Inhalt

SG Landshut, Urteil v. 30.06.2021 – S 10 R 606/19
Titel:

Keine Rente wegen Erwerbsminderung bei einem erhaltenen Leistungsvermögen für einfachste bzw. ungelernte Tätigkeiten

Normenkette:
SGB VI § 43
Leitsatz:
Auch bei jemandem, dessen Umstellungsvermögen auf Tätigkeiten einfachster Art und auf ungelernte Tätigkeiten, die einer Einweisung bzw. Einarbeitung betrieblicher Art bedürfen, eingeschränkt ist, liegt ein erhaltenes Leistungsvermögen (gesundheitlich möglicher Tätigkeiten) unter arbeitsmarktüblichen Bedingungen vor. (Rn. 35 – 36) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Rentenversicherung, Erwerbsminderungsrente, Leistungsvermögen, Umstellungsvermögen, arbeitsmarktübliche Bedingungen, ungelernte Tätigkeiten, einfachste Tätigkeiten
Rechtsmittelinstanzen:
LSG München, Beschluss vom 17.01.2022 – L 6 R 399/21
BSG Kassel, Beschluss vom 05.05.2022 – B 5 R 22/22 B
Fundstelle:
BeckRS 2021, 53459

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin über den  30. November 2019 hinaus Rente wegen voller Erwerbsminderung zu bewilligen.
2
Die 1981 geborene Klägerin hat den Beruf einer Bäckerin und den einer staatlich geprüften Hauswirtschafterin erlernt. Sie war zunächst versicherungspflichtig beschäftigt als Bäckerin und Konditorin. Sie arbeitete dann in der Postabfertigung, trug Zeitungen aus und seit dem Jahr 2013 ist sie tätig als Küchenhilfe.
3
Am 12. Juli 2016 stellte die Klägerin erstmals Antrag auf Zahlung von Rente wegen voller Erwerbsminderung. Diese wurde mit Bescheid vom 26. Januar 2017 ab dem 01. Juli 2016 befristet bis zum 30. November 2017 bewilligt. Zuletzt mit Bescheid vom 27. Juni 2017 bewilligte die Beklagte die Fortzahlung der Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit bis zum 31. November 2019.
4
Die Klägerin stellte dann einen Antrag auf Weiterzahlung der Rente über den 30. November 2019 hinaus. Mit Bescheid vom 01. Juli 2019 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Dem Antrag der Klägerin auf Weiterzahlung der Rente wegen Erwerbsminderung für die Zeit ab dem 01. Dezember 2019 könne leider nicht entsprochen werden, weil die Klägerin die medizinischen Voraussetzungen für diese Rente nicht mehr erfülle.
5
Dagegen wurde am 18. Juli 2019 Widerspruch eingelegt den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 03. September 2019 zurückwies. Die Klägerin habe ab dem 01. Dezember 2019 keinen Anspruch mehr auf Rente wegen Erwerbsminderung. Grundlage für die Entscheidung sei die Beurteilung des Leistungsvermögens der Klägerin durch den ärztlichen Sachverständigen. Die Auswertung der medizinischen Unterlagen sei für die Beklagte schlüssig und nachvollziehbar. Danach sei das Leistungsvermögen der Klägerin eingeschränkt. Sie könne aber noch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt wieder mindestens sechs Stunden täglich arbeiten.
6
Dagegen hat die Klägerin am 24. September 2019 Klage zum Sozialgericht Landshut erhoben. In der Klagebegründung vom 31. Oktober 2019 hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin vorgetragen, die Beklagte solle weiterhin also ab dem 01. Dezember 2019 der Klägerin Rente wegen Erwerbsminderung bewilligen. Mit der Entscheidung der Beklagten sei die Klägerin nicht einverstanden. Die Klägerin leide an Hüftbeschwerden, Beschwerden am linken Sprunggelenk, Wirbelsäulenbeschwerden und Schizophrenie. Wegen der orthopädischen Erkrankungen könne sie weder lange gehen, sitzen oder stehen. Sie sei nie schmerzfrei. Sie sei weder körperlich noch seelisch belastbar. Stresssituationen könne sie nur schlecht bewältigen. Durch den Bezug der Erwerbsminderungsrente habe sie die Möglichkeit gehabt, ihren Alltag nach ihrem Rhythmus zu gestalten den Anforderungen des Berufslebens fühle sie sich nicht mehr gewachsen.
