut und trat erst am Abend des 12.10.2020 infolge der durch das aktuelle Erleben hervorgerufenen Wut und Verärgerung über seine Ehefrau zutage.
102
Als der Angeklagte, der im Galeriebereich frontal vor seiner etwa mittig auf dem Sofa sitzenden Ehefrau stand, nach deren sinngemäßer Äußerung, dass alles o.k. wäre, wenn sie ihn jetzt umbringe, eine Körperregung bei ihr wahrnahm, beschloss er, sie mit dem nach wie vor auf dem Beistelltisch neben dem Sofa liegenden Küchenmesser zu töten, um sie für das seiner Meinung nach von ihr zu verantwortende und aus seiner Sicht eingetretene endgültige Scheitern seines Vorhabens der Teilhabe an ihrem Vermögen mit dem Leben bezahlen zu lassen und hierdurch zugleich seine Wut und Verärgerung über sie sowie seine angestaute Aggression an ihr abzureagieren.
103
Zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt zwischen 20:30 Uhr und 20:50 Uhr ergriff der Angeklagte mit seiner rechten Hand blitzschnell das Küchenmesser von dem aus seiner Sicht rechts neben dem Sofa stehenden Beistelltisch und streckte unterdessen seinen linken Arm in einer abwehrenden Bewegung nach vorn, um hierdurch von vornherein eine etwaige Bewegung seiner Ehefrau in Richtung des Messers zu unterbinden und dieses ungehindert ergreifen zu können. In Fortsetzung dieser Bewegung wandte sich der Angeklagte mit einer schnellen Körperdrehung nach links seiner Ehefrau zu, die gerade im Begriff war, vom Sofa aufzustehen, und versetzte ihr in einer schnellen Bewegung wortlos einen Stich mit dem Messer in den zentralen vorderen Rumpfbereich, um sie zu töten. Dabei hielt der Angeklagte das Messer in seiner rechten Hand so, dass die etwa 15 cm lange und bis zu 4 cm breite, spitz zulaufende, einseitig geschliffene Klinge zwischen seinem Daumen und Zeigefinger herausragte.
104
In dieser Situation rechnete E. M. L. weder mit einem lebensbedrohlichen noch mit einem gegen ihre körperliche Unversehrtheit gerichteten erheblichen Angriff. Ihr standen aufgrund des schnellen Vorgehens des Angeklagten keine effektiven Abwehrmöglichkeiten zur Verfügung, was dieser erkannte und sich für seine Tatausführung zunutze machte.
105
E. M. L. nahm eine Schutzhaltung ein und versuchte vergeblich, den Angeklagten an den Händen oder Armen zu packen und so an einer Fortsetzung seines Angriffs zu hindern. Der Angeklagte stach jedoch noch mindestens 10 Mal mit hoher Intensität mit dem Küchenmesser in Tötungsabsicht auf den Kopf-, Hals- und Brustbereich seiner Ehefrau ein, bis diese schließlich stark blutend und bewusstlos vor dem Sofa zu Boden sank und auf dem Rücken zu liegen kam. Aufgrund der hohen Intensität der Stichführung wurde der vordere Bereich der Messerklinge hierbei erheblich verformt.
106
Unter anderem wegen der Einatmung von Blut entwickelte E. M. L. in der Folge ein leicht röchelndes Atemgeräusch, dem sich der Angeklagte nicht aussetzen wollte. Um den Todeseintritt bei seiner Ehefrau zu beschleunigen und auf diese Weise zugleich das röchelnde Atemgeräusch zu unterbinden, würgte er sie mit beiden Händen am Hals lediglich so stark, dass ihre ohnehin bereits stark eingeschränkte Atmung gänzlich aussetzte. Während des Würgens nahm der Angeklagte noch ein leichtes Blinzeln der Augenlider bei seiner Ehefrau wahr und wartete, bis er keinerlei Regung mehr bei ihr erkennen konnte, bevor er sich schließlich erhob.
107
E. M. L. erlitt durch die mindestens 11 Messerstiche des Angeklagten 12 voneinander abgrenzbare, durch die Einwirkung scharfer Gewalt verursachte Stich- und Schnittverletzungen. Darunter befanden sich unter anderem nachfolgende Verletzungen:
- eine Teilskalpierungsverletzung in der oberen Stirn-Scheitel-Region rechts mit schartenartiger Anschnittverletzung der äußeren Glastafel des Schädeldachs sowie eine Stichverletzung der Oberlippe und des rechten Nasenflügels,
- eine mindestens 5 cm tiefe Stichverletzung an der rechten Halsseite mit Eröffnung des Rachendachs und des Raums zwischen Zungenbein und oberen Kehlkopfhörnern mit Überkreuzung der Mittellinie bis auf die linke Seite und Anstich des Rachenraums sowie eine Stichverletzung unterhalb des Ohrläppchenansatzes links mit Anstich des Raumes oberhalb des linken Schildknorpelblattes und des Rachenraums,
- eine mindestens 6 cm tiefe Stichverletzung der inneren Brustregion rechts mit Durchsetzung der 3. Rippe, des rechten Lungenoberlappens, des Herzbeutels, des rechten Vorhofs am rechten Herzohr sowie der Vorhofscheidewand bis in den linken Herzvorhof, ferner eine mindestens 10 cm tiefe Stichverletzung der unteren Brustkorbwand rechts sowie eine mindestens 10 cm tiefe Stichverletzung der unteren Brustkorbwand links mit Durchsetzung der 6. Rippe, des Zwerchfells sowie des linken Leberlappens und Anstich der Bauchhöhle,
- eine Stichverletzung im zentralen vorderen Rumpfbereich mit Durchsetzung der vorderen Rumpfwand und Einstich in die Magenvorderwand.
108
Infolge des Würgens durch den Angeklagten erlitt das Tatopfer eine Einblutung in die Weichgewebe im Bereich des linken großen Zungenbeinhorns.
109
E. M. L. verstarb am ... 2020 zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt zwischen 20:30 Uhr und 21:15 Uhr infolge Verblutens nach außen und innen in Verbindung mit Ersticken bei Bluteinatmung.
110
Der Angeklagte trug von der Tat lediglich minimale kratzer- und schürferartige Hautdefekte an beiden Unterarmen und Händen sowie schwach ausgeprägte Hämatome an der Innenseite des rechten Oberarms im vorderen Bereich davon.
III. Nachtatgeschehen
111
Um 20:51 Uhr entsperrte der Angeklagte noch einmal das Mobiltelefon seiner Ehefrau und las erneut die zwischen ihr und Ph. Ta. am 09.10.2020 ausgetauschten Di.-Nachrichten sexuellen Inhalts.
112
Der Angeklagte, der erkannte, dass aufgrund der Gesamtumstände der Tatverdacht hinsichtlich der Tötung von E. M. L. sofort auf ihn fallen würde, beabsichtigte zunächst, sich der strafrechtlichen Verantwortung hierfür zu entziehen. Zu diesem Zweck wollte er sämtliche Tatspuren einschließlich des Leichnams beseitigen und sich ein Alibi verschaffen.
113
Er entfernte sämtliche stoffbezogenen Polster vom Sofa, die drei darauf befindlichen Kissen sowie das zum Schutz der Polsterbezüge über diesen - den Gepflogenheiten im Haushalt der Eheleute L. entsprechend - ausgelegte Laken und brachte alles in den unteren Wohnbereich. Ferner zog er die Stoffbezüge von den Sofapolstern ab, lagerte letztere am Boden und legte die Bezüge zusammen mit dem Laken in einem Korb für spätere Reinigungsmaßnahmen bereit. Die drei ebenfalls stoffbezogenen Kissen lagerte der Angeklagte im Bereich unmittelbar vor der Wohnungseingangstür, um sie im weiteren Verlauf zu entsorgen. In einem der Kissen, deren Stoffbezüge sich jeweils mit einem Reißverschluss öffnen lassen, versteckte er das Tatmesser und in einem anderen Kissen seine zuvor am Oberkörper getragene Bekleidung. Seine zuvor am Unterleib getragene Kleidung entsorgte der Angeklagte im weiteren Verlauf an einem unbekannten Ort.
114
Um sich ein Alibi zu verschaffen, wollte der Angeklagte den Anschein erwecken, erst gegen 21:30 Uhr nach Hause gekommen und somit zur Tatzeit nicht am Tatort gewesen zu sein. Zu diesem Zweck rief er um 21:31 Uhr den seit 17:35 Uhr in der WhatsApp-Applikation auf seinem Mobiltelefon weiterhin geöffneten WhatsApp-Chat mit seiner Ehefrau auf und tippte in das Nachrichtenfeld den Text „Bin schon zu Hause mache nicht so lange *Umarmungssmiley*“. 25 Sekunden nach dem Aufrufen des WhatsApp-Chats versandte er ebenfalls um 21:31 Uhr diese Nachricht an den WhatsApp-Account der Geschädigten und sperrte 3 Sekunden später den Bildschirm seines Handys. Die Nachricht ging ebenfalls um 21:31 Uhr auf dem WhatsApp-Account der Geschädigten auf deren Mobiltelefon ein und blieb dort ungelesen.
115
Der Angeklagte reinigte den Boden im Galeriebereich unter Verwendung von Küchenreiniger und Bleiche akribisch mit Küchentüchern, wobei es ihm gelang, dort nahezu alle Blutspuren vollständig zu beseitigen. Um zum einen ungehindert den Boden vor dem Sofa am ursprünglichen Liegeort der Geschädigten reinigen und die dortigen Blutspuren beseitigen zu können sowie zum anderen den beabsichtigten Abtransport der Leiche zu deren Beseitigung vorzubereiten, wickelte er den Leichnam seiner Ehefrau bäuchlings in einen Teppich ein und verbrachte diesen bis zu der in den unteren Wohnbereich führenden Treppe.
116
Um die Entstehung weiterer Blutspuren am Boden zu verhindern, legte der Angeklagte der Geschädigten, die in Bauchlage anfänglich stark aus dem Mund und den Stichverletzungen im Halsbereich geblutet hatte, ein weißes Laken unter das Gesicht und stopfte zudem diverse, mit Blut versetzte Küchentücher zwischen ihre Oberschenkel, um diese später gemeinsam mit der Leiche zu beseitigen. In Vorbereitung des beabsichtigten Abtransports der Leiche über die Galerietreppe nach unten zog der Angeklagte den in den Teppich eingewickelte Leichnam seiner Ehefrau so nahe an den oberen Treppenabsatz heran, dass beide Unterschenkel der Leiche bereits weit darüber hinausragten. Die Zehen des rechten Fußes befanden sich auf der Höhe der Trittkante der nächsten, darunter gelegenen Treppenstufe, während der gesamte linke Fuß auch darüber noch hinausragte und sich bereits oberhalb der zweiten Treppenstufe befand.
117
Der Angeklagte duschte sich im Badezimmer, zog andere Kleidung an, verließ die Wohnung, begab sich zu seinem in der Nähe am Straßenrand geparkten Leasingfahrzeug der Marke BMW, amtliches Kennz… und entriegelte um 22:20 Uhr dessen Heckklappe.
118
Ihm wurde bewusst, dass ihn der Versuch, die von ihm begangene Tat zu verschleiern, psychisch völlig überforderte. Er entschloss sich deshalb, die strafrechtliche Verantwortung für die Tötung seiner Ehefrau zu übernehmen und sich noch im Laufe der Nacht selbst bei der Polizei zu stellen. Zuvor wollte er allerdings noch seinen Halbbruder An. Uh. und seine Mutter Ra. Zi. persönlich über die von ihm begangene Tat und seine beabsichtigte Selbststellung bei der Polizei informieren.
119
Um 22:38 Uhr machte er sich mit seinem Fahrzeug auf den Weg zur Wohnung seines Halbbruders in der S1. Straße 11 in … M1., wo er gegen 23:00 Uhr eintraf und klingelte, An. Uh. jedoch nicht antraf. Um 23:05 Uhr setzte der Angeklagte die Fahrt mit seinem Pkw zur Wohnung seiner Mutter in der B2. straße 12d in … M1. fort, wo er knapp 10 Minuten später ankam und seine Mutter kurz, wie beabsichtigt, in Kenntnis setzte.
120
Gegen 23:25 Uhr machte sich der Angeklagte mit seinem Fahrzeug wieder auf den Weg zur Tatwohnung, da er zwischenzeitlich beschlossen hatte, vor seiner beabsichtigten Selbststellung bei der Polizei sich und seiner Herkunftsfamilie noch - zumindest in weiten Teilen unberechtigt - materielle Vorteile zu sichern, soweit ihm dies aus seiner Sicht unauffällig und mit geringem Aufwand möglich war.
121
Nachdem er sein Fahrzeug um 23:50 Uhr in der Nähe des Anwesens B1. straße 6 abgestellt hatte, begab er sich zurück in die Tatwohnung und nahm aus einem ihm bekannten Bargeldversteck in der Wohnung das gesamte dort zu diesem Zeitpunkt vorhandene Bargeld in Höhe von 1.250,- Euro an sich. Dass sich darüber hinaus im Schlafzimmer in einer unverschlossenen Geldkassette im Bettkasten 237.000,- Euro Bargeld der Geschädigten befand, welches diese dort aufbewahrt hatte, wusste der Angeklagte nicht.
122
Er nahm ferner sechs Damenhandtaschen, sechs Flaschen Whisky, ein Armkettchen, zwei Gürtel sowie zwei Armbanduhren der Marke Cartier und eine Armbanduhr der Marke Breguet an sich. Bei mindestens zwei der Uhren handelte es sich um Erbstücke der Geschädigten von ihrer verstorbenen Mutter und bei den Whiskyflaschen um solche von ihrem verstorbenen Vater. Auch zumindest einer der Gürtel, das Armkettchen sowie die sechs Handtaschen standen im Eigentum der Geschädigten.
123
Der Angeklagte verbrachte die Gegenstände in sein Fahrzeug und legte dort sein geschäftliches Mobiltelefon, das er ebenfalls aus der Wohnung mitgenommen hatte, in einem Fach in der Mittelkonsole des Fahrzeugs ab. Darüber hinaus nahm er im Hinblick auf die beabsichtigte Selbststellung bei der Polizei außer seinem Wohnungsschlüssel sein privates Mobiltelefon, seinen Geldbeutel samt Ausweispapieren sowie den Hund der Geschädigten, der sich während der Tat ebenfalls in der Tatwohnung aufgehalten hatte, mit sich und machte sich am 13.10.2020 gegen 00:30 Uhr erneut auf den Weg zu seiner Mutter.
124
Zunächst fuhr er allerdings aus unbekannten Gründen zu dem in der Nähe der Tatwohnung gelegenen Krankenhaus B. Br., R2.straße 93, … M1., und hielt sich mit seinem Fahrzeug von 00:37 Uhr bis 00:45 Uhr im Bereich des Krankenhauses auf.
125
Anschließend fuhr er weiter zur Wohnung seiner Mutter, traf dort gegen 01:09 Uhr ein und deponierte im Kellerabteil seiner Mutter die sechs Damenhandtaschen und die sechs Flaschen Whisky in einem Umzugskarton. In der Wohnung seiner Mutter stellte er einen Karton, in welchem sich die drei Armbanduhren, zwei Gürtel, das Armkettchen sowie das Bargeld in Höhe von 1.250,- Euro befanden, auf einen Tisch und forderte seine Mutter auf, am nächsten Morgen seinen Halbbruder über die Ereignisse zu informieren und ihm die in dem Karton auf dem Wohnungstisch enthaltenen Gegenstände auszuhändigen.
126
Um 01:18 Uhr trat der Angeklagte - nach wie vor in Begleitung des Hundes der Geschädigten - mit seinem Pkw eine Fahrt zur Polizeiinspektion ... in der L. Alle 38, … M1., an und hielt um 01:41 Uhr etwa eine Minute lang vor deren Eingangsbereich, bevor er nach einem Parkplatz in der Nähe suchte. Gegen 01:45 Uhr stellte er den Pkw in einer S2. straße in der Nähe ab und begab sich anschließend - weiterhin in Begleitung des Hundes der Geschädigten - zu Fuß auf die Wache der Polizeiinspektion ... . Dort teilte er dem diensthabenden Polizeibeamten POM An. auf dessen Frage, wie dieser ihm helfen könne, weinend mit, dass seine Ehefrau tot sei, und fügte sinngemäß hinzu, dass er sie mit einem Messer umgebracht habe.
127
Nachdem E. M. L. bei einer anschließenden Nachschau in der Tatwohnung von Polizeibeamten tot in ihrer letzten Liegeposition im Galeriebereich - bäuchlings in einem Teppich eingewickelt unmittelbar am oberen Treppenabsatz - aufgefunden worden war, wurde der Angeklagte umgehend auf der Wache der Polizeiinspektion ... um 02:10 Uhr vorläufig festgenommen. Danach weinte er immer stärker, atmete dabei schnell und sprach zeitweise vor sich hin. Dabei äußerte er unter anderem wiederholt die an die Geschädigte gerichtete Frage, warum diese ihm das angetan habe. Im weiteren Verlauf schlief der Angeklagte erschöpft ein und wurde kurz darauf von den Polizeibeamten zur Durchführung der routinemäßigen polizeilichen Maßnahmen wieder aufgeweckt.
128
Der Aufforderung des Angeklagten entsprechend verständigte Ra. Zi. am Morgen des 13.10.2020 An. Uh. über die Ereignisse und händigte ihm auftragsgemäß die vom Angeklagten in dem Karton auf dem Wohnungstisch zurückgelassenen Gegenstände einschließlich der 1.250,- Euro Bargeld aus. Verpackt in einer mit Klebebändern verklebten Tüte, wurden diese in der Folge von An. Uh. aufbewahrt. Erst kurz vor der am 24.11.2020 bei Ra. Zi. durchgeführten - zweiten - polizeilichen Wohnungsdurchsuchung legte er die fest verklebte Tüte auf dem vom Angeklagten im Kellerabteil seiner Mutter deponierten Umzugskarton ab. Bei der nachfolgenden polizeilichen Wohnungsdurchsuchung zeigte Ra. Zi. den Kriminalbeamten sowohl den vom Angeklagten deponierten Umzugskarton als auch die darauf liegende, fest verklebte Tüte, in denen sämtliche genannten Gegenstände sichergestellt werden konnten.
IV. Schuldfähigkeit
129
C. Die Einsichts- und Steuerungsfähigkeit des Angeklagten war bei der Tat weder aufgehoben noch erheblich vermindert.
Beweiswürdigung
I. Persönliche Verhältnisse
130
1. Die Feststellungen zum Lebenslauf und Werdegang sowie zum Gesundheitszustand und Suchtmittelkonsum des Angeklagten beruhen auf seinen entsprechenden, gegenüber dem psychiatrischen Sachverständigen Dr. H1. im Rahmen der psychiatrischen Exploration am 17.12.2020 und 23.03.2021 gemachten Angaben, über welche Dr. H1. glaubhaft berichtete, sowie auf der entsprechenden, damit im Wesentlichen im Einklang stehenden Einlassung des Angeklagten zu seiner Person in der Hauptverhandlung.
131
Hinsichtlich der Feststellungen zu den Vermögensverhältnissen des Angeklagten unter A.I.4. (S. 8 f.) wird auf die Ausführungen unter III.13., S. 77, verwiesen.
132
2. Grundlage für die Feststellungen zur Intelligenz und Persönlichkeit des Angeklagten waren die übereinstimmenden Ausführungen des psychiatrischen Sachverständigen Dr. H1. und der psychologischen Sachverständigen D..-Psych. Li..
133
a. Die Sachverständige D..-Psych. Li. legte ihren Ausführungen die Ergebnisse der von ihr am 22.01. und 02.02.2021 durchgeführten testpsychologischen Untersuchung des Angeklagten sowie ihre hierbei gemachten Wahrnehmungen zugrunde.
134
(1) Demnach hätten sämtliche durchgeführten Leistungstests eine deutlich überdurchschnittliche Konzentrationsfähigkeit des Angeklagten belegt und keinerlei Anhaltspunkte für kognitive Defizite oder eine hirnorganische Beeinträchtigung erbracht. Die Intelligenzmessungen hätten zu den festgestellten Ergebnissen geführt.
135
(2) Im Rahmen der Persönlichkeitstests habe der Angeklagte bei der Beantwortung der Fragebögen eine Tendenz gezeigt, sich im Sinne einer sozialen Erwünschtheit besonders positiv, moralisch einwandfrei sowie an Regeln und Normen orientiert darzustellen. Er habe selbst kleine Schwächen geleugnet.
136
Ferner hätten die Testergebnisse Hinweise darauf erbracht, dass beim Angeklagten M4. sowie eine Selbstwertproblematik, Gehemmtheit im emotionalen Bereich und Überkontrolliertheit bestünden. Darüber hinaus sprächen die Testergebnisse für eine erhöhte Empfindlichkeit des Angeklagten sowie für eine Akzentuierung seiner Persönlichkeit durch dependente und zwanghafte Züge.
137
In den projektiven Testverfahren habe sich neben einem erhöhten Aggressionspotential des Angeklagten gezeigt, dass er Schwierigkeiten zwar beklage, sich damit jedoch nicht auseinandersetzen wolle und insoweit eine Tendenz zur Bagatellisierung zeige. Demgegenüber hätten sich keine Hinweise auf ein offen aggressives Verhalten des Angeklagten gefunden.
138
b. Der psychiatrische Sachverständige Dr. H1. bezog die Darlegungen der psychologischen Sachverständigen in seine Beurteilung mit ein, stützte sich ferner auf seine Wahrnehmungen in der Hauptverhandlung sowie seine hierbei gewonnenen Erkenntnisse und zog darüber hinaus seine Wahrnehmungen bei der am 17.12.2020 und 23.03.2021 durchgeführten Exploration des Angeklagten sowie seine hierbei gewonnenen Erkenntnisse heran.
139
Dr. H1. legte dar, dass die Persönlichkeit des Angeklagten durch dependente, zwanghafte und narzisstische Züge akzentuiert sowie durch Aggressionshemmung gekennzeichnet sei, wobei Letztere mit den beiden erstgenannten Persönlichkeitsakzentuierungen eng zusammenhänge. Der Angeklagte sei in erhöhtem Maße empfindlich und kränkbar sowie stets darauf bedacht, Konflikte und direkte Konfrontationen zu vermeiden. Er verhalte sich nicht offen aggressiv und setze sich auch gegen verbale Angriffe und Kränkungen im Rahmen von Auseinandersetzungen nicht zur Wehr. Er vermeide eine Auseinandersetzung mit Schwierigkeiten und konflikthaften Themen.
140
Wie der psychiatrische Sachverständige ausführte, sei der Angeklagte sehr ziel- und erfolgsorientiert, was sich bereits aus seinem biografischen Werdegang ableiten lasse. Der Angeklagte sei zum einen sportlich sehr erfolgreich gewesen als Angehöriger des B-Kaders für die Olympischen Spiele in der Leichtathletik sowie als deutscher Meister im Kraftdreikampf. Zum anderen habe er sich von der ein Jahr lang besuchten Hauptschule - über eine mit Auszeichnung abgeschlossene Lehre bei Lehrzeitverkürzung sowie Erlangung der Fachhochschulreife und eines Stipendiums - letztlich bis zu einem Hochschulabschluss mit dem akademischen Grad „Bachelor of Arts“ im Studiengang Betriebswirtschaftslehre hochgearbeitet. Damit habe der Angeklagte eine hohe Leistungsbereitschaft ebenso wie ein hohes Leistungsvermögen nachgewiesen.
141
Dr. H1. zufolge schöpfe der Angeklagte S3. maßgeblich aus dem Erreichen selbst definierter Ziele und Erfolge. Von zentraler Bedeutung für sein Selbstwerterleben sei dabei das Empfinden der Selbstwirksamkeit, mithin die auf der Grundlage seiner biografischen Entwicklung bis zum Jahr 2020 entwickelte Überzeugung, auch schwierige Situationen und Herausforderungen aus eigener Kraft erfolgreich bewältigen zu können.
142
c. Die Sachverständigen D..-Psych. Li. und Dr. H1. gingen jeweils von zutreffenden Anknüpfungstatsachen aus. Ihre Erläuterungen waren von Sachkunde getragen, widerspruchsfrei, nachvollziehbar und überzeugend.
143
d. Verschiedene Aspekte der Persönlichkeit des Angeklagten klingen in seiner Einlassung an und wurden ferner auch von einigen Zeugen angesprochen.
144
(1) Die Ziel- und Erfolgsorientiertheit des Angeklagten kam - abgesehen von seiner Einlassung, wonach er sich selbst als „sehr kompetitiv“ beschrieb (vgl. II.9.b., S. 70) - in folgenden Zeugenangaben zum Ausdruck.
145
(a) Der Zeuge C3. M5. Wi. berichtete, er sei der Vorgesetzte des Angeklagten bei dessen letztem Arbeitgeber, dem Unternehmen M2. P2. GmbH, gewesen. Er beschrieb den Angeklagten als fleißig, ehrgeizig, engagiert und eifrig. Der Zeuge fügte hinzu, dass er nicht viele Mitarbeiter als eifrig bezeichne. Der Angeklagte habe sich dadurch hervorgetan, dass er proaktiv tätig geworden sei.
146
(b) Der Zeuge S4. P3. bekundete, den Angeklagten seit der 8. Jahrgangsstufe in der Realschule zu kennen und etwa seit dem Alter von 15 Jahren mit ihm befreundet zu sein. Ihre Freundschaft sei im Alter von 15 bis etwa 22 Jahren sehr eng gewesen mit regelmäßigen und häufigen Kontakten. Seither habe ihre Freundschaft durchgehend fortbestanden, auch wenn sie sich wesentlich seltener getroffen hätten. Phasenweise hätten sie sich nur einmal pro Jahr gesehen, im Jahr 2020 etwa viermal. Allerdings sei ihr Verhältnis auch bei ihren wesentlich selteneren Begegnungen in den letzten Jahren genauso gut gewesen wie früher.
147
i. Der Zeuge beschrieb den Angeklagten als sehr ehrgeizig und als jemanden, der „seinen inneren Schweinehund sehr gut überwinden“ könne. Der Angeklagte sei schon immer sehr sportlich gewesen und habe insbesondere Kraft- und Ausdauersport, sowie in der Jugend vor allem Leichtathletik betrieben, aber auch Fußball gespielt. Der Ehrgeiz des Angeklagten habe sich nicht nur bei seinen sportlichen Aktivitäten gezeigt, sondern beispielsweise auch beim gemeinsamen Computerspiel. Der Angeklagte habe stets gewinnen wollen, sei aber kein schlechter Verlierer gewesen. Vielmehr habe er die Haltung gehabt, dass er sein Bestes gegeben und sich über Siege gefreut, aber Niederlagen klaglos akzeptiert habe.
148
ii. Dem Zeugen zufolge habe der Angeklagte eine möglichst frühzeitige finanzielle Unabhängigkeit angestrebt, um von seinen Ersparnissen leben zu können und keiner Erwerbstätigkeit mehr nachgehen zu müssen. Der Angeklagte habe dieses Ziel mit einem sehr sparsamen Lebensstil einerseits sowie einer hohen Risikobereitschaft beim Handel mit Aktien andererseits verfolgt. Insoweit habe der Angeklagte den schnellen Erfolg gesucht und mit geringem Aufwand viel erreichen wollen.
149
(c) Der Zeuge G1. G2. gab an, den Angeklagten ebenfalls seit der 8. Jahrgangsstufe in der Realschule zu kennen. Ihre Freundschaft sei im Alter von etwa 18 bis etwa 20 Jahren stärker ausgeprägt gewesen, habe aber seither durchgehend fortbestanden, auch wenn sie sich danach wesentlich seltener - im Jahr 2020 etwa viermal - getroffen hätten. Sie hätten beide - zusammen mit dem Zeugen S4. P3. - einem gemeinsamen Freundeskreis angehört.
150
Auch der Zeuge G2. berichtete, dass der Angeklagte eine möglichst frühzeitige finanzielle Unabhängigkeit angestrebt habe, um von seinen Ersparnissen leben zu können und keiner Erwerbstätigkeit mehr nachgehen zu müssen. Der Angeklagte habe sehr sparsam gelebt und sein gesamtes Geld am Aktienmarkt investiert. Da er sein Ziel mit möglichst geringem Aufwand habe erreichen wollen, habe der Angeklagte hierbei eine sehr risikoreiche Strategie verfolgt, indem er konzentriert in einen einzigen Titel investiert habe.
151
Wie der Zeuge angab, habe er wiederholt versucht, den Angeklagten davon zu überzeugen, durch eine breitere Streuung das Investmentrisiko zu reduzieren. Dies habe der Angeklagte jedoch stets mit der Begründung abgelehnt, dass er mit dem größtmöglichen Hebel agieren wolle und der Überzeugung sei, in den „richtigen“ Titel zu investieren.
152
(d) Die Angaben der Zeugen W3., Pöhlmann und Gallinger waren glaubhaft. Es bestand jeweils kein Anlass am Wahrheitsgehalt der ruhig, sachlich und erkennbar erinnerungskritisch gemachten Angaben zu zweifeln. Anzeichen für Be- oder Entlastungseifer waren bei keinem der drei Zeugen erkennbar.
153
Insbesondere zeigten auch die beiden langjährigen Freunde des Angeklagten keinen Entlastungseifer. Sie machten zwar einerseits aus ihrer Sympathie für den Angeklagten und ihrer Freundschaft zu ihm keinen Hehl, benannten aber andererseits von sich aus auch Punkte, in denen eine durchaus kritische Haltung gegenüber dem Angeklagten deutlich wurde bzw. in denen sie seine Einstellung nicht teilten.
154
(e) Wie der Vernehmungsbeamte KK Wa. glaubhaft bekundete, habe auch der Halbbruder des Angeklagten, An. Uh., in seiner polizeilichen Zeugenvernehmung den Angeklagten als ehrgeizig beschrieben.
155
(2) Die dependenten Persönlichkeitszüge des Angeklagten kamen in der Einlassung des Angeklagten (vgl. II.7.c(2), S. 64; II.7.c(3), S. 65; II.7.c(4), S. 66) sowie in den folgenden Zeugenaussagen zum Ausdruck:
156
(a) Die Zeugen S4. P3. und Ge. Ga. bekundeten übereinstimmend und auch insoweit glaubhaft, dass der Angeklagte stets darauf bedacht sei, Konflikte und direkte Konfrontationen zu vermeiden, und sich nicht offen aggressiv verhalte.
157
Dem Zeugen P3. zufolge sei in den partnerschaftlichen Beziehungen des Angeklagten jeweils dessen Partnerin dominant gewesen. Der Zeuge beschrieb den Angeklagten überdies als sehr loyal, hilfsbereit und verlässlich.
158
Dem Zeugen G2. zufolge sei es überdies typisch für den stets freundlichen Angeklagten, Konflikten auch räumlich aus dem Weg zu gehen.
159
(b) Dem Vernehmungsbeamten KK Wa. zufolge habe der Halbbruder des Angeklagten, An. Uh., in seiner polizeilichen Zeugenvernehmung angegeben,dass der Angeklagte jemand sei, der sich unterordne, nahestehenden Personen alles rechtmachen wolle und „eigentlich jedem Stress aus dem Weg“ gehe. An. Uh. habe nie mitbekommen, dass es zwischen dem Angeklagten und der Geschädigten jemals einen Streit gegeben hätte. Seinem Eindruck nach sei die Geschädigte in der Beziehung dominant gewesen und habe das Sagen gehabt. Das Verhältnis zwischen dem Angeklagten und seiner Ehefrau sei perfekt wie im Bilderbuch gewesen.
160
(c) Die Zeugin K1. R3. berichtete, dass sie die Geschädigte im Jahr 2006 kennengelernt habe und seither mit ihr eng befreundet gewesen sei. Sie hätten damals beide Tourismus- und Eventmanagement in Mü. studiert und ihre Freundschaft im Rahmen eines gemeinsamen Auslandssemesters vertieft. Ihren Angaben zufolge stamme die Zeugin zwar aus Kö. und lebe seit 2016 in W., allerdings habe sie sich seit Beendigung ihres Studiums mit der Geschädigten zwei- bis dreimal pro Jahr persönlich getroffen und sich mehrmals pro Woche über Verschiedenes, darunter auch persönliche Themen, ausgetauscht.
161
i. Wie die Zeugin R3. berichtete, habe sich E. M. L. wiederholt bei ihr darüber beklagt, dass der Angeklagte ihr bei Streitigkeiten „nie Kontra gebe“ und „keine Türen schlage“, sondern sie vielmehr - nach dem Empfinden der Geschädigten - „mit Schweigen bestrafe“. E. M. L. habe Kr. R. zufolge geschildert, dass der Angeklagte ihr bei Streitigkeiten stets aus dem Weg gegangen sei und entweder gar nicht oder allenfalls wenig mit ihr gesprochen habe, bis sie sich wieder beruhigt habe und die Auseinandersetzung beigelegt gewesen sei.
162
ii. Die Zeugin R3. bekundete ferner, dass der Angeklagte im Umgang mit seiner Ehefrau liebevoll gewesen sei, viel im Haushalt erledigt und generell versucht habe, E. M. L. stets alles recht zu machen.
163
Ihren Angaben zufolge habe sich die Zeugin darüber gewundert, dass es zwischen den Eheleuten L. so wenige Reibungspunkte gegeben habe. Es habe auf sie „schon fast kitschig“ gewirkt, da zwischen den Eheleuten L. alles „zu harmonisch“ gewesen sei und sie stets einer Meinung gewesen seien.
164
Der Angeklagte habe sich der Geschädigten „mit Sicherheit“ untergeordnet, allerdings sei E. M. L. nicht herrisch gewesen, so dass es keine ganz offensichtliche Unterordnung des Angeklagten gewesen sei.
165
iii. Die Angaben der Zeugin R3. waren glaubhaft. Es bestand kein Anlass, den Wahrheitsgehalt ihrer ruhig, sachlich und erkennbar erinnerungskritisch gemachten Angaben in Zweifel zu ziehen. Anhaltspunkte für Be- oder Entlastungseifer der Zeugin bestanden nicht.
166
(d) Die Zeugin E2. W4. gab ebenfalls an, die Geschädigte im Jahr 2006 im Rahmen ihres gemeinsamen Studiums kennengelernt zu haben und seither mit ihr eng befreundet gewesen zu sein.
167
i. Ihren Angaben zufolge sei der Angeklagte sehr unterwürfig gewesen und es habe so gewirkt, als habe er immer alles gemacht, was E. M. L. gesagt habe - egal, was es gewesen sei.
168
Wie die Zeugin weiter berichtete, habe der Angeklagte immer sehr bemüht gewirkt und sich stets um alles gekümmert. Beispielsweise habe er, wenn sie, die Zeugin, bei der Geschädigten zu Besuch gewesen sei, ihnen Getränke gebracht, und auf Aufforderung der Geschädigten den Müll nach unten gebracht. Das Verhältnis zwischen dem Angeklagten und seiner Ehefrau habe immer äußerst harmonisch gewirkt.
169
ii. Die Angaben der Zeugin W4. waren glaubhaft. Zwar war die Zeugin durch den gewaltsamen Tod ihrer Freundin E. M. L. erkennbar noch stark emotional belastet. Allerdings machte sie Aussage gleichwohl ruhig, sachlich, erkennbar erinnerungskritisch und ohne Anhaltspunkte für Be- oder Entlastungseifer. Es bestand deshalb kein Anlass für Zweifel am Wahrheitsgehalt ihrer Angaben.
170
(e) Als stets sehr hilfsbereit und sehr nett wurde der Angeklagte auch von der im Erdgeschoss des Anwesens B1. straße 6 wohnhaften Zeugin A3. I1. beschrieben, die ferner angab, dass die Geschädigte schon immer eine sehr dominante Person gewesen sei.
171
i. Die Zeugin berichtete ferner von einer Begebenheit, die sich bei einem gemeinsamen Restaurantbesuch mit dem Ehepaar L. anlässlich des Geburtstags der Geschädigten am 28.12.2019 ereignet und sie, die Zeugin, nachhaltig unangenehm berührt habe. Zur damaligen Zeit seien die Eheleute L. auf der Suche nach einer neuen, größeren Ehewohnung gewesen.
172
Vor dem Eintreffen des Angeklagten habe die Geschädigte ihr, der Zeugin, davon berichtet, dass sie am Morgen mit dem Angeklagten eine in einem unteren Stockwerk gelegene Wohnung besichtigt habe. Hierauf habe die Zeugin I1. ihren Angaben zufolge erwidert, dass sie den von der Geschädigten genannten Kaufpreis als zu teuer für eine derartige Wohnung erachte und diesen Geldbetrag nur für eine in einem oberen Stockwerk gelegene Wohnung ausgeben würde.
173
Nach dem Eintreffen des Angeklagten hätten sie sich noch zu dritt über die Wohnungsbesichtigung unterhalten. Dem Angeklagten habe das besichtigte Objekt sehr gut gefallen, da in dem Haus einen Whirlpool und Platz für Fitnessgeräte vorhanden gewesen sei. Laut ihren Angaben habe die Zeugin ihren zuvor gegenüber der Geschädigten geäußerten Einwand nunmehr auch gegenüber dem Angeklagten angesprochen. Dieser habe sich hiervon allerdings unbeeindruckt gezeigt und seine begeisterten Äußerungen darüber, dass ihm das besichtigte Objekt sehr gut gefallen habe, wiederholt.
174
Als die Geschädigte dem Angeklagten daraufhin einen Klaps auf den Hinterkopf versetzt und ihn aufgefordert habe, nunmehr zu essen, habe sich der Angeklagte kommentarlos und äußerlich reaktionslos gefügt. Das Gespräch über die Wohnungsbesichtigung sei damit schlagartig beendet gewesen.
175
Wie die Zeugin I1. darlegte, habe sie sich daraufhin gedacht, dass dieses Verhalten wohl repräsentativ für das Beziehungsgefüge der Eheleute L. sei und es bei ihnen zu Hause vermutlich ebenfalls so ablaufe, dass die Geschädigte dominant sei und der Angeklagte mache, was sie wolle. Ihren Angaben zufolge sei die Zeugin von dem Vorfall so unangenehm berührt gewesen, dass sie den gemeinsamen Restaurantbesuch vorzeitig abgebrochen habe, indem sie vorgegeben habe, unter Bauch- und Kopfschmerzen zu leiden und deshalb dringend nach Hause zu müssen.
176
Die Zeugin I1. betonte, dass dieser Vorfall singulär gewesen sei und die Eheleute L. im Übrigen äußerlich einen sehr verliebten, sehr glücklichen und sehr harmonischen Eindruck gemacht hätten. Auch im Sommer 2020 habe das Ehepaar L. bei einem nachbarschaftlichen Gartenfest wieder einen unvermindert glücklichen und überaus harmonischen Eindruck vermittelt.
177
ii. Die Angaben der Zeugin I1. waren glaubhaft. Es bestand kein Anlass, den Wahrheitsgehalt ihrer ruhig, sachlich und erkennbar erinnerungskritisch gemachten Angaben in Zweifel zu ziehen. Anhaltspunkte für Be- oder Entlastungseifer boten sich nicht.
178
(f) Die Zeugin Dr. S5. P3., die direkte Wohnungsnachbarin der Eheleute L., machte aus ihrer Abneigung gegenüber dem Angeklagten keinen Hehl.
179
i. Sie gab an, den Angeklagten als „überfreundlich“, übermäßig nachgiebig und „hilfsbereit, fast bis zur Distanzlosigkeit,“ erlebt zu haben. Da sie sie seine Freundlichkeit, Nachgiebigkeit und Hilfsbereitschaft jeweils als übertrieben empfunden habe, sei ihr der Angeklagte unsympathisch gewesen.
180
ii. Die von der Zeugin Dr. P3. im Kern genannten Eigenschaften des Angeklagten - Freundlichkeit, Nachgiebigkeit und Hilfsbereitschaft - decken sich mit den oben dargelegten Beschreibungen anderer Zeugen, wenngleich die Zeugin Dr. P3. - im Gegensatz zu den anderen Zeugen - diese Eigenschaften aufgrund der von ihr als übertrieben empfundenen Ausprägung beim Angeklagten als negativ empfand und dessen Persönlichkeit insgesamt ablehnend gegenüberstand.
181
iii. Schon aufgrund dieser Übereinstimmung mit den anderen Zeugenaussagen sind die Angaben der Zeugin Dr. P3. glaubhaft. Darüber hinaus differenzierte die Zeugin bei ihrer Aussage von Beginn an deutlich zwischen Wahrnehmungen einerseits sowie subjektiven Empfindungen und Bewertungen andererseits. Belastungseifer lag somit ebenso wenig vor wie Entlastungseifer. Anlass für Zweifel am Wahrheitsgehalt der trotz aller zum Ausdruck gebrachten Abneigung dennoch ruhig und sachlich gemachten Angaben der Zeugin bestand für die Strafkammer daher nicht.
182
iv. Wie die Zeugin Dr. P3. ferner glaubhaft berichtete, habe sie E. M. L. so kennengelernt, dass diese sehr klare Vorstellungen gehabt habe und insoweit sehr unflexibel gewesen sei. Nach ihrer Erwartung habe alles so sein müssen, wie sie es sich vorgestellt habe. Andernfalls habe die Geschädigte „harsch“ reagiert.
183
Aus dem Umstand, dass sie, die Zeugin, nur gelegentlich - nicht auffällig oft - Streitigkeiten aus der Nachbarwohnung der Eheleute L. mitbekommen habe, wobei sie jeweils nur die Geschädigte mit Schärfe in der Stimme schreien gehört habe, habe die Zeugin Dr. P3. ihren Angaben zufolge geschlossen, dass der Angeklagte sich der Geschädigten untergeordnet und zumindest das Meiste schweigend hingenommen habe.
184
Insoweit fand die Einlassung des Angeklagten zu seinem Verhalten, wenn seine Ehefrau verärgert gewesen sei (vgl. II.7.c(4), S. 66), eine Bestätigung in den Angaben der Zeugin Dr. P3..
185
(3) Dass sich der Angeklagte mit Schwierigkeiten nicht auseinandersetzen möchte und insoweit eine Tendenz zur Bagatellisierung zeigt, kommt in den auch insoweit glaubhaften Angaben des Zeugen S4. P3. zum Ausdruck, wonach der Angeklagte immer darauf bedacht gewesen sei, Problemen aus dem Weg zu gehen, und „Themen auch mal weggelächelt“ habe.
186
Der Zeuge bekundete ferner, dass der Angeklagte dazu neige, Dinge beschönigend darzustellen. Als Beispiel hierfür führte er an, dass der Angeklagte seine Verluste in einer Höhe von 300.000,- bis 350.000,- Euro durch Spekulationsgeschäfte mit WirecardAktien nebenbei bei einem Pokerspiel erwähnt und hierbei trotz der genannten Höhe der Verluste den Eindruck erweckt habe, durch die erlittenen Aktienverluste emotional nicht belastet zu sein. Wie der Zeuge P3. weiter berichtete, hätten er und andere Anwesende deshalb anschließend den Angeklagten wegen seiner Verluste geneckt, was er aber unter keinen Umständen getan hätte, wenn der Angeklagte durch die Aktienverluste emotional belastet gewirkt hätte.
187
(4) Die zwanghaften Persönlichkeitszüge des Angeklagten klingen in der von dessen Halbbruder An. Uh. in seiner polizeilichen Vernehmung abgegeben Beschreibung an, worüber der Vernehmungsbeamte KK Wa. glaubhaft berichtete. Demnach sei der Angeklagte sehr strukturiert. In der Wohnung, die er mit seiner Ehefrau bewohnt habe, sei alles sehr sauber, ordentlich und aufgeräumt gewesen. Der Angeklagte sei entsprechend veranlagt, wie es auch die Geschädigte gewesen sei. Das Ehepaar habe ferner Tagespläne aufgestellt, so dass immer alles genau durchgeplant gewesen sei.
188
3. Die Feststellung, dass der Angeklagte nicht vorbestraft ist, beruht auf der verlesenen Auskunft aus dem Bundeszentralregister vom 24.09.2021.
II. Einlassungen des Angeklagten zur Sache
189
Der Angeklagte ließ sich sowohl im Ermittlungsverfahren als auch in der Hauptverhandlung mehrfach zur Sache ein. Er stellte sich wenige Stunden nach der Tat freiwillig selbst bei der Polizei und legte ein von Reue und Schuldeinsicht getragenes Geständnis hinsichtlich der Tat in objektiver Hinsicht sowie seiner Täterschaft ab, welches er in der Folge in seinen polizeilichen Beschuldigtenvernehmungen, im Rahmen der Exploration durch den psychiatrischen Sachverständigen Dr. H1. sowie in der Hauptverhandlung konstant aufrechterhielt und wiederholte.
190
Allerdings machte er hinsichtlich der Vielzahl der von ihm ausgeführten Messerstiche bereits von Anfang an Erinnerungslücken geltend und behauptete in der Hauptverhandlung darüber hinaus, sich auch an das finale Würgen seiner Ehefrau, welches er in seiner ersten polizeilichen Beschuldigtenvernehmung noch unumwunden eingeräumt hatte, nicht mehr erinnern zu können.
191
In subjektiver Hinsicht räumte der Angeklagte eine Tötungsabsicht nicht ein. Bezüglich seines Tatmotivs war er nur im Hinblick auf den Anlass für die Tat sowie die Umstände, die auf seine Kränkung durch das Verhalten seiner Ehefrau sowie seine damit einhergehende - menschlich nachvollziehbare - Wut und Verärgerung schließen lassen, geständig. Er bestritt hingegen denjenigen Teil seines Tatmotivs, der das aus seiner Sicht eingetretene endgültige Scheitern seiner - auch unter Zurückstellung eigener Bedürfnisse - unternommenen Bemühungen, sein Ziel der Teilhabe am Vermögen seiner Ehefrau im Rahmen der gemeinsamen Lebensführung in ihrer Ehe zu erreichen, betrifft.
192
Insoweit stellte der Angeklagte bereits sein - durchaus menschlich nachvollziehbares - Ziel der Teilhabe am Vermögen seiner Ehefrau im Rahmen der gemeinsamen Lebensführung in ihrer Ehe sowie seine Hoffnung, das hierfür erforderliche Wohlwollen seiner Ehefrau dadurch gewinnen zu können, dass er alles daransetzte, damit diese sich mit ihm wohlfühlte, vehement in Abrede.
