Titel:
Betreuervergütung bei einem Abschluss der Bayerischen Beamtenfachhochschule, Fachbereich Polizei
Normenketten:
VBVG § 4 Abs. 1
RPflG § 11 Abs. 2
Leitsatz:
Der erfolgreiche Abschluss eines dreijährigen Studiums an der Bayerischen Beamtenfachhochschule, Fachbereich Polizei, mit dem Abschluss "Diplomverwaltungswirt (FH)" rechtfertigt eine Betreuervergütung nach der Vergütungstabelle C des VBVG. (Rn. 8 – 9) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Betreuervergütung, Berufsbetreuer, Betreuungsverfahren, Vergütungsstufe, besondere Kenntnisse, Lehre, Hochschule, Bayerische Beamtenfachhochschule, Diplomverwaltungswirt (FH), rechtliche Kenntnisse
Rechtsmittelinstanzen:
LG Würzburg, Beschluss vom 12.03.2021 – 3 T 364/21
BGH Karlsruhe, Beschluss vom 13.04.2022 – XII ZB 162/21
Fundstelle:
BeckRS 2021, 53510
Tenor
1. Die Vergütung des Berufsbetreuers … wird für die Quartale vom 05.12.2019 bis zum 04.03.2020 und 05.03.2020 vom bis zum 04.06.2020 auf die Stufe C 5.2.1 nach der Vergütungstabelle zu § 4 Abs. 1 VBVG festgesetzt.
2. Die Beschwerde gegen diese Entscheidung wird zugelassen.
Gründe
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Das Betreuungsverfahren für den Betreuten … wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Kitzingen vom 06.11.2019 vom Amtsgericht - Betreuungsgericht - Bad Salzungen übernommen. Mit Beschluss vom 04.12.2019 wurde … als neuer Berufsbetreuer neben der Mutter des Betreuten für die Aufgabenkreise Vermögenssorge, Gesundheitsfürsorge, Wohnungsangelegenheiten und Vertretung gegenüber Behörden und Versicherungen bestellt.
2
Mit Schreiben vom 06.03.2020 beantragte der Berufsbetreuer seine Betreuervergütung für das Quartal vom 05.12.2019 bis zum 04.03.2020 nach der Vergütungstufe C, insgesamt 513 €. Die Bezirksrevisorin bei dem Landgericht Würzburg führte in ihrer Stellungnahme vom 15.04.2020 aus, dass nur eine Vergütung nach der Stufe A, also 305 €, festgesetzt werden könne, da die Ausbildung des Berufsbetreuers eine Erhöhung der Mindestvergütung nach der Vergütungstabelle B oder C nicht rechtfertige. Dementsprechend wurde dieser Betrag formlos angewiesen. Mit Schreiben vom 13.05.2020 wendete sich der Berufsbetreuer dagegen. Zur Begründung führte er aus, dass er aufgrund seiner Ausbildung und seiner beruflichen Erfahrung in Stufe C einzugruppieren sei. Am 16.06.2020 regte die Bezirksrevisoren die förmliche Festsetzung der Betreuervergütung nach § 168 Abs. 1 Satz 1 FamFG an. In einer weiteren Stellungnahme vom 30.07.2020 führte sie aus, dass eine Vergütung nach der Tabelle A nach wie vor korrekt sei.
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Unter dem 21.08.2020 beantragte der Berufsbetreuer seine Vergütung für das zweite Quartal der Betreuungsführung nach der Vergütungsstufe C in Höhe von 513 €. Formlos angewiesen wurde wiederum ein Betrag von 315 € nach der Tabelle A.
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Mit Beschluss des Amtsgerichts Kitzingen vom 28.09.2020 wurde die Vergütung des Betreuers förmlich auf die Stufe A festgesetzt. Hiergegen legte der Berufsbetreuer am 10.10.2020 Erinnerung ein und begründete dies erneut damit, dass seine Ausbildung eine höhere Eingruppierung, insbesondere eine Eingruppierung in Stufe C, rechtfertige.
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Im weiteren Verlauf legte der Berufsbetreuer weitere Unterlagen aus seiner Ausbildungszeit vor. Hierzu gab die Bezirksrevisorin am 20.11.2020 noch einmal eine Stellungnahme ab und beharrte auf der Einstufung in die Vergütungstabelle A.
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Das Schreiben des Berufsbetreuers vom 10.10.2020 ist als sofortige Erinnerung nach § 11 Abs. 2 RPflG auszulegen. Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt nicht 600 €; die Beschwerde wurde nicht zugelassen. Der Beschwerdewert liegt bei 396 €, da insgesamt 2 × 513 € (= 1.026 €) beantragt und insgesamt 2 × 315 € (= 630 €) ausbezahlt wurden. Die sofortige Erinnerung ist somit der statthafte Rechtsbehelf.
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Die Vergütung des Berufsbetreuers bestimmt sich nach § 4 VBVG. Nach Abs. 2 dieser Vorschrift findet grundsätzlich eine Vergütung nach Stufe A statt, sofern der Betreuer über keine besonderen Kenntnisse verfügt, die für die Führung der Betreuung nutzbar sind. Abs. 3 Nummer 1 der Vorschrift ermöglicht eine Vergütung nach Vergütungstabelle B, wenn diese besonderen Kenntnisse durch eine abgeschlossene Lehre oder eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben wurden. Abs. 3 Nummer 2 der Vorschrift ermöglicht eine Einstufung in die Stufe C, wenn diese besonderen Kenntnisse durch eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule oder durch eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben wurden. Besondere Kenntnisse sind Kenntnisse, die über ein allgemeines Grundwissen deutlich hinausgehen. Nutzbar sind diese Fachkenntnisse für die Führung der Betreuung, wenn sie ihrer Art nach betreuungsrelevant sind und einen Betreuer dazu befähigen, seine Aufgaben zum Wohle des Betreuten besser und effektiver zu erfüllen und somit eine erhöhte Leistung für einen Betreuten zu erbringen. Durch welche konkreten Ausbildungen solche besondere Kenntnisse, die für die Betreuung nutzbar sein könnten, erworben werden können, hat der Gesetzgeber bewusst offen gelassen. Angesichts des Wesens der Betreuung als rechtliche Betreuung kommt hierbei jedoch insbesondere rechtlichen Kenntnissen eine besondere Bedeutung zu.
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Der Berufsbetreuer und Erinnerungsführer absolvierte ein dreijähriges Studium an der Bayerischen Beamtenfachhochschule, Fachbereich Polizei, das er mit dem akademischen Grad „Diplomverwaltungswirt (FH)“ abschloss. Das Studium an der Beamtenfachhochschule vermittelt nicht nur Kenntnisse für den allgemeinen Polizeidienst wie z.B. in den Bereichen Strafverfolgung, Einsatzleitung oder Gefahrenabwehr, sondern auch zu einem großen Teil rechtliche Kenntnisse in den Bereichen Strafrecht, Strafprozessrecht, Zivilrecht und Verwaltungsrecht. Ausbildungsinhalte waren unter anderem auch Grundlagen der Soziologie und Psychologie. Nachgewiesen wurde dies durch Vorlage des entsprechenden Prüfungszeugnisses und durch Vorlage einer Übersicht über die Anzahl der Unterrichtseinheiten und deren Aufgliederung während des Studiums an der Fachhochschule. Zudem war der Berufsbetreuer viele Jahre im gehobenen Polizeivollzugsdienst tätig und hat sich dort weitere Kenntnisse angeeignet, die für die Führung einer Betreuung von Bedeutung sein können.
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Dass die in der Ausbildung erlangten rechtlichen Kenntnisse für die Führung einer Betreuung von Nutzen sein können, liegt auf der Hand und bedarf eigentlich keinen weiteren Ausführungen. Wie der Berufsbetreuer in seinem Schriftsatz vom 13.05.2020 zutreffend ausführt, wird Betreuung für Menschen angeordnet, die aufgrund verschiedener Einschränkungen ihr Alltagsleben nicht mehr alleine gestalten können und/oder im Umgang mit Behörden und Institutionen völlig überfordert sind. Hierbei handelt es sich auch häufig um mittellose Personen, für die zahlreiche Anträge gestellt werden müssen. Zudem ist meistens auch rechtlich relevanter Schriftverkehr mit Behörden und Versicherungen zu führen. Daneben sind teilweise auch Straf- und/oder Zivilverfahren anhängig, bei deren Bewältigung ein Betreuer über Rechtskenntnisse verfügen sollte. Im Umgang mit den Betreuten sind Grundkenntnisse in Psychologie und Soziologie mehr als hilfreich, da zunächst eine Vertrauensbasis zwischen Betreuer und Betreutem gebildet werden muss, damit gemeinsam mit den Betreuten eine Zukunftsperspektive entwickelt und im besten Falle ein Leben ohne rechtliche Betreuung angestrebt werden kann. Kenntnisse im Umgang mit schwierigen Personen, die auch im Rahmen der polizeilichen (Fachhochschul-)Ausbildung vermittelt werden, werden bei der Führung mancher Betreuungen ebenfalls dringend benötigt.
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Unerheblich ist hierbei, das der Schwerpunkt der Abschlussprüfung nicht im rechtlichen Bereich liegt bzw. dass die rechtliche Ausbildung nicht den Kernbereich der Ausbildung an der Polizeifachhochschule darstellt. Ein solches Erfordernis, wie es die Bezirksrevisoren in ihrem Schriftsatz vom 20.11.2020 aufstellt, ergibt sich auch nicht aus § 4 Abs. 3 Nr. 2 VBVG. Ausschlaggebend für eine Einstufung in die Vergütungstabelle C ist lediglich, dass der Betreuer über besondere Kenntnisse verfügen muss, die für die Führung einer Betreuung nutzbar sind und die durch eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule erworben wurden. Dies ist vorliegend der Fall, sodass der Erinnerung des Berufsbetreuers in vollem Umfang stattzugeben war. Für die in Frage stehenden Quartale - und nach Auffassung dieses Gerichts auch für die weiteren Abrechnungszeiträume - ist er dementsprechend in Stufe C 5.2.1 einzustufen.
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Die Zulassung der Beschwerde folgt aus § 61 Abs. 2, Abs. 3 Nr. 1 FamFG.