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LG Ingolstadt, Endurteil v. 19.04.2021 – 61 O 3967/20
Titel:

Keine Haftung von Audi für den entwickelten, hergestellten und eingebauten 3,0-Liter-Motor (hier: Audi A7 3.0 TDI)

Normenketten:
BGB § 823 Abs. 2, § 826
VO (EG) Nr. 715/2007 Art. 3 Nr. 10, Art. 5 Abs. 2
StGB § 263
Leitsätze:
1. Vgl. zu 3,0 Liter-Motoren von Audi mit unterschiedlichen Ergebnissen auch: BGH BeckRS 2021, 37683; BeckRS 2021, 41003; BeckRS 2022, 21374; OLG Bamberg BeckRS 2022, 33515; OLG Karlsruhe BeckRS 2021, 43408; OLG München BeckRS 2022, 18875; BeckRS 2022, 28198; BeckRS 2022, 18804; BeckRS 2022, 34469; OLG Nürnberg BeckRS 2022, 21211; LG Bamberg BeckRS 2022, 29502; LG Kempten BeckRS 2022, 28679; LG Nürnberg-Fürth BeckRS 2022, 30355; OLG Bamberg BeckRS 2022, 28703 (mit weiteren Nachweisen in Ls. 1) sowie OLG Brandenburg BeckRS 2021, 52227 (mit weiteren Nachweisen in Ls. 1). (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine Auslegung, wonach ein Thermofenster eine zulässige Abschalteinrichtung darstellt, ist jedenfalls nicht unvertretbar. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
3. Dass es im Volkswagenkonzern in der Vergangenheit zum Einsatz von unerlaubten Abschalteinrichtungen gekommen ist, kann nicht dazu führen, dass eine Klagepartei im einzelnen Fall nicht mehr konkret darlegen muss, weshalb auch gerade in ihrem Fall konkrete Anhaltspunkte für eine solche Abschalteinrichtung im jeweils streitgegenständlichen Fahrzeug vorliegen. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Diesel-Abgasskandal, 3,0-Liter-Motor, Audi, unzulässige Abschalteinrichtung, sittenwidrig, Thermofenster, KBA, (kein) Rückruf
Rechtsmittelinstanzen:
OLG München, Beschluss vom 16.08.2021 – 21 U 2963/21
BGH Karlsruhe, Beschluss vom 09.05.2022 – VIa ZR 222/21
Fundstelle:
BeckRS 2021, 53566

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist für die Beklagte im Kostenpunkt gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Die Klagepartei erwarb am 25.07.2016 einen gebrauchten PKW Audi A7 3.0 TDI mit 150 KW und Abgasnorm EURO 5 bei einem Autohaus in St. - F. zu einem Preis iHv 26.440,00 €.. Der Kilometerstand betrug 96.483 km. Am 29.03.2021 hatte das Fahrzeug eine Kilometerstand von 159.815 km.
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In der Software dieses Fahrzeugs ist ein sogenanntes Thermofenster integriert, das bewirkt, dass die Abgasrückführungrate in bestimmten Temperaturbereichen abgeschaltet bzw. reduziert wird und der Ausstoß an Stickoxiden höher ist. Einen durch das KBA angeordneten Rückruf bzgl. des streitgegenständlichen Fahrzeugs im Hinblick auf dessen Emissionsverhalten hat die Klagepartei bis jetzt nicht erhalten. Die Beklagte bietet für das Fahrzeug ein freiwilliges Softwareupdate an. Dies hat die Klagepartei noch nicht aufspielen lassen. Der PKW verfügt nicht über einen SCR-Katalysator.
3
Die Klagepartei behauptet im Wesentlichen, die Beklagte habe im Fahrzeug diverse unzulässige Abschalteinrichtungen zur Verringerung der Abgasemissionen auf dem Prüfstand implementiert. Das streitgegenständliche Fahrzeug erkenne anhand bestimmter Parameter, ob es sich auf einem technischen Prüfstand oder im Straßenverkehr befinde. Während auf dem Prüfstand so die zulässigen Stickoxid-Grenzwerte eingehalten würden, sei dies im Realbetrieb nicht der Fall. Auch andere 3 Liter Motoren der Beklagten mit Abgasklasse EURO 5 seien bereits zurückgerufen worden. Die Klagepartei sei bei Kauf des Fahrzeugs über dessen Gesetzeskonformität getäuscht worden, was für sie ein entscheidendes Kaufkriterium gewesen sei.