193
In diesem Zusammenhang versuchte der Angeklagte über weite Strecken seine eigenen Vermögensverhältnisse erheblich zu beschönigen, obwohl er die von ihm erlittenen Verluste mit Aktienspekulationen in Höhe von rund 360.000,- Euro von Anfang an ebenso unumwunden einräumte wie den Umstand, dass es sich bei dem verlorenen Geldbetrag um Geld handelte, das ihm von seiner Mutter, seinem Halbbruder und seiner Schwester überlassen worden war. Auch die bewusst zweckwidrige Verwendung des von seiner Schwester erhaltenen Geldbetrages in Höhe von 80.000,- Euro stellte der Angeklagte ebenso wenig in Abrede wie den Umstand, dass es sich bei dem von seiner Mutter überlassenen Geld um den Erlös aus dem Verkauf ihrer Eigentumswohnung in Pf. a der Il. handelte, den der Angeklagte für sie abgewickelt hatte. Allerdings versuchte er mit einer wechselnden Einlassung, darunter der wiederholten Behauptung, dass es sich bei dem von seiner Mutter überlassenen Geld um eine Schenkung an ihn gehandelt habe, den Eindruck zu erwecken, dass hieraus keine Ansprüche gegen ihn erhoben werden könnten, so wie dies den Angaben des Angeklagten zufolge auch für seinen Halbbruder gelte, der ihm das Geld mit der Zweckbestimmung überlassen hatte, es für ihn in Wirecard-Aktien zu investieren.
194
Darüber hinaus bestritt der Angeklagte bis zuletzt seine nach der Tat zunächst vorhandene Absicht, sämtliche Tatspuren einschließlich des Leichnams zu beseitigen und sich ein Alibi zu verschaffen, um sich der strafrechtlichen Verantwortung für die Tat zu entziehen, bevor er sich noch in den ersten Stunden nach der Tat in dem dann eingetretenen Bewusstsein, dass ihn dieser Versuch psychisch völlig überforderte, entschlossen hatte, die strafrechtliche Verantwortung für die Tötung seiner Ehefrau zu übernehmen und sich noch im Laufe der Nacht selbst bei der Polizei zu stellen.
195
Ebenfalls nicht geständig war der Angeklagte hinsichtlich seiner Absicht, sich und seiner Herkunftsfamilie unberechtigt materielle Vorteile zu sichern, indem er nach der Tat Wertgegenstände aus dem Eigentum der Geschädigten zu seiner Mutter verbracht hatte. Insoweit behauptete er bis zuletzt, er habe hierdurch lediglich dem Willen der Geschädigten entsprochen und ihre Interessen vertreten.
196
1. Wie der Zeuge PHM An. glaubhaft berichtete, habe er in der Nacht auf den 13.10.2020 Dienst auf der Wache der Polizeiinspektion ... in Mü. verrichtet, als der Angeklagte diese am 13.10.2020 gegen 01:50 Uhr aufgesucht habe. Auf die Frage, wie er, PHM An., dem Angeklagten helfen könne, habe dieser weinend geantwortet, dass seine Frau tot sei. Auf die Nachfrage, ob sie bei einem Unfall gestorben sei, habe der Angeklagte weinend erklärt, dass er sie umgebracht habe, und „Messer“ hinzugefügt.
197
2. Der Zeuge KHK Z. bekundete glaubhaft, dass er gemeinsam mit seinem Kollegen KK Wa., am 13.10.2020 eine Beschuldigtenvernehmung mit dem Angeklagten durchgeführt habe, welche audiovisuell aufgezeichnet worden sei. Der Angeklagte habe nach entsprechender Belehrung ausdrücklich erklärt, ohne anwaltliche Rücksprache und ohne Anwesenheit eines Verteidigers Angaben zur Sache machen zu wollen. Im Verlauf der mehrstündigen Vernehmung habe der Angeklagte immer wieder geäußert, froh zu sein, dass er die Gelegenheit habe, den Kriminalbeamten von seiner Tat und den damit zusammenhängenden Themen zu erzählen, und sich bei den beiden Vernehmungsbeamten dafür bedankt, dass diese ihm zuhörten.
198
Zusätzlich und ergänzend zur Einvernahme des Vernehmungsbeamten KHK Z. hat das Schwurgericht die audiovisuelle Aufzeichnung der Beschuldigtenvernehmung vom 13.10.2020 teilweise in Augenschein genommen und sich hierdurch einen eigenen, unmittelbaren Eindruck vom Angeklagten in der Vernehmungssituation und seinen hierbei getätigten Angaben verschafft.
199
Demnach machte der Angeklagte im Wesentlichen folgende Angaben zur Sache:
200
a. Den glaubhaften Angaben des Zeugen KHK Z. zufolge habe der Angeklagte zum Vortatgeschehen am 12.10.2020 berichtet, dass er tagsüber in der Arbeit gewesen sei und seiner Ehefrau vor dem Hintergrund geplanter beruflicher Abendtermine mitgeteilt habe, dass er „so 18:30 Uhr, 19:00 Uhr, 19:30 Uhr“ nach Hause kommen werde. Allerdings seien die geplanten Termine kurzfristig abgesagt worden. Um wieviel Uhr er tatsächlich nach Hause gekommen sei, habe der Angeklagte nicht mehr genau gewusst und geschätzt, dass es gegen 18:30 Uhr gewesen sei.
201
(1) Hinsichtlich der üblichen Abläufe bezüglich seiner abendlichen Rückkehr vom Büro habe der Angeklagte laut KHK Z. erläutert, dass er, wenn er keine beruflichen Abendtermine habe, üblicherweise gegen 17:30 Uhr das Büro verlasse und seiner Ehefrau immer eine Nachricht schreibe, wenn er losgehe. Er fahre stets mit dem Fahrrad zur Arbeit und brauche für die (reine) Fahrstrecke nach Hause, wenn es gut laufe, 13 Minuten.
202
(2) Nach seiner Ankunft zu Hause habe er sich ein Glas Wein eingeschenkt und dieses mit nach oben in den Galeriebereich genommen, wo seine Ehefrau über die Playstation am Fernseher ein Computerspiel gespielt habe. Seine Ehefrau habe von dem Wein einen Schluck getrunken und er selbst den Rest. Auf dem kleinen Tisch neben dem Sofa im Galeriebereich sei ein „größeres, breiteres, spitz[es]“ Messer gelegen, welches Teil eines Messersets sei. Wie KHK Z. ebenfalls glaubhaft darlegte, habe der Angeklagte im Einklang mit diesen Angaben zu einem späteren Zeitpunkt in der Vernehmung die Frage, ob er das Messer mit nach oben gebracht habe, verneint. KHK Z. zufolge habe der Angeklagte weiter berichtet, dass er sich zu seiner Ehefrau auf das Sofa gesetzt und mit ihr dort einige Zeit verbracht habe.
203
(3) Den weiteren Angaben des Angeklagten zufolge habe er, als sich seine Ehefrau etwa eineinhalb bis zwei Stunden nach seiner Rückkehr von der Arbeit in den unteren Wohnbereich begeben und ihr Handy auf dem Sofa im Galeriebereich zurückgelassen habe, diese Gelegenheit genutzt und ihr Mobiltelefon mit der ihm bekannten PIN entsperrt, um ihre Chatverläufe zu lesen. Anlass hierfür sei gewesen, dass seine Ehefrau zuletzt immer wieder auch nachts auf ihr Handy geschaut habe, weil sie Nachrichten erhalten habe, deren Eingang jeweils durch ein optisches Blinksignal angezeigt worden sei. Auch morgens nach dem Aufwachen habe sie sofort auf ihr Handy geschaut und sich von ihm, dem Angeklagten, weggedreht. An den beiden vorangegangenen Tagen seien nachts und morgens besonders viele Nachrichten auf ihrem Mobiltelefon eingegangen. Dieses Verhalten seiner Ehefrau sei auffällig gewesen, auch wenn sie ihr Handy stets bei sich geführt und sich schon immer mit diesem sehr lange auf der Toilette aufgehalten habe.
204
(4) Wie der Angeklagte weiter bekundet habe, habe er nach dem Entsperren des Mobiltelefons in der Applikation des Messenger-Dienstes „Di.“ anzügliche Chat-Nachrichten gelesen, die seine Ehefrau mit einem gewissen Ph. (Anmerkung: dem Zeugen P4. T2.), Inhaber des Benutzerkontos „Va.“, ausgetauscht habe. In diesen Nachrichten sei seine Ehefrau von Ph. aufgefordert worden, als nächstes die Beine zu spreizen und ihn in sich aufzunehmen, worauf sie geantwortet habe, dass sie alles mache, was er sage. Aus den Nachrichten habe sich überdies ergeben, dass Telefonate zwischen den beiden stattgefunden hätten.
205
Er, der Angeklagte, habe sich anschließend in den unteren Wohnbereich begeben, um seine Ehefrau wegen dieser Chat-Nachrichten zur Rede zu stellen. Seine Ehefrau sei an der geöffneten Balkontür gestanden und habe eine Zigarette geraucht. Er habe sie gefragt, ob sie ehrlich zu ihm sei, und eine Klärung bezüglich der Chat-Nachrichten verlangt. Seine Ehefrau habe jedoch nicht mit ihm reden wollen, sei aggressiv und ärgerlich auf ihn gewesen. Als sie wieder nach oben in den Galeriebereich gegangen sei, sei er ihr dorthin gefolgt und habe betont, dass ihm eine Klärung bezüglich der ChatNachrichten wichtig sei. Seine Ehefrau habe inhaltlich nichts dazu gesagt und sich auf das Sofa gesetzt. Sie sei laut geworden, habe ihm zu verstehen gegeben, dass sie nicht mit ihm reden wolle, und ihn aufgefordert zu verschwinden. Er habe entgegnet, dass er nicht gehen könne, sondern wissen wolle, „ob ja oder nein“, und hinzugefügt, dass er ihr das doch wert sein müsse. Er habe weiter auf eine sofortige Klärung beharrt, woraufhin seine Ehefrau erwidert habe, dass er es einfach nicht verstehen wolle.
206
(5) Danach habe seine Ehefrau eine Äußerung getätigt, hinsichtlich deren Inhalt sich der Angeklagte laut KHK Z. im Verlauf der Vernehmung wechselnd eingelassen habe. Dies wurde durch die Inaugenscheinnahme der entsprechenden Passagen der audiovisuellen Vernehmungsaufzeichnung bestätigt. Hieraus ergibt sich, dass der Angeklagte zunächst angab, seine Ehefrau habe geäußert „Ich bring‘ dich jetzt um, dann ist es vorbei“, während er im weiteren Verlauf abweichend bekundete, seine Ehefrau habe gesagt „Ich kann dich auch jetzt umbringen, dann ist es gleich vorbei“.
207
Im Zuge seiner ersten Einlassung hierzu (Äußerung der Geschädigten: „Ich bring‘ dich jetzt um, dann ist es vorbei“) gab der Angeklagte ausweislich der audiovisuellen Vernehmungsaufzeichnung weiter an, dass er nicht wisse, woher dieser Hass seiner Ehefrau gekommen sei. Er hätte nie gedacht, dass sie ihn so hassen und so etwas sagen könnte, dass sie ihn verletzen wollte. Im Zuge seiner zweiten Einlassung hierzu (Äußerung der Geschädigten: „Ich kann dich auch jetzt umbringen, dann ist es gleich vorbei.“) erklärte der Angeklagte ausweislich der audiovisuellen Vernehmungsaufzeichnung, dass er aufgrund des aggressiven Tons und der Wortwahl seiner Ehefrau erst einmal „komplett perplex“ gewesen sei. Diese Äußerung sei ein Triggerpunkt gewesen.
208
Den auch insoweit glaubhaften Angaben des Zeugen KHK Z. zufolge habe der Angeklagte im Laufe der Vernehmung vor seiner zweiten Einlassung zur abschließenden Äußerung der Geschädigten ferner angegeben, er habe doch nur mit seiner Ehefrau reden wollen. Er habe in seiner Zelle die ganze Nacht darüber nachgedacht. Er habe doch ein Anrecht gehabt zu wissen, wo er stehe. Seine Ehefrau könne ihn doch nicht einfach „zur Seite schieben“ und sagen, es sei ihr egal. Sie könne ihn doch nicht dafür verantwortlich machen und ihm dann sagen, dass es besser sei, wenn sie ihn jetzt umbringe. Er habe doch noch nie jemandem etwas getan und sei doch nicht gewalttätig.
209
(6) Wie KHK Z. weiter glaubhaft schilderte, habe der Angeklagte sich im Laufe der Vernehmung selbst gefragt, warum er nicht einfach gegangen sei, und dies dahingehend beantwortet, dass er nicht habe gehen können und einfach mit seiner Ehefrau habe reden wollen. Seinen weiteren Angaben zufolge habe sich der Angeklagte nach der Tat gefragt, ob es richtig gewesen sei, seiner Ehefrau zu sagen, dass er mit ihr sprechen müsse. Der Angeklagte habe weiter ausgeführt, dass sie ihn immer aufgefordert habe, etwas anzusprechen, und er schlecht darin gewesen sei. Er habe die Sachen immer in sich „hineingefressen“. Anschließend habe der Angeklagte die Frage in den Raum gestellt, warum seine Ehefrau dann so ärgerlich auf ihn gewesen sei, obwohl er einfach nur habe reden wollen und sie immer gesagt habe, dass er mit ihr reden solle.
210
b. Zum Tatgeschehen gab der Angeklagte gemäß der audiovisuellen Vernehmungsaufzeichnung an, dass er sich nach der letzten Äußerung seiner Ehefrau „mit ihr zum Messer hin“ bewegt habe. Er glaube, seine Ehefrau habe ihn noch an der linken Hand gepackt.
211
(1) Lediglich bei seiner ersten Einlassung (Äußerung der Geschädigten: „Ich bring‘ dich jetzt um, dann ist es vorbei“) behauptete der Angeklagte ein einziges Mal, seine Ehefrau sei vor ihm „am Messer“ gewesen, weil sie „näher dran“ gewesen sei. Er habe sich über seine Ehefrau gebeugt und sie festgehalten, damit sie nicht weiterkomme.
212
Jedoch bereits im weiteren Verlauf dieser ersten Schilderung schwächte der Angeklagte seine zunächst gemachte Aussage erheblich ab und bekundete nunmehr, dass seine Ehefrau vor ihm „beim Griff zum Messer“ gewesen sei. Er sei jedoch schneller gewesen und habe dann das Messer gehabt.
213
Im Zuge seiner zweiten Einlassung (Äußerung der Geschädigten: „Ich kann dich auch jetzt umbringen, dann ist es gleich vorbei.“) relativierte der Angeklagte seine diesbezüglichen Angaben weiter, indem er auf die Frage, wer als erstes das Messer in die Hand habe nehmen wollen, antwortete, er habe „die Bewegung von ihr gesehen - zuerst, denn sonst hätte ich wahrscheinlich nicht so darauf reagiert“.
214
(2) Ausweislich der audiovisuellen Vernehmungsaufzeichnung bekundete der Angeklagte weiter, dass seine Ehefrau im Wesentlichen mittig, ein bisschen weiter links auf dem Sofa gesessen sei. Er sei relativ mittig vor ihr gestanden. Seine Ehefrau habe sich halb im Liegen, halb im Sitzen in Richtung des Messers bewegt und mit ihrer rechten Hand zum Messer gegriffen, das links neben ihr auf dem Tisch gelegen sei. Er habe sich im Stehen ebenfalls zum Messer hinbewegt und mit der linken Hand seine Ehefrau abgedrängt.
215
(3) Während er mit der rechten Hand das Messer ergriffen habe, sei seine Ehefrau im Begriff gewesen, vom Sofa aufzustehen, und er habe sich in ihre Bewegung hineingedreht. Der Angeklagte demonstrierte hierbei gestisch eine Drehbewegung mit seinem Körper nach links sowie eine Stichbewegung mit seiner rechten Hand in den zentralen vorderen Rumpfbereich der Geschädigten und erläuterte, dass die Messerklinge dort von vorne - und nicht etwa von der Seite - eingedrungen sei. Nach dem ersten Stich sei auch schon ein zweiter erfolgt. Er habe sich seiner Meinung nach immer frontal gegenüber seiner Ehefrau befunden. Zu den weiteren Bewegungen seiner Ehefrau könne er keine sicheren Angaben machen. Hierfür sei „alles viel zu schnell“ gegangen.
216
(4) Dann sei seine Ehefrau zu Boden gegangen und am Ende mit dem Kopf, der sich in dem Bereich zwischen dem Sofa und dem Fernseher befunden habe, in Richtung Fenster und den Füßen in Richtung Treppe gelegen.
217
Am Boden liegend habe seine Ehefrau nur noch leicht geröchelt und nicht mehr sprechen können. Als sie geröchelt habe, habe er einfach gewollt, dass „es“ vorbei sei, seine Ehefrau nicht weiter röchele und nicht weiter leide. Er habe versucht, ihr noch die Luft abzudrücken, indem er sie mit beiden Händen am Hals gewürgt habe. Bei diesen Angaben demonstrierte der Angeklagte mit beiden Händen einen klassischen Würgegriff, bei dem sich die Daumen im Bereich des Kehlkopfes der gewürgten Person befinden. Der Angeklagte ergänzte, dass er dies gemacht habe, damit „es“ aufhöre. Während er zugedrückt habe, sei es bei der Geschädigten noch zu einem leichten Blinzeln der Augenlider, aber zu keiner Gegenwehr mehr gekommen. Er habe gewartet, bis er keine Regung mehr gesehen habe und sei dann aufgestanden.
218
(5) Der Angeklagte bekundete weiter, er wisse nicht, wie viele Messerstiche es insgesamt gewesen seien, ob zwei oder drei, ob es überhaupt einen dritten Stich gegeben habe und wie lange das Tatgeschehen gedauert habe. Seiner Meinung nach habe er alle Stichbewegungen etwa auf gleicher Höhe ausgeführt, während seine Ehefrau sich bewegt habe. Er bekundete ferner, dass sie eine Stichverletzung im Brustbereich sowie eine weitere am Kopf im Bereich des Haaransatzes links oder rechts aufweisen müsse. Er habe, als seine Ehefrau am Boden gelegen sei, Blut auf ihrem Pullover gesehen. Bei diesen Angaben zeigte der Angeklagte mittig auf seinen Brustbereich. Aus dem Umstand, dass er nach der Tat anfänglich einen Druckschmerz im Bereich der Kleinfingerseite der linken Hand verspürt habe, schließe er, dass er im Verlauf des Tatgeschehens von seiner Ehefrau an der linken Hand festgehalten worden sei.
219
(6) Wie der Vernehmungsbeamte KHK Z. auch insoweit glaubhaft berichtete, habe der Angeklagte ferner angegeben, dass sich seine Ehefrau als Reaktion auf die Messerstiche „hineingedreht“ und eine Schutzhaltung eingenommen habe. Die Frage, ob sie sich gewehrt habe, habe der Angeklagte mit dem Zusatz „natürlich“ bejaht und angegeben, dass er an der rechten Hand etwa im gleichen Bereich wie an seiner linken Hand einen leichteren Druckschmerz verspürt habe, allerdings nicht wisse, worauf dieser zurückzuführen sei. Er habe seine Ehefrau nie umbringen und nie verletzen wollen, weder verbal noch körperlich.
220
c. Zu seiner Tatmotivation habe der Angeklagte laut KHK Z. erklärt, er habe „derjenige sein [wollen], der nicht verletzt [werde]“. Er sei schließlich nicht mit dem Plan „Heute ist ein schöner Tag, heute mag ich meine Frau nicht mehr“ hingegangen. Ab dem Zeitpunkt des Griffs zum Messer habe er nur gewollt, dass die Situation vorbei sei. Auch nach dem ersten Stich habe er gewollt, dass es vorbei sei. „Man“ wolle natürlich, dass „die Bedrohungssituation“ vorbeigehe. Als seine Ehefrau röchelnd am Boden gelegen sei, habe er sie gewürgt, weil er von der Situation überfordert gewesen sei, dass der Mensch, den er liebe, dort liege und leide, wofür er verantwortlich sei. Er habe nicht gewollt, dass seine Ehefrau leide.
221
d. Zum Nachtatgeschehen gab der Angeklagte ausweislich der audiovisuellen Vernehmungsaufzeichnung zunächst an, dass seine Ehefrau voller Blut und ganz warm gewesen sei, als sie dagelegen sei. Überall sei Blut gewesen und er habe versucht, sauber zu machen. Er habe es nicht ertragen, seine Ehefrau so liegen zu sehen.
222
(1) Im weiteren Verlauf bekundete der Angeklagte, er habe seine Ehefrau in einen Teppich eingerollt, damit er sie nicht sehe. Außerdem habe er nicht gewollt, dass seine Ehefrau so offen da liege und „alles um sie herum dreckig“ sei. Er habe den Teppich, der sich im Galeriebereich „am Eck“ befunden habe, am Boden ausgebreitet, seine Ehefrau darauf gerollt und sie dann in Richtung Treppe gezogen, da sich dort kein Blut befunden habe. Überall sonst sei Blut gewesen. Die Füße seiner Ehefrau hätten leicht über die erste Treppenschwelle gezeigt. Er habe dann ringsherum und insbesondere auch dort, wo seine Ehefrau zuvor gelegen sei, gereinigt. Er habe blutige Laken und Kissen nach unten vor die Küche gebracht und dort alles gestapelt, denn er habe nicht gewollt, dass „oben alles voller Blut“ sei. Er habe sich gedacht, dass jetzt alles aus sei.
223
Zum Reinigen habe er Küchenrollen, Küchenreiniger und Bleiche verwendet sowie aus Versehen „Lenor“. Alles habe sich unten im Küchenschrank befunden. Er habe sehr lange geputzt, könne aber die Dauer nicht schätzen. Der Vorfall sei zu diesem Zeitpunkt allgegenwärtig gewesen „mit [s]einem Schatz in der Rolle“ und dem Blut, das sich überall befunden habe.
224
(2) Den auch insoweit glaubhaften Angaben des Vernehmungsbeamten KHK Z. zufolge habe der Angeklagte weiter berichtet, dass sich Blut am Boden, „ein bisschen“ auf der Couch sowie auf den Kissen befunden habe in dem Bereich, wo sich „das Handgemenge (…) abgespielt“ habe.
225
Zur Bekleidung der Geschädigten habe der Angeklagte demnach angegeben, dass diese einen Pullover, eine weiß gesprenkelte, marmorfarbige Trainingshose und - vielleicht rosafarbige - Socken getragen habe. An ihrer Bekleidung habe er keine Veränderungen vorgenommen. Er selbst habe bei der Tat noch seine Businesskleidung getragen, sich nach der anschließenden Reinigung geduscht und umgezogen. Er sei dann mit einer schwarzen Jeanshose und einem schwarzen T-Shirt bekleidet gewesen. Zuvor habe er noch einmal in das Handy seiner Ehefrau geschaut und den Chatverlauf vollständig gelesen.
226
Wie der Angeklagte laut KHK Z. weiter berichtet habe, habe er seine bei der Tat getragene Kleidung in einen Müllbeutel gesteckt und in eine der beiden Restmülltonnen vor dem Haus geworfen. Das nach der Tat blutverschmierte Messer habe er entweder ebenfalls in den Müll geworfen oder in einen Kissenbezug gesteckt. Die Messerspitze sei „eingerollt“ gewesen. In die Teppichrolle mit seiner Ehefrau darin habe er auch Papiertücher mit hineingesteckt. Nach der Tat habe er noch einmal ein kleines Glas Wein getrunken.
227
(3) Er habe mit dem Hund „Jo.“ die Wohnung verlassen und sei in sein Auto gestiegen. Beim Verlassen der Wohnung habe er noch einmal die Hoffnung gehabt, dass alles nicht so schlimm sei, weshalb er zum Krankenhaus an der großen Straße „beim Kanal“ gefahren sei. Um welches Krankenhaus es sich hierbei handle, ob es dasjenige der B. Br. sei, wisse er nicht. Er habe dort gehalten, um Hilfe zu holen und zu sagen, was passiert sei. Er sei dann mit dem Auto weitergefahren zur Polizei, weil er nicht gewusst habe, was er tun solle. Er sei doch der Familie seiner Frau verpflichtet, die ein Recht habe zu wissen, was los sei. Er sei von der Polizei hereingebeten worden und froh gewesen, dass er mit jemandem habe reden können.
228
e. Hinsichtlich seiner Einstellung zur Tat habe der Angeklagte laut KHK Z. angegeben, dass er die Situation, wie sie sei - „die maximale Trauer, dafür mitverantwortlich zu sein“ - nie wiedergutmachen könne. Seine Ehefrau und er hätten „nie wieder eine Chance, voneinander wegzugehen, darüber zu sprechen“. Nie wieder könne er mit ihr lachen, ihre Wärme spüren, ihr über das Haar streicheln und ihr Lächeln sehen.
229
f. Wie der Vernehmungsbeamte KHK Z. auch insoweit glaubhaft berichtete, habe der Angeklagte die Geschädigte als Person wie folgt beschrieben:
230
(1) Seine Ehefrau sei der liebste Mensch gewesen, den es gegeben habe. Sie habe für ihn Essen gekocht und sauber gemacht, während er nur gewollt habe, dass sie „maximal frei“ sei und nicht die Zeit für Putzen und ähnliches aufwende. Sie sei eigentlich Fotografin gewesen, habe den Beruf aber nicht ausgeübt, da sie hierzu psychisch nicht in der Lage gewesen sei.
231
(2) KHK Z. zufolge habe der Angeklagte einerseits angegeben, dass bei seiner Ehe frau im Jahr 2016 das Krankheitsbild einer Schizophrenie von ihrem Psychiater diagnostiziert worden sei. Sie habe daraufhin die Psychologin gewechselt und eine Atemtherapie absolviert. Seine Ehefrau sei „auch teilweise sehr böse, schizophren böse“, gewesen. Andererseits habe der Angeklagte laut KHK Z. davon gesprochen, dass bei seiner Ehefrau eine Angststörung bestanden habe, weswegen sie vielen Einschränkungen unterlegen sei. So habe sie etwa immer zu Hause bleiben wollen. Seinen Angaben zufolge habe der Angeklagte seine Ehefrau beruhigt und habe ihr zu Beginn ihrer Beziehung Halt geben können. Er sei immer für sie da gewesen, so dass sie keine Therapie mehr gebraucht habe.
232
Im Zuge der Corona-Pandemie seien die Angstzustände seiner Ehefrau wieder stärker geworden und sie habe Panikattacken mit kaltem Schweiß, hohem Puls, Hyperventilation, Kurzatmigkeit und Beklemmung erlitten. Dem Angeklagten zufolge habe sie Todesangst gehabt, weil sie die vielen, auf sie einwirkenden Eindrücke nicht gefiltert habe. Er habe die Angst seiner Ehefrau nie verstanden.
233
(3) Wenn seine Ehefrau mit etwas beschäftigt gewesen sei, habe man sie besser nicht angesprochen, da sie ansonsten hierauf gleich in einer aggressiven Art und Weise gefragt habe, was los sei. Seine Ehefrau sei immer laut gewesen, was er nie als so schlimm empfunden habe. Im Nachhinein hätten sie immer darüber gelacht. Das habe zu ihrem Charakter dazugehört. Seine Ehefrau sei so ein lieber Mensch gewesen, der natürlich zwei Seiten gehabt habe, was aber auch an ihrer Krankheit gelegen habe.
234
Seine Ehefrau habe keine Einmischung geduldet und sei dann wütend geworden; dies nicht nur bei ihm, sondern auch bei der Familie und bei Freunden. Sie habe Vorschläge nicht besonders geschätzt und mit Kritik nicht gut umgehen können. Sie sei dann laut geworden. Zwar habe sie Disharmonie, Lautwerden und Beschimpfen ebenso wenig gemocht wie er selbst, sich ungeachtet dessen aber selbst immer so verhalten. Er habe diesbezüglich die Haltung gehabt, dass seine Ehefrau nun einmal so gewesen sei und er sie nicht habe ändern wollen.
235
g. Zu der Beziehung zwischen ihm und der Geschädigten gab der Angeklagte ausweislich der audiovisuellen Vernehmungsaufzeichnung an, dass es in der Vergangenheit von keiner Seite jemals körperliche Gewalt oder deren verbale Androhung gegeben habe. Seine Ehefrau habe ihn lediglich ab und zu angeschrien. Er habe sie nie angefasst oder geschlagen. Sowohl seine Ehefrau als auch er selbst seien Rechtshänder.
236
Der Angeklagte bekundete ferner, dass er alles für seine Ehefrau getan habe und getan hätte. So habe er mit ihr neue Dinge ausprobiert, wie etwa unbekanntes Essen, welches er sonst nie probiert hätte. Auch habe er Urlaub mit ihr gemacht. Sie seien gemeinsam am Strand gewesen.
237
Wie der Vernehmungsbeamte KHK Z. auch insoweit glaubhaft berichtete, habe der Angeklagte zu diesem Themenkomplex darüber hinaus im Wesentlichen folgende Angaben gemacht:
238
Seine Ehefrau und er hätten sich am 24.12.2016 über die Internet-Plattform „L.“ kennengelernt. Ihre Ehe sei im Großen und Ganzen harmonisch gewesen mit Liebe von beiden Seiten, gegenseitiger Unterstützung, Ehrlichkeit und gleichen Interessen. Sie hätten einen Ehevertrag geschlossen, weil es immer um die Liebe habe gehen sollen. Sie hätten ihre Kosten immer aufgeteilt und zur Vermeidung von Streit ein gemeinsames Haushaltskonto gehabt.
239
(1) Wie der Angeklagte laut KHK Z. bekundet habe, seien es „Lappalien - eigentlich lächerlich -“ gewesen, über die er mit seiner Ehefrau gestritten habe. So etwa, wenn er sie darauf hingewiesen habe, dass sie zu viel Zeit mit der Nutzung ihres Handys sowie auf den sozialen Plattformen „Instagram“ und „Facebook“ verbringe. Er habe sie aufgefordert, ihr Mobiltelefon doch einmal auszuschalten und sich Zeit für sich zu nehmen. Ferner habe er seine Ehefrau darauf angesprochen, wenn ihr Handy ständig geklingelt habe. Sie sei immer sofort an ihr Handy gegangen, wenn es geklingelt habe, egal ob dies morgens, abends oder nachts gewesen sei. Sie habe ihr Handy in der Regel immer bei sich gehabt und teilweise auch auf der Toilette die neuesten Meldungen auf dem Handy angeschaut. Er selbst sei nicht so und verlasse die Toilette immer sofort wieder. Sie hätten gegenseitig die PIN für ihrer Mobiltelefone gekannt und hätten auch mit dem Finger wechselseitig das Handy des anderen öffnen können.
240
(2) Ein weiterer Streitpunkt zwischen ihnen sei gewesen, dass er, der Angeklagte, nicht „aus den ‚Puschen‘ gekommen“ sei und sich nicht rechtzeitig um einen neuen Arbeitsplatz gekümmert habe. Darüber habe sich seine Ehefrau geärgert. Für ihn sei das aber „finanziell nie ein Thema“ gewesen, er habe „immer genug Ressourcen“ gehabt. Seine Ehefrau habe ihn immer sehr angetrieben, ihm die Ziele aufgezeigt und ihn aufgefordert, bestimmte Dinge zu tun, während sie selbst allerdings keine Einmischung geduldet habe und dann wütend geworden sei (vgl. f(3), S. 45).
241
Wie der Angeklagte laut KHK Z. weiter berichtet habe, habe ihn seine Ehefrau zum Beispiel auch einmal angeschrien, als er einen von ihr gebackenen Kuchen, von dem er gedacht habe, dass sie ihn nicht mehr haben wolle, dem Nachbarjungen geschenkt habe. Er hingegen sei nie laut geworden zu seiner Ehefrau, sei immer zärtlich zu ihr gewesen und habe sie gestreichelt.
242
(3) KHK Z. zufolge habe der Angeklagte auf die Frage, ob Eifersucht zwischen ihm und seiner Frau ein Problem dargestellt habe, erklärt, dass es darauf ankomme, ob sich die Eifersucht auf eine Person oder ein Spiel beziehe. Der Angeklagte habe in diesem Zusammenhang angefügt, dass hinter der spielbezogenen Eifersucht letztlich die eigene Person stehe, da es darum gehe, Zeit miteinander verbringen zu wollen. Während seine Ehefrau ihn aufgefordert habe, sich um die Leute zu kümmern, die er persönlich kenne, habe sie selbst im Gegensatz dazu jedoch das Digitale in den Vordergrund gestellt.
243
„Ein bisschen Eifersucht“ habe es zwischen ihm und seiner Ehefrau seinen Angaben zufolge sicherlich gegeben, was aber seines Erachtens normal sei. Sie seien immer glücklich gewesen. Zu Beginn ihrer Beziehung hätten sie ein grundsätzliches Gespräch darüber geführt, dass man nicht eifersüchtig sei und sich auf den anderen verlassen könne. Flirten seiner Ehefrau sei für ihn kein Problem gewesen, denn das gehöre bei einer attraktiven, erwachsenen Frau wie ihr dazu.
244
Dem Angeklagten zufolge sei Ph. (Anmerkung: der Zeuge P4. T2.) in der Vergangenheit noch nicht Thema zwischen ihm und seiner Ehefrau gewesen. Es sei vielmehr immer um das Grundsätzliche gegangen wie etwa, dass sie so lange gespielt oder ihr Handy nachts das Eintreffen von Nachrichten signalisiert habe.
245
In letzter Zeit habe er mit seiner Ehefrau nicht über personenbezogene, aber über spielbezogene Eifersucht gesprochen. Er habe seine Ehefrau gebeten, ihr Spielen zeitlich so zu legen, dass sie beide mehr Zeit füreinander hätten und gemeinsame Essenszeiten einhalten könnten. Hierauf habe seine Ehefrau den Angaben des Angeklagten zufolge zwar erklärt, sie spiele nicht so viel, jedoch etwa zwei Wochen zuvor doch wieder zehn Stunden an einem Tag gespielt. Als er seine Ehefrau hierauf angesprochen habe, sei diese wütend geworden, habe ihn angeschrien und darauf verwiesen, dass sie ihre Spieltermine genau im Kalender eingetragen habe. Später habe sie jedoch selbst das Überschreiten ihrer Termine erkannt.
246
Wie der Angeklagte laut KHK Z. weiter angegeben habe, habe er zu seiner Ehefrau gesagt, dass sie auch zehn bis zwölf Stunden am Tag spielen könne; die Hauptsache sei für ihn, dass es ihr Spaß mache. Ihm sei lediglich im Hinblick auf die Erwartungshaltung wichtig zu wissen, ob sie zwei oder sechs Stunden spiele, damit er für sich selbst planen und etwa zu seinem Bruder fahren, laufen gehen oder sich mit Freunden aus seiner Schulzeit treffen könne. KHK Z. zufolge habe der Angeklagte ergänzt, dass er dann immer derjenige gewesen sei, der die Wohnung verlassen habe.
247
Der Angeklagte habe laut KHK Z. ferner angegeben, dass es ihm immer wichtig gewesen sei, Dinge miteinander anzusprechen. Dies habe ihn auch seine Ehefrau gelehrt, etwa dem anderen zusätzliche Termine, aber auch die eigenen Gefühle mitzuteilen. Es gebe schließlich „kein Falsch, sondern ein Erklärt oder Nichterklärt“.
248
(4) Den auch insoweit glaubhaften Angaben des Zeugen KHK Z. zufolge habe der Angeklagte weiter berichtet, dass ihm seine Ehefrau Nachrichten in den Messengerdiensten „Di.“ und „WhatsApp“ im Zusammenhang mit ihrem Spielen verheimlicht habe. Gelegentlich habe er das Display ihres Handys in seinem Blickfeld gehabt und beim Eingang einer neuen Nachricht gesehen, dass der vorherige Chatverlauf gelöscht gewesen sei. Einmal habe er auch mitbekommen, dass seine Ehefrau ein „Gute-NachtBild mit erotischem Touch“ in einem Einzel-Chat mit einem anderen Mann als Ph. Ta. - mit wem, wisse er nicht mehr - verschickt habe, was sie ihm, dem Angeklagten, danach erklärt habe.
249
(5) Wie der Angeklagte laut KHK Z. ferner bekundet habe, habe er keinen Anhaltspunkt dafür gehabt, dass seine Ehefrau (körperlich) fremdgegangen sei. Seine Ehefrau habe ihn nicht verlassen wollen und hätte hierzu auch keinen Grund gehabt. Sie beide hätten andere Themen gehabt, wie etwa die Wohnung am Tegernsee, ihre Einnahme der Pille sowie seine neue Festanstellung, sodass seine Ehefrau wieder mehr Zeit für sich gehabt habe.
250
(6) Hinsichtlich eines gemeinsamen Kinderwunsches habe der Angeklagte dem Zeugen KHK Z. zufolge angegeben, dass seine Ehefrau und er diesen „von Anfang an ein bisschen mit drin“ gehabt hätten. Seine Ehefrau habe sich im Sommer 2020 die Spirale entfernen lassen und mit ihrer Frauenärztin besprochen, mit der Realisierung des Kinderwunsches zunächst noch drei Monate abzuwarten. Seine Ehefrau und er hätten deshalb noch bis zum Jahresende warten wollen. Abgesehen davon habe seine Ehefrau aber auch wegen der noch unsicheren Auswirkungen der Corona-Pandemie weiter abwarten wollen. Seit der Entfernung der Spirale habe seine Ehefrau mit der Pille verhütet und wegen unerwünschter Nebenwirkungen nacheinander drei verschiedene Präparate eingenommen.
251
h. Zu den Vermögensverhältnissen der Geschädigten habe der Angeklagte laut KHK Z. angegeben, dass ihm das Gesamtvermögen seiner Ehefrau bekannt sei, da er bei der Erbangelegenheit mit eingebunden gewesen sei. Ihr reines Geldvermögen habe demnach etwa 2.000.000,- Euro betragen. Ihr Immobilienvermögen habe aus einem Objekt in Südafrika im Wert von etwa 150.000,- Euro, einer Wohneinheit für betreutes Wohnen am Ch. im Wert von etwa 180.000,- bis 200.000,- Euro, die seine Ehefrau habe verkaufen wollen, sowie der Eigentumswohnung in der B1. straße in Mü. im Wert von geschätzt 1.500.000,- Euro bestanden. Darüber hinaus habe seine Ehefrau Antiquitäten besessen.
252
Seinen Angaben zufolge habe der Angeklagte aufgrund des mit seiner Ehefrau geschlossenen Ehevertrags keinerlei Zugang zu ihrem Vermögen. Nach seinem letzten Stand hinsichtlich ihrer Erbfolge habe ihre beste Freundin Kr. R. die Wohnung in der B1. straße erhalten sollen.
253
i. Den auch insoweit glaubhaften Angaben des Zeugen KHK Z. zufolge habe der Angeklagte zu seinem früheren Arbeitsverhältnis mit dem Unternehmen R. C. angegeben, dass er dort von März 2019 bis Mai 2020 gearbeitet habe. Das Arbeitsverhältnis habe geendet, weil ihm das Arbeitsklima dort wegen einer Managerin, die 365 Tage im Jahr launisch gewesen sei, nicht mehr gefallen habe.
254
3. Wie der Zeuge KK Wa. glaubhaft berichtete, habe der Angeklagte in einer kurzen Beschuldigtenvernehmung am 14.10.2020 im Wesentlichen bekundet, dass er keine Drogen oder Medikamente nehme und nach der Tat den Müll in normalen, durchsichtigen Mülltüten in den beiden schwarzen Mülltonnen vor dem Haus entsorgt habe.
255
4. Der Zeuge KK Wa. berichtete glaubhaft, dass auf Wunsch des Angeklagten am 24.11.2020 eine weitere Beschuldigtenvernehmung mit diesem durchgeführt worden sei, an welcher auch dessen Verteidiger, Rechtsanwalt A4., teilgenommen habe. In dieser Vernehmung habe der Angeklagte erklärt, dass er zwar zum Tatgeschehen keine weiteren Angaben machen, sich aber zu weiteren Themen äußern wolle. Im Wesentlichen habe sich der Angeklagte wie folgt zur Sache eingelassen:
256
a. Zum Nachtatgeschehen habe der Angeklagte laut KK Wa. angegeben, dass er gegen 22:30 Uhr mit dem Auto am Krankenhaus vorbeigefahren sei. Danach sei er zu seinem Bruder und anschließend zu seiner Mutter gefahren. Er habe bei seinem Bruder geklingelt, jedoch sei dieser nicht da gewesen. Seine Mutter hingegen sei zu Hause gewesen. Er sei zweimal bei ihr gewesen und habe sich von ihr verabschiedet. Beim ersten Mal habe er ihr gesagt, was passiert sei, und dass er zur Polizei fahren werde. Beim zweiten Mal habe er ein paar Gegenstände zu seiner Mutter gebracht, weil er nicht gewollt habe, dass durch die polizeiliche Untersuchung vielleicht etwas wegkomme.
257
(1) Er habe seiner Mutter persönliche Gegenstände seiner Ehefrau übergeben, die für E. M. L. einen besonderen ideellen Wert gehabt hätten. Es habe sich hierbei um fünf Handtaschen, die seine Ehefrau von ihrer Mutter bekommen habe, sowie um zwei Uhren, die sie von ihrer Mutter geerbt habe, gehandelt. Seinen Angaben zufolge habe der Angeklagte seiner Mutter mitgeteilt, dass es sich hierbei um Gegenstände seiner Ehefrau handle, und sie aufgefordert, diese für Kr. R., die beste Freundin seiner Ehefrau, oder für die Tante seiner Ehefrau aufzubewahren, „bis der ganze Fall geklärt“ bzw. „abgeschlossen“ sei.
258
(2) Ferner habe er seiner Mutter Gegenstände aus seinem Eigentum übergeben, und zwar eine Armbanduhr, einen Herrengürtel sowie Bargeld in Höhe von 1.300,- Euro aus seinem Geldbeutel, welches ihm seine Mutter zuvor überwiesen habe. Er habe das Geld mindestens zwei Jahre zuvor vom Konto abgehoben. Es habe sich ursprünglich um 5.000,- Euro gehandelt, die im Laufe der Zeit weniger geworden seien.
259
b. Zu der Beziehung zwischen ihm und der Geschädigten habe der Angeklagte dem Zeugen KK Wa. zufolge bekundet, dass sich seine Ehefrau ihm gegenüber nie so verhalten habe, als gäbe es einen anderen Mann in ihrem Leben. Auffällig sei nur gewesen, dass ihr Handy spätabends noch eingehende Nachrichten signalisiert habe, weshalb er letztlich auch auf ihrem Handy nachgeschaut habe. Allerdings hätte es ohne weiteres auch sein können, dass seine Ehefrau lediglich mit einer Freundin geschrieben habe.
260
Sein Verdacht hinsichtlich eines anderen Mannes am Tatabend sei aus der Situation heraus entstanden, als seine Ehefrau ihr Handy im Galeriebereich zurückgelassen habe, während sie sich in den unteren Wohnbereich begeben habe. Diese Gelegenheit habe er ergriffen, da sie wechselseitig Zugriff auf ihre Handys gehabt hätten und auch die Fingerabdrücke auf dem Handy des Partners hinterlegt gewesen seien. Seine Ehefrau und er seien sich immer einig gewesen, dass sie offen miteinander kommunizieren wollten. Zuvor habe er - insbesondere wegen ihrer gemeinsamen Zukunftspläne - keinen konkreten Verdacht gehabt, dass seine Ehefrau ein Verhältnis mit einem anderen Mann haben oder suchen könnte. Retrospektiv könne er natürlich in dem Umstand, dass sie ihr Handy ständig bei sich geführt habe, einen Anhaltspunkt hierfür erkennen.
261
Wie der Angeklagte laut KK Wa. ferner ausgeführt habe, habe seine Ehefrau sehr klare Vorstellungen davon gehabt, wie ein Zusammenleben funktionieren sollte. Sie habe insbesondere Offenheit, Ehrlichkeit und Transparenz gefordert und klar zum Ausdruck gebracht, dass sie es nicht hinnehmen würde, wenn er sie mit einer anderen Frau betrügen würde. Der Angeklagte habe hinzugefügt, dass es nicht zusammenpasse, wenn sie das einerseits einfordere, aber andererseits selbst nicht praktiziere.
262
c. Wie der Zeuge KK Wa. auch insoweit glaubhaft berichtete, habe der Angeklagte zu der Erbfolge nach dem Tod seiner Ehefrau angegeben, dass seines Wissens ein Testament existiere, in welchem Kr. R., die beste Freundin seiner Ehefrau, als Alleinerbin bestimmt sei. Er selbst habe dieses frühzeitig von seiner Ehefrau verfasste Testament allerdings nie gesehen. Zu Beginn ihrer Beziehung habe sie ihm mitgeteilt, dass er sich im Falle ihres Todes an Kr. R. wenden solle und diese alles regeln werde.
263
Er habe mit seiner Ehefrau einen Ehevertrag geschlossen, weil sie beide nicht gewollt hätten, dass die Finanzen als möglicher Streitpunkt zwischen ihnen stünden.
264
d. Auf die Frage, ob er etwas von größeren Bargeldbeträgen in der Wohnung wisse, habe der Angeklagte laut KK Wa. angegeben, dass seine Ehefrau zu Beginn ihrer Beziehung etwa 10.000,- Euro Bargeld in der Wohnung gehabt habe, welches er allerdings nie gesehen habe. Dieses Bargeld habe sie für den Fall gehabt, dass einmal etwas passieren und sie am Bankautomaten kein Geld bekommen würde. Später während ihres Zusammenlebens hätten sie beide jeweils 5.000,- Euro zusammengelegt.
265
Wie KK Wa. auch insoweit glaubhaft berichtete, habe der Angeklagte die Nachfrage, ob er noch etwas von anderen, höheren Bargeldbeträgen in der Wohnung wisse, verneint und ausdrücklich erklärt, davon nichts zu wissen. Laut KK Wa. habe der Angeklagte hinzugefügt, dass Brillanten und Smaragde in einer Ringschatulle „unten bei den Socken“ das Einzige seien, was es in diesem Zusammenhang noch gebe. Die dazugehörigen Ringe seien dem Angeklagten zufolge eingeschmolzen worden; hiervon stamme die Degussa-Rechnung.
266
e. Zu seinen Vermögensverhältnissen habe der Angeklagte laut KK Wa. berichtet, dass sein Vermögen zum Zeitpunkt seiner Inhaftierung aus Aktien der Unternehmen Bayer und Snowflake im Wert von 46.000,- Euro, etwa 1.000,- Euro Bargeld, seinem Anteil in Höhe von 5.000,- Euro an der gemeinsamen Bargeldrücklage in der Wohnung sowie einer Forderung gegen seine Ehefrau in Höhe von 9.000,- Euro aus einem Uhrenverkauf, bei welchem der Verkaufserlös irrtümlich auf ihr Konto, statt auf seines überwiesen worden sei, bestanden habe.