7
Nach Abschluss seiner Ermittlungen beauftragte das Gericht Dr. F. mit der Erstellung eines gerichtsärztlichen Sachverständigengutachtens. Die Sachverständige kam nach persönlicher Untersuchung der Klägerin am 23. März 2021 in ihrem Gutachten vom 31. März 2021 zu folgenden Gesundheitsstörungen:
- Paranoide Schizophrenie mit episodischem Verlauf, derzeit remittiert ohne psychopharmakologische Medikation
- Verdacht auf leichtgradiges schizophrenes Residualsyndrom mit leichter Störung im Bereich von Affekt und Psychomotorik, differentialdiagnostisch prämorbide
- Auffälligkeiten der Persönlichkeitsstruktur
- Chronisches Schmerzsyndrom vorwiegend bei orthopädischen Gesundheitsstörungen mit Hinweisen auf eine somatoforme Überlagerung.
8
Vordiagnostizierte orthopädischen Gesundheitsstörungen:
- Hüftgelenksarthrose beidseits
- Arthrose des oberen Sprunggelenks links
- lendenwirbelsäulenabhängige Beschwerden bei degenerativen Veränderungen und Bandscheibenschäden (derzeit ohne Hinweis auf belangvolle Nervenwurzelschädigungen), mediale Kniearthrose rechts.
9
Im Vergleich zum von der Beklagten zuletzt eingeholten neurologisch-psychiatrischen Gutachten von Dr. S. vom 17.06.2019 habe sich keine wesentliche Änderung des Gesundheitszustandes der Klägerin im Hinblick auf die paranoide Schizophrenie ergeben. Einzig leichtgradige Auffälligkeiten im Bereich des Affektes und der Psychomotorik seien möglicherweise Ausdruck eines leichtgradigen schizophrenen Residualsyndroms, könnten aber auch als prämorbide Persönlichkeitsakzentuierung vor Erstmanifestation der psychotischen Störung vorgelegen haben. Zu den orthopädischen Gesundheitsstörungen werde ein Fachgutachten empfohlen.
10
Die Klägerin könne noch mindestens sechs Stunden täglich seit dem 01. Dezember 2019 (nach Ablauf der befristeten Rente wegen Erwerbsminderung am 30. November 2019) leichte Arbeiten in Tagesschicht, ohne besondere Anforderungen an die psychische Belastbarkeit, ohne erhöhten Zeitdruck, ohne Arbeiten mit Steuerung und Überwachung komplexer Arbeitsvorgänge und ohne Arbeiten ausschließlich im Stehen und Gehen regelmäßig verrichten. Weitere Einschränkungen seien nicht zu beachten. Die qualitativen Einschränkungen würden voraussichtlich bestehen bleiben.
11
Das Umstellungsvermögen der Klägerin sei auf Tätigkeiten einfachster Art und auf ungelernte Tätigkeiten, die einer Einweisung bzw. Einarbeitung betrieblicher Art bedürfen, eingeschränkt. Die Klägerin könne die gesundheitlich möglichen Tätigkeiten unter arbeitsmarktüblichen Bedingungen ausüben. Zusätzliche Arbeitspausen seien nicht erforderlich. Ein halbstündiger Wechsel vom Sitzen zum Gehen sei nicht notwendig.
12
Es werde die Einholung eines orthopädischen Gutachtens vorgeschlagen.
13
Das Gericht beauftragte daraufhin Dr. G. mit der Erstellung eines weiteren gerichtsärztlichen Sachverständigengutachtens. Der Sachverständige kam nach persönlicher Untersuchung der Klägerin am 05. Mai 2021 in seinem Gutachten vom 10. Mai 2021 zu folgenden Diagnosen:
1. Seelische Erkrankung im Sinne einer paranoiden Schizophrenie
a. mit episodischem Verlauf, derzeit in Remission
b. ohne Einnahme psychopharmakologischer Medikamente
c. mit leichter Störung im Bereich von Affekt und Psychomotorik
d. mit Auffälligkeiten in der Persönlichkeitsstruktur
e. mit Hinweisen auf somatoforme Überlagerung.