4
In rechtlicher Hinsicht stützt die Klagepartei ihre behaupteten Ansprüche u. a. auf 826 BGB. Die Beklagte habe die Klagepartei vorsätzlich und sittenwidrig getäuscht. In Kenntnis des „tatsächlichen Zustandes“ des streitgegenständlichen Pkw hätte die Klagepartei vom Kauf abgesehen.
5
Im Termin vom 29.03.2021 wurde die abzuziehende Nutzungsentschädigung von 4.749,09 € auf 5.516,98 € erhöht und insoweit die Klage teilweise für erledigt erklärt. Dem stimmte die Beklagte nicht zu.
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Die Klagepartei beantragt zuletzt,
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei EUR 26.440 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2020 abzüglich einer Nutzungsentschädigung in Höhe von EUR 5.516,98 Zugum-Zug gegen Rückgabe und Übereignung des Fahrzeuges Audi A7 (2967 ccm | 150 kW | 204 PS) mit der Fahrgestellnummer … zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte seit dem 01.10.2020 mit der Rücknahme des im Klageantrag zu 1. bezeichneten Gegenstands in Annahmeverzug befindet.
7
Die Beklagte wird verurteilt, die Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in 61 O 3967/20 - Seite 3 - Höhe von EUR 1.744,64 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2020 zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
Klageabweisung.
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Sie ist im wesentlichen der Auffassung, bei dem verbauten Thermofenster handle es sich nicht um eine unzulässige Abschalteinrichtung. Der Vortrag der Klagepartei zu der/den weiteren behaupten Abschalteinrichtung(en) sei zu unsubstantiiert und löse keine Beweiserhebungspflicht des Gerichts aus. Es seien keine unzulässigen Abschalteinrichtungen verbaut. Die Beklagte habe die Klagepartei nicht sittenwidrig getäuscht. Sie sei am Vertragsschluss nicht beteiligt gewesen. Es fehle auch an der Kausalität einer behaupteten Täuschung für den Kaufvertragsschluss. Der Kläger könne sein Fahrzeug ohne jede Einschränkung benutzen. Daher fehle es auch an einem Schaden der Klagepartei. Ein Vorsatz der Beklagten liege nicht vor und sei klägerseits nicht dargelegt worden.
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Bezüglich des übrigen Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. Das Gericht hat mündlich zur Sache verhandelt am 29.03.2021 und dabei den Kläger informatorisch zur Sache angehört. Bezüglich des Inhalts der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist unbegründet. Dem Kläger stehen in Bezug auf das in dem streitgegenständlichen Fahrzeug verbauten Thermofenster die geltend gemachten Ansprüche unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Im Hinblick auf die weiteren Behauptungen der Klagepartei zum Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung war der klägerische Vortrag zu unsubstantiiert und löste daher keine Beweiserhebungspflicht des Gerichts aus (so auch OLG München, 21 U 5065/20).
I. „Thermofenster“
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Da zwischen den Parteien keinerlei vertragliche Beziehungen bestehen, kommt als Anspruchsgrundlage lediglich Deliktsrecht, hier insbesondere ein Anspruch aus § 826 BGB in Betracht. Solche ergeben sich jedoch nicht wegen des in dem streitgegenständlichen Fahrzeug unstreitig verbauten Thermofensters. Für die anspruchsbegründenden Tatbestandsmerkmale ist die Klagepartei vollumfänglich darlegungs- und beweisbelastet. Da das Vorhandenseins des sogenannten Thermofensters vorliegend unstreitig ist, müsste die Klagepartei neben der Tatsache, dass es sich hierbei um eine unzlässige Abschalteinrichtung handelt, weiter ein vorsätzliches oder gar sittenwidriges Handeln der Beklagten beweisen.
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2. Während die Klagepartei von der Eigenschaft des Thermofensters als unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 5 Abs. 2, Art. 3 Nr. 10 EG VO 715/2007 ausgeht, hat die Beklagte dies bestritten und sich auf die Ausnahmeregelungen nach Art. 5 Abs. 2 lit. a) EG VO 715/2007 berufen. Die Abgasrückführung sei bei bestimmten Temperaturen deshalb (signifikant) reduziert worden, weil dies aus Gründen des Motorenschutzes erforderlich sei.