267
(1) Wie der Angeklagte laut KK Wa. weiter ausgeführt habe, habe er die Aktien mit Geld von seinem Konto gekauft, welches zum Teil aus einer Schenkung seiner Mutter sowie zum Teil von seinem Bruder und seiner Schwester gestammt habe. Alle drei Personen hätten ihm das Geld gegeben, damit er es anlege.
268
Sein Bruder habe ihm 100.000,- Euro und seine Schwester 80.000,- Euro gegeben. Der Geldbetrag von seiner Mutter - er glaube, es habe sich dabei um 270.000,- Euro gehandelt - habe aus dem Verkauf ihrer Wohnung im Februar 2019 gestammt. Er habe seiner Mutter eine Wohnung in Tr., W2. Straße 12, gekauft und hierfür 45.000,- Euro gezahlt. Das restliche Geld sei „in Wirecard sozusagen“.
269
Dass er das restliche Geld aus dem Wohnungsverkauf seiner Mutter in Aktien angelegt habe, hätten sein Bruder und seine Mutter gewusst; seine Mutter allerdings „nicht in vollem Umfang“. Seine Mutter habe gewusst, dass „ein größerer Teil von Wirecard verloren“ gegangen sei.
270
(2) Den auch insoweit glaubhaften Angaben des Zeugen KK Wa. zufolge habe der Angeklagte ferner dargelegt, dass er im Februar 2020 zwei Kredite in Höhe von 100.000,- Euro und 120.000,- Euro für den Kauf der Wohnung in Tr. aufgenommen habe. Es sei von Anfang an geplant gewesen, dass ein Teil des Kaufpreises über einen Förderkredit finanziert werde und „die Wertpapiere weiterhin laufen“ sollten. Hierüber habe seine Mutter von Anfang an Bescheid gewusst. Seine Rechnung sei gewesen, dass „durch die Dividenden der Profit über die Jahre hinweg“ wesentlich höher gewesen wäre als bei einer unmittelbaren Zahlung des Wohnungskaufpreises mit dem vorhandenen Geldbetrag.
271
(3) Wie der Angeklagte laut KK Wa. weiter berichtet habe, habe er die ersten Verluste mit Wirecard-Aktien am „Anfang der Corona-Zeit, noch vor dem Lockdown, relativ zeitnah am Wohnungskauf, aber danach“ gemacht. Nach seinem letzten Stand betrage die Höhe seiner Verluste aus Aktiengeschäften etwa 370.000,- Euro.
272
(4) Auf die Frage, wie er den Verlust in Höhe von 370.000,- Euro mit seinem Gehalt ausgleichen wolle, habe der Angeklagte laut KK Wa. geantwortet, dass er nicht den gesamten Betrag ausgeglichen hätte, und hinzugefügt, er „hätte nach zehn Jahren, wenn die Wohnung abgezahlt gewesen wäre, durch die Mieteinnahmen ca. 650,- Euro im Monat plus 200,- Euro Wohngeld eingenommen und zur Abzahlung benutzt. Nach diesen zehn Jahren hätte man die Wohnung wieder verkaufen können, mit einem Plus von 10.000,- oder 20.000,- Euro“. Seine Mutter hätte dann eine neue Wohnung bekommen, was sie von Anfang an gewusst habe.
273
Den auch insoweit glaubhaften Angaben des Zeugen KK Wa. zufolge habe der Angeklagte auf den Vorhalt, wonach es widersprüchlich erscheine, dass seine Mutter ihm das Geld für den Kauf der neuen Wohnung gebe und dann darüber hinaus auch noch Miete an ihn bezahle, sowie auf die anschließende Frage nach dem Sinn eines derartigen Vorgehens angegeben, dass dies einen steuerrechtlichen Sinn habe.
274
(5) Laut KK Wa. habe der Angeklagte ferner erklärt, dass er von seiner Ehefrau nicht finanziell abhängig gewesen sei. Ferner habe der Angeklagte darauf hingewiesen, dass er an seinen Bruder das Geld nicht hätte zurückzahlen müssen, weil Wirecard ein Betrugsfall sei.
275
f. Im Hinblick auf sein früheres Arbeitsverhältnis mit dem Unternehmen R. C. habe der Angeklagte dem Zeugen KK Wa. zufolge angegeben, seine Ehefrau habe am Ende seiner Arbeitstätigkeit für dieses Unternehmen an einem Tag gedacht, dass er zur Arbeit gehe, obwohl er tatsächlich einen Arzt aufgesucht habe.
276
5. Laut dem psychiatrischen Sachverständigen Dr. H1. habe sich der Angeklagte ihm gegenüber bei der Exploration am 17.12.2020 und 23.03.2021 zur Sache eingelassen.
277
a. Wie Dr. H1. glaubhaft berichtete, habe der Angeklagte zum Vortatgeschehen am 12.10.2020 im Wesentlichen folgende Angaben gemacht:
278
(1) Er sei zwischen 18:00 Uhr und 18:30 Uhr nach Hause gekommen. Dies sei früher als geplant gewesen, da ein vorgesehenes Treffen in der Gaststätte Au. ausgefallen sei.
279
Wie Dr. H1. betonte, habe der Angeklagte ihm gegenüber lediglich angegeben, dass er seiner Ehefrau per WhatsApp-Nachricht geschrieben habe, wann er nach Hause komme. Hingegen habe der Angeklagte den Umstand, dass eine von ihm geschriebene WhatsApp-Nachricht nicht versandt worden sei, ihm gegenüber nicht erwähnt.
280
Laut Dr. H1. habe der Angeklagte weiter angegeben, dass er mit dem Fahrrad nach Hause gefahren sei und seinen Nachbarn, Rechtsanwalt Dr. P3., getroffen habe. Er habe sich dann in die Wohnung begeben und seine Ehefrau mit „Hallo“ begrüßt. Sie habe fragend gerufen, ob er schon da sei. Er sei zu ihr nach oben gegangen und habe sie auf der Couch begrüßt, wo sie das Computerspiel „The Elder Scrolls Online“ gespielt habe. Er habe sich daneben gesetzt und zugeschaut.
281
(2) Beginnend zwischen 19:00 Uhr und 19:30 Uhr habe er ein halbes Glas oder ein paar Schluck Rotwein - etwa 0,1 Liter oder ein bisschen mehr - getrunken. Weiteren Alkohol habe er nicht getrunken. Auch Drogen oder Medikamente habe er nicht genommen. Ob er den Alkohol gespürt habe, habe der Angeklagte seinen Angaben zufolge nicht gewusst, laut Dr. H1. auf Nachfrage allerdings angegeben, dass er keine Probleme beim Gehen, Stehen oder Sprechen gehabt habe.
282
(3) Als seine Ehefrau später mit dem Spielen aufgehört habe und vom Galeriebereich nach unten gegangen sei, habe er auf ihr Handy geschaut, da sie in den zwei Tagen zuvor häufig Nachrichten auf ihr Handy erhalten habe. Er habe Chat-Nachrichten mit einem anderen Mann über den Austausch sexueller Wünsche gesehen. Er habe zehn bis zwanzig Sekunden auf das Handy geschaut, sich starr gefühlt und schlecht Luft bekommen.
283
Er sei hinuntergegangen, um seine Ehefrau diesbezüglich zur Rede zu stellen. Er habe zunächst die Toilette aufgesucht und sich dann zu seiner Ehefrau begeben, die rauchend am Fenster gestanden sei. Auf seine Aufforderung, es ihm bitte zu erklären, sei sie laut geworden, habe geäußert, dass es ihn nichts angehe, und sei zur Galerie hochgestampft. Als er gesagt habe, dass sie es ihm schulde zu sagen, woran er sei, habe sie ihn aufgefordert zu verschwinden und sich auf die Couch gesetzt. Er habe wiederholt, dass er wissen müsse, woran er sei. Hierauf habe sie in einem gehässigen, leiseren Ton entgegnet, dass alles o. k. sei, wenn sie ihn jetzt umbringe.
284
b. Zum Tatgeschehen habe der Angeklagte laut Dr. H1. angegeben, dass es sich am Montag, den 12.10.2020, gegen 20:30 Uhr ereignet habe.
285
(1) Wie der Angeklagte berichtet habe, sei links von seiner Ehefrau ein Küchenmesser gelegen, welches sich dort eventuell zum Essen oder zum Abziehen von Mörtel an der Wand befunden habe. Es habe für ihn den Anschein gehabt, als habe sich seine Ehefrau zum Messer hinbewegen wollen. Er habe sie mit der linken Hand abgewehrt, das Messer mit der rechten Hand genommen und in Richtung ihres Brustkorbs zugestochen. Nach seiner Erinnerung habe er zwei- bis dreimal zugestochen.
286
Laut Dr. H1. habe der Angeklagte weiter angegeben, dass seine Ehefrau das Messer noch nicht gehabt, sich aber in dessen Richtung bewegt habe. Wie der psychiatrische Sachverständige auch insoweit glaubhaft berichtete, habe der Angeklagte ihm gegenüber - anders als in seiner polizeilichen Beschuldigtenvernehmung vom 13.10.2020 (vgl. 2.b(2), S. 42) - nicht angegeben, dass seine Ehefrau zum Messer gegriffen hätte.
287
(2) Der Angeklagte habe ferner erklärt, dass er in dieser Situation keine Auswahl an Reaktionsmöglichkeiten bei sich gesehen habe. Er habe nicht mit der Situation gerechnet und wisse nicht, wie es zu einem solchen Hass seiner Ehefrau auf ihn habe kommen können. Er habe alles für sie getan und seinerseits keinen Hass auf sie gehabt.
288
(3) Ergänzend habe der Angeklagte laut Dr. H1. beim zweiten Explorationstermin am 23.03.2021 angegeben, dass er bei der Tat eingekotet habe. Nach der Tat sei ihm übel gewesen. Er hätte sich fast übergeben.
289
c. Dem psychiatrischen Sachverständigen zufolge habe der Angeklagte zu seiner Tatmotivation bekundet, dass er nicht wisse, was er durch die Tat habe bewirken wollen. Er habe seine Ehefrau nicht töten wollen. Er habe sie geliebt und hätte mit ihr alt werden wollen. In der Tatsituation habe er nicht an die mögliche Folge gedacht, dass sie sterben könne. Er habe noch nie jemanden verletzt.
290
d. Hinsichtlich seiner Einstellung zur Tat habe der Angeklagte laut Dr. H1. erklärt, dass die Tat das Schlimmste sei, was hätte passieren können.
291
e. Dr. H1. zufolge habe der Angeklagte die Geschädigte als Person dahingehend beschrieben, dass sie aufgrund einer Erbschaft über ein Vermögen verfügt habe. Sie habe unter einer Angststörung gelitten. Sie habe keine Kritik angenommen und sei bei von ihm geäußerter Kritik aggressiv geworden, wenn er anderer Meinung gewesen sei.
292
f. Zu der Beziehung zwischen ihm und der Geschädigten habe der Angeklagte laut Dr. H1. angegeben, dass diese sehr gut gewesen sei. Seine Ehefrau und er hätten sich im Jahr 2016 kennengelernt und seither eine Beziehung miteinander geführt. Es habe ein beidseitiger Kinderwunsch bestanden, aber seine Ehefrau habe bis zuletzt verhütet. Ein Konfliktthema sei der Wunsch nach eigenen Kindern zwischen ihnen nicht gewesen. Den weiteren Angaben des Angeklagten zufolge sei das Verhältnis zu seiner Ehefrau vor der verfahrensgegenständlichen Tat gut gewesen.
293
g. Zu seinen Vermögensverhältnissen habe der Angeklagte laut Dr. H1. angegeben, dass er vor seiner Inhaftierung ein monatliches Nettoeinkommen von etwa 3.500,- Euro erzielt habe.
294
(1) Er habe eine Schenkung von seiner Mutter erhalten, allerdings im Jahr 2020 insgesamt 370.000,- Euro an der Börse verloren. Die Gründe hierfür seien der Crash an den Aktienmärkten im März 2020 im Zuge der Corona-Pandemie sowie die im Juni 2020 in die Insolvenz mündende Entwicklung bei dem U3. W1. AG gewesen.
295
(2) Der Angeklagte verfüge seinen Angaben zufolge über Ersparnisse in Höhe von etwa 56.000,- Euro aus Aktien sowie nicht näher bezeichneten Forderungen und habe etwa 20.000,- Euro Schulden aus einem früheren Studienkredit.
296
Ferner habe er Immobilienkreditschulden in Höhe von etwa 240.000,- Euro aus der Finanzierung eines Wohnungskaufs in Tr., bei welchem er 40.000,- Euro Eigenkapital eingesetzt habe. Er habe diese Wohnung an seine Mutter vermieten wollen. Darüber hinaus habe er Verbindlichkeiten in Höhe von etwa 80.000,- Euro gegenüber seiner Schwester sowie in Höhe von etwa 12.000,- Euro gegenüber seinem Bruder.
297
6. In der Hauptverhandlung ließ sich der Angeklagte bei mehreren Gelegenheiten zur Sache ein. Am 1. Hauptverhandlungstag (24.09.2021) machte er im Wesentlichen folgende Angaben:
298
a. Zum Vortatgeschehen am 12.10.2020 berichtete der Angeklagte, er sei an diesem Tag wie üblich in der Arbeit gewesen. Er habe - anders als viele seiner Arbeitskollegen - nie im Home Office, sondern jeden Tag an seinem Arbeitsplatz in den Räumlichkeiten seines Arbeitgebers gearbeitet.
299
(1) Am Abend des 12.10.2020 seien zwei Termine - eine Videokonferenz und ein Geschäftsessen mit jeweils einem Mitarbeiter eines anderen Unternehmens - geplant gewesen, welche beide von dem jeweiligen Gesprächspartner kurzfristig am selben Tag abgesagt worden seien. Gegen 17:30 Uhr habe er sich auf den Heimweg gemacht und seiner Ehefrau kurz zuvor geschrieben, dass er jetzt nach Hause komme.
300
Er habe noch kurz mit seinem Arbeitskollegen Patrick, der ihm im Büro gegenübergesessen sei, gesprochen und sei dann, wie üblich, mit dem Fahrrad nach Hause gefahren. Seine Angaben zufolge schätze der Angeklagte, dass er etwa 20 bis 25 Minuten später - mithin gegen 18:00 Uhr oder kurz vorher - zu Hause in der Wohnung eingetroffen sei. Zuvor habe er noch seinen Nachbarn, Herrn P3., getroffen und gegrüßt.
301
(2) Nach seiner Ankunft zu Hause habe er seiner Ehefrau, die sich im Galeriebereich aufgehalten habe, eine Begrüßung zugerufen. Hierauf habe seine Ehefrau nicht sofort, sondern erst mit einer geringen Verzögerung reagiert und zurückgegrüßt. Er habe im Arbeitszimmer am Computer seine Vorbereitungen für den nächsten Arbeitstag getroffen und sei vermutlich kurz mit dem Hund Jo. draußen Gassi gegangen. Der Angeklagte erklärte, hieran zwar keine konkrete Erinnerung mehr zu haben, dies jedoch deshalb zu vermuten, weil dies zu seiner täglichen Routine dazugehört habe.
302
Er habe sich dann in der Küche ein 0,2-Liter-Glas Rotwein mit einem Alkoholgehalt von 12 Vol.-% eingeschenkt, sei mit diesem in den Galeriebereich zu seiner Ehefrau gegangen und habe sich dort zu ihr auf das Sofa gesetzt. Hierbei habe er wahrgenommen, dass auf dem Beistelltisch neben dem Sofa ein Küchenmesser aus ihrem Haushalt gelegen sei; aus welchem Grund wisse er nicht. Das Messer sei Teil eines Messersets und üblicherweise in einer Küchenschublade aufbewahrt worden. Seine Ehefrau habe in seiner Gegenwart nichts gegessen; auch sei kein Geschirr im Galeriebereich gestanden. Neben dem Messer sei noch eine kleine Schachtel auf dem Beistelltisch gestanden, in welchem seine Ehefrau üblicherweise ihr Headset sowie den Game Controller für die Playstation aufbewahrt habe.
303
Seinen weiteren Angaben zufolge habe der Angeklagte seine Ehefrau einen Schluck Wein aus dem mitgebrachten Glas trinken lassen und ab etwa 19:00 Uhr selbst den Rest getrunken. Hinsichtlich seiner Körpermaße gab der Angeklagte auf Nachfrage an, dass er 169 cm groß sei und zur Tatzeit 65 bis 66 kg gewogen habe.
304
Der Angeklagte gab ferner an, dass er dann gemeinsam mit seiner Ehefrau vor dem Fernseher gesessen sei und sich mit ihr über die Ereignisse des Tages ausgetauscht habe.
305
(3) Wie der Angeklagte weiter berichtete, sei seine Ehefrau nach einiger Zeit nach unten auf die Toilette gegangen und habe - entgegen ihrer sonstigen Gewohnheit, ihr Mobiltelefon stets bei sich zu führen - ihr Handy im Galeriebereich zurückgelassen. Darin habe er eine günstige Gelegenheit gesehen, im Mobiltelefon seiner Ehefrau ihre Chatverläufe zu lesen, und habe deshalb von seinem ursprünglichen Vorhaben, selbst ebenfalls die Toilette aufzusuchen, Abstand genommen.
306
Anlass für sein Vorhaben, die Chatverläufe seiner Ehefrau lesen zu wollen, sei dem Angeklagten zufolge gewesen, dass zwei Abende zuvor - am Samstag, den 10.10.2020, spätabends nach dem Zubettgehen gegen 22:00 oder 23:00 Uhr - gehäuft, etwa 10 bis 15 Mal, der Eingang von Nachrichten auf dem Handy seiner Ehefrau durch ein optisches Blinksignal angezeigt worden sei. Da dies in seinem Blickfeld geschehen sei, habe er sich hierdurch beim Einschlafen gestört gefühlt, was er seiner Ehefrau nonverbal vermittelt habe. Diese habe ihm daraufhin eigeninitiativ ihr Mobiltelefon mit einer Nachricht ihrer Freundin gezeigt und hinzugefügt, diese Nachricht soeben erhalten zu haben. Allerdings sei auch noch im Anschluss daran der Eingang weiterer Nachrichten durch ein optisches Blinksignal auf ihrem Handy angezeigt worden. Der Angeklagte erläuterte, dass er sowohl die Vielzahl der eingegangenen Nachrichten als auch die späte Uhrzeit, zu der dies geschehen sei, als auffällig empfunden habe. Seiner Frau gegenüber habe er dies jedoch nicht angesprochen.
307
(4) Wie der Angeklagte ferner berichtete, habe er nach dem Entsperren des Mobiltelefons in der Applikation des Messenger-Dienstes „Di.“ einen Chat mit erotischen Textnachrichten zwischen seiner Ehefrau mit einem anderen Mann gelesen, in welchem es um den Austausch sexueller Wünsche gegangen sei. Er sei „total paralysiert“ gewesen und habe es nicht verstanden, weil es für ihn keinen Sinn ergeben habe. Einerseits habe seine Ehefrau gemeinsame Zukunftspläne mit ihm gemacht, sich im Hinblick auf den gemeinsamen Kinderwunsch die Spirale entfernen lassen und den Kauf einer Immobilie am Te. zur gemeinsamen Nutzung vorangetrieben. Andererseits habe sie sich im Chat mit einem anderen Mann über sexuelle Wünsche ausgetauscht. Dies habe für ihn nicht zusammengepasst. Er habe nicht gewusst, was er damit anfangen solle, und habe wissen wollen, was los sei.
308
Er habe sich deshalb in den unteren Wohnbereich zu seiner Ehefrau begeben, um sie zur Rede zu stellen. Sie sei an der geöffneten Balkontür gestanden und habe eine Zigarette geraucht. Er habe sinngemäß zu ihr gesagt, dass sie ihm eine Antwort schuldig sei und ihm sagen solle, woran er sei. Seine Ehefrau habe zunächst so reagiert, als wisse sie nicht, was los sei. Er habe sie daraufhin gefragt, ob sie ehrlich zu ihm sei, und hinzugefügt, dass er etwas in ihrem Handy gesehen habe, was sie ihm bitte erklären solle.
309
Seine Ehefrau habe jedoch nicht mit ihm reden wollen. Sie sei laut geworden und wieder in den Galeriebereich hinaufgegangen, wohin er ihr gefolgt sei, und habe sich dort auf das Sofa gesetzt. Er sei vor ihr gestanden und habe wiederholt, dass sie ihm eine Antwort schuldig sei, damit er wisse, woran er sei. Hierauf habe sie entgegnet, dass es ihn nichts angehe, und ihn aufgefordert zu verschwinden. Er habe jedoch weiter auf eine sofortige Klärung bestanden und betont, dass er ihr doch zumindest eine klärende Antwort wert sein müsse.
310
Wie der Angeklagte erläuterte, habe er in dieser Situation erwartet, dass seine Ehefrau ihm entweder mitteilen würde, dass sie sich von ihm trenne und ihre Ehe beendet sei, oder dass sie ihm die Situation erklären und sich bei ihm für ihre Chat-Nachrichten entschuldigen würde. Stattdessen habe seine Ehefrau jedoch in einem gehässigen Ton geäußert „Wenn ich dich jetzt umbringe, dann wäre doch auch alles o.k.“.
311
Diese Äußerung habe ihn völlig überrascht. Er habe nicht verstanden, warum seine Ehefrau ihn gehasst habe, obwohl er sie immer unterstützt und alles für sie getan habe. Aufgrund des Umstands, dass die Reaktion seiner Ehefrau keiner der beiden von ihm erwarteten Varianten entsprochen habe, sondern stattdessen in einer unerwarteten Äußerung bestanden habe, habe sich gezeigt, dass er die Situation nicht unter Kontrolle gehabt habe. Dies sei „wie eine Explosion“ in seinem Kopf gewesen.
312
b. Zum Tatgeschehen ließ sich der Angeklagte im Wesentlichen folgendermaßen ein:
313
(1) Er behauptete zunächst, dass sich nach der letzten Äußerung („Wenn ich dich jetzt umbringe, dann wäre doch auch alles o.k.“) seine Ehefrau und er beide zum Messer hinbewegt hätten, relativierte diese Aussage anschließend aber dahingehend, dass er lediglich den Eindruck gehabt habe, seine Ehefrau habe sich (ebenfalls) zum Messer hinbewegt. Grundlage dieses Eindrucks seien ihre zuvor getätigte Äußerung sowie sein Empfinden gewesen, dass bei ihr eine - möglicherweise auch nur ganz geringfügige - Bewegungshandlung stattgefunden habe.
314
Im weiteren Verlauf präzisierte und korrigierte der Angeklagte seine Angaben weiter dahingehend, dass seine Aussage, wonach sich seine Ehefrau (ebenfalls) zum Messer hinbewegt habe, lediglich ein Rückschluss von ihm sei und nicht seiner tatsächlichen Erinnerung entspreche.
315
Wie der Angeklagte ausführte, habe er bei seiner Ehefrau eine Körperregung wahrgenommen, die auch nur ganz geringfügig gewesen sein könne, wie etwa ein bloßes Zucken. Der Angeklagte erläuterte, dass es vor dem Hintergrund ihrer zuvor getätigten Äußerung („Wenn ich dich jetzt umbringe, dann wäre doch auch alles o.k.“) aus seiner Sicht Sinn ergeben würde, wenn sich seine Ehefrau (ebenfalls) zum Messer hinbewegt hätte. Deshalb habe er aus der von ihm bei seiner Ehefrau wahrgenommenen - unter Umständen nur ganz geringfügigen - Körperregung und ihrer zuvor getätigten Äußerung den Rückschluss gezogen, dass sie sich zum Messer hinbewegt habe. Der Angeklagte fügte hinzu, dass er „ja im Nachhinein zu einer Annahme und Erklärung kommen“ müsse.
316
(2) Seinen weiteren Angaben zufolge habe der Angeklagte seinen linken Arm in einer abwehrenden Bewegung nach vorn ausgestreckt, um von vornherein zu verhindern, dass seine Ehefrau (ebenfalls) das Messer erreichen und ihn am Ergreifen des Messers hindern könnte. Er habe mit der rechten Hand das Messer ergriffen und zugestochen, während seine Ehefrau im Begriff gewesen sei, vom Sofa aufzustehen. Seine Bewegung mit dem Griff zum Messer sei unmittelbar in die erste Stichbewegung übergegangen.
317
Wie der Angeklagte betonte, sei alles - die letzte Äußerung seiner Ehefrau („Wenn ich dich jetzt umbringe, dann wäre doch auch alles o.k.“), die Körperregung seiner Ehefrau, seine Abwehrbewegung mit dem linken Arm und sein Griff zum Messer mit der rechten Hand sowie das Zustechen - „sehr schnell“ gegangen. Nach der letzten Äußerung seiner Ehefrau hätten sie beide nichts mehr gesagt.
318
(3) Der Angeklagte gab ferner an, dass seine Ehefrau dann auf dem Rücken am Boden gelegen sei. Wie sie zu Boden gegangen sei, wisse er nicht. Er habe ihren Kopf angehoben und ein Laken - als eine Art Kopfkissen oder Nackenstütze, wie er im Nachhinein annehme - untergelegt. Dies sei die einzige Art und Weise gewesen, wie er auf den Hals seiner Ehefrau eingewirkt habe.
319
Seinen Angaben zufolge könne sich der Angeklagte nicht erinnern, auch von vorn auf den Hals seiner Ehefrau eingewirkt, sie insbesondere gewürgt zu haben. Er fügte hinzu, ihm sei bewusst, dass er dies bei seiner ersten polizeilichen Beschuldigtenvernehmung angegeben habe (vgl. 2.b(4), S. 42). Jedoch sei diese Einlassung lediglich ein Rückschluss gewesen aufgrund der entsprechenden Information, die er beim Haftrichter erhalten habe. Den Umstand, dass seine erste polizeiliche Beschuldigtenvernehmung am 13.10.2020 stattgefunden hatte, während er dem Haftrichter erst am nächsten Tag, dem 14.10.2020, zur Haftbefehlseröffnung vorgeführt worden war, ließ der Angeklagte hierbei unerwähnt.
320
(4) Der Angeklagte bekundete zunächst, sich an zwei von ihm ausgeführte Stichbewegungen zu erinnern, gab jedoch im weiteren Verlauf abweichend hiervon an, sich nur noch an die erste Stichbewegung erinnern zu können. Hierbei habe er die Messerklinge etwa auf Hüfthöhe rechts neben dem Körper geführt, wobei die Messerklinge zwischen Daumen und Zeigefinger der rechten Hand herausgeragt habe. Der Angeklagte behauptete nunmehr, die Ausführung eines zweiten Messerstichs sei lediglich ein Rückschluss von ihm aufgrund des Umstands, dass er später Haare an seiner Hand bemerkt habe. Diese Aussage vermochte der Angeklagte nicht zu erläutern. Er gab nur an, dass er sich nicht daran erinnere, in die Haare seiner Ehefrau hineingegriffen zu haben, und nicht wisse, wie die Haare an seine Hand gekommen seien.
321
Ferner berichtete der Angeklagte, dass er nach der Tat einen Druckschmerz im Bereich beider Handgelenke verspürt habe, woraus er den Rückschluss ziehe, dass er dort von seiner Ehefrau gepackt worden sei. Er erinnere sich jedenfalls, dass sie sich gewehrt habe.
322
c. Zum Nachtatgeschehen gab der Angeklagte an, dass seine Ehefrau geröchelt und leicht mit den Augenlidern geblinzelt habe, als er ihr das Laken unter den Kopf-Nacken-Bereich gelegt habe. Ihr Brustbereich sein blutig gewesen. An ihrem Kopf habe er keine Verletzung wahrgenommen.
323
(1) Er habe dann aus dem hinteren Galeriebereich einen Teppich geholt und seine Ehefrau darin eingewickelt, weil er ihren Anblick nicht ertragen habe. Er habe sie dann im Teppich zur Treppe gezogen und den Boden von dem Blut gereinigt. Außerdem habe er im Galeriebereich noch einmal das Handy seiner Ehefrau entsperrt und ihren Chatverlauf gelesen. Ob er dies vor oder nach dem Beginn seiner Reinigungsarbeiten getan habe, wisse er nicht mehr. Er habe zudem alles, was blutig gewesen sei, vom Sofa abgezogen und die Bezüge samt Kissen in den unteren Wohnbereich gebracht.
324
(2) Wie der Angeklagte weiter ausführte, habe er die genannten Maßnahmen ergriffen, weil er gewollt habe, dass die Tat niemals geschehen wäre. Er habe nicht dafür verantwortlich sein wollen, dass seine Ehefrau tot am Boden gelegen und alles voller Blut gewesen sei. Er habe „das nicht gewesen sein“ wollen. Er habe alles in den unteren Wohnbereich gebracht, weil er gewollt habe, dass es die ganze Situation nicht gebe, und weil er „das alles nicht [habe] sehen“ wollen. Er wisse nicht mehr, was er zum Reinigen verwendet habe. Das Tatmesser habe er in einen Polster- oder Kissenbezug hineingesteckt und darin ebenfalls nach unten verbracht.
325
(3) Auf den Vorhalt, dass er um 21:31 Uhr von seinem Mobiltelefon eine WhatsAppNachricht mit dem Text „Bin schon zu Hause mache nicht so lange*Umarmungssmiley*“ an den WhatsApp-Account der Geschädigten versandt habe (vgl. III.24., S. 92), gab der Angeklagte an, dass es sich hierbei um eine Nachricht gehandelt habe, die er bereits am frühen Abend nach der Arbeit vorbereitet, allerdings zunächst nicht abgeschickt habe. Er habe diese vorbereitete Nachricht um 21:31 Uhr versandt, „um das alles wieder ungeschehen zu machen“.
326
(4) Wie der Angeklagte weiter berichtete, sei ihm übel gewesen, bevor er sich das Blut von den Händen gewaschen habe, sodass er sich beinahe übergeben hätte. Er habe sich dann geduscht und hierbei bemerkt, dass er zuvor eingekotet habe. Danach habe er frische Kleidung angezogen und seine zuvor getragene Kleidung entsorgt. Er habe diese entweder in einen Polster- oder Kissenbezug gesteckt oder in den Abfalleimer in der Wohnung oder in die Mülltonne vor dem Haus geworfen. Er habe jedenfalls keine längere Strecke zurückgelegt, um die Kleidung zu entsorgen.
327
(5) Er habe dann den Hund Jo. mitgenommen und sei mit seinem Auto zunächst zum Krankenhaus gefahren und anschließend zu seinem Bruder, um sich von ihm zu verabschieden. Er habe ihn jedoch nicht angetroffen. Danach sei er zu seiner Mutter gefahren und habe ihr mitgeteilt, dass seine Ehefrau tot sei. Anschließend sei er noch einmal nach Hause zurückgefahren, um sich dort zu vergewissern, dass es wirklich geschehen sei.
328
Er habe dann noch die Gegenstände, die seiner Ehefrau wichtig gewesen seien und zu denen sie eine besondere Verbindung gehabt habe, aus dem begehbaren Kleiderschrank im Schlafzimmer sowie das Geld seiner Mutter aus der Wohnung mitgenommen und sei erneut zu seiner Mutter gefahren. Er habe ihr alles übergeben und gesagt, dass sie die Gegenstände für Kr. R. aufheben solle und er zur Polizei müsse. Er habe seiner Mutter die Gegenstände übergeben, um zu verhindern, dass diese im Rahmen der polizeilichen Ermittlungen abhandenkämen. Danach sei er zur Polizei gefahren und habe den Beamten dort mitgeteilt, dass er seine Ehefrau umgebracht habe.
329
(6) Auf Nachfrage bekundete der Angeklagte, er sei sich nicht sicher, meine aber, dass er bei seiner ersten Fahrt zum Krankenhaus gefahren sei. Als Grund für dieses Fahrziel gab der Angeklagte an, er sei dorthin gefahren, um sich vor Augen zu führen, wie nah die krankenhausärztliche Versorgung gewesen wäre, so dass der Tod seiner Ehefrau vielleicht abwendbar gewesen wäre. Zum Zeitpunkt seiner Fahrt zum Krankenhaus sei es allerdings viel zu spät gewesen, um noch ärztliche Hilfe für seine Ehefrau zu holen. Er habe jedenfalls zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt, sich selbst im Krankenhaus behandeln zu lassen. Zur Polizei sei er gefahren, weil er gewusst habe, dass „das nicht richtig“ gewesen sei. Seine Ehefrau sei tot gewesen und er sei dafür verantwortlich.
330
d. Zu den Geld- und Schmuckverstecken der Geschädigten in der Wohnung gab der Angeklagte an, dass seine Ehefrau in einer Geldkassette unter dem Bett im Schlafzimmer etwa 200.000,- Euro Bargeld aufbewahrt habe, welches aus dem Verkauf von Antiquitäten gestammt habe. Ferner hätten sich im begehbaren Kleiderschrank bei den Socken Brillanten befunden. Darüber hinaus hätten sich bei dem Sofa im Galeriebereich kleinere Bargeldbestände befunden.
331
e. Die Geschädigte als Person beschrieb der Angeklagte dahingehend, dass sie „nicht besonders kritikfähig“ gewesen sei, während sie ihrerseits anderen Personen durchaus Ratschläge gegeben habe. Wenn er sie kritisiert habe, habe sie ihn angeschrien. Er habe dann versucht, die Situation zu beschwichtigen und seine Ehefrau wieder zu beruhigen.
332
Seine Ehefrau habe insbesondere zu Beginn ihrer Beziehung aufgrund einer Angststörung unter Panikattacken gelitten, die im Laufe der Zeit - den Angaben des Angeklagten zufolge aufgrund der Beziehung mit ihm - zurückgegangen seien. So habe seine Ehefrau in der Anfangszeit beispielsweise nicht zum Einkaufen außer Haus gehen können, was er deshalb für sie übernommen habe.
333
f. Zu der Beziehung zwischen ihm und der Geschädigten gab der Angeklagte an, dass es nie Gewalt in ihrer Ehe gegeben habe, lediglich verbale Aggressionen seiner Ehefrau. Gelegentlich habe es „Stress“ gegeben, emotional sei es immer gewesen. Er selbst sei „der sentimentalere Part“ von ihnen beiden gewesen. Seine Ehefrau sei kühler und insbesondere in Gegenwart Dritter distanzierter gewesen.
334
Da seine Ehefrau weniger belastbar gewesen sei als er selbst, habe er ihr zahlreiche Arbeiten abgenommen. So habe er sie beispielsweise bei ihrer Erbauseinandersetzung unterstützt, im Haushalt die Wäsche gebügelt und die Terrasse gefliest. Generell habe er alles getan, was er habe tun können, damit seine Ehefrau sich wohlgefühlt habe.
335
Am Samstag, den 10.10.2020, habe er gemeinsam mit seiner Ehefrau zum zweiten Mal mit dem Immobilienmakler die Wohnung am Tegernsee besichtigt, welche seine Ehefrau zur gemeinsamen Nutzung mit ihm habe kaufen wollen. Es sei beabsichtigt gewesen, die Wohnung in der Anfangsphase zeitweise zu vermieten, um so einen Teil der Kosten für die Wohnung zu refinanzieren. In Vorbereitung auf diesen Termin mit dem Makler habe er als Grundlage für die Kaufpreisverhandlungen eine Berechnung hinsichtlich der Kosten und zu erwartenden Einnahmen für diese Immobilie erstellt, die seine Ehefrau bei dem Termin mit dem Makler besprochen habe.
336
Der letzte Geschlechtsverkehr zwischen ihm und seiner Ehefrau habe dem Angeklagten zufolge am Sonntagmorgen, den 11.10.2020, mit einem vaginalen Samenerguss stattgefunden.
337
g. Zu seinen Vermögensverhältnissen gab der Angeklagte an, dass er im Jahr 2020 etwa 360.000,- Euro mit Wirecard-Aktien verloren habe, und bekundete ausdrücklich, dass es sich hierbei nicht um sein eigenes Geld gehandelt habe, sondern um Geld, welches ihm sein Bruder, seine Mutter, und seine Schwester gegeben hätten.
338
Sein Bruder habe ihm 100.000,- Euro mit der Zweckbestimmung überlassen, es für ihn in Wirecard-Aktien anzulegen.
339
Bei seiner Mutter habe es sich um einen Geldbetrag in Höhe von 220.000,- Euro oder 250.000,- Euro gehandelt, der aus dem Verkauf ihrer Wohnung gestammt habe, den er für sie abgewickelt habe. Er habe zudem eine neue Wohnung für seine Mutter gekauft. An dieser Stelle behauptete der Angeklagte, dass ihm seine Mutter - wie sein Bruder - das Geld mit der Zweckbestimmung überlassen habe, es für sie in Wirecard-Aktien anzulegen.
340
Hinsichtlich seiner Schwester räumte der Angeklagte ein, dass sie ihm 80.000,- Euro mit der ausdrücklichen Zweckbestimmung überlassen habe, den Geldbetrag für sie sicher, mithin risikofrei, vorübergehend anzulegen und anschließend wieder an sie zurückzuführen. Dies habe er gewusst.
341
h. Zu seinem früheren Arbeitsverhältnis mit dem Unternehmen R. C. bekundete der Angeklagte, dass er dort von März 2019 bis Februar 2020 gearbeitet habe und anschließend wegen einer Depression bzw. eines Burnouts von seiner Hausärztin krankgeschrieben gewesen sei. Einen Facharzt habe er diesbezüglich nicht aufgesucht und auch keine Medikamente genommen. Mit seinem Arbeitgeber habe er einen Aufhebungsvertrag zum 15.05.2020 geschlossen und die Freistellung von der Arbeit unter Lohnfortzahlung bis dahin vereinbart. Er habe bei dem Unternehmen ein jährliches Bruttogehalt von 35.000,- Euro zuzüglich Bonuszahlungen erzielt.
342
i. Zu seiner psychischen Verfassung in den Wochen und Monaten vor der Tat ließ sich der Angeklagten dahin ein, dass ihm die im Jahr 2020 erlittenen Verluste mit Wirecard-Aktien auf die Stimmung geschlagen seien. Während des gemeinsamen Urlaubs in Italien mit seiner Ehefrau im Juni 2020 habe sich das „Wirecard-Desaster“ ereignet. Er sei hierüber verzweifelt gewesen und habe kurzzeitig über die Möglichkeit nachgedacht, sich der daraus entstandenen Situation eventuell durch einen Suizid im Mittelmeer zu entziehen. Allerdings habe er nichts unternommen, um dies in die Tat umzusetzen, und sich von dem Gedanken schnell wieder verabschiedet.
343
Kurze Zeit nach der Urlaubsrückkehr habe er erfahren, dass die Tumorerkrankung seiner Adoptivschwester Pa. einen unheilbaren Verlauf genommen habe und in der Folge nur noch eine palliative Versorgung stattfinden werde. Diese Nachricht habe den Angeklagten seinen Angaben zufolge sehr belastet. Er habe in der Folgezeit versucht, seine Adoptivschwester noch so oft wie möglich in Neu-Ulm zu besuchen, und habe sie letztmals am Sonntagnachmittag, den 11.10.2020, gesehen.
344
Bei Antritt seiner neuen Arbeitsstelle bei dem Unternehmen M. P., wo er ein Bruttojahresgehalt von 48.000,- Euro zuzüglich Bonuszahlungen in Aussicht gehabt habe, habe er zwar etwas weniger Energie als früher verspürt, allerdings in der Folge ohne Schwierigkeiten etwas mehr als die im Arbeitsvertrag festgeschriebenen vierzig Stunden gearbeitet und sämtliche Aufgaben problemlos erledigt.
345
7. Am 2. Hauptverhandlungstag (04.10.2021) machte der Angeklagte zusammengefasst folgende Angaben:
346
a. Zu der nach der Tat um 21:31 Uhr von seinem Mobiltelefon an den WhatsApp-Account der Geschädigten versandten WhatsApp-Nachricht („Bin schon zu Hause mache nicht so lange *Umarmungssmiley*“), die er seinen Angaben zufolge bereits am frühen Abend nach der Arbeit vorbereitet, allerdings zunächst nicht abgeschickt habe (vgl. 6.c(3), S. 59), ließ sich der Angeklagte ergänzend wie folgt ein:
347
Er habe diese Nachricht an seine Ehefrau nach der Arbeit beim Verlassen des Bürogebäudes seines Arbeitgebers in sein Mobiltelefon getippt, als er auf dem Weg von der Treppe zur Hauseingangstür gewesen sei, um sich zu seinem außerhalb abgestellten Fahrrad zu begeben. Dann sei ein (männlicher) Kollege vorbeikommen und habe ihn abgelenkt, so dass er vergessen habe, die Nachricht abzuschicken. Dies habe er erst nach der Tat beim Öffnen der WhatsApp-Applikation bemerkt und um 21:31 Uhr diese bereits zuvor getippte Nachricht abgeschickt. Eigentlich hätte er sie bereits unmittelbar nach der Arbeit abschicken wollen, bevor er sich gegen 17:30 Uhr mit dem Fahrrad auf den Heimweg gemacht habe.
348
Klarstellend habe der Angeklagte mitgeteilt, dass die Begrüßung zwischen ihm und seiner Ehefrau unmittelbar nach seiner Ankunft zu Hause gegen 18:00 Uhr oder kurz vorher - ohne eine nennenswerte Zeitspanne dazwischen - stattgefunden habe.
349
b. Die Geschädigte als Person beschrieb der Angeklagte ergänzend folgendermaßen:
350
(1) Die Angststörung seiner Ehefrau habe sich im Zuge der pandemiebedingten Einschränkungen Anfang des Jahres 2020 wieder verstärkt und sie habe zeitweise wieder unter Panikattacken gelitten. Diese hätten sich insbesondere in Schweißausbrüchen, Atemnot, Hyperventilation und starker Unruhe gezeigt.
351
Generell sei es aufgrund der Angststörung seiner Ehefrau bei gemeinsamen Urlauben erforderlich gewesen, diese stets gut zu planen und vorzubereiten sowie immer an dasselbe, seiner Ehefrau bereits vertraute Urlaubsziel zu verreisen. Flugreisen seien von ihr wegen ihrer Flugangst abgelehnt worden.
352
(2) Seine Ehefrau sei generell leicht reizbar gewesen und wütend geworden, wenn sie mit einem Umstand nicht zufrieden oder nicht einverstanden gewesen sei. Dies sei beispielsweise vorgekommen, wenn eine ihrer Freundinnen eine Verabredung mit ihr abgesagt habe, da E. M. L. kein Verständnis dafür gehabt habe, wenn sich jemand keine Zeit für sie genommen habe. In derartigen Fällen habe seine Ehefrau etwa gehässig geäußert, was die Freundin sich einbilde, immerhin habe diese schon einmal Geld von ihr genommen. Generell habe seine Ehefrau kein Verständnis dafür aufgebracht, dass ihre Freundinnen gearbeitet und deshalb nicht so viel Zeit gehabt hätten wie sie selbst.
353
(3) Seine Ehefrau habe den Eindruck erweckt, sich ihren Freundinnen überlegen zu fühlen, indem sie sich etwa verwundert darüber gezeigt habe, dass diese etwas nicht gewusst hätten oder etwas als Problem angesehen hätten, was nach Meinung seiner Ehefrau kein Problem gewesen sei. Hingegen habe der Angeklagte seinen Angaben zufolge nicht wahrgenommen, dass seine Ehefrau sich als ihm intellektuell überlegen angesehen hätte. In diesem Zusammenhang verwies der Angeklagte darauf, dass seine Ehefrau zweimal eine Schulklasse wiederholt und ihr Studium mit einem Notendurchschnitt von 3,7 abgeschlossen habe.
354
(4) Seine Ehefrau habe Sport im Wesentlichen zur Gewichtsreduktion betrieben. Anfangs habe sie ihn vor dem Hintergrund seiner langjährigen sportlichen Erfahrung diesbezüglich um Rat gefragt und er habe ihr ein paar Tipps gegeben. Letztlich habe sie aber nicht auf ihn gehört und sich vorwiegend anderweitig, etwa auf entsprechenden YouTube-Kanälen, informiert.
355
c. Zu der Beziehung zwischen ihm und der Geschädigten ließ sich der Angeklagte ergänzend wie folgt ein:
356
(1) Seine spätere Ehefrau und er hätten sich am 24.12.2016 über die Internetplattform „Lo.“ kennengelernt, zwei Tage später erstmals persönlich getroffen und seien eine Beziehung miteinander eingegangen. Sie hätten in der Folge ihre gesamte Zeit zusammen verbracht und er sei faktisch - sowie später auch offiziell - bei seiner späteren Ehefrau eingezogen.
357
Kurzzeitig sei er noch zu seinem Arbeitsplatz nach In. gependelt, habe diesen jedoch dann bald aufgegeben. Um einen neuen, seiner beruflichen Qualifikation entsprechenden Arbeitsplatz habe er sich nicht ernsthaft bemüht, sondern lediglich seine zuvor nebenberuflich ausgeübte selbstständige Beratertätigkeit fortgeführt und Ende des Jahres 2017 zusätzlich eine Aushilfstätigkeit als Kundenberater in dem Einzelhandelsgeschäft „American Heritage“ aufgenommen, in welchem auch seine spätere Ehefrau in geringem Umfang tätig gewesen sei.
358
Am 24.12.2017 habe er sich mit seiner späteren Ehefrau auf seinen Heiratsantrag hin verlobt. Am 24.08.2018 hätten sie standesamtlich geheiratet und am 09.10.2018 darüber hinaus eine freie Trauung auf der Insel Sardinien durchgeführt, wo sie auch ihre Flitterwochen verbracht hätten.
359
(2) Den weiteren Angaben des Angeklagten zufolge habe seine Ehefrau im Jahr 2019 damit begonnen, viel Zeit mit Computerspielen zu verbringen. Als er sie einmal auf den großen zeitlichen Umfang ihres Hobbys angesprochen habe, habe sie „nicht sonderlich freundlich“ reagiert, weshalb er dies in der Folge nicht mehr thematisiert habe. Mit dem Beginn der Corona-Pandemie habe der zeitliche Umfang ihres Spielens noch einmal deutlich zugenommen. Da habe seine Ehefrau „eigentlich die ganze Zeit“ gespielt und sich für keine anderen Themen mehr interessiert. Vor dem Beginn der CoronaPandemie sei es „extrem“ gewesen, danach dann „ganz extrem“. Im Zuge dessen habe sie sich weniger um die Ordnung und Sauberkeit im Haushalt gekümmert als früher und sei noch leichter reizbar gewesen als ohnehin schon.
360
(3) Wie der Angeklagte ferner angab, sei seine Ehefrau „definitiv die Dominante in der Beziehung“ gewesen. Dies sei schon allein aufgrund ihrer finanziellen Überlegenheit infolge ihres geerbten Vermögens der Fall gewesen. Er habe die Auffassung vertreten, dass er mangels eigener finanzieller Mittel bei Anschaffungen nichts mitzureden gehabt habe.
361
Ungeachtet dessen behauptete der Angeklagte, sich nie darüber Gedanken gemacht zu haben, ob und inwieweit sich seine Verluste durch Spekulationsgeschäfte mit Aktien auf das Ausmaß seiner finanziellen Unterlegenheit gegenüber seiner Ehefrau bzw. umgekehrt auf deren Dominanz in ihrer Beziehung ausgewirkt hätten.
362
Er räumte allerdings ein, dass „das starke soziale Gefälle“ zwischen seiner Ehefrau und ihm „sicher mal ein kleines Thema“ für ihn gewesen sei, behauptete aber, dass er sich wegen „anderer Probleme und Themen“ damit nicht weiter beschäftigt habe.
363
Wie der Angeklagte ferner berichtete, habe seine Ehefrau von ihm verlangt, seinen Hund wegzugeben, insbesondere da dieser sich nicht mit ihrem eigenen Hund vertragen habe. Er sei dieser Aufforderung diskussionslos nachgekommen, habe seinen Hund zu seiner Ex-Freundin gegeben und dieser bis zuletzt Unterhalt für das Tier überwiesen.
364
Seine Ehefrau habe ihm darüber hinaus in beruflicher Hinsicht Vorgaben gemacht. So sei sie beispielsweise nicht damit einverstanden gewesen, als er sich beruflich habe umorientieren und eine Ausbildung zum Kindergärtner machen wollen. Deshalb habe er von diesem Vorhaben wieder Abstand genommen. Auch habe sie ein Stellenangebot im Bereich seiner beruflichen Qualifikation, das ihn interessiert habe, als für ihn ungeeignet angesehen, weshalb er dieses nicht weiterverfolgt habe.
365
Seinen Angaben zufolge habe der Angeklagte „definitiv viel geschluckt“. Es habe zahlreiche Themen gegeben, bei denen er von seiner Ehefrau übergangen oder nicht ernst genommen worden sei. Er habe sich ihr „mit Sicherheit übermäßig untergeordnet“. Bei Streitthemen habe er dies bewusst getan, ansonsten eher unbewusst, da es ihm immer nur darum gegangen sei, dass es seiner Ehefrau gutgehe, und er versucht habe, alles hierfür zu tun.
366
Er habe es „natürlich nicht gut“ gefunden, wenn seine Ehefrau ihn „am Kopf getätschelt“ habe, habe sich aber keine Gedanken darüber gemacht.
367
(4) Wenn seine Ehefrau verärgert gewesen sei, habe der Angeklagte ihr seinen Angaben zufolge nicht widersprochen. Er habe versucht, sie mit den Worten, dass es nicht so schlimm sei, zu beruhigen, und sich zurückgezogen. Er habe nicht gewollt, dass etwas zwischen ihnen stehe.
368
Beispielhaft berichtete der Angeklagte davon, dass er von seiner Ehefrau „den Anschiss seines Lebens bekommen“ habe, als er ihren selbstgebackenen Kuchen dem Nachbarskind geschenkt habe, nachdem sie zuvor gesagt habe, dass er den Kuchen weggeben könne, da sie ohnehin abnehmen wolle. Er habe daraufhin die Wohnung verlassen und sei Joggen gegangen.
369
(5) Wie der Angeklagte ferner angab, hätten seine Ehefrau und er einen gemeinsamen Kinderwunsch gehabt. Allerdings habe seine Ehefrau insoweit die Bedingungen gestellt, dass sie „maximal ein Kind“ bekämen und er sich vollständig um das Kind kümmern müsse. Letzteres wäre dem Angeklagten zufolge für ihn kein Problem gewesen, da er sehr gern mit Kindern zusammen sei.
370
Im Hinblick auf den Kinderwunsch habe seine Ehefrau die Suche nach einer größeren Wohnung angestoßen, zumal die Treppe in den Galeriebereich ihrer Wohnung für ein kleines Kind zu gefährlich gewesen sei. Sie hätten zwei Wohnungen auf der anderen Seite des Nymphenburger Kanals besichtigt. Diese seien jedoch letztlich wegen überhöhter Kaufpreise nicht infrage gekommen. Im September 2020 hätten sie zufällig von einer Wohnung am Tegernsee Kenntnis erlangt, welche seine Ehefrau zur gemeinsamen Nutzung mit ihm habe kaufen wollen. Es sei beabsichtigt gewesen, die Wohnung in der Anfangsphase zeitweise zu vermieten, um so einen Teil der Kosten für die Wohnung zu refinanzieren.
371
Der gemeinsame Kinderwunsch habe bis zuletzt nicht nur bei ihm, sondern auch bei seiner Ehefrau fortbestanden. Sie hätte geplant, den Kinderwunsch zum Ende der Corona-Pandemie zu realisieren. Vor diesem Hintergrund habe sich seine Ehefrau im Sommer 2020 die Spirale entfernen lassen und seither zur Verhütung die Pille genommen.
372
8. Am 5. Hauptverhandlungstag (25.10.2021) machte der Angeklagte im Wesentlichen folgende Angaben:
373
a. Im Hinblick auf ein weißes Laken, welches im Rahmen der polizeilichen Ermittlungen neben Kissenbezügen in einem Wäschekorb im unteren Wohnbereich sichergestellt wurde, gab der Angeklagte an, dass das Sofa im Galeriebereich zum Schutz der Bezüge der Sitzpolster und Armlehnen vor Hundehaaren, Bröseln und ähnlichem üblicherweise mit einem derartigen Laken bezogen gewesen sei. Es sei deshalb gut möglich, dass das Sofa zur Tatzeit mit diesem Laken bezogen gewesen sei, wenngleich der Angeklagte seinen Angaben zufolge wegen fehlender Individualisierungsmerkmale des Lakens nicht mit Sicherheit sagen könne, ob es sich um genau dieses Laken gehandelt habe.
374
b. Zu seinen Fahrzielen nach der Tat bekundete der Angeklagte, dass er zum Krankenhaus gefahren sei, weil er nicht habe begreifen können, wie nah die krankenhausärztliche Hilfe zur möglichen Rettung seiner Ehefrau letztlich gewesen wäre. Zu seinem Bruder sei er gefahren, um sich von ihm zu verabschieden.
375
Zu seiner Mutter sei er anschließend gefahren, um Jo., den Hund seiner Ehefrau, zu ihr zu bringen. Allerdings habe er dann letztlich „vergessen“, den Hund bei seiner Mutter zurückzulassen, und ihn deshalb bei sich geführt, als er die Polizeiwache aufgesucht habe, um sich zu stellen. Wie der Angeklagte weiter ausführte, habe er „den Schmuck“ zu seiner Mutter gebracht, weil seine Ehefrau einmal erwähnt habe, dass diese Gegenstände mit ihren Eltern assoziiert seien, und es ihr wichtig gewesen sei, dass ihre beste Freundin Kr. R. diese Gegenstände einmal habe bekommen sollen. Die zu seiner Mutter gebrachten Gegenstände seien die einzigen, von denen seine Ehefrau in der Vergangenheit einmal erwähnt habe, dass diese eine besondere Bedeutung für sie hätten.
376
c. Zu der nach der Tat um 21:31 Uhr von seinem Mobiltelefon an den WhatsApp-Account der Geschädigten versandten WhatsApp-Nachricht („Bin schon zu Hause mache nicht so lange *Umarmungssmiley*“), die er seinen Angaben zufolge bereits am frühen Abend nach der Arbeit vorbereitet, allerdings zunächst nicht abgeschickt habe (vgl. 6.c(3), S. 59), ließ sich der Angeklagte ergänzend wie folgt ein:
377
(1) Er habe diese Nachricht an seine Ehefrau nach der Arbeit beim Verlassen des Bürogebäudes seines Arbeitgebers in sein Mobiltelefon getippt, als er auf dem Weg von der Treppe zur Hauseingangstür gewesen sei, und im Anschluss daran nicht abgeschickt, weil er durch ein zufälliges Zusammentreffen und anschließendes Gespräch mit einem Kollegen oder einer Kollegin abgelenkt gewesen sei.
378
Der Angeklagte behauptete am 5. Hauptverhandlungstag nunmehr erstmals, nicht mehr zu wissen, ob das Zusammentreffen, durch welches er abgelenkt worden sei, mit einem Mann oder einer Frau aus dem Kollegenkreis stattgefunden habe. Demgegenüber hatte er am 2. Hauptverhandlung noch ohne Einschränkung von einem (männlichen) Kollegen gesprochen (vgl. 7.a., S. 63) und diesen am 1. Hauptverhandlungstag sogar noch durch die Angabe individualisiert, dass es sich um seinen Arbeitskollegen Patrick gehandelt habe, der ihm im Büro gegenübergesessen sei (vgl. 6.a(1), S. 55).
379
(2) Dem Angeklagten wurde vorgehalten, dass die Formulierung der Nachricht („Bin schon zu Hause (…)“) im Widerspruch dazu stehe, dass sich der Angeklagte seinen Angaben zufolge beim Tippen und geplanten Abschicken dieser Nachricht noch im Bereich des Bürogebäudes seines Arbeitgebers befunden und erst auf den Heimweg gemacht habe. Hierauf behauptete der Angeklagte lediglich, er habe die Nachricht deshalb so formuliert, damit seine Ehefrau „vorbereitet“ sei, dass er „bald komme“, da er nach der ursprünglichen Tagesplanung und dem Kenntnisstand seiner Ehefrau eigentlich Abendtermine gehabt hätte und erst später nach Hause gekommen wäre.
380
(3) Auf die in diesem Zusammenhang gestellte Nachfrage, welche Vorstellung er beim Verlassen seines Arbeitsplatzes hinsichtlich der von seiner Ehefrau zu diesem Zeitpunkt ausgeübten Tätigkeit gehabt habe, so dass er sie auf sein baldiges Heimkommen habe vorbereiten wollen, behauptete der Angeklagte, er sei beim Verlassen seines Arbeitsplatzes davon ausgegangen, dass seine Ehefrau zu Hause entweder koche oder spiele.
381
Im Widerspruch dazu erklärte der Angeklagte auf die Frage, was er mit der Formulierung „mache nicht so lange“ gemeint habe, dass diese Formulierung eine Aufforderung an seine Ehefrau gewesen sei, nicht mehr so lange zu spielen. Der Widerspruch, der sich hieraus gegenüber der vorgenannten Aussage des Angeklagten (bezüglich seiner Vorstellung von der von seiner Ehefrau ausgeübten Tätigkeit) ergibt, wurde vom Angeklagten nicht aufgelöst. Umgekehrt legte er auch nicht dar, was er mit der Formulierung „mache nicht so lange“ hätte ausdrücken wollen, wenn die zuvor geäußerte Alternative hinsichtlich seines Vorstellungbildes, dass seine Ehefrau koche, zugetroffen hätte.
382
(4) Auf die Nachfrage, warum er in der - von ihm behaupteten - Situation des Verfassens der Nachricht beim Verlassen seines Arbeitsplatzes nicht eine den - von ihm behaupteten - Tatsachen entsprechende Formulierung, wie beispielsweise „ich komme bald nach Hause“ oder „ich bin bald zu Hause“ oder „ich mache mich schon auf den Heimweg“ gewählt habe, vermochte der Angeklagte keine Antwort zu geben.
383
Er räumte vielmehr auf weitere Nachfrage ein, dass er seines Wissens die verwendete Formulierung („Bin schon zu Hause“) wörtlich oder sinngemäß (wie etwa „Bin schon da“) in einer Nachricht an seine Ehefrau noch nie zuvor verwendet habe.
384
(5) Sinngemäß wie am 1. Hauptverhandlungstag (vgl. 6.c(3), S. 59) bekundete der Angeklagte, er habe die bereits am frühen Abend nach der Arbeit vorbereitete Nachricht um 21:31 Uhr versandt, weil er gewollt habe, dass „das alles nicht passiert“ sei. Er habe mit dem Absenden dieser Nachricht an einen Zeitpunkt vor der Tat anknüpfen und mit diesem normalen, alltäglichen Vorgang Normalität erzeugen wollen in dem Versuch, die Tat letztlich ungeschehen zu machen.
385
Allerdings vermochte der Angeklagte die Frage, warum bzw. aus welchem Anlass er um 21:31 Uhr überhaupt die WhatsApp-Applikation auf seinem Mobiltelefon geöffnet habe (vgl. III.24.a., S. 92), sodass er hierbei seinen Angaben zufolge das vergessene Abschicken der vorbereiteten Nachricht erst bemerkt habe (vgl. 7.a., S. 63), nicht zu beantworten.
386
(6) Er habe seine Ehefrau immer auf unterschiedlichen Wegen - typischerweise entweder per Text- oder Sprachnachricht über den Messenger-Dienst WhatsApp oder telefonisch - darüber informiert, wenn sich die Uhrzeit seiner erwarteten Heimkehr verändert habe, was durchaus häufig vorgekommen sei. Einen vorgefertigten - und gegebenenfalls noch zu ergänzenden - Nachrichtentext für derartige Fälle habe er trotz der Häufigkeit des Erfordernisses entsprechender Nachrichten nicht erstellt. Der Angeklagte fügte hinzu, dass er vorgefertigte Texte ausschließlich bei geschäftlichen E-Mails, aber nie im privaten Bereich verwendet habe.
387
Von seinem letzten Arbeitgeber M. P. sei er üblicherweise, wenn er keine Abendtermine gehabt habe, etwa zwischen 17:45 Uhr und 18:00 Uhr nach Hause gekommen. Wenn er stattdessen beispielsweise erst gegen 18:15 Uhr oder 18:30 Uhr nach Hause gekommen sei, habe er seine Ehefrau hierüber vorab informiert. Dies sei ihr sehr wichtig gewesen. Insbesondere während seiner Beschäftigung bei seinem früheren Arbeitgeber R. C. sei er häufig zu unterschiedlichen Uhrzeiten nach Hause gekommen, was öfter zu Diskussionen zwischen seiner Ehefrau und ihm geführt habe.
388
Wie der Angeklagte weiter angab, habe seine Ehefrau erhaltene Nachrichten immer „extrem schnell“ gelesen, sodass er erwartet hätte, dass sie auch die von ihm am 12.10.2020 beim Verlassen seines Arbeitsplatzes getippte Nachricht im Falle ihres plangemäßen Versendens kurz nach 17:30 Uhr ohne nennenswerte zeitliche Verzögerung nach dem Versenden und - üblicherweise unmittelbar darauffolgenden - Empfangen der Nachricht gelesen hätte.
389
(7) Der Angeklagte führte weiter aus, dass er wegen des für den Abend des 12.10.2020 vereinbarten - und von seinem Gesprächspartner kurzfristig am selben Tag abgesagten - Geschäftsessens in einer Gaststätte davon ausgegangen sei, an diesem Tag erst zwischen 21:00 Uhr und 23:00 Uhr nach Hause zu kommen. Dies habe er auch seiner Ehefrau entsprechend vor dem Beginn dieses Arbeitstages mitgeteilt. Wie der Angeklagte ausdrücklich angab, habe seine Ehefrau deshalb zu dem Zeitpunkt, als er sich gegen 17:30 Uhr auf den Heimweg gemacht habe, damit gerechnet, dass er erst zwischen 21:00 Uhr und 23:00 Uhr nach Hause kommen werde. Auf entsprechende Nachfrage bekräftigte der Angeklagte, dass er sich diesbezüglich ganz sicher sei. Wie er ferner angab, habe er wegen des Umstands, dass er mindestens drei Stunden früher nach Hause kommen würde als ursprünglich angekündigt, dies seiner Ehefrau auf jeden Fall ankündigen wollen und deshalb die Nachricht an sie getippt.
390
(8) Auf den Vorhalt, dass er am 12.10.2020 um 14:49 Uhr von seinem Mobiltelefon eine WhatsApp-Nachricht mit dem Text „18:30 Uhr schaffe ich. Konnte schieben. Gegessen habe ich dann aber trotzdem schon *Smiley*“ an den WhatsApp-Account der Geschädigten versandt habe, welche von dieser auch gelesen worden sei (vgl. III.22.c., S. 92), er darin seine Heimkehr für 18:30 Uhr angekündigt habe und dies nahelege, dass die Geschädigte mit seiner Heimkehr gegen 18:30 Uhr gerechnet habe, was im Widerspruch zu seiner soeben unter (7) dargestellten Einlassung stehe, erklärte der Angeklagte lediglich, dass er sich an die ihm vorgehaltene Nachricht vom 12.10.2020 um 14:49 Uhr nicht erinnere. Inhaltlich äußerte er sich zu dem aufgezeigten Widerspruch nicht und vermochte somit insbesondere diesen auch nicht aufzulösen.
391
9. Am 8. Hauptverhandlungstag (08.11.2021) gab der Angeklagte als Reaktion auf den an diesem Tag erteilten, den Verfahrensbeteiligten vorab im Bürowege angekündigten und zur Kenntnis gebrachten Hinweis des Schwurgerichts zusammengefasst folgende Einlassung ab:
392
a. Der Angeklagte bestritt, eine Teilhabe am Vermögen der Geschädigten im Rahmen der gemeinsamen Lebensführung in ihrer Ehe angestrebt zu haben. Er verwies darauf, dass während seiner Beziehung und Ehe mit der Geschädigten sämtliche Kosten, etwa für den gemeinsamen Haushalt und gemeinsame Urlaube, von beiden Partnern je zur Hälfte getragen worden seien.
393
Der Angeklagte behauptete zunächst, dass er seit seiner Jugend immer selbst für seinen Lebensunterhalt gesorgt habe, und betonte in diesem Zusammenhang, er könne jederzeit selbst finanziell für sich und sein Wohlergehen sorgen und habe dies auch in der Vergangenheit stets gekonnt. Im Widerspruch zu seiner zunächst aufgestellten Behauptung fügte der Angeklagte dann aber hinzu, dass, wenn er in der Vergangenheit nicht selbst finanziell für sich habe sorgen müssen, die finanzielle Selbstversorgung für ihn auch kein Ziel gewesen sei.
394
b. Der Angeklagte bezeichnete sich selbst als „sehr kompetitiv“ und verwies - ohne seine großen sportlichen Erfolge in diesem Zusammenhang zu erwähnen - darauf, ein Stipendiat gewesen zu sein. Er sei auch im Hinblick auf seine Beziehungen kompetitiv und habe in der Vergangenheit langjährige Beziehungen geführt.
395
c. Der Angeklagte nahm Bezug auf die Angaben der Zeugin E2. W4., wonach die Geschädigte bei einem Treffen im Januar 2020 in dem Glauben, dass es sich bei der verkauften Eigentumswohnung in Pf. um das Eigentum des Angeklagten gehandelt und er von dem Verkaufserlös die zum Bezug durch seine Mutter vorgesehene Wohnung in Tr. gekauft habe, traurig und wütend über die (vermeintliche) Verwendung der erzielten finanziellen Mittel durch den Angeklagten sowie über den späten Zeitpunkt von dessen Mitteilung gewesen sei (vgl. III.13.d., S. 135).
396
Er behauptete diesbezüglich, dass die Angaben der Zeugin schon deshalb falsch seien, weil er die Wohnung nicht im Januar 2020, sondern erst im März 2020 gekauft habe. Außerdem habe seine Ehefrau gewusst, dass es sich bei dem Verkaufserlös um eine Schenkung seiner Mutter gehandelt habe.
397
d. Im Hinblick auf den Erlös in Höhe von 282.000,- Euro aus dem für seine Mutter abgewickelten Verkauf ihrer Eigentumswohnung in Pf. a der Il. räumte der Angeklagte zwar unumwunden ein, den gesamten Geldbetrag durch Spekulationsgeschäfte mit WirecardAktien verloren und anderweitig verbraucht zu haben. Allerdings versuchte er zunächst, die sich für ihn hieraus ergebenden Folgen zu beschönigen, indem er behauptete, dass er sich insoweit keinen Forderungen ausgesetzt sehe, da der Überlassung des Verkaufserlöses eine Schenkung seiner Mutter an ihn zugrunde liege, worüber ein schriftlicher Schenkungsvertrag existiere.
398
Diese Aussage korrigierte der Angeklagte in der Folge zunächst dahingehend, dass es sich um eine Schenkung unter der Auflage des Erwerbs einer neuen Eigentumswohnung für seine Mutter gehandelt habe und diese Auflage - auch in dem Sinne des Erwerbs einer Eigentumswohnung durch den Angeklagten zum Bezug durch seine Mutter - jedenfalls nach dem Verkauf der Wohnung in Tr. zur Tilgung der Verbindlichkeiten aus den zu deren Finanzierung aufgenommenen Immobilienkrediten nicht (mehr) erfüllt sei.
399
Im Hinblick auf die Auflage erklärte der Angeklagte, für ihn sei es von Anfang an klar gewesen, dass er das Geld aus dem Wohnungsverkauf an der Börse investiere und die Wohnung mit Immobilienkrediten finanziere, „weil es ja wirtschaftlich völlig unsinnig“ sei, eine Wohnung mit Eigenkapital zu kaufen. Bezüglich der Umsetzung des vereinbarten Kaufs einer neuen Wohnung für seine Mutter habe diese ihm völlig freie Hand gelassen.
400
Auf den Vorhalt, dass der behauptete schriftliche Schenkungsvertrag im Rahmen der polizeilichen Ermittlungen nicht aufgefunden worden sei, vermochte der Angeklagte nicht anzugeben, wo er dieses Schriftstück aufbewahrt habe, und bekundete schließlich, dass die konkrete rechtliche Ausgestaltung des zwischen ihm und seiner Mutter bezüglich der Überlassung des Verkaufserlöses in Höhe von 282.000,- Euro zustande gekommenen Rechtsgeschäfts für ihn letztlich keine Rolle spiele.
401
Wie der Angeklagte ausdrücklich erklärte, sehe er sich unabhängig davon, zumindest „moralisch auf jeden Fall“, zur Rückzahlung des - hiervon nach dem von seiner Mutter erhaltenen Erlös aus dem Verkauf der neu erworbenen Wohnung in Tr. noch offenen - Geldbetrags an seine Mutter verpflichtet. Moralisch sei es für ihn klar, dass das Geld seiner Mutter gehöre.
402
e. Wie der Angeklagte angab, habe er gegenüber seiner Schwester Verbindlichkeiten in Höhe von 80.000,- Euro, da sie ihm diesen Geldbetrag nicht für den Kauf von Wirecard-Aktion überlassen habe.
403
f. Zu den von ihm im Rahmen der psychiatrischen Exploration gegenüber dem Sachverständigen Dr. H1. angegebenen Verbindlichkeiten in Höhe von 12.000,- Euro gegenüber seinem Bruder (vgl. 5.g(2), S. 54) erklärte der Angeklagte, dass diese inzwischen beglichen seien.
404
Hierbei habe es sich um den in dieser Höhe erzielten Erlös aus dem Verkauf der für seinen Bruder mit dem von diesem zur Verfügung gestellten Geld erworbenen Wirecard-Aktien gehandelt, den er, der Angeklagte, bis zu seiner Inhaftierung noch nicht an An. Uh. ausgekehrt habe.
405
Soweit das von seinem Bruder für die Investition in Wirecard-Aktien zur Verfügung gestellte Geld verloren sei, bestünden dem Angeklagten zufolge keine Verbindlichkeiten gegenüber seinem Bruder, da dieser ihm das Geld mit der Zweckbestimmung zur Investition in Wirecard-Aktien überlassen habe. Bei dem eingetretenen Verlust habe es sich somit um das eigene Risiko seines Bruders gehandelt.
406
g. Zu der Forderungsaufstellung für seinen Halbbruder An. Uh. gab der Angeklagte an, er habe damit einen unmittelbaren Anspruch seines Bruders auf die von ihm, dem Angeklagten, erworbene Wohnung in Tr. sicherstellen wollen. Das Einstimmigkeitserfordernis bei der Geltendmachung der Forderungen habe er deshalb aufgenommen, damit er „nicht in den Zwang komme, die Wohnung in Tr. verkaufen zu müssen“.
407
10. Im letzten Wort am 9. Hauptverhandlungstag (17.11.2021) erklärte der Angeklagte, er habe weder die Worte noch eine Erklärung für das, was er getan habe. Er wolle und müsse verstehen, was vorgefallen sei und wieso es vorgefallen sei. Er könne es nicht wiedergutmachen. Er könne sich nur in aller Form entschuldigen bei allen, die seine Ehefrau gekannt hätten, insbesondere bei der Familie und den Freunden, und sagen, dass es ihm leidtue.
III. Sachverhalt
408
Der festgestellte Sachverhalt beruht auf der Einlassung des Angeklagten im Ermittlungsverfahren sowie in der Hauptverhandlung, soweit ihr gefolgt werden konnte. Im Übrigen stützen sich die Feststellungen auf die nachfolgend dargelegten Beweismittel und Erwägungen.
409
1. Die Feststellungen zur Chronologie der Beziehung und Ehe zwischen dem Angeklagten und der Geschädigten basieren auf der Einlassung des Angeklagten, die insoweit in den wesentlichen Punkten von den beiden engen Freundinnen der Geschädigten, den Zeuginnen K1. R3. und E.-Chr. W., bestätigt wurde. Die Feststellungen zur Eheschließung gründen sich zusätzlich auf die verlesene Eheurkunde vom 24.08.2018.
410
2. Dass der Angeklagte seit langem das Ziel verfolgte, mit möglichst geringem Aufwand möglichst frühzeitig finanziell unabhängig zu werden und keiner Erwerbstätigkeit mehr nachgehen zu müssen, berichteten übereinstimmend und glaubhaft die beiden langjährigen Freunde des Angeklagten, Se. Pö. und Ge. Ga.. Insoweit wird auf die Ausführungen unterI.2.d(1)(b) ii., S. 31, und I.2.d(1)(c), S. 32, Bezug genommen.
411
Der Zeuge P3. bekundete in diesem Zusammenhang ferner glaubhaft, dass der Angeklagte „nicht der klassische Nineto-Five-Mensch“ sei. Vielmehr sei ihm schon immer möglichst viel Freizeit sehr wichtig gewesen.
412
Laut dem Zeugen habe es der Angeklagte - im Gegensatz zum Zeugen P3. selbst und dessen anderen Freunden - über längere Zeiträume immer wieder geschafft, ohne eine feste Arbeitsstelle seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, indem er entweder bei einer Partnerin eingezogen bzw. mit einer Partnerin zusammengezogen sei oder beispielsweise vorübergehend bei seinem Bruder gewohnt habe. Zugleich habe der Angeklagte mit seinem sehr sparsamen Lebensstil seine Ausgaben sehr niedrig gehalten.
413
Der Zeuge bezeichnete den Angeklagten in diesem Zusammenhang als eine Art „Überlebenskünstler“, der es sich nach Auffassung des Zeugen insoweit häufig zumindest leicht gemacht habe oder, wenn man es kritischer formuliere, sich ein wenig „durchgemogelt“ habe, da er beispielsweise nie eine eigene Wohnung gemietet habe und somit nie allein die Wohnungsmiete habe aufbringen müssen.
414
3. Die Feststellungen zu den Vermögensverhältnissen der Geschädigten und ihrer Lebensgestaltung beruhen auf der Einlassung des Angeklagten, die insoweit durch die Ergebnisse der Beweisaufnahme bestätigt wurde.
415
a. Zusammengefasst berichtete der Zeuge KHK Sch. glaubhaft, dass die Geschädigte nach dem Ergebnis der polizeilichen Finanzermittlungen über ein geerbtes Vermögen von mehreren Millionen Euro verfügt habe. Demnach habe sich allein auf mehreren Bankkonten der Geschädigten ein Gesamtguthaben in dieser Höhe befunden. Darüber hinaus habe die Geschädigte noch ein größeres Immobilienvermögen besessen.
416
b. Dass die Geschädigte ihr Leben - dem Ideal des Angeklagten entsprechend - selbstbestimmt nach ihren persönlichen Vorlieben gestaltet habe und insbesondere im Wesentlichen aus ideellen Gründen in geringem Umfang in dem Einzelhandelsgeschäft „American Heritage“ tätig gewesen sei, bestätigten übereinstimmend und glaubhaft ihre beiden engen Freundinnen Kr. R. und E.-Chr. W. sowie der Halbbruder des Angeklagten, An. Uh., in seiner polizeilichen Zeugenvernehmung, worüber der Vernehmungsbeamte KK Wa. glaubhaft berichtete.
417
4. Dass sich der Angeklagte durch seine Beziehung und Ehe mit der Geschädigten seinem Ziel, möglichst frühzeitig finanziell unabhängig zu werden und keiner Erwerbstätigkeit mehr nachgehen zu müssen, sehr nahe sah und darauf hoffte, im Rahmen der gemeinsamen Lebensführung am Vermögen seiner Ehefrau soweit teilhaben zu können, dass er nicht länger einer Erwerbstätigkeit würde nachgehen müssen, schließt das Schwurgericht aus einer Gesamtwürdigung der festgestellten Umstände.
418
Von besonderer Bedeutung war hierbei, dass zum einen die Geschädigte selbst aufgrund ihrer finanziellen Unabhängigkeit bereits ihr Leben dem Ideal des Angeklagten entsprechend gestaltete, und zum anderen der Angeklagte, nachdem er die Beziehung mit der Geschädigten eingegangen war, rund zwei Jahre lang diesen Lebensstil faktisch ebenfalls praktizierte, ohne allerdings selbst finanziell unabhängig zu sein.
419
Der Angeklagte gab Anfang des Jahres 2017 seinen Arbeitsplatz in In. auf, ohne sich ernsthaft um einen neuen, seiner beruflichen Qualifikation entsprechenden Arbeitsplatz zu bemühen. Von Januar 2017 bis Februar 2019 erzielte er lediglich unregelmäßige Erwerbseinkünfte in Höhe von durchschnittlich rund 835,- Euro pro Monat aus der Fortführung einer zuvor nebenberuflich ausgeübten, selbstständigen Beratertätigkeit sowie ab Ende des Jahres 2017 zusätzlich aus einer Aushilfstätigkeit als Kundenberater, während seine monatlichen Ausgaben in diesem Zeitraum bei durchschnittlich rund 1.885,- Euro pro Monat lagen.
420
Vor diesem Hintergrund liegt es überaus nahe, dass der Angeklagte die Hoffnung hatte, sein schon seit langem verfolgtes Ziel der möglichst frühzeitigen finanziellen Unabhängigkeit, um nicht länger einer Erwerbstätigkeit nachgehen zu müssen (vgl. 2., S. 72), durch Teilhabe am Vermögen seiner Ehefrau im Rahmen der gemeinsamen Lebensführung erreichen zu können.
421
a. Dass der Angeklagte nach dem Eingehen der Beziehung mit der Geschädigten bald seinen Arbeitsplatz in In. aufgab und danach bis Februar 2019 lediglich seine zuvor nebenberuflich ausgeübte selbstständige Beratertätigkeit fortführte und Ende des Jahres 2017 zusätzlich eine Aushilfstätigkeit als Kundenberater ausübte, beruht auf der entsprechenden Einlassung des Angeklagten, die durch das Ergebnis der polizeilichen Finanzermittlungen (vgl. nachfolgend b.) gestützt wird.
422
b. Wie der Zeuge KHK Sch. glaubhaft darlegte, hätten die polizeilichen Finanzermittlungen ergeben, dass der Angeklagte bis Anfang des Jahres 2019 lediglich unregelmäßige Erwerbseinkünfte erzielt habe, die deutlich geringer gewesen seien als seine Ausgaben in diesem Zeitraum. Nur durch zusätzliche Einnahmen, insbesondere durch wiederholte finanzielle Zuwendungen aus dem Kreis seiner Herkunftsfamilie, sei der häufig im Minus befindliche Saldo des Girokontos des Angeklagten bei der C2. Bank AG ausgeglichen oder ein negativer Kontostand vermieden worden.
423
Den weiteren Ausführungen des Ermittlungsbeamten entnahm die Strafkammer, dass der Angeklagte von J. 2017 bis Februar 2019 Erwerbseinkünfte in Höhe von durchschnittlich rund 835,- Euro pro Monat bei Ausgaben von durchschnittlich rund 1.885,- Euro pro Monat erzielt habe und somit ein monatliche Differenz von rund 1.050,- Euro bestanden habe.
424
5. Dass die Geschädigte dem Angeklagten keinerlei Zugriff auf ihr Bank- und Immobilienvermögen einräumte, stützt das Schwurgericht auf die entsprechende Einlassung des Angeklagten im Ermittlungsverfahren, die durch das Ergebnis der polizeilichen Finanzermittlungen bestätigt wurde. Den glaubhaften Angaben des Zeugen KHK Sch. zufolge sei der Angeklagte weder über die Bankkonten der Geschädigten noch über ihre Immobilien verfügungsberechtigt gewesen. Eine Verfügungsberechtigung des Angeklagten habe lediglich bei einem von den Eheleuten L. am 20.02.2019 errichteten Gemeinschaftskonto bei der H.V.sbank bestanden.
425
6. Die Feststellungen zu dem Testament der Geschädigten und dessen Inhalt beruhen auf dessen Verlesung. Die Feststellungen zum notariellen Ehevertrag und dessen Inhalt beruhen auf der entsprechenden Urkunde der Notare Dr. V2. und Dr. E3. vom 17.08.2018, ..., welche ebenfalls zur Verlesung kam.
426
Dass die Geschädigte den Angeklagten wahrheitsgemäß über das Vorhandensein des Testaments sowie darüber informierte, dass er deshalb nicht unter ihren Erben sein würde, und ihn über den Aufbewahrungsort ihres Testaments bis zuletzt in Unkenntnis ließ, stützt sich auf die entsprechende Einlassung des Angeklagten im Ermittlungsverfahren.
427
Ergänzend berichtete der Zeuge KHK M. glaubhaft, dass eine als Erbin eingesetzte Verwandte der Geschädigten bereits im Oktober 2020 unter Vorlage einer Kopie des Testaments eine Rechtsanwaltskanzlei in Mü. mit der Vertretung in dieser Erbangelegenheit beauftragt habe und die Ermittlungsbehörden hierüber erstmals Kenntnis vom Inhalt des Testaments erlangt hätten. Das Original des Testaments habe von den Ermittlungsbeamten erst bei einer erneuten Durchsuchung der Tatwohnung am 02.12.2020 und gezielten Absuche nach dem Testament sowie etwaigen, bis dahin noch nicht bekannten Bargeldverstecken unter der aufklappbaren Abdeckung einer Kommode im begehbaren Kleiderschrank aufgefunden werden können. Anhand der hiervon gefertigten Lichtbilder, die vom Zeugen KHK M. erläutert wurden, verschaffte sich die Strafkammer einen eigenen Eindruck von dem Versteck.
428
7. Die Feststellungen, dass die Geschädigte vom Angeklagten verlangte, zur gemeinsamen Lebensführung finanziell beizutragen und hierfür einer seiner Berufsausbildung entsprechenden Erwerbstätigkeit in Festanstellung nachzugehen, beruhen auf der Einlassung des Angeklagten sowie zusätzlich und ergänzend auf den auch insoweit glaubhaften Angaben der Zeuginnen I1., Riggers und We..
429
a. Den Angaben des Angeklagten im Ermittlungsverfahren zufolge habe sich seine Ehefrau darüber geärgert, dass er sich nicht rechtzeitig um einen neuen Arbeitsplatz gekümmert habe. Dies sei ein Streitpunkt zwischen ihnen gewesen. Darüber hinaus ließ sich der Angeklagte dahingehend ein, dass sie zur Vermeidung von Streit ein gemeinsames Haushaltskonto gehabt hätten.
430
b. Laut der Zeugin I1. habe sich E. M. L. regelmäßig bei ihr darüber beschwert, dass der Angeklagte „endlich erwachsen werden“ und einen seiner beruflichen Qualifikation entsprechenden Arbeitsplatz finden müsse. Die Geschädigte habe es als bei weitem nicht ausreichend angesehen, dass der Angeklagte lediglich aushilfsweise in demselben Ladengeschäft wie sie gearbeitet habe.
431
Hinzugekommen sei, dass sich E. M. L. an der ständigen Anwesenheit des Angeklagten zu Hause gestört und mehr Freiraum für sich benötigt habe. Auch dieser Aspekt habe bei dem Drängen der Geschädigten auf eine adäquate berufliche Festanstellung des Angeklagten eine Rolle gespielt.
432
c. Auch die Zeuginnen R3. und We. bekundeten übereinstimmend, dass der Geschädigten eine adäquate berufliche Beschäftigung des Angeklagten wichtig gewesen sei, und betonten hierbei den von der Zeugin I1. zuletzt angesprochenen Aspekt.
433
d. Den weiteren Angaben der Zeugin R3. zufolge habe E. M. L. darauf bestanden, dass der Angeklagte zur gemeinsamen Lebensführung finanziell beitrage. Wie die Geschädigte ihr berichtet habe, sei es zwischen ihr und dem Angeklagten zu Diskussionen und Streitigkeiten darüber gekommen, dass die Zahlungen des Angeklagten auf das zu diesem Zweck von den beiden eingerichtete Gemeinschaftskonto nicht immer zuverlässig und pünktlich erfolgt seien.
434
8. Dass dem Angeklagten klar war, dass er unter den gegebenen Umständen für die von ihm erhoffte Teilhabe am Vermögen seiner Ehefrau auf deren Wohlwollen angewiesen war, und er hoffte, dieses dadurch gewinnen zu können, dass er alles daransetzte, damit sich seine Ehefrau mit ihm wohlfühlte, schließt das Schwurgericht aus einer Gesamtwürdigung der festgestellten Umstände. Die Feststellungen dazu, dass der Angeklagte alles daransetzte, damit sich die Geschädigte mit ihm wohlfühlte, sowie seinem diesbezüglichen Verhalten basieren auf der entsprechenden Einlassung des Angeklagten, welche durch die nachfolgend genannten Zeugenaussagen gestützt und bestätigt wurde.
435
a. Hinsichtlich der Angaben der Zeuginnen R3. und We. wird auf die Ausführungen unter I.2.d(2)(c), S. 33, und I.2.d(2)(d), S. 34, Bezug genommen.
436
Beide Zeuginnen bestätigten darüber hinaus übereinstimmend, dass der Angeklagte viel Verständnis für die Angststörung der Geschädigten und ihre deshalb auftretenden Panikattacken gezeigt habe und dass sich die Symptomatik der Geschädigten im Zuge ihrer Beziehung mit dem Angeklagten deutlich gebessert habe.
437
Die Zeugin R3. bestätigte ferner, dass der Angeklagte ohne Einwände dem Verlangen der Geschädigten hinsichtlich der Weggabe seines Hundes entsprochen habe.
438
b. Die Einlassung des Angeklagten zu seinem Verhalten bei Streitigkeiten mit der Geschädigten wurde durch die diesbezüglichen Angaben der Zeugin Dr. P3. (vgl. I.2.d(2)(f) iv., S. 36) bestätigt.
439
9. Die Feststellungen zu dem gemeinsamen Restaurantbesuch der Eheleute L. mit ihrer Nachbarin An. Ia.-Fr. im Dezember 2019 beruhen auf den oben unter I.2.d(2)(e), S. 34, dargelegten Angaben der Zeugin I1..
440
10. Die Feststellungen zu dem am 20.02.2019 eröffneten gemeinschaftlichen Haushaltskonto stützten sich auf die Einlassung des Angeklagten sowie zusätzlich und ergänzend auf die diesbezüglichen Angaben des Zeugen KHK Sch. (vgl. 5., S. 74). Dessen Ausführungen zu den Ergebnissen der polizeilichen Finanzermittlungen entnahm die Strafkammer ferner die Angaben zum Zeitraum der erfolgten Einzahlungen auf das Konto.
441
11. Die Feststellungen zum Arbeitsverhältnis des Angeklagten bei dem Unternehmen R1. C1. GmbH beruhen auf der Einlassung des Angeklagten sowie hinsichtlich seines erzielten Einkommens auf den glaubhaften Ausführungen des Zeugen KHK Sch. zu den Ergebnissen der polizeilichen Finanzermittlungen. Den auch insoweit glaubhaften Angaben der Zeugin I1. zufolge habe der Angeklagte ihr berichtet, dass er sich mit diesem Arbeitsplatz unzufrieden gewesen sei, da er sich mit seinen Kollegen nicht wohlgefühlt und ein Problem mit seiner Chefin gehabt habe.
442
12. Die Feststellungen zum Arbeitsverhältnis des Angeklagten bei dem Unternehmen M2. P2. GmbH basieren auf der Einlassung des Angeklagten sowie auf den auch insoweit glaubhaften Angaben des Zeugen W3., seines dortigen Vorgesetzen. Auf dessen Angaben gründen sich ferner die Feststellungen hinsichtlich seines erwartbaren Bruttojahresgehalts.
443
13. Die Feststellungen im Zusammenhang mit dem vom Angeklagten für seine Mutter abgewickelten Verkauf von deren Eigentumswohnung in Pf. a der Il., dem Kauf der Eigentumswohnung in Tr. und dessen Finanzierung, den Geldeingängen von den Geschwistern des Angeklagten sowie mit den vom Angeklagten erlittenen Verlusten durch Spekulationsgeschäfte mit Aktien des U1. W1. AG beruhen auf der Einlassung des Angeklagten. Soweit die Feststellungen hiervon abweichen oder darüber hinausgehen, fußen sie auf den nachfolgend genannten Beweismitteln und Erwägungen:
444
a. Der Zeuge KHK Sch. legte glaubhaft die Ergebnisse der polizeilichen Finanzermittlungen dar.
445
(1) Er berichtete, dass im Februar 2019 auf dem am 23.06.2009 errichteten Girokonto des Angeklagten bei der C2. Bank AG der Erlös aus dem Verkauf der Eigentumswohnung seiner Mutter in Pf. a der Il. in Höhe von 282.000,- Euro eingegangen sei. Am 15.02.2019 - mithin in einem ganz engen zeitlichen Zusammenhang mit diesem Geldeingang - habe der Angeklagte seiner Mutter Ra. Zi. eine Verfügungsberechtigung für sein Girokonto sowie für seine weiteren, zu diesem Zeitpunkt bei der C2. Bank AG vorhandenen Konten eingeräumt.
446
(2) In der Folge habe der Angeklagte begonnen, Aktien des U1. W1. AG zu kaufen, und letztlich den gesamten Betrag aus dem erhaltenen Verkaufserlös darin investiert. Die erworbenen Aktien habe der Angeklagte in seinem Depot bei der C2. Bank AG gehalten.
447
(3) Ab dem 18.03.2019 habe der Angeklagte monatlich 800,- Euro Miete für seine Mutter durch Geldabgänge von seinem Girokonto gezahlt.
448
(4) Mit Wirkung ab 15.06.2019 habe der Angeklagte seiner Mutter die Verfügungsberechtigung für seine sämtlichen Konten bei der C2. Bank AG Girokonto wieder entzogen und sei fortan hierüber wieder alleiniger Verfügungsberechtigter gewesen.
449
(5) Der Zeuge KHK Sch. bekundete ferner, dass der Angeklagte am 06.03.2020 den Kaufvertrag über den Erwerb einer Eigentumswohnung in der W2. Straße 12, 8… T1., zum Preis von 264.000,- Euro geschlossen und zu dessen Finanzierung im Februar 2020 zwei Immobilienkredite in Höhe von insgesamt 232.500,- Euro aufgenommen habe, die durch eine Gesamtgrundschuld in dieser Höhe an dem Kaufobjekt besichert gewesen seien.
450
(6) Laut KHK Sch. habe der Angeklagte im Januar 2020 mit der C2. Bank AG einen Wertpapierkreditvertrag über 100.000,- Euro mit einem Sollzinssatz von 3,9% geschlossen. Das entsprechende Wertpapierkreditkonto habe der Angeklagte in der Folge überwiegend für seinen Handel mit Aktien sowie teilweise für den Ausgleich kurzfristiger finanzieller Engpässe auf seinem Girokonto genutzt.
451
(7) Der Zeuge KHK Sch. legte ferner dar, dass der Angeklagte am 03.02.2020 erstmals einen Verlust durch den Verkauf von Wirecard-Aktien in Höhe von 45.035,19 Euro realisiert und bis dahin von seinem Wertpapierkreditkonto 97.014,24 Euro in Anspruch genommen habe. Die Feststellungen zu den weiteren, vom Angeklagten realisierten Verlusten aus Handelsgeschäften mit Wirecard-Aktien zu den jeweils genannten Zeitpunkten, zu den Kontoständen an den genannten Tagen sowie zu dem Depotwert und den Kontoständen am 01.10.2020 gründen sich auf die entsprechenden Darlegungen des Zeugen KHK Sch..
452
Die Feststellungen zu den Schulden des Angeklagten aus einem Studienkredit sowie zu den zum damaligen Zeitpunkt noch bestehenden Verbindlichkeiten in Höhe von 12.000,- Euro gegenüber seinem Halbbruder stützen sich auf die entsprechende Einlassung des Angeklagten (vgl. II.5.g(2) II.5.g(2) S. 54). Die Feststellungen zu den übrigen Verbindlichkeiten des Angeklagten am 01.10.2020 beruhen auf einer Gesamtwürdigung der festgestellten Umstände.
453
(8) Wie der Zeuge KHK Sch. weiter ausführte, seien dem Angeklagten im Juli 2019 und im Januar 2020 von seinem Halbbruder An. Uh. jeweils 50.000,- Euro auf sein Girokonto überwiesen worden.
454
Laut KHK Sch. seien dem Angeklagten im Juni 2020 von seiner Schwester Si. He. 80.000,- Euro auf sein Girokonto überwiesen worden. Diesen Geldbetrag habe der Angeklagte zum Teil für die Rückführung seiner Verbindlichkeiten aus dem Wertpapierkredit verwendet und im Übrigen vollständig in Wirecard-Aktien investiert.
455
Dass sich der Angeklagte der Zweckwidrigkeit dieses Vorgehens bewusst gewesen sei, räumte er ein (vgl. II.6.g., S. 61).
456
b. Wie der Vernehmungsbeamte KK Wa. glaubhaft berichtete, habe der Halbbruder des Angeklagten, An. Uh., in seiner polizeilichen Vernehmung glaubhaft angegeben, dass er dem Angeklagten nicht nur zweimal jeweils 50.000,- Euro, sondern darüber hinaus weitere 10.000,- Euro zur Anlage in Aktien überlassen habe.
457
Die Angaben des Zeugen U2., wonach er dem Angeklagten insgesamt 110.000,- Euro - und nicht, wie vom Angeklagten behauptet, 100.000,- Euro - überlassen habe, werden dadurch gestützt, dass in der vom Angeklagten erstellten Forderungsaufstellung (vgl. nachfolgend c.) die aus dem Aktienkauf resultierende erste Position mit einem Gesamtbetrag von 106.301,75 Euro ausgewiesen wurde. Angesichts dessen ist - unter Berücksichtigung des zuvor erfolgten Abzugs der angefallenen Orderkosten - ein überlassener Gesamtbetrag von 110.000,- Euro ohne weiteres plausibel.
458
c. Die Feststellungen zu der vom Angeklagten unter dem Datum vom 28.01.2020 erstellten Forderungsaufstellung für An. Uh. sowie zu deren Inhalt beruhen auf der Verlesung dieser Forderungsaufstellung.
459
d. Die Zeuginnen R3. und We. bekundeten übereinstimmend und glaubhaft, dass sich die Geschädigte bei ihnen jeweils - unabhängig voneinander in Einzelgesprächen - darüber beklagt habe, dass der Angeklagte eine in seinem Eigentum stehende Wohnung in Pf. verkauft und mit dem erzielten Verkaufserlös eine zum Bezug durch seine Mutter vorgesehene Wohnung gekauft habe, obwohl die Eheleute L. auf der Suche nach einer neuen, größeren Ehewohnung gewesen seien.
460
(1) Wie die Zeuginnen weiter übereinstimmend berichteten, sei E. M. L. sowohl über die Verwendung der finanziellen Mittel durch den Angeklagten als auch über den späten Zeitpunkt seiner Mitteilung, wodurch sie von ihm vor vollendete Tatsachen gestellt worden sei, traurig und wütend gewesen. Denn im Hinblick darauf, dass sie gemeinsam mit dem Angeklagten auf der Suche nach einer neuen, größeren Ehewohnung gewesen sei, sei sie davon ausgegangen, dass sich der Angeklagte mit dem erzielten Erlös aus dem Verkauf seiner Wohnung in Pf. an dem Erwerb einer neuen, größeren Ehewohnung beteiligen werde.
461
Beide Zeuginnen erklärten ferner übereinstimmend, dass E. M. L. ihnen unmissverständlich vermittelt habe, dass es sich nach ihrem Kenntnisstand bei der verkauften Wohnung in Pf. um das Eigentum des Angeklagten und bei dem erzielten Erlös somit um sein Geld gehandelt habe.
462
Die Zeugin R3. erläuterte in diesem Zusammenhang, dass sie dies sogar explizit so von der Geschädigten erfragt habe. Darüber hinaus habe E. M. L. laut der Zeugin R3. darüber geklagt, dass sie „erst nach dem Notar-Termin“ für den Kauf der neuen Wohnung vom Angeklagten hierüber informiert worden sei.
463
Die Zeugin W4. konnte angeben, dass das entsprechende Gespräch zwischen ihr und der Geschädigten im Januar 2020 stattgefunden habe.
464
(2) Soweit der Angeklagte am 8. Hauptverhandlungstag die entsprechenden Angaben der Zeugin W4. schon deshalb als falsch qualifizierte, weil er die Wohnung nicht im Januar 2020, sondern erst im März 2020 gekauft habe (vgl. II.9.c., S. 70), ist dies nicht geeignet, die Glaubhaftigkeit der Angaben der Zeugin W4. zu erschüttern.
465
(a) Die Argumentation des Angeklagten für sich betrachtet ist bereits unschlüssig, da der Zeitpunkt des tatsächlichen Vertragsschlusses am 06.03.2020 für das Vorspiegeln von objektiv falschen Tatsachen durch den Angeklagten im Januar 2020 bedeutungslos ist.
466
(b) Für die Glaubhaftigkeit der in diesem Zusammenhang gemachten Angaben der Zeugin W4. sprechen die im Wesentlichen übereinstimmenden Angaben der Zeugin R3.. Weiteres Gewicht erhält dies durch den Umstand, dass die beiden Zeuginnen jeweils über unabhängig voneinander geführte Einzelgespräche mit der Geschädigten berichteten.
467
(c) Die Angaben der Zeugin W4., wonach das Gespräch zwischen ihr und der Geschädigten über den (vermeintlich) bereits vollzogenen Kauf der Wohnung in Tr. im Januar 2020 stattgefunden habe, werden darüber hinaus durch die vom Angeklagten unter dem Datum vom 28.01.2020 erstellte Forderungsaufstellung für seinen Halbbruder An. Uh. gestützt (vgl. c., S. 79).
468
Deren zweite Forderungsposition beinhaltet den Kaufpreis in Höhe von 264.000,- Euro für die Eigentumswohnung in der W2. Straße 12, … T1., deren Erwerb durch den Angeklagten erst durch Abschluss des Kaufvertrags am 06.03.2020 vollzogen wurde.
469
Aus der Aufnahme dieser Forderungsposition in die vom Angeklagten am 28.01.2020 erstellte Forderungsaufstellung schließt das Schwurgericht, dass der Angeklagte den Kauf der Wohnung zu diesem Zeitpunkt zumindest bereits ernsthaft beabsichtigte. Angesichts dessen ist es ohne weiteres plausibel, dass er im Januar 2020 seine Ehefrau in der festgestellten Art und Weise hierüber informierte und das Gespräch zwischen ihr und der Zeugin W4., wie von dieser glaubhaft angegeben, im Januar 2020 stattfand.
470
(3) Die Angaben der Zeuginnen R3. und We., aus denen sich ergibt, dass der Angeklagte seiner Ehefrau vorspiegelte, er habe mit dem Erlös aus dem Verkauf der Wohnung in Pf. den Kaufpreis für die Wohnung in Tr. bezahlt, werden durch die auch insoweit glaubhaften Angaben des Zeugen G2. gestützt, wonach der Angeklagte in einem direkt miteinander geführten Gespräch bei ihm denselben Eindruck erweckt habe.
471
Wie der langjährige Freund des Angeklagten bekundete, habe ihm der Angeklagte davon erzählt, dass er sich um den Verkauf der Wohnung seiner Mutter in Pf. gekümmert und eine neue Wohnung für seine Mutter gekauft habe. Nach der Erzählung des Angeklagten habe es sich für den Zeugen G2. dessen Angaben zufolge so dargestellt, dass der Angeklagte mit dem Verkaufserlös den Kaufpreis für die neue Wohnung bezahlt habe.
472
e. Soweit der Angeklagte unter anderem in seinen oben unter d(2). zitierten Angaben sowie an weiteren Stellen seiner Einlassung behauptete, es habe sich bei der Überlassung des Verkaufserlöses durch seine Mutter um eine Schenkung gehandelt, ist dies zur Überzeugung der Strafkammer nicht glaubhaft, sondern vielmehr der Versuch des Angeklagten, den Eindruck zu erwecken, dass hieraus keine Ansprüche gegen ihn erhoben werden könnten, und auf diese Weise seine eigenen Vermögensverhältnisse zu beschönigen.
473
(1) Die Behauptung des Angeklagten, dass es sich bei dem von seiner Mutter überlassenen Geldbetrag um eine Schenkung seiner Mutter handle, ist schon deshalb nicht glaubhaft, weil sich der Angeklagte zu diesem Punkt wechselnd einließ. So sprach er etwa am 1. Hauptverhandlungstag nicht von einer Schenkung, sondern behauptete vielmehr, dass ihm seine Mutter - wie sein Halbbruder - das Geld mit der Zweckbestimmung überlassen habe, es für sie in Wirecard-Aktien anzulegen (vgl. II.6.g., S. 61). Demgegenüber hatte er im Ermittlungsverfahren noch eingeräumt, seine Mutter habe „nicht in vollem Umfang“ gewusst, dass er das restliche Geld, das nicht in die Anzahlung der Wohnung in Tr. in Höhe von 45.000,- Euro geflossene Geld aus dem Verkauf ihrer alten Wohnung in Aktien angelegt habe (vgl. II.4.e(1), S. 51).
474
(2) Darüber hinaus ist die Behauptung einer Schenkung angesichts der Vermögensverhältnisse seiner Mutter (vgl. hierzu nachfolgend (3)) nicht plausibel.
475
(3) Ferner sprechen die von Ra. Zi. gegenüber dem Angeklagten getätigten Äußerungen anlässlich ihres Besuchs bei ihm in der JVA Mü. am 07.01.2021 gegen die vom Angeklagten aufgestellte Behauptung einer Schenkung.
476
Wie der Zeuge KK Wa. glaubhaft darlegte, habe er diesen Besuch überwacht. Hierbei habe Ra. Zi. in seiner Anwesenheit dem Angeklagten mitgeteilt, dass sein Halbbruder An. Uh. nun eine Sozialwohnung für sie suche, da sie sich mit ihrer Rente die Miete in Höhe von 800,- Euro für ihre derzeitige Wohnung nicht mehr leisten könne.
477
Weiter habe Ra. Zi. gegenüber dem Angeklagten ausdrücklich erklärt, dass es sich bei dem Geld, welches in der Wohnung in Tr. stecke, um ihr Geld handle. Auf ihre Frage, was man diesbezüglich nun tun könne, habe der Angeklagte erwidert, dass er den Verkauf der Wohnung in Tr. bereits veranlasst habe, damit das Geld wieder herauskomme.
478
(4) Die soeben unter (3) dargelegten Äußerungen der Mutter des Angeklagten werden durch die Angaben des Halbbruders An. Uh. in seiner polizeilichen Zeugenvernehmung gestützt, worüber der Vernehmungsbeamte KK Wa. glaubhaft berichtete. Demnach habe An. Uh. angegeben, dass das Geld für die Wohnung in Tr. der gemeinsamen Mutter gehöre. Der Angeklagte habe sich nur um den Kauf der Immobilie gekümmert.
479
(5) Ferner spricht gegen das Vorliegen einer Schenkung der Umstand, dass der Angeklagte seiner Mutter in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der Überlassung des Verkaufserlöses eine Verfügungsberechtigung für seine Konten bei der C2. Bank AG einräumte, welche er ihr allerdings vier Monate später wieder entzog, wodurch er sich alleinige Verfügungsmacht über den Geldbetrag und die hiervon erworbenen Aktien verschaffte.
480
(6) Der Angeklagte räumte letztlich ein, dass er mit seiner Mutter vereinbart habe, dass von dem Verkaufserlös eine neue Wohnung für sie gekauft werde, und sie ihm (lediglich) bezüglich der Umsetzung dieses Verkaufs freie Hand gelassen habe (vgl. II.9.d., S. 70).
481
(7) Der Umstand, dass der Angeklagte ab 18.03.2019 die monatliche Miete in Höhe von 800,- Euro für die von seiner Mutter übergangsweise bezogene Mietwohnung in München zahlte (vgl. a(3), S. 77), spricht ebenfalls gegen eine Schenkung des Verkaufserlöses und vielmehr dafür, dass sich der Angeklagte als Gegenleistung für den überlassenen Verkaufserlös gegenüber seiner Mutter verpflichtete, ihr unabhängig vom Zeitpunkt des verabredeten Erwerbs einer neuen Eigentumswohnung jedenfalls dauerhaft mietfreies Wohnen zu gewährleisten.
482
14. Die Feststellungen zu den kurzzeitigen Suizidgedanken des Angeklagten im Juni 2020 beruhen auf der Einlassung des Angeklagten. Diese wird durch die Angaben des Zeugen KK Wa. gestützt, wonach der Halbbruder des Angeklagten, An. Uh., in seiner polizeilichen Zeugenvernehmung angegeben habe, der Angeklagte habe ihm nach seiner Rückkehr aus Italien erzählt, er habe wegen des mit den Wirecard-Aktien erlittenen Verlusts mit dem Gedanken gespielt, auf das offene Meer hinaus zu schwimmen, um zu sterben, habe hiervon jedoch wieder Abstand genommen.
483
15. Dass der Angeklagte seinem Umfeld verschwieg, dass ihm das verlorene Kapital von Mitgliedern seiner Herkunftsfamilie zur Durchführung der Finanzanlage für sie überlassen worden war, stützt die Strafkammer auf die Angaben der Zeugen S4. P3., Ge. Ga., Kr. R. und Be. Zi., des Vaters des Angeklagten. Diese bekundeten übereinstimmend, dass ihnen der Angeklagte lediglich von seinen erlittenen Verlusten mit Wirecard-Aktien berichtet habe, wobei er den Zeugen P3. und Ga. deren Angaben zufolge auch das zutreffende Ausmaß genannt habe. Dass es sich hierbei nicht um sein eigenes Geld gehandelt habe, habe der Angeklagte den Zeugen zufolge hingegen nicht erwähnt.
484
Der Vater des Angeklagten gab glaubhaft an, erst nach dessen Verhaftung von der Schwester und dem Halbbruder des Angeklagten erfahren zu haben, dass sie dem Angeklagten erhebliche Geldbeträge zur Finanzanlage gegeben hätten, weil dieser sich in finanziellen Belangen auskenne.
485
16. Die Feststellungen, dass der Angeklagte seine Mutter über das erhebliche Ausmaß seiner Spekulationsverluste ebenso in Unkenntnis ließ wie über die Tatsache, dass diese letztlich den gesamten Erlös aus dem Verkauf ihrer Eigentumswohnung umfassten, beruhen auf der Einlassung des Angeklagten, soweit er dies im Ermittlungsverfahren zumindest teilweise einräumte (vgl. II.4.e(1), S. 51). Soweit die Feststellungen darüber hinausgehen, stützen sie sich auf die glaubhaften Angaben des Zeugen KK Wa. über die von Ra. Zi. gegenüber dem Angeklagten getätigten Äußerungen bei ihrem von KK Wa. überwachten Besuch in der JVA Mü. am 07.01.2021.
486
Demnach habe Ra. Zi. ihren Angaben zufolge bei einem Gespräch mit dem Angeklagten ein halbes Jahr zuvor - mithin im Sommer 2020 - gedacht, dass er lediglich 1000,- Euro verloren habe. Erst später habe sie durch ihre beiden anderen Kinder A2. und Si. sowie durch den Freund des Angeklagten, Ge. (Anm.: den Zeugen G1. G2.), erfahren, wie viel der Angeklagte wirklich verloren habe. Sie könne es noch immer nicht glauben, dass der Angeklagte ihr davon nichts gesagt habe, obwohl er wisse, dass er ihr alles sagen könne. Dies sei ein „falscher Stolz“ von ihm.
487
17. Dass E. M. L. bereits im Jahr 2019 gegenüber ihrer Freundin Kr. R. über aufgekommene Langeweile in ihrer Partnerschaft sowie über sexuelle Unzufriedenheit geklagt hatte, stützt das Schwurgericht auf die entsprechenden, auch insoweit glaubhaften Angaben der Zeugin R3..
488
18. Die Feststellung, dass sich E. M. L. in ihrer Ehe mit dem Angeklagten zunehmend eingeengt fühlte und immer mehr persönlichen Freiraum für sich beanspruchte, beruht auf den entsprechenden Angaben der Zeuginnen R3., We., Ia.-Fr. und Dr. P3.. Diese bekundeten übereinstimmend, dass sich E. M. L. ihnen gegenüber wiederholt in dieser Art und Weise geäußert und ihnen diesbezüglich ihr Leid geklagt habe.
489
Die Zeugin W4. führte in diesem Zusammenhang glaubhaft aus, dass E. M. L. ihr gegenüber ihre Beziehung und Ehe mit dem Angeklagten im Wesentlichen deshalb infrage gestellt habe, weil sie sich stark eingeengt gefühlt habe und ihrem Empfinden nach nichts mehr allein habe machen können. Im Zeitraum August / September 2020 habe die Geschädigte zwischendurch den Gedanken geäußert, sich vom Angeklagten zu trennen, habe allerdings keine konkrete Trennungsabsicht geäußert und - zumindest vorerst - an der Beziehung und Ehe mit dem Angeklagten festgehalten. Wegen ihrer diesbezüglichen Zweifel habe E. M. L. zwischendurch auch Unsicherheit im Hinblick auf den von ihr geplanten Immobilienerwerb geäußert.
490
19. Den Feststellungen zum Thema Kinderwunsch liegen folgende Beweismittel zugrunde:
491
a. Dass der Angeklagte einen dringenden Kinderwunsch hatte, entnimmt die Strafkammer seiner entsprechenden Einlassung, die insoweit durch die Angaben der Zeugen S4. P3., Ge. Ga. und An. Ia.-Fr. bestätigt wurde. Die beiden langjährigen Freunde des Angeklagten, Se. Pö. und Ge. Ga., bekundeten übereinstimmend und glaubhaft, dass der Angeklagte einen starken Kinderwunsch ihnen gegenüber geäußert habe. Die Zeugin I1. berichtete glaubhaft, dass die Geschädigte ihr erzählt habe, dass sich der Angeklagte sehr stark wünsche, Kinder zu haben.
492
b. Den weiteren Angaben der Zeugin I1. zufolge habe sich E. M. L. ihr gegenüber hinsichtlich eines eigenen Kinderwunsches wechselnd geäußert. Äußerungen, wonach auch sie sich ein Kind wünsche, hätten sich abgewechselt mit Aussagen von ihr, dass sie doch kein Kind haben wolle. Einmal habe die Geschädigte in diesem Zusammenhang hinzugefügt, dass sie mit dem Angeklagten schon ein Kind zu Hause habe und nicht noch eines brauche.
493
c. Die Zeuginnen R3. und We. berichteten übereinstimmend, dass E. M. L. vor dem Kennenlernen des Angeklagten nie Kinder gewollt habe. Diese Einstellung habe sich bei ihr im Laufe der Beziehung mit dem Angeklagten geändert und sie habe einen eigenen Kinderwunsch geäußert. Wie die Zeugin R3. ergänzte, habe hierbei der Umstand eine große Rolle gespielt, dass der Angeklagte K2. sehr gemocht und laut der Geschädigten einen starken Kinderwunsch gehabt habe. Ebenfalls übereinstimmend gaben die Zeuginnen an, dass die Geschädigte mit dem Angeklagten im Hinblick auf den Kinderwunsch nach einer neuen, größeren und für Kinder geeigneten Ehewohnung gesucht habe.
494
Hinsichtlich der von der Geschädigten zuletzt geäußerten Haltung zum Thema Kinderwunsch divergierten die Angaben der Zeuginnen R3. und We.:
495
(1) Laut der Zeugin R3. habe die Geschädigte ihr berichtet, dass sie sich im Sommer 2020 die Spirale im Hinblick auf den Kinderwunsch habe entfernen lassen und anschließend deshalb durch die Einnahme der Pille weiter verhütet habe, damit die Entbindung nicht vor dem Ende der Corona-Pandemie stattfinde. Dieses habe E. M. L. erst abwarten wollen und deshalb von einem möglichen Entbindungstermin etwa eineinhalb Jahre später, Ende des Jahres 2021, gesprochen.
496
(2) Den Angaben der Zeugin W4. zufolge habe E. M. L. demgegenüber in einem Gespräch im August 2020 die Fortsetzung der Verhütung durch Einnahme der Pille nach der Entfernung der Spirale damit begründet, dass sie sich mittlerweile keine Kinder mehr mit dem Angeklagten vorstellen könne.
497
d. Eine damit in Einklang stehende Äußerung der Geschädigten wusste auch die Zeugin Dr. P3. zu berichten. Demnach habe E. M. L. Ende August / Anfang September 2020 auf ihre Frage, wie es um den von der Geschädigten früher geäußerten Kinderwunsch stehe, die Augen verdreht und verneinend geantwortet, dass Kinder „ihr nicht in die Tüte“ kämen.
498
20. Die Feststellungen zu der Internetnutzung der Geschädigten und insbesondere dem von ihr gespielten Online-Spiel „The Elder Scrolls Online“ sowie zu ihren Kontakten zu Online-Mitspielern beruhen auf folgenden Beweismitteln:
499
a. Die Einlassung des Angeklagten zum Beginn des Online-Spielens der Geschädigten im Jahr 2019 sowie zu dessen zeitlichem Umfang fand eine Bestätigung in den Angaben des Zeugen P4. T2. (vgl. nachfolgend b.).
500
Die Einlassung des Angeklagten, wonach der zeitliche Umfang der Internetnutzung durch die Geschädigte - vor allem der Besuch sozialer Plattformen über ihr Handy (vgl. II.2.g(1), S. 46) sowie das Computerspielen über ihre Playstation (vgl. II.2.g(3), S. 47) - ein Streitpunkt zwischen ihm und seiner Ehefrau gewesen sei und er sich hierbei darauf beschränkt habe, lediglich vereinzelt organisatorische Absprachen wie etwa die Einhaltung gemeinsamer Essenszeiten oder die vorherige zeitliche Festlegung von Spielzeiten zu erbitten, wurde durch die entsprechenden, im Wesentlichen übereinstimmenden Angaben der Zeuginnen R3. und We. bestätigt.
501
b. Der Zeuge P5. T2. bekundete, dass er E. M. L. im Laufe des Jahres 2019 über das Online-Spiel „The Elder Scrolls Online“ kennengelernt, jedoch nie persönlich getroffen habe. Sie seien bei diesem Spiel Mitglieder derselben Gilde gewesen.
502
(1) Der Zeuge erläuterte, dass es sich bei einer Gilde um eine etwa vierzig bis fünfzig Personen umfassende Gruppe von Online-Spielern handle, die manche Aufgaben innerhalb des Spiels gemeinsam spielten. E. M. L. sei „die gute Seele der Gilde“ gewesen und habe sich immer darum bemüht, die Gilde aufrechtzuerhalten, Regeln für die Gildenmitglieder aufzustellen, Uhrzeiten für das gemeinsame Spielen festzulegen und neue Gildenmitglieder zu akquirieren.
503
Wie der Zeuge weiter darlegte, gebe es bei dem Spiel „The Elder Scrolls Online“ Aufgaben, welche in einer Gruppengröße von drei bis vier Personen zu spielen seien. Hierfür habe er sich mit der Geschädigten sowie einer oder zwei weiteren Personen, die im Laufe der Zeit gewechselt hätten, zu einer sogenannten Party zusammengeschlossen und beim Online-Spielen überwiegend gemeinsam agiert.
504
Die Kommunikation während des Spiels finde über einen Sprach-Chat des PlaystationNetzwerks statt. Ansonsten tausche man üblicherweise über den Messenger-Dienst „Di.“ spielbezogene Nachrichten aus und verabrede sich hierüber zum gemeinsamen Spielen.
505
Dem Zeugen zufolge hätten sie im Jahr 2019 typischerweise täglich von 17:00 Uhr bis 22:00 Uhr sowie an den Wochenenden zusätzlich tagsüber gespielt. Während des Lockdowns anlässlich der Corona-Pandemie habe der zeitliche Umfang noch erheblich zugenommen.
506
(2) Wie der Zeuge T2. weiter berichtete, hätten E. M. L. und er anfänglich lediglich spielbezogene, im Laufe der Zeit zunehmend aber auch private Nachrichten auf freundschaftlicher Ebene über die Messenger-Dienste „Di.“ und „WhatsApp“ ausgetauscht. Hierbei sei es häufig um die Themen Fitness und Sport gegangen, da sie sich hierfür beide ebenfalls interessiert hätten. Er selbst sei generell sehr fitness- und sportbegeistert sowie gut trainiert. E. M. L. habe ihm häufig ihre Trainingsfortschritte mitgeteilt.
507
Seinen Angaben zufolge sei der Zeuge T2. I2. des Benutzerkontos „Va.“ und habe sämtliche Nachrichten von seinem Benutzerkonto im Chat mit der Geschädigten selbst verfasst.
508
(3) Der Zeuge T2. bekundete, er sei davon ausgegangen, dass E. M. L. alleinstehend gewesen sei und allein in ihrer Wohnung gelebt habe. Sie habe nie erwähnt, dass sie verheiratet sei oder in einer festen Beziehung lebe. Er habe auch nie danach gefragt, da es in der Online-Welt üblich sei, keine Themen anzusprechen, über die der andere nicht selbst spreche.
509
Wie der Zeuge darlegte, hätten auch die diversen Fotos von ihrer Wohnung, die E. M. L. übersandt habe, keine Hinweise auf ein Zusammenleben mit einem Mann enthalten, sondern in ihm sogar die gegenteilige Überzeugung genährt. Wegen der auf den Fotos erkennbaren Wohnungseinrichtung - insbesondere wegen des weißen Sofas und mancher Dekorationen - habe er sich gedacht, dass in diesem Haushalt mit Sicherheit kein Mann lebe.
510
Wie der Zeuge T2. weiter angab, habe er auch nie während des Spielens Hintergrundgeräusche bei E. M. L. wahrgenommen, die auf die Anwesenheit einer weiteren Person in ihrem Haushalt hätten schließen lassen. Auch sonst hätten sich ihm keinerlei Anhaltspunkte dafür geboten, dass sie verheiratet gewesen sei und mit ihrem Ehemann zusammengelebt habe.
511
(4) Seinen Angaben zufolge habe der Zeuge T2. ab etwa Ende März 2020 nicht mehr nur rein freundschaftliche Chat-Nachrichten mit E. M. L. ausgetauscht, sondern über den Messenger-Dienst „Di.“ mehr oder weniger regelmäßig auch intime, auf gegenseitige sexuelle Erregung gerichtete Nachrichten und Fotos von sich ausgetauscht. Sie hätten nahezu täglich über Chat-Nachrichten miteinander Kontakt gehabt.
512
(5) Der Zeuge T2. gab an, dass E. M. L. wiederholt Interesse an einem persönlichen Treffen mit ihm bekundet habe, was er jedoch von Anfang an konsequent abgelehnt habe. Sie habe gewusst, dass er in Köln lebe, und ihn zunächst gebeten, dass er sich im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit für Termine in München einteilen lassen solle, um sich dort mit ihr zu treffen, was er jedoch nicht getan habe.
513
Als sie ihm angekündigt habe, dass sie Ende August 2020 gemeinsam mit einer Freundin einige Tage in Kö. verbringen werde, und ihn um ein persönliches Treffen bei dieser Gelegenheit gebeten habe, habe er auch dies weiterhin konsequent abgelehnt. Während ihres Aufenthalts in Kö. Ende August 2020 habe E. M. L. ihn dann wiederholt kontaktiert und versucht, ihn doch noch zu einem persönlichen Treffen mit ihr zu überreden. Er habe jedoch trotz ihrer Überredungsversuche bis zuletzt an seiner Ablehnung eines persönlichen Treffens mit ihr festgehalten. Hierüber habe sich E. M. L. enttäuscht gezeigt und sei seinem Eindruck nach möglicherweise auch verärgert gewesen.
514
(6) Wie der Zeuge T2. weiter berichtete, hätten E. M. L. und er danach ihren Austausch intimer, auf gegenseitige sexuelle Erregung gerichteter Nachrichten und Fotos von sich fortgesetzt. Zweimal, zuletzt kurz vor dem 09.10.2020, hätten sie auch miteinander telefoniert und Telefonsex gehabt. Am Freitag, den 09.10.2020, hätten sie vormittags und nachmittags über den Messenger-Dienst „Di.“ wieder auf gegenseitige sexuelle Erregung gerichtete Textnachrichten ausgetauscht.
515
(7) Die Angaben des Zeugen T2. waren glaubhaft. Er sagte ruhig, sachlich und erkennbar erinnerungskritisch aus und bot keinerlei Anlass, den Wahrheitsgehalt seiner Angaben in Zweifel zu ziehen. Insbesondere berichtete er auch von Anfang an offen, ruhig und sachlich über den zwischen ihm und E. M. L. erfolgten Austausch von intimen, auf gegenseitige sexuelle Erregung gerichteten Nachrichten und Fotos.
516
c. Der Zeuge M6. S6. bekundete, dass er Anfang des Jahres 2020 vom Zeugen T2. zu dem Online-Spiel „The Elder Scrolls Online“ gebracht worden sei und hierüber E. M. L. kennengelernt, jedoch nie persönlich getroffen habe.
517
(1) Im Einklang mit den Angaben des Zeugen T2. berichtete der Zeuge S6., dass das Online-Spielen sehr viel Zeit in Anspruch genommen habe. An den Wochenenden hätten sie zum Teil von morgens bis abends gespielt und nicht einmal zum Essen eine Pause eingelegt, sondern während des Spielens gegessen.
518
(2) Nachdem E. M. L. im Sommer 2020 von einem Urlaub in Italien zurückgekehrt sei, hätten sie angefangen, über den Messenger-Dienst „WhatsApp“ auch private Nachrichten auf freundschaftlicher Ebene auszutauschen. Sie hätten einander täglich mehrfach geschrieben und einander auch einen guten Morgen, guten Abend oder eine gute Nacht gewünscht.
519
Seinen Angaben zufolge habe der Zeuge S6. sämtliche Nachrichten von seinem WhatsApp-Account im Chat mit der Geschädigten selbst verfasst.
520
Wie der Zeuge weiter angab, habe er viel aus seinem Privatleben, vor allem von seinen Kindern erzählt, und offen darüber gesprochen, dass er schon seit einiger Zeit getrennt lebend sei. E. M. L. hingegen sei insoweit sehr zurückhaltend gewesen und habe nichts dazu sagen wollen, als er sie einmal gefragt habe, ob sie in einer Beziehung lebe. Er habe deshalb auch nicht nachgebohrt.
521
Allerdings habe er E. M. L. darauf angesprochen, als sie etwas später einmal ein WhatsApp-Profilbild gehabt habe, auf dem sie mit einem Mann zu sehen gewesen sei. Er habe geäußert, dass er nun wisse, was los sei, und habe sie gefragt, warum sie ihm das nicht direkt gesagt habe, weil er dann auch anders mit ihr umgehen würde. Hierauf habe E. M. L. erwidert, dass es eine Momentaufnahme sei und es in den Sternen stehe, ob es immer noch so sei.
522
Wie der Zeuge S6. in diesem Zusammenhang berichtete, habe er im Nachhinein von einem Gildenmitglied namens Ro. erfahren, dass dieser E. M. L. ebenfalls auf dieses WhatsApp-Profilbild angesprochen und gefragt habe, wer der Mann auf dem Foto sei. Hierauf habe E. M. L. geantwortet, dass es nur ein guter Freund sei.
523
In Übereinstimmung mit dem Zeugen T2. gab der Zeuge S6. ferner an, dass er während des täglichen - an den Wochenenden oftmals ganztägigen - gemeinsamen Spielens bei E. M. L. nie Hintergrundgeräusche gehört habe, die auf die Anwesenheit einer weiteren Person in ihrem Haushalt hätten schließen lassen. Auch habe er sich seinen Angaben zufolge mit dem Zeugen T2. über die Fotos ausgetauscht, die E. M. L. ihnen von ihrer Wohnung übersandt habe. Insbesondere wegen des weißen Sofas seien sie sich einig darüber gewesen, dass in so einer Wohnung nur eine Frau und kein Mann wohnen könne.
524
(3) Den weiteren Angaben des Zeugen S6. zufolge habe E. M. L. ihm vor ihrer Reise nach Kö.Ende August 2020 von ihrem Vorhaben berichtet, bei dieser Gelegenheit den Zeugen T2. persönlich treffen zu wollen. Wie der Zeuge S6. darlegte, sei er ferner mit dem Zeugen T2. im Kontakt gestanden, der ihm wiederum von Anfang an gesagt habe, dass er sich mit ihr nicht treffen wolle. Allerdings habe E. M. L. laut dem Zeugen S6. ihm gegenüber zum Ausdruck gebracht, dass sie bis zuletzt gehofft habe, den Zeugen T2. doch noch zu einem persönlichen Treffen überreden zu können.
525
Wie der Zeuge S6. weiter berichtete, habe E. M. L. ihn auf ihrer Rückfahrt nach Mü. angerufen und sich enttäuscht darüber beklagt, dass das von ihr angestrebte persönliche Treffen nicht stattgefunden habe. Auf seinen Hinweis, sie habe doch von Anfang gewusst, dass Ph. Ta. sich nicht mit ihr treffen wolle, sei deutlich geworden, dass E. M. L. erst am letzten Tag ihres Aufenthalts in Kö. die Umstände wirklich realisiert habe. In dem Telefonat auf ihrer Rückfahrt sei sie über die Ablehnung des persönlichen Treffens durch den Zeugen T2. verärgert gewesen. Wie der Zeuge S6. weiter angab, könne er nicht einschätzen, ob E. M. L. darüber hinaus vielleicht auch traurig gewesen sei. Aber sie sei auf jedenfalls ganz überwiegend verärgert gewesen.
526
Seinen Angaben zufolge habe der Zeuge S6. die Geschädigte einmal gefragt, ob es zwischen ihr und dem Zeugen T2. „etwas“ gebe, was sie jedoch abgestritten habe.
527
(4) Nach dem Kö.-Aufenthalt der Geschädigten habe der Zeuge S6. ihr seinen Angaben zufolge mitgeteilt, dass er in sie verliebt und an einem näheren Kontakt interessiert sei. Hierauf habe sie ihm direkt mitgeteilt, dass sie für etwas anderes als Freundschaft nicht verfügbar sei.
528
(5) Die Angaben des Zeugen S6. waren glaubhaft. Es bestand kein Anlass für Zweifel am Wahrheitsgehalt der ruhig, sachlich und erkennbar erinnerungskritisch gemachten Angaben des Zeugen, zumal er von Beginn an auch offen über sein gegenüber der Geschädigten bekundetes Interesse an einem näheren Kontakt zu ihr und dessen Ablehnung durch E. M. L. berichtete.
529
d. Die Zeugin R3. gab auch insoweit glaubhaft an, dass E. M. L. ihr davon berichtet habe, mit zwei Online-Mitspielern namens Ph. (Anm.: dem Zeugen T2.) und M. (Anm.: dem Zeugen S6.) in regem Chat-Kontakt zu stehen, sich aber nie mit ihnen persönlich getroffen zu haben.
530
(1) Den Kontakt mit dem Zeugen T2. habe die Geschädigte dahingehend beschrieben, dass sie miteinander geflirtet, Fotos ausgetauscht und, als E. M. L. abends allein zu Hause gewesen sei, miteinander telefoniert und Telefonsex gehabt hätten.
531
(2) Den weiteren Angaben der Zeugin R3. zufolge habe sie mit der Geschädigten E4. A5. 2020 einige Tage zusammen in ihrer Heimatstadt Kö. verbracht. In diesem Zeitraum habe sich die Geschädigte mit dem Zeugen T2. persönlich in einem Straßencafé in Kö. zum Kaffeetrinken treffen wollen, was dieser jedoch abgelehnt habe. Über die Ablehnung sei E. M. L. verärgert gewesen.
532
(3) Wie die Zeugin R3. weiter glaubhaft berichtete, habe E. M. L. ihr gegenüber hinsichtlich ihrer Intention bezüglich des von ihr angestrebten persönlichen Treffens geäußert, dass sie hierbei zum einen habe herausfinden wollen, ob der Zeuge T2. ihrer Vorstellung, die sie sich von ihm gemacht habe, auch tatsächlich entspreche. Zum anderen habe sie gehofft, sich bei einem persönlichen Treffen mit ihm darüber klar zu werden, ob sie wegen ihrer Unzufriedenheit in ihrer Ehe eine Trennung vom Angeklagten ernsthaft in Erwägung ziehen solle.
533
Ihren Angaben zufolge habe die Zeugin R3. die Geschädigte gefragt, ob diese bei einem persönlichen Treffen mit dem Zeugen T2. auch weitergehen würde als nur mit ihm in einem Straßencafé gemeinsam Kaffee zu trinken. Hierauf habe E. M. L. geantwortet, dass sie dies zwar nicht glaube, jedoch erst dann eindeutig beantworten könne, wenn das Treffen stattgefunden habe.
534
e. Den Feststellungen zur Anzahl der von E. M. L. mit den Zeugen T2. und Schifferer ausgetauschten Chat-Nachrichten sowie zu deren Inhalt liegen - zusätzlich zu den oben unter b. (S. 85), c. (S. 87) und d. (S. 89) dargelegten, diesbezüglichen Angaben der Zeugen T2., Sch. und Ri. - die nachfolgenden Beweismittel zugrunde.
535
(1) Der Sachverständige KHK Dipl.-Inf. Fi. berichtete glaubhaft, dass er die Mobiltelefone der beteiligten Personen untersucht und die darauf befindlichen Daten ebenso wie die zu den jeweiligen Benutzerkonten vorhandenen Clouddaten der auf den Geräten genutzten Applikationen gesichert und der Mordkommission zur Auswertung zur Verfügung gestellt habe.
536
(2) Der Zeuge KK Wa. legte glaubhaft die Ergebnisse der von ihm durchgeführten Auswertung des Chatverkehrs der Geschädigten dar.
537
(a) Demnach sei E. M. L. die Inhaberin des Benutzerkontos „Ar.“ gewesen und der Zeuge T2. der Inhaber des Benutzerkontos „Va.“. Im Zeitraum März bis Oktober 2020 seien von dem Benutzerkonto der Geschädigten allein mit dem Benutzerkonto des Zeugen T2. knapp 3500 Nachrichten über den Messenger-Dienst „Di.“ und mehr als 100 Nachrichten über den Messenger-Dienst „WhatsApp“ ausgetauscht worden. Zwischen dem WhatsApp-Account der Geschädigten und dem WhatsApp-Account des Zeugen S6. habe im Zeitraum von Ende August bis Mitte Oktober 2020 der Austausch von mehr als 550 Nachrichten stattgefunden.
538
(b) Zum Inhalt der Chat-Nachrichten führte der Zeuge KK Wa. aus, dass die Geschädigte und der Zeuge T2. etwa ab Ende März 2020 nicht mehr nur rein freundschaftliche Chat-Nachrichten, sondern über den Messenger-Dienst „Di.“ mehr oder weniger regelmäßig auch intime, auf gegenseitige sexuelle Erregung gerichtete Nachrichten und Fotos von sich ausgetauscht hätten. Hierbei hätten sie wechselseitig über ihre sexuellen Wünsche und Vorlieben sowie Nachrichten geschrieben, in denen sie in ihrer Fantasie miteinander sexuell verkehrt hätten.
539
Exemplarisch kamen zwei Nachrichten aus dem Di.-Chat zwischen der Geschädigten und dem Zeugen T2. vom 11.04.2020 um 02:20 Uhr und 02:21 Uhr zur Verlesung.
540
Den weiteren Angaben des Zeugen KK Wa. zufolge habe sich im gesamten Chat-Verkehr zwischen der Geschädigten und dem Zeugen T2. kein Hinweis auf die Ehe und das Zusammenleben der Geschädigten mit dem Angeklagten gefunden. E. M. L. habe bei ihren Formulierungen ausschließlich die Ich-Form verwendet.
541
(c) Laut KK Wa. hätten E. M. L. und der Zeuge T2. am Freitag, den 09.10.2020, vormittags und nachmittags über den Messenger-Dienst „Di.“ wieder auf gegenseitige sexuelle Erregung gerichtete Textnachrichten ausgetauscht und am Vormittag unter anderem andeutungsweise Bezug auf vorangegangenen Telefonsex zwischen ihnen genommen.
542
(d) Wie der Zeuge KK Wa. glaubhaft berichtete, seien am Abend des 10.10.2020 zwischen 22:49 Uhr und 23:51 Uhr vom Benutzerkonto der Geschädigten 23 Nachrichten über den Messenger-Dienst „WhatsApp“ an das Benutzerkonto des Zeugen T2. versandt worden und im Gegenzug 17 Nachrichten von dessen Benutzerkonto eingegangen. Inhaltlich hätten sich die beiden Chat-Partner über das Thema Fitness ausgetauscht und sich gegenseitig Komplimente gemacht.
543
(3) Die Feststellungen zum Inhalt der am 09.10.2020 von 15:32 Uhr bis 23:39 Uhr zwischen der Geschädigten und dem Zeugen T2. über den Messenger-Dienst „Di.“ ausgetauschten Chat-Nachrichten und Fotos beruhen auf der Verlesung der entsprechenden Nachrichten sowie auf der Inaugenscheinnahme der entsprechenden Lichtbilder aus dem Chatverlauf.
544
21. Die Feststellungen zu dem von der Geschädigten beabsichtigten Erwerb einer Wohnung in Rottach-Egern am Tegernsee und dem am 10.10.2020 durchgeführten Besichtigungstermin beruhen auf der Einlassung des Angeklagten sowie zusätzlich und ergänzend auf den damit im Einklang stehenden, glaubhaften, entsprechenden Angaben des als Immobilienmakler hieran beteiligten Zeugen G3..
545
22. Den Feststellungen zu der WhatsApp-Nachricht des Angeklagten an seine Ehefrau vom 12.10.2020 um 14:49 Uhr liegen folgende Beweismittel zugrunde:
546
a. Der Zeuge KK Wa. berichtete glaubhaft, dass es sich nach dem Ergebnis der polizeilichen Ermittlungen bei dem sichergestellten Mobiltelefon HUAWEI Mate 10 Pro BLA-L29 um das private Handy des Angeklagten sowie bei dem sichergestellten Mobiltelefon HUAWEI Mate 20 HMA-L29 um das Handy der Geschädigten handle. Das sichergestellte Mobiltelefon Apple iPhone 6s sei das Geschäftshandy des Angeklagten gewesen.
547
b. Der Sachverständige KHK Dipl.-Inf. Fi. legte dar, dass er unter anderem (vgl. 20.e(1), S. 90) die drei soeben unter a. genannten Mobiltelefone untersucht und die Daten in den darauf gespeicherten Dateien ebenso wie die zu den jeweiligen Benutzerkonten vorhandenen Clouddaten der auf den Geräten genutzten Applikationen gesichert, aufbereitet und der Mordkommission zur Auswertung zur Verfügung gestellt habe. Anhand der auf den Geräten installierten Benutzerkonten hätten sich die Geräte dem jeweiligen Nutzer - wie soeben unter a. dargelegt - zuordnen lassen.
548
Seinen weiteren Angaben zufolge habe der Sachverständige auf Veranlassung des Zeugen KK Wa. die drei Geräte anhand der gesicherten Daten auch unmittelbar selbst auf ihre Nutzung im Zeitraum vom 12.10.2020 um 17:45 Uhr bis zum 13.10.2020 um 02:00 Uhr untersucht und ausgewertet. Für das Mobiltelefon HUAWEI Mate 10 Pro BLA-L29, mithin das private Handy des Angeklagten, sei er nachträglich gebeten worden, seine Untersuchung auch noch auf den Zeitraum bereits ab 17:30 Uhr am 12.10.2020 auszuweiten.
549
c. Wie der Zeuge KK Wa. glaubhaft angab, habe die Auswertung der vom Sachverständigen KHK Dipl.-Inf. Fi. sichergestellten und aufbereiteten Daten ergeben, dass am 12.10.2020 um 14:49 Uhr vom WhatsApp-Account des Angeklagten an den WhatsAppAccount der Geschädigten eine Nachricht mit dem Wortlaut „18:30 Uhr schaffe ich. Konnte schieben. Gegessen habe ich dann aber trotzdem schon *Kuss-Smiley*“ versandt und von Seiten des Empfänger-Accounts gelesen worden sei.
550
23. Die Feststellungen zu dem am 12.10.2020 für 17.30 Uhr anberaumten und kurzfristig abgesagten Geschäftsessen des Angeklagten fußen auf der entsprechenden Einlassung des Angeklagten sowie zusätzlich und ergänzend auf den entsprechenden, glaubhaften Angaben des damaligen Vorgesetzten des Angeklagten, des Zeugen W3., und des Zeugen KK Wa.. Letzterer bekundete glaubhaft, dass dem Ergebnis der polizeilichen Ermittlungen zufolge das Geschäftsessen von dem vorgesehenen Gesprächspartner des Angeklagten aus privaten Gründen kurzfristig abgesagt und auf den nächsten Tag verschoben worden sei.
551
24. Die Feststellungen dazu, dass der Angeklagte vor der Tat um 17:35 Uhr den WhatsAppChatverlauf mit seiner Ehefrau auf seinem Mobiltelefon öffnete und diesen, ohne eine Nachricht getippt und abgeschickt zu haben, wieder schloss, sowie dazu, dass er nach der Tat um 21:31 Uhr diesen Chat wieder aufrief und darin die WhatsApp-Nachricht mit dem Text „Bin schon zu Hause mache nicht so lange *Umarmungssmiley*“ verfasste und an den WhatsApp-Account der Geschädigten versandte, beruhen auf den nachfolgend dargelegten Beweismitteln und Erwägungen.
552
a. Wie der Sachverständige KHK Dipl.-Inf. Fi. darlegte, ergebe sich aus den in den Dateien der auf dem Mobiltelefon des Angeklagten (vgl. 22.b., S. 91) installierten WhatsAppApplikation, dass um 17:35 Uhr der WhatsApp-Chatverlauf mit der Geschädigten innerhalb der WhatsApp-Applikation geöffnet und danach die WhatsApp-Applikation - mit dem darin weiterhin geöffneten Chat mit der Geschädigten - wieder geschlossen worden sei.
553
Ob dazwischen ein Text in das Nachrichtenfeld im Chatverlauf mit der Geschädigten getippt worden sei, lasse sich dem Sachverständigen zufolge hingegen nicht sagen, da bei diesem Vorgang keine Daten in den entsprechenden Dateien abgelegt würden, die einer nachträglichen Auswertung zugänglich wären.
554
Weiter ergebe sich laut KHK Dipl.-Inf. Fi. aus den in den entsprechenden WhatsAppDateien abgelegten Daten, dass um 21:31 Uhr der seit 17:35 Uhr in der WhatsAppApplikation weiterhin geöffnete WhatsApp-Chat mit der Geschädigten erneut aufgerufen worden sei, ohne dass in der Zwischenzeit ein anderer Chatverlauf innerhalb der WhatsAppApplikation geöffnet worden wäre.
555
25 Sekunden nach dem Aufrufen des Chats mit der Geschädigten sei - ebenfalls noch um 21:31 Uhr - eine Nachricht mit dem Text „Bin schon zu Hause mache nicht so lange *Umarmungssmiley*“ an den WhatsApp-Account der Geschädigten versandt worden. 3 Sekunden nach dem Versenden dieser Nachricht sei der Bildschirm des Mobiltelefons des Angeklagten wieder versperrt worden.
556
Ebenfalls um 21:31 Uhr sei die Nachricht auf dem WhatsApp-Account der Geschädigten auf deren Mobiltelefon eingegangen und dort ungelesen geblieben.
557
Die sachkundigen Ausführungen des sehr erfahrenen Sachverständigen KHK Dipl.-Inf. Fi. zu den von ihm durchgeführten Untersuchungen und dabei erzielten Ergebnissen waren widerspruchsfrei, nachvollziehbar, überzeugend und gingen von zutreffenden Anknüpfungstatsachen aus.