2. mäßiggradige Abnutzungserscheinungen beider Hüftgelenke
3. geringgradige Abnutzungserscheinungen des oberen Sprunggelenkes links
4. mäßiggradige Abnutzungserscheinungen der Lendenwirbelsäule teilweise mit ausstrahlenden Nervenreizerscheinungen
5. Übergewicht
14
Die aktenkundigen der Beklagten vorliegenden ärztlichen Gutachten würden sämtliche wesentlichen und bis dahin bekannte Erkrankungen der Klägerin berücksichtigen. Insbesondere auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet sei die Klägerin mehrfach umfassend untersucht worden. Dabei sei im Gutachten des Herrn Dr. S. auch ein standardisiertes Testverfahren zur Erfassung der Aufmerksamkeit, Verarbeitungsgeschwindigkeit und Genauigkeit eingesetzt worden. Die dort getroffenen Aussagen im Zusammenhang mit dem qualitativen und quantitativen Leistungsvermögen seien aus gutachterlicher Sicht voll umfassend nachvollziehbar.
15
Auch das Gutachten von Frau Dr. F. berücksichtige sämtliche bei der Klägerin vorliegenden Erkrankungen und die damit einhergehenden funktionellen Beeinträchtigungen. Hinsichtlich der Erkrankungen, damit einhergehenden Funktionseinschränkungen und daraus resultierenden Einschränkungen des qualitativen Leistungsvermögens bestehe Einigkeit unter den Gutachten. Die in den aktenkundigen Gutachten beschriebenen qualitativen Leistungseinschränkungen seien aus gutachterlicher Sicht vollumfänglich nachvollziehbar und bis heute gültig. Neue Gesundheitsstörungen seien aus gutachterlicher Sicht nicht hinzugetreten, eine wesentliche und dauerhafte Änderung sei seit der letzten Begutachtung nicht eingetreten.
16
Die Klägerin könne noch leichte und fallweise mittelschwere Arbeiten abwechselnd im Gehen, Stehen oder Sitzen zu ebener Erde unter Berücksichtigung der folgenden Einschränkungen vollschichtig durchführen. Wegen der seelischen Erkrankung und wegen der Fettleibigkeit seien der Klägerin keine schweren Arbeiten, Arbeiten mit Stressbelastungen oder unter Zeitdruck sowie Verantwortung für Personen und Maschinen oder Arbeiten in Nachtschicht mehr zumutbar.
17
Wegen der Erkrankung der Hüftgelenke und des linken Sprunggelenks seien ihr keine Arbeiten mehr möglich mit Zwangshaltungen der Hüften, keine ausschließlich stehenden oder gehenden Tätigkeiten, kein Ersteigen von Treppen, Leitern oder Gerüsten und keine Arbeiten mit Absturzgefahr.
18
Auf Grund der Wirbelsäulenerkrankung könne die Klägerin keine Tätigkeiten mehr ausüben, die mit dem regelmäßigen Heben von Lasten mit mehr als 10 kg und Tragen von Lasten mit mehr als 5 Kilogramm ohne mechanische Hebehilfen oder mit Zwangshaltung der Wirbelsäule einhergehen. Weitere Einschränkungen seien nicht zu beachten.
19
Die zumutbaren Tätigkeiten könne die Klägerin mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Dieses Leistungsvermögen bestehe spätestens seit dem Gutachten des Dr. S. vom 17.06.2019. Diese Leistungsminderung sei dauerhaft, eine Verbesserung sei unwahrscheinlich. Umstellungsfähigkeit liege bei der Klägerin vor. Die Ausübung von leichten und fallweise mittelschweren Tätigkeiten sei der Klägerin unter arbeitsmarktüblichen Bedingungen möglich.
20
Für die Zurücklegung einer beobachteten Wegstrecke von mindestens 500 Metern habe die Klägerin deutlich weniger als zehn Minuten gebraucht, das Gangbild sei dabei unauffällig. Das Muskelrelief der unteren Extremitäten sei seitengleich kräftig ausgeprägt, Lähmungserscheinungen würden sich nicht finden. Hilfsmittel wie Gehstock, Unterarmgehstützen, Rollator oder Rollstuhl würde die Klägerin nicht benötigen. Die Erkrankung der Hüften und des linken Sprunggelenks würden aus gutachterlicher Sicht eine geringgradige Einschränkung der Mobilität begründen. Dennoch sei der Klägerin die Zurücklegung einer Wegstrecke von 500 m in 15 Minuten mehrfach täglich möglich. Weitere fachärztliche Untersuchungen zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Klägerin seien nicht erforderlich.