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3. Es ist bereits nicht klar, ob es sich bei dem Thermofenster um eine unzulässige Abschalteinrichtung handelt. Die Gesetzeslage hierzu ist aufgrund der o.g. Ausnahmevorschrift, auf welche sich die Beklagte beruft, keinesfalls eindeutig; der Einsatz von Thermofenstern kann nicht per se als rechtswidrig beurteilt werden, worauf das KBA auch hingewiesen hat (vgl. Auch OLG München, Urteil vom 03.04.2020; Az. 5 U 941/20). Gegen das Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung spricht auch bereits die Tatsache, dass das hier in Rede stehende Thermofenster vom Grundsatz her im normalen Fahrbetrieb in gleicher Weise arbeitet wie auf dem Prüfstand, während zum Beispiel bei der in den EA189-Motoraggregaten verbaute Software auf einer Umschaltlogik basierte, so dass der Schadstoffausstoß nur auf dem Rollenprüfstand vermindert wurde. Das Problem der Versottung von Bauteilen bei Kondensierung von unverbrannten Rückständen in den kalten Rohrleitungen hat nicht nur die Beklagte erkannt und ist dem mittels einer von der Außentemperatur abhängigen Abgasrückführung begegnet. Vielmehr benutzt die Mehrzahl der Autohersteller dieses System, um Bauteile zu schützen.
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4. Letztlich kann es jedoch dahin stehen, ob es sich objektiv gesehen bei dem verbauten Thermofenster um eine unzulässige Abschalteinrichtung handelt. Denn das Gericht ist der Überzeugung, dass sich das Inverkehrbringen des streitgegenständlichen Fahrzeugs wegen dem verbauten Thermofenster jedenfalls nicht als sittenwidrige Handlung qualifizieren lässt.
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Es ist höchst umstritten, ob es sich bei der Verwendung des sogenannten Thermofensters um eine zulässige Motorenschutzmaßnahme handelt. Die Gesetzeslage hierzu ist auch keinesfalls eindeutig, was die - auslegungsfähigen - Ausnahmevorschriften (s.o.) belegen. Auch nach Einschätzung der vom Bundesverkehrsministerium (BMVI) eingesetzten Untersuchungskommission Volkswagen liegt ein Gesetzesverstoß durch die von allen Autoherstellern eingesetzten Thermofenster jedenfalls nicht eindeutig vor. So heißt es im Bericht der Kommission zur Auslegung der Ausnahmevorschrift des Art. 5 Abs. 2 Satz 2 a) VO (EG) 715/2007 ausdrücklich (BMVI, Bericht der Untersuchungskommission Volkswagen, Stand April 2016, S. 123):
„Zudem verstößt eine weite Interpretation durch die Fahrzeughersteller und die Verwendung von Abschalteinrichtungen mit der Begründung, dass eine Abschaltung erforderlich ist, um den Motor vor Beschädigung zu schützen und um den sicheren Betrieb des Fahrzeugs zu gewährleisten, angesichts der Unschärfe der Bestimmung, die auch weite Interpretationen zulässt, möglicherweise nicht gegen die Verordnung (EG) Nr. 715/2007. Konsequenz dieser Unschärfe der europäischen Regelung könnte sein, dass unter Berufung auf den Motorschutz die Verwendung von Abschalteinrichtungen letztlich stets dann gerechtfertigt werden könnte, wenn von Seiten des Fahrzeugherstellers nachvollziehbar dargestellt wird, dass ohne die Verwendung einer solchen Einrichtung dem Motor Schaden droht, sei dieser auch noch so klein.“
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Schließlich zeigt auch der in der Literatur (vgl. Führ, NVwZ 2017, 265) betriebene erhebliche Begründungsaufwand, um das „Thermofenster“ als unzulässige Abschalteinrichtung einzustufen, dass keine klare und eindeutige Rechtslage gegeben ist, gegen welche die Beklagte bewusst verstoßen hätte (vgl. OLG Koblenz, Urt. v. 21.10.2019 - 12 U 246/19, BeckRS 2019, 25135, beckonline, mwN).
18
Eine Auslegung, wonach ein Thermofenster eine zulässige Abschalteinrichtung darstellt, ist daher jedenfalls nicht unvertretbar.