558
b. In der Hauptverhandlung ließ sich der Angeklagte zusammengefasst dahingehend ein, dass er den Text dieser Nachricht bereits beim Verlassen des Bürogebäudes getippt, allerdings ablenkungsbedingt zunächst nicht abgeschickt habe. Dies habe er erst nach der Tat beim Öffnen der WhatsApp-Applikation bemerkt und um 21:31 Uhr diese bereits zuvor getippte Nachricht abgeschickt, um hierdurch an einen Zeitpunkt vor der Tat anzuknüpfen und auf diese Weise Normalität zu erzeugen bei dem Versuch, die Tat letztlich ungeschehen zu machen (vgl. II.6.c(3), S. 59; II.7.a., S. 63; II.8.c., S. 67).
559
c. Im Ermittlungsverfahren hatte der Angeklagte das Absenden dieser WhatsApp-Nachricht nach der Tat im Rahmen seiner umfangreichen Angaben zum Nachtatgeschehen weder in seinen polizeilichen Beschuldigtenvernehmungen noch im Rahmen der psychiatrischen Exploration gegenüber dem Sachverständigen Dr. H1. erwähnt.
560
Dr. H1. zufolge habe der Angeklagte ihm gegenüber lediglich angegeben, dass er - vor seiner Ankunft zu Hause - seiner Ehefrau per WhatsApp-Nachricht geschrieben habe, wann er nach Hause komme. Demgegenüber habe der Angeklagte nicht erwähnt, dass ihm das unterlassene Versenden der Nachricht erst nach der Tat aufgefallen sei und er sie daraufhin noch versandt habe.
561
Abgesehen davon passt die vom Sachverständigen insoweit wiedergegebene Aussage des Angeklagten inhaltlich schon nicht zum Wortlaut „Bin schon zu Hause“ der letztlich um 21:31 Uhr versandten Nachricht und lässt sich wesentlich besser auf die vom Angeklagten am 12.10.2020 um 14:49 Uhr an die Geschädigte versandte Nachricht mit dem Wortlaut „18:30 Uhr schaffe ich. Konnte schieben. Gegessen habe ich dann aber trotzdem schon *Kuss-Smiley*“ (vgl. 22., S. 91) beziehen, da in dieser - im Gegensatz zu der letztlich um 21:31 Uhr versandten Nachricht mit dem Wortlaut „Bin schon zu Hause mache nicht so lange *Umarmungssmiley*“ - eine angekündigte Uhrzeit, wann er nach Hause komme, nämlich 18:30 Uhr, enthalten ist.
562
d. Die Einlassung des Angeklagten in der Hauptverhandlung (vgl. b.) wertet das Schwurgericht aufgrund der nachfolgend dargelegten Erwägungen als Schutzbehauptung des Angeklagten im Rahmen des Bestreitens seiner nach der Tat zunächst vorhandenen Absicht, sämtliche Tatspuren einschließlich des Leichnams zu beseitigen und sich ein Alibi zu verschaffen, um sich der strafrechtlichen Verantwortung für die Tat zu entziehen, bevor er sich noch in den ersten Stunden nach der Tat in dem dann eingetretenen Bewusstsein, dass ihn dieser Versuch psychisch völlig überforderte, entschlossen hatte, die strafrechtliche Verantwortung für die Tötung seiner Ehefrau zu übernehmen und sich noch im Laufe der Nacht selbst bei der Polizei zu stellen.
563
(1) Der Wortlaut der Nachricht „Bin schon zu Hause mache nicht so lange *Umarmungssmiley*“ steht im Widerspruch zu den vom Angeklagten behaupteten Umständen des Verfassens der Nachricht, wonach er die Nachricht beim Verlassen seines Arbeitsplatzes getippt habe, bevor er sich mit dem Fahrrad auf den Heimweg gemacht habe, wobei er für die reine Fahrstrecke nach Hause, wenn es gut laufe, 13 Minuten benötigt habe (vgl. II.2.a(1), S. 39), und schätzungsweise etwa 20 bis 25 Minuten später zu Hause in der Wohnung eingetroffen sei (vgl. II.6.a(1), S. 55).
564
(a) Dass der Angeklagte etwa 20 bis 25 Minuten vor seinem Eintreffen zu Hause in der Wohnung die Formulierung „Bin schon zu Hause“ gewählt haben will, ist unplausibel und daher unglaubhaft.
565
Dies gilt umso mehr, als der Angeklagte andererseits angab, dass seine Ehefrau erhaltene Nachrichten immer „extrem schnell“ gelesen habe, sodass er erwartet hätte, dass sie auch die von ihm am 12.10.2020 beim Verlassen seines Arbeitsplatzes getippte Nachricht im Falle ihres plangemäßen Versendens kurz nach 17:30 Uhr ohne nennenswerte zeitliche Verzögerung nach dem Versenden und - üblicherweise unmittelbar darauffolgenden - Empfangen der Nachricht gelesen hätte (vgl. II.8.c(6), S. 68).
566
Damit hätte der Wortlaut der Nachricht bei der Geschädigten zwangsläufig zu einer - etwa 20 bis 25 Minuten bis zur tatsächlichen Heimkehr des Angeklagten andauernden - Fehlvorstellung darüber geführt, dass dieser bereits zu Hause sei, obwohl er sich tatsächlich erst auf dem Heimweg befand.
567
Es sind zwar zwanglos Konstellationen vorstellbar, in denen das Hervorrufen einer derartigen Fehlvorstellung gewollt sein kann, diese setzen jedoch in aller Regel voraus, dass sich der Nachrichtenempfänger zu dieser Zeit nicht selbst zu Hause aufhält und die Richtigkeit dieser Aussage nicht ohne weiteres sofort selbst überprüfen kann. Seinen Angaben zufolge sei der Angeklagte aber davon ausgegangen, dass sich seine Ehefrau zu Hause aufhalte und entweder koche oder spiele (vgl. II.8.c(3), S. 68).
568
Hinzu kommt noch, dass der Angeklagte seinen Angaben zufolge seine Ehefrau üblicherweise bereits über eine Verzögerung seiner Heimkehr ab etwa 15 bis 30 Minuten informiert habe, was ihr sehr wichtig gewesen sei (vgl. II.8.c(6), S. 68). Dies lässt darauf schließen, dass die Information über den Zeitpunkt der Heimkehr gerade einer präzisen Information über die zutreffenden Fakten - im Hinblick auf die bei der Geschädigten bestehende Angststörung naheliegenderweise zur Vermeidung von Sorgen und Ängsten hinsichtlich des Wohlergehens des Angeklagten - dienen sollte und von ihr bereits eine zeitliche Abweichung ab etwa 15 bis 30 Minuten insoweit als außerhalb des Toleranzbereichs liegend angesehen wurde.
569
Gerade im Hinblick auf die sich daraus ergebende besondere Sensibilität der Geschädigten in dieser Hinsicht ist es noch unplausibler und fernliegender, dass der Angeklagte mit der Formulierung „Bin schon zu Hause“ etwa 20 bis 25 Minuten vor seiner erwarteten tatsächlichen Heimkehr seiner Ehefrau eine objektiv falsche Information übermittelt hätte, die bei dieser zwangsläufig entweder zu Beunruhigung und Besorgnis - sowie im Nachgang erwartbar zu erheblicher Verärgerung - oder möglichweise stattdessen zu sofortiger Verärgerung geführt hätte.
570
Dies gilt umso mehr, da der Angeklagte nach seiner eigenen Einlassung und dem damit im Einklang stehenden Ergebnis der Beweisaufnahme ansonsten alles daransetzte, damit sich seine Ehefrau (mit ihm) wohlfühlte.
571
(b) Dementsprechend vermochte der Angeklagte für die in der Nachricht verwendete Formulierung auch selbst keine plausible Erklärung zu geben (vgl. II.8.c(2), S. 67, und II.8.c(4), S. 68).
572
Er musste vielmehr einräumen, dass er seines Wissens die verwendete Formulierung („Bin schon zu Hause“) wörtlich oder sinngemäß (wie etwa „Bin schon da“) in einer Nachricht an seine Ehefrau noch nie zuvor verwendet habe (vgl. II.8.c(4), S. 68).
573
(c) Zu alledem passt auch, dass der Angeklagte in seiner Einlassung am 1. Hauptverhandlungstag, bevor der Wortlaut der Nachricht in der Hauptverhandlung erstmals thematisiert wurde, angab, dass er sich gegen 17:30 Uhr auf den Heimweg gemacht und seiner Ehefrau kurz zuvor geschrieben habe, dass er jetzt nach Hause komme (vgl. II.6.a(1), S. 55).
574
Dass der Angeklagte eine Nachricht mit diesem Inhalt beim Verlassen seines Arbeitsplatzes verfasst hätte, wäre ohne weiteres nachvollziehbar und plausibel. Dieser Inhalt ist aber in der letztlich um 21:31 Uhr abgesandten Nachricht nach deren eindeutigem Wortlaut nicht enthalten und kann auch nach dem üblichen Verständnis der deutschen Sprache nicht hineininterpretiert werden.
575
(2) Im Hinblick auf den vom Angeklagten mit dem Absenden der Nachricht um 21:31 Uhr verfolgten Zweck liegt es bei einer Gesamtwürdigung der vom Angeklagten in der ersten Zeit nach der Tat ergriffenen Maßnahmen, die auf die Beseitigung sämtlicher Tatspuren einschließlich des Leichnams gerichtet waren (vgl. 34., S. 115), nahe, dass dies in der Absicht erfolgte, sich ein Alibi zu verschaffen. Denn durch diese Nachricht wird der Eindruck erweckt, dass der Angeklagte erst um 21:31 Uhr - vom zwischenzeitlichen Tod seiner Ehefrau nichts ahnend - nach Hause gekommen und somit zur Tatzeit nicht am Tatort gewesen sei.
576
Hierfür spricht auch der Umstand, dass der Angeklagte im Rahmen seiner Einlassung (vgl. b., S. 93) die Frage, warum bzw. aus welchem Anlass er um 21:31 Uhr überhaupt die WhatsApp-Applikation auf seinem Mobiltelefon geöffnet habe, sodass er hierbei seinen Angaben zufolge das vergessene Abschicken der vorbereiteten Nachricht erst bemerkt habe, nicht zu beantworten vermochte (vgl. II.8.c(5), S. 68).
577
e. Zwar folgt das Schwurgericht aus den oben unter d(1), S. 94, dargelegten Gründen der Einlassung des Angeklagten nicht, soweit er behauptete, dass er den Text der um 21:31 Uhr an den WhatsApp-Account der Geschädigten versandten Nachricht bereits bei Verlassen seiner Arbeitsstelle um 17:35 Uhr getippt und ablenkungsbedingt die Nachricht lediglich nicht abgesandt habe. Jedoch ist die Strafkammer davon überzeugt, dass der Angeklagte auf dem Weg zu seinem Fahrrad um 17:35 Uhr den WhatsApp-Chatverlauf mit seiner Ehefrau auf seinem Mobiltelefon öffnete, um ihr seine frühere als in der WhatsApp-Nachricht von 14:49 Uhr avisierte Rückkehr anzukündigen.
578
(1) Das Schwurgericht folgt der Einlassung des Angeklagten zwar auch insoweit nicht, als er - mit dem Zusatz, sich insoweit ganz sicher zu sein - behauptete, seine Ehefrau habe damit gerechnet, dass er erst zwischen 21:00 Uhr und 23:00 Uhr nach Hause kommen werde (vgl. II.8.c(7), S. 69), da angesichts der vom Angeklagten um 14:49 Uhr an die Geschädigte versandten und von dieser gelesenen Nachricht mit dem Wortlaut „18:30 Uhr schaffe ich. Konnte schieben. Gegessen habe ich dann aber trotzdem schon *Kuss-Smiley*“ vielmehr davon auszugehen ist, dass die Geschädigte mit einer Heimkehr des Angeklagten gegen 18:30 Uhr rechnete.
579
Jedoch ist es - auch wenn die zeitliche Abweichung durch das frühere Heimkommen des Angeklagten dann nur noch etwa 30 Minuten, und nicht wie nach seiner Einlassung etwa drei bis fünf Stunden, betrug - im Hinblick darauf, dass von der Geschädigten bereits eine zeitliche Abweichung ab etwa 15 bis 30 Minuten vom prognostizierten Zeitpunkt der Heimkehr des Angeklagten als außerhalb des Toleranzbereichs liegend angesehen wurde (vgl. d(1)(a), S. 94), ohne weiteres plausibel und nachvollziehbar, dass sich der Angeklagte deswegen zu einer entsprechenden Mitteilung an seine Ehefrau veranlasst sah.
580
(2) Die Strafkammer folgt der Einlassung des Angeklagten weiter insoweit, als er nach seiner Einlassung durch die zufällige Begegnung und das nachfolgende Gespräch mit einem Arbeitskollegen von seinem Vorhaben abgelenkt worden sei und deshalb die beabsichtigte Nachricht an seine Ehefrau nicht abgeschickt zu haben.
581
Soweit der Angeklagte am 5. Hauptverhandlungstag erstmals behauptete, nicht mehr zu wissen, ob das Zusammentreffen, durch welches er abgelenkt worden sei, mit einem Mann oder einer Frau aus dem Kollegenkreis stattgefunden habe (vgl.II.8.c(1), S. 67), erachtet die Strafkammer dies als nicht glaubhaft, da der Angeklagte am 2. Hauptverhandlung noch ohne Einschränkung von einem (männlichen) Kollegen gesprochen (vgl. II.7.a., S. 63) und diesen am 1. Hauptverhandlungstag sogar noch durch die Angabe, dass es sich um seinen Arbeitskollegen Patrick gehandelt habe, der ihm im Büro gegenübergesessen sei (vgl. II.6.a(1), S. 55), individualisiert hatte.
582
(3) Die Einlassung des Angeklagten, wonach er mit der Umsetzung seines Vorhabens, seiner Ehefrau seine frühere Heimkehr anzukündigen, beim Verlassen des Bürogebäudes seines Arbeitgebers befasst gewesen sei, wird durch die Ausführungen des Sachverständigen KHK Dipl.-Inf. Fi. zu den auf dem Geschäftshandy des Angeklagten (vgl. 22.a., S. 91) gesicherten Aktivitätsdaten gestützt. Demnach habe das Geschäftshandy des Angeklagten zwischen 17:33 Uhr und 17:37 Uhr einen Höhenunterschied, der zwei Gebäudestockwerken entspreche, überwunden, wobei keine Aussage dahingehend getroffen werden könne, ob dies auf- oder abwärts erfolgt sei.
583
Den Angaben des Angeklagten zufolge habe er die Büroräume seines Arbeitgebers über die Treppe nach unten auf dem Weg zu seinem Fahrrad verlassen (vgl. II.7.a., S. 63).
584
(4) Das nach den Ausführungen des Sachverständigen KHK Dipl.-Inf. Fi. um 21:31 Uhr zum Tippen der Nachricht zur Verfügung stehende Zeitfenster von 25 Sekunden zwischen dem Aufrufen des in der WhatsApp-Applikation weiterhin geöffneten WhatsApp-Chats mit der Geschädigten und dem Absenden der Nachricht, reicht nach der Überzeugung der Strafkammer ohne weiteres aus, um auf einem Smartphone wie dem Mobiltelefon HUAWEI Mate 10 Pro BLA-L29 des Angeklagten den Text „Bin schon zu Hause mache nicht so lange *Umarmungssmiley*“ zu tippen.
585
25. Dass der Angeklagte gegen 17:55 Uhr zu Hause in der Wohnung im zweiten Obergeschoss des Anwesens B1. straße 6 in Mü. eintraf, schließt das Schwurgericht aus den Darlegungen des Sachverständigen KHK Dipl.-Inf. Fi., wonach sich das Mobiltelefon des Angeklagten um 17:56 Uhr mit einem WLAN-Netzwerk verbunden habe, nachdem es zuvor über LTE mit dem mobilen Internet verbunden gewesen sei.
586
Damit lässt sich in Einklang bringen, dass laut KHK Dipl.-Inf. Fi. das Geschäftshandy des Angeklagten (vgl. 22.a., S. 91) um 17:49 Uhr wiederum einen Höhenunterschied, der zwei Stockwerken entspreche, überwunden habe. Die Wohnung der Eheleute L. befand sich im zweiten Obergeschoss des Anwesens B1. straße 6. Seinen Angaben zufolge habe der Angeklagte vor dem Betreten der Wohnung noch seinen Nachbarn, den Zeugen Dr. W5. P3., getroffen und gegrüßt, was von diesem glaubhaft bestätigt wurde.
587
26. Den Feststellungen zum Geschehensablauf nach der Heimkehr des Angeklagten liegt dessen Einlassung zugrunde.
588
a. Die Strafkammer folgt der Einlassung des Angeklagten insbesondere auch insoweit, als er angab, dass das Tatmesser bereits auf dem Beistelltisch neben dem Sofa im Galeriebereich gelegen habe. Denn für eine andere Annahme - insbesondere dafür, dass der Angeklagte das Tatmesser in der Küche im unteren Wohnbereich an sich nahm und sich derart bewaffnet in den Galeriebereich begab - gibt es keine tatsächlichen Anhaltspunkte.
589
(1) Auch wenn der Angeklagte - naturgemäß - nicht angeben konnte, warum das Küchenmesser auf dem Beistelltisch gelegen habe, sind zwanglos zahlreiche Varianten denkbar, in welchen die Geschädigte im Laufe des Tages Anlass gehabt haben könnte, das Messer in den Galeriebereich zu verbringen und auf dem Beistelltisch abzulegen, sodass es sich zum Zeitpunkt des erstmaligen Eintreffens des Angeklagten im Galeriebereich am Abend des 12.10.2020 nach wie vor dort befand.
590
(2) Dass es sich bei der Einlassung des Angeklagten insoweit um eine Schutzbehauptung handeln würde, drängt sich schon deshalb nicht auf, da der Angeklagte konstant angab, dass er das Küchenmesser auf dem Beistelltisch im Galeriebereich bereits wahrgenommen habe, als er sich am Abend des 12.10.2020 erstmals in den Galeriebereich begeben habe (vgl. II.2.a(2), S. 39; II.6.a(2), S. 55) und nicht etwa erst im letzten Moment unmittelbar vor Begehung der Tat.
591
b. Die Einlassung des Angeklagten zum Verhalten der Geschädigten, als er diese wegen der von ihr mit dem Zeugen T2. ausgetauschten Di.-Nachrichten sexuellen Inhalts zur Rede stellte, erachtet das Schwurgericht als ohne weiteres plausibel angesichts des Bildes von der Persönlichkeit und des Temperaments der Geschädigten, welches sich nach einer Gesamtwürdigung der Einlassung des Angeklagten mit den diesbezüglichen Zeugenaussagen ergibt.
592
Insoweit wird auf die Angaben der Zeugin R3. unter I.2.d(2)(c) i., S. 33, der Zeugin I1. unter I.2.d(2)(e) i., S. 34, sowie insbesondere der Zeugin Dr. P3. unterI.2. d(2)(f) iv., S. 36, Bezug genommen. Darüber hinaus bekundete die Zeugin W4. glaubhaft, dass die Geschädigte laut geworden sei, wenn sie wütend gewesen sei, sich allerdings auch schnell wieder beruhigt habe.
593
27. Die Feststellung, dass die Entsperrung des Mobiltelefons der Geschädigten durch den Angeklagten, in deren Folge er die zwischen seiner Ehefrau und dem Zeugen T2. am 09.10.2020 ausgetauschten Di.-Nachrichten sexuellen Inhalts las, um 20:28 Uhr erfolgte sowie die Feststellungen zur Tatzeit am 12.10.2020 zwischen 20:30 Uhr und 20:50 Uhr, stützt das Schwurgericht auf die nachfolgend dargelegten Beweismittel und Erwägungen.
594
a. Der Sachverständige KHK Dipl.-Inf. Fi. legte auch insoweit widerspruchsfrei, nachvollziehbar und überzeugend die Ergebnisse seiner Untersuchung und Auswertung des Mobiltelefons der Geschädigten (vgl. 22.a., S. 91) hinsichtlich dessen Nutzung im Zeitraum vom 12.10.2020 um 17:45 Uhr bis zum 13.10.2020 um 02:00 Uhr (vgl. 22.b., S. 91) dar.
595
(1) Demnach seien um 17:50 Uhr ein verpasster eingehender Anruf der Rufnummer ... sowie um 17:50 Uhr ein ausgehender Anruf zu dieser Rufnummer mit einer Dauer von 03:50 Minuten verzeichnet.
596
(a) Wie der Zeuge KK Wa. glaubhaft bekundete, handle es sich hierbei um die Rufnummer des Immobilienmaklers K. Gi., der mit dem von der Geschädigten beabsichtigten Wohnungskauf am Tegernsee befasst gewesen sei.
597
(b) Der Zeuge G3. bekundete glaubhaft, dass er am Abend des 12.10.2020 versucht habe, die Geschädigte telefonisch zu erreichen, und unmittelbar darauf von ihr zurückgerufen worden sei. In dem anschließenden Telefonat habe er ihr die Ergebnisse seiner nach dem Besichtigungstermin vom 10.10.2020 durchgeführten Abklärung einer offenen Frage sowie seiner Rücksprache mit dem Wohnungsverkäufer hinsichtlich der Kaufpreisverhandlungen übermittelt.
598
(2) Laut KHK Dipl.-Inf. Fi. sei der Bildschirm des Mobiltelefons der Geschädigten um 17:51 Uhr, 17:57 Uhr, 19:27 Uhr, 19:59 Uhr, 20:09 Uhr, 20:11 Uhr, 20:28 Uhr sowie letztmals um 20:51 Uhr entsperrt worden.
599
(3) Den weiteren Ausführungen des Sachverständigen zufolge sei um 20:02 Uhr der Webbrowser geöffnet und hierbei eine am 12.10.2020 um 09:55 Uhr erstmals aufgerufene Internetseite eines Fitnessstudios besucht worden, wobei davon auszugehen sei, dass diese Internetseite noch von dem ersten Aufruf am Vormittag geöffnet gewesen und bei Öffnen des Webbrowsers automatisch neu aufgerufen worden sei.
600
(4) Wie der Sachverständige KHK Dipl.-Inf. Fi. ausführte, habe es in dem im Zeitraum vom 12.10.2020 um 17:45 Uhr bis zum 13.10.2020 um 02:00 Uhr nur noch zwei weitere Aktivitäten auf dem Mobiltelefon der Geschädigten gegeben.
601
(a) Um 20:40 Uhr sei von dem Kontakt „....“ eine WhatsAppNachricht mit dem Text „Schlaf gut und träum süß *Zwinkersmiley*“ eingegangen, welche auf dem Mobiltelefon ungelesen geblieben sei.
602
Der Zeuge M6. S6. bestätigte glaubhaft, dass es sich hierbei um seine Rufnummer handle und er diese Nachricht an die Geschädigte versandt habe. Eine Reaktion hierauf habe er nicht erhalten.
603
(b) Laut KHK Dipl.-Inf. Fi. sei darüber hinaus auf dem Mobiltelefon der Geschädigten nur noch um 21:31 Uhr die um dieselbe Uhrzeit vom Mobiltelefon des Angeklagten versandte WhatsApp-Nachricht mit dem Text „Bin schon zu Hause mache nicht so lange *Umarmungssmiley*“ eingegangen, welche ebenfalls ungelesen geblieben sei (vgl. 24.a., S. 92).
604
b. Darüber hinaus berichtete der Sachverständige KHK Dipl.-Inf. Fi. über die Ergebnisse seiner Untersuchung und Auswertung des Mobiltelefons des Angeklagten (vgl. 22.a., S. 91) im Zeitraum vom 12.10.2020 um 17:30 Uhr bis zum 13.10.2020 um 02:00 Uhr (vgl. 22.b., S. 91).
605
(1) Insoweit wird zunächst auf die Ausführungen unter 24.a., S. 92, und 25., S. 97, verwiesen.
606
(2) Laut KHK Dipl.-Inf. Fi. sei der Bildschirm des Mobiltelefons des Angeklagten um 18:22 Uhr, 19:27 Uhr, 19:32 Uhr, 21:31 Uhr (vgl. 24.a., S. 92) und 00:07 Uhr entsperrt worden.
607
Danach sei das Handy zwar weiterhin genutzt worden, wie sich aus der auf dem Mobiltelefon des Angeklagten installierten Applikation „G. Chr.“ ergebe. Demnach sei diese Applikation um 00:10 Uhr aufgerufen worden. Um 01:18 Uhr mit dem Suchbegriff „polizeipräsidium mü.“ eine Google-Suche durchgeführt worden. Allerdings seien in der Datei, welche die Daten über die Bildschirmentsperrung enthalte, nach 00:07 Uhr aus unbekannten Gründen keine weiteren Dateneinträge erfolgt, obwohl der Akkustand des Mobiltelefons zu diesem Zeitpunkt 72 Prozent betragen habe.
608
(3) Wie der Sachverständige weiter ausführte, habe es in dem von ihm untersuchten und ausgewerteten Zeitraum - abgesehen von der Verbindung mit einem WLAN-Netzwerk um 17:56 Uhr (vgl. 25., S. 97) und den Aktivitäten im Zusammenhang mit dem Versenden der WhatsApp-Nachricht um 21:31 Uhr an den WhatsApp-Account der Geschädigten (vgl. 24.a., S. 92) nur noch eine weitere Aktivität auf dem Mobiltelefon des Angeklagten gegeben.
609
Um 20:35 Uhr sei von dem Kontakt „... - Da. und Li. An.“ eine WhatsApp-Nachricht mit dem Text „Ganz herzlichen Dank Ro.& Ma.“ eingegangen, welche auf dem Mobiltelefon ungelesen geblieben sei.
610
c. Der Angeklagte gab konstant an, dass er nach der Tat noch einmal das Mobiltelefon seiner Ehefrau entsperrt und erneut die zwischen ihr und dem Zeugen T2. am 09.10.2020 ausgetauschten Di.-Nachrichten sexuellen Inhalts gelesen habe (vgl. II.2.d(2), S. 44; II.6.c(1), S. 55).
611
Ausgehend von den von den Untersuchungsergebnissen des Sachverständigen KHK Dipl.- Inf. Fi. (vgl. a(2), S. 99) muss dies um 20:51 Uhr gewesen sein, da seinen Ausführungen zufolge um diese Uhrzeit das Mobiltelefon der Geschädigten letztmals entsperrt worden sei.
612
d. Unter weiterer Berücksichtigung des vom Angeklagten angegebenen Ablaufs legt dies überaus nahe, dass die vorangegangene Entsperrung des Mobiltelefons um 20:28 Uhr diejenige war, die der Angeklagte vornahm, als die Geschädigte ihr Handy im Galeriebereich zurückgelassen hatte und er daraufhin die zwischen ihr und dem Zeugen T2. ausgetauschten Di.-Nachrichten erstmals las und anschließend seine Ehefrau diesbezüglich zur Rede stellte.
613
e. Hieraus ergibt sich für die Begehung der Tat ein Zeitfenster von 20:30 Uhr bis 20:50 Uhr. Diese Schlussfolgerung wird durch den Umstand gestützt, dass sowohl die um 20:35 Uhr auf dem Mobiltelefon des Angeklagten als auch die um 20:40 Uhr auf dem Handy der Geschädigten eingegangenen WhatsApp-Nachricht laut KHK Dipl.-Inf. Fi. jeweils ungelesen geblieben sei (vgl. b(3), S. 100, und a(4)(a)., S. 99).
614
28. Die Feststellungen zu der sinngemäßen Äußerung der Geschädigten, dass alles o.k. wäre, wenn sie den Angeklagten jetzt umbringe, sowie zum Ergreifen des Messers durch den Angeklagten beruhen auf der Einlassung des Angeklagten in der Hauptverhandlung.
615
a. Soweit der Angeklagte in der ersten polizeilichen Beschuldigtenvernehmung vom 13.10.2020 bei seiner ersten Tatschilderung eine konkrete Bedrohung durch die Geschädigte („Ich bring‘ dich jetzt um, dann ist es vorbei“) behauptete (vgl. II.2.a(5), S. 40) sowie ferner behauptete, die Geschädigte sei vor ihm „am Messer“ gewesen (vgl. II.2.b(1), S. 41), erachtet das Schwurgericht dies als eine Schutzbehauptung, welche der Angeklagte bereits im weiteren Verlauf dieser Vernehmung nicht mehr aufrechterhielt.
616
In der Folge behauptete der Angeklagte eine Äußerung der Geschädigten („Ich kann dich auch jetzt umbringen, dann ist es gleich vorbei.“), mit welcher lediglich eine Handlungsmöglichkeit in den Raum gestellt und deren Folge beschrieben wird (vgl. II.2.a(5), S. 40). Ferner gab der Angeklagte an, die Geschädigte sei vor ihm „beim Griff zum Messer“ gewesen (vgl. II.2. b(1), S. 41).
617
Darüber hinaus deutete er bereits in diesem Zusammenhang an, dass seinen diesbezüglichen Angaben ein Rückschluss zugrunde lag, indem er auf die Frage, wer als erstes das Messer in die Hand habe nehmen wollen, antwortete, er habe „die Bewegung von ihr gesehen - zuerst, denn sonst hätte ich wahrscheinlich nicht so darauf reagiert“ (vgl. II.2.b(1), S. 41).
618
b. Gegenüber dem Sachverständigen Dr. H1. nahm der Angeklagte im Rahmen der psychiatrischen Exploration eine weitere Abschwächung seiner Einlassung vor.
619
Die von der Geschädigten getätigte Äußerung modifizierte er dahingehend, dass alles o. k. sei, wenn sie ihn jetzt umbringe (vgl. II.5.a(3), S. 53). Einen Griff der Geschädigten zum Messer behauptete der Angeklagte gegenüber dem psychiatrischen Sachverständigen nicht mehr, sondern gab vielmehr an, dass seine Ehefrau das Messer noch nicht gehabt, sich aber in dessen Richtung bewegt habe (vgl. II.5.b(1), S. 53).
620
c. In seiner Einlassung in der Hauptverhandlung gab der Angeklagte die Äußerung der Geschädigten inhaltlich übereinstimmend wie gegenüber dem Sachverständigen Dr. H1. wieder, allerdings in einer insofern abgeschwächten Form, als er den Halbsatz, der die Folge der in den Raum gestellten Handlungsmöglichkeit beschreibt, nunmehr im Konjunktiv formulierte (vgl. II.6.a(4), S. 56).
621
Im Hinblick auf das Ergreifen des Messers relativierte der Angeklagte seine anfängliche Behauptung, wonach sich seine Ehefrau und er beide zum Messer hinbewegt hätten, anschließend zu einem diesbezüglichen bloßen Eindruck, den er von seiner Ehefrau auf der Grundlage ihrer zuvor getätigten Äußerung und seinem Empfinden gehabt habe, dass bei ihr eine - möglicherweise auch nur ganz geringfügige - Bewegungshandlung stattgefunden habe (vgl. II.6.b(1), S. 57).
622
Im weiteren Verlauf präzisierte und korrigierte der Angeklagte seine Angaben weiter dahingehend, dass seine Aussage, wonach sich seine Ehefrau (ebenfalls) zum Messer hinbewegt habe, lediglich ein Rückschluss von ihm sei und nicht seiner tatsächlichen Erinnerung entspreche. Er habe bei seiner Ehefrau eine Körperregung wahrgenommen, die auch nur ganz geringfügig gewesen sein könne, wie etwa ein bloßes Zucken (vgl. II.6.b(1), S. 57).
623
Der Angeklagte erläuterte, dass es vor dem Hintergrund ihrer zuvor getätigten Äußerung („Wenn ich dich jetzt umbringe, dann wäre doch auch alles o.k.“) aus seiner Sicht Sinn ergeben würde, wenn sich seine Ehefrau (ebenfalls) zum Messer hinbewegt hätte. Deshalb habe er aus der von ihm bei seiner Ehefrau wahrgenommenen - unter Umständen nur ganz geringfügigen - Körperregung und ihrer zuvor getätigten Äußerung den Rückschluss gezogen, dass sie sich zum Messer hinbewegt habe. Der Angeklagte fügte hinzu, dass er „ja im Nachhinein zu einer Annahme und Erklärung kommen“ müsse (vgl. II.6.b(1), S. 57).
624
29. Die Feststellungen zum Tatablauf basieren auf der Einlassung des Angeklagten und - soweit sie darüber hinausgehen oder hiervon abweichen - auf den nachfolgend genannten Beweismitteln, insbesondere auf den Ausführungen des rechtsmedizinischen Sachverständigen Prof. Dr. P6. vom Institut für Rechtsmedizin der Universität München. Seine Darlegungen sind auch die Grundlage für die Feststellungen zur Anzahl der Messerstiche, zu den Verletzungen der Geschädigten sowie zur Todesursache.
625
a. Die Einlassung des Angeklagten zum Tatablauf lässt sich, soweit sich der Angeklagte nicht auf Erinnerungslücken berief, zwanglos mit den Ergebnissen der Beweisaufnahme in Einklang bringen.
626
(1) Seiner Einlassung in der Hauptverhandlung zufolge habe der Angeklagte nach der von ihm wahrgenommenen Regung der Geschädigten seinen linken Arm in einer abwehrenden Bewegung nach vorn ausgestreckt, um eine etwaige Bewegung seiner Ehefrau in Richtung des Messers zu unterbinden und dieses ungehindert ergreifen zu können, und habe mit der rechten Hand das Messer ergriffen und zugestochen, während seine Ehefrau im Begriff gewesen sei, vom Sofa aufzustehen. Seine Bewegung mit dem Griff zum Messer sei unmittelbar in die erste Stichbewegung übergegangen. Alles sei „sehr schnell“ gegangen und habe (nach der letzten Äußerung seiner Ehefrau) wortlos stattgefunden (vgl. II.6.b(2), S. 58).
627
(2) Bei seiner polizeilichen Beschuldigtenvernehmung vom 13.10.2020 demonstrierte der Angeklagte ausweislich der in Augenschein genommenen audiovisuellen Vernehmungsaufzeichnung bei seiner Schilderung des ersten Messerstichs gestisch eine Drehbewegung mit seinem Körper nach links sowie eine Stichbewegung mit seiner rechten Hand in den zentralen vorderen Rumpfbereich der Geschädigten und erläuterte, dass die Messerklinge dort von vorne - und nicht etwa von der Seite - eingedrungen sei. Der Angeklagte gab ferner an, dass nach dem ersten Stich auch schon ein zweiter erfolgt sei. Er habe sich seiner Meinung nach immer frontal gegenüber seiner Ehefrau befunden. Zu den weiteren Bewegungen seiner Ehefrau könne er keine sicheren Angaben machen. Hierfür sei „alles viel zu schnell“ gegangen (vgl. II.6.b(3), S. 58).
628
(3) In der Beschuldigtenvernehmung vom 13.10.2020 ließ sich der Angeklagte weiter dahingehend ein, dass seine Ehefrau dann zu Boden gegangen und am Ende mit dem Kopf, der sich in dem Bereich zwischen dem Sofa und dem Fernseher befunden habe, in Richtung Fenster und den Füßen in Richtung Treppe gelegen sei.
629
Am Boden liegend habe seine Ehefrau nur noch leicht geröchelt und nicht mehr sprechen können. Als sie geröchelt habe, habe er einfach gewollt, dass „es“ vorbei sei, seine Ehefrau nicht weiter röchele und nicht weiter leide. Er habe versucht, ihr noch die Luft abzudrücken, indem er sie mit beiden Händen am Hals gewürgt habe. Bei diesen Angaben demonstrierte der Angeklagte mit beiden Händen einen klassischen Würgegriff, bei dem sich die Daumen im Bereich des Kehlkopfes der gewürgten Person befinden. Der Angeklagte ergänzte, dass er dies gemacht habe, damit „es“ aufhöre. Während er zugedrückt habe, sei es bei der Geschädigten noch zu einem leichten Blinzeln der Augenlider, aber zu keiner Gegenwehr mehr gekommen. Er habe gewartet, bis er keine Regung mehr gesehen habe und sei dann aufgestanden (vgl. II.2.b(4), S. 42).
630
(4) Hinsichtlich der Anzahl der Messerstiche behauptete der Angeklagte in der Beschuldigtenvernehmung vom 13.10.2020, sich nur an zwei Messerstiche erinnern zu können, konnte aber letztlich Stichverletzungen an drei verschiedenen Körperstellen angeben; und zwar eine im zentralen vorderen Rumpfbereich (vgl. II.2.b(3), S. 42) sowie eine im Brustbereich und eine im Bereich des Haaransatzes links oder rechts (vgl. II.2.b(5), S. 42).
631
(5) In allen drei genannten Körperregionen finden sich auch tatsächlich durch scharfe Gewalt verursachte Stich- bzw. Schnittverletzungen (vgl. unten c.).
632
b. Der rechtsmedizinische Sachverständige Prof. Dr. P6. berichtete, dass die Geschädigte am 13.10.2020 ab 09:15 Uhr im Institut für Rechtsmedizin der Universität München unter der Protokollnummer ... obduziert worden sei. Die Obduktion habe ergeben, dass die Geschädigte infolge Verblutens nach außen und innen in Verbindung mit Ersticken bei Bluteinatmung verstorben sei.
633
Als Zeichen der Bluteinatmung habe die Geschädigte B3. in den oberen und tiefen Atemwegen, lichtungsverlegend Blut im rechten Hauptbronchus sowie Bluteinatmungsbezirke in beiden Lungenflügeln aufgewiesen. Als Zeichen des Blutverlusts hätten unter anderem spärliche Totenflecken sowie eine allgemeine Blutarmut der inneren Organe, insbesondere der Milz und der Nieren, vorgelegen.
634
c. Prof. Dr. P6. legte dar, dass folgende 12 - durch die Einwirkung scharfer Gewalt verursachte - Stich- und Schnittverletzungen voneinander abgrenzbar gewesen seien:
(1) eine Teilskalpierungsverletzung in der oberen Stirn-Scheitel-Region rechts mit schartenartiger Anschnittverletzung der äußeren Glastafel des Schädeldachs,
(2) eine Stichverletzung der Oberlippe und des rechten Nasenflügels,
(3) eine mindestens 5 cm tiefe Stichverletzung an der rechten Halsseite mit Eröffnung des Rachendachs und des Raums zwischen Zungenbein und oberen Kehlkopfhörnern mit Überkreuzung der Mittellinie bis auf die linke Seite und Anstich des Rachenraums,
(4) eine Stichverletzung unterhalb des Ohrläppchenansatzes links mit Anstich des Raumes oberhalb des linken Schildknorpelblattes und des Rachenraums,
(5) eine mindestens 6 cm tiefe Stichverletzung der inneren Brustregion rechts mit Durchsetzung der 3. Rippe rechts, des rechten Lungenoberlappens, des Herzbeutels, des rechten Vorhofs am rechten Herzohr sowie der Vorhofscheidewand bis in den linken Herzvorhof,
(6) eine mindestens 10 cm tiefe Stichverletzung der unteren Brustkorbwand rechts,
(7) eine mindestens 10 cm tiefe Stichverletzung der unteren Brustkorbwand links mit Durchsetzung der 6. Rippe links, des Zwerchfells sowie des linken Leberlappens und Anstich der Bauchhöhle,
(8) eine Stichverletzung im zentralen vorderen Rumpfbereich mit Durchsetzung der vorderen Rumpfwand und Einstich in die Magenvorderwand
(9) eine oberflächlich tangential verlaufende Stichverletzung am Oberrand der rechten Brustdrüse,
(10) eine tangentiale, oberflächliche Schnittverletzung der Haut in der linken Brustkorbvorderwand,
(11) eine tangentiale, nach oben abklappbare, oberflächliche Schnittverletzung der Haut an der linken Schultervorderseite sowie
(12) eine oberflächliche, tangentiale, mehr ritzerartige, glattrandige Schnittverletzung der Haut an der linken Oberarmaußenseite.
635
d. Wie Prof. Dr. P6. ausführte, sei es denkbar, dass die unter c(10) und c(11) genannten Verletzungen durch eine einzige, nicht ganz linear geführte Bewegung mit dem Messer entstanden seien, weshalb davon auszugehen sei, dass es mindestens 11 Einwirkungen scharfer Gewalt gehandelt habe.
636
e. Sämtliche unter c., S. 104, genannten Verletzungen - auch die als Schnittverletzungen bezeichneten - könnten ohne weiteres durch Stichbewegungen mit dem Messer verursacht worden sein. Insoweit komme es jeweils auf die konkrete Stichführung sowie die Relativbewegungen zwischen Täter und Opfer an.
637
Der rechtsmedizinische Sachverständige erläuterte in diesem Zusammenhang, dass sich die begriffliche Unterscheidung zwischen Stich- und Schnittverletzung nach dem Verhältnis zwischen der Länge und der Tiefe einer Verletzung richte. Wenn die Tiefe einer Verletzung größer sei als deren Länge, spreche man von einer Stichverletzung, im umgekehrten Fall von einer Schnittverletzung.
638
Auch die Schnittverletzung an der linken Oberarmaußenseite könne - insbesondere aufgrund von Relativbewegungen zwischen Täter und Opfer - ohne weiteres durch eine gegen den Oberkörper geführte Stichbewegung verursacht worden sein.
639
f. Dem Sachverständigen zufolge habe die Geschädigte darüber hinaus an beiden Händen Verletzungen aufgewiesen, welche ebenfalls durch die Einwirkung scharfer Gewalt entstanden seien.
640
(1) Zum einen seien glattrandige, kratzerartige Hautverletzungen am Daumen rechts sowie kleine, feinstreifige, oberflächliche Hautverletzungen an der Daumenkuppe rechts vorhanden gewesen, welche als aktive Abwehrverletzungen zu qualifizieren seien und typischerweise bei einem abwehrenden Hineingreifen in eine Messerklinge entstünden.
641
(2) Zum anderen hätten sich glattrandige, kratzerartige Hautverletzungen am Daumen links streckseitig sowie am Handrücken rechts gezeigt. Diejenigen am Handrücken rechts seien teilweise nach körpernah abklappbar gewesen und hätten offensichtlich zu einer Eröffnung des Gelenkbereichs des Mittelfingergrundglieds geführt. Bei diesen Verletzungen handle es sich um passive Abwehrverletzungen, wie sie insbesondere bei schützend vor den Kopf oder Körper erhobenen Händen zu finden seien.
642
Diese Verletzungen ließen sich somit aus rechtsmedizinischer Sicht zwanglos mit der Einlassung des Angeklagten in Einklang bringen, wonach die Geschädigte eine Schutzhaltung eingenommen habe (vgl. II.2.b(6), S. 43).
643
g. Laut Prof. Dr. P6. impliziere das Vorhandensein dieser aktiven und passiven Abwehrverletzungen eine erhaltene Handlungsfähigkeit des Opfers im Zeitpunkt ihrer Entstehung. In diesem Zusammenhang wies der rechtsmedizinische Sachverständige darauf hin, dass keine der unter c., S. 104, genannten 12 Verletzungen geeignet sei, eine sofortige Handlungsunfähigkeit des Opfers hervorzurufen. Dies gelte insbesondere auch für die vorhandenen Verletzungen am Herzen.
644
Angesichts dessen sei die Einlassung des Angeklagten, wonach sich die Geschädigte „natürlich“ gewehrt habe (vgl. II.2.b(6), S. 43), aus rechtsmedizinischer Sicht ohne weiteres plausibel.
645
h. Allerdings hätten sich bei der am 13.10.2020 ab 19:00 Uhr durchgeführten körperlichen Untersuchung des Angeklagten lediglich minimale kratzer- und schürferartige Hautdefekte an beiden Unterarmen und Händen sowie schwach ausgeprägte Hämatome an der Innenseite des rechten Oberarms im vorderen Bereich gezeigt. Hierbei handle es sich ausschließlich um Bagatellbefunde. Dies spreche aus rechtsmedizinischer Sicht für eine geringe Wirksamkeit der von der Geschädigten ergriffenen Abwehrmaßnahmen und damit für eine Einseitigkeit des Kampfgeschehens mit einer hohen Überlegenheit des Angeklagten.
646
i. Prof. Dr. P6. zufolge habe die Geschädigte ferner eine Einblutung in die Weichgewebe im Bereich des linken großen Zungenbeinhorns aufgewiesen. Diese sei Folge einer umschriebenen stumpfen Gewalteinwirkung gegen die Halsvorderseite und aufgrund ihrer Lokalisation ein Befund, wie er typischerweise bei einem Würgen verursacht werde. Aus rechtsmedizinischer Sicht könne ausgeschlossen werden, dass dieser Befund im Rahmen der Beibringung der unter c., S. 104, genannten Verletzungen entstanden sei.
647
(1) Wie der Sachverständige ausführte, sei der vom Angeklagten bei seiner polizeilichen Beschuldigtenvernehmung vom 13.10.2020 demonstrierte Würgegriff (vgl. II.2.b(4), S. 42) aus rechtsmedizinischer Sicht ohne weiteres geeignet, den vorliegenden Befund hervorzurufen.
648
(2) Soweit der Angeklagte ein leichtes Röcheln der Geschädigten geschildert habe, passe dies laut Prof. Dr. P6. gut zu den bei der Obduktion als Zeichen einer Bluteinatmung erhobenen Befunden (vgl. b., S. 104), da sich bei Bluteinatmung Geräusche entwickelten, die den Geräuschen beim Röcheln sehr ähnlich seien.
649
Seinen Angaben zufolge habe der Angeklagte die Geschädigte mit beiden Händen am Hals gewürgt, um ihr die Luft abzudrücken, damit sie nicht weiter röchele (vgl. II.2.b(4), S. 42).
650
Wenn das Würgen demnach vorrangig dem Ziel diene, diese Geräusche zu unterbinden, sei eine nur mäßige Intensität des Würgevorgangs, wie sie sich hier aus dem Fehlen knöcherner Verletzungen im Bereich der Kehlkopfstrukturen ableiten lasse, aus rechtsmedizinischer Sicht sehr plausibel und gut nachvollziehbar.
651
(3) In Zusammenschau mit diesen Geräuschen spreche das vom Angeklagten ferner beschriebene leichte Blinzeln der Augenlider (vgl. II.2.b(4), S. 42), mithin ein leichtes Zittern der Augenlider, dafür, dass sich die Geschädigte zu diesem Zeitpunkt bereits in einem fortgeschrittenen Zustand der Agonie befunden habe.
652
(4) Wie der Sachverständige weiter darlegte, lägen keine Befunde vor, aus denen sich ein längerdauernder Würgevorgang ableiten ließe, da die Geschädigte keine petechialen Einblutungen aufgewiesen habe. Solche träten frühestens nach einem ununterbrochenen Würgen von mindestens 20 Sekunden auf.
653
Allerdings sei aus rechtsmedizinischer Sicht das Auftreten petechialer Einblutungen dann nicht mehr zu erwarten, wenn die Kreislaufaktivität des Opfers schon soweit reduziert sei, dass es aufgrund von Minderdurchblutung zu keinen echten Blutdruckspitzen mehr kommen könne. Dass dies vorliegend der Fall gewesen sei, liege aufgrund der bereits fortgeschrittenen Agonie (vgl. (3)) sowie des anzunehmenden, bereits eingetretenen Blutverlusts infolge der unter c. genannten Verletzungen nahe.
654
Eine sichere Aussage zur Dauer des Würgevorgangs könne aus rechtsmedizinischer Sicht nicht gemacht werden. Ein längerdauernder Würgevorgang sei mangels entsprechender Befunde nicht positiv belegbar. Umgekehrt schließe das Fehlen derartiger Befunde aufgrund der erheblichen Vorschädigung des Opfers zum Zeitpunkt des Würgens einen längerdauernden Würgevorgang auch nicht aus.
655
j. Prof. Dr. P6. zufolge lasse eine Gesamtbetrachtung des Verletzungsbildes der Geschädigten aus rechtsmedizinischer Sicht insbesondere aufgrund der relativ großen räumlichen Verteilung der Verletzungen im Bereich von Kopf, Gesicht und Hals einerseits sowie im Bereich des Oberkörpers und dort insbesondere der vorderen Brustregion andererseits den Rückschluss auf ein hochdynamisches Tatgeschehen zu, dessen Dauer im Bereich von weniger als fünf Minuten anzunehmen sei.
656
k. Die Durchsetzung von zwei Rippen - der 3. Rippe rechts (vgl. c(5), S. 104) sowie der 6. Rippe links (vgl. c(7), S. 104) - sowie insbesondere die erhebliche Verformung des vorderen Bereichs der Messerklinge (vgl. 31.a., S. 111) sprächen dafür, dass mit einem erheblichen Krafteinsatz vorgegangen worden sei. Allerdings hätten keine Befunde vorgelegen, die als Zeichen einer massiven Gewebskompression, wie sie bei einem Einstich des Messers bis zum Heft stattfinde, zu werten wären, so dass nicht von einem Krafteinsatz im Maximalbereich auszugehen sei.
657
l. Laut Prof. Dr. P6. ließen das Verletzungsbild und die Umstände der Tatausführung aus rechtsmedizinischer Sicht einerseits auf einen hohen Grad an Vernichtungswillen schließen (vgl. nachfolgend (1)) und böten andererseits keinerlei Anhaltspunkte für ein sogenanntes „Übertöten“, wie es gerade bei Tötungsdelikten in Partnerschaften als Ausdruck einer besonders hohen affektivemotionalen Belastung immer wieder vorkomme (vgl. nachfolgend(2)).
658
(1) Die Stichverletzungen in der Halsregion seien aus rechtsmedizinischer Sicht als auffällig zu bewerten, da bereits diese für sich betrachtet einen hohen Grad an Vernichtungswillen widerspiegelten. Im Halsbereich befänden sich diverse lebensnotwendige Strukturen dicht gedrängt auf engstem Raum. Nach rechtsmedizinischer Erfahrung sei es nahezu unmöglich, bei Messerstichen in den Halsbereich - noch dazu mit einem großen Küchenmesser wie hier - keine der lebensnotwendigen Strukturen zu verletzen. Dass solche vorliegend nicht verletzt worden seien, sei deshalb einem sehr großen Zufall geschuldet. Allerdings hätten die vorhandenen Verletzungen im Halsbereich gleichwohl zu starken Blutungen und letztlich zu einer Verlegung der Atemwege durch Bluteinatmung geführt.
659
Auffällig seien aus rechtsmedizinischer Sicht auch die Verletzungen im Gesichtsbereich. Zwar führten Messerstiche ins Gesicht nicht zwangsläufig zu tödlichen Verletzungen, allerdings stelle das Gesicht das zentrale Bild einer Person dar, weshalb aus rechtsmedizinischer Sicht Messerstiche gegen diesen Bereich ebenfalls eine besondere Intensität des Angriffs implizierten.
660
Im vorliegenden Fall komme laut Prof. Dr. P6. hinzu, dass weitere Messerstiche gegen den Oberkörper und dort insbesondere gegen die vordere Brustregion erfolgt seien. Auch dort fänden sich zahlreiche lebenswichtige Organe und Gefäße, wo es vorliegend - etwa an Herz und Lunge - auch zu Verletzungen gekommen sei.
661
In der Gesamtschau lasse das Verletzungsbild aus rechtsmedizinischer Sicht mithin auf einen hohen Grad an Vernichtungswillen beim Täter schließen.
662
(2) Wie der Sachverständige darlegte, liege ein sogenanntes „Übertöten“ vor, wenn die Tötungshandlungen über das hinausgingen, was für die Herbeiführung des Tötungserfolges erforderlich sei, und der Täter mithin trotz bereits eingetretener Handlungsunfähigkeit des Opfers seine Tötungshandlungen fortsetze und nicht in der Lage sei, seinen Angriff zu beenden.
663
(a) Anzeichen für ein solches „Übertöten“ seien Verletzungsbefunde, die auf die Beibringung zum Zeitpunkt von bereits eingetretener Handlungsunfähigkeit des Opfers schließen ließen. Vorliegend wären im Falle eines „Übertötens“ etwa mehrere, gruppiert angeordnete Stichverletzungen in derselben Körperregion mit gleichgerichteten Stichkanälen zu erwarten, ferner etwa massive stumpfe Verletzungen in der Halsregion sowie etwa stumpfe Gewalteinwirkungen gegen den Schädel oder generell Verletzungsbefunde, die nicht mehr zu Lebzeiten des Opfers entstanden seien.
664
Nichts von alledem finde sich dem rechtsmedizinischen Sachverständigen zufolge im vorliegenden Fall.
665
(b) Im Hinblick darauf, dass keine der unter c., S. 104, genannten 12 Verletzungen geeignet sei, eine sofortige Handlungsunfähigkeit des Opfers hervorzurufen (vgl. g., S. 106), hätten sich die ausgeführten, mindestens 11 Messerstiche für deren Herbeiführung letztlich als erforderlich erwiesen, zumal sich die Geschädigte dem Angeklagten zufolge gewehrt habe (vgl. II.2.a(6); S. 41). Seiner Einlassung zufolge habe der Angeklagte nicht mehr auf die Geschädigte eingestochen, nachdem diese zu Boden gegangen sei (vgl. II.2.b(4), S. 42). Dieser Einlassung entgegenstehende Befunde lägen nicht vor, weshalb diese Angaben aus rechtsmedizinischer Sicht plausibel seien.
666
Der Angeklagte habe demnach mit den ausgeführten Messerstichen nicht mehr getan als das, was für die Herbeiführung der Handlungsunfähigkeit der Geschädigten erforderlich gewesen sei.
667
(c) Seiner Einlassung zufolge habe der Angeklagte durch das anschließende Würgen der Geschädigten ihr Röcheln unterbinden wollen (vgl. II.2.b(4), S. 42). Angesichts dessen sei aus rechtsmedizinischer Sicht das Würgen als eine vom Angeklagten gezielt herbeigeführte Beschleunigung des Ablebensvorgangs zu interpretieren. Die mäßige Intensität des von ihm ausgeübten Würgevorgangs (vgl. i(2), S. 106) spreche zudem dafür, dass der Angeklagte auch insoweit nur das für die Herbeiführung des angestrebten Tötungserfolgs Erforderliche getan habe.
668
(d) Laut Prof. Dr. P6. böten aus rechtsmedizinischer Sicht somit weder das Verletzungsbild noch die Umstände der Tatausführung Anhaltspunkte für ein besonders hohes Ausmaß an affektivemotionaler Belastung des Angeklagten bei der Tatausführung.
669
m. Der Sachverständige Dr. H1. schloss sich den soeben unter l. dargelegten Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. P6. aus psychiatrischer Sicht an.
670
Dr. H1. wies ferner darauf hin, dass aus psychiatrischer Sicht in dem Verletzungsbild und den Umständen der Tatausführung ein besonders hohes Maß an Aggression zum Ausdruck komme. Der Sachverständige betonte, dass das besonders hohe Maß an Aggression nicht mit einem besonders hohen Maß an affektiver Erregung, welches etwa in den Fällen des sogenannten „Übertötens“ zum Ausdruck komme, verwechselt werden dürfe. Für letzteres bestünden nach dem Verletzungsbild und den Umständen der Tatausführung gerade keine Anhaltspunkte. Vielmehr zeige sich eine Zielgerichtetheit und innere Rationalität der einzelnen Tathandlungen, indem (nur) das für die Herbeiführung des angestrebten Handlungserfolgs Erforderliche getan worden sei.
671
n. Laut Prof. Dr. P6. sei aufgrund der darlegten Verletzungsbefunde und Todesursachen (vgl. b., S. 104) davon auszugehen, dass der Tod der Geschädigten nach etwa fünf bis zehn Minuten eingetreten sei.
672
o. Die von großer Sachkunde getragenen Ausführungen des sehr erfahrenen rechtsmedizinischen Sachverständigen Prof. Dr. P6. waren widerspruchsfrei, nachvollziehbar, überzeugend und gingen von zutreffenden Anknüpfungstatsachen aus.
673
p. Die Einlassung des Angeklagten zum Tatort im engeren Sinne im Bereich des Sofas im Galeriebereich, wurden bestätigt durch das sachkundige und überzeugende Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. A6., wonach die - angesichts der zahlreichen blutenden Messerstichverletzungen der Geschädigten nur relativ spärlich vorhandenen - Blutspuren darauf schließen ließen, dass sich das gesamte Tatgeschehen ohne nennenswerte räumliche Verlagerung im Bereich des Sofas im Galeriebereich der Wohnung im zweiten Obergeschoss des Anwesens B1. straße 6 in München abgespielt habe (vgl. 34.d(3), S. 117).
674
30. Dass die Geschädigte am 12.10.2020 zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt am 12.10.2020 zwischen 20:30 Uhr und 21:15 Uhr verstarb, schloss die Strafkammer - ausgehend von der festgestellten Tatzeit am 12.10.2020 zwischen 20:30 Uhr und 20:50 Uhr - aus den Ausführungen des rechtsmedizinischen Sachverständigen Prof. Dr. P6. zur anzunehmenden Dauer des hochdynamischen Tatgeschehens von weniger als fünf Minuten (vgl. 29.j., S. 107) und einem zu erwartenden Todeseintritt nach etwa fünf bis zehn Minuten (vgl. 29.n., S. 110) unter Berücksichtigung eines zeitlichen Sicherheitszuschlages bei Anfang und Ende des hieraus ableitbaren Zeitfensters.
675
Dieses Ergebnis fügt sich zwanglos in das Zeitfenster von 18:00 Uhr bis 24:00 Uhr am 12.10.2020 ein, welches sich für den wahrscheinlichen Zeitpunkt des Todeseintritts laut Prof. Dr. P6. bei einer Rückrechnung, ausgehend von der im Rahmen der Leichenfundortbesichtigung am 13.10.2020 um 05:20 Uhr gemessenen Rektaltemperatur der Leiche von 33,4°C sowie unter Berücksichtigung der getragenen Bekleidung der Geschädigten und ihrer Bedeckung durch den Teppich, ergebe. Der rechtsmedizinische Sachverständige betonte, dass es sich hierbei um eine erfahrungsbasierte Schätzmethode handle.
676
31. Die Feststellungen zum Tatmesser beruhen auf den entsprechenden Angaben des Spurensicherungsbeamten KHK Br. sowie auf der Inaugenscheinnahme von hiervon gefertigten Lichtbildern. Zudem hat die Strafkammer das sichergestellte Tatmesser in Augenschein genommen und sich hierdurch einen ganz unmittelbaren Eindruck von seiner Beschaffenheit und Größe sowie der erheblichen Verformung des vorderen Bereichs der Messerklinge verschafft.
677
a. Laut Prof. Dr. P6. sei das sichergestellte Küchenmesser mit seiner Klingenlänge von etwa 15 cm und einer Klingenbreite von bis zu 4 cm aus rechtsmedizinischer Sicht ohne weiteres geeignet, die Verletzungen der Geschädigten hervorzurufen.
678
Im Hinblick auf die erhebliche Verformung des vorderen Bereichs der Messerklinge sei es am wahrscheinlichsten, dass diese bei der Durchsetzung der zwei Rippen - der 3. Rippe rechts (vgl. 29.c(5), S. 104) sowie der 6. Rippe links (vgl. 29.c(7), S. 104) - entstanden sei. Theoretisch komme auch die Schädeldachverletzung (vgl. 29.c(1), S. 104) als mögliche Ursache für die Verformung der Messerklinge in Betracht. Jedenfalls sei der Einsatz erheblicher Kraft im Rahmen der Gewalteinwirkung erforderlich, damit es zu einer derartigen Verformung der Messerklinge komme.
679
b. Aus den sachkundigen, widerspruchsfreien und überzeugenden Ausführungen der DNASachverständigen Dr. von M. vom Institut für Rechtsmedizin der Universität München sowie den glaubhaften Angaben des Spurensicherungsbeamten KHK Br. ergibt sich, dass eine an der Messerklinge des sichergestellten Küchenmessers gesicherte Blutspur ohne vernünftigen Zweifel von der Geschädigten stammt.
680
(1) Laut dem Zeugen KHK Br. sei die Spur 2.2.1.1.1 an der Messerklinge gesichert worden. Die der Geschädigten entnommene Blutprobe sei durch die Bezeichnung ... anonymisiert worden. Hinsichtlich dieser Bezeichnung wird auf die Angaben des rechtsmedizinischen Sachverständigen Prof. Dr. P6. zur Protokollnummer der Obduktion der Geschädigten unter 29.b., S. 104, Bezug genommen.
681
(2) Dr. von M. zufolge habe ein Vortest auf Blut an der Spur 2.2.1.1.1 ein positives Ergebnis erbracht. Das DNA-Merkmalmuster dieser Spur sei auf eine einzige weibliche Verursacherin zurückzuführen und stimme vollständig mit dem DNA-Merkmalmuster der Person, der die Blutprobe ... entnommen worden sei, überein. Nach Häufigkeitsberechnungen unter Heranziehung von Frequenztabellen für die europäische Bevölkerung zeige eine von über 30 Milliarden nicht miteinander verwandter Personen das entsprechende DNA-Merkmalmuster, so dass dieses ohne vernünftigen Zweifel von der unter der Protokollnummer ... obduzierten Person, mithin der Geschädigten, stamme.
682
32. Anhand von Lichtbildern, die in Augenschein genommen und vom Zeugen KHK Br. erläutert wurden, hat sich die Strafkammer einen eigenen Eindruck von der Tatwohnung und dem unmittelbaren Tatort im Galeriebereich der Wohnung verschafft.
683
33. Die Feststellungen zur subjektiven Tatseite, namentlich zum Tötungsvorsatz und zum Tatmotiv, beruhen auf einer Gesamtwürdigung aller festgestellten Umstände sowie den nachfolgend dargelegten Beweismitteln und Erwägungen.
684
a. Die Feststellung, dass der Angeklagte mit direktem Tötungsvorsatz in Form der Tötungsabsicht handelte, ergibt sich aus den Umständen der Tatausführung. Der Angeklagte stach mit einem Küchenmesser mit einer 15 cm langen und bis 4 cm breiten Klinge mindestens 11 Mal auf den Kopf-, Hals- und Oberkörper- / Brustbereich der Geschädigten ein und würgte sie anschließend. Diese Handlungsweise des Angeklagten lässt nur den Schluss auf einen absoluten Vernichtungswillen und damit auf eine Tötungsabsicht zu.
685
Auch der Sachverständige Prof. Dr. P6. wies darauf hin, dass das Verletzungsbild und die Umstände der Tatausführung aus rechtsmedizinischer Sicht auf einen hohen Grad an Vernichtungswillen schließen ließen (vgl. 29.l., S. 108). Dem schloss sich der Sachverständige Dr. H1. aus psychiatrischer Sicht an (vgl. 29.m, S. 109).
686
b. Hinsichtlich des Tatmotivs gelangte das Schwurgericht nach einer Gesamtwürdigung aller festgestellten Umstände zu der Überzeugung, dass der Angeklagte seine Ehefrau tötete, um sie für das seiner Meinung nach von ihr zu verantwortende und aus seiner Sicht eingetretene endgültige Scheitern seines Vorhabens der Teilhabe an ihrem Vermögen mit dem Leben bezahlen zu lassen und hierdurch zugleich seine Wut und Verärgerung über sie sowie seine angestaute Aggression an ihr abzureagieren.
687
(1) Der Angeklagte hoffte, im Rahmen der gemeinsamen Lebensführung am Vermögen seiner Ehefrau soweit teilhaben zu können, dass er nicht länger einer Erwerbstätigkeit würde nachgehen müssen (vgl. 4., S. 73). Hierfür war er auf das Wohlwollen der Geschädigten angewiesen und hoffte darauf, dieses gewinnen zu können (vgl. 8, S. 76).
688
(2) Aufgrund der zwischen seiner Ehefrau und dem Zeugen T2. am 09.10.2020 ausgetauschten Nachrichten sexuellen Inhalts sah der Angeklagte den Fortbestand seiner Ehe konkret in Gefahr, weshalb er seine Ehefrau deswegen zur Rede stellte in der Hoffnung, dass sie das von ihm Gelesene relativieren und jedenfalls den Fortbestand ihrer Ehe nicht in Frage stellen würde.
689
Die entsprechende Einlassung des Angeklagten (vgl. II.2.a(4), S. 40, und II.6.a(4), S. 56) erachtet die Strafkammer als plausibel und ohne weiteres nachvollziehbar.
690
(3) E. M. L. lehnte die vom Angeklagten verlangte Aussprache lautstark ab, forderte ihn auf zu verschwinden, als er hinzufügte, dass er ihr doch zumindest eine klärende Antwort wert sein müsse, und äußerte schließlich sinngemäß, dass alles o.k. wäre, wenn sie ihn jetzt umbringe.
691
(a) Es liegt nahe und ist menschlich ohne weiteres nachvollziehbar und verständlich, dass der Angeklagte dieses Verhalten seiner Ehefrau als Geringschätzung seiner Person empfand.
692
Dass der Angeklagte ohnehin in erhöhtem Maße empfindlich und kränkbar ist und dass seine Persönlichkeit unter anderem durch narzisstische Züge akzentuiert ist, stützt das Schwurgericht auf die entsprechenden Ausführungen des psychiatrischen Sachverständigen Dr. H1. (vgl. I.2.b., S. 30). Dieser erläuterte auch, dass eine empfundene Geringschätzung der eigenen Person zu einer Schwächung des Selbstwertgefühls führe, was wiederum mit der Entstehung von Wut und Verärgerung einhergehe.
693
(b) Ebenfalls naheliegend ist, dass der Angeklagte das Verhalten seiner Ehefrau als Beleg für eine von ihr - entgegen seiner Hoffnung auf ihr zunehmendes Wohlwollen - aufgebaute innerliche Distanz zu ihm interpretierte, deshalb keine realistische Chance mehr sah, sein Ziel der Vermögensteilhabe im Rahmen der gemeinsamen Lebensführung zu erreichen, und all seine darauf gerichteten bisherigen - auch unter Zurückstellung eigener Bedürfnisse unternommenen - Bemühungen als vergeblich und im Ergebnis endgültig gescheitert ansah.
694
(4) Wie der psychiatrische Sachverständige Dr. H1. überzeugend darlegte, schöpfe der Angeklagte, der sehr ziel- und erfolgsorientiert sei (vgl. I.2.b., S. 30, und I.2.d(1), S. 30), Selbstwert maßgeblich aus dem Erreichen selbst definierter Ziele und Erfolge. Darüber hinaus sei das auf der Grundlage seiner biografischen Entwicklung bis zum Jahr 2020 entwickelte Empfinden von Selbstwirksamkeit - mithin die Überzeugung von seiner Fähigkeit, auch schwierige Situationen und Herausforderungen stets aus eigener Kraft erfolgreich bewältigen zu können - von zentraler Bedeutung für sein Selbstwerterleben.
695
Ein erlebtes Scheitern gehe mit dem Verlust des Empfindens von Selbstwirksamkeit einher und führe deshalb beim Angeklagten zu einer Erschütterung seines Selbstwerterlebens und Schwächung seines Selbstwertgefühls sowie damit einhergehend zu Wut und Verärgerung.
696
(5) Der Sachverständige führte überzeugend aus, dass dem Angeklagten im Jahr 2020 durch die erheblichen Verluste mit Aktienspekulationen sowie durch den Rückzug seiner Ehefrau innerhalb der Partnerschaft, der sich in exzessivem Online-Spielen und intensiven - auch intimen - Chat-Kontakten mit Online-Mitspielern gezeigt habe, seine finanzielle und partnerschaftliche Situation entglitten sei, was für ihn ein Scheitern auf diesen beiden Gebieten bedeutet habe.
697
Die im Zuge dessen aufgetretenen Aggressionen (vgl. soeben (4)) habe der Angeklagte angestaut. Hierbei habe sich ausgewirkt, dass die Persönlichkeit des Angeklagten, dessen Aggressionspotential nach dem Ergebnis der testpsychologischen Untersuchung erhöht sei (vgl. I.2.a(2), S. 29), überdies durch dependente und zwanghafte Züge akzentuiert sowie durch Aggressionshemmung gekennzeichnet sei, wobei Letztere mit den beiden genannten Persönlichkeitsakzentuierungen eng zusammenhänge. Der Angeklagte verhalte sich nicht offen aggressiv und setze sich auch gegen verbale Angriffe und Kränkungen im Rahmen von Auseinandersetzungen nicht zur Wehr. Zudem vermeide er nicht nur Konflikte und direkte Konfrontationen, sondern auch eine Auseinandersetzung mit Schwierigkeiten und konflikthaften Themen (vgl. I.2.b., S. 30).
698
(6) Dasselbe gelte dem Sachverständigen zufolge für die in der Vergangenheit aufgetretenen Kränkungen durch seine Ehefrau, die sich aus der Einlassung des Angeklagten zu ihrer Persönlichkeit und der Beziehung zwischen ihnen ebenso ableiten ließen wie etwa aus den Aussagen der Zeuginnen I1. (vgl. I.2.d(2)(e) i., S. 34) und Dr. P3. (vgl. I.2.d(2)(f) iv., S. 36).
699
(7) Wie der Sachverständige ausführte, liege es aus psychiatrischer Sicht nahe, dass die angestauten Aggressionen des Angeklagten infolge der am Tatabend durch das aktuelle Erleben hervorgerufenen Aggressionen zutage getreten seien.
700
(8) In diesem Zusammenhang erläuterte Dr. H1., dass sich aus psychiatrischer Sicht hierdurch das besonders hohe Maß an Aggression, das in der begangenen Tat zum Ausdruck gekommen sei (vgl. 29.m., S. 109), erklären lasse. Der Sachverständige betonte, dass das besonders hohe Maß an Aggression allerdings nicht mit einer besonders hohen affektiven Erregung, wie sie etwa in Fällen des sogenannten „Übertötens“ vorliege, verwechselt werden dürfe. Für letzteres bestünden nach dem Verletzungsbild und den Umständen der Tatausführung aus psychiatrischer Sicht keine Anhaltspunkte. Vielmehr seien die Tathandlungen wie auch das Nachtatverhalten durch Zielgerichtetheit und innere Rationalität gekennzeichnet.
701
(9) Das Schwurgericht gelangte nach einer Gesamtwürdigung aller festgestellten Tatumstände zu der Überzeugung, dass es dem Angeklagten bei der Tat nicht nur darum ging, seine Wut und Verärgerung über seine Ehefrau sowie seine angestaute Aggression an ihr abzureagieren, sondern auch darum, seine Ehefrau für das seiner Meinung nach von ihr zu verantwortende und aus seiner Sicht eingetretene endgültige Scheitern seines Vorhabens der Teilhabe an ihrem Vermögen mit dem Leben bezahlen zu lassen.
702
Als Indiz für diese zweite Komponente des Tatmotivs wertete das Schwurgericht den Umstand, dass nach den übereinstimmenden Ausführungen des rechtsmedizinischen Sachverständigen Prof. Dr. P6. (vgl. 29.l., S. 108) und des psychiatrischen Sachverständigen Dr. H1. (vgl. 29.m., S. 109) das Verletzungsbild und die Umstände der Tatausführung zwar einerseits auf einen hohen Grad an Vernichtungswillen schließen ließen, andererseits aber keine Anhaltspunkte für ein besonders hohes Maß an affektiver Erregung oder ein besonders hohes Maß an affektivemotionaler Belastung des Angeklagten böten. Vielmehr seien die einzelnen Tathandlungen durch Zielgerichtetheit und innere Rationalität gekennzeichnet, indem (nur) das für die Herbeiführung des angestrebten Handlungserfolgs Erforderliche getan worden sei (vgl. 29.l(2), S. 108, und 29.m., S. 109).
703
34. Die Feststellungen hinsichtlich der vom Angeklagten nach der Tat in der Wohnung ergriffenen Maßnahmen stützen sich auf die Einlassung des Angeklagten sowie, soweit die Feststellungen darüber hinausgehen oder davon abweichen, auf die nachfolgend genannten Beweismittel und Erwägungen.
704
a. Hinsichtlich des um 20:51 Uhr erfolgten Entsperrens des Mobiltelefons der Geschädigten durch den Angeklagten wird auf die Ausführungen unter 27.c., S. 100, Bezug genommen. Im Hinblick auf das Verfassen und Versenden der WhatsApp-Nachricht um 21:31 Uhr wird auf die Ausführungen unter 24., S. 92, verwiesen.
705
b. Die Zeugin P7. H2. berichtete glaubhaft über das Auffinden der Leiche der Geschädigten in der von dem Ehepaar L. bewohnten Wohnung im zweiten Obergeschoss des Anwesens B1. straße 6 in Mü. und erläuterte die hierbei gefertigten Lichtbilder, welche in Augenschein genommen wurden.
706
Hierauf war insbesondere auch die Auffindesituation der Leiche der Geschädigten im Galeriebereich der Wohnung gut zu erkennen. Dabei lag der Leichnam in Bauchlage eingewickelt in einen Teppich so nahe am oberen Treppenabsatz, dass beide Unterschenkel der Leiche bereits weit darüber hinausragten. Die Zehen des rechten Fußes befanden sich auf der Höhe der Trittkante der nächsten, darunter gelegenen Treppenstufe, während der gesamte linke Fuß auch darüber noch hinausragte und sich bereits oberhalb der zweiten Treppenstufe befand. Ferner war zu sehen, dass das Gesicht der Geschädigten auf einem weißen Laken lag und sich zwischen ihren Oberschenkeln diverse, mit Blut versetzte Küchentücher befanden.
707
c. Der Spurensicherungsbeamte KHK Br. legte unter Erläuterung der Lichtbilder von der Tatwohnung glaubhaft dar, dass das Sofa im Galeriebereich komplett abgezogen gewesen sei, während die entsprechenden Sofapolster sowie drei stoffbezogene Kissen im unteren Wohnbereich am Boden gelagert gewesen seien.
708
Die Stoffbezüge der Sofapolster seien abgezogen gewesen und hätten sich zusammen mit einem Laken in einem Korb befunden. Die Bezüge und das Laken hätten dem Zeugen zufolge Blutspuren aufgewiesen.
709
Hieraus zog die Strafkammer den Schluss, dass sich das Laken zur Tatzeit als Schutz auf dem Sofa befand, da der Angeklagte angab, dass der Überzug des Sofas mit einem Laken zum Schutz des Sofas in ihrem Haushalt üblich gewesen sei (vgl. II.8.a., S. 66).
710
Wie der Zeuge KHK Br. weiter glaubhaft angab, seien die stoffbezogenen Kissen im Bereich unmittelbar vor der Wohnungseingangstür gelagert gewesen. In einem der Kissen, deren Stoffbezüge sich jeweils mit einem Reißverschluss hätten öffnen lassen, sei das Tatmesser aufgefunden worden und in einem anderen Kissen ein weißes Herren-T-Shirt sowie ein weißes Herrenoberhemd. An beiden Kleidungsstücken hätten sich ebenfalls Blutspuren gefunden.
711
Am Unterleib getragene Kleidungsstücke, bei denen sich Hinweise darauf gefunden hätten, dass sie bei der Tat getragen worden sein könnten, hätten trotz entsprechender Suchmaßnahmen hingegen nicht aufgefunden werden können. Insbesondere sei auch eine Absuche der Mülltonnen vor dem Haus negativ verlaufen.
712
d. Der Blutspuren-Sachverständige Prof. Dr. A6. vom Institut für Rechtsmedizin der Universität Mü. legte dar, dass er am 14.10.2020 die Tatwohnung im Hinblick auf das Vorhandensein von Blutspuren untersucht habe. Zunächst habe er die Wohnung unter Normalbeleuchtung in Augenschein genommen und anschließend eine Behandlung mit Luminol durchgeführt, um etwaige latente Blutspuren sichtbar zu machen.
713
(1) Unter Normalbeleuchtung hätten sich nur im Galeriebereich Blutspuren gefunden.
714
(a) Unmittelbar vor dem Sofa sei ein Teppich mit massiven, flächenhaften Blutantragungen gelegen. Aus den bei der Auffindung der Leiche gefertigten Lichtbilder (vgl. b., S. 115) ergebe sich, dass es sich hierbei um den Teppich gehandelt habe, in welchen der Leichnam eingewickelt gewesen sei. Nach der Entfernung des Teppichs habe sich darunter am Boden eine lange Blutschleifspur gezeigt. Bei einem Vergleich mit den Lichtbildern von der Leichenauffindung sei gut zu erkennen, dass diese Blutschleifspur dort nicht vorhanden gewesen sei. Es handle sich mithin um ein nachträglich entstandenes Artefakt.
715
Es sei naheliegend, dass diese Spur im Rahmen der Bergung der Leiche seitens der Mitarbeiter des Bestattungsunternehmens gesetzt worden sei. Am ursprünglichen Liegeort der Leiche wäre das Verbringen des Leichnams in den Sarg aus Platzgründen nicht oder allenfalls nur sehr schwer durchführbar, weshalb davon auszugehen sei, dass der Leichnam im Teppich von den Mitarbeitern des Bestattungsunternehmens in den Bereich vor dem Sofa verbracht worden sei.
716
Jedenfalls könne anhand der Lichtbilder sicher ausgeschlossen werden, dass diese Blutschleifspur vor dem Auffinden der Leiche durch die Polizeibeamten gesetzt worden sei.
717
(b) Ansonsten hätten sich eine flächenhafte, dunkle Verfärbung am Boden vor dem Sofa in dem Bereich zwischen dem Sofa und dem Fernseher sowie nur sehr spärliche, ganz vereinzelte Blutspuren im Bereich des Beistelltisches neben dem Sofa sowie eine einzelne rundlichovale Blutspur am Boden am Ständer des Fernsehers gefunden. Dieses Spurenbild lasse im Hinblick auf die zahlreichen, stark blutenden Messerstichverletzungen der Geschädigten darauf schließen, dass entsprechende Reinigungsmaßnahmen durchgeführt worden seien.
718
(2) Dem Sachverständigen zufolge habe sich bei der nachfolgenden Luminol-Behandlung die flächenhafte, dunkle Verfärbung am Boden vor dem Sofa als Blutspur erwiesen. Weitere Blutspuren hätten sich im Galeriebereich nicht sichtbar machen lassen.
719
Dies sei sehr ungewöhnlich und lasse darauf schließen, dass die durchgeführten Reinigungsmaßnahmen äußerst gründlich und überaus akribisch durchgeführt worden sein müssten. Üblicherweise ließen sich nämlich auch nach durchgeführten Reinigungsmaßnahmen mit der Luminol-Behandlung Blutspuren oder zumindest Teile hiervon noch sichtbar machen.
720
(3) Wie Prof. Dr. A6. zusammengefasst darlegte, ließen die - angesichts der zahlreichen blutenden Messerstichverletzungen der Geschädigten nur relativ spärlich vorhandenen - Blutspuren darauf schließen, dass sich das gesamte Tatgeschehen ohne nennenswerte räumliche Verlagerung im Bereich des Sofas im Galeriebereich der Wohnung im zweiten Obergeschoss des Anwesens B1. straße 6 in Mü. abgespielt habe.
721
(4) Die sachkundigen Ausführungen des erfahrenen Sachverständigen Prof. Dr. A6., die von zutreffenden Anknüpfungstatsachen ausgingen, waren widerspruchsfrei, nachvollziehbar und überzeugend.
722
e. Nach einer Gesamtwürdigung der vom Angeklagten nach der Tat in der Wohnung ergriffenen Maßnahmen und durchgeführten Handlungen gelangte das Schwurgericht zu der Überzeugung, dass diese dazu dienten, sämtliche Tatspuren einschließlich des Leichnams zu beseitigen und sich ein Alibi zu verschaffen, um sich der strafrechtlichen Verantwortung für die von ihm begangene Tat zu entziehen.
723
(1) Hierfür spricht die überaus gründliche und äußerst akribische Reinigung des unmittelbaren Tatorts im Bereich des Sofas im Galeriebereich der Wohnung und dort insbesondere des Bodens vor dem Sofa, die so erfolgreich war, dass selbst mittels der LuminolBehandlung nur eine als dunkle Verfärbung des Bodens erkennbar gebliebene Blutspur wieder sichtbar gemacht werden konnte, was laut dem erfahrenen BlutspurenSachverständigen sehr ungewöhnlich sei.
724
(2) Ferner spricht dafür, dass der Angeklagte das Tatmesser sowie die von ihm bei der Tat getragene Oberbekleidung in Kissen versteckte und diese im Bereich unmittelbar vor der Wohnungstür ablegte, während er die abgezogenen Sofapolster in größerer Entfernung von der Wohnungstür lagerte. Die Ablage der Kissen im Bereich unmittelbar vor der Wohnungstür lässt darauf schließen, dass der Angeklagte ihre Entsorgung außerhalb der Wohnung beabsichtigt hatte.
725
(3) Darüber hinaus ist die Einlassung des Angeklagten nicht plausibel, wonach das Einwickeln des Leichnams in einen Teppich lediglich dazu gedient habe, sich den Anblick des Leichnams zu ersparen. Hierfür wäre eine bloße Bedeckung von oben ohne weiteres ausreichend gewesen. Demgegenüber ist das Einrollen in einen Teppich mit einem wesentlich größeren Aufwand verbunden und setzt wesentlich mehr Kontakt mit dem Leichnam voraus als dessen bloße Bedeckung von oben. Vielmehr erwecken die Lichtbilder von dem in den Teppich eingerollten Leichnam schon rein optisch den Eindruck, dass es sich hierbei um eine „Transportverpackung“ handelt.
726
(4) Ebenfalls nicht plausibel ist die Einlassung des Angeklagten, wonach er den Leichnam lediglich deshalb zur Treppe gezogen habe, damit er den unmittelbaren Tatort im Bereich vor dem Sofa ungehindert reinigen könne.
727
Allein zu diesem Zweck wäre es bei weitem nicht erforderlich gewesen, den Leichnam im Teppich so nahe an den oberen Treppenabsatz heranzuziehen, dass beide Unterschenkel der Leiche bereits weit darüber hinausragten, sich die Zehen des rechten Fußes auf der Höhe der Trittkante der nächsten, darunter gelegenen Treppenstufe, befanden und der gesamte linke Fuß auch darüber noch hinausragte und sich bereits oberhalb der zweiten Treppenstufe befand. Diese Positionierung des Leichnams führte zwangsläufig zu einer erheblichen Behinderung des Zugangs zur Treppe bzw. der Nutzung der obersten Treppenstufe sowie des oberen Treppenabsatzes. Als reiner Ablageoder Lagerungsort ist diese Lokalisation deshalb denkbar ungeeignet.
728
Vielmehr erwecken die entsprechenden Lichtbilder den Eindruck, dass der Leichnam über die Treppe nach unten abtransportiert werden sollte, der Teppich das Hinabgleiten des Leichnams über die Treppenstufen ermöglichen bzw. verbessern sollte und die Vorbereitung dieses Vorhabens durch die entsprechende Positionierung des Leichnams am oberen Treppenabsatz vom Angeklagten bereits in Angriff genommen wurde, bevor er hiervon letztlich wieder Abstand nahm.
729
(5) In das sich aus alledem ergebende Gesamtbild passt die am 12.10.2020 um 21:31 Uhr vom Angeklagten versandte WhatsApp-Nachricht gut. Diese diente nach der Überzeugung des Schwurgerichts dazu, sich ein Alibi für die Tatzeit zu verschaffen. Insoweit wird auf die Ausführungen unter 24., S. 92, Bezug genommen.
730
f. Von seinem Vorhaben, sich der strafrechtlichen Verantwortung für die von ihm begangene Tat entziehen zu wollen, nahm der Angeklagte wieder Abstand, als ihm bewusst wurde, dass ihn der Versuch, die von ihm begangene Tat zu verschleiern, psychisch völlig überforderte. Er entschloss sich deshalb, die strafrechtliche Verantwortung für die Tötung seiner Ehefrau zu übernehmen und sich noch im Laufe der Nacht selbst bei der Polizei zu stellen.
731
35. Die Feststellung, dass der Angeklagte um 22:20 Uhr die Heckklappe seines Pkw der Marke BMW, amtliches Kennz…7 entriegelte, stützt die Strafkammer auf die sachkundigen Ausführungen des Sachverständigen KHK Kaminski. Dieser berichtete widerspruchsfrei und überzeugend über die von ihm anlässlich der Analyse des Fahrzeugdiagnoseprotokolls dieses Fahrzeugs mittels eines Auswertungssystems vorgenommene Auswertung des Historienspeichers der Zentralverriegelung. Dieser enthalte lediglich zwanzig Speicherplätze, sodass der jeweils älteste Eintrag wieder gelöscht werde.
732
Der älteste dieser zwanzig Einträge datiere laut Protokoll des Auswertungssystems vom 12.10.2020 um 22:26 Uhr und sei aufgrund einer Entriegelung der Heckklappe erfolgt. Allerdings habe sich im Nachhinein herausgestellt, dass die im Auswertungssystem hinterlegte Uhrzeit zum damaligen Zeitpunkt sechs Minuten gegenüber der Echtzeit vorgegangen sei, weshalb von der protokollierten Uhrzeit sechs Minuten abgezogen werden müssten, um die korrekte Echtzeit zu erhalten. Demnach stamme der älteste Eintrag vom 12.10.2020 um 22:20 Uhr und sei aufgrund einer Entriegelung der Heckklappe erfolgt
733
36. Die Feststellungen zu dem vom Angeklagten nach der Tat durchgeführten Fahrten mit seinem Pkw und den jeweiligen Uhrzeiten beruhen auf der Einlassung des Angeklagten und soweit die Feststellungen hiervon abweichen oder darüber hinausgehen, auf den entsprechenden Angaben des Zeugen KHK M., der glaubhaft berichtete, dass die Auswertung der Telematik-Daten der VHV-Versicherung, der Kfz-Versicherung des Angeklagten, die entsprechenden Ergebnisse hinsichtlich der Bewegungsdaten des Fahrzeugs erbracht habe.
734
a. Aus den Ausführungen des Zeugen KHK M. ergab sich auch, dass der Angeklagte erst bei seiner zweiten Fahrt mit seinem Fahrzeug zum Krankenhaus Barmherzige Brüder fuhr und nicht, wie er meinte, bei seiner ersten Fahrt (vgl. II.6.c(6), S. 60).
735
b. Die Einlassung des Angeklagten dazu, warum er zu dem Krankenhaus gefahren sei, war wechselnd und widersprüchlich, weshalb die Strafkammer ihr nicht gefolgt ist. Während der Angeklagte in seiner polizeilichen Beschuldigtenvernehmung vom 13.10.2020 angab, er habe dort gehalten, um Hilfe zu holen und zu sagen, was passiert sei (vgl. II.2.d(3), S. 44), ließ er sich in der Hauptverhandlung dahingehend ein, er sei dorthin gefahren, um sich vor Augen zu führen, wie nah die krankenhausärztliche Versorgung gewesen wäre, so dass der Tod seiner Ehefrau vielleicht abwendbar gewesen wäre (vgl. II.6.c(6), S. 60).
736
Mangels hinreichend tragfähiger, tatsächlicher Anknüpfungspunkte vermochte das Schwurgericht aber auch keine anderweitigen Feststellungen zu den Gründen der vom Angeklagten durchgeführten Fahrt zum Krankenhaus zu treffen.
737
37. Dass der Angeklagte zur Tatzeit keine Kenntnis von den 237.000,- Euro Bargeld der Geschädigten hatte, welches sich im Schlafzimmer in einer unverschlossenen Geldkassette im Bettkasten befand, schließt das Schwurgericht aus den Angaben des Angeklagten in seiner polizeilichen Beschuldigtenvernehmung vom 24.11.2020.
738
a. Darin gab der Angeklagte auf die Frage, ob er etwas von größeren Bargeldbeträgen in der Wohnung wisse, an, dass seine Ehefrau zu Beginn ihrer Beziehung etwa 10.000,- Euro Bargeld in der Wohnung gehabt habe, welches er allerdings nie gesehen habe. Die Nachfrage, ob er noch etwas von anderen, höheren Bargeldbeträgen in der Wohnung wisse, verneinte der Angeklagte und erklärte ausdrücklich, davon nichts zu wissen. Er fügte hinzu, dass Brillanten und Smaragde in einer Ringschatulle „unten bei den Socken“ das Einzige seien, was es in diesem Zusammenhang noch gebe.
739
b. Soweit der Angeklagte in der Hauptverhandlung angab, dass seine Ehefrau in einer Geldkassette unter dem Bett im Schlafzimmer etwa 200.000,- Euro Bargeld aufbewahrt habe (vgl. II.6.d., S. 60), handelt es sich hierbei nach der Überzeugung der Strafkammer um eine vom Angeklagten im Nachhinein erlangte und aus den Ermittlungsakten herrührende Kenntnis.
740
c. Soweit der Angeklagte hinzufügte, dass dieses Bargeld aus dem Verkauf von Antiquitäten gestammt habe (vgl. II.6.d., S. 60), handelt es sich um den - im Ergebnis erfolglosen - Versuch des Angeklagten, durch diese individualisierende, letztlich nicht auf ihre Richtigkeit hin überprüfbare Behauptung seinen Angaben den Anschein von Originalität und damit von Wahrhaftigkeit zu verleihen. Jenseits dessen würde die Kenntnis von der Herkunft eines Bargeldbetrages nicht auch zugleich die Kenntnis von dessen Lagerort eröffnen.
741
38. Die Feststellungen im Zusammenhang mit dem Verbringen von Wertgegenständen zu seiner Mutter, um sich und seiner Herkunftsfamilie noch - zumindest in weiten Teilen unberechtigt - materielle Vorteile zu sichern, soweit ihm dies aus seiner Sicht unauffällig und mit geringem Aufwand möglich war, beruhen auf der Einlassung des Angeklagten, soweit ihr gefolgt werden konnte. Soweit die Feststellungen hiervon abweichen oder darüber hinausgehen, liegen ihnen die folgenden Beweismittel und Erwägungen zugrunde.
742
a. Der Angeklagte ließ sich hierzu folgendermaßen ein:
743
(1) In der auf seinen Wunsch durchgeführten Beschuldigtenvernehmung vom 24.11.2020 gab der Angeklagte an (vgl. II.4.a., S. 49), er habe bei der zweiten Fahrt zu seiner Mutter ein paar Gegenstände zu ihr gebracht, weil er nicht gewollt habe, dass durch die polizeiliche Untersuchung vielleicht etwas wegkomme.
744
(a) Er habe seiner Mutter persönliche Gegenstände seiner Ehefrau übergeben, die für E. M. L. einen besonderen ideellen Wert gehabt hätten, und zwar fünf Handtaschen, die seine Ehefrau von ihrer Mutter bekommen habe, sowie zwei Uhren, die sie von ihrer Mutter geerbt habe. Seinen Angaben zufolge habe der Angeklagte seiner Mutter mitgeteilt, dass es sich hierbei um Gegenstände seiner Ehefrau handle, und sie aufgefordert, diese für Kr. R., die beste Freundin seiner Ehefrau, oder für die Tante seiner Ehefrau aufzubewahren, „bis der ganze Fall geklärt“ bzw. „abgeschlossen“ sei.
745
(b) Ferner habe er seiner Mutter Gegenstände aus seinem Eigentum übergeben, und zwar eine Armbanduhr, einen Herrengürtel sowie Bargeld in Höhe von 1.300,- Euro aus seinem Geldbeutel, welches ihm seine Mutter zuvor überwiesen habe. Er habe das Geld mindestens zwei Jahre zuvor vom Konto abgehoben, wobei es sich ursprünglich um 5.000,- Euro gehandelt habe, die im Laufe der Zeit weniger geworden seien.
746
(2) In der Hauptverhandlung gab der Angeklagte an (vgl. II.6.c(5), S. 60), er habe die Gegenstände, die seiner Ehefrau wichtig gewesen seien und zu denen sie eine besondere Verbindung gehabt habe, aus dem begehbaren Kleiderschrank im Schlafzimmer sowie das Geld seiner Mutter aus der Wohnung mitgenommen und sei erneut zu seiner Mutter gefahren. Er habe ihr alles übergeben und gesagt, dass sie die Gegenstände für Kr. R. aufheben solle und er zur Polizei müsse. Er habe seiner Mutter die Gegenstände übergeben, um zu verhindern, dass diese im Rahmen der polizeilichen Ermittlungen abhandenkämen.
747
b. Die Feststellungen zu den im Einzelnen vom Angeklagten zu seiner Mutter verbrachten Gegenständen beruhen auf den Angaben des Zeugen KK Wa., wonach diese Gegenstände im Rahmen einer am 24.11.2020 bei der Mutter des Angeklagten mit deren aktiver Mitwirkung sichergestellt worden seien.
748
(1) Hierzu berichtete der Zeuge KK Wa. ferner, er habe am 21.10.2020 gemeinsam mit seinem Kollegen KHK M. erstmals die Wohnung der Mutter des Angeklagten, Ra. Zi., in der B2. straße 19d, … M1., einschließlich des dazugehörigen Kellerabteils durchsucht. Im Kellerabteil habe sich unter anderem ein verklebter Umzugskarton befunden. Hierzu habe die Mutter des Angeklagten angegeben, dass sich darin alte Umzugsgegenstände befänden. Dies hätten sein Kollege und er ihr geglaubt und deshalb auf ein Öffnen des Kartons verzichtet und nur mit der Hand durch eine Öffnung hineingefasst, ohne hierbei auffällige Wahrnehmungen zu machen. Auf diesem Umzugskarton sei nichts gelegen, insbesondere auch keine verklebte Tüte.