21
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 01. Juli 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.09.2019 zu verurteilen, ihr über den 30. November 2019 hinaus Rente wegen voller Erwerbsminderung zu bewilligen.
22
Die Vertreterin der Beklagten beantragt,
die Klage abzuweisen.
23
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf den Inhalt der Klageakte sowie den Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten und die übrigen Akten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

24
Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig.
25
Die Klage ist jedoch nicht begründet.
26
Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid vom 01. Juli 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03. September 2019 mit dem es die Beklagte abgelehnt hat, der Klägerin eine Rente wegen Erwerbsminderung über den 30. November 2019 hinaus zu zahlen.
27
Der Bescheid der Beklagten ist nicht zu beanstanden. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung gemäß § 43 Abs. 2 SGB VI mehr zu und auch kein Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung (§ 43 Abs. 1 SGB VI) bzw. teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 Abs. 1, 2 SGB VI).
28
Gem. § 43 Abs. 1, 2 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie
1.
teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind,
2.
in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben,
3.
vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
29
Teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs bzw. drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
30
Erwerbsgemindert ist gem. § 43 Abs. 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
31
Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres auch Versicherte, die vor dem 02. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind (§ 240 Abs. 1 SGB VI).
32
Keiner dieser Ansprüche steht der Klägerin zu. Dies steht zur Überzeugung des Gerichts nach dem Abschluss der Beweisaufnahme fest. Das Gericht legt seiner Entscheidung die schlüssig begründeten Sachverständigengutachten von Dr. F. vom 31. März 2021 und von Dr. G. vom 10. Mai 2021 zu Grunde. Es wurden in beiden Gutachten die vorliegenden medizinischen Unterlagen ausgewertet, es wurde die Klägerin von beiden Sachverständigen persönlich untersucht und es wurden die diagnostizierten Gesundheitsstörungen für die Kammer nachvollziehbar sozialmedizinisch bewertet.
33
Die Sachverständige Dr. F. hat folgende Gesundheitsstörungen festgestellt:
- Paranoide Schizophrenie mit episodischem Verlauf, derzeit remittiert ohne psychopharmakologische Medikation.
- Verdacht auf Ieichtgradiges schizophrenes Residualsyndrom mit leichter Störung im Bereich von Affekt und Psychomotorik,
- differentialdiagnostisch prämorbide Auffälligkeiten der Persönlichkeitsstruktur
- Chronisches Schmerzsyndrom vorwiegend bei orthopädischen Gesundheitsstörungen mit Hinweisen auf eine somatoforme Überlagerung
- Hüftgelenksarthrose beidseits,
- Arthrose des oberen Sprunggelenks links,
- lendenwirbelsäulenabhängige Beschwerden bei degenerativen Veränderungen und Bandscheibenschäden (derzeit ohne Hinweis auf belangvolle Nervenwurzelschädigungen),
- mediale Kniearthrose rechts.
34
Mit diesen Gesundheitsstörungen ist die Klägerin noch in der Lage seit dem 01. Dezember 2019, also nach dem Ablauf der befristeten Rente wegen Erwerbsminderung täglich mindestens sechs Stunden leichte Arbeiten in Tagesschicht, ohne besondere Anforderungen an die psychische Belastbarkeit, ohne erhöhten Zeitdruck, ohne Arbeiten mit Steuerung und Überwachung komplexer Arbeitsvorgänge und ohne Arbeiten ausschließlich im Stehen und Gehen regelmäßig zu verrichten. Die qualitativen Einschränkungen der Klägerin werden voraussichtlich bestehen bleiben.
35
Das Umstellungsvermögen der Klägerin ist auf Tätigkeiten einfachster Art und auf ungelernte Tätigkeiten, die einer Einweisung bzw. Einarbeitung betrieblicher Art bedürfen, eingeschränkt. Eine Umstellungsfähigkeit auf angelernte Tätigkeiten, die für einen ungelernten Arbeitnehmer eine betriebliche Ausbildung von mindestens drei Monaten vom Facharbeiter aber aufgrund seiner Vorkenntnisse von höchstens drei Monaten erfordern liegt bei der Klägerin seit Oktober 2015 nicht mehr vor.