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Selbst wenn man wie die Klagepartei aus den jüngsten Entscheidungen des BGH und EuGH zum Thermofenster dessen generelle Unzulässigkeit herauslesen will, besagt dies noch lange nichts über einen entsprechenden - und hier ausschließlich relevanten - Vorsatz der Beklagten zur sittenwidrigen Täuschung im Zeitpunkt der Implementierung. Ein Handeln unter - zumindest zum damaligen Zeitpunkt - vertretbarer Auslegung des Gesetzes kann nicht als besonders verwerfliches Verhalten angesehen werden (vgl. OLG Stuttgart, Urteil v. 30.07.2019, 10 U 134/19, Rn. 90). Denn eine Auslegung, wonach ein Thermofenster eine zulässige Abschalteinrichtung darstellt, ist bzw. war, wie eben dargelegt, jedenfalls nicht unvertretbar.
II. „Übrige“ unzulässige Abschalteinrichtungen
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Der weitere Vortrag der Klagepartei hinsichtlich der Behauptung weiterer unzulässiger Abschalteinrichtungen, welche in dem streitgegenständlichen Fahrzeug verbaut sein sollen, ist jedenfalls zu unsubstantiiert, um eine Beweiserhebungspflicht des Gerichts auszulösen, so dass auch diesbezüglich die Klage abzuweisen war. Für das streitgegenständliche Fahrzeug liegt kein angeordneter Rückruf des Kraftfahrtbundesamtes vor. Die Klagepartei selbst hat schließlich in der mündlichen Verhandlung vom 239.03.2021 erklärt, dass sie bislang lediglich ein Anschreiben der Beklagten bzgl. eines Service-Rückrufs für ihr Fahrzeug erreicht hat. Es ist unstreitig, dass das streitgegenständliche Fahrzeug ein Audi A7 3.0 TDI EURO 5 mit 150 kw ist.
21
Aus anderen Verfahren gerichtsbekannt hat das KBA unter https://www.kba.de/DE/Marktueberwachung/Abgasthematik/uebersicht2.pdf? blob=publication File& v=4 eine Tabelle mit den angeordneten Rückrufen eingestellt.
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Daraus ergibt sich für das Gericht zweifelsfrei, dass für den Fahrzeugtyp Audi A7 3.0 TDI EURO 5 kein Rückruf vorliegt welcher eine unzulässige Abschalteinrichtung betrifft.
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Mithin ist derzeit nur ein Rückruf wegen unzulässigen Abschalteinrichtungen bei Motoren der Beklagten mit Abgasnorm EURO 5 und 230 kW bekannt, welcher jedoch unwidersprochen einen hier nicht streitgegenständlichen BiTurbo Motor mit 230 kW betrifft.
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2. Zwar ist die Frage, ob in dem streitgegenständlichen Fahrzeug eine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut ist, grundsätzlich nicht abhängig von einem KBA-Rückruf für den betreffenden Pkw. Ein erfolgter Rückrufbescheid des KBA entfaltet diesbezüglich jedoch Tatbestandswirkung, wenn der Rückruf wegen des Vorhandenseins einer unzulässigen Abschalteinrichtung erfolgt ist. Zweifellos kann auch dann eine unzulässige Abschalteinrichtung im streitgegenständlichen Fahrzeug verbaut sein, wenn - wie hier - (noch) kein KBA-Rückruf vorliegt. In diesem Fall kommt es jedoch darauf an, ob der Vortrag der Klagepartei substantiiert genug ist, eine Beweiserhebungspflicht des Gerichts auszulösen, dies auch unter Berücksichtigung der Entscheidung des BGH vom 28.01.2020 (VIII ZR 57/19).
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In Abweichung von der zitierten BGH-Entscheidung kommen vorliegend nur deliktische Ansprüche gegen die Beklagte in Betracht, andere macht die Klagepartei auch nicht geltend. Die zitierte BGH-Entscheidung befasst sich indes lediglich mit einer übermäßigen Überspannung der Substantiierungsanforderungen an die Darlegung des Vorhandenseins eines Sachmangels. Die Anforderungen an einen substantiierten Vortrag der Klagepartei sind daher vorliegend anders gelagert als in dem vom BGH entschiedenen Fall. So genügt es nicht, Anhaltspunkte für einen evtl. vorhandenen Mangel der (Kauf-)Sache zu liefern (wie in dem vom BGH entschiedenen Fall); vielmehr muss eine rechtswidrige Schädigungshandlung schlüssig dargetan werden, welche von der Beklagten in zurechenbarer Weise mit entsprechendem Schädigungsvorsatz ausgeübt worden sein und beim Kläger zu einem kausalen Schaden geführt haben muss; darüber hinaus muss, da in Fällen wie dem Vorliegenden regelmäßig ein Anspruch nach § 826 bzw. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 Abs. 1 StGB zu überprüfen sein wird - evtl. auch zu einer möglichen Sittenwidrigkeit/besonderen Verwerflichkeit des Handelns der Beklagten vorgetragen werden. Auch unter Berücksichtigung der vom BGH in dem genannten Urteil aufgestellten Maßstäbe erscheint der Vortrag der Klagepartei vor diesem Hintergrund als nicht hinreichend konkret (vgl. auch OLG München, B. v. 17.03.2020, 21 U 6698/19).
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Zwar macht die Klagepartei Ausführungen zu Manipulationen bei Motoren der Beklagten mit der Abgasnorm EURO 5 und dem streitgegenständlichen Fahrzeugtyp. Sie nimmt dabei Bezug auf entsprechende Abdrucke aus der Rückrufdatenbank des KBA. Es wird dabei jedoch übersehen, dass das KBA dabei explizit immer darauf hinweist, dass die konkrete Betroffenheit nicht alleine vom Fahrzeugtyp sondern auch von weiteren Ausstattungsmerkmalen abhängt.
27
Der Vortrag der Klagepartei zu den behaupteten Abschalteinrichtungen in dem streitgegenständlichen Pkw lässt jeglichen Bezug zum konkreten Fall vermissen. Die Klagepartei folgert aus Rückrufen für andere Fahrzeuge der Beklagten mit 3.0 Liter Aggregaten der Schadstoffklassen EU 5, dass deswegen auch das streitgegenständliche Fahrzeug betroffen sein müssen. Dies ist jedoch reine Vermutung der Klagepartei.
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Die Erholung eines Sachverständigengutachtens aufgrund dieser letztlich von der Klagepartei geäußerten reinen Vermutungen würde zur Überzeugung des Gerichts eine unzulässige Ausforschung des Sachverhalts darstellen (so auch OLG München, B. v. 22.03.2019, 21 U 533/19; OLG München, B. v. 17.03.2020, 21 U 6698/19).
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Es ist allgemein bekannt, dass es im Volkswagenkonzern in der Vergangenheit zum Einsatz von unerlaubten Abschalteinrichtungen kam. Dies kann jedoch nicht dazu führen, dass die Klagepartei im einzelnen Fall nicht mehr konkret darlegen muss, weshalb auch gerade in ihrem Fall konkrete Anhaltspunkte für eine solche Abschalteinrichtung im jeweils streitgegenständlichen Fahrzeug vorliegen. Rein spekulative und pauschale Verdachtsäußerungen, die ohne Bezug auf den konkreten Einzelfall zunächst in einer Art Generalverdacht vorgetragen werden und von denen das Gericht sich quasi die passenden heraussuchen soll, können nicht als hinreichend konkrete Anhaltspunkte für das Vorhandensein einer unzulässigen Abschalteinrichtung dienen.
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Zwar ist es der Klagepartei prozessual grundsätzlich nicht verwehrt, Tatsachen zu behaupten, über die sie keine genauen Kenntnisse hat, die sie jedoch für wahrscheinlich hält. Jedoch muss, um eine ausufernde Beweiserhebungspflicht des Gerichts zu vermeiden, zunächst der Vortrag der Klagepartei zu den behaupteten Anspruchsgrundlagen hinreichend konkret sein. Andernfalls sind Darlegungserleichterungen wie die sekundäre Darlegungslast, nicht gerechtfertigt (vgl. Hierzu ausführlich OLG Köln, U. v. 11.04.2019, 3 U 67/18).
31
Darauf wurde die Klagepartei auch bereits in der Verfügung vom 23.02.2021 (Bl. 114) hingewiesen.
32
Soweit die Klagepartei streitig darauf abstellt, dass die Beklagte für das streitgegenständliche Fahrzeug im Rahmen eines Anhörungsverfahrens einen Bescheid bekommen haben dürfte, trägt die Beklagte im Schriftsatz vom 19.03.2021, welcher der Klagepartei direkt zugestellt wurde, unwidersprochen vor, dass nach Prüfung im Anhörungsverfahren für den streitgegenständlichen Motortyp gerade keine unzulässige Abschalteinrichtung festgestellt worden war.
III.
33
Mangels Bestehens eines deliktischen Anspruchs bereits dem Grunde nach gehen auch die übrigen Anträge ins Leere.
IV.
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Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 709 S. 2 ZPO.