749
(2) Aufgrund der Angaben des Angeklagten in seiner Beschuldigtenvernehmung vom 24.11.2020 (vgl. a(1), S. 120) habe sich KK Wa. seinen Angaben zufolge am selben Tag erneut mit seinem Kollegen KHK M. zur Wohnung der Mutter begeben. Ra. Zi. habe ihnen in ihrem Kellerabteil den ihnen bereits von ihrem ersten Besuch bekannten, verklebten Umzugskarton gezeigt, auf dessen Öffnen sie damals verzichtet hätten. Ferner sei diesmal auf dem Umzugskarton eine verklebte Plastiktüte gelegen, die sich dort beim ersten Mal noch nicht befunden habe.
750
In dem Umzugskarton, den sie vor Ort geöffnet hätten, hätten sich KK Wa. zufolge sechs Damenhandtaschen und sechs Flaschen Whisky befunden. Auf ein Öffnen der Plastiktüte vor Ort hätten sie letztlich verzichtet, da sich beim entsprechenden Versuch gezeigt habe, dass diese mehrlagig verpackt und verklebt gewesen sei. Ra. Zi. habe zu der Plastiktüte angegeben, dass sich darin Schmuck und Bargeld befänden und sie diese aus Angst vor einem möglichen Diebstahl oder einer etwaigen Beschädigung so fest verpackt habe.
751
(3) Die soeben unter (1) und (2) dargelegten Angaben des Zeugen KK Wa. wurden von seinem Kollegen KHK M. glaubhaft bestätigt.
752
(4) Der Zeuge KK Wa. bekundete ferner glaubhaft, dass sich nach dem Öffnen der Plastiktüte auf der Dienststelle darin 1.250,- Euro Bargeld, ein Armkettchen, zwei Gürtel sowie zwei Armbanduhren der Marke Cartier und eine Armbanduhr der Marke Breguet befunden hätten.
753
(5) Wie der Zeuge KK Wa. weiter glaubhaft berichtete, habe er am darauffolgenden Tag, den 25.11.2020, einen Anruf der Mutter des Angeklagten erhalten, in welchem diese erklärt habe, dass sie ihm etwas mitteilen wolle, was jedoch geheim sei. Anschließend habe Ra. Zi. laut KK Wa. telefonisch folgende Angaben gemacht:
754
In der Tatnacht habe sie einen Anruf vom Angeklagten erhalten, in welchem dieser angekündigt habe, zehn Minuten später bei ihr zu sein. Bei ihr habe er den Umzugskarton selbstständig in ihr Kellerabteil, für das er einen eigenen Schlüssel gehabt habe, gestellt. Ihr sei nicht bekannt gewesen, was sich in dem Umzugskarton befunden habe.
755
Anschließend sei der Angeklagte in ihre Wohnung gekommen, habe einen Karton mit Schmuck und Geld auf den Tisch geworfen und sie aufgefordert, dass sie am nächsten Tag ihren anderen Sohn, An. Uh., anrufen und ihm diese Sachen geben solle.
756
Dementsprechend habe sie am nächsten Morgen ihren Sohn A2. angerufen. Dieser sei daraufhin vorbeigekommen und sie hätten gemeinsam die in der Wohnung befindlichen Sachen durchgesehen. An. Uh. habe den Schmuck und das Bargeld dann mitgenommen.
757
Am Vortag, dem 24.11.2020, habe ihr Sohn A2. das Päckchen mit dem Schmuck und dem Geld schnell in ihren Keller gelegt, bevor er, KK Wa., eingetroffen sei.
758
c. Die oben unter a. dargelegte Einlassung des Angeklagten erachtet die Strafkammer aus den nachfolgend dargelegten Gründen als unglaubhaft und in den wesentlichen Punkten widerlegt. Die seiner Einlassung entgegenstehenden Feststellungen beruhen auf den nachfolgend genannten Beweismitteln und Erwägungen:
759
(1) Der Angeklagte erwähnte in seiner Einlassung die sechs Flaschen Whisky nicht. Für diese ist der vom Angeklagten als seiner von ihm behaupteten Handlungsmotivation zugrundeliegende, sich aus einem Bezug zu ihrer Mutter ergebende, besondere ideelle Wert für die Geschädigte nicht ersichtlich und wurde von ihm auch weder vorgetragen noch entsprechend begründet.
760
Vielmehr ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon auszugehen, dass es sich bei diesen sechs Flaschen Whisky um Erbstücke der Geschädigten von ihrem verstorbenen Vater handelte. Ferner steht danach fest, dass der Angeklagte die durch seine Ehefrau von ihrem Vater geerbten Whiskyflaschen als monetäre - und nicht ideelle - Wertgengenstände ansah und in der Vergangenheit bereits mindestens eine Flasche Whisky zu Geld gemacht hatte.
761
Wie der Zeuge S4. P3., langjähriger Freund des Angeklagten, auch insoweit glaubhaft bekundete, habe der Angeklagte ihm erzählt, dass sich in der von ihm mit der Geschädigten bewohnten Wohnung (monetäre) Wertgegenstände befänden und in diesem Zusammenhang eine teure Uhr sowie teuren Whisky erwähnt. Dem Angeklagten zufolge habe die Geschädigte sowohl die Uhr als auch den Whisky von ihrem Vater geerbt. Einmal habe der Angeklagte zudem beiläufig erwähnt, dass er eine vom Vater der Geschädigten stammende Flasche Whisky für 30.000,- Euro versteigert habe.
762
(2) Die soeben dargelegten Angaben des Zeugen P3. belegen darüber hinaus, dass der Angeklagte auch eine Uhr in der Vergangenheit unter monetären Gesichtspunkten erwähnt hatte, was seine entsprechende Sichtweise in Bezug auf Uhren auch zur Tatzeit nahelegt.
763
(3) Der Angeklagte ließ sich wechselnd dazu ein, für wen seine Mutter die Gegenstände angeblich hätte aufbewahren sollen. Während er gegenüber der Polizei angab, dies habe für Kr. R. oder die Tante der Geschädigten erfolgen sollen, sprach er in der Hauptverhandlung nur von Kr. R..
764
(4) Die Angaben des Angeklagten, wonach er seine Mutter aufgefordert habe, die übergebenen Gegenstände für Kr. R. - bzw. laut Beschuldigtenvernehmung alternativ für die Tante der Geschädigten - aufzuheben, sind durch die oben unter b(5), S. 122, dargelegten Angaben der Mutter des Angeklagten gegenüber dem Zeugen KK Wa., worüber dieser als Zeuge vom Hörensagen glaubhaft berichtete, widerlegt.
765
(a) Nach den Angaben der Mutter des Angeklagten gegenüber KK Wa. habe der Angeklagte einen Karton mit Schmuck und Geld auf den Tisch geworfen und seine Mutter vielmehr aufgefordert, dass sie am nächsten Tag ihren anderen Sohn, An. Uh., anrufen und ihm diese Sachen geben solle.
766
(b) Für die Richtigkeit dieser Angaben spricht der Umstand, dass ihre weiteren Angaben, wonach An. Uh. das Päckchen mit dem Schmuck und dem Geld am 24.11.2020 kurz vor dem Eintreffen von KK Wa. und KHK M. schnell in ihren Keller gelegt habe, gut mit den Angaben der beiden Kriminalbeamten in Einklang zu bringen sind, wonach die Tüte, worin sich der Schmuck und das Bargeld befanden, zum Zeitpunkt der ersten Durchsuchung am 21.10.2020 noch nicht an ihrem späteren Auffindeort auf dem verklebten Umzugskarton im Keller gelegen sei.
767
(5) Durch die gegenüber KK Wa. gemachten Angaben der Mutter des Angeklagten, wonach dieser sie aufgefordert habe, seinem Halbbruder den Schmuck und das Geld zu geben, sind zugleich die Angaben zur Herkunft des Bargelds widerlegt. Insbesondere steht die vom Angeklagten an seine Mutter gerichtete Aufforderung, das Geld seinem Halbbruder zu übergeben, im Widerspruch zu der Behauptung, dass es sich hierbei um Geld seiner Mutter gehandelt habe, welches er ihr zurückgegeben habe.
768
Angesichts dessen ist das Schwurgericht davon überzeugt, dass der Angeklagte das Geld aus einem ihm bekannten Bargeldversteck in der Wohnung entnahm und geht zu Gunsten des Angeklagten davon aus, dass lediglich zumindest die Hälfte hiervon der Geschädigten gehörte.
769
Dass es sich bei den 1.250,- Euro um den gesamten, dort zu diesem Zeitpunkt vorhandenen Betrag handelte, schließt das Schwurgericht aus dem Umstand, dass nach den glaubhaften Angaben des Zeugen KHK M. bei der Durchsuchung der Wohnung - abgesehen von 237.000,- Euro Bargeld in einer unverschlossenen Geldkassette im Bettkasten im Schlafzimmer, wovon der Angeklagte nach der Überzeugung des Schwurgerichts keine Kenntnis hatte (vgl. 37., S. 119) - kein weiteres Bargeld in der Wohnung aufgefunden wurde.
770
(6) Nach einer Gesamtwürdigung der dargelegten Umstände gelangte die Strafkammer zu der Überzeugung, dass es dem Angeklagten bei der Verbringung der Gegenstände zu seiner Mutter darum ging, sich und seiner Herkunftsfamilie noch materielle Vorteile zu sichern, soweit ihm dies aus seiner Sicht unauffällig und mit geringem Aufwand möglich war.
771
Aufgrund der oben dargelegten Umstände ist es zwar einerseits nicht fernliegend, dass sämtliche vom Angeklagten zu seiner Mutter verbachten Gegenstände der Geschädigten gehörten. Allerdings ist es andererseits zwanglos vorstellbar, dass die beiden vom Angeklagten in seiner polizeilichen Beschuldigtenvernehmung als in seinem Eigentum stehend bezeichneten Gegenstände - ein Gürtel und eine Armbanduhr - tatsächlich dem Angeklagten gehörten, beispielsweise weil sie ihm von seiner Ehefrau in der Vergangenheit geschenkt worden waren. Mangels entgegenstehender, hinreichend tragfähiger, tatsächlicher Anknüpfungspunkte folgt die Strafkammer deshalb hinsichtlich dieser beiden Gegenstände insoweit der Einlassung des Angeklagten. Darüber hinaus geht das Schwurgericht zugunsten des Angeklagten davon aus, dass ihm die Hälfte der 1.250,- Euro Bargeld gehörten (vgl. (5)).
772
39. Die Feststellungen im Zusammenhang mit der Selbststellung des Angeklagten auf der Wache der Polizeiinspektion ... basieren auf der Einlassung des Angeklagten sowie zusätzlich und ergänzend auf den im Wesentlichen übereinstimmenden, entsprechenden Angaben des diensthabenden Polizeibeamten POM An. und seiner damaligen Dienstgruppenleiterin PHKin Fi..
IV. Schuldfähigkeit des Angeklagten
773
Die Feststellungen zur Schuldfähigkeit des Angeklagten beruhen auf den überzeugenden Darlegungen des toxikologischen Sachverständigen Prof. Dr. M7., des rechtsmedizinischen Sachverständigen Prof. Dr. P6. sowie des psychiatrischen Sachverständigen Dr. H1..
774
1. Der toxikologische Sachverständige Prof. Dr. M7. vom Forensisch Toxikologischen Centrum (FTC) in München erläuterte die toxikologischen Untersuchungsergebnisse bezüglich einer dem Angeklagten am 13.10.2020 entnommenen Haarprobe. Demnach hätten die Untersuchungen hinsichtlich sämtlicher untersuchter Substanzgruppen (Cocain Gruppe, Opiat Gruppe, Opioide, Amphetamine, Benzodiazepine und Hypnotika, Cannabinoide, Halluzinogene sowie weitere Substanzen, namentlich Gabapentin, Ketamin, Norketamin, Levetiracetam, Methylphenidat, Ritalinsäure und Pregabalin) negative Ergebnisse erbracht.
775
2. Der rechtsmedizinische Sachverständige Prof. Dr. P6. legte dar, dass aus rechtsmedizinischer Sicht keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit des Angeklagten zur Tatzeit durch Alkohol oder Drogen bestünden.
776
a. Prof. Dr. P6. legte dar, dass von dem Untersuchungsergebnis der dem Angeklagten am 13.10.2020 um 04:11 Uhr entnommenen Blutprobe eine Rückrechnung nicht möglich sei, da diese eine Blutalkoholkonzentration von 0,00 ‰ im Mittelwert aufgewiesen habe.
777
b. Der rechtsmedizinische Sachverständige nahm anhand der Trinkmengenangaben des Angeklagten in der Hauptverhandlung (0,2 Liter Rotwein mit einem Alkoholgehalt von 12 Vol.-% bei einem Trinkbeginn gegen 19:00 Uhr, vgl. II.6.a(2), S. 55) eine Alkoholberechnung vor und wandte hierbei stets eine Betrachtung zu Gunsten des Angeklagten an.
778
Dem Sachverständigen zufolge errechne sich ausgehend von einem Körpergewicht des Angeklagten von 65 kg und einer aufgenommenen Alkoholmenge von aufgerundet 20 g unter Zugrundelegung eines niedrigen stündlichen Abbauwerts von 0,1 ‰ für eine unterstellte Tatzeit (bereits) um 20:00 Uhr eine maximale Blutalkoholkonzentration von 0,30 ‰. Diese lasse keinerlei physische oder psychische Alkoholwirkung erwarten, so dass eine Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit hierdurch ausgeschlossen werden könne.
779
Angesichts des fortschreitenden Alkoholabbaus mit zunehmender Zeitdauer gelte dies dem rechtsmedizinischen Sachverständigen zufolge umso mehr für eine Tatzeit erst gegen 20:30 Uhr.
780
c. Wie Prof. Dr. P6. weiter ausführte, habe die Beweisaufnahme darüber hinaus keine Anhaltspunkte für eine Beeinflussung des Angeklagten zur Tatzeit durch Alkohol oder Drogen erbracht.
781
3. Der psychiatrische Sachverständige Dr. H1. gelangte zu der Einschätzung, dass eine relevante Beeinträchtigung der Steuerungs- oder Einsichtsfähigkeit des Angeklagten aus medizinischpsychiatrischer Sicht unter keinem Gesichtspunkt vorliege.
782
In seine Ausführungen bezog der Sachverständige die Teilgutachten der Sachverständigen Prof. Dr. M7., Prof. Dr. P6. und Dipl.-Psych. Li., welche er jeweils in allen Punkten für zutreffend erachtete, mit ein. Im Übrigen stützte sich Dr. H1. auf seine Exploration des Angeklagten am 17.12.2020 und 23.03.2021 sowie auf seine Wahrnehmungen in der Hauptverhandlung und seine hierbei gewonnenen Erkenntnisse.
783
a. Dr. H1. führte aus, dass das Eingangsmerkmal der krankhaften seelischen Störung aus medizinischpsychiatrischer Sicht nicht erfüllt sei.
784
(1) Anhaltspunkte für eine überdauernde psychiatrische Erkrankung des Angeklagten, insbesondere für eine Psychose oder eine hirnorganische Schädigung, hätten sich nicht ergeben.
785
(2) Auch für eine zur Tatzeit vorliegende affektive Störung, insbesondere eine anhaltende Depression, des Angeklagten gebe es keine Hinweise.
786
Zwar habe sich bei ihm in der ersten Jahreshälfte 2020 eine gewisse depressive Symptomatik gezeigt. Allerdings sei insoweit ohne pharmakologische oder psychotherapeutische Behandlung spätestens im Sommer 2020 - trotz der anhaltenden emotionalen Belastung durch die schwere Erkrankung seiner Adoptivschwester und die erlittenen Aktienverluste - eine deutliche Besserung eingetreten, was sich nicht zuletzt in der überdurchschnittlichen Arbeits- und Leistungsfähigkeit des Angeklagten bei seinem neuen Arbeitgeber M2. P2. GmbH gezeigt habe. Eine solche ergebe sich sowohl aus der Einlassung des Angeklagten (vgl. II.6.i., S. 62) als auch aus den Angaben seines damaligen Vorgesetzten, des Zeugen W3. (vgl. I.2.d(1)(a), S. 31).
787
Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass der Angeklagte im Juni 2020 anlässlich des Bekanntwerdens der zur Insolvenz führenden Vorgänge beim U3. W1. AG sowie des daraus resultierenden Wertverfalls der Wirecard-Aktie in einem vorübergehenden Anflug von Verzweiflung im Urlaub in Italien kurzzeitig über die Möglichkeit nachgedacht habe, sich der daraus entstandenen Situation eventuell durch einen Suizid im Mittelmeer zu entziehen. Der Angeklagte habe hiervon sogleich wieder Abstand genommen, ohne etwas zur Umsetzung dieser gedanklich in Betracht gezogenen Möglichkeit unternommen zu haben.
788
(3) Ferner sei dieses Eingangskriterium aus medizinischpsychiatrischer Sicht auch in der passageren Form unter dem Gesichtspunkt einer akuten Intoxikation des Angeklagten nicht erfüllt. Dr. H1. schloss sich insoweit den oben unter 2., S. 125, dargelegten Ausführungen des rechtsmedizinischen Sachverständigen Prof. Dr. P6. an.
789
b. Auch für das Vorliegen einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung im Sinne eines affektiven Ausnahmezustands zum Tatzeitpunkt hätten sich aus medizinischpsychiatrischer Sicht keine Anhaltspunkte ergeben.
790
(1) Zwar habe es sich um eine in affektiver Erregung begangene Spontantat gehandelt, allerdings sei das Ausmaß an affektiver Erregung bei der Tatbegehung nicht besonders hoch gewesen, wie sich aus dem Verletzungsbild und den Umständen der Tatausführung (vgl. III.29.m., S. 109) sowie dem geordneten Nachtatverhalten des Angeklagten ergebe. Das in der Tat zum Ausdruck gekommene besonders hohe Maß an Aggression dürfe damit nicht verwechselt werden (vgl. III.29.m., S. 109).
791
(2) Hinweise für das Auftreten vegetativer, psychischer oder körperlicher Symptome einer heftigen Affekterregung in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der Tat bestünden nicht. Vielmehr seien sowohl die Tathandlungen als auch das geordnete Nachtatverhalten des Angeklagten von Z. und innerer Rationalität geprägt gewesen (vgl. III.29.m., S. 109) und belegten, dass beim Angeklagten der Überblick über die Situation erhalten gewesen sei. Anzeichen für eine schwere Erschütterung des Angeklagten unmittelbar nach der Tat lägen damit nicht vor.
792
Soweit der Angeklagte auf der Polizeiwache nach seiner um 02:10 Uhr erfolgten vorläufigen Festnahme heftig geweint, dabei schnell geatmet und zeitweise vor sich hingesprochen habe, ließen sich hieraus angesichts des Zeitablaufs von mehr als fünf Stunden seit der Tat keine Rückschlüsse auf die psychische Verfassung des Angeklagten zur Tatzeit ziehen. Vielmehr liege es im Hinblick auf den engen zeitlichen Zusammenhang mit der zuvor erfolgten vorläufigen Festnahme des Angeklagten aus medizinischpsychiatrischer Sicht überaus nahe, dass sich diese schwere Erschütterung des Angeklagten auf seine eigene Situation bezogen habe, die ihm durch die vorläufige Festnahme vor Augen geführt worden sei.
793
(3) Darüber hinaus lasse die Einlassung des Angeklagten zum Tatgeschehen, insbesondere bei seiner polizeilichen Beschuldigtenvernehmung am 13.10.2020, auf eine bei der Tat unbeeinträchtigte Situationswahrnehmung sogar von Details schließen.
794
Die vom Angeklagten geltend gemachten Erinnerungslücken seien, wie Dr. H1. in Übereinstimmung mit dem rechtsmedizinischen Sachverständigen Prof. Dr. P6. ausführte, hingegen medizinisch nicht erklärbar.
795
Unabhängig davon habe der Angeklagte jedoch Detailwahrnehmungen vom Tatgeschehen geschildert, wie etwa das leise Röcheln und Blinzeln der Augenlider der am Boden liegenden Geschädigten (vgl. II.2.b(4), S. 42) oder auch den Ablauf seiner Stichführung beim ersten Messerstich einschließlich der Lokalisation des Treffers (vgl. II.2.b(3), S. 42), welche sich mit den Ausführungen des rechtsmedizinischen Sachverständigen zwanglos vereinbaren ließen. Diese belegten demnach aus medizinischpsychiatrischer Sicht nicht nur ein unbeeinträchtigtes Erinnerungsvermögen, sondern insbesondere auch eine erhaltene Wahrnehmungsfähigkeit in der Tatsituation.
796
Ferner belege etwa die im Zusammenhang mit seinen Angaben zum Würgevorgang erfolgte Einlassung des Angeklagten, wonach er gewartet habe, bis er keine Regung mehr gesehen habe, und dann aufgestanden sei (vgl. II.2.b(4), S. 42), überdies, dass auch seine Fähigkeit zur Beurteilung und Verarbeitung der gemachten Wahrnehmungen sowie zu einer adäquaten Reaktion hierauf erhalten gewesen sei.
797
Insgesamt bestünden dem psychiatrischen Sachverständigen zufolge jedenfalls keine Anhaltspunkte für eine Unterbrechung des Sinn- und Erlebniszusammenhangs im Zeitraum von der Tatbegehung bis zur vorläufigen Festnahme des Angeklagten.
798
c. Eine Intelligenzminderung liege beim Angeklagten ebenfalls nicht vor.
799
Wie Dr. H1. unter Bezugnahme auf die Ausführungen der psychologischen Sachverständigen D..-Psych. Li. ausführte, verfüge der Angeklagte nach dem Ergebnis der testpsychologischen Untersuchung über eine deutlich überdurchschnittliche Fähigkeit zum logischen, schlussfolgernden Denken sowie zur Konzentration; seine Verbalintelligenz sowie seine fluide Intelligenz lägen im mittleren Durchschnittsbereich. Diese Testergebnisse ließen sich laut Dr. H1. zwanglos mit dem klinischen Eindruck vom Angeklagten in Einklang bringen. Für kognitive Defizite oder eine hirnorganische Beeinträchtigung bestünden keinerlei Anhaltspunkte.
800
d. Ferner sei auch das Eingangsmerkmal der schweren anderen seelischen Störung aus medizinischpsychiatrischer Sicht nicht erfüllt.
801
(1) Der Angeklagte habe keine Persönlichkeitsstörung. Seine Persönlichkeit sei zwar durch dependente, zwanghafte und narzisstische Züge akzentuiert, diese seien jedoch nicht so stark ausgeprägt, dass sie den Grad einer Persönlichkeitsstörung erreichen würden. Die Persönlichkeit des Angeklagten bewege sich vielmehr innerhalb der normalpsychologischen Bandbreite.
802
Für das Vorliegen einer Persönlichkeitsstörung fehle es beim Angeklagten bereits an der ausreichend intensiven Ausprägung von starren, kontaktunabhängigen Verhaltensmustern. Darüber hinaus sei es bei ihm auch nicht zu Einbußen im psychosozialen Funktionsniveau gekommen
803
(2) Für das Vorliegen eines Abhängigkeitssyndroms beim Angeklagten gebe es keine Anhaltspunkte. Er trinke Alkohol im sozialüblichen Rahmen und habe in seinem Leben lediglich ganz vereinzelt in der Vergangenheit illegale Betäubungsmittel konsumiert.
804
D. Das Schwurgericht schloss sich den von großer Sachkunde getragenen, widerspruchsfreien Ausführungen des psychiatrischen Sachverständigen Dr. H1. mit den genannten Argumenten an. Die Darlegungen des sehr erfahrenen Gutachters gingen von zutreffenden Anknüpfungstatsachen aus, waren nachvollziehbar und überzeugend. Rechtliche Würdigung Die Tat des Angeklagten zum Nachteil der Geschädigten E1. M3. L. ist strafrechtlich zu werten als Mord gemäß § 211 Abs. 1 und Abs. 2 Var. 5 StGB.
805
1. Der Angeklagte tötete E. M. L., indem er am 12.10.2020 zwischen 20:30 Uhr und 20:50 Uhr mit der etwa 15 cm langen und bis zu 4 cm breiten, spitz zulaufenden, einseitig geschliffenen Klinge eines Küchenmessers mindestens 11 Mal auf den Oberkörper, vor allem den Brustbereich, der Geschädigten sowie auf ihren Kopf- und Halsbereich einstach und sie anschließend mit beiden Händen am Hals so würgte, dass ihre zu diesem Zeitpunkt ohnehin bereits stark eingeschränkte Atmung gänzlich aussetzte. Durch die Messerstiche fügte der Angeklagte seinem Opfer diverse stark blutende, lebensgefährliche Stichverletzungen unter anderem an Herz, Lunge und Leber sowie im Halsbereich zu.
806
2. E. M. L. verstarb am ... 2020 zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt zwischen 20:30 Uhr und 21:15 Uhr infolge Verblutens nach außen und innen in Verbindung mit Ersticken bei Bluteinatmung.
807
3. Bei Begehung der Tat handelte der Angeklagte mit direktem Tötungsvorsatz in Form der Tötungsabsicht.
808
Dass die Vorgehensweise des Angeklagten äußerst gefährlich und geeignet ist, tödliche Verletzungen hervorzurufen, ist offensichtlich und allgemein bekannt. Gerade darauf kam es dem Angeklagten an.
809
a. Der Angeklagte verübte seinen Messerangriff gegen den Oberkörper, insbesondere den Brustbereich, sowie gegen den Kopf- und Halsbereich der Geschädigten. Es ist gängiges Allgemeinwissen, dass sich im Oberkörper als dem zentralen Körperbereich lebenswichtige Organe und große Blutgefäße befinden und dass es sich beim Hals um einen besonders sensiblen Körperbereich handelt, in welchem relativ ungeschützt lebenswichtige Blutgefäße und Atemwege verlaufen. Dies war somit auch dem Angeklagten bekannt.
810
b. Dass der Angeklagte mit der etwa 15 cm langen und bis zu 4 cm breiten, spitz zulaufenden, einseitig geschliffenen Klinge eines Küchenmessers mindestens 11 Mal auf den Oberkörper sowie den Kopf- und Halsbereich der Geschädigten einstach, lässt allein schon aufgrund der Vielzahl der Messerstiche gegen diese besonders empfindlichen Körperbereiche nur den Schluss auf einen absoluten Vernichtungswillen, und damit auf Tötungsabsicht, des Angeklagten zu (vgl. oben C.III.33.a., S. 112). Dass der Angeklagte anschließend das zu diesem Zeitpunkt bereits erheblich vorgeschädigte Opfer mit beiden Händen am Hals so würgte, dass dessen ohnehin bereits stark eingeschränkte Atmung gänzlich aussetzte, lässt ebenfalls nur auf einen absoluten Vernichtungswillen des Angeklagten schließen.
811
4. Das Mordmerkmal der Heimtücke (§ 211 Abs. 2 Var. 5 StGB) ist erfüllt.
812
a. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs handelt heimtückisch, wer in feindlicher Willensrichtung bei Beginn des ersten (vgl. BGH, Urteil v. 16.02.2016 - 5 StR 465/15 m.w.N.) mit Tötungsvorsatz geführten Angriffs die Arg- und Wehrlosigkeit des Tatopfers bewusst zur Tötung ausnutzt. Wesentlich ist dabei, dass der Täter das sich keines erheblichen Angriffs versehende, mithin arglose Opfer in einer hilflosen Lage überrascht und es dadurch daran hindert, dem Anschlag auf sein Leben zu begegnen oder ihn wenigstens zu erschweren (BGH, Urteil vom 09.10.2019 - 5 StR 299/19 m.w.N.). Arg- und Wehrlosigkeit können auch gegeben sein, wenn der Tat eine feindselige Auseinandersetzung vorausgeht, das Tatopfer aber nicht mit einem erheblichen Angriff gegen seine körperliche Unversehrtheit rechnet (BGH, Beschluss vom 09.09.2020 - 2 StR 116/20). Auch ein offen feindseliger Angriff kann heimtückisch sein. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn dem Opfer wegen der kurzen Zeitspanne zwischen Erkennen der Gefahr und unmittelbarem Angriff keine Möglichkeit der Abwehr verbleibt (BGH, Urteil vom 09.10.2019 - 5 StR 299/19 m.w.N.).
813
Für das bewusste Ausnutzen von Arg- und Wehrlosigkeit genügt es, dass der Täter diese in ihrer Bedeutung für die hilflose Lage des Angegriffenen und die Ausführung der Tat in dem Sinne erfasst, dass er sich bewusst ist, einen durch seine Arglosigkeit gegenüber einem Angriff auf Leib und Leben schutzlosen Menschen zu überraschen (st. Rspr., BGH aaO. m.w.N.).
814
Das Ausnutzungsbewusstsein kann im Einzelfall bereits aus dem objektiven Bild des Geschehens abgeleitet werden, wenn dessen gedankliche Erfassung durch den Täter zur Tatzeit auf der Hand liegt. Das gilt in objektiv klaren Fällen selbst dann, wenn der Täter die Tat einer raschen Eingebung folgend begangen hat (BGH aaO. m.w.N.).
815
Bei erhaltener Fähigkeit zur Unrechtseinsicht ist auch die Fähigkeit des Täters, die Tatsituation in ihrem Bedeutungsgehalt für das Opfer realistisch wahrzunehmen und einzuschätzen, im Regelfall nicht beeinträchtigt. Anders kann es zwar bei heftigen Gemütsbewegungen liegen, jedoch sprechen auch eine Spontaneität des Tatentschlusses sowie eine affektive Erregung des Angeklagten nicht zwingend gegen ein bewusstes Ausnutzen der Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers. Maßgeblich sind die in der Tatsituation bestehenden tatsächlichen Auswirkungen des psychischen Zustands des Täters auf seine Erkenntnisfähigkeit (BGH aaO. m.w.N.).
816
b. Daran gemessen handelte der Angeklagte heimtückisch.
817
(1) Die Geschädigte war arglos.
818
Nachdem E. M. L. die vom Angeklagten geforderte sofortige Aussprache über die von ihr mit Ph. Ta. am 09.10.2020 ausgetauschten Chat-Nachrichten sexuellen Inhalts abgelehnt und sinngemäß hinzugefügt hatte, dass alles o.k. wäre, wenn sie den Angeklagten jetzt umbringe, ergriff der Angeklagte, der im Galeriebereich frontal vor seiner etwa mittig auf dem Sofa sitzenden Ehefrau stand, mit seiner rechten Hand blitzschnell das Küchenmesser von dem aus seiner Sicht rechts neben dem Sofa stehenden Beistelltisch, und streckte unterdessen seinen linken Arm in einer abwehrenden Bewegung nach vorn, um hierdurch von vornherein eine etwaige Bewegung seiner Ehefrau in Richtung des Messers zu unterbinden und dieses ungehindert ergreifen zu können. In Fortsetzung dieser Bewegung wandte sich der Angeklagte mit einer schnellen Körperdrehung nach links seiner Ehefrau zu, die gerade im Begriff war, vom Sofa aufzustehen, und versetzte ihr in einer schnellen Bewegung wortlos einen Stich mit dem Messer in den zentralen vorderen Rumpfbereich.
819
In dieser Situation rechnete E. M. L. weder mit einem lebensbedrohlichen noch mit einem gegen ihre körperliche Unversehrtheit gerichteten erheblichen Angriff. Angesichts des vom Angeklagten bis dahin in ihrer Beziehung gezeigten Verhaltens bot insbesondere auch die vorangegangene verbale Auseinandersetzung für E. M. L. keinen Anlass, mit Tätlichkeiten oder gar einem erheblichen Angriff gegen ihre körperliche Unversehrtheit zu rechnen. Selbst wenn E. M. L. den Griff vom Angeklagten zum Messer bemerkt und deshalb die Gefahr eines bevorstehenden Messerangriffs noch vor Beginn des ersten mit Tötungsvorsatz geführten Angriffs erkannt haben sollte, war aufgrund des blitzschnellen Vorgehens des Angeklagten die Zeitspanne zwischen dem Erkennen der Gefahr und dem unmittelbaren Angriff so kurz, dass der Geschädigten keine Möglichkeit blieb, dem Angriff irgendwie zu begegnen oder sich ihm noch zu entziehen.
820
(2) Aufgrund ihrer Arglosigkeit war E. M. L. auch wehrlos.
821
Aus den oben unter (1) dargelegten Gründen standen ihr keine effektiven Abwehrmöglichkeiten zur Verfügung und sie war nicht in der Lage, sich gegen den Angriff wirksam zu schützen. Die Geschädigte vermochte lediglich eine Schutzhaltung einzunehmen und versuchte vergeblich, den Angeklagten an den Händen oder Armen zu packen und so an einer Fortsetzung seines Angriffs zu hindern.
822
(3) Der Angeklagte erkannte diese Umstände, welche die Arg- und Wehrlosigkeit der Geschädigten begründen, und machte sich diese bewusst für seine Tatausführung zunutze.
823
Die Fähigkeit des Angeklagten zur Unrechtseinsicht war erhalten, seine Erkenntnisfähigkeit unbeeinträchtigt. Der Angeklagte war trotz seiner affektiven Erregung und der Spontaneität seines Tatentschlusses in der Lage, die Tatsituation in ihrem Bedeutungsgehalt für das Opfer realistisch wahrzunehmen und einzuschätzen. Denn die Arg- und Wehrlosigkeit (vgl. oben (1) und (2)) sowie ihre Bedeutung für die hilflose Lage der Geschädigten waren in dieser einfach strukturierten Tatsituation so augenfällig und anschaulich, dass sie sich ohne weiteres jedem erschließen. Deshalb liegt auch deren gedankliche Erfassung durch den Angeklagten zur Tatzeit auf der Hand, zumal dieser das Tatgeschehen nicht nur aktiv und zielgerichtet gestaltete, sondern auch schnell und wortlos angriff, was mit einem Überraschungseffekt verbunden ist.
824
Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Angeklagte trotz der einfach strukturierten Tatsituation nicht in der Lage gewesen wäre, deren Bedeutungsgehalt für die Lage der Geschädigten in sein Bewusstsein aufzunehmen. Vielmehr ergibt sich das Gegenteil aus der detailreichen - mit den Ergebnissen der Beweisaufnahme insbesondere zum Verletzungs- und Spurenbild zwanglos im Einklang stehenden - Einlassung des Angeklagten zur Situation bei Angriffsbeginn (vgl. oben C.II.2.b(1), S. 41, bis C.II.2.b(3), S. 42, sowie C.II.6.b(1), S. 57, und C.II.6.b(2), S. 58), in welcher er nicht nur Angaben zum Verhalten der Geschädigten, sondern auch zur Schnelligkeit und Wortlosigkeit seines Vorgehens machte.
825
Dass beim Angeklagten trotz seiner danach erkennbar unbeeinträchtigten Fähigkeit zur Wahrnehmung, Erfassung und Kontrolle der Situation durchgreifende Defizite in der darüber hinausgehenden „Bedeutungskenntnis“ vorgelegen haben könnten, schließt die Strafkammer angesichts der besonders einfachen, ohne tiefe Informationsverarbeitung zu erfassenden Zusammenhänge und der oben dargelegten beweiswürdigenden Erwägungen zur nicht besonders hohen affektiven Erregung des Angeklagten im Zeitpunkt der Tötungshandlungen aus.
826
5. Der Angeklagte handelte nicht aus niedrigen Beweggründen (§ 211 Abs. 2 Var. 4 StGB).
827
a. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Frage, ob Beweggründe zur Tat „niedrig“ sind, also nach allgemeiner sittlicher Wertung auf tiefster Stufe stehen, mithin in deutlich weiterreichendem Maße als bei einem Totschlag als verwerflich und deshalb als besonders verachtenswert erscheinen, aufgrund einer Gesamtwürdigung aller äußeren und inneren für die Handlungsantriebe des Täters maßgeblichen Faktoren zu beurteilen (BGH, Urteil vom 11.11.2020 - 5 StR 124/20 m.w.N.), welche die Umstände der Tat, die Lebensverhältnisse des Täters und seine Persönlichkeit einschließt (BGH, Urteil vom 13.11.2019 - 5 StR 466/19).
828
Gefühlsregungen wie Wut, Zorn, Ärger, Hass und Rachsucht kommen nur dann als niedrige Beweggründe in Betracht, wenn sie nicht menschlich verständlich, sondern Ausdruck einer niedrigen Gesinnung des Täters sind (BGH, Urteil vom 11.11.2020 - 5 StR 124/20 m.w.N.).
829
Beim Vorliegen eines Motivbündels beruht die vorsätzliche Tötung auf niedrigen Beweggründen, wenn das Hauptmotiv, welches der Tat ihr Gepräge gibt, nach allgemeiner sittlicher Wertung auf tiefster Stufe steht und deshalb verwerflich ist. Die Beurteilung der Frage, welches Motiv handlungsleitend für die Tötung des Opfers war, setzt eine Gesamtwürdigung aller äußeren und inneren für die Handlungsantriebe des Täters maßgeblichen Faktoren voraus (BGH, Beschluss vom 07.04.2020 - 4 StR 34/20 m.w.N.).
830
In subjektiver Hinsicht muss hinzukommen, dass der Täter die Umstände, die die Niedrigkeit seiner Beweggründe ausmachen, in ihrer Bedeutung für die Tatausführung ins Bewusstsein aufgenommen hat und, soweit gefühlsmäßige oder triebhafte Regungen in Betracht kommen, diese gedanklich beherrschen und willensmäßig steuern kann (BGH, Urteil vom 11.11.2020 - 5 StR 124/20 m.w.N.).
831
b. Ausgehend von diesen Grundsätzen stellt sich das Tatmotiv des Angeklagten nicht als niedriger Beweggrund im Sinne des § 211 Abs. 2 Var. 4 StGB dar.
832
(1) Der Angeklagte tötete seine Ehefrau E. M. L., um sie für das seiner Meinung nach von ihr zu verantwortende und aus seiner Sicht eingetretene endgültige Scheitern seines Vorhabens der Teilhabe an ihrem Vermögen mit dem Leben bezahlen zu lassen und hierdurch zugleich seine Wut und Verärgerung über sie sowie seine angestaute Aggression an ihr abzureagieren.
833
Der Angeklagte war unter anderem wegen des von ihm als Geringschätzung seiner Person empfundenen, unmittelbar vorangegangenen Verhaltens der Geschädigten wütend und verärgert über E. M. L.. Diese hatte die vom Angeklagten verlangte Aussprache über die Chat-Nachrichten sexuellen Inhalts zwischen ihr und Ph. Ta. lautstark abgelehnt, den Angeklagten aufgefordert zu verschwinden, als er hinzugefügt hatte, dass er ihr doch zumindest eine klärende Antwort wert sein müsse, und schließlich sinngemäß geäußert, dass alles o.k. wäre, wenn sie ihn jetzt umbringe. Zu der angestauten Aggression des Angeklagten hatten unter anderem Kränkungen durch seine Ehefrau in der Vergangenheit beigetragen.
834
(2) Dass der Angeklagte das unmittelbar vorangegangene Verhalten seiner Ehefrau als Geringschätzung seiner Person empfand und deshalb wütend und verärgert über sie war, ist ebenso menschlich verständlich wie der Umstand, dass Kränkungen durch seine Ehefrau in der Vergangenheit bei ihm zu Aggression geführt hatten, die er persönlichkeitsbedingt angestaut hatte.
835
Insoweit sind seine Wut, Verärgerung und angestaute Aggression, die er an der Geschädigten abreagierte, nach einer Gesamtwürdigung nicht Ausdruck einer niedrigen Gesinnung, so dass seine Beweggründe für die Tat insoweit nicht nach allgemeiner sittlicher Wertung auf tiefster Stufe stehen.
836
6. Der Angeklagte handelte rechtswidrig und schuldhaft. Rechtfertigungs- oder Schuldausschließungsgründe liegen nicht vor.
E. Strafzumessung
837
Das Schwurgericht hat gegen den Angeklagten eine lebenslange Freiheitsstrafe verhängt.
838
1. Gemäß § 211 Abs. 1 StGB war der Angeklagte für die vorliegende Straftat zu lebenslanger Freiheitsstrafe zu verurteilen. Die Strafdrohung des § 211 Abs. 1 StGB ist absolut. Nach dem Gesetz war keine Möglichkeit gegeben, diese Strafe zu mildern. Außergewöhnliche Umstände, aufgrund derer die Verhängung einer lebenslangen Freiheitsstrafe ausnahmsweise als unverhältnismäßig erschiene, sind nicht gegeben.
839
2. Die besondere Schwere der Schuld des Angeklagten im Sinne des § 57a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 StGB war nicht festzustellen.
840
a. Die Entscheidung über die Frage der besonderen Schuldschwere gemäß § 57a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 StGB hat das Tatgericht im Wege einer zusammenfassenden Würdigung von Tat und Täterpersönlichkeit zu treffen. Ein Bejahen ist nur möglich, wenn Umstände von besonderem Gewicht vorliegen.
841
b. Gegen die besondere Schuldschwere sprachen folgende Gesichtspunkte:
842
Der Angeklagte stellte sich wenige Stunden nach der Tat freiwillig selbst bei der Polizei und legte ein von Reue und Schuldeinsicht getragenes Geständnis hinsichtlich der Tat und seiner Täterschaft ab, welches er in der Folge in seinen polizeilichen Beschuldigtenvernehmungen, im Rahmen der Exploration durch den psychiatrischen Sachverständigen Dr. H1. sowie in der Hauptverhandlung konstant aufrechterhielt und wiederholte. In der Hauptverhandlung entschuldigte er sich aufrichtig für die von ihm begangene Tat. Der Angeklagte ist nicht vorbestraft und verwirklichte bei der Tat lediglich ein Mordmerkmal.
843
c. Für die besondere Schuldschwere sprach die hohe kriminelle Energie des Angeklagten.
844
Diese zeigt sich vor allem darin, dass der Angeklagte bei der Tatbegehung mindestens 11 Mal mit dem Messer auf die Geschädigte einstach und sie anschließend auch noch mit beiden Händen am Hals würgte.
845
Ferner ist auch der Umstand, dass der Angeklagte nach der Tat Wertgegenstände aus dem Eigentum der Geschädigten zu seiner Mutter verbrachte in der Absicht, sich und seiner Herkunftsfamilie unberechtigt materielle Vorteile zu sichern, Ausdruck der kriminellen Energie des Angeklagten. Insoweit wirkte sich allerdings zu seinen Gunsten aus, dass er dies jedenfalls in objektiver Hinsicht in seiner polizeilichen Beschuldigtenvernehmung vom 24.11.2020 im Wesentlichen einräumte, wenngleich er in subjektiver Hinsicht bis zuletzt behauptete, er habe hierdurch lediglich dem Willen der Geschädigten entsprochen und ihre Interessen vertreten.
846
d. F. Nach einer entsprechenden Gesamtwürdigung kam das Schwurgericht zu dem Ergebnis, dass die Schuld des Angeklagten nicht besonders schwer wiegt. Maßregel der Besserung und Sicherung Eine Maßregel der Besserung und Sicherung war gegen den Angeklagten nicht zu verhängen. Insbesondere lagen die Voraussetzungen für die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) nicht vor.
847
Der Angeklagte hat schon keinen Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen.
848
1. Für einen Hang ist nach ständiger Rechtsprechung eine eingewurzelte, auf psychische Disposition zurückgehende oder durch Übung erworbene Neigung ausreichend, immer wieder Rauschmittel zu konsumieren, wobei diese Neigung noch nicht den Grad einer physischen Abhängigkeit erreicht haben muss. Ein übermäßiger Genuss von Rauschmitteln im Sinne des § 64 StGB ist jedenfalls dann gegeben, wenn der Betreffende aufgrund seiner psychischen Abhängigkeit sozial gefährdet oder gefährlich erscheint.
849
Insoweit kann dem Umstand, dass durch den Rauschmittelkonsum bereits die Gesundheit, Arbeits- und Leistungsfähigkeit des Betreffenden erheblich beeinträchtigt ist, zwar indizielle Bedeutung für das Vorliegen eines Hanges zukommen. Wenngleich solche Beeinträchtigungen in der Regel mit übermäßigem Rauschmittelkonsum einhergehen dürften, schließt deren Fehlen jedoch nicht notwendigerweise die Bejahung eines Hanges aus. Auch stehen das Fehlen ausgeprägter Entzugssyndrome sowie Intervalle der Abstinenz der Annahme eines Hanges nicht entgegen. Er setzt auch nicht voraus, dass die Rauschmittelgewöhnung auf täglichen oder häufig wiederholten Genuss zurückgeht; vielmehr kann es genügen, wenn der Täter von Zeit zu Zeit oder bei passender Gelegenheit seiner Neigung zum Rauschmittelkonsum folgt (BGH, Beschluss vom 06.07.2018 - 1 StR 261/18 m.w.N.).
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2. Wie der psychiatrische Sachverständige Dr. H1. darlegte, sei beim Angeklagten das Kriterium des Hanges im oben dargelegten Sinne aus medizinischpsychiatrischer Sicht nicht erfüllt.
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Der Angeklagte habe nur in zwei Phasen seines Lebens überhaupt illegale Betäubungsmittel konsumiert. In seiner Jugend habe er im Rahmen eines Probierkonsums gelegentlich Marihuana geraucht und während seines Studiums wenige Male zur Leistungssteigerung Kokain konsumiert. Alkohol habe der Angeklagte im sozialüblichen Rahmen getrunken. In den letzten Jahren habe er durchschnittlich einen halben Liter Bier pro Tag getrunken und sich mit seiner Ehefrau eine Flasche Wein pro Wochenende geteilt. Lediglich bei gelegentlichen festlichen Anlässen habe er etwas mehr Alkohol getrunken. Betrunken sei der Angeklagte in den letzten Jahren lediglich zwei Mal gewesen, davon einmal bei einem Oktoberfestbesuch.
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Aus diesen Konsumgewohnheiten lasse sich schon keine psychische Abhängigkeit des Angeklagten im Sinne einer eingewurzelten Neigung, immer wieder Rauschmittel zu konsumieren, ableiten. Auch erscheine der Angeklagte aufgrund seiner Konsumgewohnheiten weder sozial gefährdet noch sozial gefährlich.
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G. Das Schwurgericht schloss sich den auch insoweit von zutreffenden Anknüpfungstatsachen ausgehenden, sachkundigen, widerspruchsfreien und überzeugenden Ausführungen des psychiatrischen Sachverständigen Dr. H1. mit den von diesem angeführten Argumenten an. Kostenentscheidung Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 464 Abs. 1, 465 Abs. 1 StPO.