36
Die Klägerin kann aber die gesundheitlich möglichen Tätigkeiten unter arbeitsmarktüblichen Bedingungen ausüben. Zusätzliche Arbeitspausen sind nicht erforderlich. Ein halbstündiger Wechsel vom Sitzen zum Gehen ist nicht notwendig. Aus neurologisch-psychiatrischer Sicht liegen bei der Klägerin keine Einschränkungen der Wegstrecke vor.
37
Dies wird auch durch das Gutachten von Dr. G. bestätigt. Dr. G. hat folgende Gesundheitsstörungen festgestellt:
1. Seelische Erkrankung im Sinne einer paranoiden Schizophrenie
a. mit episodischem Verlauf, derzeit in Remission
b. ohne Einnahme psychopharmakologischer Medikamente
c. mit leichter Störung im Bereich von Affekt und Psychomotorik
d. mit Auffälligkeiten in der Persönlichkeitsstruktur
e. mit Hinweisen auf somatoforme Überlagerung.
2. mäßiggradige Abnutzungserscheinungen beider Hüftgelenke
3. Geringgradige Abnutzungserscheinungen des oberen Sprunggelenkes links
4. Mäßiggradige Abnutzungserscheinungen der Lendenwirbelsäule teilweise mit ausstrahlenden Nervenreizerscheinungen
5. Übergewicht
38
Wie Dr. G. festgehalten hat, berücksichtigen die aktenkundigen der Beklagten vorliegenden ärztlichen Gutachten sämtliche wesentliche und bis dahin bekannte Erkrankungen der Klägerin. Eine wesentliche Veränderung des Gesundheitszustandes im Vergleich zu den zuletzt von der Beklagten eingeholten Gutachten ist nicht eingetreten. Die dort beschriebenen Gesundheitsstörungen liegen weiterhin vor.
39
Der Klägerin sind keine schweren Arbeiten, Arbeiten mit Stressbelastungen oder unter Zeitdruck sowie Verantwortung für Personen und Maschinen oder Arbeiten in Nachtschicht zumutbar. Wegen der Erkrankung der Hüftgelenke und des linken Sprunggelenks sind keine Arbeiten mehr möglich mit Zwangshaltungen der Hüften, ausschließlich stehenden oder gehenden Tätigkeiten, ein Ersteigen von Treppen, Leitern oder Gerüsten und Arbeiten mit Absturzgefahr.
40
Auf Grund der Wirbelsäulenerkrankung kann die Klägerin keine Tätigkeiten mehr ausüben, die mit dem regelmäßigen Heben von Lasten mit mehr als 10 kg und Tragen von Lasten mit mehr als 5 Kilogramm ohne mechanische Hebehilfen oder mit Zwangshaltung der Wirbelsäule einhergehen.
41
Soweit die Klägerin vorgetragen hat, ihr Gehvermögen sei eingeschränkt, steht fest, dass sie für die Zurücklegung einer beobachteten Wegstrecke von mindestens 500 m deutlich weniger als 10 Minuten benötigte und das Gangbild unauffällig war. Das Muskelrelief der unteren Extremitäten ist bei der Klägerin seitengleich kräftig ausgeprägt und Lähmungserscheinungen konnten nicht eruiert werden. Auch benötigt die Klägerin keine Hilfsmittel wie zum Beispiel Gehstock, Unterarmgehstützen, Rollator oder Rollstuhl.
42
Die Erkrankung der Hüften und des linken Sprunggelenkes begründet eine geringgradige Einschränkung der Mobilität. Die Zurücklegung einer Gehstrecke von 500 m in 15 Minuten mehrfach täglich ist der Klägerin möglich. Auch benötigt sie nicht zusätzliche Arbeitspausen.
43
Mit diesem Leistungsvermögen erfüllt die Klägerin die Voraussetzungen für die Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung nicht mehr. Der Bescheid der Beklagten besteht zu Recht. Die Klage war daher abzuweisen.
44
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz.